Language of document : ECLI:EU:T:2016:430

Rechtssache T‑66/14

(auszugsweise Veröffentlichung)

John Arnold Bredenkamp u. a.

gegen

Rat der Europäischen Union

und

Europäische Kommission

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen angesichts der Situation in Simbabwe – Einfrieren von Geldern – Außervertragliche Haftung“

Leitsätze – Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 21. Juli 2016

1.      Außervertragliche Haftung – Voraussetzungen – Rechtswidrigkeit – Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleiht –Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleiht – Begriff – Eigentumsrecht – Einbeziehung

(Art. 340 Abs. 2 AEUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 17 und 52 Abs. 1)

2.      Handlungen der Organe – Wahl der Rechtsgrundlage – Verordnung zur Verhängung restriktiver Maßnahmen gegenüber einem Drittstaat – Maßnahmen zum Einfrieren von Geldern bestimmter Personen und Organisationen, die mit den Machthabern dieses Landes verbunden sind oder von ihnen kontrolliert werden – Hinreichende Verbindung zwischen diesen Personen bzw. Organisationen und dem Regime in diesem Land – Art. 60 EG in Verbindung mit Art. 301 EG – Zulässigkeit

(Art. 60 und 301 EG; Verordnung Nr. 314/2004 des Rates, Art. 6)

3.      Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Restriktive Maßnahmen – Einfrieren der Gelder bestimmter Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in einem Drittstaat – Recht auf Anhörung vor dem Erlass solcher Maßnahmen – Fehlen – Ausnahme – Verlängerung der Anwendung von ursprünglich für einen bestimmten Zeitraum verhängten Maßnahmen

(Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 41 Abs. 2 erster Spiegelstrich und Art. 47; Verordnung Nr. 314/2004 des Rates, Art. 6)

4.      Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Restriktive Maßnahmen – Einfrieren der Gelder bestimmter Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in einem Drittstaat – Recht auf Zugang zu Dokumenten – Grenzen

(Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 41 Abs. 2 erster Spiegelstrich und Art. 47; Verordnung Nr. 314/2004 des Rates)

1.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 17, 24, 26)

2.      Die Art. 60 EG und 301 EG betreffen nach ihrem Wortlaut, insbesondere den Wendungen „mit den betroffenen dritten Ländern“ und „zu einem oder mehreren dritten Ländern“, den Erlass von Maßnahmen gegenüber Drittländern, wobei der zuletzt genannte Begriff die Machthaber eines solchen Landes sowie die mit diesen Machthabern verbundenen oder unmittelbar oder mittelbar von ihnen kontrollierten Personen oder Organisationen einschließen kann. Somit lässt sich nicht ausschließen, dass gegen die Führungskräfte bestimmter Unternehmen auf der Grundlage der Art. 60 EG und 301 EG restriktive Maßnahmen erlassen werden können, soweit nachgewiesen ist, dass sie mit den Machthabern des betreffenden Drittlandes verbunden sind.

Angesichts der mit den restriktiven Maßnahmen verfolgten Ziele, die darin bestehen, jegliche Unterstützung dieser Regierung zu unterbinden, muss der Begriff „verbunden“ auch die Personen einschließen, die Tätigkeiten wie der Leistung von finanzieller und sonstiger Unterstützung für das an der Macht befindliche Regime, u. a. über Unternehmen. In dieser Hinsicht ist die Möglichkeit, restriktive Maßnahmen gegen alle juristischen Personen zu erlassen, die einer mit den Machthabern des betreffenden Staates verbundenen natürlichen Person gehören, nämlich offenkundig eine Voraussetzung für die Wirksamkeit der genannten Maßnahmen. Soweit die Namen der juristischen Personen in eine Liste zur Verhängung restriktiver Maßnahmen mit der Begründung eingetragen wurden, dass diese einer ebenfalls auf dieser Liste aufscheinenden natürlichen Person gehörten, beruhte diese Eintragung somit zu Recht auf den Art. 60 und 301 EG.

(vgl. Rn. 31, 35-37)

3.      Angesichts des notwendigen Überraschungseffekts eines Einfrierens von Geldern verlangt der Anspruch auf rechtliches Gehör, der im Bereich restriktiver Maßnahmen zu beachten ist, weder, dass die Unionsbehörden vor der erstmaligen Aufnahme einer Person oder Organisation in die Sanktionsliste der betreffenden Person oder Organisation die Begründung für diese Aufnahme mitteilen, noch, dass der Rat diese Person oder Einrichtung von Amts wegen anhört. Dagegen ist der Rat, wenn er Vermögen ursprünglich für einen bestimmten Zeitraum eingefroren hat, grundsätzlich verpflichtet, den Beteiligten vor einer Verlängerung der Anwendung dieser Maßnahme rechtliches Gehör einzuräumen. Die Rechtsakte zur Verlängerung einer solchen Maßnahme müssen nämlich nicht unbedingt einen Überraschungseffekt haben, um wirksam zu sein. Allerdings setzt der Anspruch auf Anhörung vor Erlass von Rechtsakten über die Beibehaltung restriktiver Maßnahmen gegenüber bereits von diesen Maßnahmen betroffenen Personen voraus, dass der Rat zulasten dieser Personen neue Erkenntnisse berücksichtigt hat.

(vgl. Rn. 48, 49, 51)

4.      Wenn hinreichend genaue Informationen mitgeteilt wurden, die es einer in eine Sanktionsliste zur Verhängung restriktiver Maßnahmen eingetragenen Person erlauben, zu den ihr von den beteiligten Organen zur Last gelegten Gesichtspunkten sachdienlich Stellung zu nehmen, impliziert die Beachtung der Verteidigungsrechte zwar keine Verpflichtung dieser Organe, von sich aus Zugang zu den in seinen Akten enthaltenen Schriftstücken zu gewähren, doch haben die beteiligten Organe gleichwohl auf Antrag des Betroffenen Einsicht in alle nicht vertraulichen Verwaltungsunterlagen zu gewähren, die die in Rede stehende Maßnahme betreffen.

(vgl. Rn. 50)