Language of document : ECLI:EU:T:2009:202

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

12. Juni 2009(*)

„Gemeinschaftsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Gemeinschaftsbildmarke Pickwick COLOUR GROUP – Ältere nationale Marken PicK OuiC und PICK OUIC Cuadrado, S.A. VALENCIA – Ersuchen um Nachweis der Benutzung – Art. 56 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 57 Abs. 2 und 3 der Verordnung [EG] Nr. 207/2009)“

In der Rechtssache T‑450/07

Harwin International LLC mit Sitz in Albany, New York (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt D. Przedborski,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. Folliard-Monguiral als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte des Verfahrens vor der Beschwerdekammer des HABM:

Cuadrado, S.A., mit Sitz in Paterna (Spanien),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 10. September 2007 (Sache R 1245/2006‑2) in einem Nichtigkeitsverfahren zwischen der Cuadrado, S.A., und der Harwin International LLC,

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZDER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi sowie der Richterin E. Cremona und des Richters S. Frimodt Nielsen (Berichterstatter),

Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat,

aufgrund der am 3. Dezember 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 25. Februar 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2009, an der die Beteiligten nicht teilgenommen haben,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 15. Mai 1998 meldete die Klägerin, die Harwin International LLC, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um folgendes Bildzeichen:

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3        Die Eintragung wurde für folgende Waren der Klasse 25 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen.“

4        Die Gemeinschaftsmarke wurde am 1. September 2000 eingetragen.

5        Am 10. Januar 2005 stellte die Cuadrado,  S.A., (im Folgenden: Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren) nach Art. 55 der Verordnung Nr. 40/94 einen Antrag auf Nichtigerklärung dieser Gemeinschaftsmarke. Der Antrag richtete sich gegen alle von der Gemeinschaftsmarke erfassten Waren und wurde auf folgende älteren nationalen Marken gestützt:

–        die Wortmarke PICK OUIC Cuadrado, S.A. VALENCIA, angemeldet am 24. April 1989 und eingetragen am 5. September 1990 unter der Nummer 1318311 für folgende Waren der Klasse 25: „Herren‑, Damen‑ und Kinderbekleidung sowie Schuhe (mit Ausnahme orthopädischer Schuhe)“;

–        die nachfolgend dargestellte Bildmarke, angemeldet am 2. April 1997 und eingetragen am 6. Oktober 1997 unter der Nummer 2083855 für Waren der Klasse 25 („Ober- und Unterbekleidung, Schuhe, Kopfbedeckungen“):

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6        Mit Entscheidung vom 31. Juli 2006 gab die Nichtigkeitsabteilung dem Antrag auf Nichtigerklärung statt.

7        Am 22. September 2006 legten die Klägerin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung beim HABM Beschwerde ein.

8        Mit Entscheidung vom 10. September 2007 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Beschwerdekammer die Beschwerde zurück. Darin führte sie aus, die Klägerin habe ihren Antrag auf Aufhebung der Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung u. a. damit begründet, dass diese nicht geprüft habe, ob die Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren die Benutzung ihrer Marken nachgewiesen habe. Hierzu stellte die Beschwerdekammer fest, die Nichtigkeitsabteilung habe zu Recht die Auffassung vertreten, dass sie nicht zu der Prüfung berechtigt sei, ob die Benutzung der älteren Marken der Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren Art. 56 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 57 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009) entspreche, da die Klägerin während des Nichtigkeitsverfahrens keinen ausdrücklichen Antrag auf Nachweis der Benutzung gestellt habe. Weiter führte die Beschwerdekammer aus, dass ein solcher Antrag nicht erstmals im Stadium der Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung gestellt werden könne (Randnrn. 17 bis 21 der angefochtenen Entscheidung).

 Anträge der Parteien

9        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

10      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

11      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe: erstens einen Verstoß gegen Art. 56 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 und zweitens einen Verstoß gegen Art. 52 Abs. 1 Buchst. a und Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 53 Abs. 1 Buchst. a und Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009). Zunächst ist der erste Klagegrund zu prüfen.

 Vorbringen der Parteien

12      Die Klägerin trägt vor, dass die freiwillige Vorlage von Nachweisen durch die Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren jeden förmlichen Antrag auf Nachweis der Benutzung ihrerseits überflüssig gemacht habe, wie sich aus Art. 56 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 ergebe. Die Beschwerdekammer habe gegen diese Bestimmungen verstoßen, indem sie nicht die Einwendungen der Klägerin gegen die Dokumente geprüft habe, die die Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren mit ihrem Antrag auf Nichtigerklärung und in dessen Folge vorgelegt habe, um die Benutzung ihrer älteren Marken nachzuweisen. Diese Einwendungen würden gestützt durch die Entscheidung der Widerspruchsabteilung vom 2. März 2004 betreffend die Wortmarke PICK OUIC Cuadrado, S.A. VALENCIA, der Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren im Rahmen eines Parallelverfahrens, in dem die Widerspruchsabteilung erklärt habe, dass mehrere von der Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren vorgelegte Dokumente nicht für den Nachweis der ernsthaften Benutzung ausreichten. Diese Entscheidung sei durch die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 28. Februar 2005 (Sache R 335/2004‑1) bestätigt worden. Zudem unterscheide sich die vorliegende Rechtssache von der, über die das Gericht mit Urteil vom 17. März 2004, El Corte Inglés/HABM – González Cabello und Iberia Líneas Aéreas de España (MUNDICOR) (T‑183/02 und T‑184/02, Slg. 2004, II‑965), entschieden habe, in der die Widersprechende von sich aus Nachweise für die Bekanntheit und nicht für die ernsthafte Benutzung der älteren Marke vorgelegt habe.

13      Das HABM bestätigt, dass die Frage der ernsthaften Benutzung der älteren spanischen Marke PICK OUIC Cuadrado, S.A. VALENCIA, in der Tat in einem parallelen Widerspruchsverfahren aufgeworfen worden sei. Dieses Verfahren sei jedoch bei Einreichung des Antrags auf Nichtigerklärung am 10. Januar 2005 noch anhängig gewesen, da die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer einen Monat später, nämlich am 28. Februar 2005, ergangen sei.

14      Die Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren sei der Auffassung gewesen, dass die zur Stützung ihres Antrags vorgelegten Dokumente die Klägerin davon überzeugen würden, dass eine zweite Erörterung der Frage der Benutzung überflüssig sei. Die Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren habe damit verhindern wollen, dass die Klägerin einen förmlichen Antrag auf Nachweis der Benutzung stelle. Deshalb hätte die Klägerin, bevor sie den Beweiswert der von der Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren zu diesem Punkt vorgelegten Dokumente bestritten habe, klarstellen müssen, dass sie beabsichtige, die Nichtigkeitsabteilung zwecks Prüfung der Ernsthaftigkeit der Benutzung der älteren Marke mit dieser Frage zu befassen. In diesem Fall hätte die Nichtigkeitsabteilung sodann der Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren eine förmliche Aufforderung zukommen lassen, in der dieser eine Frist für die Vorlage von Nachweisen für die Benutzung gesetzt worden wäre. Eine solche amtliche Aufforderung des HABM hätte der Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren Anlass geben können, sich zu fragen, ob es sich bei den Unterlagen, die ihrem Antrag auf Nichtigerklärung beigefügt waren, prima facie um schlüssige Nachweise der ernsthaften Benutzung handele.

15      In prinzipieller Hinsicht führt das HABM zwei fundamentale Gründe dafür an, dass der Antrag auf Nachweis der Benutzung ausdrücklich gestellt werden müsse. Erstens verlagere ein förmlicher Antrag auf Nachweis der Benutzung die Beweislast für diese Benutzung auf den Inhaber der älteren Marke. Zweitens werde durch diesen Antrag das HABM zuständig für die Feststellung, ob die betreffende Benutzung ernsthaft sei oder nicht. Diese Frage müsse geklärt werden, bevor in der Sache über den Widerspruch oder den Antrag auf Nichtigerklärung entschieden werde. Sobald das HABM über diese Zuständigkeit verfüge, wäge es die Beweismittel ab und befinde über deren Wert, ohne durch eine gegebenenfalls erzielte Einigung zwischen den Parteien über einen bestimmten Punkt gebunden zu sein. Unabhängig davon, ob die Klägerin den Beweiswert der von der Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren vorgelegten Nachweise der Benutzung bestreite oder nicht, sei das HABM dann befugt, sich seine eigene Meinung zu diesen Nachweisen zu bilden und den Antrag auf Nichtigerklärung zurückzuweisen, wenn es zu dem Schluss gelange, dass diese Nachweise nicht die ernsthafte Benutzung der älteren Marke belegten. Umgekehrt könne das HABM, solange der Antrag auf Nachweis der Benutzung seine Wirkung, die Zuständigkeit des HABM für die Prüfung des Nachweises der Benutzung zu begründen, nicht entfaltet habe, nicht zu der Frage Stellung nehmen und müsse vermuten, dass die ältere Marke benutzt werde.

16      Im vorliegenden Fall stelle die bloße Verneinung des Umfangs der Benutzung der älteren Marken durch die Klägerin keinen förmlichen Antrag auf Nachweis der Benutzung im Sinne von Art. 56 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 dar. Diese Interpretation werde durch eine wörtliche Auslegung der erwähnten Bestimmung gestützt, die, indem sie auf ein „Verlangen des Inhabers der Gemeinschaftsmarke“ abstelle, die Befugnis des HABM, sich zur Frage der ernsthaften Benutzung der älteren Marken zu äußern, an einen förmlichen Antrag knüpfe. Ebenso ergebe sich aus der Rechtsprechung des Gerichts, dass das HABM ohne „ausdrücklichen“ Antrag nicht befugt sei, über die Ernsthaftigkeit der Benutzung der älteren Marke oder Marken zu befinden (vgl. in Bezug auf das in Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 [jetzt Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009] geregelte Widerspruchsverfahren Urteil des Gerichts vom 22. März 2007, Saint‑Gobain Pam/HABM – Propamsa [PAM PLUVIAL], T‑364/05, Slg. 2007, II‑757, Randnr. 34). Das Urteil MUNDICOR (oben in Randnr. 12 angeführt) sei insoweit unmissverständlich. Zwar habe das Gericht in jener Rechtssache festgestellt, dass die von der Widersprechenden freiwillig eingereichten Belege bezweckt hätten, die Bekanntheit der älteren Marke nachzuweisen. Hätten diese Dokumente den Zweck gehabt, die ernsthafte Benutzung der älteren Marke nachzuweisen, wäre das Ergebnis aber das Gleiche gewesen, wie sich aus den auf das Nichtigkeitsverfahren entsprechend anwendbaren Randnrn. 42 und 43 des betreffenden Urteils eindeutig ergebe.

 Würdigung durch das Gericht

17      Art. 56 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 bestimmt:

„(2)  Auf Verlangen des Inhabers der Gemeinschaftsmarke hat der Inhaber einer älteren Gemeinschaftsmarke, der am Nichtigkeitsverfahren beteiligt ist, den Nachweis zu erbringen, dass er innerhalb der letzten fünf Jahre vor Stellung des Antrags auf Erklärung der Nichtigkeit die ältere Gemeinschaftsmarke in der Gemeinschaft für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist und auf die er sich zur Begründung seines Antrags beruft, ernsthaft benutzt hat … War die ältere Gemeinschaftsmarke am Tage der Veröffentlichung der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke bereits mindestens fünf Jahre eingetragen, so hat der Inhaber der älteren Gemeinschaftsmarke auch den Nachweis zu erbringen, dass die in Artikel 43 Absatz 2 genannten Bedingungen an diesem Tage erfüllt waren. Kann er diesen Nachweis nicht erbringen, so wird der Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit zurückgewiesen. …

(3)       Absatz 2 ist auf ältere nationale Marken im Sinne des Artikels 8 Absatz 2 Buchstabe a) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle der Benutzung in der Gemeinschaft die Benutzung in dem Mitgliedstaat tritt, in dem die ältere Marke geschützt ist.“

18      Hier hat die Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren von sich aus ihrem Antrag vom 10. Januar 2005 Nachweise für die Benutzung ihrer älteren Marken beigefügt (Antrag auf Nichtigerklärung, angeführt von der Klägerin, S. 200 der vom HABM beim Gericht eingereichten Akten).

19      In ihrer dem HABM am 21. Juli 2005 zugesandten Stellungnahme zum Antrag auf Nichtigerklärung hat die Klägerin ausgeführt, dass diese Nachweise nicht ausreichten, um eine ernsthafte Benutzung zu belegen (Stellungnahme zum Antrag auf Nichtigerklärung, angeführt von der Klägerin, S. 361 der vom HABM beim Gericht eingereichten Akten).

20      Die Klägerin trägt außerdem in ihrer Stellungnahme vor, dass ihre Einwendungen in Bezug auf die von der Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren vorlegten Dokumente von der Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 28. Februar 2005 (Sache R 335/2004‑1) gestützt würden, die sich zu ebendiesen Dokumenten geäußert habe und zu dem Schluss gekommen sei, dass sie nicht ausreichten, um die ernsthafte Benutzung der Marke PICK OUIC Cuadrado, S.A. VALENCIA, zu belegen. Die besagte Stellungnahme mündete in einen Antrag an die Nichtigkeitsabteilung auf Zurückweisung des von der Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren eingereichten Antrags auf Nichtigerklärung (Stellungnahme zum Antrag auf Nichtigerklärung, angeführt von der Klägerin, S. 364 der vom HABM beim Gericht eingereichten Akten).

21      In Erwiderung auf diese Stellungnahme legte die Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren mit Schreiben vom 3. Oktober 2005 zusätzliche Dokumente zum Nachweis der Benutzung vor (Erwiderung auf die Stellungnahme zum Antrag auf Nichtigerklärung, angeführt von der Klägerin, S. 386 der vom HABM beim Gericht eingereichten Akten).

22      In der angefochtenen Entscheidung hat sich die Beschwerdekammer zum Nachweis der ernsthaften Benutzung nach Art. 56 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 geäußert und dabei zum einen geltend gemacht, die Nichtigkeitsabteilung habe zu Recht die Auffassung vertreten, dass sie nicht zu der Prüfung berechtigt sei, ob die Benutzung der älteren Marken der Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren diesen Bestimmungen entspreche, da die Klägerin während des Nichtigkeitsverfahrens keinen ausdrücklichen Antrag auf Nachweis dieser Benutzung gestellt habe, und zum anderen die Ansicht vertreten, dass ein solcher Antrag nicht erstmals im Stadium der Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung eingereicht werden könne (vgl. oben, Randnr. 8).

23      Nach Ansicht des HABM hatte das Fehlen eines ausdrücklichen Antrags auf Nachweis der Benutzung, den die Klägerin z. B. hätte stellen müssen, als das HABM sie aufgefordert habe, ihre Stellungnahme zum Antrag auf Nichtigerklärung abzugeben, zur Folge, dass es dieser nicht mehr möglich war, die ernsthafte Benutzung der älteren, zur Stützung des Antrags auf Nichtigerklärung geltend gemachten Marke zu bestreiten. Im vorliegenden Fall hat es das HABM abgelehnt, die Erklärungen, die die Klägerin in ihrer Stellungnahme zum Antrag auf Nichtigerklärung zu dieser Frage abgegeben hat, einem ausdrücklichen Antrag im Sinne von Art. 56 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 gleichzustellen.

24      Diese Betrachtungsweise berücksichtigt nicht das rechtzeitige Vorbringen der Parteien gegenüber der Nichtigkeitsabteilung und später der Beschwerdekammer zu diesem Punkt.

25      Auf grundsätzlicher Ebene ist die Wirkungsweise des Mechanismus, den Art. 56 der Verordnung Nr. 40/94 – der auch auf den das Widerspruchsverfahren betreffenden Art. 43 dieser Verordnung verweist – für das Nichtigkeitsverfahren vorsieht, wie folgt zu definieren:

–        Der Inhaber einer älteren Marke ist nur dann verpflichtet, die Benutzung seiner Marke nachzuweisen, wenn diese Benutzung vom Inhaber der Marke, deren Nichtigerklärung beantragt wird, bestritten wird;

–        ohne ein solches Bestreiten kann sich das HABM darauf beschränken, das Bestehen einer Verwechslungsgefahr zu prüfen, ohne den Nachweis der Benutzung zu prüfen;

–        im Fall eines solchen Bestreitens der Benutzung, sei es im Wege eines Antrags auf Nachweis der Benutzung, gestellt vom Inhaber der Marke, deren Nichtigerklärung beantragt wird, sei es im Wege von Zweifeln, die dieser an den Beweismitteln äußert, die der Inhaber der älteren Marke zu diesem Zweck vorgelegt hat, ist das HABM verpflichtet, die Frage des Nachweises der Benutzung vor derjenigen des Bestehens einer Verwechslungsgefahr zu prüfen.

26      Was die wörtliche Auslegung der Wendung „auf Verlangen des Inhabers der Gemeinschaftsmarke“ in Art. 56 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 angeht, kann diese Wendung dahin verstanden werden, dass sie ein Ersuchen, wie es in der Stellungnahme der Klägerin zu dem Antrag auf Nichtigerklärung formuliert ist, erfasst. Dieses Ersuchen hat die Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren im Übrigen ohne Weiteres verstanden, da sie zusätzliche Nachweise vorgelegt hat, um auf die Klägerin zu erwidern (vgl oben, Randnr. 21).

27      Was die vom HABM herangezogene Rechtsprechung angeht, lässt sich die Rechtsprechung zu dem das Widerspruchsverfahren betreffenden Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 entsprechend heranziehen, da diese Bestimmungen dem das Nichtigkeitsverfahren betreffenden Art. 56 Abs. 2 und 3 dieser Verordnung Nr. 40/94 ähneln, doch ist diese Rechtsprechung nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar. Dementsprechend sind die Schlussfolgerungen des HABM (vgl. oben, Randnr. 16) fehlerhaft.

28      In dem in der angefochtenen Entscheidung zitierten Urteil des Gerichts vom 16. März 2005, L’Oréal/HABM – Revlon (FLEXI AIR) (T‑112/03, Slg. 2005, II‑949), wird nämlich darauf hingewiesen, dass nach Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 für die Zwecke der Prüfung eines gemäß Art. 42 dieser Verordnung (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) eingelegten Widerspruchs die ältere Marke als ernsthaft benutzt gilt, solange der Anmelder nicht den Nachweis einer solchen Benutzung verlangt. Wird ein solches Verlangen gestellt, trägt daher der Widersprechende die Beweislast für die ernsthafte Benutzung (oder für das Vorliegen berechtigter Gründe für die Nichtbenutzung); andernfalls wird sein Widerspruch zurückgewiesen. Diese Wirkung tritt nur ein, wenn das Verlangen ausdrücklich und rechtzeitig beim HABM gestellt worden ist (Urteil FLEXI AIR, Randnr. 24, unter Bezugnahme auf das Urteil MUNDICOR, oben in Randnr. 12 angeführt, Randnr. 38, und Urteil PAM PLUVIAL, oben in Randnr. 16 angeführt, Randnr. 34).

29      Wie oben in Randnr. 26 dargelegt ist der Antrag auf Nachweis der Benutzung von der Klägerin ausdrücklich und rechtzeitig formuliert worden. Jedenfalls wurde er von der Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren, die sich dazu in ihrer Erwiderung auf die von der Klägerin zu dieser Frage abgegebene Stellungnahme geäußert hat, ohne weiteres verstanden.

30      In diesem Zusammenhang reicht der Verweis in Randnr. 18 der angefochtenen Entscheidung auf Randnr. 28 des Urteils FLEXI AIR (oben in Randnr. 28 angeführt), wonach grundsätzlich die Klägerin innerhalb der vom HABM für die Stellungnahme zur Widerspruchsschrift gesetzten Frist den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke hätte verlangen müssen, nicht für die Folgerung aus, dass die Klägerin keinen Antrag auf Nachweis der Benutzung gestellt hat. Die Prüfung der Stellungnahme zum Antrag auf Nichtigerklärung lässt vielmehr die Feststellung zu, dass in diesem Dokument ein solcher Antrag auf Nachweis der Benutzung sehr wohl formuliert wird.

31      Was das Urteil MUNDICOR (oben in Randnr. 12 angeführt) betrifft, heißt es dort im Anschluss an die Darlegung der oben in Randnr. 28 in Erinnerung gerufenen Grundsätze, dass „der mangelnde Nachweis der ernsthaften Benutzung nur dann durch die Zurückweisung des Widerspruchs geahndet werden [kann], wenn ein solcher Nachweis ausdrücklich und rechtzeitig vom Anmelder [der Gemeinschaftsmarke] beim Amt verlangt worden ist“ (Randnr. 39). In der betreffenden Rechtssache hat das Gericht festgestellt, dass beim HABM kein Verlangen im Sinne von Art. 43 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 gestellt worden sei, und sodann klargestellt, dass dem nicht „das Vorbringen der Klägerin … entgegen[steht], sie habe den Beweis der Benutzung deshalb nicht verlangt, weil diese von sich aus vor der Widerspruchsabteilung Unterlagen vorgelegt habe, aus denen hervorgegangen sei, dass sie die älteren Marken in einer anderen Form als derjenigen benutzt habe, in der sie eingetragen gewesen seien“ (Randnr. 42). Hierzu hat das Gericht außerdem festgestellt, dass dieses Vorbringen offensichtlich nicht stichhaltig sei, weil aus den Akten hervorgehe, dass die in Rede stehenden Unterlagen von Iberia vor der Widerspruchsabteilung nicht vorgelegt worden seien, um die Benutzung zu beweisen, sondern um die Bekanntheit ihrer älteren Marken zu beweisen und damit das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 zu belegen. Die Vorlage solcher Unterlagen könne ein ausdrückliches Verlangen des Anmelders, die ernsthafte Benutzung nachzuweisen, damit die Frage einer solchen Benutzung vom Amt geprüft und entschieden werden müsse, nicht ersetzen (Randnr. 43).

32      Der vorliegende Fall ist mit dem, zu dem das Urteil MUNDICOR ergangen ist, nicht vergleichbar. In der vorliegenden Rechtssache hat es nämlich zwischen den Parteien eine streitige Erörterung der Frage der Benutzung der älteren Marke gegeben. Angestoßen durch den Antrag auf Nichtigerklärung wurde diese Erörterung von der Klägerin sowohl in ihrer Stellungnahme zu diesem Antrag als auch im Anschluss daran ausdrücklich geführt, ohne dass die Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren verkannt hätte, was Gegenstand dieser Erörterung war.

33      Unter Berücksichtigung der Erklärungen, die die Klägerin zur ernsthaften Benutzung der älteren Marke in Erwiderung auf das einschlägige Vorbringen der Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren abgegeben hat und in deren Folge die Antragstellerin im Nichtigkeitsverfahren neue Beweismittel zu dieser Frage vorgelegt hat, hat die Beschwerdekammer folglich dadurch, dass sie in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten hat, dass die Frage der ernsthaften Benutzung der älteren Marke von der Nichtigkeitsabteilung nicht habe geprüft werden müssen, gegen Art. 56 Abs. 2 und 3 verstoßen.

34      Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben, ohne dass es einer Entscheidung über den zweiten, auf einen Verstoß gegen Art. 52 Abs. 1 Buchst. a und Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 gestützten Klagegrund bedarf, da die Frage des Nachweises der Benutzung der mit diesem zweiten Klagegrund aufgeworfenen Frage der Beurteilung der Verwechslungsgefahr vorausgeht.

 Kosten

35      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

36      Da das HABM unterlegen ist, sind ihm, wie von der Klägerin beantragt, seine eigenen Kosten und die der Klägerin aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 10. September 2007 (Sache R 1245/2006‑2) wird aufgehoben.

2.      Das HABM trägt seine eigenen Kosten und die Kosten der Harwin International LLC.

Azizi

Cremona

Frimodt Nielsen

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Juni 2009.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.