Language of document : ECLI:EU:T:2013:11

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

15. Januar 2013(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke BELLRAM – Ältere nationale Wortmarke und ältere nationale Bildmarken RAM und Ram – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Rechtliches Gehör – Art. 63 Abs. 2, Art. 75 und Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 – Fristen im Widerspruchsverfahren“

In der Rechtssache T‑237/11

Lidl Stiftung & Co. KG mit Sitz in Neckarsulm (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt T. Träger,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch K. Klüpfel und D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

Lactimilk, SA mit Sitz in Madrid (Spanien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt P. Casamitjana Lleonart,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 1. März 2011 (Sache R 1154/2009‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Lactimilk, SA und der Lidl Stiftung & Co. KG

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) und des Richters M. van der Woude,

Kanzler: S. Spyropoulos, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 4. Mai 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 7. Oktober 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 22. September 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der am 3. Januar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung,

aufgrund der am 7. März 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Gegenerwiderung des HABM,

auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2012

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 15. Mai 2006 meldete die Klägerin, die Lidl Stiftung & Co. KG, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Dabei handelte es sich um das Wortzeichen BELLRAM.

3        Die Marke wurde für die Waren „Käse“ in Klasse 29 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 42/2006 vom 16. Oktober 2006 veröffentlicht.

5        Am 9. Januar 2007 erhob die Streithelferin, die Lactimilk, SA, gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) gegen die Anmeldung für die oben in Randnr. 3 genannten Waren der Klasse 29 Widerspruch.

6        Der Widerspruch war auf folgende ältere spanische Marken gestützt:

–        die nachstehend wiedergegebene, unter der Nr. 2414439 eingetragene Bildmarke in Gelb und Blau (im Folgenden: erste ältere Bildmarke):

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–        die nachstehend wiedergegebene, unter der Nr. 98550 eingetragene Bildmarke (im Folgenden: zweite ältere Bildmarke):

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–        die unter der Nr. 151890 eingetragene Wortmarke RAM (im Folgenden: ältere Wortmarke).

7        Die erste ältere Bildmarke wurde für folgende Waren der Klasse 29 des Nizzaer Abkommens eingetragen: „Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; Obst, Gemüse, Fleisch und Fisch in Konserven, in getrockneter und in gekochter Form, Gelees und Marmeladen, Eier, Speiseöle und ‑fette, Fertiggerichte auf der Grundlage von Fleisch, Fisch oder Gemüse und insbesondere Milch und Milchprodukten, Joghurt, Käse, Butter, Margarine und Sahne (Milchprodukte)“.

8        Die zweite ältere Bildmarke wurde für folgende Waren der Klasse 29 des Nizzaer Abkommens eingetragen: „Butter aller Art, Frischmilch, Kondensmilch und Milchpulver, Käse, Butter, Joghurt, Kefir und andere Milchprodukte“.

9        Die ältere Wortmarke wurde ursprünglich für folgende Waren der Klasse 29 des Nizzaer Abkommens eingetragen: „Frischmilch, Kondensmilch und Milchpulver, Käse, Butter, Joghurt, Kefir und andere Milchprodukte“. Dieses Warenverzeichnis wurde später um folgende Waren erweitert: „Lebensmittel tierischer Herkunft, Speiseöle und ‑fette, Gemüse und andere Gartenbauerzeugnisse für den Verzehr in gebrauchsfertiger Form oder Konserven, Gelees und Marmeladen, Fleisch, Geflügel und Wild, Eier; Salatsoßen, milchhaltige Getränke mit Milch als Hauptbestandteil, mit ausdrücklicher Ausnahme von Konserven von Fisch und Meereserzeugnissen“.

10      Der Widerspruch war auf alle von den drei älteren Marken erfassten Waren gestützt.

11      Als Widerspruchsgrund wurde das Eintragungshindernis gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) geltend gemacht.

12      Am 31. August 2009 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch der Streithelferin statt, wobei sie sich ausschließlich auf einen Vergleich zwischen der Anmeldemarke und der ersten älteren Bildmarke stützte. Was zunächst den Vergleich der von diesen Marken erfassten Waren anging, erachtete sie diese für identisch. Zu dem Zeichenvergleich führte sie aus, dass zwischen den Zeichen eine mittlere bildliche und klangliche Ähnlichkeit bestehe. Keines der beiden Zeichen habe im Spanischen eine spezielle begriffliche Bedeutung. Unter Berücksichtigung der mittleren Kennzeichnungskraft der ersten älteren Bildmarke gelangte die Widerspruchsabteilung zu dem Ergebnis, dass Verwechslungsgefahr bestehe. Angesichts dieser Verwechslungsgefahr zwischen der Anmeldemarke und der ersten älteren Bildmarke erübrige sich ein Vergleich der Anmeldemarke mit der zweiten älteren Bildmarke und der älteren Wortmarke.

13      Am 1. Oktober 2009 legte die Klägerin gegen diese Entscheidung der Widerspruchsabteilung gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM eine Beschwerde ein.

14      Mit Entscheidung vom 1. März 2011 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung eingelegte Beschwerde zurück. Zur Begründung führte sie zunächst aus, dass die Streithelferin nur die Eintragung der älteren Wortmarke nachgewiesen habe und daher die Verwechslungsgefahr nur im Hinblick auf diese Marke, nicht aber im Hinblick auf die beiden älteren Bildmarken zu prüfen sei (vgl. Randnrn. 13 bis 20 der angefochtenen Entscheidung). Im Rahmen ihrer Prüfung der Verwechslungsgefahr zwischen der Anmeldemarke und der älteren Wortmarke befand die Beschwerdekammer, dass der Nachweis einer ernsthaften Benutzung der älteren Wortmarke nur für die Produkte „Milch, Sahne und milchhaltige Getränke mit Milch als Hauptbestandteil“ erbracht worden sei, so dass diese Marke nur im Hinblick auf diese Produkte als eingetragen anzusehen sei (vgl. Randnrn. 23 bis 29 der angefochtenen Entscheidung). Zwischen den Waren „Milch, Sahne und milchhaltige Getränke mit Milch als Hauptbestandteil“ der älteren Wortmarke und der für die Anmeldemarke beanspruchten Waren „Käse“ bestehe Ähnlichkeit (vgl. Randnr. 30 der angefochtenen Entscheidung). Was die fraglichen Zeichen angehe, so seien diese einander ähnlich (vgl. Randnrn. 31 bis 35 der angefochtenen Entscheidung), und es sei der Nachweis erbracht worden, dass die ältere Wortmarke durch ihre intensive Benutzung eine erhöhte Kennzeichnungskraft erworben habe (vgl. Randnrn. 37 bis 39 der angefochtenen Entscheidung). Im Licht dieser Feststellungen gelangte die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis, dass zwischen der Anmeldemarke und der älteren Wortmarke Verwechslungsgefahr bestehe, und zwar selbst dann, wenn der älteren Wortmarke nur eine mittlere Kennzeichnungskraft zuzuerkennen wäre (vgl. Randnrn. 36 bis 40 der angefochtenen Entscheidung).

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

15      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

16      Das HABM und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Entscheidungsgründe

17      Die Klägerin macht fünf Klagegründe geltend, mit denen sie erstens eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör und der der Beschwerdekammer zustehenden Ermessensbefugnis, zweitens einen Fehler der Beschwerdekammer im Zusammenhang mit den für die Prüfung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigenden Waren der älteren Wortmarke, drittens verschiedene Fehler im Zusammenhang mit dem Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Wortmarke, viertens eine fehlerhafte Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Wortmarke und fünftens eine in mehrfacher Hinsicht fehlerhafte Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen rügt.

18      Das HABM und die Streithelferin halten alle diese Klagegründe für unbegründet.

 Zum ersten Klagegrund: Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör und der der Beschwerdekammer zustehenden Ermessensbefugnis

19      Im Rahmen ihres ersten Klagegrundes erhebt die Klägerin im Wesentlichen zwei Rügen. Sie macht zum einen geltend, dass die Beschwerdekammer ihren Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 63 Abs. 2, Art. 75 und Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 verletzt habe. Zum anderen habe die Beschwerdekammer gegen ihre eigene Ermessensbefugnis verstoßen, die sich aus Art. 4 Abs. 2 und Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 216/96 der Kommission vom 5. Februar 1996 über die Verfahrensordnung vor den Beschwerdekammern des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (ABl. L 28, S. 11) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2082/2004 der Kommission vom 6. Dezember 2004 (ABl. L 360, S. 8) geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 63 Abs. 2, Art. 75 und Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 ergebe, die den Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleisteten. Die Klägerin ist insoweit der Auffassung, dass die Beschwerdekammer ihr in dem Beschwerdeverfahren Gelegenheit hätte geben müssen, sich zu der älteren Wortmarke zu äußern, da die Widerspruchsabteilung lediglich einen Vergleich der Anmeldemarke mit der ersten älteren Bildmarke vorgenommen habe.

20      Das HABM und die Streithelferin treten diesem Vorbringen der Klägerin entgegen.

21      Was erstens die Rüge der Klägerin angeht, dass die Beschwerdekammer ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe, sieht Art. 63 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 vor, dass die Beschwerdekammer „[b]ei der Prüfung der Beschwerde … die Beteiligten so oft wie erforderlich auf[fordert], innerhalb einer von ihr zu bestimmenden Frist eine Stellungnahme zu ihren Bescheiden oder zu den Schriftsätzen der anderen Beteiligten einzureichen“.

22      Weiter heißt es in Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009:

„Die Entscheidungen des [HABM] sind mit Gründen zu versehen. Sie dürfen nur auf Gründe gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.“

23      Nach ständiger Rechtsprechung gewährleistet Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 im Rahmen des Gemeinschaftsmarkenrechts den allgemeinen Grundsatz des Schutzes der Rechte der Verteidigung (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 25. März 2009, Anheuser-Busch/HABM – Budějovický Budvar [BUDWEISER], T‑191/07, Slg. 2009, II‑691, Randnrn. 33 und 34 und die dort angeführte Rechtsprechung). Soweit in Art. 63 Abs. 2 und Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 das Recht der Beteiligten gewährleistet ist, zu den bei der Beschwerdekammer eingereichten Stellungnahmen sowie vorgebrachten Tatsachen und Beweismitteln gehört zu werden, wird durch diese beiden Artikel ebenfalls im Rahmen des Gemeinschaftsmarkenrechts der allgemeine Grundsatz des Schutzes der Rechte der Verteidigung gewährleistet.

24      Gemäß diesem allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts, der im Übrigen auch in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. 2010, C 83, S. 389) niedergelegt ist, müssen die Adressaten amtlicher Entscheidungen, die ihre Interessen spürbar beeinträchtigen, Gelegenheit erhalten, ihren Standpunkt gebührend darzulegen (vgl. Urteil BUDWEISER, oben in Randnr. 23 angeführt, Randnr. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Im Übrigen ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung aus Art. 64 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009, dass die Beschwerdekammer nach ihrer Prüfung, ob die Beschwerde begründet ist, über diese entscheidet und dabei „im Rahmen der Zuständigkeit der Dienststelle tätig“ werden kann, „die die angefochtene Entscheidung erlassen hat“, was bedeutet, dass die Beschwerdekammer über den Widerspruch durch Zurückweisung oder Stattgabe selbst entscheiden und damit die angefochtene Entscheidung entweder bestätigen oder unwirksam werden lassen kann. Damit folgt aus dieser Bestimmung, dass die Beschwerdekammer durch die Wirkung der bei ihr anhängig gemachten Beschwerde damit betraut wird, eine vollständige neue Prüfung der Begründetheit des Widerspruchs sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht vorzunehmen (vgl. Urteil BUDWEISER, oben in Randnr. 23 angeführt, Randnr. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Ferner bestimmt Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009:

„(1)      In dem Verfahren vor dem [HABM] ermittelt das [HABM] den Sachverhalt von Amts wegen. Soweit es sich jedoch um Verfahren bezüglich relativer Eintragungshindernisse handelt, ist das Amt bei dieser Ermittlung auf das Vorbringen und die Anträge der Beteiligten beschränkt.

(2)      Das [HABM] braucht Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen.“

27      Im vorliegenden Fall ist erstens festzustellen, dass sich weder aus den von der Klägerin angeführten Bestimmungen noch aus der Rechtsprechung ergibt, dass die Beschwerdekammer gehalten wäre, die Beteiligten um ihre Stellungnahme zu dem Vorliegen von Verwechslungsgefahr zwischen der angemeldeten Marke und einer der älteren Marke zu ersuchen, wenn die Beschwerdekammer, wie im vorliegenden Fall, ihre Prüfung der Verwechslungsgefahr auf eine ältere Marke stützt, die von der Widerspruchsabteilung nicht berücksichtigt wurde, aber die in gültiger Weise zur Stützung des Widerspruchs geltend gemacht worden war. Insoweit ist von der Klägerin indessen nicht bestritten worden, dass die Streithelferin mit der Widerspruchsschrift vom 9. Januar 2007 zur Stützung ihres Widerspruchs u. a. die ältere Wortmarke angeführt und in ihrer am 19. Juni 2007 eingereichten schriftlichen Begründung des Widerspruchs ausdrücklich eine Verwechslungsgefahr zwischen der Anmeldemarke und u. a. der älteren Wortmarke geltend gemacht hatte.

28      Zweitens ist festzustellen, dass die Klägerin sowohl vor der Widerspruchsabteilung als auch vor der Beschwerdekammer tatsächlich Gelegenheit hatte, ihre Argumente zum Fehlen einer Verwechslungsgefahr zwischen der Anmeldemarke und u. a. der älteren Wortmarke vorzubringen, aber sich dafür entschied, in Bezug auf die letztgenannte Marke vor der Beschwerdekammer nichts vorzutragen. So steht fest, dass die Klägerin mit Schreiben vom 22. Dezember 2009 im Rahmen ihrer Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung eine Argumentation entwickelte, mit der das Bestehen von Verwechslungsgefahr zwischen der Anmeldemarke und allein der ersten älteren Bildmarke, nicht aber zwischen der Anmeldemarke und der älteren Wortmarke bestritten wurde. Da der Widerspruch jedoch u. a. auf die ältere Wortmarke gestützt worden war und die Beschwerdekammer gemäß Art. 64 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 dazu befugt war, die Verwechslungsgefahr nur im Hinblick auf die ältere Wortmarke und die Anmeldemarke zu prüfen, oblag es gemäß Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 der Klägerin, im Rahmen ihrer Beschwerde zu der älteren Wortmarke Stellung zu nehmen, wenn sie wünschte, dass die Beschwerdekammer hierauf in der angefochtenen Entscheidung erwidern würde. Die Klägerin kann daher nicht mit Erfolg geltend machen, dass sie nicht habe voraussehen können, dass die Beschwerdekammer bei ihrer Prüfung der Verwechslungsgefahr allein auf die ältere Wortmarke abstellen würde.

29      Aus den Erwägungen in den vorstehenden Randnrn. 27 und 28 folgt, dass die Beschwerdekammer den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör nicht dadurch verletzte, dass sie sie nicht ausdrücklich um Einreichung einer Stellungnahme zu der älteren Wortmarke ersuchte.

30      Da die Klägerin im Übrigen im Rahmen ihrer Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung zu dem Vorliegen von Verwechslungsgefahr zwischen der Anmeldemarke und der älteren Wortmarke nichts vortrug, kann sie nicht mit Erfolg rügen, dass die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung auf eine solche Argumentation nicht ausdrücklich einging. Wenn die Beschwerdekammer auch die Begründetheit des Widerspruchs vollständig neu zu prüfen hat, ergibt sich doch aus dem oben in Randnr. 26 wiedergegebenen Wortlaut des Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009, dass sie nur die Beschwerdegründe und Argumente zu prüfen hat, die vor ihr vorgetragen worden sind. Verhielte es sich anders, hätte sich die Beschwerdekammer zu Beschwerdegründen und Argumenten zu äußern, auf die sich die Beschwerdeführerin in diesem Stadium des Verfahrens nicht stützen wollte.

31      Aus den vorstehenden Feststellungen (vgl. oben, Randnrn. 27 bis 30) folgt, dass die erste Rüge der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen ist.

32      Soweit die Klägerin zweitens rügt, dass die Beschwerdekammer gegen ihre Ermessensbefugnis verstoßen habe, da sie die Klägerin über ihre Absicht hätte unterrichten müssen, im Rahmen ihrer Prüfung der Verwechslungsgefahr an die Stelle der ersten älteren Bildmarke die ältere Wortmarke treten zu lassen, ist hinsichtlich oben in Randnr. 19 genannten Rechtsvorschriften, deren Verletzung die Klägerin rügt, festzustellen, dass es in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 216/96 heißt:

„Der Berichterstatter jeder Beschwerdekammer [des HABM] führt eine erste Untersuchung der Beschwerde durch. Er kann auf Anordnung des Kammervorsitzenden Mitteilungen an die Beteiligten abfassen. Die Mitteilungen werden vom Berichterstatter im Namen der Beschwerdekammer unterzeichnet.“

33      Weiter bestimmt Art. 10 der Verordnung Nr. 216/96: „Hält eine Beschwerdekammer es für zweckmäßig, den Beteiligten ihre Ansicht über die mögliche Beurteilung tatsächlicher oder rechtlicher Fragen mitzuteilen, so hat das so zu geschehen, dass die Mitteilung nicht als bindend für die Beschwerdekammer verstanden werden kann.“

34      Es ist somit festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerin die beiden vorstehend in den Randnrn. 32 und 33 wiedergegebenen Vorschriften der Verordnung Nr. 216/96, die nach Auffassung der Klägerin in Verbindung mit Art. 63 Abs. 2, Art. 75 und Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 über die Gewährleistung des rechtlichen Gehörs auszulegen sind, der Beschwerdekammer nicht die Verpflichtung auferlegen, die Beteiligten über ihre Absicht zu unterrichten, im Rahmen ihrer Prüfung der Verwechslungsgefahr eine der älteren Marken oder alle älteren Marken zu berücksichtigen, auf die der Widerspruch gestützt ist.

35      Folglich ist die zweite Rüge der Klägerin und damit ihr erster Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Fehlerhafte Bestimmung der von der älteren Wortmarke erfassten Waren, die für die Prüfung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind

36      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die Beschwerdekammer gegen Art. 41 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 in Verbindung mit Regel 15 Abs. 2 Buchst. f der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 über die Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. L 303, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1041/2005 der Kommission vom 29. Juni 2005 (ABl. L 172, S. 4) geänderten Fassung verstoßen habe. Zur Begründung trägt sie vor, dass die Beschwerdekammer in Randnr. 29 der angefochtenen Entscheidung nur die von der älteren Wortmarke erfassten Waren „Frischmilch, Kondensmilch und Milchpulver, Käse, Butter, Joghurt, Kefir und andere Milchprodukte“ hätte berücksichtigen dürfen, da nur diese Waren in der Widerspruchsschrift bezeichnet worden seien, die in der vorgeschriebenen Frist von drei Monaten nach Veröffentlichung der Gemeinschaftsmarkenanmeldung eingereicht worden sei.

37      Das HABM und die Streithelferin treten diesem Vorbringen der Klägerin entgegen.

38      Insoweit sind zunächst die wichtigsten Regeln für die Erhebung eines Widerspruchs darzulegen, sodann ist der genaue Umfang des Widerspruchs der Streithelferin zu ermitteln, und schließlich ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall befugt war, bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr zwischen den fraglichen Marken alle von der älteren Wortmarke erfassten Waren zu berücksichtigen, oder ob sie nur einen Teil dieser Waren hätte berücksichtigen dürfen.

39      Art. 41 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 bestimmt, dass ein Widerspruch „[i]nnerhalb einer Frist von drei Monaten nach Veröffentlichung der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke … gegen die Eintragung der Gemeinschaftsmarke … mit der Begründung erhoben werden [kann], dass die Marke nach Artikel 8 [der Verordnung Nr. 207/2009] von der Eintragung auszuschließen ist“.

40      Art. 41 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 lautet:

„Der Widerspruch ist schriftlich einzureichen und zu begründen. Er gilt erst als erhoben, wenn die Widerspruchsgebühr entrichtet worden ist. Der Widerspruch kann innerhalb einer vom Amt bestimmten Frist zur Stützung des Widerspruchs Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen vorbringen.“

41      Weiter heißt es in Regel 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95:

„Die Widerspruchsschrift muss enthalten

b)      eine eindeutige Angabe der älteren Marke oder des älteren Rechts wie folgt:

i)      Wird der Widerspruch auf eine ältere Marke im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a oder b oder auf Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung [Nr. 207/20009] gestützt, so ist das Aktenzeichen der Anmeldung oder die Eintragungsnummer der älteren Marke anzugeben, oder ob diese ältere Marke eingetragen oder angemeldet ist, außerdem sind die Mitgliedstaaten einschließlich der Benelux-Staaten zu nennen, in denen oder für die die ältere Marke geschützt ist, oder es ist gegebenenfalls anzugeben, dass es sich um eine Gemeinschaftsmarke handelt;

f)      die Waren und Dienstleistungen, auf die sich der Widerspruch stützt;

…“

42      Sodann bestimmt Regel 17 Abs. 4 der Verordnung Nr. 2868/95:

„Wird die Widerspruchsschrift den sonstigen Bestimmungen von Regel 15 [der Verordnung Nr. 2868/95] nicht gerecht, so benachrichtigt das [HABM] den Widersprechenden und fordert ihn auf, die festgestellten Mängel binnen zwei Monaten zu beseitigen. Werden die Mängel nicht fristgerecht beseitigt, so weist das Amt den Widerspruch als unzulässig zurück.“

43      Im Übrigen sieht Regel 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 vor: „Gilt der Widerspruch gemäß Regel 17 [dieser Verordnung] als zulässig, so teilt das [HABM] den Parteien mit, dass das Widerspruchsverfahren zwei Monate nach Empfang dieser Mitteilung beginnt.“

44      In Regel 19 („Substantiierung des Widerspruchs“) der Verordnung Nr. 2868/95 schließlich heißt es:

„(1)      Das [HABM] gibt dem Widersprechenden Gelegenheit, die Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen zur Stützung seines Widerspruchs vorzubringen oder Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen zu ergänzen, die bereits nach Regel 15 Absatz 3 vorgelegt wurden; dazu setzt das [HABM] eine Frist von mindestens zwei Monaten ab dem Tag der Eröffnung des Widerspruchsverfahrens nach Regel 18 Absatz 1 [dieser Verordnung].

(2)      Innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist muss der Widersprechende außerdem einen Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke oder seines älteren Rechts einreichen und den Nachweis erbringen, dass er zur Einlegung des Widerspruchs befugt ist. Im Besonderen muss der Widersprechende folgende Beweismittel vorlegen:

a)      Wird der Widerspruch auf eine Marke gestützt, die keine Gemeinschaftsmarke ist, so ist ihre Anmeldung oder Eintragung wie folgt zu belegen:

ii)      wenn die Marke eingetragen ist, durch eine Abschrift der Eintragungsurkunde oder der jüngsten Verlängerungsurkunde, aus der hervorgeht, dass die Schutzdauer der Marke über die in Absatz 1 genannte Frist und ihre etwaige Verlängerung hinausgeht, oder durch gleichwertige Schriftstücke der Stelle, die die Markeneintragung vorgenommen hat;

…“

45      Ferner ist der Umfang zu ermitteln, die der Widerspruch der Streithelferin im vorliegenden Fall hatte.

46      Insoweit steht erstens fest, dass die Streithelferin in ihrer am 9. Januar 2007 eingereichten Widerspruchsschrift angab, dass sie ihren Widerspruch auf alle von der älteren Wortmarke erfassten Waren und Dienstleistungen stütze.

47      Zweitens reichte die Streithelferin zur Stützung ihrer am 9. Januar 2007 eingereichten Widerspruchsschrift eine Urkunde (im Folgenden: erste Urkunde) des Oficina Española de Patentes y Marcas (Spanisches Patent- und Markenamt) vom 4. Juni 2004 ein, ausweislich deren die ältere Wortmarke am 30. März 1944 für die Waren „Frischmilch, Kondensmilch und Milchpulver, Käse, Butter, Joghurt, Kefir und andere Milchprodukte“ in Klasse 29 angemeldet worden war.

48      Drittens geht aus dem Schreiben des HABM vom 19. Februar 2007 an die Streithelferin hervor, dass das HABM die Streithelferin aufforderte, binnen einer Frist von vier Monaten bis zum 20. Juni 2007 alle Tatsachen, Beweismittel und Argumente zur Stützung ihres Widerspruchs beizubringen oder zu vervollständigen und die Existenz und Gültigkeit der für den Widerspruch angeführten älteren Marken nachzuweisen.

49      Viertens übermittelte die Streithelferin mit Schreiben an das HABM vom 18. Juni 2007 in Beantwortung des oben in Randnr. 48 genannten Schreibens dem HABM eine Fotokopie der Eintragungsurkunde der älteren Wortmarke. Diese Urkunde (im Folgenden: zweite Urkunde) des Oficina Española de Patentes y Marcas vom 28. März 2007 enthält die Angabe, dass diese am 30. März 1944 eingetragene Marke die Waren „Frischmilch, Kondensmilch und Milchpulver, Käse, Butter, Joghurt, Kefir und andere Milchprodukte“ in Klasse 29 umfasse. In dieser Urkunde wird weiter angegeben, dass die Eintragung vom 8. September 1995 an auf folgende Waren erweitert wurde: „Lebensmittel tierischer Herkunft, Speiseöle und ‑fette, Gemüse und andere Gartenbauerzeugnisse für den Verzehr in gebrauchsfertiger Form oder Konserven, Gelees und Marmeladen, Fleisch, Geflügel und Wild, Eier; Salatsoßen, milchhaltige Getränke mit Milch als Hauptbestandteil, mit ausdrücklicher Ausnahme von Konserven von Fisch und Meereserzeugnissen“.

50      Damit lässt sich den vorstehenden Feststellungen in den Randnrn. 46 bis 49 zunächst entnehmen, dass die Streithelferin ihren Widerspruch in der Frist von drei Monaten nach der Veröffentlichung der Anmeldung im Blatt für Gemeinschaftsmarken erhob. Weiter war in dieser Widerspruchsschrift zwar angegeben, dass der Widerspruch auf „alle“ von der älteren Wortmarke erfassten Waren gestützt werde, aber war in der ersten Urkunde nur ein Teil der von dieser Marke erfassten Waren aufgeführt. Schließlich reichte die Klägerin in der vom HABM für die Vervollständigung ihres Widerspruchs gesetzten Frist die zweite Urkunde ein, die alle von dieser Marke erfassten Waren auflistete.

51      Schließlich ist im Licht der oben in den Randnrn. 39 bis 44 wiedergegebenen Regeln sowie der vorstehenden Feststellungen in Randnr. 50 zu konstatieren, dass die Beschwerdekammer keinen Fehler dadurch beging, dass sie bei ihrer Prüfung der Verwechslungsgefahr alle von der älteren Marke erfassten Waren berücksichtigte.

52      So stand es erstens in Einklang mit Art. 41 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009, dass die Streithelferin ihren Widerspruch am 9. Januar 2007, also innerhalb der Frist von drei Monaten nach Veröffentlichung der Anmeldemarke im Blatt für Gemeinschaftsmarken vom 16. Oktober 2006 (vgl. oben, Randnr. 4), erhob und sich hierbei ausdrücklich auf die ältere Wortmarke berief.

53      Zweitens ist der Widerspruchsschrift der Streithelferin zum einen auch zu entnehmen, dass sie im Einklang mit Regel 15 Abs. 2 Buchst. b Ziff. i der Verordnung Nr. 2868/95 die ältere Wortmarke eindeutig als eine der Marken bezeichnete, auf die sie ihren Widerspruch stützen wollte. Zum anderen entspricht es Regel 15 Abs. 2 Buchst. f der Verordnung Nr. 2868/95, dass sie angab, es seien „alle Waren“ der älteren Wortmarke im Rahmen des Widerspruchs zu berücksichtigen. Zwar ist bedauerlich, dass sie hierbei entgegen ihrem eigenen Vorbringen, wie sich aus der Akte des HABM ergibt, die erste Urkunde beifügte, in der nur ein Teil der von der älteren Wortmarke geschützten Waren aufgeführt war, jedoch ändert dies nichts daran, dass der Widerspruchsschrift eindeutig zu entnehmen ist, dass sich die Streithelferin auf sämtliche von der Widerspruchsmarke erfassten Waren berief.

54      Drittens richtete angesichts des Widerspruchs zwischen der Widerspruchsschrift einerseits, wonach der Widerspruch auf sämtliche von der älteren Wortmarke umfassten Waren gestützt war, und der ersten Urkunde andererseits, die nur einen Teil dieser Waren aufführte, das HABM im Einklang mit Regel 19 Abs. 1 und 2 Buchst. a Ziff. i der Verordnung Nr. 2868/95 an die Streithelferin die Aufforderung, ihm zum Nachweis des Bestehens und des Schutzumfangs der älteren Wortmarke eine weitere Urkunde vorzulegen. Dieser Aufforderung kam die Streithelferin mit der Übermittlung der zweiten Urkunde nach, in der erschöpfend alle Waren und Dienstleistungen aufgeführt waren, auf die die Streithelferin ihren Angaben zufolge ihren Widerspruch stützen wollte.

55      Folglich hat die Streithelferin entgegen dem Vorbringen der Klägerin den Umfang ihres Widerspruchs nicht rechtswidrig nach Ablauf der Frist von drei Monaten erweitert, sondern ihren Widerspruch durch die Einreichung der zweiten Urkunde, die das vollständige Warenverzeichnis der älteren Marke richtig enthielt, in zulässiger Weise vervollständigt.

56      Demnach ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Fehler im Zusammenhang mit dem Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Wortmarke

57      Die Klägerin macht geltend, die Beschwerdekammer habe verschiedene Fehler im Zusammenhang mit dem Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Wortmarke begangen und dadurch gegen Art. 15 und Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen.

58      Das HABM und die Streithelferin treten diesem Vorbringen der Klägerin entgegen.

59      Insoweit ist zunächst daran zu erinnern, dass der Schutz älterer Marken, wie sich aus dem zehnten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 207/2009 ergibt, nur berechtigt ist, soweit diese Marken tatsächlich benutzt werden. Im Einklang mit diesem Erwägungsgrund kann der Anmelder einer Gemeinschaftsmarke nach Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 den Nachweis verlangen, dass die ältere Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Anmeldung, gegen die sich der Widerspruch richtet, in ihrem Schutzgebiet ernsthaft benutzt worden ist.

60      Nach Regel 22 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 hat sich der Nachweis der ernsthaften Benutzung auf Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der älteren Marke zu beziehen.

61      Ferner gilt gemäß Art. 15 Abs. 2 Buchst. a in Verbindung mit Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 als Nachweis der ernsthaften Benutzung einer älteren nationalen oder Gemeinschaftsmarke, auf die ein Widerspruch gegen eine Gemeinschaftsmarkenanmeldung gestützt wird, auch der Nachweis der Benutzung der älteren Marke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dadurch die Unterscheidungskraft der Marke zu beeinflussen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Dezember 2005, Castellblanch/HABM – Champagne Roederer [CRISTAL CASTELLBLANCH], T‑29/04, Slg. 2005, II‑5309, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

62      Das Gericht hält es für angebracht, von den beiden Rügen der Klägerin zunächst die zweite zu prüfen.

63      Im Rahmen ihrer zweiten Rüge macht die Klägerin zunächst geltend, dass die von der Streithelferin beim HABM eingereichten Benutzungsnachweise die oben in Randnr. 6 genannten älteren Bildmarken, darunter insbesondere die erste ältere Bildmarke, nicht aber die ältere Wortmarke beträfen. Insoweit verweist die Klägerin darauf, dass nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 13. September 2007, Il Ponte Finanziaria/HABM (C‑234/06 P, Slg. 2007, I‑7333), die Streithelferin die ernsthafte Benutzung der älteren Wortmarke nicht durch Unterlagen habe nachweisen können, in denen die erste ältere Bildmarke wiedergegeben sei.

64      In der angefochtenen Entscheidung führte die Beschwerdekammer in Randnr. 26 im Wesentlichen aus, dass die Streithelferin Rechnungen beigebracht habe, die sie spanischen Supermärkten ausgestellt habe, die einen Betrag von jeweils mehreren Tausend Euro aufwiesen und die in den relevanten Zeitraum von Oktober 2001 bis Oktober 2006 fielen. In diesen Rechnungen erscheine das Wortelement RAM im Rechnungskopf sowie in den Zeilen zur Bezeichnung der verkauften Waren, nämlich Milch, Sahne und milchhaltige Getränke, jeweils mit Angabe von Menge und Preis. Weiter erwähnte die Beschwerdekammer in Randnr. 27 der angefochtenen Entscheidung, dass die ältere Wortmarke auch in verschiedenen von der Streithelferin vorgelegten Dokumenten wie Fotografien von Werbung und Verpackungen bestimmter von der älteren Wortmarke erfasster Waren erscheine.

65      Schließlich hat die Beschwerdekammer zu den in der vorstehenden Randnummer genannten Rechnungen erläutert, dass nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 der Umstand, dass die ältere Wortmarke in Blau auf einem gelben Halbkreis gedruckt erscheine, nichts an ihrer Kennzeichnungskraft ändere, da es sich hierbei um grafische Grundelemente handele, die im geschäftlichen Verkehr üblicherweise benutzt würden.

66      Im vorliegenden Fall ist zum einen festzustellen, dass – wie die Beschwerdekammer zutreffend in den Randnrn. 26 und 27 der angefochtenen Entscheidung darlegte – die sehr große Anzahl der von der Streithelferin beigebrachten Rechnungen, in denen die verschiedenen verkauften Produkte speziell mit der älteren Wortmarke bezeichnet sind, den gesamten relevanten Zeitraum von fünf Jahren vor Veröffentlichung der Anmeldemarke abdeckt, was von der Klägerin nicht bestritten wird. Zum anderen wurden neben diesen Rechnungen verschiedene Fotografien von Werbung und Verpackungen vorgelegt, auf denen nicht nur die erste ältere Bildmarke, sondern auch die ältere Wortmarke wiedergegeben ist.

67      Damit ist zu konstatieren, dass es die vorstehend in Randnr. 66 genannten Unterlagen der Beschwerdekammer erlaubten, die ernsthafte Benutzung der älteren Wortmarke zu bejahen.

68      Soweit die Klägerin geltend macht, dass sich die Beschwerdekammer nach ständiger Rechtsprechung für ihre Bejahung der Benutzung der älteren Wortmarke nicht, weil zwischen den beiden Marken keine erheblichen Unterschiede bestünden, auf Belege für die ernsthafte Benutzung der ersten älteren Bildmarke hätte stützen dürfen, geht ihr Vorbringen ins Leere. Denn auch wenn anzunehmen wäre, dass die Beschwerdekammer im Rahmen ihrer Prüfung der ernsthaften Benutzung der älteren Wortmarke zu der oben in Randnr. 65 wiedergegebenen Feststellung in fehlerhafter Weise gelangte, wäre dies ohne Einfluss auf die in der vorstehenden Randnummer gezogene Schlussfolgerung, dass die Benutzungsnachweise für die ältere Wortmarke im Übrigen ausreichend waren, um die Ernsthaftigkeit der Benutzung dieser Marke zu bejahen.

69      Weiter trägt die Klägerin im Rahmen ihrer ersten Rüge vor, dass der Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Wortmarke nur für die Waren „ultrahocherhitzte Milch und milchhaltige Getränke in Konserven“ erbracht worden sei. Daher habe die Beschwerdekammer in Randnr. 29 der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht angenommen, dass die Streithelferin den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Wortmarke für die Waren „Milch, Sahne, milchhaltige Getränke mit Milch als Hauptbestandteil“ unter Ausschluss der übrigen von der älteren Wortmarke erfassten Waren erbracht habe.

70      Dazu ist festzustellen, dass die oben in Randnr. 64 genannten Rechnungen sowie Fotografien von Werbung und Verpackungen genau aufführen, welche verschiedenen Arten von Milch verkauft wurden, so Vollmilch, halbentrahmte Milch und entrahmte Milch sowie Sahne und milchhaltige Getränke wie Milchschokoladengetränke.

71      Obgleich – erstens – keines der von der Streithelferin eingereichten Dokumente, wie die Klägerin im Wesentlichen geltend macht, eine Benutzung der älteren Wortmarke für eine Kategorie von Produkten mit der Bezeichnung „Frischmilch“ belegt, ändert dies zunächst, wie das HABM ausführt, nichts daran, dass die Produktangabe „Frischmilch“ im Hinblick auf die ältere Wortmarke als Bezugnahme auf flüssige Milch zu verstehen ist, da diese Art von Milch die Liste der übrigen Milcharten ergänzt, nämlich „Kondensmilch“ und „Milchpulver“, die ebenfalls von dieser Marke erfasst sind. Weiterhin hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass „Frischmilch“ eine Art von Milch wäre, bei der es sich nicht um Vollmilch, teilentrahmte Milch und entrahmte Milch handeln könnte. Schließlich fallen jedenfalls, wie die Streithelferin zutreffend vorgetragen hat, Vollmilch, teilentrahmte Milch und entrahmte Milch in die Kategorie von „milchhaltigen Getränken mit Milch als Hauptbestandteil“, die der Sache nach „Milch“ entspricht, der andere Bestandteile beigefügt sind. Das Vorbringen der Klägerin, wonach die Streithelferin die Benutzung der älteren Wortmarke für „Milch“ oder „Frischmilch“ nicht nachgewiesen habe, ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

72      Was – zweitens – das Argument der Klägerin angeht, dass die Streithelferin nur eine begrenzte Anzahl von Benutzungsnachweisen für die ältere Wortmarke im Hinblick auf „Sahne“ vorgelegt habe, ohne in der Widerspruchsschrift darauf hingewiesen zu haben, dass diese Ware den „Milchprodukten“ entspreche, ist zum einen zu beachten, dass die von der Streithelferin beigebrachten Rechnungen, auf die oben in Randnr. 64 Bezug genommen worden ist, verschiedene Verkäufe von „Sahne“ für den relevanten Zeitraum ausweisen. Zum anderen hat die Klägerin nicht bestritten, dass „Sahne“ den „Milchprodukten“ entspricht. Unter diesen Umständen ist das Vorbringen der Klägerin zu diesem Punkt als unbegründet zurückzuweisen.

73      Soweit – drittens – die Klägerin geltend macht, dass „milchhaltige Getränke mit Milch als Hauptbestandteil“ nicht berücksichtigt werden dürften, da sie nicht Teil des Widerspruchs geworden seien, ist ihr Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen. Denn zum einen hat sich die Streithelferin, wie oben in den Randnrn. 51 bis 55 festgestellt, für ihren Widerspruch in gültiger Weise auf alle von der älteren Wortmarke geschützten Waren gestützt, darunter auch auf die „milchhaltigen Getränke mit Milch als Hauptbestandteil“. Zum anderen wird von der Klägerin nicht bestritten, dass die Streithelferin die ernsthafte Benutzung der älteren Wortmarke für die letztgenannten Produkte nachgewiesen hat.

74      Demnach ist die erste Rüge der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen und damit der dritte Klagegrund als teils unbegründet, teils ins Leere gehend zu verwerfen.

 Zum vierten und fünften Klagegrund: Beurteilungsfehler hinsichtlich der Kennzeichnungskraft der älteren Wortmarke und Fehler beim Zeichenvergleich

75      Im Rahmen ihres vierten Klagegrundes rügt die Klägerin einen Verstoß der Beschwerdekammer gegen Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 sowie gegen Regel 19 Abs. 1 und 3 und Regel 50 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95. Sie ist im Wesentlichen der Auffassung, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht von einer erhöhten Kennzeichnungskraft der älteren Wortmarke ausgegangen sei, obgleich die Streithelferin hierzu innerhalb der gesetzten Fristen weder Darlegungen noch Beweismittel vorgebracht habe.

76      Im Rahmen ihres fünften Klagegrundes macht die Klägerin geltend, dass die Beschwerdekammer gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen habe, da zwischen der Anmeldemarke und der älteren Wortmarke keine Verwechslungsgefahr bestehe. Zum einen seien Milch und Käse einander nur sehr entfernt ähnlich. Zum anderen seien auch die fraglichen Zeichen einander nicht ähnlich, zumal bei der Aussprache der Anmeldemarke die Betonung nicht auf der zweiten Silbe liege. Die Klägerin ist weiter der Auffassung, dass die Beschwerdekammer nicht von einer erhöhten Kennzeichnungskraft hätte ausgehen dürfen, da ihrer Prüfung insbesondere durch den von der Streithelferin selbst bestimmten Umfang des Widerspruchs Grenzen gezogen seien. Schließlich habe die Beschwerdekammer das Vorliegen von Verwechslungsgefahr zwischen den fraglichen Marken fehlerhaft beurteilt, weil das Zeichen BELLRAM nur aus einem Wort bestehe und es sich bei dem Begriff „Bellram“ zudem um eine Wortneuschöpfung handele.

77      Das HABM und die Streithelferin treten diesen beiden Klagegründen entgegen.

78      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kennzeichnungskraft einer älteren Marke zwar bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen ist, aber nur einen der bei dieser Beurteilung zu berücksichtigenden Faktoren darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 31. Januar 2012, Spar/HABM – Spa Group Europe [SPA GROUP], T‑378/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher ist das Vorbringen der Klägerin im Rahmen des vierten Klagegrundes zusammen mit ihrem Vorbringen im Rahmen des fünften Klagegrundes zu prüfen, mit dem sie im Wesentlichen geltend macht, dass zwischen der Anmeldemarke und der älteren Wortmarke keine Verwechslungsgefahr bestehe.

79      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit dieser älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

80      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen der Verwechslungsgefahr umfassend, gemäß der Wahrnehmung der fraglichen Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Zeichenähnlichkeit und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnrn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

81      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und zugleich Identität oder Ähnlichkeit zwischen den mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil des Gerichts vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, Slg. 2009, II‑43, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

82      Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Frage stehenden Art von Waren oder Dienstleistungen abzustellen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, Slg. 2007, II‑449, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

83      Was schließlich die Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft einer Marke im Rahmen der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr angeht, ist darauf hinzuweisen, dass selbst dann, wenn es um eine ältere Marke mit schwacher Kennzeichnungskraft geht, eine Gefahr von Verwechslungen insbesondere wegen einer Ähnlichkeit der Zeichen sowie der betroffenen Waren oder Dienstleistungen gegeben sein kann (vgl. in diesem Sinne Urteil SPA GROUP, oben in Randnr. 78 angeführt, Randnr. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

84      Im vorliegenden Fall ist vorab darauf hinzuweisen, dass die Verwechslungsgefahr zwischen den beiden fraglichen Marken im Hinblick auf den spanischen Durchschnittsverbraucher zu prüfen ist. Denn – wie die Beschwerdekammer zutreffend in Randnr. 22 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte – die fraglichen Waren richten sich an Endverbraucher, die zur allgemeinen Öffentlichkeit gehören, und die ältere Wortmarke wurde in Spanien eingetragen.

 Zum Vergleich der von den Marken erfassten Waren

85      Die Klägerin wendet sich gegen die Beurteilung der Beschwerdekammer in Randnr. 30 der angefochtenen Entscheidung, wonach die von der älteren Wortmarke erfassten Waren „Milch, Sahne, milchhaltige Getränke mit Milch als Hauptbestandteil“ den von der Anmeldemarke erfassten Waren „Käse“ in hohem Maße ähnlich seien. Nach Auffassung der Klägerin besteht zwischen den von den Marken erfassten Waren keine oder allenfalls eine entfernte Ähnlichkeit.

86      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betreffenden Waren oder Dienstleistungen alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen diesen Waren und Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. Es können auch andere Faktoren wie beispielsweise die Vertriebswege der betreffenden Waren berücksichtigt werden (vgl. Urteil des Gerichts vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, Slg. 2007, II‑2579, Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

87      Im vorliegenden Fall ist erstens festzustellen, dass die von der Anmeldemarke erfassten Waren „Käse“, wie die Beschwerdekammer in Randnr. 30 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, Lebensmittel sind, die vollständig oder nahezu vollständig auf der Basis von „Milch“ hergestellt werden, die zu den von der älteren Wortmarke umfassten Waren gehört. Die von den Zeichen erfassten Waren sind daher ihrer Art nach nicht, wie die Klägerin geltend macht, sehr verschieden, sondern weisen vielmehr eine gewisse Ähnlichkeit auf. Diese Ähnlichkeit wird dadurch bestätigt, dass „Milch“ und „Käse“, wie das HABM zutreffend ausgeführt hat, von einem Verbraucher, der eine kalziumreiche Ernährung wünscht, als konkurrierende oder einander ergänzende Produkte wahrgenommen werden können. Das Vorbringen der Klägerin, dass die fraglichen Waren unterschiedliche Ernährungszwecke und Geschmacksrichtungen hätten, steht dieser Feststellung nicht entgegen.

88      Auch wenn es zweitens zutreffen sollte, dass – wie die Klägerin vorträgt – bedeutende spanische Käsehersteller keine Milch erzeugen, lässt sich hierdurch nicht ausschließen, dass dieser Faktor, wie das HABM zutreffend ausgeführt hat, dem spanischen Durchschnittsverbraucher unbekannt sein kann. Dieser wird nämlich voraussichtlich annehmen, dass Käse und Milch aus denselben Unternehmen stammen, da Käse ausschließlich oder fast ausschließlich auf der Basis von Milch hergestellt werden.

89      Drittens bestreitet die Klägerin nicht, dass die fraglichen Waren, wie das HABM hervorhebt, dieselben Vertriebswege, nämlich insbesondere Supermärkte, haben und dass sie, wie die Beschwerdekammer in Randnr. 30 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, in diesen Supermärkten in denselben Verkaufsbereichen für Milchprodukte angeboten werden.

90      Im Licht der vorstehend in den Randnrn. 87 bis 89 wiedergegebenen Erwägungen ist festzustellen, dass der Beschwerdekammer kein Beurteilungsfehler mit ihrer Schlussfolgerung unterlaufen ist, dass die fraglichen Waren einander hochgradig ähnlich seien. Das Vorbringen der Klägerin hierzu ist als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum Vergleich der fraglichen Zeichen

91      Die Klägerin macht geltend, dass zwischen den Zeichen keine oder allenfalls eine geringe Ähnlichkeit bestehe.

92      Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

93      Was zunächst den visuellen Aspekt angeht, so nahm die Beschwerdekammer in Randnr. 33 der angefochtenen Entscheidung an, dass die Zeichen in ihrer Gesamtheit einander ähnlich seien. Zur Begründung verwies sie im Wesentlichen darauf, dass die beiden Marken zwar infolge der ersten vier Buchstaben „B“, „E“, „L“ und „L“ der Anmeldemarke unterschiedlich lang seien, es aber, selbst wenn die Anmeldemarke als ein Ganzes wahrgenommen würde, wenig wahrscheinlich erscheine, dass die Verbraucher den Umstand außer Betracht ließen, dass die beiden Marken die drei Buchstaben „R“, „A“ und „M“ gemeinsam hätten, die nahezu die Hälfte des angemeldeten Zeichens ausmachten.

94      Die Klägerin hält dieser Beurteilung entgegen, es sei äußerst unwahrscheinlich, dass die Verbraucher eine Übereinstimmung der letzten drei Buchstaben „R“, „A“ und „M“ in der Anmeldemarke und der älteren Wortmarke bemerkten, da nach ständiger Rechtsprechung aus einem einzigen Wort gebildete Marken als ein Ganzes wahrgenommen und nicht in ihre verschiedenen Bestandteile zergliedert würden.

95      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass zwischen der Anmeldemarke und der älteren Wortmarke visuelle Unterschiede bestehen, die sich daraus ergeben, dass die Anmeldemarke sieben Buchstaben umfasst, während die ältere Wortmarke nur drei Buchstaben enthält, sowie daraus, dass sich die ersten vier Buchstaben der angemeldeten Marke von den die ältere Wortmarke bildenden Buchstaben unterscheiden. Jedoch sind diese Unterschiede in Anbetracht der gemeinsamen Bestandteile, die die Marken aufweisen, nicht ausreichend, um bei dem relevanten Verbraucher den Eindruck auszuräumen, dass die Marken, in ihrer Gesamtheit betrachtet, einander in visueller Hinsicht ähnlich sind. Erstens wird – wie die Beschwerdekammer hervorgehoben hat – durch den Umstand, dass eine der beiden Silben der Anmeldemarke mit der einzigen Silbe der älteren Wortmarke identisch ist, ein Eindruck der Ähnlichkeit zwischen den beiden Marken hervorgerufen. Zweitens wird diese Ähnlichkeit zwischen den Marken, die sich daraus ergibt, dass die ältere Wortmarke vollständig in der Anmeldemarke enthalten ist, nicht, wie die Klägerin behauptet, durch den Umstand in Frage gestellt, dass die Anmeldemarke als ein Ganzes aufgefasst werde. Drittens wird diese Ähnlichkeit entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht durch den Umstand abgeschwächt, dass die den beiden Marken gemeinsame Silbe „ram“ nur die zweite Silbe der Anmeldemarke bildet, obgleich sich aus der Rechtsprechung ergibt, dass die Verbraucher normalerweise dem Zeichenanfang eine größere Aufmerksamkeit schenken. Denn der die ältere Wortmarke bildende Begriff „Ram“ und der die Anmeldemarke bildende Ausdruck „Bellram“, die drei und sieben Buchstaben lang sind, stellen in beiden Fällen kurze Zeichen dar. Unter diesen Umständen ist die Übereinstimmung der beiden Marken in der Silbe „ram“ geeignet, die Aufmerksamkeit des angesprochenen Verbrauchers in besonderer Weise auf sich zu ziehen.

96      Daher ist das Vorbringen der Klägerin zu diesem Aspekt als unbegründet zurückzuweisen und in Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer festzustellen, dass die Anmeldemarke und die ältere Wortmarke, in ihrer Gesamtheit betrachtet, einander visuell ähnlich sind.

97      Was zweitens den klanglichen Aspekt betrifft, erachtete die Beschwerdekammer in Randnr. 34 der angefochtenen Entscheidung die Marken einander als insgesamt ähnlich. Zum einen werde die Anmeldemarke in zwei Silben ausgesprochen. Zum anderen liege nach den spanischen Ausspracheregeln die Betonung auf der zweiten Silbe, die mit der einzigen Silbe der älteren Wortmarke identisch sei. Überdies beginne diese zweite Silbe mit dem Buchstaben „r“, der im Spanischen ein sehr kräftiger und deutlicher Laut sei.

98      Die Klägerin tritt dieser Beurteilung der Beschwerdekammer entgegen. In Anbetracht der spanischen Ausspracheregeln sei die Annahme der Beschwerdekammer verfehlt, dass die Betonung eines Wortes notwendig auf der letzten Silbe liege. Der Schwerpunkt der Aussprache hänge von der Akzentsetzung ab, wobei bestimmte mehrsilbige Wörter überhaupt keinen Akzent aufwiesen. Außerdem sei der Buchstabe „r“ kein betonter Laut.

99      Es ist zunächst in Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer hervorzuheben, dass die Anmeldemarke eine Silbe mehr umfasst als die ältere Wortmarke und dass sich die erste ihrer beiden Silben von der einzigen Silbe der älteren Wortmarke unterscheidet. Diese Unterschiede genügen jedoch nicht, um beim angesprochenen Verbraucher den Eindruck auszuräumen, dass die Marken nach einer Gesamtbetrachtung und unter Berücksichtigung ihrer gemeinsamen Bestandteile klanglich ähnlich sind. Erstens stimmen die genannten Marken nämlich in einer Silbe überein, die zum einen das einzige Wortelement der ersten älteren Wortmarke und zum anderen eine der beiden Silben darstellt, aus denen sich die Anmeldemarke zusammensetzt. Selbst wenn zweitens angenommen würde, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht angenommen hätte, dass im Spanischen die Betonung grundsätzlich auf der zweiten Silbe liege, hat die Klägerin im vorliegenden Fall nicht dargetan, dass die Betonung auf der ersten statt der zweiten Silbe liegt, so dass die Aussprache der ersten Silbe das Gewicht der zweiten Silbe abschwächte. Unter diesen Umständen wird der relevante Verbraucher in der Lage sein, deutlich die klangliche Ähnlichkeit der beiden Marken wahrzunehmen, die sich aus der Identität ihrer jeweiligen Silbe „ram“ ergibt. Auch wenn drittens grundsätzlich angenommen werden kann, dass der Verbraucher normalerweise dem Anfang von Wörtern eine größere Bedeutung beimisst, verhält es sich im vorliegenden Fall nicht so. Zum einen ist, wie oben in Randnr. 95 festgestellt, angesichts des Umstands, dass es sich bei beiden Marken um kurze Zeichen handelt, die Identität der Silbe „ram“ in den Marken geeignet, die Aufmerksamkeit des relevanten Verbrauchers bei ihrer Aussprache in besonderer Weise auf sich zu ziehen. Auch wenn es zum anderen zutreffen sollte, dass der Konsonant „r“, wie die Klägerin geltend macht, im Spanischen nicht grundsätzlich hervorgehoben wird, änderte dies jedenfalls nichts daran, dass es sich um einen kräftigen und deutlichen Konsonanten handelt, der die klangliche Bedeutung der zweiten Silbe der Anmeldemarke verstärkt.

100    Demnach ist das Vorbringen der Klägerin zu diesem Aspekt als unbegründet zurückzuweisen und festzustellen, dass zwischen der Anmeldemarke und der älteren Wortmarke, in ihrer Gesamtheit betrachtet, einer klangliche Ähnlichkeit besteht.

101    Was drittens den begrifflichen Aspekt anbelangt, nahm die Beschwerdekammer in Randnr. 35 der angefochtenen Entscheidung an, dass der begriffliche Vergleich der Zeichen die Beurteilung ihrer Ähnlichkeit nicht beeinflussen könne. Dieser Feststellung, die die Klägerin nicht bestreitet, ist zuzustimmen, da keines der beiden Zeichen, wie die Beschwerdekammer zutreffend ausgeführt hat, als Ganzes eine begriffliche Bedeutung hat.

102    Angesichts der vorstehenden Feststellungen in den Randnrn. 96, 100 und 101 ist im Ergebnis festzustellen, dass die Zeichen als Ganzes ähnlich sind, wenn – in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Beschwerdekammer in Randnr. 40 der angefochtenen Entscheidung – ihre visuelle und klangliche Ähnlichkeit sowie weiterhin berücksichtigt wird, dass ihr fehlender begrifflicher Aussagegehalt die Beurteilung ihrer Ähnlichkeit nicht zu beeinflussen vermag. Das Vorbringen der Klägerin hierzu ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zur Verwechslungsgefahr

103    Die Beschwerdekammer führte zunächst in den Randnrn. 37 bis 39 der angefochtenen Entscheidung aus, dass die ältere Wortmarke, berücksichtige man die von der Streithelferin vorgelegten Nachweise für eine intensive Benutzung dieser Marke, über eine erhöhte Kennzeichnungskraft verfüge. In Randnr. 40 der angefochtenen Entscheidung befand die Beschwerdekammer sodann, dass angesichts der erhöhten Kennzeichnungskraft der älteren Wortmarke, der visuellen und klanglichen Ähnlichkeit der Zeichen und der hochgradigen Ähnlichkeit der Waren eine Verwechslungsgefahr bestehe. Schließlich stellte die Beschwerdekammer ebenfalls in Randnr. 40 der angefochtenen Entscheidung klar, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen auch dann bestünde, wenn die ältere Wortmarke nur eine mittlere Kennzeichnungskraft besitzen sollte.

104    Die Klägerin tritt dieser Beurteilung entgegen. Sie macht erstens im Rahmen des vierten und fünften Klagegrundes geltend, dass die Beschwerdekammer die erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Wortmarke nicht hätte berücksichtigen dürfen, da die Streithelferin hierzu innerhalb der gesetzten Fristen nichts vorgetragen habe. Zweitens habe die Beschwerdekammer das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen insbesondere deshalb fehlerhaft beurteilt, weil das Zeichen BELLRAM nur aus einem Wort bestehe und der Ausdruck „Bellram“ eine Einheit bilde und neuartig sei.

105    Im vorliegenden Fall ist mit Rücksicht darauf, dass das relevante Publikum aus durchschnittlichen Endverbrauchern besteht (vgl. oben, Randnr. 84), dass ferner die in Frage stehenden Waren hochgradig ähnlich sind (vgl. oben, Randnr. 90) und dass auch die Zeichen einander ähnlich sind (vgl. oben, Randnr. 102), in Übereinstimmung mit den Darlegungen der Beschwerdekammer in Randnr. 40 der angefochtenen Entscheidung festzustellen, dass zwischen den Marken eine Verwechslungsgefahr unabhängig davon besteht, ob die ältere Wortmarke eine erhöhte oder nur geringe Kennzeichnungskraft besitzt.

106    Selbst wenn angenommen werden könnte, dass die Beschwerdekammer die Kennzeichnungskraft der älteren Wortmarke fehlerhaft beurteilt hat, ändert dies deshalb nichts an der Richtigkeit ihrer Feststellung, dass zwischen den Marken eine Verwechslungsgefahr besteht.

107    Die übrigen von der Klägerin vorgebrachten Argumente können dieses Ergebnis nicht in Frage stellen.

108    Soweit die Klägerin erstens geltend macht, dass das Element „ram“ in der Anmeldemarke eine eigenständige kennzeichnende Stellung besitze, ist ihr Vorbringen, das sie auch im Rahmen des Zeichenvergleichs geltend gemacht hat, aus den oben in den Randnrn. 95 und 99 genannten Gründen zurückzuweisen.

109    Soweit sich die Klägerin zweitens darauf beruft, dass das Gericht in Rechtssachen, die andere Marken als die hier streitigen betrafen, angenommen habe, dass das Vorliegen einer einzigen gemeinsamen Silbe nicht genüge, um eine Verwechslungsgefahr hervorzurufen, ist ihr Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen. Die Feststellung in einer gegebenen Rechtssache, dass das Vorliegen einer einzigen gemeinsamen Silbe zweier einander gegenüberstehenden Marken nicht für die Begründung von Verwechslungsgefahr genüge, ist nämlich an den jeweiligen Sachverhalt gebunden und kann nicht das im vorliegenden Fall erreichte Ergebnis entkräften, dass der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung angesichts der obigen Feststellungen in Randnr. 102 bei ihrer Beurteilung keine Fehler unterliefen.

110    Der vierte Klagegrund ist daher als ins Leere gehend und der fünfte Klagegrund als teils in Leere gehend, teils unbegründet zurückzuweisen.

111    Da alle Klagegründe zurückzuweisen sind, ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

112    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Lidl Stiftung & Co. KG trägt die Kosten.

Pelikánová

Jürimäe

Van der Woude

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. Januar 2013.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Vorgeschichte des Rechtsstreits

Anträge der Verfahrensbeteiligten

Entscheidungsgründe

Zum ersten Klagegrund: Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör und der der Beschwerdekammer zustehenden Ermessensbefugnis

Zum zweiten Klagegrund: Fehlerhafte Bestimmung der von der älteren Wortmarke erfassten Waren, die für die Prüfung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind

Zum dritten Klagegrund: Fehler im Zusammenhang mit dem Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Wortmarke

Zum vierten und fünften Klagegrund: Beurteilungsfehler hinsichtlich der Kennzeichnungskraft der älteren Wortmarke und Fehler beim Zeichenvergleich

Zum Vergleich der von den Marken erfassten Waren

Zum Vergleich der fraglichen Zeichen

Zur Verwechslungsgefahr

Kosten


* Verfahrenssprache: Englisch.