Language of document : ECLI:EU:C:2017:525

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)

6. Juli 2017(*)

„Rechtsmittel – Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in der Ukraine – Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden – Aufnahme des Namens des Klägers – Anpassung der Klageanträge – Im Namen des verstorbenen Klägers eingereichter Schriftsatz“

In der Rechtssache C‑505/16 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 23. September 2016,

Olga Stanislavivna Yanukovych als Erbin von Viktor Viktorovych Yanukovych, wohnhaft in Donezk (Ukraine), Prozessbevollmächtigter: T. Beazley, QC,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Rat der Europäischen Union, vertreten durch P. Mahnič Bruni und J.‑P. Hix als Bevollmächtigte,

Beklagter im ersten Rechtszug,

Europäische Kommission, zunächst vertreten durch S. Bartelt und J. Norris-Usher, dann durch E. Paasivirta und J. Norris-Usher als Bevollmächtigte,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras (Berichterstatter) sowie der Richter J. Malenovský und D. Šváby,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt Frau Olga Stanislavivna Yanukovych die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 12. Juli 2016, Yanukovych/Rat (T‑347/14, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2016:433), soweit das Gericht mit diesem ihre Anträge auf Nichtigerklärung des Beschlusses (GASP) 2015/143 des Rates vom 29. Januar 2015 zur Änderung des Beschlusses 2014/119/GASP über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2015, L 24, S. 16), des Beschlusses (GASP) 2015/364 des Rates vom 5. März 2015 zur Änderung des Beschlusses 2014/119/GASP über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2015, L 62, S. 25), der Verordnung (EU) 2015/138 des Rates vom 29. Januar 2015 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 208/2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2015, L 24, S. 1) und der Durchführungsverordnung (EU) 2015/357 des Rates vom 5. März 2015 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 208/2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2015, L 62, S. 1), soweit sie Herrn Viktor Viktorovych Yanukovych betreffen (im Folgenden: streitige Rechtsakte), zurückgewiesen hat.

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 1 Abs. 1 und 2 des Beschlusses 2014/119/GASP des Rates vom 5. März 2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2014, L 66, S. 26) bestimmt:

„(1)      Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum der Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich identifiziert wurden, sowie der für Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine verantwortlichen Personen und der mit ihnen verbundenen, in der Liste im Anhang aufgeführten, natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, werden eingefroren.

(2)      Den im Anhang aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen dürfen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen.“

3        In Nr. 10 des Anhangs („Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen nach Artikel 1“) des Beschlusses 2014/119 ist der Name von Viktor Viktorovych Yanukovych aufgeführt als „Sohn des ehemaligen Staatspräsidenten, Mitglied der Werchowna Rada (ukrainisches Parlament)“ mit der Begründung, dass es sich um eine Person handele, gegen die in der Ukraine wegen der Beteiligung an Straftaten im Zusammenhang mit der Veruntreuung öffentlicher Gelder der Ukraine und des illegalen Transfers dieser Gelder in das Ausland ermittelt werde.

4        Die Verordnung (EU) Nr. 208/2014 des Rates vom 5. März 2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2014, L 66, S. 1) schreibt den Erlass der betreffenden restriktiven Maßnahmen vor und legt deren Modalitäten mit im Wesentlichen demselben Wortlaut wie der Beschluss fest.

5        In Anhang I („Liste der natürlichen oder juristischen Personen, Einrichtungen oder Organisationen gemäß Artikel 2“) Nr. 10 dieser Verordnung steht der Name Viktor Viktorovych Yanukovych mit derselben Begründung, die aus Nr. 10 des Anhangs des Beschlusses 2014/119 hervorgeht.

6        Der Beschluss 2014/119 wurde u. a. durch den Beschluss 2015/143 und den Beschluss 2015/364 geändert, und die Verordnung Nr. 208/2014 wurde u. a. durch die Verordnung 2015/138 und die Durchführungsverordnung 2015/357 geändert.

7        Mit diesen Rechtsakten wurden die gegen Herrn Yanukovych ergriffenen restriktiven Maßnahmen bis zum 6. Juni 2015 verlängert, jedoch mit folgender Begründung:

„Person ist Gegenstand von Untersuchungen seitens der ukrainischen Behörden wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Vermögenswerte. Person ist verbunden mit einer benannten Person (dem ehemaligen Staatspräsidenten der Ukraine Viktor Fedorovych Yanukovych), die Gegenstand strafrechtlicher Verfolgung seitens der ukrainischen Behörden wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Vermögenswerte ist.“

8        Durch den Beschluss (GASP) 2015/876 des Rates vom 5. Juni 2015 zur Änderung des Beschlusses 2014/119 (ABl. 2015, L 142, S. 30) und durch die Durchführungsverordnung (EU) 2015/869 des Rates vom 5. Juni 2015 zur Durchführung der Verordnung Nr. 208/2014 (ABl. 2015, L 142, S. 1) wurde der Name von Herrn Yanukovych aus der Liste der Personen, die gemäß dem Beschluss 2014/119 und der Verordnung Nr. 208/2014 restriktiven Maßnahmen unterliegen, gestrichen.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtener Beschluss

9        Das Verfahren vor dem Gericht und die rechtliche Begründung des angefochtenen Beschlusses werden in dessen Rn. 17 bis 34 bzw. 38 bis 95 dargestellt. Sie lassen sich für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens wie folgt zusammenfassen.

10      Mit Klageschrift, die am 14. Mai 2014 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Herr Yanukovych eine Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2014/119 und der Verordnung Nr. 208/2014, soweit sie ihn betrafen.

11      Am 20. März 2015 verstarb Herr Yanukovych.

12      Mit besonderem Schriftsatz, der am 8. April 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, reichte der Bevollmächtigte von Herrn Yanukovych in dessen Namen einen Schriftsatz zur Anpassung der Klageanträge ein, um den streitigen Rechtsakten Rechnung zu tragen.

13      Parallel dazu reichte der Bevollmächtigte von Herrn Yanukovych in dessen Namen eine bei der Kanzlei des Gerichts unter dem Aktenzeichen T‑172/15 eingetragene Klage auf Nichtigerklärung derselben Rechtsakte ein (im Folgenden: zweite Nichtigkeitsklage).

14      Der Bevollmächtigte von Herrn Yanukovych erklärte im Schriftsatz zur Anpassung der Klageanträge ebenso wie in der zweiten Nichtigkeitsklage, dass Herr Yanukovych kurz vor ihrer Einreichung verstorben sei. Das Verfahren zur Einsetzung seines Rechtsnachfolgers sei in der Ukraine im Gange, und es sei wahrscheinlich, dass die Witwe von Herrn Yanukovych seine Rechtsnachfolge antreten werde. Er beantragte daher eine Aussetzung der Rechtssache für den erforderlichen Zeitraum zur Einsetzung des Rechtsnachfolgers und zur Entscheidung über eine Fortführung des Verfahrens.

15      Mit Entscheidung des Präsidenten der Neunten Kammer vom 13. Juli 2015 wurde das Verfahren gemäß Art. 69 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichts bis zum 31. Oktober 2015 ausgesetzt.

16      Mit Beschluss vom 16. Juli 2015, Yanukovych/Rat (T‑172/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:569), wies das Gericht die zweite Nichtigkeitsklage als offensichtlich unzulässig ab und begründete dies damit, dass sie von Herrn Yanukovychs Bevollmächtigtem nach dessen Tod erhoben worden sei.

17      Mit Schreiben vom 30. Oktober 2015 reichte der Bevollmächtigte von Herrn Yanukovych dessen Sterbeurkunde mit dem Hinweis zur Akte, dass dessen Witwe und Alleinerbin, Frau Yanukovych, die Fortführung des Verfahrens beabsichtige, und führte Gründe für den Fortbestand ihres Rechtsschutzinteresses trotz der Streichung des Namens von Herrn Yanukovych aus der Liste der Personen an, die nach dem Beschluss 2014/119 und der Verordnung Nr. 208/2014 restriktiven Maßnahmen unterlagen.

18      Mit Schreiben vom 17. März 2016 forderte die Kanzlei des Gerichts die Parteien u. a. dazu auf, zu den möglichen Folgen Stellung zu nehmen, die sich für die Nichtigkeitsklage zum einen aus der Anpassung der Klageanträge und zum anderen aus dem Beschluss vom 16. Juli 2015, Yanukovych/Rat (T‑172/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:569), ergeben. Die Parteien antworteten darauf fristgemäß.

19      In den Rn. 38 bis 75 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht entschieden, dass die Aufnahme des Namens von Herrn Yanukovych in die Liste der Personen, die gemäß dem Beschluss 2014/119 und der Verordnung Nr. 208/2014 restriktiven Maßnahmen unterliegen, nicht die in diesem Beschluss festgelegten Kriterien für die Benennung von Personen erfülle, die von diesen Maßnahmen erfasst werden sollten, und sich dabei auf mehrere von ihm verkündete Urteile gestützt, die dieselben Rechtsfragen wie die mit der Nichtigkeitsklage aufgeworfenen betreffen. Folglich hat das Gericht, was diese Maßnahme betrifft, die Klage für offensichtlich begründet erklärt und den Beschluss 2014/119 und die Verordnung Nr. 208/2014 für nichtig erklärt.

20      Diese Randnummern des angefochtenen Beschlusses sind nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittels.

21      In den Rn. 76 bis 95 des angefochtenen Beschlusses prüfte das Gericht die Zulässigkeit der in dem am 8. April 2015 eingereichten Anpassungsschriftsatz enthaltenen Anträge auf Nichtigerklärung der streitigen Rechtsakte.

22      In Rn. 82 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht entschieden, dass für die Beurteilung der Zulässigkeit eines solchen Schriftsatzes auf die Situation abzustellen sei, die zum Zeitpunkt seiner Einreichung bestanden habe.

23      In Rn. 83 dieses Beschlusses hat das Gericht festgestellt, dass der Bevollmächtigte von Herrn Yanukovych in dessen Namen einen Schriftsatz zur Anpassung der ursprünglichen in der Klageschrift gestellten Klageanträge eingereicht habe und dass aus der Akte nicht hervorgehe, dass dieser Schriftsatz im Namen der Rechtsmittelführerin eingereicht worden sei.

24      In Rn. 84 dieses Beschlusses hat es festgestellt, dass Herr Yanukovych zum Zeitpunkt der Einreichung dieses Schriftsatzes verstorben gewesen sei, und daraus geschlossen, dass dieser Schriftsatz als unzulässig zurückzuweisen sei.

25      In den Rn. 85 bis 92 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht verschiedene von der Rechtsmittelführerin vorgetragene Argumente zurückgewiesen.

26      Das Gericht ist daher zu dem Ergebnis gekommen, dass die Anpassung der Klageschrift zurückzuweisen und damit die Nichtigkeitsklage als offensichtlich unzulässig abzuweisen seien, soweit sie gegen die streitigen Rechtsakte gerichtet seien.

 Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

27      Die Rechtsmittelführerin beantragt,

–        die Nrn. 2 und 4 des Tenors des angefochtenen Beschlusses aufzuheben;

–        Nr. 3 des Tenors des angefochtenen Beschlusses aufzuheben, soweit der Gerichtshof der Auffassung ist, dass diese Nr. 3 den Rat der Europäischen Union nur zur Zahlung der Kosten der Rechtsmittelführerin, nicht jedoch zur Zahlung der Kosten des Verstorbenen verpflichtet;

–        die Sache an das Gericht zur mündlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen oder, hilfsweise,

–        die streitigen Rechtsakte für nichtig zu erklären und

–        soweit der Gerichtshof der Auffassung ist, dass das Gericht dies noch nicht getan hat, dem Rat hinsichtlich des in der Klageschrift gestellten Antrags auf Nichtigerklärung sowohl die Kosten der Rechtsmittelführerin als auch jene des Verstorbenen aufzuerlegen;

–        dem Rat hinsichtlich des im Anpassungsschriftsatz gestellten Antrags auf Nichtigerklärung sowohl die Kosten der Rechtsmittelführerin als auch jene des Verstorbenen aufzuerlegen;

–        dem Rat in jedem Fall die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

28      Der Rat beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        der Rechtsmittelführerin die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen;

–        hilfsweise, die Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Rechtsakte abzuweisen.

29      Die Europäische Kommission beantragt,

–        den zweiten Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen;

–        die anderen Rechtsmittelgründe als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen und

–        der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

30      Ist das Rechtsmittel ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, so kann der Gerichtshof es jederzeit gemäß Art. 181 seiner Verfahrensordnung auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts ganz oder teilweise durch mit Gründen versehenen Beschluss zurückweisen.

31      Diese Bestimmung ist im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels anzuwenden.

 Vorbringen der Parteien

32      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es in den Rn. 84, 89 und 92 des angefochtenen Beschlusses entschieden habe, dass der Anpassungsschriftsatz unzulässig sei, weil er im Namen von Herrn Yanukovych nach seinem Tod verfasst worden sei, und es somit die Zulässigkeit dieses Schriftsatzes in Bezug auf die Situation zum Zeitpunkt seiner Einreichung beurteilt habe.

33      Das Gericht hätte die Zulässigkeit dieses Schriftsatz unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter Umstände prüfen müssen, und zwar, dass die Nichtigkeitsklage zulässig sei, da sie zu Lebzeiten von Herrn Yanukovych erhoben worden sei, dass dieser gewünscht habe, dass ein Anpassungsschriftsatz eingereicht werde, dass ein solcher Schriftsatz von und im Namen der Rechtsmittelführerin als De-facto-Rechtsnachfolgerin und Erbin des Verstorbenen eingereicht worden sei und dass die Rechtsmittelführerin, als die Zulässigkeit dieses Schriftsatzes geprüft worden sei, rechtmäßig rückwirkend als Erbin bestätigt worden sei.

34      Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Gericht Tatsachenfeststellungen getroffen habe, deren sachliche Unrichtigkeit aus den Verfahrensakten hervorgehe, und ihm vorgelegte Beweise verfälscht habe.

35      So ist sie der Auffassung, dass die Feststellungen in den Rn. 83 und 87 des angefochtenen Beschlusses, wonach der Anpassungsschriftsatz nicht in ihrem Namen verfasst und eingereicht worden sei, sachlich und offensichtlich unzutreffend seien und auf einer Verfälschung beruhten. Herr Yanukovych habe beschlossen, einen Anpassungsschriftsatz einzureichen, und nach ukrainischem Recht seien die Witwe des Verstorbenen und dessen Eltern vorbehaltlich des Ablaufs eines Zeitraums von sechs Monaten automatisch Rechtsnachfolger.

36      Diese verschiedenen Gesichtspunkte gingen aus Rn. 2 des Anpassungsschriftsatzes, aus einer E‑Mail vom 7. April 2015, die sie an den Rechtsanwalt von Herrn Yanukovych geschickt habe, aus den am 3. Juli 2015 beim Gericht eingereichten Erklärungen und aus dem Schreiben ihres Rechtsanwalts vom 30. Oktober 2015 hervor, mit dem dem Gericht ihre Einsetzung als Erbin und Rechtsnachfolgerin des Verstorbenen angezeigt und in dem Erklärungen zum Fortbestehen ihres Rechtsschutzinteresses abgegeben worden seien.

37      Ferner macht die Rechtsmittelführerin geltend, den Anpassungsschriftsatz als De-facto-Rechtsnachfolgerin von Herrn Yanukovych abgesegnet und dessen Einreichung gestattet zu haben.

38      Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es die Zulässigkeit des Anpassungsschriftsatzes und die Zulässigkeit der zweiten Nichtigkeitsklage gleichbehandelt habe. Es bestehe ein bedeutender tatsächlicher Unterschied zwischen den beiden Klagen, der sich daraus ergebe, dass das Gericht die Anträge auf Aussetzung unterschiedlich behandelt habe. Dass eine Aussetzung nach der Einreichung des Anpassungsschriftsatzes gewährt worden sei, während dies bei der zweiten Nichtigkeitsklage abgelehnt worden sei, habe eine berechtigte Erwartung hervorgerufen, da das Gericht somit nicht der Ansicht gewesen sei, dass dieser Schriftsatz unzulässig sei, weil er nach dem Tod von Herrn Yanukovych eingereicht worden sei.

39      Des Weiteren trägt sie vor, dass sie, als das Gericht über die Zulässigkeit der zweiten Nichtigkeitsklage entschieden habe, rechtlich noch nicht zur Rechtsnachfolgerin und Erbin von Herrn Yanukovych bestimmt gewesen sei, während sie es zum Zeitpunkt des angefochtenen Beschlusses gewesen sei. Sie schließt daraus, dass für den Anpassungsschriftsatz die Zulässigkeitsvoraussetzungen des AEU-Vertrages erfüllt gewesen seien.

40      Schließlich ist sie der Auffassung, dass die Schlussfolgerung des Gerichts zur Unzulässigkeit des Anpassungsschriftsatzes bewirke, ihr ihr Klagerecht in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Rechtsnachfolgerin und Erbin des Verstorbenen vorzuenthalten, ohne dass dies entgegen der Rechtsprechung des Gerichtshofs gerechtfertigt sei. Die Begründung des Gerichts in Rn. 87 des angefochtenen Beschlusses führe dazu, einen Kläger zu verpflichten, mehrfach Klage in verschiedenen Eigenschaften präventiv zu erheben.

41      Der Rat und die Kommission sind der Auffassung, dass der erste und der dritte Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen seien und dass der zweite als unzulässig zurückzuweisen sei.

 Würdigung durch den Gerichtshof

42      Die drei Rechtsmittelgründe, die zusammen zu prüfen sind, zielen im Wesentlichen darauf ab, die Identität der Person, in deren Namen der Anpassungsschriftsatz eingereicht wurde, und den Zeitpunkt, zu dem die Zulässigkeit dieses Schriftsatzes geprüft wurde, zu beanstanden.

43      Erstens ist in Bezug auf die Identität der Person, in deren Namen der Anpassungsschriftsatz eingereicht wurde, darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 83 des angefochtenen Beschlusses, nachdem es darauf hingewiesen hat, dass Herr Yanukovych am 20. März 2015 verstorben sei, festgestellt hat, dass sein Prozessbevollmächtigter am 8. April 2015 in dessen Namen einen Anpassungsschriftsatz eingereicht habe und dass aus der Akte nicht hervorgehe, dass dieser im Namen der Rechtsmittelführerin verfasst worden sei.

44      Auf der Grundlage dieser Feststellung hat das Gericht in Rn. 84 des angefochtenen Beschlusses entschieden, dass dieser Schriftsatz als unzulässig zurückzuweisen sei, da Herr Yanukovych vor seiner Einreichung verstorben sei.

45      Mit ihrem in den Rn. 35 bis 37 des vorliegenden Beschlusses zusammengefassten Vorbringen macht die Rechtsmittelführerin im Wesentlichen geltend, dass das Gericht infolge einer Verfälschung des Anpassungsschriftsatzes selbst sowie bestimmter anderer Aktenstücke und Beweise die in Rn. 43 des vorliegenden Beschlusses wiedergegebene Feststellung getroffen habe.

46      Beim Lesen des Anpassungsschriftsatzes, der sich in der erstinstanzlichen Akte befindet, die dem Gerichtshof vom Gericht gemäß Art. 167 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs übermittelt worden ist, ist festzustellen, dass in diesem Schriftsatz formell erklärt wird, dass er im Namen von Herrn Yanukovych eingereicht werde.

47      Zwar heißt es in Rn. 2 dieses Schriftsatzes, dass Herr Yanukovych am 20. März 2015 verstorben sei, dass das Verfahren zur Bestimmung seines Rechtsnachfolgers zum Zeitpunkt der Einreichung dieses Schriftsatzes im Gange gewesen sei, dass die Rechtsmittelführerin erwarte, von den ukrainischen Behörden in ihren Rechten bestätigt zu werden, und dass sie damit rechne, ihr Interesse an der Fortführung der Rechtssache nach ihrer Bestimmung zur Rechtsnachfolgerin von Herrn Yanukovych zum Ausdruck bringen zu können.

48      Diese Angaben, die das Gericht in Rn. 86 des angefochtenen Beschlusses im Übrigen korrekt zusammengefasst hat, entkräften jedoch keineswegs die Feststellung, dass der Anpassungsschriftsatz im Namen von Herrn Yanukovych eingereicht worden sei, sondern bestätigen sie, da aus ihnen hervorgeht, dass zum Zeitpunkt der Einreichung dieses Schriftsatzes kein Rechtsnachfolger von Herrn Yanukovych bestimmt war und die Rechtsmittelführerin das Verfahren noch nicht weitergeführt habe, sondern nur beabsichtigt habe, dies in der Zukunft zu tun.

49      Unter diesen Umständen hat das Gericht dadurch, dass es in den Rn. 25 und 83 des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass der Anpassungsschriftsatz im Namen von Herrn Yanukovych eingereicht worden sei und dass aus der Akte nicht hervorgehe, dass dieser Schriftsatz im Namen der Rechtsmittelführerin verfasst worden sei, den Inhalt dieses Schriftsatzes nicht verfälscht. Das gegenteilige Vorbringen der Rechtsmittelführerin ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

50      Da die Identität der Person, in deren Namen der Anpassungsschriftsatz eingereicht worden war, aus diesem Schriftsatz eindeutig angegeben war, war es nicht Aufgabe des Gerichts, eine andere Person als diejenige zu ermitteln, in deren Namen dieser Schriftsatz eingereicht worden war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. November 2015, Elitaliana/Eulex Kosovo, C‑439/13 P, EU:C:2015:753, Rn. 74).

51      Das Gericht hat auch nicht die anderen von der Rechtsmittelführerin genannten Aktenstücke und Beweise verfälscht. In Bezug auf die von der Rechtsmittelführerin beim Gericht am 3. Juli 2015 eingereichten Erklärungen ist festzustellen, dass sie nicht genau erläutert hat, worin genau deren Verfälschung durch das Gericht bestehe. Jedenfalls geht aus den Rn. 86, 88 und 91 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass das Gericht sie korrekt zusammengefasst hat, ohne sie zu verfälschen. Was die die ebenfalls von ihr angesprochene E‑Mail vom 7. April 2015 und das Schreiben ihres Rechtsanwalts vom 30. Oktober 2015 angeht, genügt die Feststellung, dass das Gericht sie in dem angefochtenen Beschluss überhaupt nicht erwähnt hat und ihm daher nicht vorgeworfen werden kann, sie verfälscht zu haben.

52      Zweitens ist zu den verschiedenen Argumenten der Rechtsmittelführerin, mit denen sie die Feststellung des Gerichts beanstandet, dass der Unionsrichter auf den Zeitpunkt der Einreichung des Anpassungsschriftsatzes abstellen müsse, um dessen Zulässigkeit zu beurteilen, darauf hinzuweisen, dass dieser Schriftsatz – da das Gericht korrekt und ohne ihn zu verfälschen, festgestellt hat, dass er im Namen von Herrn Yanukovych eingereicht worden sei – nur dann als zulässig erachtet werden könnte, wenn er vor dessen Tod eingereicht worden wäre.

53      Die Rechtsmittelführerin bestreitet jedoch nicht, dass der Anpassungsschriftsatz zu dem in Rn. 43 des vorliegenden Beschlusses genannten, nach dem Tod von Herrn Yanukovych liegenden Zeitpunkt bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht worden ist. Dieser Schriftsatz kann daher nur dann als zulässig erachtet werden, wenn seine Zulässigkeit zu einem Zeitpunkt beurteilt würde, der vor seiner Einreichung und vor dem Tod von Herrn Yanukovych liegt. Wie der Gerichtshof jedoch bereits entschieden hat, ist die für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Klage auf den Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift oder des Anpassungsschriftsatzes abzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. November 1984, Bensider u. a./Kommission, 50/84, EU:C:1984:365, Rn. 8).

54      Im Übrigen ist das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, wonach die Beurteilung der Zulässigkeit des Anpassungsschriftsatzes zu einem nach seiner Einreichung liegenden Zeitpunkt hätte vorgenommen werden müssen, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Selbst unter der Annahme, dass ein solcher Zeitpunkt zugrunde gelegt werden kann, ändert dies nämlich nichts an der Tatsache, dass Herr Yanukovych zum Zeitpunkt der Beurteilung der Zulässigkeit des in seinem Namen eingereichten Anpassungsschriftsatzes bereits verstorben war.

55      Zudem hatte die Unzulässigkeit des im Namen von Herrn Yanukovych eingereichten Anpassungsschriftsatzes nicht die Wirkung, der Rechtsmittelführerin ihr Klagerecht in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin und Erbin des Verstorbenen zu nehmen.

56      Wie das Gericht in Rn. 87 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, hätte die Rechtsmittelführerin eine Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Rechtsakte entweder in ihrem eigenen Namen erheben oder ihre Absicht kundtun können, das von ihrem Ehemann eingeleitete Verfahren weiterzuführen, indem sie die Klageanträge an diese Rechtsakte anpasst, d. h. indem sie einen Anpassungsschriftsatz in ihrem eigenen Namen einreicht.

57      Drittens ist das Vorbringen, wonach das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen habe, dass es den Umstand nicht berücksichtigt habe, dass nach der Einreichung des Anpassungsschriftsatzes eine Aussetzung des Verfahrens gewährt worden sei, während dies bei der zweiten Nichtigkeitsklage nicht der Fall gewesen sei, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Die Rechtsmittelführerin kann nämlich aus der Aussetzung des erstinstanzlichen Verfahrens keinen Nutzen für sich ziehen.

58      Viertens ist abschließend darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung Anträge, die die angebliche Rechtswidrigkeit der Kostenentscheidung des Gerichts betreffen, gemäß Art. 58 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, wonach ein nur gegen die Kostenentscheidung oder gegen die Kostenfestsetzung gerichtetes Rechtsmittel unzulässig ist, als unzulässig zurückzuweisen sind, wenn alle anderen Rechtsmittelgründe zurückgewiesen worden sind (Urteil vom 9. Juni 2016, PROAS/Kommission, C‑616/13 P, EU:C:2016:415, Rn. 88, sowie Beschluss vom 12. Januar 2017, Europäischer Tier- und Naturschutz und Giesen/Kommission, C‑343/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:10, Rn. 24).

59      Da die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, ist ihr Vorbringen zur Kostenverteilung daher als unzulässig zurückzuweisen.

60      Nach alledem ist das vorliegende Rechtsmittel gemäß Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs in vollem Umfang zurückzuweisen.

 Kosten

61      Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

62      Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

63      Da der Rat beantragt hat, der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen, und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, hat sie neben ihren eigenen Kosten die Kosten des Rates zu tragen.

64      Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, trägt die Kommission ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) beschlossen:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Frau Olga Stanislavivna Yanukovych trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten des Rates der Europäischen Union.

3.      Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.