Language of document : ECLI:EU:T:2013:493

BESCHLUSS DES GERICHTS (Erste Kammer)

10. September 2013(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Löschung der internationalen Registrierung – Erledigung der Hauptsache“

In der Rechtssache T‑562/11

Symbio Gruppe GmbH & Co. KG mit Sitz in Herborn (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Schulz und C. Onken,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch R. Pethke und D. Botis als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

Ada Cosmetic GmbH mit Sitz in Kehl (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwalt H. Börjes-Pestalozza, dann Rechtsanwalt R. Douglas Morton und Rechtsanwältin E. Kessler,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 18. August 2011 (Sache R 2121/2010‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Symbio Gruppe GmbH & Co. KG und der Ada Cosmetic GmbH

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi, der Richterin M. Kancheva (Berichterstatterin) und des Richters E. Buttigieg,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 28. Oktober 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 24. Februar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM

aufgrund der am 7. Februar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin

folgenden

Beschluss

 Rechtlicher Rahmen

 Madrider System und internationale Registrierung von Marken

1        Das Madrider System über die internationale Registrierung von Marken wird durch das am 14. April 1891 angenommene Madrider Abkommen in revidierter und geänderter Fassung sowie durch das am 27. Juni 1989 in Madrid angenommene Protokoll zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken (ABl. 2003, L 296, S. 22, im Folgenden: Madrider Protokoll) geregelt. Das Madrider System wird vom Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) verwaltet.

2        Art. 2 („Erwerb des Schutzes durch internationale Registrierung“) Abs. 1 und 2 des Madrider Protokolls bestimmt Folgendes:

„(1)      Wurde ein Gesuch um Eintragung einer Marke bei der Behörde einer Vertragspartei eingereicht oder eine Marke im Register der Behörde einer Vertragspartei eingetragen, so kann sich die Person, auf deren Namen das Gesuch (im Folgenden als ‚Basisgesuch‘ bezeichnet) oder die Eintragung (im Folgenden als ‚Basiseintragung‘ bezeichnet) lautet, nach diesem Protokoll den Schutz dieser Marke im Gebiet der Vertragsparteien dadurch sichern, dass sie die Eintragung der Marke im Register des Internationalen Büros der Weltorganisation für geistiges Eigentum (im Folgenden als ‚internationale Registrierung‘, ‚internationales Register‘, ‚Internationales Büro‘ und ‚Organisation‘ bezeichnet) herbeiführt …

(2)      Das Gesuch um internationale Registrierung (im Folgenden als ‚internationales Gesuch‘ bezeichnet) ist beim Internationalen Büro durch Vermittlung der Behörde einzureichen, bei der das Basisgesuch eingereicht, beziehungsweise von der die Basiseintragung vorgenommen wurde (im Folgenden als ‚Ursprungsbehörde‘ bezeichnet).“

3        Art. 3 („Internationales Gesuch“) Abs. 4 des Madrider Protokolls sieht Folgendes vor:

„(4)      Das Internationale Büro trägt die gemäß Artikel 2 hinterlegten Marken sogleich in ein Register ein. Die internationale Registrierung erhält das Datum, an dem das internationale Gesuch bei der Ursprungsbehörde eingegangen ist, sofern das internationale Gesuch innerhalb von zwei Monaten nach diesem Zeitpunkt beim Internationalen Büro eingegangen ist. Ist das internationale Gesuch nicht innerhalb dieser Frist eingegangen, so erhält die internationale Registrierung das Datum, an dem das betreffende internationale Gesuch beim Internationalen Büro eingegangen ist. Das Internationale Büro teilt den beteiligten Behörden unverzüglich die internationale Registrierung mit. Die im internationalen Register eingetragenen Marken werden in einem regelmäßig erscheinenden, vom Internationalen Büro herausgegebenen Blatt auf der Grundlage der im internationalen Gesuch enthaltenen Angaben veröffentlicht.“

4        Art. 6 („Dauer der Gültigkeit der internationalen Registrierung; Abhängigkeit und Unabhängigkeit der internationalen Registrierung“) Abs. 2 bis 4 des Madrider Protokolls bestimmt Folgendes:

„(2)      Mit dem Ablauf einer Frist von fünf Jahren von dem Datum der internationalen Registrierung an wird diese, vorbehaltlich der folgenden Bestimmungen, vom Basisgesuch oder der sich aus ihr ergebenden Eintragung beziehungsweise von der Basiseintragung unabhängig.

(3)      Der durch die internationale Registrierung erlangte Schutz, gleichgültig ob die Registrierung Gegenstand einer Übertragung gewesen ist oder nicht, kann nicht mehr in Anspruch genommen werden, wenn vor Ablauf von fünf Jahren von dem Datum der internationalen Registrierung an das Basisgesuch oder die sich aus ihr ergebende Eintragung beziehungsweise die Basiseintragung in Bezug auf alle oder einige der in der internationalen Registrierung aufgeführten Waren und Dienstleistungen zurückgenommen wurde, verfallen ist, auf sie verzichtet wurde oder Gegenstand einer rechtskräftigen Zurückweisung, Nichtigerklärung, Löschung oder Ungültigerklärung gewesen ist. Dasselbe gilt, wenn

i)      ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung, welche die Wirkung des Basisgesuchs zurückweist,

ii)      ein Verfahren, in dem die Rücknahme des Basisgesuchs oder die Nichtigerklärung, Löschung oder Ungültigerklärung der sich aus dem Basisgesuch ergebenden Eintragung oder der Basiseintragung beantragt wird, oder

iii)      ein Widerspruch gegen das Basisgesuch

nach Ablauf der Fünfjahresfrist zu einer rechtskräftigen Zurückweisung, Nichtigerklärung, Löschung oder Ungültigerklärung oder zu der Anordnung der Rücknahme des Basisgesuchs oder der sich aus ihr ergebenden Eintragung beziehungsweise der Basiseintragung führt, sofern ein solches Rechtsmittel, ein solches Verfahren oder ein solcher Widerspruch vor Ablauf der genannten Frist eingeleitet wurde. Dasselbe gilt auch, wenn nach Ablauf der Fünfjahresfrist das Basisgesuch zurückgenommen oder auf die sich aus dem Basisgesuch ergebende Eintragung oder auf die Basiseintragung verzichtet wird, sofern zum Zeitpunkt der Rücknahme oder des Verzichts das betreffende Gesuch oder die Eintragung Gegenstand eines unter der Ziffer i), ii) oder iii) genannten Verfahrens war und ein solches Verfahren vor Ablauf der genannten Frist eingeleitet worden war.

(4)      Die Ursprungsbehörde teilt dem Internationalen Büro entsprechend der Ausführungsordnung die nach Absatz 3 maßgeblichen Tatsachen und Entscheidungen mit, und das Internationale Büro unterrichtet entsprechend der Ausführungsordnung die Beteiligten und veranlasst entsprechende Veröffentlichungen. Die Ursprungsbehörde fordert gegebenenfalls das Internationale Büro auf, die internationale Registrierung im anwendbaren Umfang zu löschen, und das Internationale Büro verfährt demgemäß.“

5        Art. 9quinquies („Umwandlung einer internationalen Registrierung in nationale oder regionale Gesuche“) des Madrider Protokolls sieht Folgendes vor:

„Wird eine internationale Registrierung auf Antrag der Ursprungsbehörde nach Artikel 6 Absatz 4 für alle oder einige der in der Registrierung aufgeführten Waren und Dienstleistungen gelöscht und reicht die Person, die Inhaber der internationalen Registrierung war, ein Gesuch um Eintragung derselben Marke bei der Behörde einer der Vertragsparteien ein, in deren Gebiet die internationale Registrierung wirksam war, so wird dieses Gesuch so behandelt, als sei es zum Datum der internationalen Registrierung nach Artikel 3 Absatz 4 oder zum Datum der Eintragung der territorialen Ausdehnung nach Artikel 3ter Absatz 2 eingereicht worden, und genießt, falls die internationale Registrierung Priorität genoss, dieselbe Priorität, sofern

i)      das Gesuch innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt eingereicht wird, zu dem die internationale Registrierung gelöscht wurde,

ii)      die im Gesuch aufgeführten Waren und Dienstleistungen in Bezug auf die betroffene Vertragspartei tatsächlich von der in der internationalen Registrierung enthaltenen Liste der Waren und Dienstleistungen erfasst sind und

iii)      dieses Gesuch allen Vorschriften des geltenden Rechts einschließlich der Gebührenvorschriften entspricht.“

 Verordnung Nr. 207/2009

6        Art. 151 („Wirkung internationaler Registrierungen, in denen die Europäische Gemeinschaft benannt ist“) Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) bestimmt Folgendes:

„(1)      Eine internationale Registrierung, in der die Europäische Gemeinschaft benannt ist, hat vom Tage der Registrierung gemäß Artikel 3 Absatz 4 des Madrider Protokolls oder vom Tage der nachträglichen Benennung der Europäischen Gemeinschaft gemäß Artikel 3ter Absatz 2 des Madrider Protokolls an dieselbe Wirkung wie die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke.“

7        Art. 161 („Umwandlung“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 bestimmt Folgendes:

„(1)      Vorbehaltlich des Absatzes 2 gelten die für Anmeldungen von Gemeinschaftsmarken anwendbaren Vorschriften entsprechend für Anträge auf Umwandlung einer internationalen Registrierung in eine Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke gemäß Artikel 9quinquies des Madrider Protokolls.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits, Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

8        Am 27. Dezember 2006 erwirkte die Streithelferin, die Ada Cosmetic GmbH, gemäß Art. 3 Abs. 4 des Madrider Protokolls bei der WIPO die internationale Registrierung Nr. W922177, in der die Europäische Gemeinschaft benannt ist und die folgendes Bildzeichen zum Gegenstand hat:

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9        Die internationale Registrierung beruhte auf der Grundlage der deutschen Basiseintragung Nr. 30641431 (im Folgenden: Basiseintragung).

10      Am 7. Juni 2007 wurde dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) gemäß der Verordnung Nr. 207/2009 die internationale Registrierung mitgeteilt.

11      Die Waren, für die die Eintragung als Gemeinschaftsmarke beantragt wurde, gehören zu den Klassen 3, 5, 29 und 30 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung. Sie entsprechen für die jeweilige Klasse folgender Beschreibung:

–        Klasse 3: „Kosmetika, insbesondere Hautpflegecremes, Shampoos, Körperreinigungsmittel, Duschgels, Handwaschseifen, Haarfestiger; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Haut- und Haarpflegemittel, Badezusätze und Desodorants; Parfümerie“;

–        Klasse 5: „Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; Vitaminpräparate“;

–        Klasse 29: „diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen, Fetten, Fettsäuren, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 29 enthalten“;

–        Klasse 30: „diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlenhydraten, Ballaststoffen, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten“.

12      Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 26/2007 vom 18. Juni 2007 veröffentlicht.

13      Am 18. März 2008 erhob die Klägerin, die Symbio Gruppe GmbH & Co. KG, nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Randnr. 11 genannten Waren der Klasse 3.

14      Der Widerspruch war auf folgende ältere Rechte gestützt:

–        die unter der Nr. 226654 am 7. Oktober 1998 eingetragene und bis zum 1. April 2016 verlängerte Gemeinschaftswortmarke Symbioflor für „[p]harmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für Heilzwecke und für die Gesundheitspflege; lebende, abgeschwächte und abgetötete Bakterienkulturen; Nährmedien für Bakterienkulturen; Bakterienpräparate und bakteriologische Präparate für medizinische oder tierärztliche Zwecke; solche Bakterienkulturen als Zusatz zu pharmazeutischen und veterinärmedizinischen Erzeugnissen und Präparaten für Heilzwecke und für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse, für medizinische Zwecke und für Säuglinge, auch mit zugesetzten Bakterienkulturen“ der Klasse 5;

–        die unter der Nr. 226696 am 7. Oktober 1998 eingetragene und bis zum 1. April 2016 verlängerte Gemeinschaftswortmarke SYMBIOLACT für „[l]ebende, abgeschwächte und abgetötete Bakterienkulturen für medizinische und für Heilzwecke; Nährmedien für solche Bakterienkulturen; Bakterienpräparate und bakteriologische Präparate für medizinische oder tierärztliche Zwecke; diätetische Lebensmittel für medizinische Zwecke und für Babys“ der Klasse 5 und für „Nahrungs- und Genussmittel mit zugesetzten Bakterienkulturen, nämlich Sauermilch, Dickmilch, Buttermilch, Molke, Joghurt, Quark, Kefir, Käse, Butter, Margarine, solche Nahrungs- und Genussmittel pur oder mit zugesetzten Früchten“ der Klasse 29;

–        die unter der Nr. 226720 am 19. November 1998 eingetragene und bis zum 1. April 2016 verlängerte nachstehend wiedergegebene Gemeinschaftsbildmarke für „[p]harmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für Heilzwecke und für die Gesundheitspflege; lebende, abgeschwächte und abgetötete Bakterienkulturen; Nährmedien für Bakterienkulturen; Bakterienpräparate und bakteriologische Präparate für medizinische oder tierärztliche Zwecke; solche Bakterienkulturen als Zusatz zu pharmazeutischen und veterinärmedizinischen Erzeugnissen und Präparaten für Heilzwecke und für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse, für medizinische Zwecke und für Säuglinge, auch mit zugesetzten Bakterienkulturen“ der Klasse 5:

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–        die unter der Nr. 983221 am 6. März 2000 eingetragene und bis zum 9. November 2018 verlängerte nachstehend wiedergegebene Gemeinschaftsbildmarke für u. a. „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, medizinische Kosmetika und Parfümeriewaren, medizinische Haarwässer und Haarwaschmittel, medizinische Zahnputzmittel und Seifen; vorstehende Waren mit zugesetzten Bakterienpräparaten und Kulturen von Mikroorganismen“ der Klasse 3 und „[p]harmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; solche Erzeugnisse und Präparate auf biologischer Basis; Bakterienpräparate, Enzyme und Kulturen von Mikroorganismen jeweils für medizinische und tierärztliche Zwecke und zur Gesundheitspflege; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische und tierärztliche Zwecke und zur Gesundheitspflege; Vitaminpräparate; Präparate von Spurenelementen und/oder Ballaststoffen für Human- und Tierkonsum; Kulturen von Mikroorganismen und/oder Enzyme und/oder Vitamine und/oder Spurenelemente und/oder Ballaststoffe als Nahrungsergänzungsmittel oder in solchen Nahrungsergänzungsmitteln enthaltend, jeweils für medizinische und tierärztliche Zwecke und zur Gesundheitspflege“ der Klasse 5:

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–        die mit Schutzwirkung für die Beneluxländer, die Tschechische Republik, Dänemark, Spanien, Frankreich, Italien, Ungarn, Polen, Portugal, Slowenien, Slowakei, Finnland, Schweden und das Vereinigte Königreich unter der Nr. 763218 am 31. Mai 2001 eingetragene und bis zum 31. Mai 2021 verlängerte internationale Wortmarke SYMBIOFEM für u. a. „[p]harmazeutische Erzeugnisse auf biologischer Grundlage für die Gesundheitspflege und zur Prophylaxe; Fermente, Milchfermente und Joghurtfermente für pharmazeutische und prophylaktische Zwecke und zur Gesundheitspflege; Kulturen von Mikroorganismen und Bakterienkulturen für pharmazeutische Mittel und für biologische Erzeugnisse zur Gesundheitspflege; bakteriologische Präparate für pharmazeutische Zwecke und zur Gesundheitspflege; solche Kulturen und Präparate als Zusatz zu oder zur Herstellung von Nahrungszusatz- und Nahrungsergänzungsmitteln zur Gesundheitspflege und zur Prophylaxe; medizinische Tampons zum Einsatz in Körperhöhlen, Vaginaltampons, medizinische Windeln, Suppositorien, Vaginal- und Rektalzäpfchen, jeweils auch Kulturen von Mikroorganismen und Bakterienkulturen enthaltend“ der Klasse 5 und „Nahrungszusatz- und Nahrungsergänzungsmittel mit zugesetzten Bakterienkulturen auch in Kapsel- und Tablettenform; Joghurt- und Joghurtfermentenkapseln“ der Klasse 29;

–        die mit Schutzwirkung für die Beneluxländer, die Tschechische Republik, Dänemark, Estland, Spanien, Frankreich, Italien, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen, Portugal, Slowenien, Slowakei, und Schweden unter der Nr. 821769 am 18. Dezember 2003 eingetragene nachstehend wiedergegebene internationale Bildmarke für „[p]robiotische Nahrungsergänzungsmittel mit Milchsäurebakterien und Vitaminen“ der Klasse 29:

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15      Für den Widerspruch wurden die Widerspruchsgründe des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 geltend gemacht.

16      Am 30. August 2010 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch insgesamt zurück.

17      Am 27. Oktober 2010 legte die Klägerin nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

18      Mit Entscheidung vom 18. August 2011 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Sie war der Auffassung, dass keine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 festgestellt werden könne, weil es an einer Ähnlichkeit der streitigen Marken fehle. Außerdem könne Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 keine Anwendung finden, weil es am Nachweis der Bekanntheit der älteren Marken fehle.

19      Mit Klageschrift, die am 28. Oktober 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Sie beantragt darin,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

20      Am 7. Februar 2012 haben das HABM und die Streithelferin jeweils eine Klagebeantwortung beim Gericht eingereicht. Sie beantragen darin,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

21      Außerdem hat die Klägerin mit Schriftsatz, der am 10. September 2012 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, beantragt, das Verfahren vor dem Gericht auszusetzen. Im Wesentlichen hat sie dem Gericht mitgeteilt, dass die Basiseintragung, die der internationalen Registrierung zugrunde liege, Gegenstand eines endgültigen Löschungsbeschlusses des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Dezember 2011 sei. Ferner hat sie darauf hingewiesen, dass in Anbetracht dieses Beschlusses der durch die internationale Registrierung erlangte Schutz gemäß Art. 6 Abs. 3 des Madrider Protokolls nicht mehr in Anspruch genommen werden könne. Nur wenn die Streithelferin bestätige, dass sie die genannte Registrierung gemäß Art. 9quinquies des Madrider Protokolls und Art. 161 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 umgewandelt habe, könne davon ausgegangen werden, dass ihr Recht fortbestehe. Andernfalls seien das Widerspruchsverfahren und der vorliegende Rechtsstreit gegenstandslos geworden.

22      Mit Schriftsatz, der am 10. Oktober 2012 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, hat die Streithelferin zum Antrag auf Aussetzung des Verfahrens Stellung genommen und beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Das HABM hat zu dem genannten Antrag nicht Stellung genommen.

23      Am 11. Dezember 2012 hat das Gericht entschieden, den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens zurückzuweisen.

24      Am 29. Januar 2013 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 seiner Verfahrensordnung die Klägerin aufgefordert, in Anbetracht der in ihrem Antrag auf Aussetzung vorgelegten Informationen dem Gericht eine Kopie der vom Deutschen Patent- und Markenamt gemäß Art. 6 Abs. 4 des Madrider Protokolls an das Internationale Büro der WIPO gerichteten Mitteilung des Beschlusses der Löschung der Basiseintragung sowie den Nachweis dafür vorzulegen, dass die in Rede stehende internationale Registrierung auf diese Mitteilung hin im Register der WIPO gelöscht worden ist.

25      Mit Schriftsatz, der am 6. Februar 2013 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, ist die Klägerin dieser Aufforderung nachgekommen. Insbesondere hat sie dem Gericht erstens eine Kopie der erbetenen Mitteilung und zweitens einen Auszug aus der Datenbank Romarin der WIPO übermittelt, in dem festgestellt wird, dass die in Rede stehende internationale Registrierung im Register dieser Organisation für alle betreffenden Waren und Dienstleistungen gelöscht worden sei.

26      Am 5. März 2013 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung die Streithelferin aufgefordert, ihm mitzuteilen, ob sie, nachdem die in Rede stehende internationale Registrierung im Register des Internationalen Büros der WIPO gelöscht worden ist, diese Registrierung gemäß Art. 9quinquies des Madrider Protokolls und Art. 161 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 umgewandelt hat.

27      Mit Schriftsatz, der am 15. März 2013 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, hat die Streithelferin dem Gericht bestätigt, dass sie die in Rede stehende internationale Registrierung nicht umgewandelt habe und auch nicht beabsichtige, diese Umwandlung zu beantragen.

28      Am 14. Mai 2013 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung die Klägerin aufgefordert, ihm mitzuteilen, ob sie nach der Entscheidung der Streithelferin, die in Rede stehende internationale Registrierung nicht umzuwandeln, in dem Verfahren vor dem Gericht weiterhin ein Rechtsschutzinteresse habe und ob sie beabsichtige, ihre Klage zurückzunehmen.

29      Mit Schriftsatz, der am 29. Mai 2013 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, hat die Klägerin dem Gericht im Wesentlichen mitgeteilt, dass sie ihre Klage nicht zurücknehmen wolle, da ihr Rechtsschutzinteresse daran fortbestehe, die im Widerspruchsverfahren und im Verfahren vor der Beschwerdekammer entstandenen Kosten erstattet zu bekommen.

 Rechtliche Würdigung

30      Nach Art. 113 der Verfahrensordnung kann das Gericht jederzeit von Amts wegen nach Anhörung der Parteien feststellen, dass die Klage gegenstandslos geworden und die Hauptsache erledigt ist. Über den Antrag wird mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt.

31      Nach Anhörung der Parteien hält sich das Gericht aufgrund der Aktenlage für ausreichend unterrichtet, um durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden.

32      Im vorliegenden Fall hat die Klägerin dem Gericht mitgeteilt, dass das Deutsche Patent- und Markenamt einen endgültigen Beschluss zur Löschung der der in Rede stehenden internationalen Registrierung zugrunde liegenden Basiseintragung erlassen habe und dass infolge dieses Beschlusses, der dem Internationalen Büro der WIPO gemäß dem Madrider Protokoll mitgeteilt worden sei, die in Rede stehende internationale Registrierung im Register der genannten Organisation gelöscht worden sei. Die Streithelferin hat im Übrigen bestätigt, dass sie nicht beabsichtige, das in Art. 9quinquies des Madrider Protokolls und in Art. 161 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehene Umwandlungsverfahren in Anspruch zu nehmen. Da zudem die Frist abgelaufen ist, die diese Bestimmungen für das Umwandlungsverfahren vorsehen, kann die Streithelferin die internationale Registrierung nicht mehr umwandeln.

33      Unter diesen Umständen stellt das Gericht fest, dass der durch die in Rede stehende internationale Registrierung verliehene Schutz nicht mehr geltend gemacht werden kann und die vorliegende Klage gegenstandslos geworden ist, da diese Registrierung die einzige Grundlage der Widerspruchsentscheidung und der angefochtenen Entscheidung ist (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse des Gerichts vom 27. Februar 2012, MIP Metro/HABM – Jacinto [My Little Bear], T‑183/11, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 5, und vom 26. November 2012, MIP Metro/HABM – Real Seguros [real,- QUALITY], T‑548/11, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 22; vgl. in diesem Sinne und entsprechend Beschlüsse des Gerichts vom 11. September 2007, Lancôme/HABM – Baudon [AROMACOSMETIQUE], T‑185/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 21, und vom 26. Juni 2008, Pfizer/HABM – Isdin [FOTOPROTECTOR ISDIN], T‑354/07 bis T‑356/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 5 und 6). Damit ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

34      Das Gericht stellt insofern fest, dass weder die Entscheidung der Widerspruchsabteilung noch die angefochtene Entscheidung wirksam geworden sind. Nach Art. 58 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 hat eine beim HABM eingelegte Beschwerde aufschiebende Wirkung. Daher wird eine Entscheidung wie die der Widerspruchsabteilung, die Gegenstand einer solchen Beschwerde sein kann, nur wirksam, wenn nicht gemäß Art. 60 der Verordnung Nr. 207/2009 form- und fristgerecht eine Beschwerde beim HABM eingelegt worden ist oder wenn eine solche Beschwerde durch eine endgültige Entscheidung der Beschwerdekammer zurückgewiesen worden ist. Im vorliegenden Fall ist jedoch in Anbetracht der Tatsache, dass die angefochtene Entscheidung ebenfalls nicht wirksam geworden ist, keiner dieser Fälle gegeben. Insoweit ergibt sich aus Art. 64 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009, dass die Entscheidungen der Beschwerdekammern erst mit Ablauf der in Art. 65 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehenen Frist oder, wenn innerhalb dieser Frist eine Klage beim Richter der Europäischen Union erhoben worden ist, mit deren Abweisung wirksam werden. Im vorliegenden Fall ist jedoch auch keiner dieser beiden Fälle gegeben, da das Gericht im Verfahren über die vorliegende Klage die Hauptsache für erledigt erklärt (vgl. Beschlüsse AROMACOSMETIQUE, oben in Randnr. 33 angeführt, Randnr. 22, und real,- QUALITY, oben in Randnr. 33 angeführt, Randnr. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Kosten

35      Gemäß Art. 87 § 6 der Verfahrensordnung entscheidet das Gericht über die Kosten nach freiem Ermessen, wenn es die Hauptsache für erledigt erklärt. In Anbetracht der Umstände der vorliegenden Rechtssache und in Anwendung der genannten Bestimmung ordnet das Gericht an, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

beschlossen:

1.      Der Rechtsstreit ist in der Hauptsache erledigt.

2.      Jeder Verfahrensbeteiligte trägt seine eigenen Kosten.

Luxemburg, den 10. September 2013

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      J. Azizi


* Verfahrenssprache: Deutsch.