Language of document : ECLI:EU:C:2018:926

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

20. November 2018(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer – Arbeitszeitgestaltung – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 31 – Richtlinie 2003/88/EG – Anwendungsbereich – Abweichung – Art. 1 Abs. 3 – Richtlinie 89/391/EWG – Art. 2 Abs. 2 – Tätigkeit von Pflegeeltern“

In der Rechtssache C‑147/17

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Curtea de Apel Constanţa (Berufungsgericht Constanţa, Rumänien) mit Entscheidung vom 8. Februar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 23. März 2017, in dem Verfahren

Sindicatul Familia Constanţa,

Ustinia Cvas u. a.

gegen

Direcţia Generală de Asistenţă Socială şi Protecţia Copilului Constanţa

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot, A. Arabadjiev und T. von Danwitz, der Kammerpräsidentin C. Toader, des Kammerpräsidenten C. Lycourgos (Berichterstatter) sowie der Richter M. Ilešič, E. Levits, L. Bay Larsen, M. Safjan, C. G. Fernlund, C. Vajda und S. Rodin,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der rumänischen Regierung, vertreten zunächst durch R. H. Radu, dann durch C.‑R. Canţăr, O. C. Ichim und L. Liţu als Bevollmächtigte,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und T. Henze als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch M. van Beek, C. Hödlmayr und A. Biolan als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Juni 2018

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl. 1989, L 183, S. 1) sowie von Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Nr. 1 und der Art. 5, 7 und 17 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. 2003, L 299, S. 9).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Sindicatul Familia Constanța (Gewerkschaft für Familiendienstleistungen von Constanța, Rumänien), einer Gewerkschaft, und Pflegeeltern auf der einen Seite und der Direcția Generală de Asistență Socială și Protecția Copilului Constanța (Generaldirektion für soziale Unterstützung und den Schutz des Kindes, Constanța, im Folgenden: Generaldirektion) auf der anderen Seite wegen einer Klage der Pflegeeltern auf Zahlung von zusätzlichen Gehaltsforderungen in Höhe von 100 % des Grundgehalts für die während wöchentlicher Ruhezeiten, des gesetzlichen Erholungsurlaubs und anderen arbeitsfreien Tagen ausgeübten Tätigkeiten sowie auf Zahlung einer Entschädigung, die der Entschädigung im Zusammenhang mit dem bezahlten Jahresurlaub in den Jahren 2012 bis 2015 entspricht.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Richtlinie 89/391

3        Art. 2 der Richtlinie 89/391 lautet:

„(1)      Diese Richtlinie findet Anwendung auf alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche (gewerbliche, landwirtschaftliche, kaufmännische, verwaltungsmäßige sowie dienstleistungs- oder ausbildungsbezogene, kulturelle und Freizeittätigkeiten usw.).

(2)      Diese Richtlinie findet keine Anwendung, soweit dem Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, z. B. bei den Streitkräften oder der Polizei, oder bestimmter spezifischer Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten zwingend entgegenstehen.

In diesen Fällen ist dafür Sorge zu tragen, dass unter Berücksichtigung der Ziele dieser Richtlinie eine größtmögliche Sicherheit und ein größtmöglicher Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer gewährleistet ist.“

 Richtlinie 2003/88

4        In den Erwägungsgründen 1, 2, 4 und 5 der Richtlinie 2003/88 heißt es:

„(1)      Die Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, die Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung im Hinblick auf tägliche Ruhezeiten, Ruhepausen, wöchentliche Ruhezeiten, wöchentliche Höchstarbeitszeit, Jahresurlaub sowie Aspekte der Nacht- und der Schichtarbeit und des Arbeitsrhythmus enthält, ist in wesentlichen Punkten geändert worden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Klarheit empfiehlt es sich deshalb, die genannten Bestimmungen zu kodifizieren.

(2)      Nach Artikel 137 des Vertrags unterstützt und ergänzt die Gemeinschaft die Tätigkeit der Mitgliedstaaten, um die Arbeitsumwelt zum Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer zu verbessern. …

(4)      Die Verbesserung von Sicherheit, Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeit stellen Zielsetzungen dar, die keinen rein wirtschaftlichen Überlegungen untergeordnet werden dürfen.

(5)      Alle Arbeitnehmer sollten angemessene Ruhezeiten erhalten. Der Begriff ‚Ruhezeit‘ muss in Zeiteinheiten ausgedrückt werden, d. h. in Tagen, Stunden und/oder Teilen davon. Arbeitnehmern in der Gemeinschaft müssen Mindestruhezeiten – je Tag, Woche und Jahr – sowie angemessene Ruhepausen zugestanden werden. In diesem Zusammenhang muss auch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit festgelegt werden.“

5        Art. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1)      Diese Richtlinie enthält Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung.

(2)      Gegenstand dieser Richtlinie sind

a)      die täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten, der Mindestjahresurlaub, die Ruhepausen und die wöchentliche Höchstarbeitszeit sowie

b)      bestimmte Aspekte der Nacht- und der Schichtarbeit sowie des Arbeitsrhythmus.

(3)      Diese Richtlinie gilt unbeschadet ihrer Artikel 14, 17, 18 und 19 für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 89/391/EWG.

…“

6        Art. 2 der Richtlinie 2003/88 sieht vor:

„Im Sinne dieser Richtlinie sind:

1.      Arbeitszeit: jede Zeitspanne, während der ein Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt;

…“

7        Art. 5 („Wöchentliche Ruhezeit“) der Richtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jedem Arbeitnehmer pro Siebentageszeitraum eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden zuzüglich der täglichen Ruhezeit von elf Stunden gemäß Artikel 3 gewährt wird.

Wenn objektive, technische oder arbeitsorganisatorische Umstände dies rechtfertigen, kann eine Mindestruhezeit von 24 Stunden gewählt werden.“

8        Art. 7 der Richtlinie 2003/88, der den Jahresurlaub betrifft, bestimmt:

„(1)      Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind.

(2)      Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.“

9        In Art. 17 dieser Richtlinie heißt es:

„(1)      Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer können die Mitgliedstaaten von den Artikeln 3 bis 6, 8 und 16 abweichen, wenn die Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen und/oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann, und zwar insbesondere in Bezug auf nachstehende Arbeitnehmer:

a)      leitende Angestellte oder sonstige Personen mit selbstständiger Entscheidungsbefugnis;

b)      Arbeitskräfte, die Familienangehörige sind;

c)      Arbeitnehmer, die im liturgischen Bereich von Kirchen oder Religionsgemeinschaften beschäftigt sind.

(3)      Gemäß Absatz 2 dieses Artikels sind Abweichungen von den Artikeln 3, 4, 5, 8 und 16 zulässig:

b)      für den Wach- und Schließdienst sowie die Dienstbereitschaft, die durch die Notwendigkeit gekennzeichnet sind, den Schutz von Sachen und Personen zu gewährleisten, und zwar insbesondere in Bezug auf Wachpersonal oder Hausmeister oder Wach- und Schließunternehmen;

c)      bei Tätigkeiten, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Kontinuität des Dienstes oder der Produktion gewährleistet sein muss, und zwar insbesondere bei

i)      Aufnahme-, Behandlungs- und/oder Pflegediensten von Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen, einschließlich der Tätigkeiten von Ärzten in der Ausbildung, Heimen sowie Gefängnissen,

ii)      Hafen- und Flughafenpersonal,

iii)      Presse-, Rundfunk-, Fernsehdiensten oder kinematografischer Produktion, Post oder Telekommunikation, Ambulanz-, Feuerwehr- oder Katastrophenschutzdiensten,

iv)      Gas-, Wasser- oder Stromversorgungsbetrieben, Hausmüllabfuhr oder Verbrennungsanlagen,

v)      Industriezweigen, in denen der Arbeitsprozess aus technischen Gründen nicht unterbrochen werden kann,

vi)      Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten,

vii)      landwirtschaftlichen Tätigkeiten,

viii)      Arbeitnehmern, die im regelmäßigen innerstädtischen Personenverkehr beschäftigt sind;

(4)      Gemäß Absatz 2 dieses Artikels sind Abweichungen von den Artikeln 3 und 5 zulässig:

b)      bei Tätigkeiten, bei denen die Arbeitszeiten über den Tag verteilt sind, insbesondere im Fall von Reinigungspersonal.

…“

 Rumänisches Recht

10      Art. 4 des Legea nr. 272/2004 privind protecția si promovarea drepturilor copilului (Gesetz Nr. 272/2004 über den Schutz und die Förderung der Rechte des Kindes) bestimmt:

„Im Sinne dieses Gesetzes haben die nachfolgenden Begriffe und Ausdrücke die folgende Bedeutung: …

d)      Pflegefamilie: nicht dem erweiterten Familienkreis angehörende Personen – einschließlich verschwägerter Personen bis zum IV. Grad – und Pflegeeltern, die die Erziehung und Pflege des Kindes gemäß den gesetzlichen Vorschriften gewährleisten.“

11      Art. 116 dieses Gesetzes sieht vor:

„(1)      Die auf den Schutz des Kindes spezialisierte Behörde, die den Kreisräten bzw. den Ortsräten der Sektoren des Munizipiums Bukarest [Rumänien] untersteht, sowie die Behörde für soziale Unterstützung auf Ebene der Kreise sowie der Sektoren des Munizipiums Bukarest werden zur Generaldirektion für soziale Unterstützung und den Schutz des Kindes umorganisiert.

(2)      Die Generaldirektion für soziale Unterstützung und den Schutz des Kindes ist eine öffentliche Einrichtung mit Rechtspersönlichkeit, die dem Kreisrat bzw. den Ortsräten der Sektoren des Munizipiums Bukarest untersteht und die Aufgaben der Behörde für soziale Unterstützung auf Kreisebene und die Aufgaben der Behörde für soziale Unterstützung auf der Ebene der Sektoren des Munizipiums Bukarest entsprechend wahrnimmt.

(3)      Die Einrichtung nach Abs. 2 nimmt im Bereich des Schutzes der Rechte des Kindes die im vorliegenden Gesetz und in anderen geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Aufgaben wahr.

…“

12      In Art. 117 dieses Gesetzes heißt es:

„Die Generaldirektion für soziale Unterstützung und den Schutz des Kindes ist im Bereich des Schutzes und der Förderung der Rechte des Kindes für die folgenden Hauptaufgaben zuständig:

a)      Sie koordiniert die Tätigkeiten der sozialen Unterstützung und des Schutzes der Familie und der Rechte des Kindes auf Kreisebene bzw. auf der Ebene der Sektoren des Munizipium Bukarest;

…“

13      Art. 121 des Gesetzes Nr. 272/2004 lautet:

„Dienstleistungen im Bereich Familie sind Dienstleistungen, mit denen am Wohnsitz einer natürlichen Person oder einer Familie die Erziehung und die Pflege des vorübergehend oder endgültig von seinen Eltern getrennten Kindes nach Anordnung der Maßnahme der Unterbringung gemäß dem vorliegenden Gesetz gewährleistet wird.“

14      Art. 122 dieses Gesetzes sieht vor:

„(1)      Die Unterbringung des Kindes kann bei Familien und Personen erfolgen, die mindestens 18 Jahre alt sind, voll geschäftsfähig sind, ihren Wohnsitz in Rumänien haben und den sittlichen Anforderungen genügen sowie die materiellen Voraussetzungen bieten, die für die Erziehung und die Pflege des vorübergehend oder endgültig von seinen Eltern getrennten Kindes erforderlich sind.

(3)      Die gesetzlich als Pflegeeltern anerkannte Personen üben ihre Tätigkeit auf der Grundlage eines speziellen Vertrags betreffend den Schutz des Kindes aus, der mit der Generaldirektion für soziale Unterstützung und den Schutz des Kindes oder einer anerkannten privaten Einrichtung geschlossen wird und folgende Bestimmungen aufweist:

a)      Die Erziehung, Pflege und Förderung der Pflegekinder erfolgt am Wohnsitz.

b)      Das Arbeitsprogramm richtet sich nach dem Bedürfnis der Kinder.

c)      Die Freizeit wird entsprechend dem Programm der Familie und dem der Pflegekinder geplant.

d)      Während des gesetzlichen Erholungsurlaubs wird die Kontinuität der ausgeübten Tätigkeit gewährleistet, es sei denn, die Generaldirektion gestattet die Trennung vom Pflegekind während dieses Zeitraums.

(4)      Der Individualarbeitsvertrag wird zu dem Zeitpunkt geschlossen, zu dem der Direktor die Anordnung der Unterbringung als Dringlichkeitsmaßnahme verfügt oder zu dem der Beschluss der Kommission zum Schutz des Kindes bzw. der Beschluss des Gerichts über die Anordnung der Maßnahme der Unterbringung ergeht.

…“

15      Der Hotărârea Guvernului nr. 679/2003 (Regierungserlass Nr. 679/2003) betrifft die Voraussetzungen für die Anerkennung, das Verfahren zur Anerkennung und den Status von Pflegeeltern.

16      Art. 1 dieses Erlasses lautet:

„Professionelle Pflegeeltern sind natürliche Personen, die gemäß dem vorliegenden Erlass zugelassen worden sind und durch die von ihnen an ihrem Wohnsitz ausgeübte Tätigkeit die Erziehung, Pflege und Förderung gewährleisten, die für eine harmonische Entwicklung der Kinder erforderlich ist, die bei ihnen untergebracht sind bzw. für die sie das Sorgerecht haben.“

17      Art. 8 des Erlasses bestimmt:

„(1)      Personen, die als professionelle Pflegeeltern anerkannt sind, üben ihre Tätigkeit auf der Grundlage eines speziellen, spezifisch den Schutz des Kindes betreffenden Individualarbeitsvertrags aus, der mit einer auf den Schutz des Kindes spezialisierten Behörde oder einer ermächtigten privaten Einrichtung geschlossen wird, die zur Überwachung und Unterstützung der von professionellen Pflegeeltern ausgeübten Tätigkeit verpflichtet ist.

(2)      Der Individualarbeitsvertrag wird für die Dauer der Gültigkeit der Anerkennung geschlossen.

(3)      Die Durchführung des Individualarbeitsvertrags beginnt zum Zeitpunkt des Erhalts des Beschlusses über die Unterbringung oder über die Übertragung des Sorgerechts an die professionellen Pflegeeltern.

…“

18      Art. 9 dieses Erlasses sieht vor:

„(1)      Für jedes Kind, das sie aufgenommen haben bzw. für das ihnen das Sorgerecht übertragen worden ist, schließen die professionellen Pflegeeltern eine Vereinbarung, die einen Anhang zu dem mit dem Arbeitgeber geschlossenen Individualarbeitsvertrag bildet.

(2)      Die Vereinbarung wird mit dem schriftlichen Einverständnis des Ehemannes bzw. der Ehefrau des professionellen Pflegeelternteils geschlossen und der Kommission zum Schutz des Kindes übermittelt, die die Unterbringung des Kindes oder die Übertragung des Sorgerechts für das Kind angeordnet hat.

(3)      Die Vereinbarung umfasst folgende Bestandteile:

g)      spezifische Rechte und Pflichten der Parteien.“

19      In Art. 10 des Regierungserlasses Nr. 679/2003 heißt es:

„(1)      Die professionellen Pflegeeltern haben folgende Pflichten bezüglich der Kinder, die sie aufgenommen haben bzw. für die ihnen das Sorgerecht übertragen worden ist:

a)      Sie gewährleisten die Erziehung, Pflege und Förderung der Kinder, um deren harmonische körperliche, psychische, intellektuelle und emotionale Entwicklung sicherzustellen.

b)      Sie gewährleisten die Eingliederung der Kinder in die eigene Familie, indem sie sie ebenso behandeln wie die anderen Familienmitglieder.

c)      Sie gewährleisten die Eingliederung der Kinder in das soziale Leben.

d)      Sie tragen zur Vorbereitung der Wiedereingliederung der Kinder in ihre natürliche Familie oder gegebenenfalls ihrer Eingliederung in eine Adoptivfamilie bei.

e)      Sie ermöglichen den Fachleuten der auf den Schutz der Kinder spezialisierten Behörde bzw. der ermächtigten privaten Einrichtung die Überwachung ihrer Berufstätigkeit und die Beurteilung der Entwicklung der Kinder.

f)      Sie gewährleisten die Kontinuität der ausgeübten Tätigkeit auch im Zeitraum der Wahrnehmung des gesetzlichen Erholungsurlaubs, es sei denn, die Trennung des Kindes, das sie aufgenommen haben bzw. für das ihnen das Sorgerecht übertragen worden ist, während dieses Zeitraums ist vom Arbeitgeber genehmigt worden.

(2)      Die professionellen Pflegeeltern sind verpflichtet, der auf den Schutz der Kinder spezialisierten Behörde bzw. der ihre Tätigkeit überwachenden privaten Einrichtung jede Veränderung ihrer persönlichen, familiären oder sozialen Situation, die ihre Berufstätigkeit beeinflussen kann, unverzüglich anzuzeigen.

…“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

20      Die Kläger und Berufungskläger des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Kläger des Ausgangsverfahrens) sind natürliche Personen, die als Pflegeeltern bei der Generaldirektion, einer öffentlichen Einrichtung zur Koordinierung der Tätigkeiten der sozialen Unterstützung und des Schutzes der Familie und der Rechte des Kindes auf Kreisebene bzw. auf der Ebene der Sektoren des Munizipiums Bukarest, angestellt sind. Sie betreuen an ihrem Wohnsitz Kinder, deren Eltern vorübergehend oder endgültig das Sorgerecht entzogen wurde und kümmern sich um Erziehung und Unterhalt des betreffenden Kindes. Jede Pflegemutter oder Pflegevater hat mit der Generaldirektion einen Individualarbeitsvertrag sowie eine Unterbringungsvereinbarung für jedes Kind, für das sie bzw. er das Sorgerecht hat, geschlossen.

21      Diese Pflegeeltern und das sie vertretende Sindicatul Familia Constanța erhoben beim Tribunalul Constanţa (Regionalgericht Constanţa, Rumänien) Klage mit dem Antrag, die Generaldirektion zur Zahlung von Gehaltszulagen entsprechend einer Zulage in Höhe von 100 % des Grundgehalts der ausgeübten Tätigkeit für die an wöchentlichen Ruhetagen, Feiertagen und sonstigen arbeitsfreien Tagen geleistete Arbeit sowie zur Zahlung einer Entschädigung, die einer Entschädigung im Zusammenhang mit dem bezahlten Jahresurlaub für die Jahre 2012 bis 2015 gleichwertig ist, zu verurteilen. Gegen das klageabweisende Urteil legten sie beim vorlegenden Gericht Berufung ein.

22      Das vorlegende Gericht führt aus, dass die Tätigkeit von gesetzlich als Pflegeeltern anerkannten Personen auf der Grundlage eines speziellen Individualvertrags betreffend den Schutz des Kindes ausgeübt werde. Dieser Vertrag sehe insbesondere vor, dass angesichts seines Gegenstands – nämlich der Tätigkeit der Förderung, Pflege und Erziehung der Kinder in der Obhut der Pflegeeltern an ihrem Wohnsitz – diese Tätigkeit durchgängig, einschließlich an den wöchentlichen Ruhetagen, Feiertagen und sonstigen arbeitsfreien Tagen, zu gewährleisten sei und sich das Arbeitsprogramm nach dem Bedürfnis der Kinder richte. Die betreffenden Arbeitsverträge enthielten dabei Klauseln über die Arbeits- und Ruhezeiten, aus denen hervorgehe, dass die Pflegeeltern ihre Tätigkeit in Wirklichkeit durchgängig ausübten, mit Ausnahme der Zeiten, an denen das Kind in der Schule sei.

23      Die Pflicht, die Tätigkeit von Pflegeeltern durchgängig auszuüben, gelte auch während des Jahresurlaubs. Die Dauer dieses Urlaubs, die vom Dienstalter der Pflegeeltern abhängig sei, sei in den Arbeitsverträgen geregelt.

24      Die im Vertrag und in der für jedes Kind abgeschlossenen Unterbringungsvereinbarung enthaltenen Tätigkeitsbeschreibungen sähen vor, dass während des gesetzlichen Erholungsurlaubs die Kontinuität der Tätigkeit von Pflegeeltern gewährleistet werde, es sei denn, der Arbeitgeber gestatte die Trennung von dem Pflegekind. In der Praxis sei es einem einzigen der beim vorlegenden Gericht klagenden Pflegeelternteil in den Jahren 2014 und 2015 gestattet worden, den Urlaub ohne das Pflegekind zu verbringen, während drei der Berufungskläger im Jahr 2014 und drei andere im Jahr 2015 ihren Urlaub ohne die Pflegekinder verbracht hätten. Dabei werde jedoch in den Urlaubsanträgen der beim vorlegenden Gericht klagenden Pflegeeltern klargestellt, dass sie von der Möglichkeit, ohne das bei ihnen untergebrachte Kind Urlaub zu machen, Kenntnis hatten, es aber gleichwohl akzeptiert hätten, den Urlaub mit dem Kind zu verbringen.

25      Darüber hinaus bestehen nach den Angaben des vorlegenden Gerichts erstens Abweichungen in der Rechtsprechung der nationalen Gerichte im Hinblick auf das Recht der Pflegeeltern auf Gehaltszulagen für die an wöchentlichen Ruhetagen, an denen sie nicht vom Pflegekind getrennt sind, geleistete Arbeit. Was zweitens das Recht auf eine Entschädigung für die während des gesetzlichen Erholungsurlaubs ausgeübte Tätigkeit angehe, könnten Pflegeeltern keine Entschädigung für den Umstand erhalten, nicht von ihren Pflegekindern getrennt zu sein. Gleichwohl weise die nationale Rechtsprechung Abweichungen im Hinblick auf die Frage auf, ob den Pflegeeltern eine Entschädigung für den Fall zustehen könnte, dass der Arbeitgeber die Trennung vom Pflegekind während des gesetzlichen Erholungsurlaubs nicht gestatte.

26      Das vorlegende Gericht hegt Zweifel, ob die Richtlinie 2003/88 auf den bei ihm anhängigen Rechtsstreit anwendbar ist, weil die Tätigkeit von Pflegeeltern, die zum Bereich der öffentlichen Verwaltung zähle, seiner Ansicht nach ihr innenwohnende Besonderheiten im Sinne von Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 89/391 aufweise, die der Anwendung der Richtlinie 2003/88 zwingend entgegenstünden. Diese Tätigkeit sei mit der Rolle der Eltern vergleichbar und müsse entsprechend den Bedürfnissen des Kindes durchgängig ausgeübt werden. Die Tätigkeiten von Pflegeeltern könnten nicht genau geplant werden, sondern müssten auf sehr allgemeine Art und Weise organisiert werden. Daher sei die Dauer der Arbeitszeit für solche Tätigkeiten schwer festzulegen und mit einer zwingenden Ruhezeit nicht vereinbar.

27      Von dem in Art. 5 der Richtlinie 2003/88 vorgesehenen Recht auf eine wöchentliche Ruhezeit könne abgewichen werden. Angesichts der sich aus den nationalen Regelungen ergebenden Besonderheit der Tätigkeit von Pflegeeltern könne eine solche Abweichung auf Art. 17 Abs. 1, Abs. 3 Buchst. b und c oder Abs. 4 dieser Richtlinie gestützt werden. Die im Ausgangsverfahren klagenden Pflegeeltern gingen ihrer Tätigkeit hauptsächlich zu Hause nach, ohne dass sie ein Programm zur Anwesenheit an einem bestimmten Arbeitsplatz oder zu einer festgelegten Anzahl von Arbeitsstunden verpflichte.

28      Das vorlegende Gericht stellt sich die Frage nach dem Spielraum der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der in Art. 17 der Richtlinie genannten Abweichungen und fragt sich insbesondere, ob die nationale Regelung ausdrückliche abweichende Vorschriften enthalten muss. Im vorliegenden Fall sehe das Gesetz Nr. 272/2004 weder ausdrücklich eine Abweichung von den Bestimmungen des nationalen Arbeitsgesetzbuchs vor, die die Vorschriften zur „Arbeitszeit“ und zur „wöchentlichen Höchstarbeitszeit“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 und Art. 6 der Richtlinie 2003/88 umsetzten, noch von den Bestimmungen der Art. 3 bis 6 dieser Richtlinie. Nach Art. 122 des genannten Gesetzes könnten Personen die Tätigkeit von Pflegeeltern nur nach Abschluss eines Individualarbeitsvertrags ausüben, der eine Gesamtheit spezieller Regelungen über die Organisation ihrer Arbeitszeit enthalte, die eine implizite Abweichung von diesen Bestimmungen darstellten.

29      Hinsichtlich des in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2003/88 definierten Begriffs „Arbeitszeit“ befänden sich Pflegeeltern in einer besonderen Situation, da sie ihren Wohnsitz mit dem bei ihnen untergebrachten Kind teilten und deswegen durchgängig dem Arbeitgeber zur Verfügung stünden, um diesem Kind gegenüber eine Dienstleistung zu erbringen, und zwar auch zu Zeiten, in denen sie ihre Tätigkeit als Pflegeeltern nicht ausübten. Das vorlegende Gericht stellt sich die Frage, ob an Ruhetagen oder Feiertagen zusätzliche Arbeit geleistet werde, die zusätzlich zu vergüten sei. Was das Recht auf wöchentliche Ruhezeit nach Art. 5 der Richtlinie 2003/88 betreffe, sei dies nicht garantiert, da Art. 122 des Gesetzes Nr. 272/2004 tatsächlich eine durchgängige Tätigkeit fordere. Gegen diesen Art. 5 der Richtlinie 2003/88 werde jedoch nicht verstoßen, wenn die Tätigkeit von Pflegeeltern unter eine der in Art. 17 dieser Richtlinie vorgesehenen Abweichungen falle; eventuell stelle sich aber im Falle der Anwendbarkeit von Art. 17 Abs. 3 oder 4 der Richtlinie die Frage nach dem Bestehen einer entsprechenden Ruhezeit als Entschädigung.

30      Darüber hinaus könnten Pflegeeltern im vorliegenden Fall nicht tatsächlich Jahresurlaub im Sinne von Art. 7 der Richtlinie 2003/88 nehmen. Zwar erkenne Art. 122 Abs. 3 Buchst. d des Gesetzes Nr. 272/2004 das Recht auf Jahresurlaub an, jedoch verpflichte er die Pflegeeltern dazu, die Kontinuität der Tätigkeit während der Urlaubszeit sicherzustellen, außer die Generaldirektion gestatte ihnen die Trennung vom Pflegekind. Überdies sehe das nationale Recht vor, dass diese vom Arbeitgeber erteilte Genehmigung, Urlaub ohne das Pflegekind zu verbringen, eine Ausnahme zur Verpflichtung darstelle, die Tätigkeit durchgängig zu gewährleisten. Da Art. 146 Abs. 3 des nationalen Arbeitsgesetzbuchs, der Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88 umsetze, ausdrücklich jeden Ausgleich des Urlaubs durch eine entsprechende Entschädigung außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses untersage, seien die im Ausgangsverfahren klagenden Pflegeeltern der Ansicht, dass sie einen Schaden erlitten hätten, weil sie weder bezahlten Jahresurlaub nehmen noch eine entsprechende Entschädigung erlangen könnten.

31      Insoweit ist das vorlegende Gericht der Auffassung, dass zu ermitteln sei, ob eine eventuelle finanzielle Entschädigung jede Art von Entschädigung umfassen könne, einschließlich einer Entschädigung für den dadurch, dass kein Jahresurlaub habe genommen werden können, erlittenen Schaden, oder ob sich eine solche Entschädigung auf die Gehaltsansprüche für den nicht genommenen Jahresurlaub im Fall einer Beendigung des Arbeitsvertrags beschränke. In diesem Rahmen fragt sich das vorlegende Gericht, ob der Sinngehalt des Begriffs der finanziellen Entschädigung ein anderer sei, wenn es in Wirklichkeit die charakteristischen Merkmale der Tätigkeit von Pflegeeltern seien, die die im Ausgangsverfahren klagenden Pflegeeltern daran hinderten, unabhängig von den Interessen des Arbeitgebers Jahresurlaub zu nehmen.

32      Sollte Art. 7 der Richtlinie 2003/88 einer nationalen Regelung wie der des Ausgangsverfahrens, die dem Arbeitgeber gestattet, Pflegeeltern im Wege einer Ermessensentscheidung das Recht zu gewähren, den Urlaub ohne ihr Pflegekind zu verbringen, entgegenstehen, möchte das vorlegende Gericht schließlich wissen, ob dieser Verstoß im Rahmen einer Schadensersatzklage dem Mitgliedstaat oder dem Arbeitgeber zuzurechnen sei.

33      Unter diesen Umständen hat die Curtea de Apel Constanţa (Berufungsgericht Constanţa, Rumänien) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2003/88 in Verbindung mit Art. 2 der Richtlinie 89/391 dahin auszulegen, dass er eine Tätigkeit wie die von Pflegeeltern, die die Kläger des Ausgangsverfahrens ausüben, vom Anwendungsbereich der erstgenannten Richtlinie ausschließt?

2.      Falls Frage 1 verneint wird: Ist Art. 17 der Richtlinie 2003/88 dahin auszulegen, dass eine Tätigkeit wie die von Pflegeeltern, die die Kläger des Ausgangsverfahrens ausüben, Gegenstand einer Abweichung von Art. 5 der Richtlinie auf der Grundlage von Art. 17 Abs. 1, Abs. 3 Buchst. b und c oder Abs. 4 Buchst. b sein kann?

3.      Falls die vorstehende Frage bejaht wird: Ist Art. 17 Abs. 1 oder gegebenenfalls Art. 17 Abs. 3 bzw. 4 der Richtlinie 2003/88 dahin auszulegen, dass eine solche Abweichung ausdrücklich vorgesehen sein muss, oder kann sie auch – durch Erlass eines speziellen Rechtsakts, der für eine bestimmte Berufstätigkeit andere Regeln für die Organisation der Arbeitszeit vorsieht – implizit vorgesehen werden? Falls eine solche Abweichung nicht ausdrücklich vorgesehen sein muss: Welches sind die Mindestvoraussetzungen dafür, dass eine nationale Regelung dahin aufgefasst werden kann, dass sie eine Abweichung einführt, bzw. kann eine solche Abweichung in der Art und Weise ausgedrückt werden, wie sich dies aus den Vorschriften des Gesetzes Nr. 272/2004 ergibt?

4.      Falls die Fragen 1, 2 oder 3 verneint werden: Ist Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2003/88 dahin auszulegen, dass die Zeit, in der ein Pflegeelternteil an seinem Wohnsitz oder einem anderen von ihm gewählten Ort mit einem Pflegekind zusammen ist, Arbeitszeit darstellt, obgleich er keine der Tätigkeiten ausübt, die ihm nach dem Individualarbeitsvertrag obliegen?

5.      Falls die Fragen 1, 2 oder 3 verneint werden: Ist Art. 5 der Richtlinie 2003/88 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der des Art. 122 des Gesetzes Nr. 272/2004 entgegensteht? Falls Art. 17 Abs. 3 Buchst. b und c oder Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie anwendbar ist: Ist diese Vorschrift dahin auszulegen, dass sie einer solchen nationalen Regelung entgegensteht?

6.      Falls Frage 1 verneint und Frage 4 bejaht wird: Kann Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88 dahin ausgelegt werden, dass er gleichwohl dem nicht entgegensteht, dass eine Entschädigung entsprechend der Entschädigung gewährt wird, die der Arbeitnehmer für die Zeit des Erholungsurlaubs erhalten hätte, da die Art der von Pflegeeltern ausgeübten Tätigkeit es diesen unmöglich macht, diesen Urlaub wahrzunehmen, oder, obgleich der Erholungsurlaub formal genehmigt wird, der Arbeitnehmer in dem Fall, in dem in dieser Zeit die Trennung von dem Pflegekind nicht gestattet ist, dieselbe Tätigkeit praktisch weiterhin ausübt? Falls dies bejaht wird: Ist es für den Entschädigungsanspruch erforderlich, dass der Angestellte die Trennung von dem Kind beantragt hat, der Arbeitgeber die Genehmigung hierzu aber nicht erteilt hat?

7.      Falls Frage 1 verneint, Frage 4 bejaht und Frage 6 verneint wird: Steht Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 einer Bestimmung wie der des Art. 122 Abs. 3 Buchst. d des Gesetzes Nr. 272/2004 entgegen, wenn diese die Entscheidung, die Trennung von dem Kind während der Zeit des Erholungsurlaubs zu genehmigen, in das Ermessen des Arbeitgebers stellt? Stellt bejahendenfalls die auf der Anwendung dieser Rechtsvorschrift beruhende Unmöglichkeit, den Erholungsurlaub tatsächlich wahrzunehmen, einen Verstoß gegen das Unionsrecht dar, der die Voraussetzungen für das Entstehen eines Entschädigungsanspruchs des Angestellten erfüllt? Falls diese Frage bejaht wird: Ist eine solche Entschädigung wegen Verstoßes gegen Art. 7 der Richtlinie vom Staat zu zahlen oder von der öffentlichen Einrichtung, die die Arbeitgebereigenschaft besitzt und die Trennung von dem Pflegekind während des Erholungsurlaubs nicht zugelassen hat? Ist es in diesem Fall für den Entschädigungsanspruch erforderlich, dass der Angestellte die Trennung von dem Kind beantragt hat, der Arbeitgeber die Genehmigung hierzu aber nicht erteilt hat?

 Zu den Vorlagefragen

 Vorbemerkungen

34      Zunächst fragt sich die deutsche Regierung, ob die Vorlagefragen entscheidungserheblich seien und begründet dies damit, dass das Ausgangsverfahren die Zahlung von Geldbeträgen betreffe, die von den Pflegeeltern als Vergütung verlangt würden.

35      Insoweit ist festzustellen, dass sich die Richtlinie 2003/88 mit Ausnahme des in ihrem Art. 7 Abs. 1 geregelten besonderen Falles des bezahlten Jahresurlaubs darauf beschränkt, bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung zu regeln, um den Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten, so dass sie grundsätzlich keine Anwendung auf die Vergütung der Arbeitnehmer findet (Urteile vom 26. Juli 2017, Hälvä u. a., C‑175/16, EU:C:2017:617, Rn. 25, sowie vom 21. Februar 2018, Matzak, C‑518/15, EU:C:2018:82, Rn. 24).

36      Diese Feststellung bedeutet jedoch nicht, dass die in der vorliegenden Rechtssache gestellten Fragen nicht zu beantworten sind.

37      Das vorlegende Gericht ist nämlich der Auffassung, dass die Auslegung mehrerer Bestimmungen der Richtlinie 2003/88 erforderlich sei, damit es über den bei ihm anhängigen Rechtsstreit entscheiden könne. Ganz konkret möchte es, wie der Generalanwalt in den Nrn. 40 und 41 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, wissen, ob Pflegeeltern wie die im Ausgangsverfahren klagenden natürlichen Personen nach dem Unionsrecht ein Recht auf die Ruhezeiten, Feiertage und den Erholungsurlaub haben, auf das sie ihre Klagen auf Zahlung von Gehaltszulagen und Entschädigung stützen, und ob das Gesetz Nr. 272/2004, wonach die Betreuung der bei den Pflegeeltern untergebrachten Kinder durchgängig stattfindet, mit den Bestimmungen der Richtlinie 2003/88 vereinbar ist. Dabei sind die letztgenannten Fragen vorab zu klären, bevor auf die Frage über das Bestehen eines Rechts auf die Zahlung von Gehaltszulagen und einer Entschädigung eingegangen werden kann, die vom nationalen Gericht zu entscheiden ist.

38      Unter diesen Umständen besteht ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen den Vorlagefragen und dem Sachverhalt, der der beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtssache zugrunde liegt.

39      Sodann ist darauf hinzuweisen, dass sich sowohl aus Art. 137 EG (jetzt Art. 153 AEUV), der die Rechtsgrundlage der Richtlinie 2003/88 bildet, als auch aus deren Erwägungsgründen 1, 2, 4 und 5 sowie aus dem Wortlaut ihres Art. 1 Abs. 1 ergibt, dass durch die Richtlinie Mindestvorschriften festgelegt werden sollen, die dazu bestimmt sind, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer durch eine Angleichung namentlich der innerstaatlichen Arbeitszeitvorschriften zu verbessern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Oktober 2004, Wippel, C‑313/02, EU:C:2004:607, Rn. 46).

40      Da die Richtlinie 2003/88 somit nur auf Arbeitnehmer anwendbar ist, gilt es zu ermitteln, ob die natürlichen Personen, die die Kläger des Ausgangsverfahrens sind, als „Arbeitnehmer“ im Sinne dieser Richtlinie angesehen werden können.

41      Der Arbeitnehmerbegriff kann für die Zwecke der Anwendung der Richtlinie 2003/88 nicht nach Maßgabe der nationalen Rechtsordnungen unterschiedlich ausgelegt werden, sondern hat eine eigenständige unionsrechtliche Bedeutung. Er ist anhand objektiver Kriterien zu definieren, die das Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung der Rechte und Pflichten der betroffenen Personen kennzeichnen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Weisung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält (Urteil vom 14. Oktober 2010, Union syndicale Solidaires Isère, C‑428/09, EU:C:2010:612, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Hieraus folgt, dass ein Arbeitsverhältnis das Vorliegen eines Unterordnungsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und seinem Arbeitgeber voraussetzt. Ob ein solches gegeben ist, muss in jedem Einzelfall anhand aller Gesichtspunkte und aller Umstände, die die Beziehungen zwischen den Beteiligten kennzeichnen, geprüft werden (Urteil vom 10. September 2015, Holterman Ferho Exploitatie u. a., C‑47/14, EU:C:2015:574, Rn. 46).

43      Im vorliegenden Fall ist der Vorlageentscheidung zu entnehmen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Pflegeeltern die Förderung, Pflege und Erziehung der von einer öffentlichen Behörde bei ihnen untergebrachten Kinder grundsätzlich durchgängig gewährleisten müssen und dass sie im Gegenzug für diese Tätigkeit eine Vergütung erhalten. Darüber hinaus müssen die Pflegeeltern nicht nur anerkannt sein, sondern nach Art. 8 Abs. 1 des Regierungserlasses Nr. 679/2003 auch einen „speziellen Arbeitsvertrag“ mit der zuständigen auf den Schutz des Kindes spezialisierten Behörde schließen, der für die Dauer der Gültigkeit der Anerkennung gilt und dessen Durchführung zum Zeitpunkt der Unterbringungsentscheidung beginnt. Dieser Vertrag kann gemäß den Bestimmungen des nationalen Arbeitsrechts ausgesetzt oder beendet werden. Die Pflegeeltern scheinen ferner einen Anspruch auf soziale Sicherheit und auf berufliche Fortbildung zu besitzen.

44      Außerdem müssen die Pflegeeltern nach der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung der auf den Schutz des Kindes spezialisierten Behörde, mit der sie einen Vertrag geschlossen haben, gestatten, ihre Berufstätigkeit zu überwachen und die Entwicklung der bei ihnen untergebrachten Kinder zu beurteilen.

45      Aus der Gesamtheit dieser Gesichtspunkte ergibt sich, dass sich die im Ausgangsverfahren klagenden natürlichen Personen zu der öffentlichen Behörde, mit der sie vertraglich verbunden sind, in einem Unterordnungsverhältnis befinden. Dieses manifestiert sich durch eine dauerhafte Überwachung und Bewertung ihrer Tätigkeiten durch die genannte Behörde im Hinblick auf die im Vertrag genannten Anforderungen und Kriterien, um die Aufgabe des Schutzes des Kindes zu erfüllen, mit der diese Behörde gesetzlich betraut wurde.

46      Diese Beurteilung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass Pflegeeltern wie die im Ausgangsverfahren klagenden natürlichen Personen bezüglich der täglichen Durchführung ihrer Aufgaben über einen großen Ermessensspielraum verfügen oder dass die ihnen übertragene Stellung eine „Vertrauensstellung“ oder Stellung im allgemeinen Interesse ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. September 2014, Haralambidis, C‑270/13, EU:C:2014:2185, Rn. 39 bis 41, und vom 9. Juli 2015, Balkaya, C‑229/14, EU:C:2015:455, Rn. 41).

47      Darüber hinaus kann auch der Umstand, dass sich die Tätigkeit der Pflegeeltern großenteils den von Eltern gegenüber ihren eigenen Kindern übernommenen Verantwortlichkeiten annähert, angesichts der Ausführungen in den Rn. 43 bis 45 des vorliegenden Urteils nicht bewirken, dass die Pflegeeltern nicht als „Arbeitnehmer“ im Sinne der Richtlinie 2003/88 eingestuft werden.

48      Folglich sind die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Pflegeeltern als „Arbeitnehmer“ im Sinne der Richtlinie 2003/88 anzusehen.

 Zur ersten Frage

49      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2003/88 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 89/391 dahin auszulegen ist, dass die Pflegeelterntätigkeit, die darin besteht, im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses mit einer öffentlichen Behörde ein Kind zu betreuen, in den eigenen Haushalt einzugliedern und die harmonische Entwicklung und die Erziehung dieses Kindes durchgängig zu gewährleisten, vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/88 nicht umfasst ist.

50      Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2003/88 definiert den Anwendungsbereich dieser Richtlinie durch einen Verweis auf Art. 2 der Richtlinie 89/391.

51      Gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/391 findet diese auf „alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche“ Anwendung, zu denen die „dienstleistungsbezogenen Tätigkeiten“ zählen.

52      Wie sich aus Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 dieser Richtlinie ergibt, findet sie jedoch keine Anwendung, soweit dem Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, u. a. bei den Streitkräften oder der Polizei, oder bestimmter spezifischer Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten zwingend entgegenstehen. Nach Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie ist gleichwohl in diesen Fällen unter Berücksichtigung der Ziele dieser Richtlinie eine größtmögliche Sicherheit und ein größtmöglicher Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer zu gewährleisten.

53      Insoweit ist erstens festzustellen, dass die in Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391 enthaltene Ausnahme so auszulegen ist, dass sie ihre Tragweite auf das beschränkt, was zur Wahrung der Interessen, die sie den Mitgliedstaaten zu schützen erlaubt, unbedingt erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Oktober 2004, Pfeiffer u. a., C‑397/01 bis C‑403/01, EU:C:2004:584, Rn. 54).

54      Was zweitens den Begriff „öffentlicher Dienst“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391 betrifft, ist festzustellen, dass diese Bestimmung keine Definition dieses Begriffs enthält und hinsichtlich seiner Bedeutung auch nicht auf die nationalen Rechtsordnungen verweist. Nach ständiger Rechtsprechung folgt sowohl aus den Anforderungen der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts als auch aus dem Gleichheitsgrundsatz, dass die Begriffe einer unionsrechtlichen Bestimmung, die für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Europäischen Union eine autonome und einheitliche Auslegung erfahren müssen, die unter Berücksichtigung des Kontextes der Bestimmung und des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels gefunden werden muss (vgl. Urteile vom 14. Februar 2012, Flachglas Torgau, C‑204/09, EU:C:2012:71, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 7. September 2017, Schottelius, C‑247/16, EU:C:2017:638, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55      In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass das in Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391 verwendete Kriterium zur Ausnahme bestimmter Tätigkeiten vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie und mittelbar auch vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/88 nicht auf der Zugehörigkeit der Arbeitnehmer zu einem der in dieser Bestimmung allgemein beschriebenen Tätigkeitsbereichen beruht, sondern ausschließlich auf der spezifischen Natur bestimmter von den Arbeitnehmern in den von dieser Vorschrift umfassten Sektoren wahrgenommener besonderer Aufgaben, die wegen der unbedingten Notwendigkeit, einen wirksamen Schutz des Gemeinwesens zu gewährleisten, eine Ausnahme von den Vorschriften dieser Richtlinie rechtfertigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Januar 2006, Kommission/Spanien, C‑132/04, nicht veröffentlicht, EU:C:2006:18, Rn. 24).

56      Aus der funktionalen Natur dieses Kriteriums folgt, dass der Begriff „öffentlicher Dienst“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391 nicht nur die Bereiche umfasst, in denen die Arbeitnehmer dem Staat oder einer anderen öffentlichen Behörde organisatorisch zugeordnet sind, sondern auch die Bereiche, in denen die Arbeitnehmer ihre Tätigkeit für einen Privaten ausüben, der unter der Überwachung der öffentlichen Behörden eine Gemeinwohlaufgabe wahrnimmt, die zu den grundlegenden Funktionen des Staates zählt.

57      Hierzu ist außerdem festzustellen, dass Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391 die Tätigkeiten der Streitkräfte, der Polizei und der Katastrophenschutzdienste lediglich als Beispiele nennt.

58      In Anbetracht der möglichen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bei der konkreten Organisation von Gemeinwohlaufgaben, die zu den grundlegenden Funktionen des Staates gehören, ist eine solche funktionelle Auslegung des Begriffs „öffentlicher Dienst“ zudem durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, eine einheitliche Anwendung der Richtlinie 89/391 in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Deutsche Umwelthilfe, C‑515/11, EU:C:2013:523, Rn. 24).

59      Die Ausnahme in Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391 ist somit in gleicher Weise auf Arbeitnehmer anwendbar, die identische spezifische Tätigkeiten im Dienst des Gemeinwesens ausüben, unabhängig davon, ob ihr Arbeitgeber eine öffentliche Behörde oder ein Privater ist, der mit einer zu den grundlegenden Funktionen des Staates gehörenden Gemeinwohlaufgabe betraut ist.

60      Den dem Gerichtshof vorgelegten Akten ist zu entnehmen, dass Pflegeeltern in Rumänien sowohl von der für den Schutz des Kindes zuständigen Behörde als auch von einer unter deren Überwachung agierenden privaten Einrichtung angestellt sein können. Im vorliegenden Fall sind die im Ausgangsverfahren klagenden Pflegeeltern alle von einer öffentlichen Behörde angestellt. Im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses haben sie die Aufgabe, die harmonische Entwicklung der bei ihnen untergebrachten Kinder zu gewährleisten, deren Eingliederung in ihre eigene Familie sicherzustellen und die Wiedereingliederung der Kinder in ihre Ursprungsfamilie oder in eine Adoptivfamilie vorzubereiten.

61      Ihre Tätigkeit trägt also zum Schutz des Kindes bei, der eine zu den grundlegenden Funktionen des Staates gehörende Gemeinwohlaufgabe ist.

62      Darüber hinaus ergibt sich die Besonderheit dieser Tätigkeit im Verhältnis zu anderen Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Schutz von Kindern daraus, dass sie darauf gerichtet ist, das Kind, für das ein Pflegeelternteil das Sorgerecht hat, durchgängig und auf lange Zeit angelegt in dessen Haushalt und Familie einzugliedern.

63      Folglich ist diese Tätigkeit als zu den in Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391 genannten spezifischen Tätigkeiten gehörend anzusehen.

64      Drittens hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass zu den Besonderheiten dieser spezifischen Tätigkeiten, die nach Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391 eine Ausnahme von den Regeln im Bereich des Schutzes der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer rechtfertigen, der Umstand zählt, dass eine Arbeitszeitplanung wegen der Art der Tätigkeiten nicht möglich ist (Urteil vom 5. Oktober 2004, Pfeiffer u. a., C‑397/01 bis C‑403/01, EU:C:2004:584, Rn. 55).

65      Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391 ermöglicht somit die Wahrung der Wirksamkeit der spezifischen Tätigkeiten des öffentlichen Dienstes, deren Kontinuität unerlässlich ist, um die wirksame Ausübung der grundlegenden Funktionen des Staates zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 14. Juli 2005, Personalrat der Feuerwehr Hamburg, C‑52/04, EU:C:2005:467, Rn. 50).

66      Dieses Kontinuitätserfordernis ist unter Berücksichtigung der spezifischen Art der in Rede stehenden Tätigkeit zu beurteilen.

67      Wie der Gerichtshof ausgeführt hat, steht das Erfordernis der Kontinuität der Dienste in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit und öffentliche Ordnung dem nicht entgegen, dass die Tätigkeiten dieser Dienste, wenn sie unter normalen Bedingungen stattfinden, auch hinsichtlich der Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer organisiert werden können, so dass die in Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391 vorgesehene Ausnahme auf diese Dienste nur in Umständen außergewöhnlicher Schwere und eines außergewöhnlichen Umfangs anwendbar ist (vgl. u. a. in diesem Sinne Urteil vom 5. Oktober 2004, Pfeiffer u. a., C‑397/01 bis C‑403/01, EU:C:2004:584, Rn. 55 und 57, und vom 12. Januar 2006, Kommission/Spanien, C‑132/04, nicht veröffentlicht, EU:C:2006:18, Rn. 26).

68      Diese Rechtsprechung darf jedoch nicht dahin ausgelegt werden, dass es ausgeschlossen wäre, dass bestimmte besondere Tätigkeiten des öffentlichen Dienstes, selbst wenn sie unter normalen Bedingungen ausgeübt werden, so spezifische Merkmale aufweisen, dass ihre Art zwingend einer die Vorgaben der Richtlinie 2003/88 beachtenden Arbeitsplanung entgegensteht.

69      Im Licht dieser Gesichtspunkte gilt es zu ermitteln, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Tätigkeit als Pflegeeltern bestimmte Besonderheiten aufweist, die es rechtfertigen würden, auf sie möglicherweise die Ausnahme gemäß Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2003/88 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391 anzuwenden.

70      Insoweit ist der Vorlageentscheidung zu entnehmen, dass die Pflegeeltern mit Ausnahme der Zeiten, zu denen sich das bei ihnen untergebrachte Kind in der Schule befindet, nach der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung ihre Tätigkeit durchgängig ausüben, einschließlich an den wöchentlichen Ruhetagen, Feiertagen und arbeitsfreien Tagen sowie während ihres jährlichen Erholungsurlaubs, es sei denn, die Generaldirektion gestattet ihnen, sich während des genannten Urlaubs vom Pflegekind zu trennen. Die rumänischen Behörden haben also die Aufgabe von Pflegeeltern so konzipiert, dass das Kind, für das eine Pflegemutter oder ein Pflegevater das Sorgerecht hat, durchgängig und auf lange Zeit angelegt in deren Haushalt und deren Familie eingegliedert wird. Diese Eingliederung soll es dem Kind ermöglichen, sich solange dies erforderlich ist in einem Rahmen weiterzuentwickeln, der in emotionaler Hinsicht und im Hinblick auf die Erziehung für eine harmonische Entwicklung günstig ist.

71      Die durchgängige und auf lange Zeit angelegte Eingliederung von Kindern, die wegen ihrer schwierigen familiären Situation besonders verletzlich sind, in den Haushalt und die Familie eines Pflegeelternteils stellt eine geeignete Maßnahme zur Wahrung des in Art. 24 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Wohls des Kindes dar.

72      Würde Pflegeeltern in regelmäßigen Abständen das Recht gewährt, sich von dem bei ihnen untergebrachten Kind nach einer bestimmten Zahl von Arbeitsstunden oder in Zeiträumen, die, wie die wöchentlichen oder jährlichen Ruhetage, allgemein mit Momenten in Verbindung gebracht werden, die der Entwicklung des Familienlebens förderlich sind, zu trennen, so würde dies daher dem Ziel der rumänischen Behörden, das Kind, für das eine Pflegemutter oder ein Pflegevater das Sorgerecht hat, durchgängig und auf lange Zeit angelegt in deren Haushalt und deren Familie einzugliedern, unmittelbar zuwiderlaufen.

73      In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass entgegen dem Vorbringen der Kommission die Einrichtung eines Rotationssystems unter Pflegeeltern oder die Heranziehung von Ersatzpflegeeltern, denen die Pflegekinder während der den hauptsächlich für sie zuständigen Pflegeeltern gewährten Urlaubstagen übergeben werden, einen wesentlichen Aspekt des von den rumänischen Behörden eingerichteten Betreuungssystems beeinträchtigen würde, nämlich die durchgängige und auf lange Zeit angelegte Aufrechterhaltung einer engen Verbindung zwischen dem Pflegekind und dem Pflegeelternteil, für die die Eingliederung dieses Kindes in den Haushalt und die Familie des Pflegeelternteils kennzeichnend ist.

74      Daher wäre die Beschränkung der wöchentlichen Arbeitszeit der Pflegeeltern nach Art. 6 der Richtlinie 2003/88 und die Verpflichtung des Arbeitgebers, diesen gemäß den Art. 5 und 7 dieser Richtlinie wöchentliche oder jährliche Ruhezeiten zu gewähren, in denen sie von der Ausübung ihrer Tätigkeit entbunden wären und sich somit nicht um das bei ihnen untergebrachte Kind zu kümmern hätten, mit den Besonderheiten einer solchen Tätigkeit, die erfordern, dass Pflegeeltern das Kind, für das sie das Sorgerecht haben, durchgängig und auf lange Zeit angelegt in ihrem Haushalt und ihrer Familie betreuen, nicht vereinbar.

75      Zwar kann nach Art. 17 der Richtlinie 2003/88 unter bestimmten Voraussetzungen von deren Art. 5 über die wöchentliche Ruhezeit und von deren Art. 6, der die wöchentliche Höchstarbeitszeit regelt, abgewichen werden; dies gilt jedoch nicht in Bezug auf das Recht auf Jahresurlaub nach Art. 7 dieser Richtlinie.

76      Daraus folgt, dass die Besonderheiten der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Pflegeelterntätigkeit der Anwendung der Richtlinie 2003/88 auf Pflegeeltern zwingend entgegenstehen.

77      In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass das wesentliche Merkmal der Pflegeelterntätigkeit, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, das in der Pflicht zur durchgängigen Eingliederung des Kindes in den Haushalt und die Familie des Pflegeelternteils besteht, diese Tätigkeit von derjenigen der Vertreter der Kinderdorfeltern unterscheidet, um die es in der Rechtssache ging, in der das Urteil vom 26. Juli 2017, Hälvä u. a. (C‑175/16, EU:C:2017:617) ergangen ist. Die Vertreter der Kinderdorfeltern unterlagen nämlich nicht einer derartigen Verpflichtung, und ihre Arbeitszeit war durch das zwischen ihnen und ihrem Arbeitgeber bestehende Arbeitsverhältnis weitgehend im Voraus festgelegt, da zum einen die Zahl der von ihnen jährlich abzuleistenden Arbeitszeiträume von 24 Stunden vertraglich vereinbart war und zum anderen der Arbeitgeber im Voraus Listen erstellte, in denen in regelmäßigen Abständen die Zeiträume von 24 Stunden angegeben waren, in denen der Vertreter der Kinderdorfeltern mit der Führung eines Kinderdorfhauses betraut war (Urteil vom 26. Juli 2017, Hälvä u. a., C‑175/16, EU:C:2017:617, Rn. 33).

78      Viertens ist festzustellen, dass auch dann, wenn bestimmte spezifische Tätigkeiten des öffentlichen Dienstes wegen ihrer Besonderheiten vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/88 ausgeschlossen sind, Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 89/391 von den zuständigen Behörden noch verlangt, eine „größtmögliche“ Sicherheit und einen „größtmöglichen“ Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer zu gewährleisten (Beschluss vom 14. Juli 2005, Personalrat der Feuerwehr Hamburg, C‑52/04, EU:C:2005:467, Rn. 56).

79      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es der zwischen Pflegeeltern und der öffentlichen Behörde oder der anerkannten privaten Einrichtung geschlossene Vertrag den Pflegeeltern nach Art. 122 Abs. 3 Buchst. c des Gesetzes Nr. 272/2004 ermöglichen muss, über „Freizeit“ zu verfügen. Daraus folgt, dass es Zeiträume gibt, in denen sie nicht verpflichtet sind, sich aktiv um das bei ihnen untergebrachte Kind zu kümmern, beispielsweise dann, wenn es in der Schule ist. Dies gibt Pflegeeltern die Möglichkeit, diese Zeiträume ohne größere Zwänge zu gestalten.

80      Pflegeeltern sind darüber hinaus nicht verpflichtet, an ihrem Wohnsitz zu bleiben, sondern können sich insbesondere zu Freizeitzwecken frei bewegen, solange grundsätzlich die bei ihnen untergebrachten Kinder sie begleiten.

81      Darüber hinaus ergibt sich aus Art. 122 Abs. 3 Buchst. d des Gesetzes Nr. 272/2004 und aus Art. 10 Abs. 1 Buchst. f des Regierungserlasses Nr. 679/2003, dass Pflegeeltern bei der zuständigen Behörde während bestimmter Zeiträume des Jahres eine Trennung vom Kind beantragen können. Hierzu geht aus den dem Gerichtshof unterbreiteten Akten und den von der rumänischen Regierung in der mündlichen Verhandlung beigebrachten Informationen hervor, dass eine solche Genehmigung erteilt wird, sofern sie nach Ansicht der zuständigen Behörde der reibungslosen Erfüllung der den Pflegeeltern übertragenen Aufgabe nicht schadet.

82      Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die rumänischen Behörden gemäß Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 89/391 dafür Sorge getragen haben, dass hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung der Pflegeeltern eine größtmögliche Sicherheit und ein größtmöglicher Gesundheitsschutz für diese gewährleistet ist.

83      Hinzuzufügen ist noch, dass das jedem Arbeitnehmer in Art. 31 Abs. 2 der Charta zuerkannte Recht auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf einen jährlichen Zeitraum bezahlten Urlaubs unter Einhaltung der in Art. 52 Abs. 1 der Charta vorgesehenen strengen Bedingungen und insbesondere unter Achtung seines Wesensgehalts beschränkt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. November 2018, Bauer und Willmeroth, C‑569/16 und C‑570/16, EU:C:2018:871, Rn. 59, sowie vom 6. November 2018, Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, C‑684/16, EU:C:2018:874, Rn. 54).

84      Wie oben in Rn. 79 des vorliegenden Urteils ausgeführt, verlangt im vorliegenden Fall Art. 122 Abs. 3 Buchst. c des Gesetzes Nr. 272/2004, dass der zwischen Pflegeeltern und ihrem Arbeitgeber geschlossene Vertrag Bestandteile zur Planung der Freizeit der Pflegeeltern umfasst. Diese Planung hat jedoch insbesondere das Programm des Pflegekindes zu berücksichtigen.

85      Zudem ergibt sich aus den in Rn. 81 des vorliegenden Urteils genannten Bestimmungen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung den Pflegeeltern ein Recht auf bezahlten Jahresurlaub zuerkennt, aber ihr Recht, diesen Urlaub ohne das Kind, für das sie das Sorgerecht haben, zu verbringen, von einer Genehmigung des Arbeitgebers abhängig machen, die die reibungslose Erfüllung der Aufgabe, das betroffene Kind zu schützen, zu beachten hat.

86      Die auf diese Weise vorgenommenen Beschränkungen des Rechts der Pflegeeltern auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten und auf bezahlten Jahresurlaub beachten den wesentlichen Inhalt dieses Rechts. Darüber hinaus sind sie erforderlich für die Verwirklichung des von der Union anerkannten Gemeinwohlziels, der Wahrung des in Art. 24 der Charta verankerten Wohls des Kindes, wie es durch die rumänische Regelung konzipiert wurde und dem die Verpflichtung der Pflegeeltern entspricht, durchgängig für die Eingliederung des Pflegekindes in ihren Haushalt und ihre Familie sowie für die harmonische Entwicklung und für die Pflege des Kindes Sorge zu tragen.

87      Infolgedessen halten diese Beschränkungen die in Art. 52 Abs. 1 der Charta vorgesehenen Bedingungen ein.

88      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2003/88 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 89/391 dahin auszulegen ist, dass die Pflegeelterntätigkeit, die darin besteht, im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses mit einer öffentlichen Behörde ein Kind zu betreuen, in den eigenen Haushalt einzugliedern und die harmonische Entwicklung und die Erziehung dieses Kindes durchgängig zu gewährleisten, vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/88 nicht umfasst ist.

 Zu den Fragen 2 bis 7

89      In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage sind die Fragen 2 bis 7 nicht zu beantworten.

 Kosten

90      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit ist dahin auszulegen, dass die Pflegeelterntätigkeit, die darin besteht, im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses mit einer öffentlichen Behörde ein Kind zu betreuen, in den eigenen Haushalt einzugliedern und die harmonische Entwicklung und die Erziehung dieses Kindes durchgängig zu gewährleisten, vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/88 nicht umfasst ist.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Rumänisch.