Language of document : ECLI:EU:T:2012:138

Rechtssache T‑227/09

Feng Shen Technology Co. Ltd

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)

„Gemeinschaftsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Gemeinschaftsbildmarke FS – Bösgläubigkeit des Anmelders – Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 52 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EG] Nr. 207/2009)“

Leitsätze des Urteils

1.      Gemeinschaftsmarke – Verzicht, Verfall und Nichtigkeit – Absolute Nichtigkeitsgründe – Bei der Markenanmeldung bösgläubiger Anmelder – Beurteilungskriterien – Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt der Anmeldung vorliegenden erheblichen Faktoren

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 51 Abs. 1 Buchst. b)

2.      Gemeinschaftsmarke – Beschwerdeverfahren – Klage beim Unionsrichter – Befugnis des Gerichts zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung – Grenzen

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 65 Abs. 3)

1.      Die Bösgläubigkeit des Anmelders im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke ist umfassend zu beurteilen, wobei alle Faktoren des zu entscheidenden Falles zu berücksichtigen sind, nämlich insbesondere

–        die Tatsache, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter in mindestens einem Mitgliedstaat ein gleiches oder ähnliches Zeichen für eine gleiche oder mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnliche Ware verwendet;

–        die Absicht des Anmelders, diesen Dritten an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hindern;

–        der Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen genießen.

Die Absicht, einen Dritten an der Vermarktung einer Ware zu hindern, kann unter bestimmten Umständen für die Bösgläubigkeit des Antragstellers kennzeichnend sein. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn sich später herausstellt, dass der Anmelder ein Zeichen als Gemeinschaftsmarke hat eintragen lassen, ohne dessen Benutzung zu beabsichtigen, allein um den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern. Dagegen kann der Anmelder auch ein berechtigtes Ziel verfolgen, indem er sich gegen den Versuch eines Dritten schützen will, der erst seit kurzer Zeit auf dem Markt tätig geworden ist und versucht, den Ruf des Zeichens des Anmelders auszunutzen. Bei alledem handelt es sich bei den vorstehend aufgezählten Faktoren nur um Beispiele aus einer Gesamtheit von Gesichtspunkten, die für die Entscheidung über eine mögliche Bösgläubigkeit eines Anmelders bei der Anmeldung berücksichtigt werden können.

(vgl. Randnrn. 33-36)

2.      Die dem Gericht zustehende, in Art. 65 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke verankerte Abänderungsbefugnis bewirkt nicht, dass es dazu ermächtigt wäre, seine eigene Beurteilung an die Stelle der von der Beschwerdekammer vorgenommenen Beurteilung zu setzen, oder dazu, eine Frage zu beurteilen, zu der die Beschwerdekammer noch nicht Stellung genommen hat. Die Ausübung der Abänderungsbefugnis ist folglich grundsätzlich auf die Fälle zu beschränken, in denen das Gericht nach einer Überprüfung der von der Beschwerdekammer vorgenommenen Beurteilung auf der Grundlage der erwiesenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände zu bestimmen vermag, welche Entscheidung die Beschwerdekammer hätte erlassen müssen.

(vgl. Randnr. 55)