Language of document : ECLI:EU:T:2011:534

URTEIL DES GERICHTS (Zweite erweiterte Kammer)

27. September 2011(*)

„Staatliche Beihilfen – Von den dänischen Behörden gewährte steuerliche Beihilfen – Seeleute, die auf im internationalen dänischen Schiffsregister eingetragenen Schiffen beschäftigt sind – Entscheidung der Kommission, keine Einwände zu erheben – Nichtigkeitsklage – Ernsthafte Schwierigkeiten“

In der Rechtssache T‑30/03 RENV

3F, ehemals Specialarbejderforbundet i Danmark (SID), mit Sitz in Kopenhagen (Dänemark), Prozessbevollmächtigte: zunächst P. Bentley, QC, und Rechtsanwalt A. Worsøe, dann P. Bentley und Rechtsanwalt P. Torbøl,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch H. van Vliet und N. Khan als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Königreich Dänemark, vertreten durch V. Pasternak Jørgensen und C. Vang als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

betreffend einen Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung C (2002) 4370 final der Kommission vom 13. November 2002, keine Einwände gegen die dänischen steuerlichen Maßnahmen zu erheben, die für die Seeleute auf den im dänischen internationalen Schiffsregister eingetragenen Schiffen gelten,

erlässt

DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten N. J. Forwood, des Richters F. Dehousse (Berichterstatter), der Richterin I. Wiszniewska‑Białecka sowie der Richter M. Prek und J. Schwarcz,

Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2011

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 1. Juli 1988 erließ das Königreich Dänemark das Gesetz Nr. 408 (Lovtidende 1997 A, S. 27329), das am 23. August 1988 in Kraft trat und mit dem das Dänische Internationale Schiffsregister (im Folgenden: DIS) eingerichtet wurde. Dieses Register ergänzt das gewöhnliche dänische Schiffsregister (im Folgenden: DAS). Mit dem DIS soll gegen das Ausweichen von dänischen Seeflaggen auf Drittlandsflaggen vorgegangen werden. Die Reeder der im DIS eingetragenen Schiffe dürfen auf diesen Schiffen Seeleute aus Drittstaaten zu den in den Herkunftsländern dieser Seeleute geltenden Gehaltsbedingungen beschäftigen.

2        Am selben Tag erließ das Königreich Dänemark die Gesetze Nrn. 361, 362, 363 und 364 (Lovtidende 1988 A, S. 36130, 36230, 36330 und 36430), die am 1. Januar 1989 in Kraft traten und mit denen mehrere steuerliche Maßnahmen für Seeleute eingeführt wurden, die auf im DIS eingetragenen Schiffen beschäftigt waren. Diese Seeleute wurden insbesondere von der dänischen Einkommensteuer befreit, während sie im Rahmen des DAS einkommensteuerpflichtig waren.

3        Am 28. August 1998 reichte die Klägerin, 3F, ehemals Specialarbejderforbundet i Danmark (SID), bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften eine gegen das Königreich Dänemark gerichtete Beschwerde wegen der fraglichen steuerlichen Maßnahmen ein. Sie machte geltend, dass die steuerlichen Vorschriften, die für Seeleute gälten, die auf im DIS eingetragenen Schiffen beschäftigt seien, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 88 EG darstellten und dass die fragliche Beihilferegelung nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei, da sie Steuerbefreiungen nicht nur für Seeleute aus der Gemeinschaft vorsehe, d. h. solche, die ihren steuerlichen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hätten, sondern für alle Seeleute, also auch diejenigen, die nicht aus der Gemeinschaft stammten; daher stehe diese Regelung mit dem Dokument der Kommission über finanzielle und steuerliche Maßnahmen im Seeverkehr mit Schiffen, die in der Gemeinschaft eingetragen sind (Dokument SEK[89] 921 endg., im Folgenden: Leitlinien von 1989), und mit den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr (ABl. 1997, C 205, S. 5, im Folgenden: Leitlinien von 1997) nicht im Einklang. Auch die Bestimmungen der Doppelbesteuerungsabkommen, die zwischen dem Königreich Dänemark und der Republik der Philippinen sowie zwischen dem Königreich Dänemark und der Republik Singapur geschlossen worden seien, stellten eine rechtswidrige Beihilferegelung dar. Die Klägerin zog daraus den Schluss, dass die Kommission das in Art. 88 Abs. 2 EG vorgesehene Verfahren einleiten müsse, und wies auf das in Art. 232 EG vorgesehene Verfahren der Untätigkeitsklage hin.

4        Mit Schreiben vom 21. Oktober 1998 erinnerte die Klägerin die Kommission an ihre Verpflichtung, nach Art. 88 Abs. 2 EG das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, und wies darauf hin, dass die fragliche steuerliche Regelung nach ihren Informationen nicht angemeldet worden sei.

5        Mit Schreiben vom 6. Januar 1999 teilte die Klägerin u. a. mit, dass sie keine Untätigkeitsklage beim Gerichtshof erheben werde, wenn die Kommission ihr zusichere, innerhalb von zwei oder drei Monaten eine Entscheidung zu erlassen, wobei sie sich die Möglichkeit vorbehielt, eine solche Klage später zu erheben.

6        Mit Schreiben vom 4. Februar 1999 bat die Kommission das Königreich Dänemark um Auskünfte, insbesondere darüber, ob die fragliche Beihilfe gezahlt worden sei oder gezahlt werde.

7        Mit Schreiben vom 18. März 1999 übersandte die Klägerin der Kommission eine neue Stellungnahme zum Begriff „Seeleute aus der Gemeinschaft“.

8        Am 19. März 1999 fand ein Treffen zwischen der Kommission und dem Königreich Dänemark statt, bei dem die Kommission ihre Bedenken hinsichtlich der steuerlichen Sonderregelung, die damals für Seeleute galt, zum Ausdruck brachte.

9        Mit Schreiben vom 13. April 1999 beantwortete das Königreich Dänemark das Schreiben der Kommission vom 4. Februar 1999 und gab u. a. an, dass die fragliche Steuerregelung 1988 eingeführt worden sei. Ferner teilte es mit, dass es eine Untersuchung hinsichtlich der Änderung der Vorschriften über die Besteuerung der Vergütung Gebietsfremder durchführe. Die Kommission werde informiert, sobald diese Untersuchung abgeschlossen sei und die dänische Regierung entschieden habe, ob dem dänischen Parlament in der nächsten Sitzungsperiode ein Gesetzentwurf vorzulegen sei.

10      Am 4. Juni 1999 übermittelte die Klägerin der Kommission die Antwort eines dänischen Ministers an das dänische Parlament, in der die Möglichkeit einer Änderung der DIS-Regelung angesprochen wurde.

11      Mit Schreiben vom 6. Dezember 1999 legte die dänische Regierung dem dänischen Parlament den Vorentwurf eines Steuergesetzes zur Änderung der DIS-Regelung vor.

12      Mit Schreiben vom 10. Januar 2000 übermittelte die Klägerin der Kommission ihre Stellungnahme zu den Auswirkungen der nicht geänderten DIS-Regelung.

13      Mit Schreiben vom 3. April 2000 unterrichtete das dänische Finanzministerium die Kommission über die Änderungen des Entwurfs des Steuergesetzes.

14      Am 4. April 2000 fand ein Treffen zwischen der Kommission und den dänischen Behörden statt, bei dem sich herausstellte, dass angesichts der letzten Änderungen des Entwurfs des Steuergesetzes eine weitere Untersuchung notwendig war.

15      Mit Schreiben vom 6. April 2000 teilte das Königreich Dänemark mit, dass die Änderungen des Entwurfs des Steuergesetzes, die auf die Erörterungen mit der Kommission beim Treffen vom 4. April 2000 hin vorgenommen worden seien, dem dänischen Parlament erst vorgelegt würden, wenn die Kommission förmlich mitgeteilt habe, dass sie dem Gemeinschaftsrecht nicht zuwiderliefen, und bat die Kommission, so bald wie möglich ein entsprechendes Verwaltungsschreiben zu übersenden.

16      Mit Schreiben vom 18. April und 15. Mai 2000 übermittelte die Klägerin der Kommission ihre Stellungnahme zu den Änderungen des Entwurfs des Steuergesetzes.

17      Am 30. November 2000 bat die Kommission das Königreich Dänemark um zusätzliche Informationen, u. a. zu steuerlichen Fragen. Das Königreich Dänemark antwortete hierauf am 15. Januar 2001.

18      Die Klägerin übermittelte der Kommission mit Schreiben vom 1. Februar, 29. Juni und 5. November 2001 Stellungnahmen.

19      Am 27. Mai 2002 fand ein Treffen zwischen der Kommission und der Klägerin statt, in dessen Verlauf die Klägerin auf die Möglichkeit der Erhebung einer Untätigkeitsklage hinwies.

 Angefochtene Entscheidung

20      Am 13. November 2002 erließ die Kommission die Entscheidung C (2002) 4370 final (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), mit der sie entschied, keine Einwände gegen die steuerlichen Maßnahmen zu erheben, die seit dem 1. Januar 1989 für Seeleute galten, die auf in Dänemark im DAS oder im DIS eingetragenen Schiffen beschäftigt waren, da diese Maßnahmen zwar staatliche Beihilfen darstellten, aber im Sinne von Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar seien.

21      Die Kommission stellte zunächst das Vorliegen einer rechtswidrigen, da nicht angemeldeten Beihilfe fest. Sie prüfte den Fall der Seeleute mit Wohnsitz in dem Staat, in dem Einkommensteuer erhoben wird, für die die Steuerbefreiung einen Vorteil darstelle. Danach prüfte sie den Fall der gebietsfremden Seeleute, auf den sich die Beschwerde der Klägerin insbesondere bezog. Sie kam zu dem Ergebnis, dass auch für gebietsfremde Seeleute ein Vorteil gegeben sei. Es handele sich um staatliche Mittel, der Handel zwischen Mitgliedstaaten könne beeinträchtigt werden, und das Kriterium der Selektivität sei erfüllt. Sie stellte daher fest, dass eine rechtswidrige staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 87 EG unabhängig davon vorliege, ob die begünstigende Steuerregelung zwischen gebietsansässigen und gebietsfremden Beschäftigten unterscheide.

22      Sodann stellte die Kommission fest, dass die steuerlichen Maßnahmen anhand des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG sowie für den Zeitraum vom 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 1997 anhand der Leitlinien von 1989 und ab dem 1. Januar 1998 anhand der Leitlinien von 1997 beurteilt werden müssten.

23      Sie vertrat die Auffassung, dass die geltende Regelung sowohl vor als auch nach dem 1. Januar 1998 mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gewesen sei.

24      Damit beantwortete sie die in der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob es als mit den Leitlinien von 1997 vereinbar angesehen werden kann, dass Angehörige von Staaten, die nicht zur Europäischen Union gehören, von der Einkommensteuer befreit werden. Sie betonte insoweit, dass die Seeleute aus der Gemeinschaft in diesen Leitlinien zu Zwecken der Besteuerung von Seeleuten ohne nähere Ausführungen zu ihrem steuerlichen Wohnsitz als Beschäftigte definiert würden, die „in einem Mitgliedstaat steuer- und sozialabgabenpflichtig sind“. Diese in Punkt 3.2 der Leitlinien von 1997 enthaltene Definition der Seeleute aus der Gemeinschaft knüpfe an keine Bedingung der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes an; somit sei der Begriff „Seeleute aus der Gemeinschaft“ im genannten Punkt in Bezug auf die Besteuerung von Seeleuten eher weit definiert.

25      Weiter führte die Kommission aus, dass die allgemeinen Steuerermäßigungen oder -befreiungen ebenfalls dazu dienten, die Steuerlast der Reedereien aus der Gemeinschaft allgemein zu senken, dass das Königreich Dänemark durch die Verringerung der Arbeitskosten die Anwendung der gemeinschaftlichen Sicherheits- und Arbeitsvorschriften auf Schiffen fördere, die sonst unter Billigflaggen aus Drittländern führen, wo diese Vorschriften meist außer Acht gelassen würden, und dass es auch zur Erhaltung von Arbeitsplätzen an Land beitrage, Schiffe unter gemeinschaftlicher Flagge zu halten, was auch zu den Zielen der Leitlinien von 1997 gehöre. Die Kommission wies daher das Vorbringen der Klägerin zurück und gelangte zu dem Ergebnis, dass es mit den Leitlinien von 1997 im Einklang stehe, dass Angehörige von Staaten, die nicht zur Europäischen Union gehörten, die fraglichen steuerlichen Vorteile ebenfalls beanspruchen könnten.

26      Sie wies zudem darauf hin, dass in den Leitlinien von 1989 in Bezug auf Beihilfen zur Verringerung der Personalkosten lediglich ausgeführt werde, dass „Beihilfen zu den Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuern der Seeleute, mit denen die Personalkosten der Reedereien aus dem Betrieb von Schiffen, die in der Gemeinschaft eingetragen sind, ohne Beeinträchtigung des Niveaus der sozialen Sicherheit der Seeleute verringert werden sollen, … mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar [sind]“. Nach Ansicht der Kommission erfüllen die fraglichen steuerlichen Maßnahmen diese Bedingungen und stehen daher auch mit den Leitlinien von 1989 im Einklang.

27      Die Kommission forderte das Königreich Dänemark darüber hinaus auf, jährlich einen Bericht vorzulegen, der es erlaube, die Auswirkungen der Regelung auf die Wettbewerbsfähigkeit der dänischen Flotte zu bewerten, und stellte fest, dass die fragliche steuerliche Regelung den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht in einem Maß beeinträchtige, das dem gemeinsamen Interesse im Sektor des Seeverkehrs zuwiderlaufe, da sie zu den Hauptzielen der Gemeinschaftsleitlinien beitrage.

28      Schließlich forderte sie das Königreich Dänemark auf, ihr die Änderungen der geprüften Regelung mitzuteilen, und wies darauf hin, dass sie den Erlass angemessener Maßnahmen beschließen könne, wenn die Entwicklung des Gemeinsamen Markts dies erfordere.

 Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof

29      Mit Klageschrift, die am 30. Januar 2003 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragte die Klägerin die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung und die Verurteilung der Kommission zur Tragung der Kosten.

30      Mit besonderem Schriftsatz, der am 17. März 2003 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit nach Art. 114 der Verfahrensordnung des Gerichts und beantragte, die Klage als offensichtlich unzulässig abzuweisen und der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

31      In ihrer am 16. Mai 2003 eingereichten Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit beantragte die Klägerin, die Einrede zurückzuweisen und der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

32      Mit Beschluss vom 23. April 2007, SID/Kommission (T‑30/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), wies das Gericht die Klage als unzulässig ab. Es verurteilte die Klägerin, ihre eigenen Kosten und die der Kommission zu tragen. Zudem verurteilte es jeden Beteiligten zur Tragung seiner eigenen durch die Streithilfe entstandenen Kosten.

33      Mit Rechtsmittelschrift, die am 9. Juli 2007 bei der Kanzlei des Gerichtshofs einging, legte die Klägerin gemäß Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs ein Rechtsmittel gegen den oben in Randnr. 32 angeführten Beschluss SID/Kommission ein und beantragte, diesen Beschluss aufzuheben, ihre Klage vor dem Gericht für zulässig zu erklären und der Kommission die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

34      Mit Urteil vom 9. Juli 2009, 3F/Kommission (C‑319/07 P, Slg. 2009, I‑5963), hat der Gerichtshof den oben in Randnr. 32 angeführten Beschluss SID/Kommission aufgehoben, soweit das Gericht auf das Vorbringen der Klägerin zu ihrer Wettbewerbsposition gegenüber anderen Gewerkschaften bei der Aushandlung von Tarifverträgen für Seeleute und zu den aus den fraglichen steuerlichen Maßnahmen folgenden sozialen Fragen in Bezug auf die Seeleute, die auf im DIS eingetragenen Schiffen beschäftigt sind, nicht eingegangen ist. Er hat die von der Kommission beim Gericht erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückgewiesen. Schließlich hat er die Rechtssache zur Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung an das Gericht zurückverwiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten.

35      Die Rechtssache ist der Ersten erweiterten Kammer des Gerichts zugewiesen worden.

36      Am 21. September 2009 hat die Klägerin auf Aufforderung der Kanzlei des Gerichts eine schriftliche Stellungnahme eingereicht.

37      Am 25. November 2009 hat die Kommission gemäß Art. 119 § 2 der Verfahrensordnung eine Klagebeantwortung bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht. Am 18. Januar 2010 hat die Klägerin eine Erwiderung eingereicht. Am 16. März 2010 hat die Kommission eine Gegenerwiderung eingereicht.

38      Das Königreich Dänemark hat am 15. Januar 2010 einen Streithilfeschriftsatz eingereicht. Die Klägerin hat am 27. Mai 2010 zu diesem Streithilfeschriftsatz Stellung genommen.

39      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts (Erste erweiterte Kammer) vom 8. April 2010 ist das Königreich Norwegen aufgrund der Rücknahme seiner Streithilfe im Register des Gerichts als Streithelfer gestrichen worden. Gemäß Art. 87 §§ 4 und 5 der Verfahrensordnung sind dem Königreich Norwegen seine eigenen Kosten und den Beteiligten ihre eigenen durch die Streithilfe des Königreichs Norwegen entstandenen Kosten auferlegt worden.

40      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Zweiten Kammer zugeteilt worden; die vorliegende Rechtssache ist daher der Zweiten erweiterten Kammer zugewiesen worden.

41      Die Beteiligten haben in der Sitzung vom 19. Januar 2011 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

 Anträge der Beteiligten des Verfahrens nach der Zurückverweisung

42      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit entschieden worden ist, keine Einwände gegen die steuerlichen Maßnahmen zu erheben, die seit dem 1. Januar 1989 für Seeleute auf in Dänemark im DAS oder im DIS eingetragenen Schiffen gelten;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

43      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

44      Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Nichtigkeitsgründe. Mit dem ersten macht sie einen Verstoß gegen Art. 88 Abs. 2 EG und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung geltend, weil die Kommission nicht das förmliche Prüfverfahren eingeleitet habe. Mit dem zweiten Nichtigkeitsgrund beanstandet sie einen Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG, wie er im Licht der Leitlinien von 1989 und von 1997 ausgelegt wird, und einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Mit dem dritten Nichtigkeitsgrund macht sie das Vorliegen eines offenkundigen Ermessensfehlers geltend.

45      Wie im Protokoll der mündlichen Verhandlung festgehalten worden ist, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf eine Frage des Gerichts erklärt, sie nehme den zweiten und den dritten Nichtigkeitsgrund unter dem Vorbehalt zurück, dass das Gericht die im Rahmen dieser Nichtigkeitsgründe geschilderten tatsächlichen Umstände bei der Prüfung des ersten Nichtigkeitsgrundes berücksichtige.

46      Das Gericht wird somit den ersten Klagegrund prüfen, mit dem ein Verstoß gegen Art. 88 Abs. 2 EG und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung geltend gemacht wird.

 Vorbringen der Beteiligten

47      Die Klägerin macht geltend, dass der vorliegende Fall ernsthafte Schwierigkeiten aufgeworfen habe. Die Kommission habe vier Jahre gebraucht, um die angefochtene Entscheidung zu erlassen, was das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten belege. Zudem habe die dänische Regierung einen Gesetzentwurf zur Änderung der DIS-Regelung vorgelegt, der die Situation noch komplexer gemacht habe. Nach Ansicht der Klägerin hätte die Kommission daher gemäß Art. 88 Abs. 2 EG und dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung das förmliche Prüfverfahren einleiten müssen.

48      In Erwiderung auf das Vorbringen der Kommission, wonach die Dauer des Vorprüfungsverfahrens auf die zahlreichen Stellungnahmen zurückzuführen sei, die die Klägerin bei ihr eingereicht habe, trägt diese vor, sie habe mit den Stellungnahmen sicherstellen wollen, dass die Kommission über den Punkt, in dem die Klägerin Bedenken habe, nämlich den Begriff „Seeleute aus der Gemeinschaft“, entscheide, und zwar auch dann, wenn sie die von der dänischen Regierung beabsichtigten Änderungen der DIS-Regelung berücksichtige. Diese Änderungen machten die Angelegenheit zwar komplizierter, klärten aber die aufgeworfene Frage nicht und entbänden die Kommission nicht von ihrer Verpflichtung, über den Begriff „Seeleute aus der Gemeinschaft“ zu entscheiden.

49      Zudem sei im vorliegenden Fall entscheidend, ob ernsthafte Schwierigkeiten bestanden hätten, und nicht, ob das Vorprüfungsverfahren eilig oder seine Dauer angemessen gewesen sei.

50      Die Kommission versuche, die Antwort auf die hier aufgeworfene Frage bezüglich des Begriffs „Seeleute aus der Gemeinschaft“ als offensichtlich darzustellen, was jedoch nicht zutreffe. Vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung habe die Kommission hierzu keine klare Antwort gegeben. Außerdem sei diese Frage in zwei weiteren, die französische und die schwedische Steuerbefreiungsregelung betreffenden Fällen, auf die die Kommission hingewiesen habe, zumindest implizit aufgeworfen worden, was bestätige, dass die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens notwendig gewesen wäre. Dass die Entscheidungen der Kommission über diese beiden anderen Regelungen schneller getroffen worden seien, belege zudem, dass im vorliegenden Fall ernsthafte Schwierigkeiten bestanden hätten.

51      Schließlich komme es nicht darauf an, ob die Kommission in dem Zeitpunkt, in dem sie die angefochtene Entscheidung erlassen habe, Bedenken gehabt habe, sondern darauf, ob sie nach Ablauf einer angemessenen Zeitspanne vor ernsthaften Schwierigkeiten stand.

52      Die Kommission und das Königreich Dänemark, das dem Rechtsstreit als Streithelfer zur Unterstützung der Kommission beigetreten ist, treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

53      Nach ständiger Rechtsprechung ist das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG unerlässlich, sobald die Kommission bei der Beurteilung der Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt auf ernsthafte Schwierigkeiten stößt. Die Kommission darf sich also für den Erlass einer positiven Entscheidung über eine Beihilfe nur dann auf die Vorprüfungsphase des Art. 88 Abs. 3 EG beschränken, wenn sie nach einer ersten Prüfung die Überzeugung gewinnt, dass die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Ist die Kommission aufgrund dieser ersten Prüfung jedoch zu der gegenteiligen Überzeugung gelangt oder hat sie nicht alle Schwierigkeiten hinsichtlich der Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt ausräumen können, so ist sie verpflichtet, alle erforderlichen Stellungnahmen einzuholen und zu diesem Zweck das Verfahren des Art. 88 Abs. 2 EG einzuleiten (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Juni 1993, Matra/Kommission, C‑225/91, Slg. 1993, I‑3203, Randnr. 33, vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 39, vom 17. Juli 2008, Athinaïki Techniki/Kommission, C‑521/06 P, Slg. 2008, I‑5829, Randnr. 34, und vom 2. April 2009, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission, C‑431/07 P, Slg. 2009, I‑2665, Randnr. 61, Urteil des Gerichts vom 9. September 2010, British Aggregates u. a./Kommission, T‑359/04, Slg. 2010, II‑0000, Randnr. 55).

54      Zwar verfügt die Kommission hinsichtlich der Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens über keinerlei Ermessen, wenn sie ernsthafte Schwierigkeiten feststellt, doch hat sie einen gewissen Spielraum bei der Ermittlung und Prüfung der Umstände des Einzelfalls, um festzustellen, ob diese ernsthafte Schwierigkeiten begründen. Im Einklang mit dem Zweck des Art. 88 Abs. 3 EG und ihrer Verpflichtung zur ordnungsmäßigen Verwaltung kann die Kommission insbesondere einen Dialog mit dem anmeldenden Staat oder mit Dritten führen, um etwaige Schwierigkeiten während des Vorverfahrens zu überwinden (Urteile des Gerichts vom 15. März 2001, Prayon-Rupel/Kommission, T‑73/98, Slg. 2001, II‑867, Randnr. 45, und vom 3. März 2010, Bundesverband deutscher Banken/Kommission, T‑36/06, Slg. 2010, II‑0000, Randnr. 126). Aufgrund dieser Befugnis muss es der Kommission jedoch auch möglich sein, ihren Standpunkt den Ergebnissen des Dialogs anzupassen, ohne dass diese Anpassung von vornherein als Beleg für ernsthafte Schwierigkeiten zu verstehen ist (Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2006, Asociación de Estaciones de Servicio de Madrid und Federación Catalana de Estaciones de Servicio/Kommission, T‑95/03, Slg. 2006, II‑4739, Randnr. 139).

55      Der Begriff der ernsthaften Schwierigkeiten ist nach der Rechtsprechung seinem Wesen nach objektiv. Ob solche Schwierigkeiten vorgelegen haben, ist vom Gericht anhand der Umstände des Erlasses des angefochtenen Rechtsakts sowie seines Inhalts in objektiver Weise zu beurteilen, wobei es die Gründe der Entscheidung zu den Angaben in Beziehung setzen muss, über die die Kommission verfügte, als sie sich zur Vereinbarkeit der streitigen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt äußerte. Die Rechtmäßigkeitskontrolle des Gerichts hinsichtlich der Frage, ob ernsthafte Schwierigkeiten vorgelegen haben, geht deshalb ihrem Wesen nach über die Prüfung offensichtlicher Beurteilungsfehler hinaus. Der Kläger trägt die Beweislast dafür, dass ernsthafte Schwierigkeiten vorlagen, und er kann diesen Beweis durch ein Bündel übereinstimmender Anhaltspunkte erbringen, die sich zum einen aus den Umständen und der Dauer des Vorprüfungsverfahrens und zum anderen aus dem Inhalt der angefochtenen Entscheidung ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteile Prayon-Rupel/Kommission, oben in Randnr. 54 angeführt, Randnr. 47, und Bundesverband deutscher Banken/Kommission, oben in Randnr. 54 angeführt, Randnr. 127).

56      Zur Stützung des Klagegrundes, wonach im vorliegenden Fall ernsthafte Schwierigkeiten bestanden hätten, führt die Klägerin erstens die Dauer des Vorprüfungsverfahrens und zweitens Argumente an, die sich auf die Umstände dieses Verfahrens beziehen.

57      Was erstens das Argument der Dauer des Vorprüfungsverfahrens betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach der Rechtsprechung in einem Fall, in dem der betreffende Mitgliedstaat sie nicht von den streitigen staatlichen Maßnahmen unterrichtet hat, nicht verpflichtet ist, diese Maßnahmen innerhalb einer bestimmten Frist einer Vorprüfung zu unterziehen. Haben jedoch betroffene Dritte bei ihr Beschwerden in Bezug auf nicht gemeldete staatliche Maßnahmen erhoben, ist sie verpflichtet, diese Beschwerden im Rahmen der in Art. 88 Abs. 3 EG vorgesehenen Vorprüfungsphase im Interesse einer ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen. Daraus folgt insbesondere, dass die Kommission die Vorprüfung staatlicher Maßnahmen, gegen die eine Beschwerde erhoben wurde, nicht unbegrenzt verlängern kann, da diese Prüfung der Kommission lediglich ermöglichen soll, sich eine erste Meinung über die Qualifizierung der ihrer Beurteilung unterliegenden Maßnahmen und über deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt zu bilden (Urteile des Gerichts vom 10. Mai 2000, SIC/Kommission, T‑46/97, Slg. 2000, II‑2125, Randnrn. 103, 105 und 107, sowie Asociación de Estaciones de Servicio de Madrid und Federación Catalana de Estaciones de Servicio/Kommission, oben in Randnr. 54 angeführt, Randnr. 121).

58      Die angemessene Dauer eines Vorprüfungsverfahrens ist anhand der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls und insbesondere seines Kontextes, der verschiedenen Verfahrensabschnitte, die die Kommission abzuschließen hat, und der Komplexität der Angelegenheit zu beurteilen (Urteile des Gerichts vom 10. Mai 2006, Air One/Kommission, T‑395/04, Slg. 2006, II‑1343, Randnr. 61, und vom 11. Juli 2007, Asklepios Kliniken/Kommission, T‑167/04, Slg. 2007, II‑2379, Randnr. 81).

59      Im vorliegenden Fall sind zwischen dem Eingang der Beschwerde am 2. September 1998 und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung am 13. November 2002 über vier Jahre vergangen. Diese Dauer erklärt die Kommission damit, dass die Beschwerde umfangreich gewesen sei, dass sie sich bemüht habe, sie in allen Aspekten – auch unter dem Gesichtspunkt der bilateralen Steuerabkommen – zu bearbeiten und dass das Verhalten der Klägerin, die zehn Schreiben an sie gesandt habe, dazu beigetragen habe, das Vorprüfungsverfahren in die Länge zu ziehen.

60      Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerin in der ursprünglichen Beschwerde im Wesentlichen dargelegt hat, dass die in der DIS-Regelung vorgesehene Steuerbefreiung den im Bereich staatlicher Beihilfen geltenden Bestimmungen, insbesondere den Leitlinien von 1989 und 1997, zuwiderlaufe, soweit sie Seeleuten zugutekomme, die weder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besäßen noch ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hätten. Sie erörterte diese Frage auch im Hinblick auf die Doppelbesteuerungsabkommen, die das Königreich Dänemark mit der Republik der Philippinen und mit der Republik Singapur geschlossen hat, und auf den sozialen Schutz, der den Seeleuten aus diesen Drittländern zugutekomme.

61      Darüber hinaus ergibt sich aus dem zeitlichen Ablauf des Sachverhalts, dass die Klägerin nach ihrer Beschwerde vom 28. August 1998 wiederholt substanzielle Stellungnahmen zum Begriff „Seeleute aus der Gemeinschaft“ und zur DIS-Regelung übersandte (Schreiben vom 18. März 1999, 10. Januar 2000 und 1. Februar 2001), denen in einigen Fällen statistische Informationen beigefügt waren, wie dem Schreiben vom 10. Januar 2000. Zudem übersandte sie am 5. November 2001 ihre Anmerkungen zu den Antworten des Königreichs Dänemark auf die zusätzlichen Fragen der Kommission.

62      Außerdem machte die Klägerin die Kommission mit Schreiben vom 4. Juni 1999 auf die Möglichkeit einer Änderung der DIS-Regelung aufmerksam. So betraf der anschließende, insbesondere mit dem Königreich Dänemark geführte Schriftwechsel diese Gesetzesänderungen. Die dänischen Behörden übersandten der Kommission am 6. Dezember 1999 den Vorentwurf des Gesetzes und am 3. April 2000 die Änderungen dieses Vorentwurfs (siehe oben, Randnrn. 10 bis 16). Danach übermittelte die Klägerin mit Schreiben vom 18. April und 15. Mai 2000 ihre Anmerkungen zu diesem Vorentwurf.

63      In diesem Zusammenhang konnte die Kommission es auch im Rahmen einer Vorprüfung der fraglichen Maßnahmen für notwendig erachten, sämtliche tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu prüfen, die ihr mit der ursprünglichen Beschwerde und mit diesen verschiedenen Schreiben mitgeteilt worden waren. Sie führte daher eine ergänzende Untersuchung hierzu durch und bat das Königreich Dänemark mit Schreiben vom 30. November 2000 um zusätzliche Informationen, auch zur Frage der bilateralen Steuerabkommen.

64      Folglich hat dieser Schriftwechsel tatsächlich dazu beigetragen, die Vorprüfung in die Länge zu ziehen.

65      Im Anschluss an das Schreiben der dänischen Behörden vom 15. Januar 2001, in dem die Ersuchen der Kommission um zusätzliche Informationen beantwortet wurden, sandte die Klägerin der Kommission ferner das Schreiben vom 1. Februar 2001, in dem sie u. a. auf den ursprünglichen Gegenstand ihrer Beschwerde hinwies, und das Schreiben vom 29. Juni 2001, in dem sie ihre Argumente auf einer Seite zusammenfasste und eine Stellungnahme zur Antwort des Königreichs Dänemark vom 15. Januar 2001 ankündigte. Diese Stellungnahme der Klägerin wurde der Kommission jedoch erst am 5. November 2001 übersandt.

66      Schließlich veranstaltete die Kommission im Lauf des Vorprüfungsverfahrens verschiedene Treffen, und zwar am 19. März 1999, am 4. April 2000 und am 27. Mai 2002.

67      Diese Umstände sind somit geeignet, die Dauer, die die Vorprüfung im vorliegenden Fall hatte, weitgehend zu erklären.

68      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Dauer der Vorprüfung, selbst wenn sie insgesamt als über das hinausgehend angesehen werden kann, was für eine erste Prüfung normalerweise benötigt ist, weitgehend durch die Umstände und den Kontext des Verfahrens gerechtfertigt ist.

69      Wie die Klägerin in der Erwiderung hervorhebt, geht es hier jedoch nicht um die Frage, ob die Dauer der Vorprüfung angemessen war, sondern um die Frage, ob ernsthafte Schwierigkeiten vorlagen.

70      Die Dauer der Vorprüfung kann zwar ein Hinweis auf das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten sein, genügt aber für sich allein nicht, um das Vorliegen solcher Schwierigkeiten nachzuweisen.

71      Insbesondere kann die bloße Tatsache, dass in der Vorprüfungsphase Erörterungen zwischen der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat stattgefunden haben und die Kommission in diesem Rahmen unter Umständen zusätzliche Informationen über die ihrer Kontrolle unterliegenden Maßnahmen verlangt hat, für sich allein nicht als Beweis dafür angesehen werden, dass die Kommission auf ernsthafte Beurteilungsschwierigkeiten gestoßen ist (vgl. Urteil SIC/Kommission, oben in Randnr. 57 angeführt, Randnr. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72      Außerdem kann der Ablauf einer Zeitspanne, selbst wenn sie erheblich über das hinausgeht, was für eine erste Prüfung im Rahmen des Art. 88 Abs. 3 EG normalerweise benötigt wird, nur dann zu der Feststellung führen, dass die Kommission auf ernsthafte Beurteilungsschwierigkeiten gestoßen ist, die die Einleitung des Verfahrens nach Art. 88 Abs. 2 EG verlangen, wenn weitere Faktoren hinzukommen (vgl. in diesem Sinne Urteil Asociación de Estaciones de Servicio de Madrid und Federación Catalana de Estaciones de Servicio/Kommission, oben in Randnr. 54 angeführt, Randnr. 135 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Zweitens sind daher die weiteren Argumente zu prüfen, die die Klägerin zur Stützung ihres ersten Klagegrundes angeführt hat und die sich im Wesentlichen auf die Umstände des Vorprüfungsverfahrens beziehen.

74      Erstens macht die Klägerin geltend, dass die Änderungen der DIS-Regelung durch den vom Königreich Dänemark übersandten Gesetzesvorentwurf die Angelegenheit komplizierter gemacht hätten, auch wenn in der angefochtenen Entscheidung über diese Änderungen nicht entschieden worden sei.

75      Es ist darauf hinzuweisen, dass die im Vorprüfungsverfahren genannten gesetzlichen Änderungen der DIS-Regelung darin bestanden, die in dieser Regelung vorgesehene besondere Steuerbefreiung auf alle normalerweise einkommensteuerpflichtigen Gebietsfremden auszudehnen, und im Wesentlichen darauf abzielten, die auf dänischen Schiffen oder Flugzeugen im internationalen Verkehr beschäftigten Gebietsfremden von der Einkommensteuer zu befreien.

76      Diese gesetzlichen Änderungen, die damals eine Neuerung darstellten, waren Gegenstand des Dialogs zwischen der Kommission und den dänischen Behörden. Insofern waren sie wie bereits festgestellt (siehe oben, Randnrn. 62 bis 67), ein Grund für Verzögerungen bei der Vorprüfung der Beschwerde, zumal der Gesetzesvorentwurf, den das Königreich Dänemark der Kommission am 6. Dezember 1999 übersandt hatte, anschließend geändert wurde, worüber die Kommission am 3. April 2000 unterrichtet wurde.

77      Die Klägerin tut jedoch nicht dar, inwiefern diese gesetzlichen Änderungen einen Anhaltspunkt für das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten bei der Beurteilung der im vorliegenden Fall fraglichen Maßnahmen, insbesondere in Bezug auf den Begriff „Seeleute aus der Gemeinschaft“, darstellten, obwohl ihr die Beweislast hierfür obliegt (siehe oben, Randnr. 55).

78      Zwar verfügt die Kommission hinsichtlich der Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens über kein Ermessen, wenn sie derartige Schwierigkeiten feststellt, doch hat sie einen gewissen Spielraum bei der Ermittlung und Prüfung der Umstände des Einzelfalls, um festzustellen, ob diese ernsthafte Schwierigkeiten begründen (vgl. die oben in Randnr. 54 angeführte Rechtsprechung).

79      Im vorliegenden Fall führte die Kommission, nachdem sie erfahren hatte, dass gesetzliche Änderungen der DIS-Regelung im Gange waren, eine ergänzende Untersuchung durch. Sie kam am 4. April 2000 mit den dänischen Behörden zu einem Treffen zusammen und bat das Königreich Dänemark um zusätzliche Informationen zu den letzten Änderungen des Gesetzentwurfs. Die Klägerin schickte ihr im Übrigen selbst eine Stellungnahme zu den Änderungen dieses Gesetzentwurfs.

80      Dieses Vorgehen der Kommission fällt in den Spielraum, über den sie verfügte, um festzustellen, ob diese Änderungen ernsthafte Schwierigkeiten begründeten, ohne dass dies bereits die Feststellung erlauben würde, dass die Kommission im vorliegenden Fall auf solche Schwierigkeiten gestoßen ist.

81      Außerdem führt die Klägerin in ihrer Erwiderung aus, dass diese Änderungen die Angelegenheit zwar komplizierter gemacht, die aufgeworfene Frage aber nicht geklärt und die Kommission nicht von ihrer Verpflichtung entbunden hätten, über den Begriff „Seeleute aus der Gemeinschaft“ zu entscheiden. Sie tut jedoch nicht dar, dass die Kommission in Anbetracht des Inhalts der gesetzlichen Änderungen, die im Gange waren, Zweifel an der Vereinbarkeit der im vorliegenden Fall fraglichen steuerlichen Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt hätte haben müssen.

82      Daher weist die Klägern nicht nach, dass die gesetzlichen Änderungen der DIS-Regelung, die im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung noch nicht in Kraft waren, zeigen, dass ernsthafte Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der DIS-Regelung mit dem Gemeinsamen Markt bestanden.

83      Zweitens macht die Klägerin geltend, dass die Kommission vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung keine klare Antwort in Bezug auf den Begriff „Seeleute aus der Gemeinschaft“ gegeben habe.

84      Eine solche Feststellung bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass dieser Begriff ernsthafte Schwierigkeiten aufwarf. In der Vorprüfungsphase ist keine Anhörung des Beschwerdeführers vorgesehen (Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in Randnr. 53 angeführt, Randnrn. 58 und 59), und die Kommission war nicht verpflichtet, der Klägerin vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung ihren Standpunkt in dieser Frage mitzuteilen.

85      Dass vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung keine derartige förmliche Stellungnahme erfolgte, bedeutet somit noch nicht, dass die Kommission auf ernsthafte Schwierigkeiten gestoßen wäre.

86      Drittens trägt die Klägerin vor, dass in den beiden Entscheidungen bezüglich der französischen und der schwedischen Steuerregelung, auf die die Kommission hingewiesen habe, zumindest implizit die gleiche Frage aufgeworfen worden sei, was bestätige, dass die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens notwendig gewesen wäre.

87      Dass die gleiche Frage in anderen Fällen aufgeworfen wurde, rechtfertigt jedoch noch nicht die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens. Eine Frage kann sich nämlich in mehreren Fällen stellen, ohne notwendigerweise ernsthafte Schwierigkeiten zu begründen, zumal die französische und die schwedische Regelung, wie die Klägerin ausgeführt hat, Unterschiede zur fraglichen dänischen Regelung aufwiesen.

88      Darüber hinaus ist auch das Argument zurückzuweisen, wonach die Tatsache, dass die Vorprüfung dieser beiden anderen Regelungen schneller durchgeführt worden sei, beweise, dass im vorliegenden Fall ernsthafte Schwierigkeiten bestanden hätten. Die Umstände des vorliegenden Vorprüfungsverfahrens unterscheiden sich nämlich deutlich von denen des französischen und des schwedischen Falles. Zum einen wurden diese Regelungen angemeldet. Zum anderen ging es im Wesentlichen darum, die in Schweden bereits geltende Regelung weiterzuführen und die Geltungsdauer der französischen Regelung zu verlängern.

89      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass keiner der von der Klägerin geltend gemachten Gesichtspunkte die Feststellung erlaubt, dass die Kommission im vorliegenden Fall am Ende des Vorprüfungsverfahrens vor ernsthaften Schwierigkeiten stand, die die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens erforderten.

90      Schließlich hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie nehme den zweiten und den dritten Klagegrund unter dem Vorbehalt zurück, dass das Gericht die im Rahmen dieser Klagegründe geschilderten tatsächlichen Umstände bei der Prüfung des ersten Klagegrundes berücksichtige (siehe oben, Randnr. 45).

91      In der Erwiderung hat die Klägerin geltend gemacht, das Vorbringen der Kommission zum zweiten und zum dritten Klagegrund zeige, dass während des Vorprüfungsverfahrens eine ernsthafte und umfassende Erörterung des Begriffs „Seeleute aus der Gemeinschaft“, die die fragliche Steuerbefreiung in Anspruch nehmen könnten, stattgefunden habe.

92      Damit nimmt die Klägerin – abgesehen davon, dass sie keinen bestimmten tatsächlichen Umstand anführt – in Wirklichkeit nicht auf tatsächliche Umstände, sondern auf eine rechtliche Argumentation Bezug, die zur Stützung des zweiten und des dritten Klagegrundes entwickelt wurde. Sie hat diese Klagegründe jedoch in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Diese Argumentation kann daher im Rahmen der vorliegenden Klage nicht berücksichtigt werden.

93      Darüber hinaus erkennt das Gericht keine zur Stützung des zweiten und des dritten Klagerundes dargelegten Gesichtspunkte, anhand deren sich im vorliegenden Fall das Vorliegen einer ernsthaften Schwierigkeit feststellen ließe.

94      Nach alledem hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die Kommission bei der Qualifizierung der fraglichen Maßnahmen anhand des Beihilfebegriffs und bei der Feststellung ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt ernsthaften Beurteilungsschwierigkeiten begegnet wäre.

95      Daraus folgt, dass der Klagegrund, wonach ein Verstoß gegen Art. 88 Abs. 2 EG und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung vorliege, da die Kommission das förmliche Prüfverfahren hätte einleiten müssen, unbegründet ist.

96      Folglich ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen und die Klage somit insgesamt abzuweisen.

 Kosten

97      In seinem Rechtsmittelurteil hat der Gerichtshof die Kostenentscheidung vorbehalten. Somit hat das Gericht im vorliegenden Urteil gemäß Art. 121 der Verfahrensordnung über sämtliche in den verschiedenen Verfahren angefallenen Kosten zu entscheiden.

98      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission ihre eigenen Kosten und die Kosten, die der Kommission in den Verfahren vor dem Gerichtshof und dem Gericht entstanden sind, aufzuerlegen.

99      Nach Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Im vorliegenden Fall trägt das Königreich Dänemark, das dem Rechtsstreit als Streithelfer zur Unterstützung der Kommission beigetreten ist, die Kosten, die ihm in den Verfahren vor dem Gerichtshof und dem Gericht entstanden sind.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      3F, ehemals Specialarbejderforbundet i Danmark (SID), trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten, die der Europäischen Kommission in den Verfahren vor dem Gerichtshof und dem Gericht entstanden sind.

3.      Das Königreich Dänemark trägt die Kosten, die ihm in den Verfahren vor dem Gerichtshof und dem Gericht entstanden sind.

Forwood

Dehousse

Wiszniewska-Białecka

Prek

 

       Schwarcz

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. September 2011.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.