Language of document : ECLI:EU:T:2012:77

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

14. Februar 2012(*)

„Gemeinschaftsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Gemeinschaftswortmarke BIGAB – Absolutes Eintragungshindernis – Keine Bösgläubigkeit – Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑33/11

Peeters Landbouwmachines BV mit Sitz in Etten-Leur (Niederlande), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt P. Claassen,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch P. Geroulakos als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Verfahrensbeteiligte vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:

AS Fors MW mit Sitz in Saue (Estland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt M. Nielsen und Rechtsanwältin J. Hansen,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 4. November 2010 (Sache R 210/2010‑1) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen der Peeters Landbouwmachines BV und der AS Fors MW

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten N. J. Forwood (Berichterstatter) sowie der Richter F. Dehousse und J. Schwarcz,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 24. Januar 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 11. Mai 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 27. April 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund des Umstands, dass keiner der Verfahrensbeteiligten binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 31. März 2005 meldete die Streithelferin, die AS Fors MW, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen BIGAB.

3        Die Marke wurde für folgende Waren in den Klassen 6, 7 und 12 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 6: „Unedle Metalle und deren Legierungen; Kabel und Drähte aus Metall (nicht für elektrische Zwecke); Waren aus Metall, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Metallbehälter“;

–        Klasse 7: „Maschinen und Werkzeugmaschinen; Motoren (ausgenommen Motoren für Landfahrzeuge); Kupplungen und Vorrichtungen zur Kraftübertragung, ausgenommen solche für Landfahrzeuge; nicht handbetätigte landwirtschaftliche Geräte, Traktorprozessoren, Kräne (Hebegeräte)“;

–        Klasse 12: „Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser; Hakenliftanhänger; Kippwagenanhänger; Transportanhänger; Langholzanhänger“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 45/2005 vom 7. November 2005 veröffentlicht. Am 20. März 2006 wurde die Marke BIGAB unter der Nr. 4363842 als Gemeinschaftsmarke eingetragen.

5        Am 6. September 2007 reichte die Klägerin, die Peeters Landbouwmachines BV, beim HABM einen Antrag auf Nichtigerklärung der genannten Marke für sämtliche Waren ein, für die sie eingetragen worden war. Dieser Antrag wurde auf die Nichtigkeitsgründe des Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009), des Art. 52 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 53 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009) in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009) und des Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 53 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009) gestützt.

6        Im Wesentlichen warf die Klägerin der Streithelferin vor, zum Zeitpunkt der Anmeldung der angefochtenen Marke bösgläubig gewesen zu sein. Mit dieser Anmeldung habe die Streithelferin nämlich das alleinige Ziel verfolgt, die Klägerin daran zu hindern, weiter landwirtschaftliches Gerät unter der Marke BIGA zu vertreiben, obwohl die Klägerin über ein älteres Recht an dieser Marke verfüge.

7        Mit Entscheidung vom 4. Dezember 2009 wies die Nichtigkeitsabteilung den Antrag auf Nichtigerklärung in vollem Umfang zurück.

8        Am 2. Februar 2010 legte die Klägerin nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein.

9        Mit Entscheidung vom 4. November 2010 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück und stützte sich hierbei im Wesentlichen auf folgende Gründe:

–        die mit der Verordnung Nr. 207/2009 geschaffene rechtliche Regelung beruhe auf dem Grundsatz des „Erstanmelders“ in dem Sinne, dass das Eigentum an einer Gemeinschaftsmarke nicht durch frühere Benutzung, sondern durch frühere Eintragung erworben werde;

–        eine der Abweichungen von dieser Regel sei in Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehen, wonach eine Gemeinschaftsmarke für nichtig erklärt werde, wenn ihr Inhaber bei der Anmeldung der Marke bösgläubig gewesen sei, wobei Bösgläubigkeit im Sinne dieser Bestimmung eine „Unredlichkeit, die nicht den Kriterien eines akzeptablen geschäftlichen Verhaltens entspricht“, bezeichne;

–        die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die Streithelferin bösgläubig gehandelt habe;

–        die Marke BIGAB sei seit 1991 verwendet worden, zunächst von der Rechtsvorgängerin der jetzigen Inhaberin dieser Marke, danach von dieser Inhaberin selbst, d. h. der Streithelferin, während die Klägerin erst 1996 begonnen habe, das Zeichen BIGA zu verwenden;

–        hinzukomme, dass das angefochtene Zeichen auf die Firmenbezeichnung der von der Streithelferin zuvor übernommenen Gesellschaft zurückzuführen sei, nämlich Blidsberg Investment Group BIG AB;

–        der Streithelferin habe es daher freigestanden, diese Marke als Gemeinschaftsmarke anzumelden, um ihren Schutz auf europäischer Ebene zu verstärken; die Klägerin habe diese Freiheit ebenfalls gehabt, sie habe sich jedoch nicht die Mühe gemacht, das Zeichen BIGA als Gemeinschaftsmarke eintragen zu lassen, obwohl sie es seit 1996 gebraucht habe;

–        diese Schlussfolgerungen würden durch das Urteil des Gerichtshofs vom 11. Juni 2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli (C‑529/07, Slg. 2009, I‑4893), nicht in Frage gestellt, da die Absicht der Streithelferin hauptsächlich und bereits vorher die gewesen sei, ihre Markenrechte auf europäischer Ebene zu schützen, und nicht, die Klägerin an der Verwendung der Marke BIGA zu hindern; ein Indiz für diese Absicht liege in der Tatsache, dass die Streithelferin die angefochtene Marke in mehreren Ländern der Europäischen Union verwendet habe, bevor sie die Eintragung als Gemeinschaftsmarke beantragt habe;

–        in diesem Zusammenhang komme es nicht darauf an, ob die Streithelferin zum Zeitpunkt der Anmeldung von der Verwendung des Zeichens BIGA durch die Klägerin Kenntnis gehabt habe oder zumindest hätte haben müssen und ob sie sich gemäß Art. 2.4 Abs. 1 Buchst. f des am 25. Februar 2005 in Den Haag unterzeichneten Benelux-Übereinkommens über geistiges Eigentum (Marken und Muster oder Modelle) auf einen gewissen Grad an rechtlichem Schutz der nicht eingetragenen Marke BIGA habe berufen können, da nachgewiesen worden sei, dass das Recht der Streithelferin jedenfalls älter sei.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

10      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM aufzugeben, die eingetragene Gemeinschaftsmarke, deren Nichtigerklärung beantragt wurde, für nichtig zu erklären, oder hilfsweise, ihm aufzugeben, die eingetragene Gemeinschaftsmarke, deren Nichtigerklärung beantragt wurde, für nichtig zu erklären, soweit die Eintragung die Klasse 7 betrifft;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

11      Das HABM und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit der erstmals vor dem Gericht vorgelegten Beweismittel

12      Das HABM hält die Beweismittel, die die Klägerin erstmals vor dem Gericht vorgelegt hat, für unzulässig. Es handelt sich um die Anlagen 19 und 20 der Klageschrift, die Kopien verschiedener Seiten der Website der Streithelferin sowie auszugsweise von einer Suchmaschine angezeigte Seiten enthalten, in denen es um die Marken BIFA, FARMA und NIAB geht.

13      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass eine beim Gericht erhobene Klage auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Beschwerdekammern im Sinne des Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 gerichtet ist und dass bei einer Aufhebungsklage die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Rechtsakts an dem Sachverhalt und der Rechtslage zu messen ist, die zur Zeit des Erlasses des Rechtsakts bestanden. Nach ständiger Rechtsprechung ist es daher nicht Aufgabe des Gerichts, den Sachverhalt im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen zu überprüfen. Die Zulassung solcher Beweismittel verstößt nämlich gegen Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts, wonach die Schriftsätze der Parteien den vor der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand nicht ändern können (Urteil des Gerichts vom 11. November 2009, Frag Comercio Internacional/HABM – Tinkerbell Modas [GREEN by missako], T‑162/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 17).

14      Daher sind die streitigen Beweismittel, da sie erstmals vor dem Gericht vorgelegt worden sind, für unzulässig zu erklären.

 Zur Begründetheit

15      Die Klägerin trägt einen einzigen Klagegrund vor, der auf einen Verstoß gegen Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt ist. Sie macht geltend, die Beschwerdekammer habe dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass sie nicht festgestellt habe, dass die Streithelferin bösgläubig gewesen sei, als sie die angefochtene Marke beim HABM als Gemeinschaftsmarke angemeldet habe.

16      Wie die Beschwerdekammer in Randnr. 20 der angefochtenen Entscheidung zu Recht geltend gemacht hat, beruht das System der Eintragung von Gemeinschaftsmarken auf dem in Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 aufgestellten Grundsatz des „Erstanmelders“. Nach diesem Grundsatz kann ein Zeichen nur als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden, wenn dieser Eintragung keine ältere Marke entgegensteht, gleichviel, ob es sich um eine in einem Mitgliedstaat oder beim Benelux-Amt für geistiges Eigentum eingetragene Marke, eine mit Wirkung für einen Mitgliedstaat international registrierte Marke oder eine aufgrund internationaler Vereinbarungen mit Wirkung in der Union eingetragene Marke handelt. Dagegen steht unbeschadet einer etwaigen Anwendung von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 die bloße Benutzung einer nicht eingetragenen Marke durch einen Dritten der Eintragung einer identischen oder ähnlichen Marke als Gemeinschaftsmarke für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen nicht entgegen.

17      Die Anwendung dieses Grundsatzes wird u. a. durch Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nuanciert, wonach die Gemeinschaftsmarke auf Antrag beim HABM oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für nichtig erklärt wird, wenn der Anmelder bei der Anmeldung der Marke bösgläubig war. Es ist Sache desjenigen, der den Antrag auf Nichtigerklärung stellt und sich auf diesen Grund stützen will, die Umstände darzulegen, die den Schluss zulassen, dass der Inhaber einer Gemeinschaftsmarke bei deren Anmeldung bösgläubig war.

18      Der Gerichtshof hat einige Erläuterungen zur Auslegung des Begriffs „Bösgläubigkeit“ im Sinne des Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gegeben (vgl. entsprechend Urteil Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, oben in Randnr. 9 angeführt). So hat er darauf hingewiesen, dass die Bösgläubigkeit des Anmelders im Sinne dieser Vorschrift umfassend zu beurteilen ist, wobei alle im vorliegenden Fall erheblichen Faktoren zu berücksichtigen sind, insbesondere

–        die Tatsache, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter in mindestens einem Mitgliedstaat ein gleiches oder ähnliches Zeichen für eine gleiche oder mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnliche Ware verwendet,

–        die Absicht des Anmelders, diesen Dritten an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hindern,

–        der Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen genießen.

19      In Randnr. 44 des Urteils Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli (oben in Randnr. 9 angeführt) hat der Gerichtshof zudem ausgeführt, dass die Absicht, die Vermarktung einer Ware zu verhindern, unter bestimmten Umständen für die Bösgläubigkeit des Anmelders kennzeichnend sein kann. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn sich später herausstellt, dass er ein Zeichen als Gemeinschaftsmarke hat eintragen lassen, ohne dessen Benutzung zu beabsichtigen, allein um den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern.

20      Somit ergibt sich aus der Formulierung im Urteil Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli (oben in Randnr. 9 angeführt), wie die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung zu Recht hervorgehoben hat, dass die drei oben in Randnr. 19 aufgeführten Faktoren lediglich Beispiele aus einer Gesamtheit von Elementen sind, die bei der Beurteilung der etwaigen Bösgläubigkeit eines Markenanmelders im Zeitpunkt der Anmeldung berücksichtigt werden können.

21      Im Rahmen der umfassenden Beurteilung nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 können daher auch die Herkunft des angefochtenen Zeichens und seine Verwendung seit seiner Schaffung sowie die unternehmerische Logik, in die sich die Anmeldung dieses Zeichens als Gemeinschaftsmarke einfügte, berücksichtigt werden.

22      Im vorliegenden Fall steht fest, dass die angefochtene Marke von 1991 an benutzt wurde, zunächst von der Blidsberg Investment Group BIG AB, deren Initialen die Marke BIGAB darstellt, und sodann seit 1999, nach dem Erwerb sämtlicher mit dieser Marke verbundener Rechte, von der Streithelferin. Die Klägerin hingegen begann erst 1996, die Marke BIGA zu benutzen. Diese war zum Zeitpunkt der Anmeldung der angefochtenen Marke weder auf europäischer noch auf Benelux- noch auf nationaler Ebene eingetragen. Diese Umstände beweisen, dass das angefochtene Zeichen von der Streithelferin nicht mit der Absicht geschaffen oder verwendet wurde, eine Verwechslung mit einem bestehenden Zeichen herbeizuführen und dem Inhaber dieses Zeichens so in unlauterer Weise Konkurrenz zu machen.

23      Zudem ist es entgegen dem Vortrag der Klägerin aus unternehmerischer Sicht verständlich, dass die Streithelferin den Schutz der angefochtenen Marke dadurch erweitern wollte, dass sie sie als Gemeinschaftsmarke eintragen ließ. Während des der Anmeldung vorausgegangenen Zeitraums erzielte die Streithelferin ihren Umsatz mit den Waren der Marke BIGAB nämlich in einer wachsenden Zahl von Mitgliedstaaten. Wie die Beschwerdekammer in Randnr. 32 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, stellte dies einen plausiblen Beweggrund dar, der die Anmeldung als Gemeinschaftsmarke rechtfertigt.

24      Außerdem kann der Streithelferin nicht vorgeworfen werden, die angefochtene Marke angemeldet zu haben, ohne deren Benutzung zu beabsichtigen und allein um den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern, da seit dem Tag dieser Anmeldung in vielen Teilen der Union Waren unter dieser Marke vermarktet worden sind.

25      Insoweit ist hervorzuheben, dass es grundsätzlich berechtigt ist, wenn ein Unternehmen die Eintragung einer Marke nicht nur für die Kategorien von Waren und Dienstleistungen beantragt, die es zum Zeitpunkt der Anmeldung vermarktet, sondern auch für weitere Kategorien von Waren und Dienstleistungen, die es künftig zu vermarkten beabsichtigt.

26      Im vorliegenden Fall ist in keiner Weise nachgewiesen worden, dass die Anmeldung der angefochtenen Marke, soweit sie Waren der Klasse 7 – insbesondere Kräne – erfasste, einen künstlichen Charakter hatte und für die Streithelferin der unternehmerischen Logik entbehrte. Dies gilt umso mehr, als nicht bestritten wird, dass Waren der genannten Klasse von der Streithelferin vermarktet wurden, auch wenn dies unter einer anderen Marke geschehen ist. Dass die Anmeldung für Waren dieser Klasse erfolgte, zu der die von der Klägerin vermarkteten Waren gehören, beweist somit noch nicht, dass der alleinige Beweggrund dieser Anmeldung die Absicht der Streithelferin war, die Klägerin an der weiteren Verwendung der Marke BIGA zu hindern.

27      Außerdem genügt der Umstand, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter zumindest in einem Mitgliedstaat seit langem ein gleiches oder ähnliches Zeichen für eine gleiche oder mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnliche Ware benutzt, allein noch nicht für die Bejahung der Bösgläubigkeit des Anmelders (Urteil Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, oben in Randnr. 9 angeführt, Randnr. 40). So lässt sich nicht ausschließen, dass, wenn mehrere Hersteller auf dem Markt gleiche oder ähnliche Zeichen für gleiche oder mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnliche Waren verwenden, der Anmelder mit der Eintragung dieses Zeichens ein berechtigtes Ziel verfolgt (Urteil Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, oben in Randnr. 9 angeführt, Randnr. 48). Wie die Streithelferin geltend gemacht hat, kann dies u. a. der Fall sein, wenn der Anmelder zum Zeitpunkt der Anmeldung weiß, dass ein drittes Unternehmen die angemeldete Marke verwendet und ihren Kunden damit vortäuscht, die unter dieser Marke verkauften Waren offiziell zu vertreiben, obwohl es hierfür nicht die Genehmigung erhalten hat.

28      Die Rüge, es sei unstimmig seitens der Streithelferin, dafür gesorgt zu haben, dass die angefochtene Marke als Gemeinschaftsmarke geschützt werde, nicht aber die beiden anderen Marken, deren Inhaberin sie sei, nämlich die Marken FARMA und NIAB, greift – selbst unter der Annahme, sie sei zulässig, obwohl sie erstmals vor dem Gericht erhoben worden ist – nicht durch. Indem Art. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 vorsieht, dass alle natürlichen oder juristischen Personen Inhaber von Gemeinschaftsmarken sein können, schafft er nämlich eine bloße Möglichkeit der Eintragung, die völlig in das Ermessen des Inhabers einer Marke gestellt ist. Daraus folgt, dass die Gutgläubigkeit des Anmelders einer Marke nicht bereits dadurch in Frage gestellt werden kann, dass er Inhaber weiterer Marken ist und nicht die Initiative ergriffen hat, diese als Gemeinschaftsmarken anzumelden.

29      Eine etwaige Bösgläubigkeit der Streithelferin ist auch nicht allein dadurch nachgewiesen, dass sie auf die Eintragung der Marke BIGAB als Benelux-Marke verzichtet hat, da die Entscheidung, eine Marke sowohl auf nationaler Ebene als auch auf Benelux- oder Gemeinschaftsebene zu schützen, ausschließlich zur unternehmerischen Strategie ihres Inhabers gehört und es daher weder Sache des HABM noch des Gerichts ist, sich in eine solche Bewertung einzumischen.

30      Zudem kann für die Beurteilung der Bösgläubigkeit des Anmelders der Bekanntheitsgrad berücksichtigt werden, der einem Zeichen zum Zeitpunkt seiner Anmeldung als Gemeinschaftsmarke zukommt, da ein solcher Bekanntheitsgrad gerade das Interesse des Anmelders rechtfertigen kann, einen weiter reichenden rechtlichen Schutz seines Zeichens sicherzustellen (Urteil Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, oben in Randnr. 9 angeführt, Randnrn. 51 und 52).

31      Zum Zeitpunkt der Anmeldung war die angefochtene Marke bereits seit etwa 14 Jahren verwendet worden. Zudem hat sie, wie die Beschwerdekammer in Randnr. 32 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, in den ihrer Eintragung als Gemeinschaftsmarke vorausgegangenen Jahren in Europa ein Wachstum erfahren. Dieses Wachstum hat die Bekanntheit dieser Marke erhöht, was dafür spricht, dass die Streithelferin ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse daran hatte, einen weiter reichenden Schutz der Marke sicherzustellen, und dass sie nicht bösgläubig war, als sie die Anmeldung einreichte.

32      Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob zwischen den von der Klägerin unter der Marke BIGA vertriebenen Waren und den von der Streithelferin unter der angefochtenen Marke vertriebenen Waren Ähnlichkeit oder Identität besteht, da jedenfalls nicht nachgewiesen wurde, dass mit der Eintragung das alleinige Ziel verfolgt wurde, die Klägerin an der Verwendung der Marke BIGA zu hindern.

33      Auch dass die Streithelferin die Klägerin und eine andere Gesellschaft einige Wochen nach der Eintragung der angefochtenen Marke außergerichtlich aufforderte, es zu unterlassen, das Zeichen BIGA in ihren Geschäftsbeziehungen zu verwenden, stellt kein Indiz für Bösgläubigkeit dar, da eine solche Aufforderung zu den mit der Eintragung einer Marke als Gemeinschaftsmarke verbundenen Befugnissen nach Art. 9 der Verordnung Nr. 207/2009 gehört.

34      Das Argument, das die Klägerin daraus herleitet, dass sie das Zeichen BIGA in den Beneluxländern verwendet habe, bevor das angefochtene Zeichen in diesem Gebiet verwendet worden sei, ist nicht geeignet, die Vermutung zu widerlegen, dass die Streithelferin zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung gutgläubig war. Selbst unter der Annahme, dieser Umstand sei nachgewiesen, stellt er die Feststellung nicht in Frage, dass die angefochtene Marke vor der Marke der Klägerin geschaffen und im geschäftlichen Verkehr verwendet wurde. Wie die Beschwerdekammer in Randnr. 26 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, war die Klägerin im Übrigen grundsätzlich durch nichts daran gehindert, die Marke BIGA sowohl auf nationaler Ebene als auch auf Benelux- oder Gemeinschaftsebene eintragen zu lassen, was sie gegen die Eintragung der angefochtenen Marke als Gemeinschaftsmarke hätte schützen können.

35      Schließlich greift auch die Rüge nicht durch, wonach die Beschwerdekammer dadurch einen Fehler begangen habe, dass sie sich bei der Definition der Bösgläubigkeit im Sinne des Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 von dem in Art. 12 dieser Verordnung enthaltenen Verweis auf die „anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel“ leiten ließ.

36      Zwar trifft es zu, dass mit diesen beiden Bestimmungen unterschiedliche Zwecke verfolgt werden, von denen der eine das Verhalten eines Dritten gegenüber dem Markeninhaber, der andere das Verhalten des Inhabers selbst zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke als Gemeinschaftsmarke betrifft. Die Beschwerdekammer hat dennoch keinen Fehler begangen, als sie eine solche Parallele zog, da diese dadurch gerechtfertigt ist, dass mit den beiden Bestimmungen unredliche Verhaltensweisen im geschäftlichen Bereich sanktioniert werden sollen.

37      Jedenfalls hat sich die Beschwerdekammer bei der Auslegung des Begriffs „Bösgläubigkeit“ im Sinne des Art. 52 der Verordnung Nr. 207/2009 keinesfalls darauf beschränkt, diese Parallele zu ziehen. Vielmehr hat sie, wie sich oben aus den Randnrn. 22 bis 34 ergibt, die Auslegungsgrundsätze, die der Gerichtshof hierzu in seinem Urteil Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli entwickelt hat, zutreffend angewandt.

38      Nach alledem hat die Beschwerdekammer in Randnr. 33 zu Recht festgestellt, dass die Streithelferin, selbst wenn sie wusste oder hätte wissen müssen, dass die Klägerin das Zeichen BIGA für den Vertrieb von Vertikalfuttermischern verwendete, nicht bösgläubig gehandelt hat, als die die Eintragung der angefochtenen Marke beantragte.

39      Daher ist der einzige Klagegrund als nicht stichhaltig zurückzuweisen und somit die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen.

 Kosten

40      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

41      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Peeters Landbouwmachines BV trägt die Kosten.

Forwood

Dehousse

Schwarcz

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Februar 2012.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.