URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)
17. Juli 1997(1)
[234s„Seeverkehr Hafenabgaben auf Schiffe und Waren Einfuhrzuschlag
Mißbrauch einer beherrschenden Stellung“[s
In der Rechtssache C-242/95
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom Østre Landsret
(Dänemark) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
GT-Link A/S
gegen
De Danske Statsbaner (DSB)
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 9 bis
13, 84, 86, 90 und 95 EWG-Vertrag
erläßt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten G. F. Mancini sowie der Richter
J. L. Murray und P. J. G. Kapteyn (Berichterstatter),
Generalanwalt: F. G. Jacobs
Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- der GT-Link A/S, vertreten durch Rechtsanwalt Anders Torbøl,
Kopenhagen,
- der De Danske Statsbaner (DSB), vertreten durch Rechtsanwälte Ulrik Lett
und Anne Rubach-Larsen, Kopenhagen,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch
Rechtsberater Hans Peter Hartvig, Anders Christian Jessen, Enrico
Traversa und Richard Lyal, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der GT-Link A/S und der
Kommission in der Sitzung vom 9. Januar 1997,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27.
Februar 1997,
folgendes
Urteil
- Das Østre Landsret hat mit Beschluß vom 30. Juni 1995, beim Gerichtshof
eingegangen am 11. Juli 1995, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag mehrere Fragen nach
der Auslegung der Artikel 9 bis 13, 84, 86, 90 und 95 EWG-Vertrag zur
Vorabentscheidung vorgelegt.
- Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der GT-Link A/S (im
folgenden: GT-Link), einer dänischen Aktiengesellschaft, die seit 1987 die
Fährverbindung zwischen Gedser (Dänemark) und Travemünde (früher
Deutschland [West]) und seit 1990 zwischen Gedser und Rostock (früher
Deutschland [Ost]) betreibt, und der dänischen Staatsbahn De Danske Statsbaner
(im folgenden: DSB), in dem es darum geht, daß die DSB als Eigentümerin des
Hafens von Gedser von der GT-Link Hafenabgaben für die Benutzung des Hafens
erhebt. Die DSB, die dem dänischen Staat gehört, betreibt neben dem Bahnverkehr
ebenfalls Fährverbindungen von den ihr gehörenden Häfen, darunter dem Hafen
von Gedser, aus.
- In Dänemark erteilt der Verkehrsminister die Genehmigung zur Einrichtung eines
Verkehrshafens, d. h. eines Hafens, der der Abfertigung von Waren, Fahrzeugen
und Personen dient. Nach den Eigentumsverhältnissen und dem Verwaltungssystem
kann unterschieden werden zwischen Häfen unter kommunaler Verwaltung, die
selbständige öffentliche Rechtssubjekte der Gemeinden sind, dem Hafen von
Kopenhagen, der eine besondere Rechtsgrundlage hat, den staatlichen Häfen, die
entweder dem Verkehrsministerium oder der DSB unterstehen, und den privaten
Häfen, die von den Hafeneigentümern entsprechend den in der fraglichen
Genehmigung aufgeführten Bedingungen verwaltet werden.
- Die Häfen beziehen einen Teil ihrer Einnahmen aus Abgaben, die die Benutzer für
ihre Benutzung zahlen. So sind für das Anlaufen des Hafens sowie für die Ver- und
Ausschiffung von Waren, Fahrzeugen und Personen Schiffs- und Warenabgaben zu
entrichten. Besondere Abgaben werden für die Inanspruchnahme von Kränen,
Speichern und Lagerplätzen erhoben.
- Nach dem Gesetz Nr. 239 vom 12. Mai 1976 über die Verkehrshäfen
(Lovtidende A 1976, S. 587; im folgenden: Gesetz von 1976), das bis zum 31.
Dezember 1990 galt, wurden die Schiffs- und Warenabgaben vom zuständigen
Minister (jetzt vom Verkehrsminister) nach Verhandlung mit der jeweiligen
Direktion der Verkehrshäfen festgesetzt. Nach der Praxis des Ministeriums wurden
die Gebührenberechnungen auf der Grundlage der wirtschaftlichen Situation der
22 nach dem Verkehrsvolumen bedeutendsten Provinzverkehrshäfen vorgenommen,
und zwar so, daß sie die Ausgaben für Betrieb und Instandhaltung der Häfen sowie
eine angemessene Selbstfinanzierung der notwendigen Erweiterungen und
Modernisierungen deckten.
- Die Schiffs- und Warenabgaben wurden in eine Gebührenordnung für jeden
einzelnen Hafen aufgenommen, die in Übereinstimmung mit einer vom zuständigen
Minister für sämtliche Verkehrshäfen festgelegten gemeinsamen Gebührenordnung
erstellt wurde.
- Nach der zur maßgeblichen Zeit geltenden Regelung war die Schiffsabgabe von
allen Schiffen, Wasserfahrzeugen und allem schwimmendem Gerät für das Liegen
im Hafen oder in den vertieften Fahrrinnen der Hafenzufahrt zu entrichten. Sie
errechnete sich aus einem festen Betrag je Bruttoregistertonne (BRT) oder
Bruttotonne (BT), entweder für jedes Anlaufen des Hafens oder als Monatsabgabe.
Schiffe unter 100 BRT/BT waren von der Schiffsabgabe befreit.
- Die Warenabgabe war für alle Waren zu entrichten, die im Hafen oder in den
vertieften Fahrrinnen der Hafenzufahrt verfrachtet, gelöscht oder sonst verschifft
oder ausgeschifft wurden. Sie belief sich auf einen bestimmten Betrag je Tonne.
Für bestimmte Waren waren Befreiungen oder Sondertarife vorgesehen. Nach
dieser Regelung war die Warenabgabe von dem Schiff oder seinem örtlichen
Agenten vor dem Auslaufen des Schiffes zu zahlen; abgabenpflichtig waren jedoch
der Empfänger und der Versender der Waren, auf die die Abgabe abgewälzt
werden konnte.
- Zur maßgeblichen Zeit wurde die Abgabe auf aus dem Ausland eingeführte Waren
um 40 % erhöht. Aus dem Vorlagebeschluß geht hervor, daß dieser
Einfuhrzuschlag von 40 % 1956 im Zusammenhang mit einer allgemeinen
Anpassung der Hafengebühren aufgrund eines Berichts der 1954 vom Ministerium
für Öffentliche Arbeiten eingesetzten Hafen- und Brückenkommission eingeführt
worden war.
- Nach Ansicht dieser Kommission sollten die als erforderlich angesehenen
Gebührenerhöhungen sowohl die Schiffs- als auch die Warenabgaben erfassen,
doch seien sie „so vorzunehmen, daß ihr Ziel die Erhöhung der Hafeneinnahmen
nicht dadurch vereitelt wird, daß sich der Verkehr ganz oder teilweise von den
Häfen verlagert und die Güter immer stärker auf der Straße oder auf der Schiene
versandt werden“. Hinsichtlich der Warenabgaben schlug die Hafen- und
Brückenkommission auch vor, „sich auf den Außenhandel [zu] konzentrieren ..., da
der größte Teil der Waren, die aus dem Ausland eingeführt oder dorthin ausgeführt
werden, naturgemäß auf dem Seeweg befördert werden, und die Gefahr, daß dieser
Verkehr sich nur wegen der Erhöhung der Warenabgaben von den Häfen
zurückzieht, deshalb in gewissem Grad außer Betracht bleiben kann“. Die
Kommission ging außerdem davon aus, es sei „am zweckmäßigsten, den Teil der
Mehreinnahmen, der durch Warenabgaben erzielt werden soll, allein durch eine
Erhöhung der Abgaben auf eingeführte Waren aufzubringen“, da die Abgabe auf
eingeführte Waren, z. B. auf Dünge- und Futtermittel für die Landwirtschaft und
auf Rohstoffe für die Industrie, niedriger sei als die auf die Fertigwaren und da sich
die Erhöhung der Abgabe auf den Import in den betreffenden Wirtschaftsbereichen
sehr viel weniger auswirken werde als eine Erhöhung der Abgaben auf den Export.
Die Gefahr einer Verlagerung des inländischen Verkehrs von den Häfen auf den
Landweg veranlaßte die Hafen- und Brückenkommission schließlich zu dem
Vorschlag, die kleineren Schiffe von der geplanten Erhöhung der Schiffsabgaben
auszunehmen und die Schiffe bis zu 100 Tonnen von den niedrigeren
Schiffsabgaben profitieren zu lassen, die normalerweise Schiffen von weniger als
100 Tonnen eingeräumt worden waren.
- Der Einfuhrzuschlag von 40 % wurde mit Wirkung vom 1. April 1990 vom
Verkehrsminister abgeschafft.
- Gemäß § 1 Absatz 3 des Gesetzes von 1976 konnte der zuständige Minister
bestimmen, daß einige Häfen nicht unter das Gesetz fielen. Dies tat der Minister
im Fall der DSB-eigenen Häfen, zu denen der Hafen von Gedser gehörte. Diese
Häfen unterlagen jedoch aufgrund einer ministeriellen Verordnung einer ähnlichen
Regelung, nach der die Hafenabgaben für sie genauso hoch waren wie die
Hafenabgaben der Verkehrshäfen, für die das Gesetz galt.
- Nach der zur maßgeblichen Zeit für den Hafen von Gedser und den ebenfalls
DSB-eigenen Hafen Rødby geltenden Regelung bestand die Schiffsabgabe für den
Fährbetrieb aus einer Monatsabgabe pro Schiff in Höhe von 830 Øre je BRT/BT,
die dazu berechtigte, den Hafen während des betreffenden Monats beliebig oft
anzulaufen. Außer in zwei Ausnahmefällen belief sich die Warenabgabe auf
940 Øre je Tonne.
- Diese Regelung sah vor, daß die Warenabgabe für Waren, die auf angemeldeten
Kraftfahrzeugen auf den von der GT-Link auf der Strecke GedserTravemünde
betriebenen Fähren befördert wurden, aufgrund einer wöchentlichen Abrechnung,
die GT-Link vorzulegen hatte, zugunsten des Hafens von Gedser an die DSB zu
entrichten war. Außerdem sah diese Regelung vor, daß die Schiffe der DSB auch
von ihr vermietete Schiffe gleichgültig, ob sie als Leucht- und Signalschiffe oder
auf andere Art benutzt wurden, von der Zahlung von Hafenabgaben befreit waren.
Ferner waren Schiffe, die der Deutschen Fährgesellschaft Ostsee mbH (DFO),
einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn (DB), gehörten, von der Entrichtung
der Hafenabgabe befreit, da die Schiffe der DSB ebenfalls von der Zahlung der
Abgaben in den Häfen der Deutschen Bahn befreit waren.
- Das Recht der GT-Link auf Benutzung des Hafens von Gedser beruhte auf einem
Vertrag, den sie mit der DSB geschlossen hatte. Dieser Vertrag sah vor, daß die
GT-Link gemäß der geltenden Regelung Schiffs- und Warenabgaben an den Hafen
zu zahlen hatte.
- Mit Klageschrift, die am 27. September 1989 beim Østre Landsret einging,
beantragte die GT-Link, die DSB zu verurteilen, ihr in der Hauptsache die vom 18.
Februar 1987 bis zum 31. Dezember 1989 erhobenen Hafenabgaben von insgesamt
30 396 000 DKR zu erstatten, hilfsweise, den von ihr in demselben Zeitraum
gezahlten Einfuhrzuschlag von insgesamt 6 016 000 DKR zu erstatten.
- Die GT-Link begründete ihren Hauptantrag damit, daß die von der DSB
erhobenen Hafenabgaben gegen Artikel 86 EWG-Vertrag verstießen. Als einzige
Eigentümerin der Häfen von Rødby und Gedser habe die DSB auf dem
entsprechenden Markt für Hafendienstleistungen beim Fährverkehr für
Lastkraftwagen zwischen Dänemark und Deutschland eine beherrschende Stellung
inne und mißbrauche diese Stellung, indem sie unangemessen hohe Hafenabgabe
erhebe; dies werde durch die Buchführung belegt, die die GT-Link selbst habe
rekonstruieren lassen müssen, da die DSB keine Rechnungsunterlagen über den
Betrieb des Hafens von Gedser vorgelegt habe. Zur Stützung ihres Hilfantrags
machte die GT-Link geltend, daß der Einfuhrzuschlag in Höhe von 40 % der
Warenabgabe entweder gegen die Artikel 9 bis 13 oder gegen Artikel 95 des
Vertrages verstoße.
- Nach Ansicht der DSB waren die von ihr erhobenen Hafenabgaben nicht mit
Artikel 86 des Vertrages unvereinbar. Zum einen habe sie keine beherrschende
Stellung auf dem relevanten Markt inne, der die Terminals für den See-, Land- und
Luftverkehr zwischen Deutschland einerseits und Dänemark und Schweden
andererseits umfasse. Zum anderen habe die GT-Link nicht nachweisen können,
daß die Hafenabgaben im Verhältnis zu den erbrachten Dienstleistungen
unangemessen hoch seien, da die von ihr rekonstruierten Abschlüsse auf einer
unzutreffenden Grundlage erstellt worden seien und insbesondere nicht
berücksichtigten, daß die Erhebung von Hafenabgaben es dem Eigentümer eines
Hafens ermöglichten, ausreichende Mittel nicht nur für den Betrieb des Hafens,
sondern auch für die Instandhaltung und den Ausbau der Hafenanlagen
aufzubringen. Schließlich sei der Hafen von Gedser ein Unternehmen im Sinne des
Artikels 90 Absatz 2 des Vertrages, und die Hafenabgaben seien erforderlich, um
die der DSB übertragenen besonderen Aufgaben zu erfüllen. Zum Hilfsantrag der
GT-Link führte die DSB aus, daß die Artikel 9 bis 13 oder 95 des Vertrages nicht
einschlägig seien, da die Hafenabgaben nach dem Kapitel des Vertrages über den
Verkehr zu beurteilen seien. Hilfsweise trug sie vor, daß die streitigen
Hafenabgaben mit den Artikeln 9 bis 13 oder 95 des Vertrages nicht unvereinbar
seien.
- Unter diesen Umständen hat das Østre Landsret beschlossen, das Verfahren
auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung
vorzulegen:
1. Fällt ein besonderer Zuschlag von 40 % zu einer allgemein erhobenen
Warenabgabe der im Vorlagebeschluß beschriebenen Art für die Benutzung
von Häfen, die vom Verkehrsminister als Verkehrshäfen zugelassen worden
sind, unter die Vorschriften des EWG-Vertrags über die Zollunion, u. a. die
Artikel 9 bis 13, oder unter Artikel 95?
2. Sind die Vorschriften des EWG-Vertrags über die Zollunion, u. a. die
Artikel 9 bis 13, oder Artikel 95 dahin auszulegen, daß es mit diesen
Bestimmungen unvereinbar ist, einen besonderen Zuschlag von 40 % zu
einer allgemein erhobenen Warenabgabe zu erheben, wenn der Zuschlag
nur auf Waren erhoben wird, die aus dem Ausland kommen?
3. Bei Bejahung der Frage 2: Unter welchen Voraussetzungen kann eine
solche Abgabe unter dem Gesichtspunkt des Entgelts oder unter
verkehrspolitischen Gesichtspunkten nach dem Kapitel des EWG-Vertrags
über den Verkehr gerechtfertigt werden?
4. Erfaßt ein eventueller Verstoß gegen den EWG-Vertrag den gesamten
besonderen Zuschlag, der nach dem Beitritt des Mitgliedstaats zum EWG-Vertrag erhoben wird, oder nur die Erhöhung dieses Zuschlags, die nach
dem genannten Zeitpunkt stattgefunden hat?
5. Stellt das EG-Recht besondere Anforderungen an nationale Vorschriften
über die Beweislast für die Erfüllung der Voraussetzungen des Artikels 86
EWG-Vertrag?
6. Kann es, wenn von einer beherrschenden Stellung eines öffentlichen
Unternehmens, das Eigentümer und Betreiber eines Verkehrshafens ist,
auszugehen ist, einen gegen Artikel 86 EWG-Vertrag verstoßenden
Mißbrauch dieser Stellung darstellen, daß der Verkehrshafen die obenbeschriebenen, vom Verkehrsminister festgesetzten Abgaben für die
Benutzung öffentlicher und privater Verkehrshäfen erhoben hat?
7. Bei Bejahung der Frage 6: Sind Personen/Unternehmen, von denen die
Abgabe erhoben wurde, nach dem Gemeinschaftsrecht berechtigt,
Rückzahlung oder Erstattung zu verlangen?
8. Stellt es, wenn von einer beherrschenden Stellung eines öffentlichen
Unternehmens, das Eigentümer und Betreiber eines Verkehrshafens ist,
auszugehen ist, einen gegen Artikel 86 verstoßenden Mißbrauch dieser
Stellung dar, wenn der Verkehrshafen von seiner eigenen Fährlinie oder der
Fährlinie seines Geschäftspartners die im Vorlagebeschluß beschriebenen
Abgaben nicht erhebt?
9. Bei Bejahung der Fragen 1, 2, 4, 6 und/oder 8: Kann aufgrund der
besonderen Verpflichtungen und Aufgaben, mit denen die DSB betraut ist,
das Verhalten trotz allem gemäß Artikel 90 Absatz 2 gerechtfertigt sein?
Zu den ersten vier Fragen
- Im Urteil vom heutigen Tag in der Rechtssache C-90/94 (Haahr Petroleum, noch
nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) hat der Gerichtshof auf Fragen,
die mit den ersten vier Fragen des nationalen Gerichts identisch sind, entschieden,
daß Artikel 95 des Vertrages es einem Mitgliedstaat verbietet, einen
Einfuhrzuschlag von 40 % zu erheben, um den sich bei der Einfuhr von Waren aus
einem anderen Mitgliedstaat per Schiff die Abgabe erhöht, die allgemein auf
Waren erhoben wird, die in den Häfen des ersten Mitgliedstaats oder in der
vertieften Fahrrinne der Zufahrten zu diesen Häfen verfrachtet, gelöscht oder sonst
verschifft oder ausgeschifft werden.
- Die ersten vier Fragen in der vorliegenden Rechtssache sind daher ebenfalls in
diesem Sinne zu beantworten.
Zur fünften Frage
- Mit dieser Frage möchte das nationale Gericht wissen, ob das Gemeinschaftsrecht
bezüglich der nationalen Vorschriften über die Beweislast für die Erfüllung der
Voraussetzungen des Artikels 86 des Vertrages besondere Verpflichtungen
auferlegt.
- Hierzu ist zunächst festzustellen, daß für die Anwendung des Artikels 86 des
Vertrages durch die nationalen Behörden grundsätzlich die nationalen
Verfahrensvorschriften gelten (Urteil vom 10. November 1993 in der Rechtssache
C-60/92, Otto, Slg. 1993, I-5683, Randnr. 14).
- Sodann ist darauf hinzuweisen, daß es in Ermangelung einer einschlägigen
Gemeinschaftsregelung Sache der internen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats ist,
die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten der Klagen
zu regeln, die den Schutz der dem einzelnen aus der unmittelbaren Wirkung des
Gemeinschaftsrechts erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Diese Modalitäten
dürfen jedoch weder ungünstiger sein als bei entsprechenden Klagen, die
innerstaatliches Recht betreffen, noch die Ausübung der durch die
Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich machen oder
übermäßig erschweren (vgl. insbesondere Urteil vom 14. Dezember 1995 in der
Rechtssache C-312/93, Peterbroeck, Slg. 1995, I-4599, Randnr. 12, und dort
genannte Rechtsprechung).
- Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der Gerichtshof im Zusammenhang mit
der Erstattung von Abgaben, die von einem Mitgliedstaat unter Verstoß gegen das
Gemeinschaftsrecht erhoben worden sind, bereits festgestellt, daß
Beweisvorschriften, die die Erlangung dieser Erstattung praktisch unmöglich
machen oder übermäßig erschweren, mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar sind
(vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. November 1983 in der Rechtssache 199/82, San
Giorgio, Slg. 1983, 3595, Randnr. 14).
- Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn es um den Beweis eines Verstoßes gegen
eine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts geht, die, wie Artikel 86 des Vertrages,
unmittelbare Wirkungen erzeugen kann.
- Folglich ist auf die fünfte Frage zu antworten, daß es Sache der internen
Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats ist, die Verfahrensmodalitäten einschließlich
derjenigen in bezug auf die Beweislast der Klagen zu regeln, die den Schutz der
dem einzelnen aus der unmittelbaren Wirkung von Artikel 86 des Vertrages
erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, wobei diese Modalitäten weder
ungünstiger sein dürfen als bei entsprechenden Klagen, die innerstaatliches Recht
betreffen, noch die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung
verliehenen Rechte praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren
dürfen.
Zur sechsten und zur achten Frage
- Mit diesen beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das nationale
Gericht im wesentlichen wissen, ob es einen gegen Artikel 86 des Vertrages
verstoßenden Mißbrauch einer beherrschenden Stellung darstellt, wenn ein
marktbeherrschendes öffentliches Unternehmen, das Eigentümer und Betreiber
eines Verkehrshafens ist, Hafenabgaben wie die im Ausgangsverfahren streitigen
erhebt oder von seiner eigenen Fährlinie und auf der Basis der Gegenseitigkeit von
der Fährlinie bestimmter Geschäftspartner nicht erhebt.
- Für die Beantwortung dieser Fragen ist zunächst festzustellen, daß sich aus dem
Vorlagebeschluß ergibt, daß die DSB ein öffentliches Unternehmen ist, das dem
dänischen Verkehrsministerium untersteht und dessen Haushalt im Haushaltsgesetz
enthalten ist. Im übrigen ist die DSB Eigentümerin einer Reihe von Verkehrshäfen,
darunter des Hafens von Gedser, von dem die eigenen Fähren der DSB auslaufen.
- Außerdem ist daran zu erinnern, daß das Gesetz von 1976 aufgrund einer
Entscheidung des Verkehrsministers zwar grundsätzlich nicht für die DSB-eigenen
Häfen gilt, daß die streitigen Hafenabgaben aber nach einer Verordnung dieses
Ministers für den Hafen von Gedser gelten und daß die DSB-eigenen Fährdienste
und diejenigen ihrer Geschäftspartner von diesen Abgaben befreit worden sind.
- Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Parteien des Ausgangsverfahrens in
ihren Erklärungen sowohl vor dem Gerichtshof als auch vor dem nationalen
Gericht, die im Vorlagebeschluß zusammengefaßt sind, die Frage erörtert haben,
ob die vom Verkehrsminister festgesetzten Hafenabgaben angemessen sind.
- Um dem nationalen Gericht eine sachdienliche Antwort geben zu können, ist daher
zu prüfen, ob die in der sechsten und der achten Frage genannten Praktiken auch
mit Artikel 90 Absatz 1 des Vertrages vereinbar sind, der die Voraussetzungen
bestimmt, unter denen die Mitgliedstaaten insbesondere in bezug auf öffentliche
Unternehmen Maßnahmen treffen oder beibehalten dürfen.
- Der Gerichtshof hat bereits festgestellt, daß die Maßnahme eines Mitgliedstaats,
durch die eine Gesetzesbestimmung beibehalten würde, die eine Lage schafft, in
der ein öffentliches Unternehmen zwangsläufig gegen Artikel 86 verstoßen muß,
mit den Vertragsvorschriften unvereinbar wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23.
April 1991 in der Rechtssache C-41/90, Höfner und Elser, Slg. 1991, I-1979,
Randnr. 27).
- Ein Mitgliedstaat würde insbesondere gegen die in Artikel 90 Absatz 1 des
Vertrages in Verbindung mit Artikel 86 enthaltenen Verbote verstoßen, wenn er
durch den Erlaß einer Regelung über Hafenabgaben, die für die Benutzung von
einem öffentlichen Unternehmen gehörenden Häfen zu zahlen sind, dieses
Unternehmen dazu veranlassen würde, die beherrschende Stellung, die es auf dem
Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben innehat,
mißbräuchlich auszunutzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Mai 1994 in der
Rechtssache C-18/93, Corsica Ferries, Slg. 1994, I-1783, Randnr. 43).
- In diesem Zusammenhang ist erstens daran zu erinnnern, daß nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofes ein Unternehmen, das auf einem wesentlichen
Teil des Gemeinsamen Marktes mit einem gesetzlichen Monopol ausgestattet ist,
als ein Unternehmen angesehen werden kann, das eine beherrschende Stellung im
Sinne von Artikel 86 des Vertrages besitzt (Urteil Corsica Ferries, a. a. O.,
Randnr. 40, und dort genannte Rechtsprechung). Dies ist auch bei einem
öffentlichen Unternehmen der Fall, das Eigentümer eines Verkehrshafens ist und
deshalb in diesem Hafen allein das Recht hat, Hafenabgaben für die Benutzung der
Hafeneinrichtungen zu erheben.
- Bei der Prüfung der Frage, ob das öffentliche Unternehmen auf dem Gemeinsamen
Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben tatsächlich eine beherrschende
Stellung einnimmt, ist jedoch wie der Gerichtshof bereits mehrfach ausgeführt hat
der Bestimmung des betroffenen Marktes (vgl. insbesondere Urteil vom 11.
Dezember 1980 in der Rechtssache 31/80, L'Oréal, Slg. 1980, 3775, Randnr. 25)
und der Abgrenzung des wesentlichen Teils des Gemeinsamen Marktes, auf dem
dieses Unternehmen gegebenenfalls mißbräuchliche Praktiken anwenden kann, die
einen wirksamen Wettbewerb verhindern (vgl. insbesondere Urteil vom 14. Februar
1978 in der Rechtssache 27/76, United Brands/Kommission, Slg. 1978, 207,
Randnr. 44), wesentliche Bedeutung beizumessen.
- Wie sich aus dem Urteil vom 10. Dezember 1991 in der Rechtssache C-179/90
(Merci convenzionali porto di Genova, Slg. 1991, I-5889, Randnr. 15) ergibt, sind
in diesem Zusammenhang insbesondere der Umfang des Verkehrs in dem
betreffenden Hafen und die Bedeutung dieses Verkehrs für die gesamte Ein- und
Ausfuhr auf dem Seeweg in dem fraglichen Mitgliedstaat zu berücksichtigen.
- Zweitens ist darauf hinzuweisen, daß ein Mißbrauch einer beherrschenden Stellung
nach Artikel 86 Absatz 2 Buchstaben a und c des Vertrages darin bestehen kann,
daß unmittelbar oder mittelbar unangemessene Einkaufs- oder Verkaufspreise oder
sonstige Geschäftsbedingungen erzwungen werden oder unterschiedliche
Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, durch die
diese im Wettbewerb benachteiligt werden, angewandt werden.
- Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist unter einem „unangemessenen
Preis“ im Sinne von Artikel 86 Absatz 2 Buchstabe a des Vertrages ein überhöhter
Preis zu verstehen, der in keinem vernünftigen Verhältnis zum wirtschaftlichen
Wert der erbrachten Leistung steht (vgl. in diesem Sinne Urteil United
Brands/Kommission, a. a. O., Randnr. 250).
- Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob dies bei den im
Ausgangsverfahren streitigen Hafenabgaben der Fall ist.
- Auch der Umstand, daß ein öffentliches Unternehmen, das Eigentümer und
Betreiber eines Verkehrshafens ist, von seiner eigenen Fährlinie und auf der Basis
der Gegenseitigkeit von der Fährlinie bestimmter Geschäftspartner diese Abgaben
nicht erhebt, kann einen Mißbrauch darstellen, soweit dadurch gegenüber den
anderen Handelspartnern des öffentlichen Unternehmens unterschiedliche
Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen im Sinne des Artikels 86 Absatz 2
Buchstabe c des Vertrages angewandt werden.
- Bei der Befreiung der eigenen Fährlinie von der Zahlung der Abgaben wäre dies
dann der Fall, wenn sich ergäbe, daß das öffentliche Unternehmen in seiner
Buchführung nicht einen den normalerweise geschuldeten Hafenabgaben
entsprechenden Gesamtbetrag dem Teil seiner Tätigkeiten zuweist, der die
Fährlinie betrifft. Fehlt eine transparente Buchführung, so könnte der Umstand,
daß die von dem öffentlichen Unternehmen für seine Fährlinie angewandten Preise
gegenüber den Preisen der konkurrierenden Fährunternehmen ungewöhnlich
niedrig sind, ein Indiz dafür sein, daß diese Zuweisung nicht erfolgt ist.
- Die Befreiung der Fährlinie bestimmter Geschäftspartner des öffentlichen
Unternehmens von der Zahlung der Abgaben auf der Basis der Gegenseitigkeit
könnte ebenfalls einen Verstoß gegen Artikel 86 Absatz 2 Buchstabe c des
Vertrages darstellen, wenn sich ergäbe, daß der Gesamtbetrag der Abgaben, die
diese innerhalb eines bestimmten Zeitraums normalerweise für die Benutzung der
Hafenanlagen geschuldet hätten, höher ist als der Betrag, den das öffentliche
Unternehmen normalerweise für die Leistungen schuldet, die es selbst innerhalb
desselben Zeitraums in den Häfen seiner Geschäftspartner in Anspruch genommen
hat.
- Drittens ist zu bemerken, daß die Verantwortlichkeit eines Mitgliedstaats gemäß
den Artikeln 86 und 90 Absatz 1 des Vertrages nur dann entsteht, wenn das
mißbräuchliche Verhalten des betreffenden öffentlichen Unternehmens zu einer
Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten führen konnte. Diese
Voraussetzung ist nicht erst dann erfüllt, wenn das betreffende mißbräuchliche
Verhalten den Handel tatsächlich beeinträchtigt hat. Es genügt der Nachweis, daß
dieses Verhalten geeignet ist, eine derartige Wirkung zu entfalten (vgl. in diesem
Sinne Urteil Höfner und Elser, a. a. O., Randnr. 32).
- Der Gerichtshof hat bereits entschieden, daß Mißbräuche, die, wie die im
Ausgangsverfahren in Rede stehenden, Unternehmen berühren, die Beförderungen
im Seeverkehr zwischen Mitgliedstaaten vornehmen, geeignet sind, den Handel
zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen (Urteil Corsica Ferries, a. a. O.,
Randnr. 44).
- Nach alledem ist auf die sechste und die achte Frage zu antworten, daß, wenn ein
öffentliches Unternehmen, das Eigentümer und Betreiber eines Verkehrshafens ist,
eine beherrschende Stellung auf einem wesentlichen Teil des Gemeinsamen
Marktes innehat, Artikel 90 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 86 des Vertrages
es verbietet, daß dieses Unternehmen aufgrund einer Regelung des Mitgliedstaats,
dem es angehört, unangemessene Hafenabgaben erhebt oder von seiner eigenen
Fährlinie und auf der Basis der Gegenseitigkeit von der Fährlinie seiner
Geschäftspartner nicht erhebt, soweit derartige Befreiungen die Anwendung
unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen mit sich bringen
würden. Das nationale Gericht hat zu prüfen, ob die Abgaben unter
Berücksichtigung ihrer Höhe und des wirtschaftlichen Wertes der erbrachten
Leistungen tatsächlich unangemessen sind. Dieses Gericht hat ebenfalls zu prüfen,
ob die Befreiung der eigenen Fährlinie des öffentlichen Unternehmens und auf der
Basis der Gegenseitigkeit derjenigen bestimmter Geschäftspartner dieses
Unternehmens tatsächlich die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei
gleichwertigen Leistungen mit sich bringt.
Zur neunten Frage
- Mit dieser Frage möchte das nationale Gericht im wesentlichen wissen, ob Artikel
90 Absatz 2 des Vertrages es einem öffentlichen Unternehmen, das Eigentümer
und Betreiber eines Verkehrshafens ist, erlaubt, gegen das Gemeinschaftsrecht
verstoßende Hafenabgaben für die Benutzung von Hafenanlagen zu erheben.
- In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, daß nach Artikel 90 Absatz 2 des
Vertrages für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem
wirtschaftlichem Interesse betraut sind, die Vorschriften des Vertrages,
insbesondere die Wettbewerbsregeln, gelten, soweit die Anwendung dieserVorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe
rechtlich oder tatsächlich verhindert, allerdings unter dem Vorbehalt, daß die
Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden
darf, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft.
- Um festzustellen, ob die in Artikel 90 Absatz 2 vorgesehene Ausnahme von der
Anwendung der Vorschriften des Vertrages eingreift, ist daher zunächst zu prüfen,
ob das betreffende Unternehmen von dem Mitgliedstaat tatsächlich mit
Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut worden ist,
und wenn ja, ob die Anwendung der Vorschriften des Vertrages die Erfüllung der
ihm übertragenen besonderen Aufgabe verhindert.
- Da es sich um eine Vorschrift handelt, die unter bestimmten Umständen eine vom
Vertrag abweichende Regelung zuläßt, ist der Begriff der Unternehmen, die sich
auf diese Vorschrift berufen können, eng auszulegen (Urteil vom 21. März 1974 in
der Rechtssache 127/73, BRT II, Slg. 1974, 313, Randnr. 19).
- Im Urteil vom 14. Juli 1971 in der Rechtssache 10/71 (Muller u. a., Slg. 1971, 723,
Randnr. 11) hat der Gerichtshof entschieden, daß unter den Begriff „Unternehmen,
das mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut ist“,
ein Unternehmen fallen kann, das für die Ausübung der ihm gesetzlich
übertragenen Aufgabe bestimmte Vorrechte genießt und zu diesem Zweck enge
Beziehungen mit den öffentlichen Stellen unterhält und über das daher der größte
Teil des Flußverkehrs des fraglichen Staates abgewickelt wird.
- Daraus folgt jedoch nicht, daß der Betrieb jedes Verkehrshafens eine
Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wäre, und insbesondere
auch nicht, daß alle in einem solchen Hafen erbrachten Leistungen im Rahmen
einer solchen Aufgabe erbracht würden.
- In Randnummer 27 des vorgenannten Urteils Merci convenzionali porto di Genova
hat der Gerichtshof nämlich festgestellt, daß an Hafenarbeiten wie der Be-, Ent-
und Umladung, der Lagerung sowie allgemein dem Umschlag von Waren oder
anderen Gütern im Hafen nicht unbedingt ein allgemeines wirtschaftliches Interesse
besteht, das gegenüber dem Interesse an anderen Tätigkeiten des Wirtschaftslebens
spezifische Merkmale hätte.
- Schließlich ist selbst für den Fall, daß das bloße Bereitstellen von Hafenanlagen als
Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Artikel 90
Absatz 2 des Vertrages qualifiziert werden könnte, festzustellen, daß sich weder aus
dem Vorlagebeschluß noch aus den beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen
ergibt, daß die Anwendung von Artikel 86 des Vertrages auf die Erhebung von
Hafenabgaben durch die DSB geeignet wäre, die Erfüllung einer solchen Aufgabe
zu verhindern.
- Daher ist auf die neunte Frage zu antworten, daß Artikel 90 Absatz 2 des
Vertrages es einem öffentlichen Unternehmen, das Eigentümer und Betreiber eines
Verkehrshafens ist, nicht erlaubt, für die Benutzung von Hafenanlagen
Hafenabgaben zu erheben, die gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen, die jedoch
zur Erfüllung der diesem Unternehmen übertragenen besonderen Aufgabe nicht
erforderlich sind.
Zur siebten Frage
- Mit dieser Frage möchte das nationale Gericht wissen, ob im Fall der
Unvereinbarkeit der im Ausgangsverfahren streitigen Abgaben mit Artikel 90
Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 86 des Vertrages das Gemeinschaftsrecht den
Personen oder Unternehmen, von denen diese Abgaben erhoben wurden, das
Recht verleiht, deren Rückzahlung oder Erstattung zu verlangen.
- In diesem Zusammenhang ist zum einen daran zu erinnern, daß auch im Rahmen
des Artikels 90 die Bestimmungen des Artikels 86 des Vertrages unmittelbare
Wirkung haben und für den einzelnen Rechte begründen, die die nationalen
Gerichte zu wahren haben (Urteile vom 30. April 1974 in der Rechtssache 155/73,
Sacchi, Slg. 1974, 409, Randnr. 18, und Merci convenzionali porto di Genova,
a. a. O., Randnr. 23).
- Zum anderen ist nach ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Urteil vom 14. Januar
1997 in den Rechtssachen C-192/95 bis C-218/95, Comateb u. a., Slg. 1997, I-165,
Randnr. 20) das Recht auf Erstattung von Abgaben, die ein Mitgliedstaat unter
Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhoben hat, die Folge und Ergänzung der
Rechte, die den einzelnen aus den Gemeinschaftsbestimmungen zustehen, die
solche Abgaben verbieten. Der Mitgliedstaat ist somit grundsätzlich verpflichtet, die
unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Abgaben zu erstatten,
außer wenn feststeht, daß die zur Zahlung dieser Abgaben herangezogene Person
sie tatsächlich auf andere abgewälzt hat (vgl. vorerwähntes Urteil Comateb u. a.,
Randnr. 21, und dort genannte Rechtsprechung).
- Das gleiche gilt jedenfalls auch dann, wenn die Abgaben von einem öffentlichen
Unternehmen erhoben werden, das dem Verkehrsministerium untersteht und
dessen Haushalt im Haushaltsgesetz enthalten ist (vgl. Randnr. 29 des vorliegenden
Urteils).
- Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß die Abgabenpflichtigen nicht daran gehindert
sind, bei den zuständigen Gerichten nach den einschlägigen Verfahren des
nationalen Rechts und unter den im Urteil vom 5. März 1996 in den Rechtssachen
C-46/93 und C-48/93 (Brasserie du pêcheur und Factortame, Slg. 1996, I-1029)
genannten Voraussetzungen unabhängig von der Frage der Abwälzung dieser
Abgabe Ersatz des Schadens zu verlangen, den sie wegen der Erhebung der nicht
geschuldeten Abgaben erlitten haben (vorerwähntes Urteil Comateb u. a.,
Randnr. 34).
- Nach alledem ist auf die siebte Frage zu antworten, daß Personen oder
Unternehmen, von denen ein öffentliches Unternehmen, das einem nationalen
Ministerium untersteht und dessen Haushalt im Haushaltsgesetz enthalten ist,
Abgaben erhoben hat, die gegen Artikel 90 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 86
des Vertrages verstoßen, grundsätzlich Anspruch auf Erstattung der nicht
geschuldeten Abgaben haben.
Kosten
- Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem
Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die
Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei
dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist
daher Sache dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen
hatDER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
auf die ihm vom Østre Landsret mit Beschluß vom 30. Juni 1995 vorgelegten
Fragen für Recht erkannt:
- Artikel 95 EWG-Vertrag verbietet es einem Mitgliedstaat, einen
Einfuhrzuschlag von 40 % zu erheben, um den sich bei der Einfuhr von
Waren aus einem anderen Mitgliedstaat per Schiff die Abgabe erhöht, die
allgemein auf Waren erhoben wird, die in den Häfen des ersten
Mitgliedstaats oder in der vertieften Fahrrinne der Zufahrten zu diesen
Häfen verfrachtet, gelöscht oder sonst verschifft oder ausgeschifft werden.
- Es ist Sache der internen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, die
Verfahrensmodalitäten einschließlich derjenigen in bezug auf die
Beweislast der Klagen zu regeln, die den Schutz der dem einzelnen aus
der unmittelbaren Wirkung von Artikel 86 des Vertrages erwachsenden
Rechte gewährleisten sollen, wobei diese Modalitäten weder ungünstiger
sein dürfen als bei entsprechenden Klagen, die innerstaatliches Recht
betreffen, noch die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung
verliehenen Rechte praktisch unmöglich machen oder übermäßig
erschweren dürfen.
- Hat ein öffentliches Unternehmen, das Eigentümer und Betreiber eines
Verkehrshafens ist, eine beherrschende Stellung auf einem wesentlichen Teil
des Gemeinsamen Marktes inne, so verbietet es Artikel 90 Absatz 1 in
Verbindung mit Artikel 86 des Vertrages, daß dieses Unternehmen aufgrund
einer Regelung des Mitgliedstaats, dem es angehört, unangemessene
Hafenabgaben erhebt oder von seiner eigenen Fährlinie und auf der Basis
der Gegenseitigkeit von der Fährlinie seiner Geschäftspartner nicht erhebt,
soweit derartige Befreiungen die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen
bei gleichwertigen Leistungen mit sich bringen würden. Das nationale
Gericht hat zu prüfen, ob die Abgaben unter Berücksichtigung ihrer Höhe
und des wirtschaftlichen Wertes der erbrachten Leistungen tatsächlich
unangemessen sind. Dieses Gericht hat ebenfalls zu prüfen, ob die
Befreiung der eigenen Fährlinie des öffentlichen Unternehmens und auf der
Basis der Gegenseitigkeit derjenigen bestimmter Geschäftspartner dieses
Unternehmens tatsächlich die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen
bei gleichwertigen Leistungen mit sich bringt.
- Artikel 90 Absatz 2 des Vertrages erlaubt es einem öffentlichen
Unternehmen, das Eigentümer und Betreiber eines Verkehrshafens ist,
nicht, für die Benutzung von Hafenanlagen Hafenabgaben zu erheben, die
gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen, die jedoch zur Erfüllung der
diesem Unternehmen übertragenen besonderen Aufgabe nicht erforderlich
sind.
- Personen oder Unternehmen, von denen ein öffentliches Unternehmen, das
einem nationalen Ministerium untersteht und dessen Haushalt im
Haushaltsgesetz enthalten ist, Abgaben erhoben hat, die gegen Artikel 90
Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 86 des Vertrages verstoßen, haben
grundsätzlich Anspruch auf Erstattung der nicht geschuldeten Abgaben.
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. Juli 1997.
Der Kanzler
Der Präsident der Sechsten Kammer
R. Grass
G. F. Mancini
1: Verfahrenssprache: Dänisch.