Language of document : ECLI:EU:T:2012:518

Rechtssache T‑584/10

Mustafa Yilmaz

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftsbildmarke TEQUILA MATADOR HECHO EN MEXICO – Ältere nationale und internationale Wortmarken MATADOR – Relatives Eintragungshindernis – Keine Verwechslungsgefahr – Keine Ähnlichkeit der Waren – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

Leitsätze – Urteil des Gerichts (Zweite Kammer) vom 3. Oktober 2012

1.      Gemeinschaftsmarke – Eintragungsverfahren – Zurücknahme, Einschränkung und Änderung der Anmeldung – Antrag auf Einschränkung des Verzeichnisses der Waren oder Dienstleistungen – Umstände

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 43 Abs. 1; Verordnung Nr. 2868/95 der Kommission, Art. 1 Regel 13)

2.      Gemeinschaftsmarke – Beschwerdeverfahren – Klage beim Unionsrichter – Befugnisse des Gerichts – Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern erlassenen Entscheidungen – Keine Berücksichtigung von rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, die nicht zuvor bei den Stellen des HABM vorgebracht worden sind

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 65)

3.      Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Relative Eintragungshindernisse – Widerspruch des Inhabers einer für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragenen identischen oder ähnlichen älteren Marke – Ähnlichkeit der betreffenden Waren oder Dienstleistungen – Beurteilungskriterien

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 8 Abs. 1 Buchst. b)

4.      Gemeinschaftsmarke – Entscheidungen des Amtes – Grundsatz der Gleichbehandlung – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Vorherige Entscheidungspraxis des Amtes

5.      Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Relative Eintragungshindernisse – Widerspruch des Inhabers einer für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragenen identischen oder ähnlichen älteren Marke – Gefahr der Verwechslung mit der älteren Marke – Bildmarke TEQUILA MATADOR HECHO EN MEXICO – Nationale und internationale Wortmarken MATADOR

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 8 Abs. 1 Buchst. b)

6.      Gemeinschaftsmarke – Entscheidungen des Amtes – Rechtmäßigkeit – Vorherige Entscheidungspraxis des Amtes – Diskriminierungsverbot – Unbeachtlich

1.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Randnr. 19)

2.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Randnr. 33)

3.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Randnr. 43)

4.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Randnrn. 59, 60)

5.      Für den europäischen Durchschnittsverbraucher besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke zwischen der Bildmarke TEQUILA MATADOR HECHO EN MEXICO, die als Gemeinschaftsmarke für „Tequila aus Mexiko, alkoholische Cocktails mit Tequila aus Mexiko, Tequilaliköre aus Mexiko“ der Klasse 33 des Nizzaer Abkommens angemeldet wurde, und der Wortmarke MATADOR, die vorher in Deutschland und dann als internationale Marke mit Schutzwirkung für zahlreiche europäische Länder für „Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wasser und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“ der Klasse 32 des Nizzaer Abkommens angemeldet worden war.

Im Hinblick auf sämtliche relevanten Faktoren, die für das Verhältnis zwischen den Waren untereinander maßgeblich sind – wie sie in den Randnrn. 63 bis 69 des Urteils des Gerichts vom 18. Juni 2008, Coca-Cola/HABM – San Polo [MEZZOPANE], T‑175/06, Slg. 2008, II‑1055 geprüft wurden –, sind Bier und Wein nicht als ähnlich im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 anzusehen.

Die Unterschiede zwischen den im vorliegenden Fall zu vergleichenden Waren sind hinsichtlich aller für ihr Verhältnis maßgeblichen Faktoren erheblicher und größer als die vom Gericht in der genannten Rechtssache hervorgehobenen Unterschiede zwischen Bier und Wein, so dass sie es noch unwahrscheinlicher erscheinen lassen, dass das maßgebliche Publikum glauben könnte, dass ein und dasselbe Unternehmen gleichzeitig beide Arten von Getränken herstellt.

Insbesondere gehören die im vorliegenden Fall zu vergleichenden Waren zwar zu derselben allgemeinen Gruppe von Getränken, nämlich der der alkoholischen Getränke, doch unterscheiden sie sich u. a. durch ihre Basiszutaten, die Art und Weise ihrer Herstellung sowie nach Farbe, Bouquet und Geschmack, so dass sie vom maßgeblichen Verbraucher als verschiedenartig wahrgenommen werden. Diese Waren liegen in den Getränkeabteilungen von Supermärkten oder anderen Verkaufsstellen gewöhnlich nicht in denselben Regalen aus. Hinsichtlich ihrer Verwendung besteht ein erheblicher Unterschied darin, dass Bier durststillend wirkt, was bei den mit der Anmeldemarke beanspruchten alkoholischen Getränken gewöhnlich nicht der Fall ist. Diese Erzeugnisse können zwar an denselben Orten und unter denselben Umständen getrunken werden und zur Befriedigung desselben Bedürfnisses dienen, z. B. dem Genuss eines Getränks zu einer Mahlzeit oder als Aperitif, doch gehören sie nicht zur selben Familie alkoholischer Getränke und werden vom maßgeblichen Verbraucher als verschiedene Produkte wahrgenommen, wie das Gericht in Bezug auf Bier und Wein in Randnr. 66 des Urteils MEZZOPANE hervorgehoben hat.

Dass es alkoholische Cocktails gibt, in denen Bier mit anderen Alkoholsorten, insbesondere Tequila, gemischt wird, räumt die Unterschiede zwischen den genannten Waren nicht aus, da dieser Umstand für viele Getränke zutrifft, die einander gleichwohl nicht ähnlich sind.

Dieser Umstand führt aus den in Randnr. 67 des Urteils MEZZOPANE dargelegten Gründen auch nicht dazu, dass die fraglichen Waren als einander ergänzend anzusehen wären. Einander ergänzende Waren sind nämlich solche, zwischen denen ein enger Zusammenhang in dem Sinne besteht, dass die eine Ware für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist. Im vorliegenden Fall sind die mit der Anmeldemarke beanspruchten alkoholhaltigen Getränke weder unentbehrlich noch wichtig für die Verwendung von Bier und umgekehrt. Im Übrigen findet sich in den Akten nichts, was darauf schließen lassen könnte, dass der Käufer eines dieser Produkte besonders dazu Anlass haben könnte, auch das andere zu kaufen.

Bei den in Rede stehenden Waren ist das Konkurrenzverhältnis deutlich weniger ausgeprägt als das in Randnr. 68 des Urteils MEZZOPANE für Bier und Wein festgestellte. Die Feststellung des Gerichts in Randnr. 68 des Urteils MEZZOPANE, dass zwischen Wein und Bier ein gewisses Konkurrenzverhältnis besteht, ist nämlich darauf gestützt, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs in anderen Bereichen als dem der Gemeinschaftsmarke Wein und Bier in gewisser Weise gleichen Bedürfnissen dienen können, so dass man von einem gewissen Grad der Substitution ausgehen muss. Der Gerichtshof hat jedoch, wie vom Gericht ebenfalls hervorgehoben, ausgeführt, dass in Anbetracht der großen Qualitäts- und dementsprechend Preisunterschiede zwischen Weinen zur Ermittlung des Wettbewerbsverhältnisses zwischen Bier, einem volkstümlichen und in großem Umfang konsumierten Getränk, und Wein entscheidend auf die dem allgemeinen Publikum am ehesten zugänglichen Weine abzustellen ist, bei denen es sich im Regelfall um die leichtesten und billigsten Weine handelt. Die mit der Anmeldemarke beanspruchten alkoholhaltigen Getränke sind jedoch im Allgemeinen deutlich weniger leicht und spürbar teurer als „die dem allgemeinen Publikum am ehesten zugänglichen Weine“, so dass sich die Beurteilung des Gerichtshofs nicht auf den vorliegenden Fall übertragen lässt.

(vgl. Randnrn. 49, 51, 54-57)

6.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Randnrn. 61, 62)