Language of document : ECLI:EU:T:2003:305

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

18. November 2003(1)

„Beamte - Bediensteter auf Zeit - Einrichtungsbeihilfe - Wechsel des Dienstortes - Verzugszinsen“

In der Rechtssache T-13/02

Falk-Ulrich von Hoff, Bedienstete auf Zeit des Europäischen Parlaments, wohnhaft in Berlin-Wittenau (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt B. Wägenbaur,

Kläger,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten durch J. de Wachter und U. Rösslein als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagter,

wegen Aufhebung der Entscheidung vom 17. April 2001, mit der das Parlament es abgelehnt hat, dem Kläger im Zuge des Wechsels seines Dienstortes eine Einrichtungsbeihilfe zu gewähren, und Verurteilung des Parlaments zur Zahlung der Einrichtungsbeihilfe in Höhe von zwei Monatsgehältern nebst Zinsen in Höhe von 8 % ab dem Zeitpunkt des Antrags

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten García-Valdecasas, des Richters J. D. Cooke und der Richterin P. Lindh,

Kanzler: I. Natsinas, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die Sitzung vom 8. Juli 2003

folgendes

Urteil

Rechtlicher Rahmen

1.
    Artikel 22 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Beschäftigungsbedingungen) bestimmt:

„Vorbehaltlich der Artikel 23 bis 26 hat der Bedienstete auf Zeit unter den in Anhang VII Artikel 5 bis 15 des Statuts festgelegten Bedingungen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die ihm beim Dienstantritt, bei einer Versetzung oder beim Ausscheiden aus dem Dienst sowie in Ausübung oder anlässlich der Ausübung seines Amtes entstanden sind.“

2.
    Artikel 5 Absätze l bis 4 des Anhangs VII des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Statut) sieht vor:

„1. Ein Beamter auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen für die Zahlung der Auslandszulage erfüllt oder nachweist, dass er in Erfüllung der Verpflichtungen nach Artikel 20 des Statuts seinen Wohnsitz wechseln musste, hat Anspruch auf eine Einrichtungsbeihilfe; sie beträgt bei Beamten, die Anspruch auf die Haushaltszulage haben, zwei Monatsgehälter und bei Beamten, die keinen Anspruch auf die Haushaltszulage haben, ein Monatsgehalt.

...

2. Ein Beamter, der infolge einer Verwendung an einem neuen Dienstort in Erfüllung der Pflichten nach Artikel 20 des Statuts seinen Wohnsitz wechseln muss, hat Anspruch auf eine Einrichtungsbeihilfe in gleicher Höhe.

3. Die Einrichtungsbeihilfe wird nach dem Personenstand und dem Grundgehalt des Beamten am Tage der Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit oder der anderweitigen dienstlichen Verwendung berechnet.

...

4. Nimmt ein Beamter, der Anspruch auf die Haushaltszulage hat, ohne seine Familie am Ort seiner dienstlichen Verwendung Wohnung, so erhält er nur die Hälfte der Beihilfe, auf die er sonst Anspruch hätte; die zweite Hälfte wird ihm gezahlt, wenn seine Familie am Ort seiner dienstlichen Verwendung Wohnung nimmt und hierbei die in Artikel 9 Absatz 3 vorgesehenen Fristen eingehalten werden. Wird der Beamte, bevor seine Familie am Ort seiner dienstlichen Verwendung Wohnung genommen hat, am Wohnsitz seiner Familie dienstlich verwendet, so erwirbt er dadurch keinen Anspruch auf eine Einrichtungsbeihilfe.“

Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt

3.
    Der Kläger ist seit dem 1. Dezember 1988 Bediensteter auf Zeit des Parlaments. Er arbeitet seitdem für die Fraktion der Europäischen Volkspartei und der Europäischen Demokraten (EVP-ED-Fraktion) mit ursprünglichem Dienstort Brüssel. Seit 1993 war er u. a. Leiter der Verbindungsstelle der EVP-ED-Fraktion beim Deutschen Bundestag, dessen Sitz sich damals in Bonn befand.

4.
    1991 beschloss der Bundestag, seinen Sitz von Bonn nach Berlin zu verlegen. Der Zeitpunkt dieser Verlegung wurde später auf 1999 festgelegt, und der Bundestag begann im August 1999, sein Personal nach Berlin zu verlegen.

5.
    1998 beschloss die EVP-ED-Fraktion ebenfalls, ihre Verbindungsstelle beim Bundestag im Jahr 1999 nach Berlin zu verlegen. Die EVP-ED-Fraktion teilte dies dem Kläger mit und beauftragte ihn, diese neue Verbindungsstelle in Berlin aufzubauen. Neben dem Aufbau der neuen Verbindungsstelle in Berlin nahm der Kläger weiterhin Aufgaben in Brüssel wahr.

6.
    1998 erwarb der Kläger eine Eigentumswohnung in Berlin. Am 18. August 1999 meldeten sich der Kläger, seine Frau und ihre drei Kinder beim zuständigen Einwohnermeldeamt in Berlin an. Die Familie des Klägers hatte immer im Eigenheim der Familie in Rolandswerth bei Bonn, dem Einberufungsort des Klägers, gewohnt.

7.
    Das Büro der EVP-ED-Fraktion wurde im Juli/August 1999 von Bonn nach Berlin verlegt. Aufgrund gewisser logistischer Schwierigkeiten verzögerte sich jedoch die Einrichtung der neuen Verbindungsstelle und die personelle Besetzung, so dass die Verbindungsstelle erst im Herbst 2000 einsatzbereit war.

8.
    Mit Schreiben vom 4. Dezember 2000 teilte der Stellvertretende Generalsekretär der EVP-ED-Fraktion dem Kläger mit, dass die Präsidentschaft der Fraktion beschlossen habe, ihn zum 1. Januar 2001 nach Berlin zu versetzen. Der Kläger unterzeichnete die Zusatzvereinbarung zum Vertrag über seine neue dienstliche Verwendung am 18. Januar 2001.

9.
    Mit Schreiben vom 15. März 2001 beantragte der Kläger bei der Personalabteilung des Parlaments die Gewährung einer Einrichtungsbeihilfe nach Artikel 5 des Anhangs VII des Statuts.

10.
    Der Antrag des Klägers wurde mit Schreiben der Leiterin der Personalabteilung des Parlaments vom 17. April 2001 abgelehnt. In diesem Schreiben hieß es:

„Was die Einrichtungsbeihilfe betrifft, so geht aus Artikel 22 der Beschäftigungsbedingungen ... in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 4 von Anhang VII des Statuts folgendes hervor: .... wird der Beamte ... am Wohnsitz seiner Familie dienstlich verwendet, so erwirbt er dadurch keinen Anspruch auf eine Einrichtungsbeihilfe‘. Da Sie in Berlin wieder bei Ihrer Familie wohnen, erfüllen Sie nicht die Voraussetzungen für eine derartige Beihilfe, so dass ich Ihren Antrag ablehnen muss.“

11.
    Mit Schreiben vom 6. Juni 2001, bei der Personalabteilung eingegangen am 18. Juni 2001, legte der Kläger eine Beschwerde nach Artikel 90 Absatz 2 des Statuts ein, mit der er um Überprüfung der Versagung der Einrichtungsbeihilfe bat.

12.
    Der Juristische Dienst der Personalabteilung teilte dem Kläger zunächst mit Schreiben vom 17. Oktober 2001 mit, dass die Beschwerde Gegenstand einer eingehenden Prüfung sei, und bat ihn, ihm vor einer etwaigen Klageerhebung eine zusätzliche Frist von drei Wochen zu gewähren. Sodann unterrichtete das Parlament den Kläger mit Schreiben vom 10. Dezember 2001 darüber, dass „die Anstellungsbehörde aus administrativen Gründen derzeit keinen endgültigen Beschluss bezüglich Ihrer Beschwerde fassen kann“. Die Personalabteilung des Parlaments hat später keine Entscheidung über die Beschwerde des Klägers mehr getroffen.

Verfahren und Anträge der Parteien

13.
    Mit Klageschrift, die am 24. Januar 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.

14.
    Das Gericht (Fünfte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

15.
    Die Parteien haben in der Sitzung vom 8. Juli 2003 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

16.
    Der Kläger beantragt,

-    die Entscheidung des Parlaments vom 17. April 2001, mit der sein Antrag vom 15. März 2001 auf Gewährung einer Einrichtungsbeihilfe abgelehnt worden ist, aufzuheben;

-     das Parlament zu verurteilen, ihm eine Einrichtungsbeihilfe in Höhe von zwei Monatsgehältern nebst Zinsen in Höhe von 8 % ab dem Zeitpunkt des Antrags zu zahlen;

-     dem Parlament die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

17.
    Das Parlament beantragt

in der Hauptsache,

-    die Klage abzuweisen;

-    den Kläger zur Tragung seiner eigenen Kosten zu verurteilen;

hilfsweise,

-    der Klage auf Aufhebung nur bezüglich der Gewährung einer Einrichtungsbeihilfe in Höhe nur eines Grundgehalts stattzugeben;

-    Verzugszinsen erst ab dem Zeitpunkt der Erhebung der Klage gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung einer Einrichtungsbeihilfe und nur zu einem Zinssatz von 5,28 % zuzusprechen;

-    zu entscheiden, dass das Parlament die Auslagen des Klägers nur zum Teil zu tragen hat.

Entscheidungsgründe

Zum Antrag auf Aufhebung der Entscheidung vom 17. April 2001 und auf Gewährung einer Einrichtungsbeihilfe

- Vorbringen der Parteien

18.
    Der Kläger führt als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Artikel 5 Absatz 2 des Anhangs VII des Statuts an, da erstens die in dieser Bestimmung vorgesehenen Voraussetzungen für die Gewährung einer Einrichtungsbeihilfe in Höhe von zwei Monatsgehältern hier vorlägen und da sich zweitens das Parlament nicht mit Erfolg auf den in Absatz 4 dieses Artikels enthaltenen Ausschlussgrund berufen könne, um die fragliche Beihilfe zu versagen.

19.
    Die Voraussetzungen des Artikels 5 Absatz 2 seien erfüllt. Der Kläger verweist insoweit auf die in Artikel 20 des Statuts, der nach Artikel 11 Absatz l der Beschäftigungsbedingungen entsprechend gelte, enthaltene Verpflichtung des Beamten, am Ort seiner dienstlichen Verwendung oder in solcher Entfernung von diesem Ort Wohnung zu nehmen, dass er in der Ausübung seines Amtes nicht behindert werde. In Anbetracht seiner seit 1998 feststehenden Versetzung nach Berlin und der Verpflichtung, am Dienstort zu wohnen, sei er sicher gewesen, seinen Wohnsitz nach Berlin verlegen zu müssen. Da weder er noch seine Familie aus Berlin stammten, sie dort keine Immobilie besessen hätten und die Immobilienpreise in Berlin schnell anstiegen, habe er sich veranlasst gesehen, sich im Voraus nach einer geeigneten Immobilie umzusehen. Die unbefristete Dauer seines Vertrages mit dem Parlament sei ein weiterer Grund gewesen, sich rechtzeitig in Berlin nach einer geeigneten Immobilie umzusehen, um sich dort auf Dauer einzurichten.

20.
    Somit sei die Verlegung seines Dienstortes nach Berlin unmittelbar kausal dafür gewesen, dass er mit seiner Familie im Juli 1999 dorthin umgezogen sei.

21.
    Dass die Verlegung des Wohnsitzes nach Berlin vor der formalen Versetzung erfolgt sei, stehe einem Anspruch auf Einrichtungsbeihilfe nicht entgegen. Erstens sei dem Wortlaut des Artikels 5 Absatz 2 nicht zu entnehmen, dass der Wechsel des Wohnsitzes nach der Versetzung an einen neuen Dienstort stattfinden müsse. Eine solche Verpflichtung hätte der Gemeinschaftsgesetzgeber aufgrund der damit verbundenen weitreichenden finanziellen Konsequenzen ausdrücklich vorsehen müssen. Zweitens könne es nach Sinn und Zweck des Artikels 5 Absatz 2 für den Anspruch auf Einrichtungsbeihilfe nicht darauf ankommen, ob der Wechsel des Wohnsitzes vor oder nach dem Erlass der Versetzungsentscheidung stattfinde. Entscheidend sei vielmehr, dass die Versetzung an einen neuen Dienstort kausal für den Wohnsitzwechsel sei.

22.
    Die Voraussetzungen des im Schreiben des Parlaments vom 17. April 2001 geltend gemachten Ausschlussgrundes des Artikels 5 Absatz 4 Satz 2 des Anhangs VII des Statuts seien im vorliegenden Fall nicht gegeben. So sei nicht er am Wohnsitz seiner Familie dienstlich verwendet worden, sondern seine Familie habe im Hinblick auf seine bevorstehende Versetzung nach Berlin ihren Wohnsitz dorthin verlegt. Diesen Sachverhalt habe das Parlament in seinem Schreiben vom 17. April 2001 verkannt, in dem es heiße, dass er in Berlin „wieder“ bei seiner Familie wohne.

23.
    Darüber hinaus verstoße das Parlament dadurch, dass es ihm die Einrichtungsbeihilfe verweigere, nicht nur gegen Artikel 5 Absatz 2, sondern mache ihn auch zu Unrecht dafür verantwortlich, dass die Anstellungsbehörde die Entscheidung über seine Versetzung nach Berlin mit Verspätung erlassen habe, worauf er keinerlei Einfluss gehabt habe, sowie dafür, dass er im Vorfeld seiner Versetzung nach Berlin am künftigen Dienstort eine Wohnung erworben habe.

24.
    Der Kläger bestreitet im Übrigen das Vorbringen des Parlaments, er habe aus freien Stücken entschieden, den Wohnsitz seiner Familie schon eineinhalb Jahre vorher zu verlegen, und weist darauf hin, dass der Umzug nicht einseitig von ihm beschlossen worden sei, sondern die unmittelbare Folge der Anweisung des Parlaments an ihn gewesen sei, seinen Dienstpflichten in Berlin dadurch nachzukommen, dass er dort die Verbindungsstelle der EVP-ED-Fraktion aufbaue.

25.
    Auf den Einwand des Parlaments, die Verlegung des Wohnsitzes der Familie hänge mit der beruflichen Verpflichtung der Ehefrau des Klägers, in Berlin zu wohnen, zusammen, entgegnet der Kläger, dass es zwar richtig sei, dass seine Ehefrau als wissenschaftliche Mitarbeiterin eines Mitglieds des Bundestages auf der Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages als Teilzeitkraft tätig gewesen sei, dass die Verlegung des Wohnsitzes der Familie nach Berlin jedoch auf seine berufliche Situation zurückzuführen gewesen sei.

26.
    Der Kläger ist deshalb der Auffassung, dass er Anspruch auf Zahlung einer Einrichtungsbeihilfe in Höhe von zwei Monatsgehältern habe, weil er eine Haushaltszulage beziehe.

27.
    Das Parlament trägt zunächst vor, dass im vorliegenden Fall Artikel 5 Absatz 4 des Anhangs VII des Statuts gelte, und zwar insbesondere Satz 2 dieser Bestimmung, wonach der Beamte, der am Wohnort seiner Familie dienstlich verwendet werde, keinen Anspruch auf eine Einrichtungsbeihilfe habe. Der Sachverhalt des vorliegenden Falles entspreche der in Artikel 5 Absatz 4 des Anhangs VII des Statuts beschriebenen Situation. Der Kläger habe nicht mit seiner Familie in Brüssel, dem bei seiner Einstellung festgelegten Dienstort, Wohnung genommen. Die Familie des Klägers, die ihm somit niemals nach Brüssel gefolgt sei, sei dennoch zwischenzeitlich nach Berlin umgezogen, der Stadt, in die der Bundestag, Arbeitgeber der Ehefrau des Klägers, seinen Sitz verlegt habe. Am 1. Januar 2001, siebzehn Monate nach diesem Umzug, sei der Kläger am Wohnsitz seiner Familie dienstlich verwendet worden.

28.
    Letzlich sei die Entscheidung der Familie des Klägers, schon im August 1999 von Bonn nach Berlin zu ziehen, aufgrund der beruflichen Verpflichtung der Ehefrau des Klägers, dort zu wohnen, erfolgt. Der Kläger sei nach Berlin gezogen, als er noch in Brüssel dienstlich verwendet worden sei, wo er sich nicht nur weiter um die Errichtung der Verbindungsstelle der Fraktion in Berlin gekümmert, sondern auch andere Aufgaben erfüllt habe. Das Parlament bestreitet in diesem Zusammenhang auch das Vorbringen des Klägers, dass die frühzeitige Verlegung des Wohnsitzes aufgrund der Schwierigkeit, eine geeignete Unterkunft in Berlin zu finden, erforderlich gewesen sei, denn die Familie des Klägers hätte vorübergehend in Bonn bleiben können, bis der Kläger nach seiner Versetzung nach Berlin eine geeignete Unterkunft gefunden hätte.

29.
    Die Entscheidung über die Versetzung des Klägers von Brüssel nach Berlin habe erst ab dem 1. Januar 2001 Rechtswirkungen entfaltet. Artikel 5 Absätze 2 und 4 des Anhangs VII des Statuts sei vor diesem Zeitpunkt nicht anwendbar gewesen, da der Kläger erst dann in Erfüllung der Pflichten nach Artikel 20 des Statuts seinen Wohnsitz habe wechseln müssen. Der Kläger habe sich aber aus freien Stücken entschlossen, den Wohnsitz seiner Familie eineinhalb Jahre vorher nach Berlin zu verlegen, so dass sich der Wohnsitz seiner Familie zu dem Zeitpunkt, zu dem er rechtlich verpflichtet gewesen sei, seinen Wohnsitz zu verlegen, bereits in Berlin befunden habe und er sich nicht mehr an diesem neuen Dienstort habe integrieren müssen.

30.
    Das Parlament bestreitet das Vorbringen des Klägers, dass der Zeitpunkt, zu dem dieser seinen Wohnsitz verlegt habe, kaum Einfluss auf die Gewährung der Einrichtungsbeihilfe haben könne. Aus dem Urteil des Gerichts vom 2. Mai 2001 in der Rechtssache T-104/00 (Cubeta/Kommission, Slg. ÖD 2001, I-A-99, II-469, Randnr. 25) ergebe sich, dass der Wohnungswechsel zwingend nach der Entscheidung über die Versetzung des Beamten, der die Einrichtungsbeihilfe beantrage, erfolgen müsse.

31.
    Selbst wenn jedoch Artikel 5 Absatz 4 in der vorliegenden Rechtssache nicht anwendbar wäre, seien die Voraussetzungen des Absatzes 2, wie sie im Urteil Cubeta/Kommission präzisiert worden seien, jedenfalls nicht gegeben, da der Wohnsitzwechsel vor der Entscheidung der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde über die neue dienstliche Verwendung des Klägers erfolgt sei.

32.
    Schließlich sei es keineswegs die Absicht der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde gewesen, die Entscheidung über die dienstliche Verwendung des Klägers hinauszuzögern, um diesem die Einrichtungsbeihilfe vorzuenthalten. Der Kläger sei im Übrigen über die gesamte Dienstzeit in Brüssel in den Genuss einer höheren Erziehungszulage gekommen, als er sie im Fall seiner Verwendung in Berlin ab 1999 erhalten hätte, und habe weiterhin die Auslandszulage bezogen, die mit der Versetzung nach Berlin im Januar 2001 entfallen sei.

33.
    Für den Fall, dass Artikel 5 Absatz 2 des Anhangs VII des Statuts anwendbar und es für die Gewährung der Einrichtungsbeihilfe nicht erforderlich sein sollte, dass der Wohnsitzwechsel nach der Entscheidung über die Versetzung erfolgt sei, trägt das Parlament hilfsweise vor, dass der Kläger in diesem Fall nur einen Anspruch auf eine Einrichtungsbeihilfe in Höhe eines Grundgehalts hätte. Das Parlament stützt sich dafür auf das Urteil Cubeta/Kommission (Randnrn. 26 bis 30) und verweist darauf, dass die Familie des Klägers zum Zeitpunkt seiner Versetzung nach Berlin am 1. Januar 2001 bereits seit mehr als eineinhalb Jahren dort gelebt habe und dass der Umzug seiner Familie nach Berlin somit nicht als direkte Folge seiner Verpflichtung, an seinem neuen Dienstort zu wohnen, erachtet werden könne.

- Würdigung durch das Gericht

34.
    Nach Artikel 5 Absatz 2 des Anhangs VII des Statuts ist eine Einrichtungsbeihilfe zu zahlen, wenn ein Beamter infolge einer Verwendung an einem neuen Dienstort in Erfüllung der Pflichten nach Artikel 20 des Statuts seinen Wohnsitz wechseln muss. Artikel 5 Absatz 4 Satz 2 bestimmt allerdings: „Wird der Beamte ... am Wohnsitz seiner Familie dienstlich verwendet, so erwirbt er dadurch keinen Anspruch auf eine Einrichtungsbeihilfe.“

35.
    Im vorliegenden Fall hat das Parlament beschlossen, den Kläger von seinem urspünglichen Dienstort Brüssel nach Berlin zu versetzen. Der Kläger musste deshalb seinen Wohnsitz wechseln, um seiner Verpflichtung, an seinem Dienstort zu wohnen, nachzukommen. Das Parlament macht jedoch geltend, dass der Kläger am Wohnort seiner Familie verwendet worden sei, die aus anderen Gründen als dem der Versetzung des Klägers umgezogen sei.

36.
    Es stellt sich daher die Frage, ob der Umzug der Familie des Klägers nach Berlin die unmittelbare Folge seiner dienstlichen Verwendung in dieser Stadt war. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die EVP-ED-Fraktion, wie sich aus dem Schreiben ihres Stellvertretenden Generalsekretärs vom 10. September 2001 ergibt, 1998 beschloss, ihre Verbindungsstelle beim Bundestag nach Berlin zu verlegen, und den Kläger beauftragte, das neue Büro einzurichten und zu leiten. Da die Leitung der Verbindungsstelle der Fraktion von Brüssel aus unmöglich wurde, sollte das Berliner Büro eine Leitung vor Ort erhalten.

37.
    In einem Vermerk vom 10. März 1999 für den Generalsektretär der CDU/CSU-Gruppe im Parlament hielt das Mitglied des Parlaments Günter Rinsche fest, dass die Verbindungsstelle der EVP-ED-Fraktion beim Bundestag mit dessen Umzug nach Berlin auch dorthin verlegt werde und dass sie vom Kläger geleitet werden solle. Die Verbindungsstelle der EVP-ED-Fraktion wurde dann im Juli/August 1999 von Bonn nach Berlin verlegt. Dies sollte zur Folge haben, dass der Kläger im August 1999 seinen Wohnort nach Berlin verlegen musste.

38.
    In Anbetracht dieser Umstände ist das Gericht der Auffassung, dass der Umzug der Familie des Klägers nach Berlin im August 1999 eine folgerichtige und nachvollziehbare Entscheidung war, die auf der unmittelbar bevorstehenden Versetzung des Klägers beruhte. Mit der Entscheidung, seinen Umzug im Monat August vorzunehmen, hat der Kläger zudem im Hinblick darauf, dass dieser Monat schulfrei ist - der Kläger hat schulpflichtige Kinder, wie er in der mündlichen Verhandlung erläutert hat - und dass die Behörden aufgrund der Sommerferien langsamer arbeiten, umsichtig gehandelt, um die umzugsbedingten Nachteile zu verringern.

39.
    Dass die Entscheidung über die Verwendung des Klägers in Berlin von der Anstellungsbehörde der Fraktion im Dezember 2000 getroffen wurde, steht dem nicht entgegen. Aus dem Schreiben vom 10. September 2001 ergibt sich nämlich, dass diese verspätete Versetzung darauf beruht, dass das Fraktionsbüro in Berlin seinen Betrieb erst Ende 2000 aufnahm, und zwar wegen der Arbeitsbedingungen und der Verspätung bei der Einrichtung dieser Verbindungsstelle infolge logistischer Schwierigkeiten des Bundestages. Diese Verspätung ist nicht dem Kläger anzulasten, der schwerlich voraussehen konnte, dass die formale Änderung seines Dienstortes erst im Dezember 2000 erfolgen würde.

40.
    Dem Vorbringen des Parlaments, dass die Entscheidung der Familie des Klägers, sich im August 1999 in Berlin niederzulassen, aufgrund der beruflichen Verpflichtung seiner Ehefrau, dort zu wohnen, und nicht aufgrund der Entscheidung über die Änderung des Dienstortes des Klägers selbst erfolgt sei, kann nicht gefolgt werden.

41.
    Zwar trifft es zu, dass die Ehefrau des Klägers als wissenschaftliche Mitarbeiterin eines Mitglieds des Bundestages auf der Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages, und zwar nur als Teilzeitkraft, tätig war. Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, den das Parlament zieht. Der Umzug der Familie des Klägers nach Berlin fand im August 1999 statt, als die Verbindungsstelle der Fraktion ihren Betrieb hätte aufnehmen sollen und der Kläger folglich in Berlin hätte wohnen sollen. Dass die Ehefrau des Klägers sich bereit erklärt hatte, in Berlin weiterhin für den Bundestag zu arbeiten, war somit nicht entscheidend für den Umzug der Familie des Klägers nach Berlin, sondern eher die Folge der Versetzung des Klägers nach Berlin.

42.
    Auch dem Vorbringen des Parlaments, dass der Kläger während der gesamten Dienstzeit in Brüssel in den Genuss einer höheren Erziehungszulage gekommen sei, als er sie im Fall seiner Verwendung in Berlin ab 1999 erhalten hätte, und dass er weiterhin die Auslandszulage bezogen habe, die später entfallen sei, ist nicht zu folgen. Da diese Ansprüche an seine dienstliche Verwendung in Brüssel geknüpft waren, standen sie ihm so lange zu, wie er dort seinen förmlichen Dienstort hatte.

43.
    Das Parlament hat demnach zu Unrecht angenommen, dass die Verlegung des Wohnsitzes der Familie des Klägers nach Berlin im Juli 1999 nicht im Zusammenhang mit der Versetzung des Klägers dorthin stand.

44.
    Sodann ist zu prüfen, ob der Umstand, dass der Umzug der Familie des Klägers vor dem Erlass der förmlichen Entscheidung über dessen Versetzung stattfand, entsprechend dem Vorbringen des Parlaments zur Folge hat, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Einrichtungsbeihilfe hat, weil die Voraussetzungen des Artikels 5 nicht erfüllt sind.

45.
    Zunächst ist festzustellen, dass der Anspruch des Klägers auf die Einrichtungsbeihilfe im Zeitpunkt seiner förmlichen Versetzung nach Berlin entstanden ist, aufgrund deren er verpflichtet war, seinen Wohnsitz zu verlegen, um dem in Artikel 20 des Statuts niedergelegten Wohnsitzerfordernis zu genügen. Demgemäß hat der Kläger am 15. März 2001 die Zahlung der Einrichtungsbeihilfe beantragt. Diese Frage ist jedoch unabhängig davon, ob der Umzug seiner Familie faktisch vor dem Erlass der förmlichen Versetzungsentscheidung stattfinden kann.

46.
    Das Parlament nimmt zu Unrecht an, dass Artikel 5 verlangt, dass der Wechsel des Wohnsitzes der Familie nach der förmlichen Versetzungsentscheidung erfolgt. Erstens lässt sich dies aus Artikel 5 Absatz 2 des Anhangs VII des Statuts nicht folgern. Diese Bestimmung bezieht sich auf den Kausalzusammenhang, der zwischen der neuen dienstlichen Verwendung des Beamten und dem Wechsel des Wohnsitzes bestehen muss, sie schreibt jedoch keine bestimmte zeitliche Reihenfolge zwischen dem Erlass oder dem Inkrafttreten der Entscheidung über die Änderung des Dienstortes einerseits und dem tatsächlichen Wechsel des Wohnsitzes vor.

47.
    Eine solche Voraussetzung ergibt sich auch nicht aus dem Urteil Cubeta/Kommission. In der vom Parlament für sein Vorbringen angeführten Randnummer 25 dieses Urteils werden lediglich die in Artikel 5 Absätze 1 und 2 für die Gewährung einer Einrichtungsbeihilfe genannten Voraussetzungen in allgemeiner Form angesprochen. Hingegen wird in diesem Urteil u. a. ausgeführt, dass im Hinblick auf die Anerkennung des Anspruchs auf das zweite Monatsgehalt zu prüfen ist, ob der Wechsel des Wohnsitzes der Familie eine unmittelbare Folge der Verpflichtung des Beamten ist, an seinem Dienstort zu wohnen (Randnr. 27).

48.
    Schließlich kann sich das Parlament nicht auf den verspäteten Erlass der förmlichen Entscheidung über die Versetzung des Klägers nach Berlin berufen, um diesem die Einrichtungsbeihilfe zu verweigern. Da das Parlament selbst für diese Verzögerung verantwortlich war, kann es nicht unter Berufung auf sie geltend machen, dass die Voraussetzungen für den Anspruch auf Einrichtungsbeihilfe zum Zeitpunkt des Erlasses der Versetzungsentscheidung nicht mehr erfüllt gewesen seien.

49.
    Das Gericht kann auch dem Vorbringen des Parlaments nicht folgen, dass der Kläger nur auf ein Monatsgehalt Anspruch habe, da sich seine Familie bereits in Berlin befunden habe. Diese Auffassung des Parlaments hat in Artikel 5 des Anhangs VII des Statuts keine Grundlage. Absatz 4 dieser Bestimmung sieht nämlich eine Begrenzung der Beihilfe auf ein Monatsgehalt nur für den Fall vor, dass die Familie des Beamten, der Anspruch auf die Haushaltszulage hat, nicht mit ihm an seinem Dienstort Wohnung nimmt. Im vorliegenden Fall ist der Sachverhalt jedoch ein ganz anderer, da die Familie des Klägers vor dessen Versetzung am neuen Dienstort des Beamten Wohnung genommen hat. Der Umzug der Familie des Klägers nach Berlin ist aber, wie festgestellt, unmittelbar auf dessen Versetzung dorthin zurückzuführen.

50.
    Nach alledem erfüllt der Kläger sämtliche in Artikel 5 des Anhangs VII des Statuts genannten Voraussetzungen, um infolge seiner Versetzung sowie seines Umzugs und desjenigen seiner Familie nach Berlin eine Einrichtungsbeihilfe in Höhe von zwei Monatsgehältern beanspruchen zu können.

Zum Antrag auf Verzugszinsen

51.
    Der Kläger beantragt die Verzinsung der Einrichtungsbeihilfe in Höhe von 8 % jährlich ab dem 15. März 2001, dem Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Gewährung der Einrichtungsbeihilfe (vgl. Urteile des Gerichts vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache T-33/95, Lozano Palacios/Kommission, Slg. ÖD 1996, I-A-575 und II-1535, sowie vom 18. Dezember 1997 in der Rechtssache T-222/95, Angelini/Kommission, Slg. ÖD 1997, I-A-491 und II-1277, und in der Rechtssache T-57/96, Costantini/Kommission, Slg. ÖD 1997, I-A-495 und II-1293).

52.
    Das Parlament macht in erster Linie geltend, dass der Antrag auf Verzugszinsen gegenstandslos sei. Hilfsweise trägt es vor, dass der Kläger Verzugszinsen erst ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung verlangen könne und dass der angegebene Zinssatz zu hoch sei.

53.
    Da das Gericht dem Antrag des Klägers auf Gewährung der Einrichtungsbeihilfe nach Artikel 5 des Anhangs VII des Statuts stattgegeben hat, ist der Betrag, den das Parlament insoweit zu zahlen hat, entsprechend dem Antrag des Klägers aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu verzinsen.

54.
    Der Antrag auf Verzugszinsen ist jedoch zum ersten Mal in der Klageschrift gestellt worden, so dass ihm lediglich für den Zeitraum ab Klageerhebung stattzugeben ist (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 1. Juli 1993 in der Rechtssache T-48/90, Giordani/Kommission, Slg. 1993, II-721, Randnr. 90, und vom 11. Juli 1997 in der Rechtssache T-29/96, Schoch/Parlament, Slg. ÖD 1997, I-A-219 und II-635, Randnr. 55).

55.
    Was schließlich die Höhe des anzuwendenden jährlichen Verzugszinssatzes angeht, so ist dieser auf der Grundlage des von der Europäischen Zentralbank für die wichtigsten Refinanzierungsgeschäfte festgelegten Satzes für den betreffenden Zeitraum zuzüglich zweier Prozentpunkte zu berechnen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 20. September 2001 in der Rechtssache T-171/00, Spruyt/Kommission, Slg. ÖD 2001, II-A-187 und II-855, Randnr. 86, und vom 12. November 2002 in der Rechtssache T-271/01, López Cejudo/Kommission, Slg. 2002, II-1109, Randnr. 59).

Kosten

56.
    Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Parlament mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm gemäß dem entsprechenden Antrag des Klägers die gesamten Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.    Die Entscheidung vom 17. April 2001, mit der das Parlament es abgelehnt hat, dem Kläger eine Einrichtungsbeihilfe zu gewähren, wird aufgehoben.

2.    Das Parlament wird verurteilt, dem Kläger die in Artikel 5 Absatz 2 des Anhangs VII des Statuts vorgesehene Einrichtungsbeihilfe in Höhe von zwei Monatsgehältern zuzüglich Verzugszinsen ab dem 24. Januar 2002 zu zahlen. Der anzuwendende Verzugszinssatz ist auf der Grundlage des von der Europäischen Zentralbank für die wichtigsten Refinanzierungsgeschäfte festgelegten Satzes für den betreffenden Zeitraum zuzüglich zweier Prozentpunkte zu berechnen.

3.    Das Parlament trägt die gesamten Kosten des Verfahrens.

García-Valdecasas            Lindh
Cooke

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. November 2003.

Der Kanzler

Die Präsidentin

H. Jung

P. Lindh


1: Verfahrenssprache: Deutsch.