Language of document : ECLI:EU:C:2024:164

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Neunte Kammer)

22. Februar 2024(*)

„Rechtsmittel – Institutionelles Recht – Europäische Bürgerinitiative – Verordnung (EU) Nr. 211/2011 – Registrierung der geplanten Bürgerinitiative – Art. 4 Abs. 2 Buchst. b – Geplante Bürgerinitiative, die nicht offenkundig außerhalb des Rahmens liegt, in dem die Europäische Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen – Beweislast – Befugnis der Kommission, eine teilweise Registrierung vorzunehmen“

In der Rechtssache C‑54/22 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 27. Januar 2022,

Rumänien, vertreten durch L.‑E. Baţagoi, M. Chicu, E. Gane und L. Liţu als Bevollmächtigte,

Kläger,

andere Parteien des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch H. Croce und C. Urraca Caviedes als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

Ungarn, vertreten durch M. Z. Fehér und K. Szíjjártó als Bevollmächtigte,

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin O. Spineanu-Matei, des Richters S. Rodin (Berichterstatter) und der Richterin L. S. Rossi,

Generalanwalt: N. Emiliou,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. Oktober 2023

folgendes

Urteil

1        Mit seinem Rechtsmittel beantragt Rumänien die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 10. November 2021, Rumänien/Kommission (T‑495/19, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:781), mit dem das Gericht seine Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2019/721 der Kommission vom 30. April 2019 über die vorgeschlagene Bürgerinitiative „Kohäsionspolitik für die Gleichstellung der Regionen und die Erhaltung der regionalen Kulturen“ (ABl. 2019, L 122, S. 55, im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen hat.

 Rechtlicher Rahmen

2        In den Erwägungsgründen 1, 2, 4 und 10 der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative (ABl. 2011, L 65, S. 1, berichtigt in ABl. 2012, L 94, S. 49) hieß es:

„(1)      Der [EU‑]Vertrag … stärkt die Unionsbürgerschaft und führt zu einer weiteren Verbesserung der demokratischen Funktionsweise der Union, indem unter anderem festgelegt wird, dass jeder Bürger das Recht hat, sich über eine europäische Bürgerinitiative [(im Folgenden: EBI)] am demokratischen Leben der Union zu beteiligen. Ähnlich wie das Recht, das dem Europäischen Parlament gemäß Artikel 225 [AEUV] und dem Rat [der Europäischen Union] gemäß Artikel 241 AEUV eingeräumt wird, bietet dieses Verfahren den Bürgern die Möglichkeit, sich direkt mit der Aufforderung an die Europäische Kommission zu wenden, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union zur Umsetzung der Verträge zu unterbreiten.

(2)      Die für die [EBI] erforderlichen Verfahren und Bedingungen sollten klar, einfach, benutzerfreundlich und dem Wesen der [EBI] angemessen sein, um die Bürger zur Teilnahme zu ermutigen und die Union zugänglicher zu machen. Sie sollten einen vernünftigen Ausgleich zwischen Rechten und Pflichten schaffen.

(4)      Die Kommission sollte den Bürgern auf Antrag Informationen und informelle Beratung zu [EBI] bereitstellen, insbesondere was die Kriterien der Registrierung betrifft.

(10)      Um bei geplanten [EBI] Kohärenz und Transparenz zu gewährleisten und eine Situation zu vermeiden, in der Unterschriften für eine geplante [EBI] gesammelt werden, die nicht den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen entspricht, sollte es verpflichtend sein, diese Initiativen auf einer von der Kommission zur Verfügung gestellten Website vor Sammlung der notwendigen Unterstützungsbekundungen von Bürgern zu registrieren. Alle geplanten [EBI], die den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen entsprechen, sollten von der Kommission registriert werden. Die Kommission sollte die Registrierung gemäß den allgemeinen Grundsätzen guter Verwaltungspraxis vornehmen.“

3        Art. 1 der Verordnung Nr. 211/2011 bestimmte:

„Diese Verordnung legt die Verfahren und Bedingungen für eine [EBI] gemäß Artikel 11 EUV und Artikel 24 AEUV fest.“

4        In Art. 2 dieser Verordnung hieß es:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.      ‚[EBI]‘ eine Initiative, die der Kommission gemäß dieser Verordnung vorgelegt wird und in der die Kommission aufgefordert wird, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht von Bürgern eines Rechtsakts der Union bedarf, um die Verträge umzusetzen, und die die Unterstützung von mindestens einer Million teilnahmeberechtigten Unterzeichnern aus mindestens einem Viertel aller Mitgliedstaaten erhalten hat;

3.      ‚Organisatoren‘ natürliche Personen, die einen Bürgerausschuss bilden, der für die Vorbereitung einer [EBI] sowie ihre Einreichung bei der Kommission verantwortlich ist.“

5        Art. 4 Abs. 1 bis 3 der Verordnung sah vor:

„(1)      Bevor sie mit der Sammlung von Unterstützungsbekundungen bei Unterzeichnern für eine geplante [EBI] beginnen, sind die Organisatoren verpflichtet, sie bei der Kommission anzumelden, wobei sie die in Anhang II genannten Informationen, insbesondere zum Gegenstand und zu den Zielen der geplanten [EBI], bereitstellen.

(2)      Binnen zwei Monaten nach Eingang der in Anhang II genannten Informationen registriert die Kommission eine geplante [EBI] unter einer eindeutigen Identifikationsnummer und sendet eine entsprechende Bestätigung an die Organisatoren, sofern die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

b)      die geplante [EBI] liegt nicht offenkundig außerhalb des Rahmens, in dem die Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen;

(3)      Die Kommission verweigert die Registrierung, wenn die in Absatz 2 festgelegten Bedingungen nicht erfüllt sind.

Wenn die Kommission es ablehnt, eine geplante [EBI] zu registrieren, unterrichtet sie die Organisatoren über die Gründe der Ablehnung und alle möglichen gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsbehelfe, die ihnen zur Verfügung stehen.“

6        Anhang II der Verordnung Nr. 211/2011, der die zur Registrierung einer geplanten EBI erforderlichen Informationen betraf, schrieb die Bereitstellung einer Reihe von Informationen zwecks Registrierung einer solchen geplanten EBI vor, nämlich ihrer Bezeichnung, ihres Gegenstands, der Beschreibung ihrer Ziele, in deren Zusammenhang die Kommission zum Tätigwerden aufgefordert wurde, und der Vertragsvorschriften, die von den Organisatoren als für die geplante Initiative relevant erachtet wurden. Dieser Anhang sah ferner vor, dass die Organisatoren genauere Informationen zum Gegenstand, zu den Zielen und zum Hintergrund der geplanten EBI bereitstellen konnten.

7        Die Verordnung Nr. 211/2011 wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2020 durch die Verordnung (EU) 2019/788 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Europäische Bürgerinitiative (ABl. 2019, L 130, S. 55) aufgehoben.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

8        Die Vorgeschichte des Rechtsstreits, wie sie sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, lässt sich wie folgt zusammenfassen.

9        Am 18. Juni 2013 wurde der Kommission der Vorschlag für die EBI mit der Bezeichnung „Kohäsionspolitik für die Gleichstellung der Regionen und die Erhaltung der regionalen Kulturen“ (im Folgenden: in Rede stehende geplante EBI) vorgelegt.

10      Mit Beschluss C(2013) 4975 final vom 25. Juli 2013 wies die Kommission den Antrag auf Registrierung der in Rede stehenden geplanten EBI mit der Begründung zurück, dass diese im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 offenkundig außerhalb des Rahmens liege, in dem die Kommission befugt sei, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen.

11      Mit Urteil vom 10. Mai 2016, Izsák und Dabis/Kommission (T‑529/13, EU:T:2016:282), wies das Gericht die Klage auf Nichtigerklärung dieses Beschlusses ab.

12      Der mit dem Rechtsmittel befasste Gerichtshof hob mit Urteil vom 7. März 2019, Izsák und Dabis/Kommission (C‑420/16 P, EU:C:2019:177), dieses Urteil des Gerichts auf und erklärte den Beschluss C(2013) 4975 final in letzter Instanz für nichtig.

13      Insbesondere entschied der Gerichtshof in den Rn. 61 und 62 dieses Urteils, dass für die Beurteilung der Einhaltung der in Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 vorgesehenen Bedingung für die Registrierung die Frage, ob die im Kontext einer EBI vorgeschlagene Maßnahme in den Rahmen fällt, in dem die Kommission im Sinne dieser Bestimmung befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen, auf den ersten Blick keine Tatsachenfrage oder Beweiswürdigung darstellt, sondern im Wesentlichen eine Frage der Auslegung und der Anwendung der in Rede stehenden Bestimmungen der Verträge. Folglich obliegt es diesem Organ in diesem Stadium weder zu prüfen, ob der Nachweis für alle vorgebrachten tatsächlichen Gesichtspunkte erbracht ist, noch, ob die Begründung der geplanten EBI und der vorgeschlagenen Maßnahmen ausreichend ist. Es hat vielmehr zu prüfen, ob aus objektiver Sicht solche abstrakt beabsichtigten Maßnahmen auf der Grundlage der Verträge getroffen werden könnten.

14      Am 30. April 2019 erließ die Kommission den streitigen Beschluss, mit dem die in Rede stehende geplante EBI in dem in Art. 1 Abs. 2 dieses Beschlusses bezeichneten Umfang registriert wurde.

15      In den ersten beiden Erwägungsgründen des streitigen Beschlusses benannte die Kommission Gegenstand und Ziele der in Rede stehenden geplanten EBI, wie sie sich aus den Angaben der Organisatoren ergaben.

16      Diesen Erwägungsgründen zufolge sollte demnach mit dieser EBI erreicht werden, dass die Union im Rahmen der Kohäsionspolitik denjenigen Regionen besondere Aufmerksamkeit widmet, deren ethnische, kulturelle, religiöse oder sprachliche Besonderheiten von denjenigen der angrenzenden Regionen abweichen. Für diese Regionen, einschließlich geografischer Gebiete ohne Strukturen mit Verwaltungszuständigkeiten, sollten die Vermeidung jeden Unterschieds oder Rückstands in der wirtschaftlichen Entwicklung im Vergleich zu den angrenzenden Regionen, die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung und die Erhaltung der Bedingungen des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts in einer Weise gewährleistet werden, dass ihre Besonderheiten unverändert bleiben. Hierzu sollten diese Regionen die gleichen Zugangsmöglichkeiten zu den verschiedenen Fonds der Union haben, und ihnen sollten die Erhaltung ihrer Besonderheiten sowie eine angemessene wirtschaftliche Entwicklung garantiert werden, so dass die Entwicklung der Union nachhaltig verlaufen kann und ihre kulturelle Vielfalt erhalten bleibt.

17      In den Erwägungsgründen 3 und 4 des streitigen Beschlusses wies die Kommission darauf hin, dass, um den Unionsbürger zur Nutzung des Mechanismus der EBI und letztlich zur Teilnahme am demokratischen Leben der Union zu ermutigen, die für die EBI erforderlichen Verfahren und Bedingungen klar, einfach, benutzerfreundlich und dem Wesen der EBI angemessen sein sollten.

18      Im fünften Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses stellte die Kommission klar:

„Rechtsakte der Union zur Durchführung der Verträge können im Einklang mit Artikel 177 [AEUV] bei der Festlegung der Aufgaben, der vorrangigen Ziele und der Organisation der Strukturfonds, was ihre Neuordnung einschließen kann, erlassen werden.“

19      Im sechsten Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses wies die Kommission darauf hin, dass die in Rede stehende geplante EBI, „soweit sie auf [ihre eigenen] Vorschläge … für Rechtsakte zur Festlegung der Aufgaben, der vorrangigen Ziele und der Organisation der Strukturfonds abzielt und die zu finanzierenden Maßnahmen zur Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts der Union führen“, nicht offenkundig außerhalb des Rahmens ihrer Befugnisse im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 liege.

20      Art. 1 des streitigen Beschlusses bestimmt:

„(1)      Die [in Rede stehende vorgeschlagene EBI] wird hiermit registriert.

(2)      Unterstützungsbekundungen für diese vorgeschlagene [EBI] können unter der Voraussetzung gesammelt werden, dass sie auf Vorschläge der Kommission für Rechtsakte abzielt, in denen die Aufgaben, die vorrangigen Ziele und die Organisation der Strukturfonds festgelegt werden, sowie unter der Voraussetzung, dass die zu finanzierenden Maßnahmen zur Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts der Union führen.“

 Klage vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

21      Mit Klageschrift, die am 8. Juli 2019 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Rumänien Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.

22      Mit Schriftsatz, der am 8. Oktober 2019 einging, beantragte Ungarn, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.

23      Rumänien stützte seine Klage auf zwei Gründe, nämlich erstens auf einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 und zweitens auf einen Verstoß gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV.

24      Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage zunächst mit der Begründung für zulässig erklärt, dass der streitige Beschluss eine anfechtbare Handlung im Sinne von Art. 263 AEUV darstelle.

25      Sodann hat es befunden, dass die Kommission in diesem Beschluss die Gründe, die die Registrierung der in Rede stehenden geplanten EBI rechtfertigten, rechtlich hinreichend dargelegt habe.

26      Schließlich hat das Gericht im Wesentlichen entschieden, dass die Kommission keinen Rechtsfehler begangen habe, als sie im Stadium der Registrierung angenommen habe, dass die in Rede stehende geplante EBI nicht offenkundig außerhalb des Rahmens liege, in dem sie befugt sei, einen Vorschlag für einen Rechtsakt einzureichen, um die Verträge umzusetzen.

27      Folglich hat das Gericht die Klage als unbegründet abgewiesen.

 Anträge der Parteien im Rechtsmittelverfahren

28      Rumänien beantragt,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben und den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Gericht zurückzuverweisen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

29      Die Kommission und Ungarn beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und Rumänien die Kosten aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

30      Rumänien stützt sein Rechtsmittel auf einen einzigen Rechtsmittelgrund, mit dem es einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 EUV rügt. Dieser Rechtsmittelgrund gliedert sich in zwei Teile, mit denen jeweils eine fehlerhafte Auslegung dieser Bestimmung in Bezug auf den Ermessensspielraum gerügt wird, über den die Kommission bei der Entscheidung, ob eine geplante EBI registriert werden muss, verfügt.

 Zum ersten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes

 Vorbringen der Parteien

31      Mit dem ersten Teil seines einzigen Rechtsmittelgrundes, der zwei Rügen umfasst, macht Rumänien geltend, das Gericht habe eine der Bedingungen, die der Antrag auf eine EBI erfüllen müsse, um von der Kommission registriert zu werden, nämlich die in Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 vorgesehene, falsch ausgelegt. Das Gericht habe nämlich in den Rn. 105 und 106 des angefochtenen Urteils die Kriterien verkannt, anhand deren die Kommission beurteilen müsse, ob eine geplante EBI diese Bedingung erfülle.

32      Mit der ersten Rüge wirft Rumänien dem Gericht vor, in Rn. 105 des angefochtenen Urteils zu Unrecht entschieden zu haben, dass die Kommission die Registrierung einer geplanten EBI nur ablehnen dürfe, wenn sie aus der Prüfung, die sie nach dieser Bestimmung vorgenommen habe, geschlossen habe, dass es ihr vollkommen ausgeschlossen erscheine, auf der Grundlage dieser EBI einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen.

33      Aus den Rn. 61 und 62 des Urteils vom 7. März 2019, Izsák und Dabis/Kommission (C‑420/16 P, EU:C:2019:177), ergebe sich nämlich, dass die Kommission sich für die Beurteilung der Einhaltung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Bedingung für die Registrierung auf die Prüfung zu beschränken habe, ob aus objektiver Sicht die vorgeschlagenen, abstrakt beabsichtigten Maßnahmen auf der Grundlage der Verträge getroffen werden könnten. Außerdem müsse sich die Kommission nach dieser Rechtsprechung im Rahmen dieser Prüfung auf den Gegenstand und die Ziele der geplanten EBI beziehen, wie sie aus den obligatorischen und gegebenenfalls den zusätzlichen in Anhang II der Verordnung Nr. 211/2011 genannten Informationen hervorgehen würden, die von den Organisatoren bereitgestellt worden seien. Daraus folge, dass die Kommission im Rahmen der Prüfung, die sie nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 vorzunehmen habe, über einen eingeschränkten Ermessensspielraum verfüge, so dass diese Prüfung allein anhand des Gegenstands, der Ziele und der Vertragsbestimmungen, die von den Organisatoren in der geplanten EBI genannt würden, vorzunehmen sei.

34      Das Gericht habe in Rn. 105 des angefochtenen Urteils jedoch den Umfang dieser Prüfung und damit von Art. 4 Abs. 2 Buchst. b in Verbindung mit Anhang II der Verordnung Nr. 211/2011 verkannt, indem es der Kommission implizit aufgegeben habe, eine geplante EBI anhand aller Bestimmungen der Verträge zu prüfen, einschließlich derjenigen, die von den Organisatoren in den von ihnen bereitgestellten Informationen nicht ausdrücklich genannt worden seien. Eine solche Prüfung stelle jedoch keine bloß abstrakte Prüfung der geplanten EBI dar und führe zudem zu einer Verwechslung der verschiedenen Phasen einer EBI.

35      Mit der zweiten Rüge wirft Rumänien dem Gericht vor, in Rn. 106 des angefochtenen Urteils festgestellt zu haben, dass die Kommission, selbst wenn es ihr sehr zweifelhaft erscheine, dass die geplante EBI in den Rahmen falle, in dem sie befugt sei, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen, verpflichtet sei, diesen Vorschlag zu registrieren, um die politische Debatte in den Organen in Gang zu setzen.

36      Insoweit sei das Urteil vom 19. Dezember 2019, Puppinck u. a./Kommission (C‑418/18 P, EU:C:2019:1113), auf das sich das Gericht in diesem Zusammenhang gestützt habe, nicht einschlägig, da der Gerichtshof in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei, über die Wirkungen einer Registrierung und insbesondere über die Frage zu entscheiden gehabt habe, ob die Kommission verpflichtet gewesen sei, Maßnahmen vorzuschlagen, die sich in die Linie der in jener Rechtssache in Rede stehenden EBI einreihen würden.

37      Jedenfalls könne die vom Gericht in Rn. 106 des angefochtenen Urteils vorgenommene Auslegung nach Registrierung einer geplanten EBI Debatten über vorgeschlagene Rechtsakte auslösen, die in Wirklichkeit nicht in die Zuständigkeit der Union fallen würden. Eine solche Auslegung, die in der Praxis jede Prüfung der Beachtung des Zuständigkeitsbereichs der Union auf das in Art. 10 der Verordnung Nr. 211/2011 vorgesehene spätere Stadium verschiebe, nähme der Phase der Registrierung nämlich jede praktische Wirksamkeit.

38      Die Kommission und Ungarn sind der Auffassung, dass der erste Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen sei. Jedenfalls geht dieser Teil nach Ansicht der Kommission ins Leere.

 Würdigung durch den Gerichtshof

39      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass, was die Grundsätze des Verfahrens zur Registrierung einer geplanten EBI anbelangt, Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 vorsieht, dass eine geplante EBI von der Kommission registriert wird, sofern sie „nicht offenkundig außerhalb des Rahmens [liegt], in dem die Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen“.

40      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs muss diese Bedingung für die Registrierung im Einklang mit den mit der EBI verfolgten Zielen, wie sie in den Erwägungsgründen 1 und 2 der Verordnung Nr. 211/2011 angeführt werden und die insbesondere darin bestehen, die Bürger zur Teilnahme am demokratischen Leben der Union zu ermutigen und die Union zugänglicher zu machen, von der Kommission, an die eine geplante EBI herangetragen wird, so ausgelegt und angewandt werden, dass eine leichte Zugänglichkeit der EBI sichergestellt ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. September 2017, Anagnostakis/Kommission, C‑589/15 P, EU:C:2017:663, Rn. 49, vom 7. März 2019, Izsák und Dabis/Kommission, C‑420/16 P, EU:C:2019:177, Rn. 53, sowie vom 20. Januar 2022, Rumänien/Kommission, C‑899/19 P, EU:C:2022:41, Rn. 44).

41      Folglich darf die Kommission die Registrierung einer geplanten EBI nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 nur dann ablehnen, wenn die geplante EBI in Anbetracht ihres Gegenstands und ihrer Ziele, wie sie aus den obligatorischen und gegebenenfalls den zusätzlichen Informationen hervorgehen, die von den Organisatoren gemäß Anhang II dieser Verordnung bereitgestellt worden sind, offenkundig außerhalb des Rahmens liegt, in dem die Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen (Urteile vom 12. September 2017, Anagnostakis/Kommission, C‑589/15 P, EU:C:2017:663, Rn. 50, sowie vom 7. März 2019, Izsák und Dabis/Kommission, C‑420/16 P, EU:C:2019:177, Rn. 54).

42      Zudem geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch hervor, dass sich die Kommission zum Zweck der Beurteilung der Einhaltung der in Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 vorgesehenen Bedingung für die Registrierung auf die Prüfung zu beschränken hat, ob die mit einer geplanten EBI vorgeschlagenen, abstrakt beabsichtigten Maßnahmen aus objektiver Sicht auf der Grundlage der Verträge getroffen werden könnten (Urteil vom 20. Januar 2022, Rumänien/Kommission, C‑899/19 P, EU:C:2022:41, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Daraus folgt, dass es, wenn nach einer ersten Prüfung anhand der obligatorischen und gegebenenfalls zusätzlichen Informationen, die von den Organisatoren bereitgestellt werden, nicht erwiesen ist, dass eine geplante EBI offenkundig außerhalb des Rahmens dieser Befugnisse der Kommission liegt, diesem Organ obliegt, die geplante EBI vorbehaltlich der Erfüllung der übrigen in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 211/2011 festgelegten Bedingungen zu registrieren (Urteil vom 20. Januar 2022, Rumänien/Kommission, C‑899/19 P, EU:C:2022:41, Rn. 47).

44      Der erste Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes Rumäniens, mit dem es dem Gericht im Wesentlichen vorwirft, Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 falsch ausgelegt zu haben, als es in den Rn. 105 und 106 des angefochtenen Urteils den Umfang des Ermessensspielraums präzisiert habe, über den die Kommission bei der Entscheidung verfüge, ob eine geplante EBI registriert werden müsse, ist im Licht dieser Erwägungen zu prüfen.

45      Die erste Rüge dieses Teils richtet sich gegen Rn. 105 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht im Wesentlichen festgestellt hat, dass die Kommission die Registrierung einer geplanten EBI nur ablehnen dürfe, wenn sie bei der im Rahmen von Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 vorgenommenen Prüfung zu dem Ergebnis gelange, dass vollkommen ausgeschlossen werden könne, dass sie befugt sei, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen.

46      Rumänien wirft dem Gericht vor, davon ausgegangen zu sein, dass die Kommission die Registrierung einer geplanten EBI im Rahmen dieser Prüfung nur ablehnen dürfe, wenn sie zu dem Ergebnis gelange, dass „vollkommen ausgeschlossen werden kann“, dass diese geplante EBI es ihr erlaube, einen solchen Vorschlag für einen Rechtsakt vorzulegen.

47      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass diese Randnummer die Schlussfolgerung aus den Rn. 100 bis 104 dieses Urteils darstellt, die von Rumänien im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels nicht beanstandet werden. Somit hat das Gericht in dieser Schlussfolgerung lediglich die Rechtsprechung des Gerichtshofs und die Tragweite der einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 211/2011 im Hinblick auf die Prüfung, die die Kommission nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 vorzunehmen hat, zusammenfassen wollen, auf die es in den genannten Rn. 100 bis 104 hingewiesen hat.

48      Obwohl das Gericht in Rn. 105 des angefochtenen Urteils auf andere Begriffe oder andere Formulierungen als die in den Rn. 100 bis 104 dieses Urteils verwendeten zurückgegriffen hat, lässt sich dem Wortlaut von Rn. 105 gleichwohl nicht entnehmen, dass das Gericht darin ein Kriterium für die Registrierung einer geplanten EBI eingeführt hätte, das im Widerspruch zu den von ihm in den Rn. 100 bis 104 dieses Urteils dargelegten Gesichtspunkten und den in den Rn. 39 bis 43 des vorliegenden Urteils angeführten Kriterien steht.

49      Insbesondere kann Rn. 105 des angefochtenen Urteils entgegen dem Vorbringen Rumäniens nicht dahin verstanden werden, dass das Gericht darin auf eine Verpflichtung der Kommission hingewiesen hätte, zu prüfen, ob die geplante EBI, die ihr vorgelegt wird, in irgendeiner Bestimmung der Verträge einschließlich derjenigen, auf die sich die Organisatoren nicht ausdrücklich bezogen haben, eine Grundlage finden kann.

50      Jedenfalls geht aus Rn. 110 des angefochtenen Urteils, die im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels nicht beanstandet wird, hervor, dass im vorliegenden Fall Art. 177 AEUV, der von der Kommission im fünften Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses als potenzielle Rechtsgrundlage für Rechtsakte, die von der Union erlassen werden könnten, benannt worden ist, zu den Bestimmungen gehörte, die von den Organisatoren in der in Rede stehenden geplanten EBI angeführt worden sind. Die Kommission hat daher die Registrierung dieser geplanten EBI nicht anhand einer anderen Vertragsbestimmung als der in dieser geplanten EBI angeführten gerechtfertigt.

51      Folglich ist die gegen Rn. 105 des angefochtenen Urteils gerichtete Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

52      Die zweite Rüge richtet sich gegen Rn. 106 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht im Wesentlichen ausgeführt hat, dass der besondere Mehrwert des Mechanismus der EBI nicht in der Gewissheit seines Ergebnisses liege, sondern in den durch die EBI für die Unionsbürger geschaffenen Wegen und Möglichkeiten, eine politische Debatte in den Organen der Union anzustoßen, und die Kommission daher selbst bei großen Zweifeln, ob die in Rede stehende geplante EBI in den Rahmen ihrer Befugnisse im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 falle, diesen Vorschlag registrieren müsse, um die im Anschluss an diese Registrierung angestoßene politische Debatte in den Organen zu ermöglichen.

53      Es ist festzustellen, dass diese Rüge ins Leere geht, da aus dieser Randnummer ausdrücklich hervorgeht, dass sie nur die Schlussfolgerung des Gerichts in Rn. 105 des angefochtenen Urteils stützen soll, so dass die in Rn. 106 dieses Urteils angeführten Gründe lediglich die in Rn. 105 angeführten Gründe ergänzen, die Rumänien – wie sich aus den Rn. 47 bis 51 des vorliegenden Urteils ergibt – im Rahmen der ersten Rüge vergeblich beanstandet hat (vgl. entsprechend Urteil vom 17. September 2020, Troszczynski/Parlament, C‑12/19 P, EU:C:2020:725, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54      Nach alledem ist der erste Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes als teils unbegründet und teils ins Leere gehend zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes

 Vorbringen der Parteien

55      Mit dem zweiten Teil seines einzigen Rechtsmittelgrundes wirft Rumänien dem Gericht im Wesentlichen vor, in Rn. 116 des angefochtenen Urteils festgestellt zu haben, dass die Kommission gemäß Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011, wie ihn der Gerichtshof ausgelegt habe, eine „Ausrichtung“, eine „Qualifizierung“ oder sogar eine teilweise Registrierung der in Rede stehenden geplanten EBI vornehmen könne, um einen leichten Zugang zu der EBI sicherzustellen, sofern sie die ihr obliegende Begründungspflicht beachte und der Inhalt dieser geplanten EBI nicht verfälscht werde.

56      Folglich habe sich das Gericht unter Verwendung allgemeiner Begriffe ebenso wie die Kommission geweigert, anhand aller von den Organisatoren bereitgestellten Informationen zu prüfen, ob die in Rede stehende geplante EBI registriert werden könne. Nach Ansicht Rumäniens hätte die Berücksichtigung aller bereitgestellten Informationen zwangsläufig zu der Erkenntnis geführt, dass ein auf die Art. 174 bis 178 AEUV gestütztes Handeln die Erreichung der spezifischen Ziele der in Rede stehenden geplanten EBI nicht ermöglichen würde, ohne einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 EUV herbeizuführen. Die vom Gericht im angefochtenen Urteil geprüften Rechtsgrundlagen seien im Hinblick auf das tatsächliche Ziel der in Rede stehenden geplanten EBI nicht einschlägig, gerade weil das Gericht gegen Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 211/2011 verstoßen habe, weil es unter Missachtung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht davon ausgegangen sei, dass sämtliche von den Organisatoren bereitgestellten Informationen zu berücksichtigen seien.

57      Jedenfalls könne das pauschale Argument, dass ein leichter Zugang zur EBI sichergestellt werden müsse, für sich genommen nicht die Registrierung einer geplanten EBI begründen, die nicht alle in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 211/2011 aufgestellten Bedingungen erfülle.

58      Nach Ansicht der Kommission und Ungarns ist der zweite Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

59      Der zweite Teil des einzigen von Rumänien geltend gemachten Rechtsmittelgrundes betrifft Rn. 116 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht Folgendes ausgeführt hat:

„… die Vorgehensweise der Kommission, die streitige vorgeschlagene EBI ‚unter der Voraussetzung … [zu registrieren], dass sie auf [ihre eigenen] Vorschläge … für Rechtsakte abzielt, in denen die Aufgaben, die vorrangigen Ziele und die Organisation der Strukturfonds festgelegt werden, sowie unter der Voraussetzung, dass die zu finanzierenden Maßnahmen zur Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts der Union führen‘, [ist] mit der Verordnung Nr. 211/2011, wie sie der Gerichtshof … ausgelegt hat, vereinbar …, da, wie bereits ausgeführt worden ist, die Kommission die in Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der oben genannten Verordnung vorgesehene Bedingung für die Registrierung so auslegen und anwenden muss, dass ein leichter Zugang zur EBI sichergestellt ist. Die Kommission kann daher gegebenenfalls eine ‚Ausrichtung‘, eine ‚Qualifizierung‘ oder sogar eine teilweise Registrierung der geplanten EBI vornehmen, um einen leichten Zugang zu [der EBI] sicherzustellen, sofern sie die ihr obliegende Begründungspflicht beachtet und der Inhalt dieser geplanten EBI nicht verfälscht wird. Diese Vorgehensweise ermöglicht es der Kommission nämlich, die Registrierung einer geplanten EBI nicht abzulehnen, sondern sie in qualifizierter Weise zu registrieren, um die praktische Wirksamkeit des mit der Verordnung Nr. 211/2011 verfolgten Ziels zu wahren. …“

60      Rumänien wirft dem Gericht im Wesentlichen vor, dadurch gegen Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 verstoßen zu haben, dass es davon ausgegangen sei, dass die Kommission dazu berechtigt sei, eine „Ausrichtung“, eine „Qualifizierung“ oder sogar eine „teilweise Registrierung“ der in Rede stehenden geplanten EBI vorzunehmen und damit diese geplante EBI zu registrieren, indem es ihr die in Art. 1 Abs. 2 des streitigen Beschlusses beschriebene und in Rn. 20 des vorliegenden Urteils wiedergegebene Tragweite verleihe.

61      Zunächst ist zur Prüfung dieser Rüge in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Generalanwalts in den Nrn. 63 bis 68 seiner Schlussanträge festzustellen, dass das Gericht mit den Ausdrücken „Ausrichtung“, „Qualifizierung“ und „teilweise Registrierung“ in Rn. 116 des angefochtenen Urteils auf ein und denselben Begriff abstellen wollte, nämlich die teilweise Registrierung einer geplanten EBI, bei der die ursprünglich von den Organisatoren eingereichte geplante EBI nicht vollständig übernommen und deren Tragweite daher beschränkt wurde, sei es im Hinblick auf die darin enthaltenen Vorschläge für spezifische Rechtsakte oder, wie im vorliegenden Fall, im Hinblick auf die Benennung der Rechtsakte, deren Erlass vorgeschlagen wird, oder allgemeiner, im Hinblick auf die Art und Weise, in der der Gegenstand der geplanten EBI definiert wird.

62      Sodann ist festzustellen, dass Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 für die Kommission nicht ausdrücklich die Möglichkeit vorsieht, eine solche teilweise Registrierung einer geplanten EBI vorzunehmen.

63      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts jedoch nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Kontext und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Urteil vom 22. Dezember 2022, Sambre & Biesme und Commune de Farciennes, C‑383/21 und C‑384/21, EU:C:2022:1022, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64      Wie in Rn. 40 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ergibt sich insoweit aus ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass die in Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 vorgesehene Bedingung für die Registrierung im Einklang mit den mit der EBI verfolgten Zielen, wie sie in den Erwägungsgründen 1 und 2 der Verordnung Nr. 211/2011 angeführt werden und die insbesondere darin bestehen, die Bürger zur Teilnahme am demokratischen Leben der Union zu ermutigen und die Union zugänglicher zu machen, von der Kommission, an die eine geplante EBI herangetragen wird, so ausgelegt und angewandt werden muss, dass eine leichte Zugänglichkeit der EBI sichergestellt ist.

65      Wie der Generalanwalt in den Nrn. 80 bis 94 seiner Schlussanträge jedoch hervorgehoben hat, sprechen diese Ziele nachdrücklich für eine Auslegung dieser Bestimmung, wonach die Kommission die Möglichkeit haben muss, eine geplante EBI teilweise zu registrieren.

66      Der Kommission diese Befugnis abzusprechen, hätte nämlich zur Folge, wie das Gericht in Rn. 116 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden hat, dass die Registrierung einer geplanten EBI grundsätzlich selbst dann insgesamt abgelehnt werden müsste, wenn nur ein Teil dieser geplanten EBI offenkundig außerhalb des Rahmens läge, in dem dieses Organ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen. Angenommen, den Organisatoren wäre ein minimaler Fehler in Bezug auf den Umfang dieser Befugnisse anzulasten, müsste dann nämlich ihre geplante EBI in ihrer Gesamtheit abgelehnt werden, was offensichtlich gegen das Ziel verstieße, eine leichte Zugänglichkeit der EBI zu gewährleisten.

67      Daraus folgt, dass das Gericht in Rn. 116 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei entschieden hat, dass die Kommission mit dem streitigen Beschluss eine teilweise Registrierung der in Rede stehenden geplanten EBI vornehmen konnte, indem sie deren Tragweite im Einklang mit dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 dieses Beschlusses beschränkt hat.

68      Was schließlich die Rüge betrifft, das Gericht habe es ebenso wie die Kommission unterlassen, die Registrierung der in Rede stehenden geplanten EBI anhand aller von den Organisatoren bereitgestellten Informationen zu prüfen, genügt die Feststellung, dass sich das Gericht in Rn. 116 des angefochtenen Urteils, auf die sich der vorliegende Teil allein bezieht, nur zur Vereinbarkeit einer teilweisen Registrierung der in Rede stehenden geplanten EBI mit Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 geäußert hat und nicht zu der Frage, ob diese geplante EBI, wie sie gegebenenfalls von der Kommission umgedeutet wurde, in Anbetracht der von den Organisatoren bereitgestellten Informationen offenkundig nicht in den Rahmen fiel, in dem dieses Organ befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen.

69      Somit ist der zweite Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

70      Nach alledem ist der einzige Rechtsmittelgrund als teils ins Leere gehend und teils unbegründet zurückzuweisen, so dass das vorliegende Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen ist.

 Kosten

71      Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

72      Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

73      Da Rumänien mit seinen Rechtsmittelgründen unterlegen ist und die Kommission beantragt hat, es zur Tragung der Kosten zu verurteilen, sind ihm neben seinen eigenen Kosten die Kosten der Kommission aufzuerlegen.

74      Nach Art. 184 Abs. 4 Satz 2 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof einer erstinstanzlichen Streithilfepartei, die am Rechtsmittelverfahren teilnimmt, ihre eigenen Kosten auferlegen.

75      Da Ungarn am Verfahren vor dem Gerichtshof teilgenommen hat, sind ihm unter den Umständen des vorliegenden Falles seine eigenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Neunte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Rumänien trägt neben seinen eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission.

3.      Ungarn trägt seine eigenen Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Rumänisch.