Language of document : ECLI:EU:T:2009:163

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

20. Mai 2009(*)

„Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Gemeinschaftliches Ausschreibungsverfahren – Beförderung der Mitglieder des Europäischen Parlaments mit Pkw und Minibus einschließlich Fahrer während der Sitzungsperioden in Straßburg – Ablehnung des Angebots eines Bieters – Begründungspflicht – Weigerung, den vom ausgewählten Bieter geforderten Preis mitzuteilen – Schadensersatzklage“

In der Rechtssache T‑89/07

VIP Car Solutions SARL mit Sitz in Hoenheim (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: G. Welzer und S. Leuvrey, avocats,

Klägerin,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten durch D. Petersheim und M. Ecker als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend einen Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung des Europäischen Parlaments, den Auftrag zur Beförderung der Mitglieder des Parlaments mit Pkw und Minibus einschließlich Fahrer während der Sitzungsperioden in Straßburg, der Gegenstand des Ausschreibungsverfahrens PE/2006/06/UTD/1 ist, nicht an die Klägerin zu vergeben, sowie einen Antrag auf Schadensersatz

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidenten A. W. H. Meij sowie der Richter V. Vadapalas (Berichterstatter) und E. Moavero Milanesi,

Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2008

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

1        Die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen durch das Europäische Parlament unterliegt den Bestimmungen in Titel V des Ersten Teils der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248, S. 1, im Folgenden: Haushaltsordnung) sowie den Bestimmungen in Titel V des Ersten Teils der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung (ABl. L 357, S. 1, im Folgenden: Durchführungsbestimmungen). Diese Bestimmungen leiten sich von den Richtlinien ab, die die Gemeinschaften in diesem Bereich erlassen haben, insbesondere von der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1), die inbesondere durch die Richtlinie 97/52/EG des Rates vom 13. Oktober 1997 (ABl. L 328, S. 1) geändert wurde und mittlerweile durch die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134, S. 114) aufgehoben und ersetzt worden ist.

2        Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung lautet:

„Der öffentliche Auftraggeber unterrichtet alle Bewerber oder Bieter, deren Bewerbung oder Angebot abgelehnt wurde, über die Gründe für die Ablehnung; er teilt die Merkmale und Vorteile [des ausgewählten] Angebots sowie den Namen des Auftragnehmers allen Bietern mit, die ein anforderungsgemäßes Angebot eingereicht und schriftlich um diese Mitteilung ersucht haben.

Die Veröffentlichung bestimmter Informationen kann entfallen, wenn sie [den] Gesetzesvollzug behindern, dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen, die legitimen Geschäftsinteressen öffentlicher oder privater Unternehmen beeinträchtigen würde oder dem lauteren Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern schaden könnte.“

3        Art. 149 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen in der auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbaren Fassung bestimmt:

„Bei Aufträgen, die die Gemeinschaftsorgane gemäß Artikel 105 der Haushaltsordnung für eigene Rechnung vergeben, teilt der öffentliche Auftraggeber so bald wie möglich nach Ergehen des Beschlusses über die Zuschlagserteilung, spätestens jedoch im Laufe der darauf folgenden Woche, allen abgelehnten Bietern oder Bewerbern in einem Schreiben und per Fax oder E-Mail zeitgleich mit, dass ihr Angebot oder ihre Bewerbung nicht ausgewählt worden ist; die Mitteilung ist an jeden einzelnen Bieter bzw. Bewerber persönlich zu richten und muss die jeweiligen Gründe für die Ablehnung de[s] Angebots bzw. der Bewerbung enthalten. Der öffentliche Auftraggeber unterrichtet zeitgleich mit der Übersendung der vorgenannten Mitteilung an die abgelehnten Bieter oder Bewerber den ausgewählten Auftragnehmer von der Erteilung des Zuschlags und weist ihn darauf hin, dass diese Tatsache allein noch keinerlei Verpflichtung seitens des öffentlichen Auftraggebers begründet.

Den abgelehnten Bewerbern oder Bietern, die schriftlich mit Schreiben, Fax oder E-Mail darum ersuchen, werden ergänzende Auskünfte zu den Gründen für die Ablehnung und im Falle der Einreichung eines anforderungsgemäßen Angebots und vorbehaltlich Artikel 100 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Haushaltsordnung auch Informationen über die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots sowie die Identität des Zuschlagsempfängers mitgeteilt. Die Antwort des öffentlichen Auftraggebers erfolgt binnen einer Frist von höchstens 15 Kalendertagen nach Eingang des Ersuchens um ergänzende Auskünfte.“

 Sachverhalt

4        Die Klägerin, VIP Car Solutions SARL, ist eine Gesellschaft, die Fahrzeuge der Oberklasse mit Fahrer vermietet.

5        Mit einer im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 16. September 2006 (ABl. S 177) veröffentlichten Bekanntmachung schrieb das Parlament den Auftrag PE/2006/06/UTD/1 aus, der die Beförderung der Mitglieder des Europäischen Parlaments mit Pkw und Minibus einschließlich Fahrer während der Sitzungsperioden in Straßburg betraf (im Folgenden: Ausschreibung).

6        Laut Ziff. IV.2.1 der Ausschreibung musste der Zuschlag für das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf folgende gewichtete Kriterien erteilt werden: Preis (55 %), bereitgestellter Fuhrpark (Umfang und Qualität) (30 %), an den Fahrzeugen vorgenommene vorgeschriebene oder eigene Maßnahmen, um die Umweltanforderungen zu erfüllen (7 %), im Personalwesen angewandte soziale Maßnahmen (6 %) und Präsentation des Angebots (2 %).

7        Der für den Eingang der Angebote bzw. Teilnahmeanträge festgelegte Schlusstermin war der 27. Oktober 2006. Drei Angebote wurden innerhalb der festgesetzten Frist eingereicht, darunter das der Klägerin. Am 6. November 2006 stellte der Ausschuss für die Öffnung der Angebote fest, dass die drei Angebote der Ausschreibung entsprächen.

8        Am 30. November 2006 schlug der Ausschuss für die Bewertung der Angebote (im Folgenden: Bewertungsausschuss) vor, den Auftrag an einen anderen Bieter als die Klägerin zu vergeben; dieser hatte insgesamt 566 Punkte erhalten, die sich wie folgt verteilten: 290 Punkte für den Preis, 180 Punkte für den Fuhrpark, 42 Punkte für die Umweltmaßnahmen, 36 Punkte für die sozialen Maßnahmen und 18 Punkte für die Präsentation des Angebots.

9        Der Klägerin wurde mit insgesamt 504 Punkten auf den zweiten Platz gesetzt; ihre Punkte verteilten sich wie folgt: 343,5 Punkte für den Preis, 135 Punkte für den Fuhrpark, 0 Punkte für die Umweltmaßnahmen, 18 Punkte für die sozialen Maßnahmen und 8 Punkte für die Präsentation des Angebots.

10      Am 3. Januar 2007 vergab der Präsident des Europäischen Parlaments den Auftrag an den Bieter, den der Bewertungsausschuss vorgeschlagen hatte (im Folgenden: ausgewählter Bieter).

11      Am 9. Januar 2007 richtete das Parlament eine E-Mail mit folgendem Wortlaut an die Klägerin:

„Wir übersenden Ihnen anbei das Schreiben betreffend Ihr Angebot. Das Original dieses Schreibens erhalten Sie per Einschreiben. Wir bitten Sie, den Erhalt dieser E-Mail zu bestätigen.“

12      Mit diesem – der E-Mail als Anhang beigefügten – Schreiben, das nicht unterzeichnet und undatiert war, teilte das Parlament der Klägerin die Entscheidung mit, ihr Angebot im Rahmen der Ausschreibung nicht zu berücksichtigen (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

13      In der angefochtenen Entscheidung wird u. a. ausgeführt:

„Folgende Gründe haben zur Ablehnung ihres Angebots geführt: Das Angebot war im Hinblick auf die Zuschlagskriterien nicht das wirtschaftlich günstigste.

Wir weisen Sie darauf hin, dass Sie – unbeschadet einer eventuellen gerichtlichen Überprüfung – ergänzende Auskünfte zu den Gründen für die Ablehnung ihres Angebots erhalten können.

Wenn Sie dies schriftlich beantragen, können Sie auch Informationen über die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots sowie die Identität des Zuschlagsempfängers erhalten. Die Veröffentlichung bestimmter Informationen entfällt, wenn sie den Gesetzesvollzug behindern, dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen, die legitimen Geschäftsinteressen öffentlicher oder privater Unternehmen beeinträchtigen würde oder dem lauteren Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern schaden könnte. …“

14      Mit E-Mail vom 10. Januar 2007 antwortete die Klägerin wie folgt:

„Wir bestätigen den Erhalt Ihrer E-Mail betreffend die Ablehnung unseres Angebots. Allerdings möchten wir, entsprechend Ihrem Vorschlag, Informationen über die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots sowie die Identität des Zuschlagsempfängers erhalten. Denn da unser Angebot nicht das wirtschaftlich günstigste sein soll, bitten wir Sie, uns den Preis pro Stunde zu nennen, den die berücksichtigte Gesellschaft geboten hat.“

15      Mit Schreiben vom 15. Januar 2007 ersuchte die Klägerin das Parlament erneut, ihr Informationen über die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots und die Identität des Zuschlagsempfängers sowie den vom ausgewählten Bieter geforderten Preis mitzuteilen. Sie betonte, dass sie bis zu diesem Zeitpunkt das Original des Einschreibens mit der Bestätigung, dass ihr Angebot abgelehnt worden sei, nicht erhalten habe.

16      Mit Schreiben vom 23. Januar 2007 listete das Parlament in Beantwortung der E-Mail der Klägerin vom 10. Januar 2007 und unter Hinweis auf Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung erneut die in der Ausschreibung festgelegten gewichteten Zuschlagskriterien auf und führte anschließend Folgendes aus:

„Das berücksichtigte Angebot erhielt für die Gesamtheit der vorgenannten Kriterien die höchste Bewertung … (566) und wurde infolgedessen auf den ersten Platz gesetzt.

Trotz eines geringfügig niedrigeren Preises bekam Ihr Angebot 504 Punkte und wurde infolgedessen auf den zweiten Platz gesetzt.“

17      Mit diesem Schreiben teilte das Parlament der Klägerin auch den Namen des Zuschlagsempfängers mit.

18      Am 24. Januar 2007 sandte das Parlament an die Klägerin das Original des Schreibens, mit dem ihr die Entscheidung über die Ablehnung ihres Angebots mitgeteilt wurde.

19      Mit E-Mail vom 31. Januar 2007 fragte das Parlament die Klägerin, ob sie dieses Schreiben erhalten habe. Mit E-Mail vom selben Tag verneinte die Klägerin dies.

20      Mit Schreiben vom 1. März 2007 wies die Klägerin durch ihren Rechtsanwalt darauf hin, dass sie im Rahmen der Ausschreibung einen Ausnahmepreis gefordert habe, und beantragte die Übermittlung einer Kopie des Angebots, das der ausgewählte Bieter vorgelegt hatte, um den von diesem unterbreiteten Preis zu erfahren.

21      Mit Schreiben vom 20. März 2007 an den Rechtsberater der Klägerin lehnte das Parlament diesen Antrag unter Hinweis auf Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung ab und führte ergänzend aus:

„… Wir weisen Sie darauf hin, dass innerhalb von 48 Tagen nach Unterzeichnung des Vertrags im Amtsblatt der Europäischen Union eine Bekanntmachung über die Vergabe des Auftrags erfolgen wird, in der die wesentlichen Merkmale, wie der gezahlte Preis, aufgeführt werden.

Wir nehmen zur Kenntnis, dass Ihre ‚Mandanten wissen, dass sie einen Ausnahmepreis gefordert hatten‘.

Wir müssen Sie jedoch daran erinnern, dass der Preis nicht das einzige Zuschlagskriterium war. Die qualitativen und funktionellen Kriterien haben für ein Organ wie das unsere eine ganz besondere Bedeutung und können eine höhere Kostenbelastung rechtfertigen.

Unsere Bewertung ‚[t]rotz eines geringfügig niedrigeren Preises‘ bezog sich gerade auf diesen Gesichtspunkt der Ausschreibung; wir weisen insbesondere darauf hin, dass das Angebot Ihrer Mandanten zwar die höchste Benotung in Bezug auf den Preis erhalten hatte; aufgrund der Summe der Benotungen, so wie sie vom Bewertungsausschuss errechnet worden ist und bei der alle in den Ausschreibungsunterlagen aufgezählten Kriterien berücksichtigt worden sind, konnten Ihre Mandanten den Auftrag nicht erhalten. Denn, wie diesen bereits mitgeteilt worden ist, erhielt deren Angebot insgesamt 504 Punkte, das des Zuschlagempfängers hingegen 566.“

22      Mit Schreiben vom 23. März 2007 machte die Klägerin geltend, dass es in Anbetracht der Tatsache, dass das Kriterium des Preises bei der Bewertung der Angebote mit 55 % gewichtet worden sei, unmöglich sei, dass der Auftrag an einen anderen Bieter als sie vergeben werde, und die Weigerung, den Preis bekannt zu geben, den der ausgewählte Bieter gefordert habe, hindere sie daran, vor Ablauf der Frist für eine Klage beim Gericht die Bedingungen der Auftragsvergabe zu prüfen.

23      Am 7. April 2007 wurde die Bekanntmachung über die Vergabe des Auftrags im Supplement des Amtsblatts (ABl. S 69) veröffentlicht. Dort wurde angegeben, dass der vom ausgewählten Bieter geforderte Preis 26 Euro pro Stunde (außerplanmäßig) und 37,50 Euro pro Stunde (planmäßig) betrage.

 Verfahren und Anträge der Parteien

24      Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 23. März 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

25      Da ein Mitglied der Kammer an der Mitwirkung am Verfahren gehindert ist, hat der Präsident des Gerichts gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts einen anderen Richter dazu bestimmt, die Kammer zu ergänzen.

26      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Sechste Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und die Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung zur Vorlage von Unterlagen aufgefordert. Die Parteien sind dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen.

27      Die Parteien haben in der Sitzung vom 9. Dezember 2008 mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.

28      In ihrer Klageschrift beantragt die Klägerin,

–        die Klage für zulässig zu erklären;

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        alle der angefochtenen Entscheidung nachfolgenden Handlungen für nichtig zu erklären;

–        das Parlament zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 500 000 Euro zu verurteilen;

–        das Parlament zu verurteilen, die nicht erstattungsfähigen Aufwendungen bis zur Höhe von 5 000 Euro zu tragen;

–        dem Parlament die Kosten aufzuerlegen.

29      In ihrer Erwiderung beantragt die Klägerin außerdem,

–        dem Parlament aufzugeben, ein ordnungsgemäßes Ausschreibungsverfahren durchzuführen.

30      In seiner Klagebeantwortung beantragt das Parlament,

–        die Nichtigkeitsklage abzuweisen;

–        die Schadensersatzklage abzuweisen;

–        den Antrag, es zur Tragung der nicht erstattungsfähigen Aufwendungen bis zur Höhe von 5 000 Euro zu verurteilen, abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

31      In seiner Gegenerwiderung beantragt das Parlament außerdem,

–        den Antrag, ihm aufzugeben, ein ordnungsgemäßes Ausschreibungsverfahren durchzuführen, abzuweisen.

32      In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf eine Frage des Gerichts hin den Antrag zurückgenommen, das Parlament zur Tragung der nicht erstattungsfähigen Aufwendungen bis zur Höhe von 5 000 Euro zu verurteilen; dies ist im Protokoll der mündlichen Verhandlung vermerkt worden.

 Rechtliche Würdigung

 Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung

33      Die Klägerin macht im Wesentlichen zwei Klagegründe geltend: Zum einen sei gegen die Begründungspflicht verstoßen worden, und zum anderen sei die Weigerung, den vom ausgewählten Bieter geforderten Preis bekannt zu geben, rechtswidrig.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht

–       Vorbringen der Parteien

34      In ihrer Klageschrift macht die Klägerin geltend, dass das Kriterium des Preises im Rahmen der Ausschreibung mit 55 %, also mit mehr als der Hälfte der Gesamtheit der Kriterien, gewichtet worden sei. Sie habe den niedrigsten Preis gefordert, nämlich 31,70 Euro pro Stunde. Sie habe jedoch nur 504 Punkte erhalten, der ausgewählte Bieter hingegen 566. Sie verstehe nicht, wie es zu diesem Unterschied hinsichtlich der Punktzahl gekommen sei, obwohl sie das beste Angebot hinsichtlich des Preises vorgelegt habe. Rechnerisch hätte der Auftrag nicht an einen anderen Bieter vergeben werden können.

35      In ihrer Erwiderung führt die Klägerin aus, dass das Parlament einräume, einen Rechenfehler bei der Berechnung der Gesamtzahl ihrer Punkte begangen zu haben, was die mangelnde Sorgfalt belegt, die der Bewertungsausschuss an den Tag gelegt habe.

36      Was das Kriterium des Fuhrparks betreffe, habe das Parlament willkürlich dessen Umfang mit zwei Dritteln in die Benotung einfließen lassen, dessen Qualität hingegen nur mit einem Drittel. Sie sei jedoch nicht über diese Aufteilung informiert worden, die sie als unberechtigt ansehe, da das Eigentum an den Fahrzeugen nicht wichtiger sei als deren Qualität. Da alle Bieter hinsichtlich der Qualität gleich benotet worden seien, hätte der Unterschied bei der Punktzahl zwischen der Klägerin und dem ausgewählten Bieter geringer ausfallen müssen.

37      In Bezug auf das Kriterium der Umweltmaßnahmen ist die Klägerin der Ansicht, es sei unmöglich, dass sie null Punkte erhalten habe. Denn für sie gälten wie für den ausgewählten Bieter die französischen Rechtsvorschriften über Beförderungsgesellschaften der Oberklasse, wonach Fahrzeuge in exzellentem technischen Zustand und jährliche Kontrollen vorgeschrieben seien. Daher seien alle ihre Fahrzeuge neu und mit Partikelfiltern ausgestattet. Der Unterschied von 42 Punkten lasse sich folglich nicht mit der bloßen Begründung rechtfertigen, dass der ausgewählte Bieter die Charta gegen Verschmutzung der Stadtverwaltung von Paris unterzeichnet habe.

38      Was das Kriterium der Sozialpolitik betreffe, so handele es sich bei einem der beiden unbefristeten Verträge des ausgewählten Bieters in Wirklichkeit um einen befristeten Vertrag wegen erhöhten Arbeitsanfalls oder sogar um einen Zeitarbeitsvertrag. Denn dieser Vertrag nenne sich „unbefristeter Arbeitsvertrag auf Zeit“, obwohl diese beiden Begriffe antinomisch seien. Im Übrigen stammten die Arbeitsverträge der Klägerin und des ausgewählten Bieters vom nationalen Berufsverband der Beförderungsunternehmen der Oberklasse. Die Punktedifferenz zwischen den beiden Bietern sei daher nicht gerechtfertigt.

39      Das Kriterium der Präsentation des Angebots betreffe dessen Form und nicht dessen Inhalt. Das Angebot des ausgewählten Bieters könne daher nicht hinsichtlich dieses Kriteriums „unbestreitbar überlegen“ sein. Zudem habe die Klägerin nicht nur eine Präsentation in guter und gehöriger Form, sondern außerdem als einzige ihr Angebot in Form einer DVD vorgelegt. Trotzdem habe sie eine niedrigere Punktzahl erhalten als der ausgewählte Bieter.

40      In seiner Klagebeantwortung streicht das Parlament heraus, dass die anderen Zuschlagskriterien, die nicht den Preis beträfen, mit 45 % gewichtet worden seien und folglich das Ergebnis der Bewertung der verschiedenen Angebote hätten beeinflussen können. Die Angebote seien objektiv geprüft worden.

41      Der Bewertungsausschuss habe jedes Kriterium mit einem Punktwert zwischen 0 bis 10 benotet, und die so erzielte Punktzahl sei anschließend mit dem Prozentwert für das Kriterium multipliziert worden. Hinsichtlich der beiden Hauptkriterien, nämlich des Preises und des Umfangs des Fuhrparks, habe der Bewertungsausschuss zur Gewährleistung der Objektivität beschlossen, den Wert des laufenden Vertrags, der im Verhältnis zum zu vergebenden Auftrag neutral sei, zu benoten und diesen ersten objektiven Wert mit dem Quotienten aus der Leistung des bisherigen Vertragspartners und der Leistung, die der jeweilige Bieter angeboten habe, zu multiplizieren.

42      Hinsichtlich der Benotung des Preises sei der Bewertungsausschuss davon ausgegangen, dass der Preis des laufenden Vertrags, d. h. 33 Euro, als vernünftig anzusehen sei, und habe ihn mit 6 Punkten benotet. Der Preis, den die Klägerin und der ausgewählte Bieter gefordert hätten, habe 31,70 Euro bzw. 37,50 Euro pro Stunde betragen und daher zu folgenden Ergebnissen geführt:

–        für die Klägerin: 33: 31,70 x 6 x 55 = 343,5 Punkte;

–        für den ausgewählten Bieter: 33: 37,5 x 6 x 55 = 290,4 Punkte.

43      Was das Kriterium des Fuhrparks betreffe, habe der Bewertungsausschuss dessen Umfang als vorrangig angesehen und diesen mit zwei Dritteln der Note, d. h. mit 20 Punkten, gewichtet. Die Punktzahl 6 sei dem aus 60 Fahrzeugen bestehenden Fuhrpark des bisherigen Vertragspartners zugewiesen worden. Hinsichtlich der Klägerin sei der Bewertungsausschuss von einem Fuhrpark mit 70 Fahrzeugen (60 Wagen und 10 Minibusse) und hinsichtlich des ausgewählten Bieters von einem Fuhrpark mit 60 Fahrzeugen ausgegangen. Er habe außerdem, um die Angebote vergleichbar zu machen, die unmittelbare Verfügbarkeit der Fahrzeuge ausgewählt. Hierzu sei auf den Fuhrpark der Klägerin ein Koeffizient von 0,5 angewandt worden, da 67 von 70 Fahrzeugen bei einer anderen Gesellschaft hätten gemietet werden müssen. Diese Bewertung habe daher zu folgenden Ergebnissen geführt:

–        für die Klägerin: 70: 60 x 6 x 0,5 x 20 = 70 Punkte;

–        für den ausgewählten Bieter: 60: 60 x 6 x 1 x 20 = 120 Punkte.

44      In Bezug auf das Kriterium der Qualität des Fuhrparks seien sowohl die Klägerin als auch der ausgewählte Bieter mit 10 Punkten benotet worden, was unter Berücksichtigung der Gewichtung dieses Kriteriums zu folgender Punktevergabe geführt habe:

–        für die Klägerin: 6 x 10 = 60 Punkte;

–        für den ausgewählten Bieter: 6 x 10 = 60 Punkte.

45      Das Parlament räumt ein, dass dem Bewertungsausschuss ein Fehler unterlaufen sei, als er beim Kriterium des Fuhrparks von 135 Punkten für die Klägerin ausgegangen sei. In Wirklichkeit betrage der Wert 130 Punkte, so dass die Klägerin insgesamt 499 Punkte und nicht 504 Punkte erhalten habe.

46      In Bezug auf das Kriterium der Umweltmaßnahmen habe allein der ausgewählte Bieter Angaben gemacht, nämlich dass er sich an die Charta gegen Verschmutzung der Stadtverwaltung von Paris halte und dass seine Fahrzeuge neu und mit Partikelfiltern ausgerüstet seien, was zur Vergabe von folgenden Punktzahlen geführt habe:

–        für die Klägerin: 0 x 7 = 0 Punkte;

–        für den ausgewählten Bieter: 6 x 7 = 42 Punkte.

47      Was das Kriterium der Sozialpolitik betreffe, habe der ausgewählte Bieter zwei Arten unbefristeter Arbeitsverträge angeboten, einer davon für unständig Beschäftigte, während die Fahrer der Klägerin nur befristete Arbeitsverträge erhielten. Unter Berücksichtigung der Gewichtung dieses Kriteriums habe sich der Unterschied zwischen den beiden Angeboten in folgender Punktezuteilung ausgedrückt:

–        für die Klägerin: 3 x 6 = 18 Punkte;

–        für den ausgewählten Bieter: 6 x 6 = 36 Punkte.

48      Was schließlich die Präsentation des Angebots angehe, sei die des ausgewählten Bieters unbestreitbar überlegen gewesen, was in Anbetracht der Gewichtung dieses Kriteriums zu folgender Punktevergabe geführt habe:

–        für die Klägerin: 4 x 2 = 8 Punkte;

–        für den ausgewählten Bieter: 9 x 2 = 18 Punkte.

49      Infolgedessen ergebe sich für das jeweilige Angebot folgende Gesamtpunktzahl:

–        für die Klägerin: 343 + 70 + 60 + 0 + 18 + 8 = 499 Punkte;

–        für den ausgewählten Bieter: 290 + 120 + 60 + 42 + 36 + 18 = 566 Punkte.

50      Außerdem habe der zuständige Anweisungsbefugte nach einer Überprüfung festgestellt, dass der Fuhrpark des ausgewählten Bieters 70 Fahrzeuge umfasst habe, was dazu führe, dass dieser in Wirklichkeit insgesamt 586 Punkte erhalte.

51      Demzufolge habe das Angebot des ausgewählten Bieters gegenüber dem der Klägerin eindeutige qualitative Vorteile aufgewiesen; deren Angebot sei lediglich hinsichtlich des Kriteriums des Preises besser gewesen. In diesem Zusammenhang erinnert das Parlament daran, dass der Auftrag an den Bieter mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot habe vergeben werden müssen. Da es sich nicht um eine Vergabe im Preiswettbewerb gehandelt habe, was dazu geführt hätte, dass die Bieter allein nach dem Kriterium des Preises einzustufen gewesen wären, hätte der Auftrag nicht von vornherein für das finanziell niedrigste Angebot erteilt werden können.

52      In seiner Gegenerwiderung führt das Parlament ergänzend aus, dass die Klägerin offenbar die fehlende Objektivität und das Ermessen des öffentlichen Auftraggebers, bei dem die Kontrolle durch das Gericht darauf beschränkt sei, zu prüfen, dass kein offensichtlicher Beurteilungsfehler vorliege, miteinander verwechsele.

53      Was das Kriterium des Fuhrparks angehe, ergebe sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass ein Bewertungsausschuss Unterkriterien eines zuvor festgelegten Zuschlagskriteriums dadurch besonders gewichten dürfe, dass er die vom öffentlichen Auftraggeber bei der Erstellung der Verdingungsunterlagen oder der Bekanntmachung des Auftrags für dieses Kriterium vorgesehenen Punkte auf die Unterkriterien verteile, sofern eine solche Entscheidung erstens die in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags bestimmten Zuschlagskriterien für den Auftrag nicht ändere, zweitens nichts enthalte, was, wenn es bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen wäre, diese Vorbereitung hätte beeinflussen können, und drittens nicht unter Berücksichtigung von Umständen erlassen worden sei, die einen der Bieter hätten diskriminieren können. Die Klägerin tue jedoch nicht dar, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt gewesen seien.

54      In Bezug auf das Kriterium der Umweltmaßnahmen gebe die Klägerin in ihrem Angebot nicht an, auf welche Weise sie dieses erfülle, was ihre Benotung mit null Punkten erkläre.

55      Was schließlich das letzte Zuschlagskriterium betreffe, rechtfertige eine Präsentation in Form einer DVD für sich allein genommen nicht, das Angebot der Klägerin als besser präsentiert anzusehen als das des ausgewählten Bieters. Der entscheidende Gesichtspunkt sei die Attraktivität und Überzeugungskraft des Angebots und nicht die Art des Trägers.

–       Würdigung durch das Gericht

56      Zunächst ist daran zu erinnern, dass das Parlament, ebenso wie die anderen Organe, bei der Beurteilung der Umstände, die bei einer Entscheidung über die Vergabe eines Auftrags im Wege der Ausschreibung zu berücksichtigen sind, über einen weiten Spielraum verfügt. Die gerichtliche Kontrolle hinsichtlich der Ausübung dieses Ermessens ist daher auf die Prüfung beschränkt, ob die Verfahrens- und Begründungsvorschriften eingehalten worden sind, der Sachverhalt zutrifft und kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder ein Ermessensmissbrauch vorliegt (vgl. entsprechend Urteile des Gerichts vom 27. September 2002, Tideland Signal/Kommission, T‑211/02, Slg. 2002, II‑3781, Randnr. 33, und vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑465/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 45).

57      Nach Art. 1 des Verzeichnisses der administrativen Bestimmungen galten für die Vergabe des in Rede stehenden Auftrags die Haushaltsordnung und die Durchführungsbestimmungen.

58      Bei der Begründung der angefochtenen Entscheidung musste das Parlament demzufolge im vorliegenden Fall Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung und Art. 149 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen anwenden.

59      Aus diesen Artikeln sowie aus der Rechtsprechung des Gerichts ergibt sich, dass das Parlament seiner Begründungspflicht genügt, wenn es zunächst die unterlegenen Bieter unverzüglich über die Gründe für die Ablehnung ihres Angebots unterrichtet und anschließend den Bietern, die ein anforderungsgemäßes Angebot vorgelegt haben und dies ausdrücklich beantragen, innerhalb einer Frist von 15 Kalendertagen ab Eingang eines schriftlichen Antrags die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots sowie den Namen des erfolgreichen Bieters mitteilt (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑465/04, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 47).

60      Ein solches Vorgehen entspricht dem Zweck der in Art. 253 EG verankerten Begründungspflicht, wonach die Begründung die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass ihr die Betroffenen im Hinblick auf die Geltendmachung ihrer Rechte die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der Richter seine Kontrolle ausüben kann (Urteil Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑465/04, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 48).

61      Zudem kommt der Beachtung der Garantien, die die Gemeinschaftsrechtsordnung für Verwaltungsverfahren vorsieht, in den Fällen, in denen, wie vorliegend, einem Gemeinschaftsorgan ein weites Ermessen eingeräumt ist, eine besonders fundamentale Bedeutung zu. Zu diesen Garantien gehört insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs, seine Entscheidungen hinreichend zu begründen. Nur so ist der Gemeinschaftsrichter in der Lage, zu überprüfen, ob die für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen sachlichen und rechtlichen Umstände vorgelegen haben (Urteil des Gerichtshofs vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, Slg. 1991, I‑5469, Randnr. 14; Urteile des Gerichts vom 5. März 2002, Le Canne/Kommission, T‑241/00, Slg. 2002, II‑1251, Randnrn. 53 und 54, und Urteil vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑465/04, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 54).

62      Das Begründungserfordernis ist außerdem anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, insbesondere anhand des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63      Schließlich handelt es sich bei der Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis, das von der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört (Urteil des Gerichtshofs vom 22. März 2001, Frankreich/Kommission, C‑17/99, Slg. 2001, I‑2481, Randnr. 35, und Urteil des Gerichts vom 12. November 2008, Evropaïki Dynamïki/Kommission, T‑406/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 47).

64      In dieser Hinsicht ist davon auszugehen, dass die Klägerin in ihrer Klageschrift mit der Rüge eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht im Wesentlichen geltend macht, dass sie nicht nachvollziehen könne, wie es möglich sei, dass sie, obwohl sie den niedrigsten Preis gefordert habe und dieses Kriterium bei der Bewertung der Angebote mit 55 % gewichtet worden sei, den Auftrag nicht erhalten habe. Außerdem hat das Parlament in seiner Klagebeantwortung das Vorbringen der Klägerin so verstanden, dass ihm vorgeworfen werde, dass der angefochtenen Entscheidung, mit der es die Vergabe des Auftrags an die Klägerin abgelehnt habe, die Begründung fehle.

65      Nach ständiger Rechtsprechung soll jedenfalls die Begründung einer beschwerenden Entscheidung dem Gemeinschaftsrichter ermöglichen, deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen, und dem Betroffenen die erforderlichen Anhaltspunkte für die Feststellung geben, ob die Entscheidung sachlich richtig ist. Daher stellt eine fehlende oder unzureichende Begründung, die diese gerichtliche Überprüfung behindert, einen Mangel dar, den der Gemeinschaftsrichter von Amts wegen berücksichtigen kann und muss (Urteil des Gerichtshofs vom 20. Februar 1997, Kommission/Daffix, C‑166/95 P, Slg. 1997, I‑983, Randnrn. 23 und 24, und Urteil des Gerichts vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Gerichtshof, T‑272/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 27 und 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66      Da die Klägerin ein anforderungsgemäßes Angebot im Sinne von Art. 149 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen vorgelegt hat, muss somit im vorliegenden Fall nicht nur die angefochtene Entscheidung, sondern auch das Schreiben vom 23. Januar 2007 geprüft werden, das an die Klägerin auf ihr ausdrückliches Ersuchen hin gesandt worden war, zusätzliche Auskünfte zu der Entscheidung über die Vergabe des betreffenden Auftrags zu erhalten, um zu entscheiden, ob das Parlament dem in der Haushaltsordnung und ihren Durchführungsbestimmungen festgelegten Begründungserfordernis Genüge getan hat.

67      Zunächst ist festzustellen, dass sich das Parlament in der angefochtenen Entscheidung in Übereinstimmung mit Art. 100 Abs. 2 Unterabs. 1 der Haushaltsordnung darauf beschränkt hat, die Gründe für die Ablehnung des Angebots der Klägerin zu nennen. Es hat nämlich angegeben, dass das Angebot der Klägerin „im Hinblick auf die Zuschlagskriterien nicht das wirtschaftlich günstigste“ gewesen sei.

68      Anschließend hat das Parlament in seinem Schreiben vom 23. Januar 2007 lediglich Folgendes ausgeführt:

„Das ausgewählte Angebot erhielt für die Gesamtheit der vorgenannten Kriterien die höchste Bewertung … (566) und wurde infolgedessen auf den ersten Platz gesetzt.

Trotz eines geringfügig niedrigeren Preises bekam Ihr Angebot 504 Punkte und wurde infolgedessen auf den zweiten Platz gesetzt.“

69      Folglich hat das Parlament zwar innerhalb der Frist des Art. 149 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen geantwortet; es hat der Klägerin jedoch – obwohl es dazu nach dem Wortlaut der Haushaltsordnung und der Durchführungsbestimmungen verpflichtet war – keine Information über die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots mitgeteilt, außer dass der von ihr geforderte Preis geringfügig niedriger gewesen sei.

70      Eine derartige Antwort bringt die Überlegungen des Parlaments nicht so klar und eindeutig zum Ausdruck, dass ihr die Klägerin im Hinblick auf die Geltendmachung ihrer Rechte die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen und der Richter seine Kontrolle ausüben kann.

71      Zudem war diese Information unter den Umständen des vorliegenden Falls umso mehr erforderlich, als der von der Klägerin geforderte Preis niedriger war als der vom ausgewählten Bieter geforderte und das Kriterium des Preises bei der Gesamtbewertung der Angebote mit 55 % gewertet wurde. Die Klägerin verfügte somit über keinen Anhaltspunkt, der es ihr ermöglicht hätte, nachzuvollziehen, weshalb ihr Angebot im Rahmen der Ausschreibung nicht ausgewählt worden war.

72      Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Parlament als Antwort auf das Schreiben der Klägerin vom 1. März 2007 am 20. März 2007 ein neues Schreiben an diese gesandt hat.

73      Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass ein Schreiben, das das betreffende Organ vor der Klageerhebung, aber nach Ablauf der Frist des Art. 149 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen infolge eines Antrags des Klägers auf ergänzende Erläuterungen zu einer Entscheidung versendet, bei der Prüfung der Frage, ob die Begründung in dem betreffenden Fall ausreichend war, ebenfalls berücksichtigt werden kann. Denn die Begründungspflicht beurteilt sich anhand der Informationen, über die der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung verfügt, wobei das Organ aber die ursprüngliche Begründung nicht durch eine völlig neue Begründung ersetzen darf (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichts vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑465/04, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 59).

74      Das Schreiben vom 20. März 2007 enthält jedoch keine Informationen über die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots. Denn das Parlament beschränkt sich darauf, zu wiederholen, was es der Klägerin bereits mit seinem Schreiben vom 23. Januar 2007 mitgeteilt hatte.

75      Schließlich ist festzustellen, dass das Parlament im Rahmen des Gerichtsverfahrens Angaben zur Begründung der angefochtenen Entscheidung gemacht hat. So hat es in seiner Klagebeantwortung die Punkte, die für die einzelnen Zuschlagskriterien an die Klägerin und an den ausgewählten Bieter vergeben wurden, sowie die Gründe, die seiner Ansicht diese Punktevergabe rechtfertigen, detailliert aufgeführt.

76      Jedoch gleicht der Umstand, dass das Parlament im Laufe des Verfahrens die Gründe für diese Entscheidung genannt hat, nicht die Tatsache aus, dass die ursprüngliche Begründung der angefochtenen Entscheidung unzureichend war. Denn nach ständiger Rechtsprechung kann die Begründung nicht zum ersten Mal und nachträglich vor dem Gemeinschaftsrichter erfolgen, sofern nicht außergewöhnliche Umstände gegeben sind, an denen es aber im vorliegenden Fall fehlt (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 2. Juli 1992, Dansk Pelsdyravlerforening/Kommission, T‑61/89, Slg. 1992, II‑1931, Randnr. 131, und vom 24. September 2008, DC‑Hadler Networks/Kommission, T‑264/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 34).

77      Nach alledem ist die Entscheidung, mit der das Parlament die Vergabe des Auftrags an die Klägerin ablehnt, gemessen an Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung und Art. 149 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen mit einem Begründungsmangel behaftet.

78      Dem ersten Klagegrund ist daher stattzugeben.

 Zum zweiten Klagegrund: Rechtswidrigkeit der Weigerung, den vom ausgewählten Bieter geforderten Preis bekannt zu geben

–       Vorbringen der Parteien

79      Nach Auffassung der Klägerin ist die Weigerung, den vom ausgewählten Bieter geforderten Preis bekannt zu geben, rechtswidrig. Erstens falle der von diesem Bieter geforderte Preis nicht in den Anwendungsbereich von Art. 100 Abs. 2 Unterabs. 2 der Haushaltsordnung. Denn seine Bekanntgabe beeinträchtige den ausgewählten Bieter nicht. Ferner sei es in einem von Transparenz gekennzeichneten Umfeld normal, die genauen Gründe für die Ablehnung eines Angebots im Rahmen eines Auftrags dieses Umfangs zu erfahren.

80      Zudem hätte der vom ausgewählten Bieter geforderte Preis innerhalb von 48 Tagen nach dem Tag der Unterzeichnung des Vertrags im Supplement zum Amtsblatt veröffentlicht werden müssen. Folglich könne die Veröffentlichung dieses Preises die legitimen Geschäftsinteressen des ausgewählten Bieters nicht beeinträchtigen oder dem lauteren Wettbewerb schaden.

81      Die Ablehnung des Antrags der Klägerin durch das Parlament habe außerdem eine Verkürzung der Frist für die Erhebung einer Klage beim Gericht zur Folge gehabt.

82      Das Parlament erwidert, Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung enthalte keine uneingeschränkte Verpflichtung, den vom ausgewählten Bieter geforderten Preis bekannt zu geben. Denn die „Merkmale und Vorteile [des ausgewählten] Angebots“ bestünden vielmehr in einer vergleichenden Beschreibung der Angebote. Daher bleibe dem öffentlichen Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Angaben, die er dem abgelehnten Bieter mitteilen müsse.

83      Im Übrigen sei es zulässig, den Preis als zu den Angaben gehörend anzusehen, deren Veröffentlichung die Geschäftsinteressen eines Unternehmens im Sinne von Art. 100 Abs. 2 Unterabs. 2 der Haushaltsordnung beinträchtige. Diese Veröffentlichung dürfe daher nur letztrangig erfolgen. Das Parlament räumt jedoch ein, dass der vom ausgewählten Bieter geforderte Preis in der Bekanntmachung über die Vergabe des Auftrags, die im Supplement zum Amtsblatt veröffentlicht worden war, genannt wurde.

84      Im Übrigen habe die Weigerung, den vom ausgewählten Bieter geforderten Preis bekannt zu geben, die Klägerin nicht daran gehindert, fristgerecht eine Klage beim Gericht zu erheben.

85      Auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hat das Parlament sein Vorbringen dahin gehend ergänzt, dass der Auftrag bis zur Veröffentlichung der Vergabebekanntmachung infolge von vor der Unterzeichnung des Vertrags erhobenen Beanstandungen hätte annulliert werden können. In einem solchen Fall könne durch die Nichtbekanntgabe des Preises vermieden werden, dass die anderen Bieter von diesem Bestandteil des Angebots des ausgewählten Bieters erführen, so dass dieser sein Angebot zu denselben Bedingungen erneut einreichen könne.

–       Würdigung durch das Gericht

86      Zunächst ist daran zu erinnern, dass das Parlament auf das Ersuchen der Klägerin vom 10. Januar 2007 um zusätzliche Informationen lediglich angegeben hat, dass der vom ausgewählten Bieter geforderte Preis geringfügig höher sei als der ihre. Die Höhe dieses Preises, nämlich 26 Euro pro Stunde (außerplanmäßig) und 37,50 Euro pro Stunde (planmäßig), erfuhr die Öffentlichkeit durch die Vergabebekanntmachung vom 7. April 2007.

87      Laut Art. 100 Abs. 2 Unterabs. 1 der Haushaltsordnung war das Parlament jedoch verpflichtet, dem abgelehnten Bieter auf dessen schriftliches Ersuchen hin die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots mitzuteilen.

88      Somit bestand für das Parlament infolge des schriftlichen Ersuchens der Klägerin die Verpflichtung, dieser den vom ausgewählten Bieter geforderten Preis, der eines der Merkmale und einer der Vorteile des ausgewählten Angebots darstellt, mitzuteilen, zumal dieses Kriterium im vorliegenden Fall bei der Bewertung der Angebote mit 55 % gewichtet wurde.

89      Keines der vom Parlament vorgebrachten Argumente ist geeignet, diese Feststellung zu entkräften.

90      Erstens rechtfertigt das Argument, dass dem öffentlichen Auftraggeber ein Ermessensspielraum bleibe, nicht, dass dieser es ablehnt, dem abgelehnten Bieter, der schriftlich darum ersucht hat, die Höhe des vom ausgewählten Bieter gebotenen Preises mitzuteilen. Insoweit kann sich das Parlament nicht mit dem Vorbringen begnügen, dass der Preis kein Bestandteil der Merkmale und Vorteile des Angebots eines Zuschlagempfängers sei, wenn, wie vorstehend ausgeführt, dieses Kriterium bei der Bewertung der Angebote mit 55 % gewichtet wurde.

91      Zweitens kann laut Art. 100 Abs. 2 Unterabs. 2 der Haushaltsordnung die Veröffentlichung bestimmter Informationen zwar entfallen, wenn sie den Gesetzesvollzug behindern, dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen, die legitimen Geschäftsinteressen öffentlicher oder privater Unternehmen beeinträchtigen würde oder dem lauteren Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern schaden könnte. In ihrer Klagebeantwortung tut das Parlament jedoch nicht dar, weshalb im vorliegenden Fall die Bekanntgabe des vom ausgewählten Bieter geforderten Preises dessen Geschäftsinteressen beeinträchtigen würde, und es betont im Übrigen, dass die Höhe dieses Preises in der Vergabebekanntmachung genannt worden sei.

92      Drittens konnte das Argument, dass der öffentliche Auftraggeber, wie es ihm in der Tat Art. 101 der Haushaltsordnung ermöglicht, vor der Unterzeichnung des Vertrags auf die Auftragsvergabe verzichten oder das Vergabeverfahren annullieren kann, das Parlament unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht davon befreien, der Klägerin den vom ausgewählten Bieter geforderten Preis mitzuteilen. Denn ließe man ein solches Argument gelten, würde man die Begründungspflicht nach Art. 100 Abs. 2 Unterabs. 1 der Haushaltsordnung und Art. 149 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen aushöhlen.

93      Unter diesen Umständen ist dem zweiten Klagegrund stattzugeben.

94      Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären.

 Zum Antrag, alle der angefochtenen Entscheidung nachfolgenden Handlungen für nichtig zu erklären

95      Mit ihrem dritten Antrag begehrt die Klägerin, dass alle der angefochtenen Entscheidung nachfolgenden Handlungen für nichtig erklärt werden.

96      Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Klageschrift gemäß Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs, der gemäß Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, und gemäß Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Diese Darstellung muss hinreichend klar und deutlich sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Ausübung der richterlichen Kontrolle zu ermöglichen. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben (Beschlüsse des Gerichts vom 28. April 1993, De Hoe/Kommission, T‑85/92, Slg. 1993, II‑523, Randnr. 20, und vom 11. Juli 2005, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, T‑294/04, Slg. 2005, II‑2719, Randnr. 23).

97      Im vorliegenden Fall gibt die Klägerin nicht an, welche Handlungen von ihrem dritten Antrag umfasst sind, und trägt keine Argumente zur Stützung ihres Begehrens vor.

98      Demzufolge ist der dritte Antrag als unzulässig zurückzuweisen

 Zum Antrag auf Schadensersatz

 Vorbringen der Parteien

99      In ihrer Klageschrift beantragt die Klägerin, das Parlament zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 500 000 Euro zu verurteilen.

100    In ihrer Erwiderung macht die Klägerin geltend, sie habe alle Voraussetzungen erfüllt, um den Auftrag zu erhalten. Folglich habe das Parlament gegen sämtliche für die Auftragsvergabe geltenden Rechtsvorschriften verstoßen, und ihr Antrag auf Schadensersatz sei zulässig.

101    In Bezug auf den entstandenen Schaden trägt die Klägerin vor, sie habe wirtschaftliche Einbußen erlitten, weil sie den Auftrag nicht erhalten habe. Sie sei nicht in den Genuss der Vorteile gekommen, die sie zulässigerweise habe erwarten dürfen.

102    Das Parlament hält den Schadensersatzantrag der Klägerin für unzulässig.

 Würdigung durch das Gericht

103    Nach ständiger Rechtsprechung muss eine Klage auf Ersatz der von einem Gemeinschaftsorgan verursachten Schäden Angaben enthalten, anhand deren sich das dem Organ vom Kläger vorgeworfene Verhalten bestimmen lässt, die Gründe angeben, aus denen nach Auffassung des Klägers ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten und dem angeblich erlittenen Schaden besteht, sowie Art und Umfang dieses Schadens bezeichnen (Urteile des Gerichts vom 10. Juli 1997, Guérin automobiles/Kommission, T‑38/96, Slg. 1997, II‑1223, Randnr. 42, und vom 3. Februar 2005, Chiquita Brands u. a./Kommission, T‑19/01, Slg. 2005, II‑315, Randnr. 65).

104    Im vorliegenden Fall ist jedoch festzustellen, dass dem in der Klageschrift enthaltenen Schadensersatzbegehren, das lediglich Gegenstand eines Antrags ist, jede Bestimmtheit fehlt.

105    Denn selbst wenn man annimmt, dass die Klageschrift die Angaben enthält, aus denen sich das dem Parlament vorgeworfene Verhalten entnehmen lässt, schweigt sie sowohl zu der Natur und der Art des angeblichen Schadens als auch zu den Gründen, aus denen nach Auffassung der Klägerin ein Kausalzusammenhang zwischen dem betreffenden Verhalten und diesem Schaden besteht.

106    Selbst wenn man annähme, dass die Klägerin das Versäumte in ihrer Erwiderung hätte nachholen dürfen, hat sie dies zudem nicht wirklich versucht.

107    Folglich genügt die Klageschrift hinsichtlich des Schadensersatzantrags nicht den in Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung aufgestellten Voraussetzungen.

108    Unter diesen Umständen ist der Antrag auf Schadensersatz für unzulässig zu erklären.

 Zum Antrag, dem Parlament aufzugeben, ein ordnungsgemäßes Ausschreibungsverfahren durchzuführen

109    Im Stadium der Erwiderung hat die Klägerin beantragt, dem Parlament aufzugeben, ein ordnungsgemäßes Ausschreibungsverfahren durchzuführen.

110    Nach Art. 44 § 1 der Verfahrensordnung hat der Kläger in der Klageschrift den Streitgegenstand zu bestimmen und seine Anträge zu stellen. Zwar lässt Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung unter bestimmten Umständen das Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens zu, er darf aber auf keinen Fall so ausgelegt werden, dass er dem Kläger die Möglichkeit einräumt, das Gericht mit neuen Anträgen zu befassen und damit den Streitgegenstand zu ändern (Urteile des Gerichts vom 18. September 1992, Asia Motor France u. a./Kommission, T‑28/90, Slg. 1992, II‑2285, Randnr. 43, und vom 12. Juli 2001, T. Port/Rat, T‑2/99, Slg. 2001, II‑2093, Randnr. 34; vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 25. September 1979, Kommission/Frankreich, 232/78, Slg. 1979, 2729, Randnr. 3).

111    Folglich muss der Antrag, dem Parlament aufzugeben, ein Ausschreibungsverfahren durchzuführen, als unzulässig verworfen werden.

112    Darüber hinaus ist daran zu erinnern, dass der Gemeinschaftsrichter im Rahmen einer Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG lediglich befugt ist, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Handlung zu prüfen, und dass das Gericht nach ständiger Rechtsprechung bei der Wahrnehmung seiner Befugnisse den Gemeinschaftsorganen keine Anordnungen erteilen kann (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, DSM/Kommission, C‑5/93 P, Slg. 1999, I‑4695, Randnr. 36, und Urteil des Gerichts vom 24. Februar 2000, ADT Projekt/Kommission, T‑145/98, Slg. 2000, II‑387, Randnr. 83). Wird die angefochtene Handlung für nichtig erklärt, ist es Sache des betreffenden Organs, gemäß Art. 233 EG die Maßnahmen zur Durchführung des Nichtigkeitsurteils zu ergreifen (Urteile des Gerichts vom 27. Januar 1998, Ladbroke Racing/Kommission, T‑67/94, Slg. 1998, II‑1, Randnr. 200, und vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑465/04, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 35).

 Kosten

113    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Parlament unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung, mit der das Europäische Parlament es abgelehnt hat, den Auftrag, der Gegenstand des Ausschreibungsverfahrens PE/2006/06/UTD/1 ist, an die VIP Car Solutions SARL zu vergeben, wird für nichtig erklärt.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Das Parlament trägt die Kosten.

Meij

Vadapalas

Moavero Milanesi

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 20. Mai 2009.

Der Kanzler

 

       Der Präsident

E. Coulon

 

      A. W. H. Meij


* Verfahrenssprache: Französisch.