Language of document : ECLI:EU:T:2011:454

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

9. September 2011(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke ERGO – Ältere Gemeinschafts- und nationale Wortmarke CERGO – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Verpflichtung, über die gesamte Beschwerde zu entscheiden – Umfang der Nachprüfung durch die Beschwerdekammer – Art. 64 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑382/09

Ergo Versicherungsgruppe AG mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte V. von Bomhard, A. W. Renck, T. Dolde und J. Pause,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch B. Schmidt als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

DeguDent GmbH mit Sitz in Hanau (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwalt W. Blau, dann Rechtsanwälte W. Blau, D. Kaya und C. Kusulis,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 23. Juli 2009 (Sache R 44/2008‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der DeguDent GmbH und der Ergo Versicherungsgruppe AG

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi, der Richterin E. Cremona (Berichterstatterin) und des Richters S. Frimodt Nielsen,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 30. September 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 8. Januar 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 28. Dezember 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der am 18. März 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung,

aufgrund des Umstands, dass keiner der Verfahrensbeteiligten binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht der Berichterstatterin gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 31. Juli 2003 meldete die Klägerin, die Ergo Versicherungsgruppe AG, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen ERGO.

3        Die Marke wurde u. a. für folgende Waren der Klassen 5 und 10 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 5: „Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke“;

–        Klasse 10: „Zahnärztliche Instrumente und Apparate“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 25/2004 vom 21. Juni 2004 veröffentlicht.

5        Am 20. September 2004 erhob die Streithelferin, die DeguDent GmbH, gegen die Anmeldung der Marke für die oben in Randnr. 3 genannten Waren gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch.

6        Der Widerspruch wurde gestützt auf die am 14. Juli 2000 unter der Nr. 1 064 674 für Waren der Klasse 10, nämlich „Ofen zur Herstellung von Zahnersatz und ‑implantaten“, eingetragene Gemeinschaftswortmarke CERGO und die am 15. September 1998 unter der Nr. 39 832 880 für Waren der Klasse 10, nämlich „Ofen zur Herstellung von Zahnersatz“ eingetragene deutsche Wortmarke CERGO. Der Widerspruch stützte sich auf alle Waren, für die die beiden älteren Marken eingetragen waren, und richtete sich gegen die oben in Randnr. 3 genannten Waren der Klassen 5 und 10.

7        Als Grund für den Widerspruch wurde Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) geltend gemacht.

8        Am 25. Oktober 2007 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch für alle betroffenen Waren statt.

9        Am 20. Dezember 2007 legte die Klägerin beim HABM nach den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

10      Mit Entscheidung vom 23. Juli 2009 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Sie war zunächst der Auffassung, die Beschwerde sei gegenstandslos, was die mit der angemeldeten Marke beanspruchten Waren der Klasse 5 angehe, da die Anmeldung der Marke ERGO für diese Waren bereits im Rahmen der Sache R 515/2008‑4 (ERGO/URGO) rechtskräftig zurückgewiesen worden sei. In Bezug auf die Waren der Klasse 10 bestätigte die Beschwerdekammer dann die Entscheidung der Widerspruchsabteilung. Sie stellte fest, dass die betreffenden Waren eine zumindest durchschnittliche Ähnlichkeit aufwiesen, weil sie den gleichen Zwecken dienten, der zahnärztlichen Therapie. Aus dem Umstand, dass sich die fraglichen Waren an unterschiedliche Berufsgruppen (Zahnärzte und Zahntechniker) richteten, dürfe nicht gefolgert werden, dass sie verschieden seien. Zum Zeichenvergleich stellte die Beschwerdekammer in visueller Hinsicht fest, dass die angemeldete Marke vollständig in dem älteren Wortzeichen enthalten sei und beide Zeichen somit in ihrem Bestandteil „Ergo“ übereinstimmten. Jedoch seien die Anfangsbuchstaben der beiden Wortzeichen verschieden, und die Zeichen seien von unterschiedlicher Länge. Sie gelangte somit zu dem Ergebnis einer durchschnittlichen visuellen Ähnlichkeit zwischen den beiden Zeichen. In klanglicher Hinsicht war die Beschwerdekammer der Auffassung, dass eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit bestehe, weil die Zeichen in ihrem Bestandteil „Ergo“ übereinstimmten, die gleiche Silbenzahl und Vokalfolge „e-o“ aufwiesen und der zusätzliche Konsonant „C“ am Anfang des älteren Wortzeichens sich weder auf die Silbenzahl noch auf den Sprechrhythmus auswirke. Die Beschwerdekammer war ferner der Ansicht, dass der begriffliche Vergleich neutral ausfalle, weil es sich bei dem älteren Wortzeichen um ein Phantasiewort handele und die angemeldete Marke ein dem Lateinischen entlehntes Wort sei, das für das Verbindungswort „folglich“ stehe und mit keinem konkreten Konzept assoziiert werden könne. Die Beschwerdekammer stellte schließlich fest, dass unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marken und der zumindest durchschnittlichen Ähnlichkeit der betreffenden Waren die Unterschiede zwischen den Zeichen nicht ausreichend seien, um eine Verwechslungsgefahr seitens der maßgeblichen Verkehrskreise auszuschließen. Der Umstand, dass es sich bei diesen Verkehrskreisen um ein aus verschiedenen zahnmedizinischen Berufsgruppen (Zahnärzte und Zahntechniker) zusammengesetztes Publikum handele, könne zu keiner abweichenden Beurteilung führen.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM oder der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

12      Das HABM und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Gründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 42 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit Art. 64 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 a. E. der Verordnung Nr. 207/2009 und zweitens einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung geltend macht.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Art. 42, 64 und 76 der Verordnung Nr. 207/2009

14      Im Rahmen ihres ersten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe, indem sie nicht über die Anmeldung entschieden habe, soweit es die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 5 betroffen habe, gegen ihre Verpflichtung aus Art. 42 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit Art. 64 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 a. E. der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, vollumfänglich über den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden. Die Begründung, die die Beschwerdekammer vorgebracht habe, um die unterlassene Entscheidung in Bezug auf diese Waren zu rechtfertigen, nämlich dass die Anmeldung der Marke ERGO für diese Waren bereits im Rahmen der Sache R 515/2008‑4 rechtskräftig zurückgewiesen worden und die Beschwerde somit in Bezug auf diese Waren gegenstandslos geworden sei, sei unrichtig. Die Klägerin habe nämlich gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer in dieser Sache beim Gericht Klage erhoben, so dass diese Entscheidung nicht in Rechtskraft erwachsen sei.

15      Insoweit ist zu beachten, dass Art. 64 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 207/2009 bestimmt: „Nach der Prüfung, ob die Beschwerde begründet ist, entscheidet die Beschwerdekammer über die Beschwerde.“ Diese Pflicht ist nach der Rechtsprechung so zu verstehen, dass die Beschwerdekammer über jeden bei ihr gestellten Antrag in seiner Gesamtheit entscheiden muss, indem sie ihm entweder stattgibt oder ihn als unzulässig oder als unbegründet zurückweist. Da der Verstoß gegen diese Pflicht den Inhalt der Entscheidung der Beschwerdekammer beeinflussen kann, handelt es sich um eine wesentliche Formvorschrift (Urteile des Gerichts vom 10. Juni 2008, Gabel Industria Tessile/HABM – Creaciones Garel [GABEL], T‑85/07, Slg. 2008, II‑823, Randnr. 20, und vom 23. September 2009, Viñedos y Bodegas Príncipe Alfonso de Hohenlohe/HABM–Byass [ALFONSO], T‑291/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 62).

16      Außerdem wird nach Art. 64 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 die Entscheidung einer Beschwerdekammer erst mit Ablauf der in Art. 65 Abs. 5 dieser Verordnung für die Einlegung einer Klage beim Gerichtshof vorgesehenen Frist von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung oder, wenn innerhalb dieser Frist eine solche Klage eingelegt worden ist, mit deren Abweisung wirksam.

17      Im vorliegenden Fall geht aus Randnr. 16 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Beschwerdekammer der Auffassung war, die Anmeldung der Wortmarke ERGO sei in Bezug auf die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 5 im Rahmen der Sache R 515/2008‑4 rechtskräftig zurückgewiesen worden und die bei ihr eingelegte Beschwerde folglich, was diese Waren betreffe, gegenstandslos. Ferner ergibt sich aus Randnr. 31 der angefochtenen Entscheidung, dass die Beschwerdekammer aus demselben Grund der Auffassung war, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Widerspruchsabteilung, mit der dem Widerspruch gegen die Eintragung der Marke ERGO für diese Waren stattgegeben worden war, brauche nicht geprüft zu werden.

18      Die Klägerin hatte aber, wie von ihr geltend gemacht wird, entgegen der von der Beschwerdekammer in Randnr. 9 a. E. der angefochtenen Entscheidung aufgestellten Behauptung vor deren Erlass die Entscheidung der Beschwerdekammer in der Sache R 515/2008‑4 bereits beim Gericht angefochten. Sie hat nämlich am 3. Juni 2009 eine unter der Rechtssachennr. T‑220/09 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragene Klage auf Aufhebung der in dieser Sache ergangenen Entscheidung erhoben, soweit darin die Entscheidung der Widerspruchsabteilung bestätigt wurde, die Eintragung der Marke ERGO u. a. für die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Waren der Klasse 5 zurückzuweisen.

19      Somit ist festzustellen, dass die Zurückweisung der Anmeldung der Marke ERGO für die von der Anmeldung erfassten Waren der Klasse 5 am 23. Juli 2009, als die Beschwerdekammer die angefochtene Entscheidung erlassen hat, noch nicht rechtskräftig war. Beim Erlass der angefochtenen Entscheidung war die Entscheidung der Beschwerdekammer in der Sache R 515/2008‑4 im Übrigen gemäß Art. 64 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 noch nicht einmal wirksam, weil die Klägerin sie mit Klage angefochten hatte.

20      Unter diesen Umständen ist die Beurteilung der Beschwerdekammer, die Anmeldung der Marke ERGO sei für die Waren der Klasse 5 durch die Entscheidung in der Sache R 515/2008‑4 rechtskräftig zurückgewiesen worden, fehlerhaft. Daher ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer rechtsfehlerhaft der Auffassung war, dass die bei ihr erhobene Beschwerde in Bezug auf die Waren der Klasse 5 gegenstandslos sei und sie infolgedessen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Widerspruchsabteilung insoweit nicht prüfen müsse.

21      Folglich hat im vorliegenden Fall die Beschwerdekammer dadurch, dass sie nicht über den Antrag der Klägerin in Bezug auf die Waren der Klasse 5 entschieden hat, gegen die Verpflichtung aus Art. 64 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, über die Beschwerde in ihrer Gesamtheit zu entscheiden (vgl. Randnr. 15 des vorliegenden Urteils).

22      Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben, soweit die Beschwerdekammer nicht über den Antrag der Klägerin bezüglich der Waren der Klasse 5 entschieden hat.

23      Was schließlich den Antrag des HABM betrifft, auf der Grundlage der von der Widerspruchsabteilung vorgenommenen Beurteilung über die Ähnlichkeit der von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 5 mit den von den älteren Marken erfassten Waren zu entscheiden, ist festzustellen, dass das Gericht zwar nach Art. 65 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 befugt ist, die Entscheidungen der Beschwerdekammern abzuändern, diese Möglichkeit jedoch grundsätzlich auf Situationen beschränkt ist, in denen die Rechtssache entscheidungsreif ist (Urteile des Gerichts GABEL, oben in Randnr. 15 angeführt, Randnr. 28, und vom 1. Juli 2009, Okalux/HABM – Messe Düsseldorf [OKATECH], T‑419/07, Slg. 2009, II‑2477, Randnr. 20).

24      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer weder die von der Klägerin zur Stützung ihrer Beschwerde in Bezug auf die Waren der Klasse 5 vorgebrachten Argumente geprüft, noch eine eigenständige und vollständige Prüfung der Streitigkeit in der Sache vorgenommen, was die Ähnlichkeit dieser Waren mit den von den älteren Marken erfassten Waren betrifft. Die Abänderung der angefochtenen Entscheidung würde somit bedeuten, dass das Gericht erstmals über die Begründetheit des Vorbringens entscheidet, über das die Beschwerdekammer nicht entschieden hat. Eine solche Beurteilung fällt jedoch nicht unter die Zuständigkeiten des Gerichts nach Art. 65 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 (Urteile GABEL, oben in Randnr. 15 angeführt, Randnr. 28, und OKATECH oben in Randnr. 23 angeführt, Randnr. 20).

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

25      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

26      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr umfassend, gemäß der Wahrnehmung der betreffenden Zeichen sowie Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnrn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

27      Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Frage stehenden Art von Waren abzustellen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, Slg. 2007, II‑449, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerin der Definition der maßgeblichen Verkehrskreise durch die Beschwerdekammer in Randnr. 29 der angefochtenen Entscheidung zustimmt, nach der es sich bei diesen um ein professionelles Publikum aus Zahnärzten und Zahntechnikern handelt. Die Verfahrensbeteiligten sind sich auch darüber einig, dass ein so definiertes maßgebliches Publikum aus beruflich im Gesundheitswesen Tätigen den betreffenden Waren eine erhöhte Aufmerksamkeit entgegenbringt. Zudem teilt die Klägerin den Standpunkt der Beschwerdekammer, wonach für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf das Gebiet der Europäischen Union abzustellen ist.

29      Da diese Feststellungen im Einklang mit der Verordnung Nr. 207/2009 in ihrer Auslegung durch die Rechtsprechung stehen, sind sie der Prüfung der Begründetheit der vorliegenden Klage zugrunde zu legen.

 Zum Warenvergleich

30      Die Klägerin rügt zunächst die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer in Bezug auf das Bestehen einer zumindest durchschnittlichen Ähnlichkeit zwischen den fraglichen Waren. Sie macht geltend, dass diese Waren nicht ähnlich seien, weil sie unterschiedliche Verbraucherkreise ansprächen. Die von der angemeldeten Marke erfassten Waren, d. h. „zahnärztliche Instrumente und Apparate“, richteten sich ausschließlich an Zahnärzte. Die von den älteren Marken erfassten Waren, also „Ofen zur Herstellung von Zahnersatz und -implantaten“, richteten sich dagegen ausschließlich an Zahntechniker. Außerdem seien die in Rede stehenden Waren entgegen der Feststellung der Beschwerdekammer nicht komplementär, weil sie nicht zusammen genutzt würden.

31      Insoweit ist zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betreffenden Waren oder Dienstleistungen alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen sind, die das Verhältnis kennzeichnen, in dem diese Waren und Dienstleistungen zueinander stehen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Bestimmung und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. Es können auch andere Faktoren wie beispielsweise die Vertriebswege der betreffenden Waren berücksichtigt werden (vgl. Urteil des Gerichts vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, Slg. 2007, II‑2579, Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Waren oder Dienstleistungen ergänzen einander, wenn zwischen ihnen ein enger Zusammenhang in dem Sinn besteht, dass die eine Ware oder Dienstleistung für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist, so dass die Verbraucher denken könnten, die Verantwortung für die Herstellung dieser Waren oder die Erbringung dieser Dienstleistungen liege bei demselben Unternehmen. Waren, die sich an verschiedene Verkehrskreise richten, können einander definitionsgemäß nicht ergänzen (vgl. Urteil des Gerichts vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, Slg. 2009, II‑43, Randnrn. 57 und 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die älteren Marken eine Kategorie besonderer Waren erfassen, nämlich „Ofen zur Herstellung von Zahnersatz und -implantaten“. Es ist unstreitig, dass diese Waren von Zahntechnikern bei ihrer speziellen Tätigkeit der Herstellung von Zahnersatz und ‑implantaten verwendet werden. Dagegen erfasst die angemeldete Marke „zahnärztliche Instrumente und Apparate“, d. h. eine Kategorie von in allgemeiner Weise beschriebenen und nach Maßgabe ihrer Funktion, nämlich der Benutzung für die Zahnbehandlung, definierten Waren.

34      Nichts deutet jedoch darauf hin, dass eine derart allgemeine Beschreibung wie die der von der angemeldeten Marke erfassten Waren ausschließlich von Zahnärzten verwendete Instrumente einschlösse, wie von der Klägerin vorgetragen, nicht aber Instrumente erfasste, die von Zahntechnikern verwendet werden. Soweit sie Tätigkeiten ausüben, die zur Zahnbehandlung gehören, verwenden nämlich sowohl Zahnärzte als auch Zahntechniker Arbeitsmittel, die in die von der angemeldeten Marke erfasste allgemeine Kategorie „zahnärztliche Instrumente und Apparate“ fallen können.

35      Hierzu ist festzustellen, dass es sich bei den für die Herstellung von Zahnersatz und ‑implantaten verwendeten Öfen, die von den älteren Marken erfasst sind, um Apparate für zahnärztliche Zwecke handelt, wie die Widerspruchsabteilung, der sich die Beschwerdekammer in ihrer Prüfung angeschlossen hat, zutreffend ausgeführt hat. Die von den älteren Marken geschützten Waren sind somit in der von der angemeldeten Marke erfassten sehr allgemeinen Warenkategorie enthalten.

36      Im Übrigen ist ebenfalls festzustellen, dass es sich bei den von Zahnärzten und von Zahntechnikern benutzten Hilfsmitteln zwar nicht notwendigerweise immer um die gleichen handelt, da die von den beiden Berufsgruppen ausgeübten Tätigkeiten einander ergänzen, aber unterschiedlich sind, jedoch können einige dieser Hilfsmittel identisch sein.

37      Bei der Herstellung von Zahnersatz müssen Zahntechniker nämlich zahnärztliche Instrumente und Apparate benutzen, die die gleichen sein können wie die von Zahnärzten benutzten. So werden beispielsweise bei der Herstellung von Zahnersatz Oberflächen von den Zahntechnikern mit Hilfe von Instrumenten wie Fräsen oder Schleifapparaten bearbeitet, die denen gleichen können, die der Zahnarzt direkt zur Behandlung der Zähne benutzt.

38      Da Zahntechniker bei der Herstellung von Zahnersatz sowohl von der angemeldeten Marke erfasste zahnärztliche Instrumente als auch die von den älteren Marken erfassten Öfen verwenden, kann die Klägerin somit nicht geltend machen, dass zwischen den fraglichen Waren kein Ergänzungsverhältnis bestehe.

39      Im Übrigen trifft es zwar zu, dass es sich, wie die Klägerin vorbringt, bei Zahnärzten und Zahntechnikern um unterschiedliche Berufsangehörige handelt, die voneinander verschiedene Tätigkeiten ausüben und normalerweise unterschiedliche Ausbildungen absolvieren, doch kann nicht abgestritten werden, dass sich diese Berufsangehörigen in einem engen Ergänzungsverhältnis befinden, da ihre Tätigkeiten eng miteinander verbunden sind. Bei einer Behandlung zur Implantation eines Zahnersatzes besteht nämlich eine notwendige Komplementarität zwischen den beiden Berufsangehörigen, da diese zusammenarbeiten müssen und die Arbeit des einen von der des anderen abhängig ist. Zudem setzt die Herstellung von Zahnersatz, der die von den älteren Marken erfassten Waren dienen, immer die Verschreibung durch einen Zahnarzt voraus, der im Übrigen aktiv an der Planung und Vorbereitung der Herstellung der Prothese beteiligt ist.

40      Ferner ist festzustellen, dass es nicht ungewöhnlich ist, dass ein Zahntechniker in einer Zahnarztpraxis im unmittelbaren täglichen Kontakt mit den Zahnärzten arbeitet. Darüber hinaus sind, wie das HABM zu Recht feststellt, größere Zahnkliniken, die zugleich Zahnärzte und Zahntechniker beschäftigen, oft so organisiert, dass die Bestellungen der Arbeitsmaterialien und ‑hilfsmittel sowohl der Zahnärzte als auch der Zahntechniker durch eine gemeinsame zentrale Einkaufsabteilung ausgeführt werden. Zudem ist, was die Vertriebskanäle betrifft, festzustellen, dass es auf dem Sektor der im Rahmen von Zahnbehandlungen benutzten Instrumente mehrere Unternehmen gibt, die Waren vermarkten, die sich sowohl an Zahnärzte als auch an Zahntechniker richten.

41      Im Licht all dieser Erwägungen ist unter Berücksichtigung aller Faktoren, die das Verhältnis kennzeichnen, in dem die von der angemeldeten Marke bzw. die von den älteren Marken erfassten Waren zueinander stehen, die Schlussfolgerung zu ziehen, dass die Beschwerdekammer ohne Fehler angenommen hat, dass zwischen diesen Waren eine zumindest durchschnittliche Ähnlichkeit besteht.

–        Zum Vergleich der Zeichen

42      Nach der Rechtsprechung sind zwei Marken einander ähnlich, wenn sie aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise hinsichtlich eines oder mehrerer relevanter Aspekte zumindest teilweise übereinstimmen (Urteil des Gerichts von 26. Januar 2006, Volkswagen/HABM – Nacional Motor [Variant], T‑317/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 46).

43      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Hinblick auf die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bezug auf Bild, Klang oder Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marken auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirken. Der Durchschnittsverbraucher nimmt dabei eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Im vorliegenden Fall sind die zu vergleichenden Zeichen die ältere Gemeinschaftsmarke und ältere nationale Marke CERGO auf der einen und die angemeldete Gemeinschaftsmarke ERGO auf der anderen Seite. Bei beiden einander gegenüberstehenden Zeichen handelt es sich also um aus einem einzelnen Wort bestehende Wortzeichen. Die älteren Marken bestehen aus einem Wort mit fünf Buchstaben, in dem die angemeldete Marke vollständig enthalten ist, die aus einem Wort mit vier Buchstaben besteht. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Zeichen ist der zusätzliche Buchstabe „C“ am Anfang des älteren Wortzeichens.

–       Zur bildlichen Ähnlichkeit

45      Die Klägerin tritt in Bezug auf die bildliche Ähnlichkeit der Schlussfolgerung der Beschwerdekammer entgegen, wonach zwischen den beiden Zeichen in bildlicher Hinsicht eine durchschnittliche Ähnlichkeit bestehe. Die einander gegenüberstehenden Zeichen wiesen nämlich deutlich wahrnehmbare Unterschiede auf. Die Klägerin macht zunächst geltend, die Beschwerdekammer habe den Umstand nicht gewürdigt, dass den Verbrauchern, da es sich bei den einander gegenüberstehenden Zeichen um kurze Wörter handele, die zwischen ihnen bestehenden Unterschiede wesentlich stärker auffielen.

46      Hierzu ist festzustellen, dass es zwar zutrifft, dass das Gericht in bestimmten Urteilen entschieden hat, dass ein Unterschied, der in nur einem Buchstaben besteht, der Feststellung eines hohen Grads an optischer Ähnlichkeit zwischen zwei verhältnismäßig kurzen Wortzeichen entgegenstehen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 22. Juni 2004, Ruiz-Picasso u. a./HABM – DaimlerChrysler [PICARO], T‑185/02, Slg. 2004, II‑1739, Randnr. 54, und vom 16. Januar 2008, Inter-Ikea/HABM – Waibel [idea], T‑112/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 54), jedoch bezog sich diese Beurteilung speziell auf die in jenen Urteilen in Rede stehenden Marken und ist keine Bestätigung einer allgemeinen Regel, die im vorliegenden Fall angewandt werden könnte (Urteil des Gerichts vom 13. September 2010, Inditex/HABM – Marín Díaz de Cerio [OFTEN], T‑292/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 79 und 80). Selbst bei der Beurteilung kurzer Wortzeichen kann nämlich die Übereinstimmung von drei von vier Buchstaben zu dem Ergebnis führen, dass der sich aus einem einzigen Buchstaben ergebende Unterschied optisch kaum ins Gewicht fällt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2006, Castell del Remei/HABM – Bodegas Roda [ODA], T‑13/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 52). So hat das Gericht die Auffassung vertreten, dass sich durch einen einzigen Buchstaben unterscheidende Wortzeichen sowohl optisch als auch klanglich als sehr ähnlich angesehen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 13. April 2005, Duarte y Beltrán/HABM – Mirato [INTEA], T‑353/02, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 27 und 28, und OFTEN, Randnr. 81).

47      Im vorliegenden Fall sind die einander gegenüberstehenden Zeichen zwar, wie die Klägerin geltend macht, beide kurz, da es sich um zwei Wörter handelt, die aus fünf bzw. vier Buchstaben bestehen, jedoch ist festzustellen, dass die angemeldete Marke vollständig in dem älteren Wortzeichen enthalten ist. Somit finden sich vier der fünf Buchstaben, die das ältere Wortzeichen bilden, in der angemeldeten Marke wieder und sind in genau derselben Reihenfolge angeordnet. Die beiden Zeichen unterscheiden sich nur durch den zusätzlichen Buchstaben „C“ am Anfang des älteren Wortzeichens. Unter diesen Umständen lässt sich nicht bestreiten, dass in dem von den Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck ein erheblicher Grad an bildlicher Ähnlichkeit zwischen ihnen besteht.

48      Die Klägerin trägt weiter vor, dass der Unterschied zwischen den fraglichen Zeichen den Verbrauchern besonders auffalle, da er sich am Anfang der Zeichen befinde, und dass dieser Unterschied noch dadurch verstärkt werde, dass sich die Anfangsbuchstaben der einander gegenüberstehenden Zeichen in ihrem Aussehen stark unterschieden. Hierzu ist zum einen festzustellen, dass aus Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, dass die Beschwerdekammer bei ihrer Beurteilung berücksichtigt hat, dass sich die Zeichen vorliegend an ihrem Anfang unterschieden, und dass sie eben aufgrund dieser Erwägung sowie aufgrund der unterschiedlichen Länge der Zeichen zu dem Ergebnis gelangt ist, dass eine nur durchschnittliche bildliche Ähnlichkeit zwischen den fraglichen Zeichen vorliege.

49      Zum anderen ist zu beachten, dass der Gesichtspunkt, dass dem Anfang eines Zeichens in dem von diesem hervorgerufenen Gesamteindruck besonderes Gewicht zukommt, nicht in allen Fällen gelten kann. Zudem kann er nicht den Grundsatz entkräften, dass die Prüfung der Ähnlichkeit der Marken den von ihnen hervorgerufenen Gesamteindruck berücksichtigen muss, da der Verbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. Urteil des Gerichts vom 16. Mai 2007, Trek Bicycle/HABM – Audi [ALLTREK], T‑158/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 70). Somit ist im vorliegenden Fall die Schlussfolgerung zu ziehen, dass der Unterschied im Anfangsbuchstaben der beiden Zeichen nicht so beschaffen ist, dass er die starke bildliche Ähnlichkeit kompensiert, die auf der Identität der anderen Buchstaben, aus denen die Marken zusammengesetzt sind, beruht.

50      Die Klägerin macht außerdem geltend, die Tatsache, dass das Wort „Ergo“ um 20 % kürzer sei als das Wort „Cergo“, verstärke die bildliche Unterschiedlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen. In dieser Hinsicht ist bereits in Randnr. 48 des vorliegenden Urteils festgestellt worden, dass die Beschwerdekammer diesen Gesichtspunkt in ihrer Beurteilung berücksichtigt hat und dadurch zu dem Ergebnis gelangt ist, dass zwischen den fraglichen Zeichen nur eine durchschnittliche bildliche Ähnlichkeit bestehe. Dieser Beurteilung ist zuzustimmen. Im vorliegenden Fall ist die unterschiedliche Länge der beiden Zeichen nämlich nicht geeignet, den Gesamteindruck der starken Ähnlichkeit der beiden in Rede stehenden Zeichen zu kompensieren.

51      Schließlich ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin auch der Umstand, dass die Verbraucher die angemeldete Marke in ihrer Wortbedeutung „folglich“ verstehen könnten, im vorliegenden Fall nicht geeignet, die in Rede stehenden Marken bildlich voneinander zu unterscheiden. Im Übrigen ist festzustellen, wie in den Randnrn. 58 und 59 des vorliegenden Urteils ausgeführt wird, dass es keinen Hinweis darauf gibt, dass die maßgeblichen Verbraucher, wie die Klägerin geltend macht, das Wort „Ergo“ „unstreitig“ in seiner Bedeutung als „folglich“ wahrnehmen werden.

52      Im Licht all dessen ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer ohne Fehler zu dem Ergebnis gelangt ist, dass zwischen den fraglichen Zeichen eine durchschnittliche bildliche Ähnlichkeit besteht.

–        Zur klanglichen Ähnlichkeit

53      Die Klägerin rügt auch die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, dass zwischen den fraglichen Zeichen in klanglicher Hinsicht eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit bestehe. Die Beschwerdekammer verkenne insbesondere die Bedeutung des unterschiedlichen Beginns der einander gegenüberstehenden Zeichen. Der Anfangsbuchstabe des älteren Zeichens, also der Buchstabe „C“, unterscheide sich unabhängig davon, wie er in den verschiedenen europäischen Sprachen ausgesprochen werde, stark von dem Laut des ersten Buchstabens „E“ der angemeldeten Marke.

54      Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich, wie die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat und die Klägerin selbst einräumt, die beiden Zeichen jeweils aus zwei Silben zusammensetzen, die im gleichen Rhythmus und mit der gleichen Betonung ausgesprochen werden und die gleiche Vokalfolge „e-o“ aufweisen. Somit ergibt sich der einzige klangliche Unterschied zwischen den in Rede stehenden Zeichen aus dem zusätzlichen Konsonanten am Beginn des älteren Wortzeichens.

55      Mit der Beschwerdekammer und entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist jedoch festzustellen, dass dieses Unterscheidungselement, auch wenn es sich am Beginn des älteren Wortzeichens befindet, nicht den Gesamteindruck der klanglichen Ähnlichkeit ausgleichen kann, der sich daraus ergibt, dass die Buchstabenfolge „ergo“ der angemeldeten Marke vollständig im älteren Wortzeichen enthalten ist.

56      Somit ist der Schluss zu ziehen, dass die Beschwerdekammer ohne Fehler angenommen hat, dass zwischen den fraglichen Zeichen eine überdurchschnittliche klangliche Ähnlichkeit bestehe.

–       Zur begrifflichen Ähnlichkeit

57      Die Klägerin tritt sodann der Schlussfolgerung der Beschwerdekammer entgegen, dass der begriffliche Vergleich der fraglichen Zeichen neutral ausfalle, weil die angemeldete Marke sich mit keinem konkreten Konzept assoziieren lasse. Das Wort „ergo“ habe keine andere Bedeutung als die des Verbindungsworts „folglich“. Die maßgeblichen Verbraucher erfassten somit unmittelbar seine Bedeutung, die ihm, da sie keinen Bezug zu den betreffenden Waren aufweise, eine besondere Originalität verleihe, so dass es von den Verbrauchern als überraschend empfunden werde und bei ihnen somit einen nachhaltigen Eindruck hinterlasse. Daher bestehe zwischen den in Rede stehenden Zeichen ein klarer begrifflicher Unterschied.

58      Hierzu ist zunächst festzustellen, dass zwischen den Verfahrensbeteiligten nicht streitig ist, dass das Wort „cergo“ in keiner europäischen Sprache eine Bedeutung hat, während es sich bei dem Wort „ergo“ um ein lateinisches Wort handelt, das „also“ oder „folglich“ bedeutet und das in bestimmten europäischen Sprachen auch in seiner ursprünglichen Bedeutung existiert. Allerdings ist das fragliche Wort, auch wenn es in bestimmten europäischen Sprachen existiert, kein in der gängigen Sprache verwendeter Begriff geworden. Es handelt sich vielmehr um einen abstrakten Begriff mit im Wesentlichen juristischer oder philosophischer Konnotation, der selten und hauptsächlich in der Schriftsprache verwendet wird.

59      Somit ist festzustellen, dass, auch wenn die maßgeblichen Verkehrskreise aus Berufsangehörigen mit einem gewissen Bildungsniveau bestehen, nichts darauf hindeutet, dass die maßgeblichen Verbraucher, bei denen nicht vorausgesetzt werden kann, dass sie notwendigerweise über vertiefte Kenntnisse des Lateinischen verfügen, in der Lage wären, die ursprüngliche lateinische Bedeutung dieses Wortes unmittelbar zu erfassen, wie die Klägerin geltend macht.

60      Unter diesen Umständen kann die Klägerin nicht geltend machen, dass die Beschwerdekammer einen Fehler begangen hat, als sie zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der begriffliche Vergleich der beiden in Rede stehenden Zeichen neutral ausfalle.

 Zur Verwechslungsgefahr

61      In Randnr. 29 der angefochtenen Entscheidung ist die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis gelangt, dass unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marken und der zumindest durchschnittlichen Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren die zwischen den fraglichen Zeichen bestehenden Unterschiede nicht ausreichend seien, um eine Verwechslungsgefahr seitens der maßgeblichen Verkehrskreise auszuschließen.

62      Im Licht aller vorstehenden Erwägungen ist diese Schlussfolgerung zu bestätigen. Das Vorbringen der Klägerin vermag sie nicht in Frage zu stellen.

63      Was erstens das Argument betrifft, dass die Waren verschieden seien, so ist dieses in den Randnrn. 30 bis 41 des vorliegenden Urteils zurückgewiesen worden, da festgestellt worden ist, dass zwischen den fraglichen Waren eine durchschnittliche Ähnlichkeit besteht.

64      Was zweitens das Argument betrifft, wonach eine Verwechslungsgefahr ausscheide, weil die von den älteren Marken angesprochenen Verbraucher keine mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Waren erwerben würden und umgekehrt, ist festzustellen, dass auch dieses Argument in den Randnrn. 30 bis 41 des vorliegenden Urteils zurückgewiesen worden ist, da festgestellt worden ist, dass die von der angemeldeten Marke erfassten Waren auch für Zahntechniker bestimmt sind.

65      Drittens ist das Argument, dass die begrifflichen Unterschiede zwischen den Zeichen die übrigen Ähnlichkeiten neutralisiere, im Licht der in den Randnrn. 57 bis 60 des vorliegenden Urteils dargelegten Erwägungen zurückzuweisen, in deren Rahmen ausgeschlossen worden ist, dass der Begriff „ergo“ eine Bedeutung besitzt, die von den maßgeblichen Verkehrskreisen unmittelbar erfasst werden kann.

66      Was schließlich den geltend gemachten Grundsatz der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der Waren betrifft, die nach Ansicht der Klägerin zu dem Ergebnis führen muss, dass die im vorliegenden Fall festgestellten Ähnlichkeiten nicht ausreichten, um bei den spezialisierten Verbrauchern zu einer Verwechslungsgefahr zu führen, ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer angesichts einer durchschnittlichen Ähnlichkeit zwischen den in einem Ergänzungsverhältnis stehenden Waren und einer durchschnittlichen bildlichen Ähnlichkeit sowie einer überdurchschnittlichen klanglichen Ähnlichkeit zwischen den Zeichen ohne Fehler zu der Schlussfolgerung gelangt ist, dass eine Verwechslungsgefahr nicht ausgeschlossen werden könne, selbst wenn die maßgeblichen Verkehrskreise aus Verbrauchern bestehen, die eine höhere Aufmerksamkeit aufbringen als der Durchschnittsverbraucher.

67      Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

 Kosten

68      Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Im vorliegenden Fall sind sowohl die Klägerin als auch das HABM und die Streithelferin mit ihrem Vorbringen teils unterlegen. Daher sind jedem Verfahrensbeteiligten seine eigenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 23. Juli 2009 (Sache R 44/2008‑4) wird aufgehoben, soweit die Beschwerdekammer es unterlassen hat, über die bei ihr eingelegte Beschwerde in Bezug auf die Waren der Klasse 5 zu entscheiden.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Die Ergo Versicherungsgruppe AG, die DeguDent GmbH und das HABM tragen jeweils die eigenen Kosten.

Azizi

Cremona

Frimodt Nielsen

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 9. September 2011.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.