Language of document : ECLI:EU:T:2012:100

BESCHLUSS DES GERICHTS (Siebte Kammer)

5. März 2012(*)

„Verfahren – Kostenfestsetzung“

In der Rechtssache T‑446/07 DEP

Royal Appliance International GmbH mit Sitz in Hilden (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte K.-J. Michaeli und M. Schork,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch S. Schäffner und B. Schmidt als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH mit Sitz in München (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt S. Biagosch,

wegen eines Antrags der BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH auf Kostenfestsetzung im Anschluss an das Urteil des Gerichts vom 15. September 2009, Royal Appliance International/HABM – BSH Bosch und Siemens Hausgeräte (Centrixx) (T‑446/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht),

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. Dittrich sowie der Richterinnen I. Wiszniewska-Białecka (Berichterstatterin) und M. Kancheva,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

 Sachverhalt, Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

1        Mit am 7. Dezember 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift beantragte die Klägerin, die Royal Appliance International GmbH, die Aufhebung der Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 3. Oktober 2007 (Sache R 572/2006‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH und der Klägerin.

2        Die Streithelferin, BSH Bosch und Siemens Hausgeräte, trat dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge des HABM bei und beantragte, die Klage abzuweisen und der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

3        Die Klage wurde mit Urteil des Gerichts vom 15. September 2009, Royal Appliance International/HABM – BSH Bosch und Siemens Hausgeräte (Centrixx) (T‑446/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), abgewiesen, und der Klägerin wurden gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts die Kosten auferlegt.

4        Mit Schreiben vom 14. September 2010 forderte die Streithelferin die Klägerin zur Zahlung der von ihr mit 6 357,73 Euro angesetzten Kosten auf. Mit Schreiben vom 29. September 2010 übermittelte sie der Klägerin die von ihr verlangten Belege.

5        Mit Schreiben vom 21. Oktober 2010 lehnte die Klägerin die Übernahme der Kosten ab.

6        Mit am 21. Januar 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Antragsschrift hat die Streithelferin nach Art. 92 der Verfahrensordnung einen Antrag auf Kostenfestsetzung gestellt und beantragt, den Betrag der von der Klägerin an sie zu zahlenden erstattungsfähigen Kosten auf 6 357,73 Euro festzusetzen.

7        Mit am 15. März 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

 Rechtliche Würdigung

 Vorbringen der Parteien

8        Die Streithelferin macht geltend, dass sich, wie sich aus der von ihrem Prozessbevollmächtigten erstellten Rechnung vom 8. Mai 2009 ergebe, der Gesamtbetrag der von ihr im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Gericht aufgewandten Kosten auf 6 357,73 Euro belaufe und sich aus folgenden Einzelpositionen zusammensetze. Erstens, aus einem Betrag von 5 150 Euro für das zwischen der Streithelferin und ihrem Prozessbevollmächtigten vereinbarte Honorar. Dieses Honorar sei nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) berechnet und ergebe sich aus der Anwendung der im RVG festgelegten Gebührensätze auf den Streitwert, den die Streithelferin mit 250 000 Euro ansetze. Zweitens, aus einem Betrag in Höhe von 142,50 Euro als Tages- und Abwesenheitsgeld für eine Abwesenheit von mehr als acht Stunden und eine Abwesenheit von vier bis acht Stunden, die der Anwalt der Streithelferin für seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2009 vor dem Gericht unter Zugrundelegung des RVG in Rechnung gestellt habe. Drittens, aus einem Betrag in Höhe von 200 Euro als Kosten der Stornierung eines Fluges aufgrund der Verschiebung des ursprünglich auf den 17. März 2009 anberaumten Termins für die mündliche Verhandlung. Viertens, aus einem Betrag in Höhe von 611,46 Euro, der den Kosten der Reise des Anwalts der Streithelferin von München nach Luxemburg zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2009 entspreche. Fünftens, aus einem Betrag in Höhe von 170 Euro, der den Kosten für eine Übernachtung in einem Hotel in Luxemburg entspreche. Sechstens, aus einem Betrag in Höhe von 51 Euro für Taxikosten in Luxemburg und, siebtens, aus einem Betrag in Höhe von 32,77 Euro, der den Parkgebühren für anderthalb Tage am Flughafen München entspreche.

9        Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Kostenfestsetzungsantrag in der von der Streithelferin verlangten Höhe unbegründet und weit überzogen sei. Sie bestreitet zum einen den als Grundlage für die Berechnung der Anwaltsgebühren angesetzten Streitwert und macht geltend, dass in Deutschland eine angemessene Streitwertfestsetzung bei einem ähnlichen Rechtsstreit zu einem Wert von nicht einmal 50 000 Euro führen würde. Zum anderen seien einige Kosten nicht erstattungsfähig, da es sich um keine für das Verfahren notwendigen Aufwendungen handele. So sei es nicht notwendig gewesen, dass sich der Anwalt der Streithelferin zwei Tage in Luxemburg aufgehalten habe, um an der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht teilzunehmen. Daher seien die Hotelkosten in Höhe von 170 Euro nicht erstattungsfähig, und die erstattungsfähigen Aufwendungen für Reisekosten, Tages- und Abwesenheitsgeld und Parkgebühren in München seien auf 189,45 Euro, 90 Euro und 14 Euro herabzusetzen. Die Klägerin bestreitet nicht die Aufwendungen für die Stornierung des Fluges und die Taxikosten in Luxemburg.

 Würdigung durch das Gericht

10      Streitigkeiten über die erstattungsfähigen Kosten entscheidet das Gericht nach Art. 92 § 1 der Verfahrensordnung auf Antrag einer Partei und nach Anhörung der Gegenpartei durch unanfechtbaren Beschluss.

11      Nach Art. 91 Buchst. b der Verfahrensordnung gelten „Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren notwendig waren, insbesondere Reise‑ und Aufenthaltskosten sowie die Vergütung der Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte“, als erstattungsfähige Kosten. Aus dieser Vorschrift ergibt sich, dass die erstattungsfähigen Kosten auf die Kosten beschränkt sind, die für das Verfahren vor dem Gericht aufgewendet worden sind und die dafür notwendig waren (vgl. Beschluss des Gerichts vom 28. Juni 2004, Airtours/Kommission, T‑342/99 DEP, Slg. 2004, I‑1785, Randnr. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung).

12      Nach ständiger Rechtsprechung hat das Gericht nicht die Vergütungen festzusetzen, die die Parteien ihren eigenen Anwälten schulden, sondern den Betrag zu bestimmen, bis zu dem die Erstattung dieser Vergütungen von der zur Tragung der Kosten verurteilten Partei verlangt werden kann. Es braucht bei der Entscheidung über einen Kostenfestsetzungsantrag weder eine nationale Gebührenordnung für Anwälte noch eine eventuelle Gebührenvereinbarung zwischen der betreffenden Partei und ihren Bevollmächtigten oder Beiständen zu berücksichtigen (vgl. Beschluss Airtours/Kommission, oben in Randnr. 11 angeführt, Randnr. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. auch in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 15. Dezember 2004, Alejandro/HABM – Anheuser Busch (BUDMEN), T‑129/01 DEP, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 7).

13      Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung hat das Gericht in Ermangelung einer gemeinschaftsrechtlichen Gebührenordnung die Gegebenheiten des Falles frei zu würdigen, wobei es den Gegenstand und die Art des Rechtsstreits, seine Bedeutung aus unionsrechtlicher Sicht sowie die Schwierigkeiten des Falles, den Arbeitsaufwand der tätig gewordenen Bevollmächtigten oder Beistände im Zusammenhang mit dem Verfahren und das wirtschaftliche Interesse der Beteiligten am Ausgang des Rechtsstreits berücksichtigt (vgl. Beschluss Airtours/Kommission, oben in Randnr. 11 angeführt, Randnr. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

14      Diese Gesichtspunkte bilden den Hintergrund, vor dem zu beurteilen ist, in welcher Höhe die Kosten im vorliegenden Fall erstattungsfähig sind.

15      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass das Hauptverfahren im Hinblick auf seinen Gegenstand und seine Art keinen besonderen Grad an Komplexität aufwies. Dieses Verfahren betraf den von der Streithelferin erhobenen Widerspruch gegen die Eintragung der von der Klägerin angemeldeten Gemeinschaftsmarke, wobei als einziger Widerspruchsgrund die Verwechslungsgefahr nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke(ABl. 1994, L  11, S. 1) (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) geltend gemacht wurde. Das Hauptverfahren, das weder eine neue Rechtsfrage noch eine komplexe Tatsachenfrage betraf und keine komplizierte Prüfung erforderte, kann nicht als besonders schwierig angesehen werden. Außerdem hatte dieses Verfahren keine besondere Bedeutung aus unionsrechtlicher Sicht.

16      Zweitens ist festzustellen, dass die Streithelferin zwar offensichtlich ein gewisses wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Hauptverfahrens hatte, doch kann, da die Streithelferin insoweit keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen hat, nicht davon ausgegangen werden, dass dieses wirtschaftliche Interesse ungewöhnlich wäre oder sich von dem wirtschaftlichen Interesse, das jedem Widerspruch gegen die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke zugrunde liegt, signifikant unterscheiden würde.

17      Drittens ist in Bezug auf den Arbeitsaufwand des für die Streithelferin tätig gewordenen Prozessbevollmächtigten im Zusammenhang mit dem Hauptverfahren zu beachten, dass der Unionsrichter die Arbeit zu berücksichtigen hat, die für das gerichtliche Verfahren in seiner Gesamtheit objektiv notwendig war. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter den Wert der geleisteten Arbeit nur nach Maßgabe der Genauigkeit der mitgeteilten Daten beurteilen kann (vgl. Beschluss Airtours/Kommission, oben in Randnr. 11 angeführt, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

18      Im vorliegenden Fall ist, was den von der Streithelferin als Anwaltshonorar verlangten Betrag von 5 150 Euro angeht, zum einen nach der in Randnr. 12 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung die auf die Bestimmungen des RVG gestützte Begründung für die Berechnung des Honorars zurückzuweisen.

19      Zum anderen ist festzustellen, dass sich die tatsächliche Beteiligung des Anwalts der Streithelferin am Hauptverfahren in seiner Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2009 vor dem Gericht und in der Erstellung dreier Schriftsätze – einer Klagebeantwortung, einer Stellungnahme zum Antrag der Klägerin auf Aussetzung des Verfahrens und eines Schreibens zur Wahl der Verfahrenssprache – geäußert hat.





20      Daher ist, auch wenn in der von der Streithelferin ihrem Kostenfestsetzungsantrag beigefügten Rechnung ihres Anwalts vom 8. Mai 2009 für seine Teilnahme am Gerichtsverfahren nicht der Stundensatz angegeben ist, den der Anwalt der Streithelferin angewandt hat, und auch nicht die Arbeitszeit, die der Anwalt für jeden Schriftsatz und für alles, was er unternommen hat, aufgewandt hat, davon auszugehen, dass der als Anwaltshonorar verlangte Betrag von 5 150 Euro nicht überzogen erscheint. Es ist daher anzunehmen, dass es sich bei diesem gesamten Betrag um erstattungsfähige Kosten im Sinne von Art. 91 Buchst. b der Verfahrensordnung handelt.

21      Hinsichtlich der übrigen Aufwendungen, deren Erstattung die Streithelferin verlangt, ist zum einen festzustellen, dass die Klägerin einen Teil dieser Aufwendungen – die Reiskosten für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2009 (611,46 Euro), die Hotelkosten (170 Euro), die Parkgebühren in München (32,77 Euro) und das Tage- und Abwesenheitsgeld (142,50 Euro) – in Frage stellt. In Anbetracht der Flugpläne für Flüge von Luxemburg nach München und der Tatsache, dass die mündliche Verhandlung in der Rechtssache vor dem Gericht auf den Nachmittag anberaumt war, war es gerechtfertigt, einen zweitägigen Aufenthalt in Luxemburg vorzusehen. Infolgedessen sind die genannten Kosten für Reise, Hotel und Parken, die durch dem vorliegenden Kostenfestsetzungsantrag beigefügte Kopien der Rechnungen ordnungsgemäß belegt sind, als erstattungsfähige Kosten im Sinne von Art. 91 Buchst. b der Verfahrensordnung anzusehen. Bei dem verlangten Tage- und Abwesenheitsgeld, das ungefähr anderthalb Tagen entspricht, handelt es sich um für das Verfahren notwendige Aufenthaltskosten. Da die Höhe dieses Tage- und Abwesenheitsgelds nicht überzogen erscheint, ist davon auszugehen, dass es sich ebenfalls um erstattungsfähige Kosten im Sinne der genannten Vorschrift handelt, auch wenn die Höhe durch kein Dokument belegt ist.

22      Zum anderen hat die Klägerin die Kosten der Stornierung eines Fluges aufgrund der Verschiebung des ursprünglich auf den 17. März 2009 anberaumten Termins für die mündliche Verhandlung (200 Euro) und die Taxikosten (51 Euro) nicht in Frage gestellt; da diese Kosten durch dem vorliegenden Kostenfestsetzungsantrag beigefügte Kopien ordnungsgemäß belegt sind, sind auch sie als erstattungsfähige Kosten im Sinne von Art. 91 Buchst. b der Verfahrensordnung anzusehen.

23      Nach alledem erscheint es angemessen, den Gesamtbetrag der Kosten, die der Streithelferin für das Verfahren vor dem Gericht zu erstatten sind, auf 6 357,73 Euro festzusetzen, wobei dieser Betrag alle Umstände der Rechtssache bis zum Zeitpunkt des Erlasses des vorliegenden Beschlusses berücksichtigt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

beschlossen:

Der Gesamtbetrag der Kosten, die die Royal Appliance International GmbH der BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH zu erstatten hat, wird auf 6 357,73 Euro festgesetzt.

Luxemburg, den 5. März 2012

Der Kanzler

 

       Der Präsident

E. Coulon

 

       A. Dittrich


* Verfahrenssprache: Deutsch.