Language of document : ECLI:EU:T:2014:27

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

23. Januar 2014 (*)

„Wettbewerb – Kartelle – Markt für Calciumcarbid und Magnesium für die Stahl- und die Gasindustrien im EWR außer Irland, Spanien, Portugal und dem Vereinigten Königreich – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Preisfestsetzung und Marktaufteilung – Verteidigungsrechte – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Begründungspflicht – Geldbußen – Gleichbehandlung – Mildernde Umstände – Zusammenarbeit im Verwaltungsverfahren – Verhältnismäßigkeit – Gesamtschuldnerische Haftung für die Zahlung der Geldbuße – Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen“

In der Rechtssache T‑384/09

SKW Stahl-Metallurgie Holding AG mit Sitz in Unterneukirchen (Deutschland),

SKW Stahl-Metallurgie GmbH mit Sitz in Unterneukirchen,

Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte A. Birnstiel, S. Janka und S. Dierckens, dann Rechtsanwälte A. Birnstiel und S. Janka,

Klägerinnen,

unterstützt durch

Gigaset AG, vormals Arques Industries AG, mit Sitz in München (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Grave, A. Scheidtmann und B. Meyring,

Streithelferin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch N. von Lingen und A. Antoniadis als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt A. Böhlke,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K(2009) 5791 endg. der Kommission vom 22. Juli 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39.396 – Calciumcarbid und Reagenzien auf Magnesiumbasis für die Stahl- und die Gasindustrien), soweit sie die Klägerinnen betrifft, sowie, hilfsweise, Nichtigerklärung oder Herabsetzung der den Klägerinnen durch diese Entscheidung auferlegte Geldbuße,

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz, der Richterin I. Labucka und des Richters D. Gratsias (Berichterstatter),

Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. April 2013

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Mit ihrer Entscheidung K(2009) 5791 endg. vom 22. Juli 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39.396 – Calciumcarbid und Reagenzien auf Magnesiumbasis für die Stahl- und die Gasindustrien) (Zusammenfassung im ABl. C 301, S. 18, im Folgenden: angefochtene Entscheidung) stellte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften fest, dass die Hauptanbieter von Calciumcarbid und Magnesium für die Stahl- und Gasindustrie gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verstoßen hätten, indem sie sich vom 7. April 2004 bis 16. Januar 2007 an einer einzigen und fortdauernden Zuwiderhandlung beteiligt hätten. Diese habe in einer Aufteilung der Märkte, einer Festsetzung von Quoten, einer Aufteilung der Kunden, einer Festsetzung der Preise und einem Austausch vertraulicher Geschäftsinformationen über Preise, Kunden und Verkaufsvolumina im EWR mit Ausnahme von Irland, Spanien, Portugal und dem Vereinigten Königreich bestanden.

2        Das Verfahren wurde im Anschluss an einen von der Akzo Nobel NV am 20. November 2006 gestellten Antrag auf Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Kronzeugenregelung) eingeleitet.

3        In Art. 1 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass sich die Klägerin zu 1, die SKW Stahl-Metallurgie Holding AG (im Folgenden: SKW Holding), vom 30. August 2004 bis 16. Januar 2007 und die Klägerin zu 2, die SKW Stahl-Metallurgie GmbH (bis 2005 SKW Stahl-Technik GmbH & Co KG, im Folgenden: SKW), vom 22. April 2004 bis 16. Januar 2007 an der Zuwiderhandlung beteiligt hätten. Wie aus Rn. 226 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, war die Kommission der Ansicht, dass im genannten Zeitraum Mitarbeiter von SKW direkt an den Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen des streitigen Kartells beteiligt gewesen seien. In Bezug auf SKW Holding geht aus Rn. 245 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass sie vom 30. August 2004 bis 16. Januar 2007 das gesamte Kapital von SKW hielt, und aus den in den Rn. 245 bis 250 der angefochtenen Entscheidung dargelegten Gründen war die Kommission der Ansicht, dass SKW Holding Teil derselben wirtschaftlichen Einheit wie SKW gewesen sei und daher für die von SKW begangene Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln haftbar gemacht werden könne.

4        In Art. 2 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung verhängte die Kommission gegen die Klägerinnen und die Arques Industries AG (im Folgenden: Arques) wegen ihrer Beteiligung an der streitigen Zuwiderhandlung als Gesamtschuldner eine Geldbuße von 13,3 Mio. Euro. Außerdem verhängte sie in Art. 2 Buchst. g der angefochtenen Entscheidung gegen die Evonik Degussa GmbH (im Folgenden: Degussa), die AlzChem Hart GmbH und SKW als Gesamtschuldner eine Geldbuße von 1,04 Mio. Euro. In Fn. 681 zu Rn. 361 der angefochtenen Entscheidung heißt es hierzu:

„[SKW] ist für eine einzige Geldbuße verantwortlich und ihre kumulative gesamtschuldnerische Haftung mit anderen Adressaten dieser Entscheidung geht nicht über den Betrag von [13,3 Mio. Euro] hinaus ...“

 Verfahren und Vorbringen der Beteiligten

5        Mit Klageschrift, die am 1. Oktober 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.

6        Mit Schriftsatz, der am 21. Januar 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Arques beantragt, im vorliegenden Rechtsstreit als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerinnen zugelassen zu werden. Der Streithilfeantrag ist den Parteien gemäß Art. 116 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts zugestellt worden. Mit Beschluss vom 2. Juli 2010 hat der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts dem Streithilfeantrag stattgegeben.

7        Mit Schreiben, die am 22. Februar und 23. April 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die Klägerinnen beantragt, dass bestimmte Textstellen und Anlagen ihrer Klageschrift und eine Randnummer ihrer Erwiderung gegenüber der Streithelferin vertraulich behandelt werden. Mit Schreiben, das am 30. Juli 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Streithelferin – außer in Bezug auf bestimmte Anlagen der Klageschrift – Einwände gegen die Anträge auf vertrauliche Behandlung erhoben.

8        Die Streithelferin hat ihren Streithilfeschriftsatz am 30. August 2010 eingereicht.

9        Infolge der Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ist der ursprünglich bestimmte Berichterstatter der Dritten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache deshalb zugewiesen worden ist. Wegen der teilweisen Neubesetzung des Gerichts ist die vorliegende Rechtssache einem neuen Berichterstatter zugewiesen worden, der dieser Kammer angehört.

10      Mit Beschluss vom 3. Mai 2011 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts die Anträge auf vertrauliche Behandlung zurückgewiesen, soweit gegen sie von der Streithelferin Einwände erhoben worden sind.

11      Am 6. Juli 2011 hat die Streithelferin im Anschluss an die Übermittlung der Teile, deren vertrauliche Behandlung abgelehnt worden ist, eine Ergänzung ihres Streithilfeschriftsatzes eingereicht. Mit Schreiben, das am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat sie das Gericht über die Änderung ihrer Firma in Gigaset AG unterrichtet.

12      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Dritte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung die Kommission zur Beantwortung einer Frage und zur Vorlage bestimmter Schriftstücke aufgefordert. Die Kommission ist diesen Aufforderungen fristgerecht nachgekommen.

13      In der Sitzung vom 16. April 2013 haben die Beteiligten mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. In der Sitzung haben die Klägerinnen in Beantwortung einer Frage des Gerichts erklärt, dass sie an ihrem Antrag auf vertrauliche Behandlung bestimmter Anlagen der Klageschrift, gegen die von der Streithelferin keine Einwände erhoben worden sind, nicht mehr festhalten. Diese Erklärung ist im Sitzungsprotokoll vermerkt worden.

14      Die Klägerinnen beantragen,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit sie sie betrifft;

–        hilfsweise, Art. 2 der angefochtenen Entscheidung dahin gehend abzuändern, dass die ihnen auferlegte Geldbuße aufgehoben oder zumindest erheblich herabgesetzt wird;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

15      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

16      Die Streithelferin beantragt, dem ersten und dem zweiten Antrag der Klägerinnen stattzugeben.

 Rechtliche Würdigung

17      Zur Stützung ihrer Klage machen die Klägerinnen sechs Klagegründe geltend, mit denen sie erstens eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör, zweitens eine fehlerhafte Anwendung von Art. 81 EG, drittens eine Verletzung der Begründungspflicht, viertens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung durch die Ungleichbehandlung von SKW im Verhältnis zur Almamet GmbH Handel mit Spänen und Pulvern aus Metall (im Folgenden: Almamet), fünftens einen Verstoß gegen die Art. 7 und 23 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) sowie gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Strafen und sechstens einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 rügen.

18      Die Streithelferin, die die Anträge der Klägerinnen unterstützt, hat nur zum zweiten, zum vierten und zum fünften Klagegrund Erklärungen eingereicht.

 Zum ersten Klagegrund: Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör

19      Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe ihre Verteidigungsrechte und insbesondere ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, da sie ihnen nicht die Möglichkeit gegeben habe, in einer Anhörung einen wesentlichen Teil ihres Vorbringens zu ihrer Entlastung mündlich vorzutragen.

20      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 u. a. vor einer Entscheidung gemäß Art. 23 der Verordnung den Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, gegen die sich das von ihr betriebene Verfahren richtet, Gelegenheit gibt, sich zu den Beschwerdepunkten zu äußern, die sie in Betracht gezogen hat. Sie stützt ihre Entscheidung nur auf die Beschwerdepunkte, zu denen sich die Parteien äußern konnten. Nach Art. 27 Abs. 2 müssen die Verteidigungsrechte der Parteien während des Verfahrens in vollem Umfang gewahrt werden. Die Parteien haben das Recht auf Einsicht in die Akten der Kommission, vorbehaltlich des berechtigten Interesses von Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse. Von der Akteneinsicht ausgenommen sind indessen vertrauliche Informationen sowie interne Schriftstücke der Kommission und der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten.

21      Im Übrigen sieht Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Art. 81 [EG] und 82 [EG] durch die Kommission (ABl. L 123, S. 18) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 622/2008 der Kommission vom 30. Juni 2008 (ABl. L 171, S. 3) geänderten Fassung vor, dass die Kommission den Parteien, an die sie eine Mitteilung der Beschwerdepunkte richtet, Gelegenheit gibt, ihre Argumente in einer Anhörung vorzutragen, wenn sie dies in ihren schriftlichen Ausführungen beantragen. Nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 773/2004 führt der Anhörungsbeauftragte die Anhörung in voller Unabhängigkeit durch. Abs. 6 dieses Artikels sieht vor, dass die Anhörungen nicht öffentlich sind und jede Person allein oder in Anwesenheit anderer geladener Personen gehört werden kann; dabei ist den berechtigten Interessen der Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse und anderer vertraulicher Informationen Rechnung zu tragen.

22      Ferner sieht der Beschluss 2001/462/EG, EGKS der Kommission vom 23. Mai 2001 über das Mandat von Anhörungsbeauftragten in bestimmten Wettbewerbsverfahren (ABl. L 162, S. 21) in Art. 13 Abs. 1 vor, dass der Anhörungsbeauftragte dem zuständigen Kommissionsmitglied über den Ablauf der Anhörung und seine Schlussfolgerungen in Bezug auf die Ausübung des Anhörungsrechts Bericht erstattet. Dabei ist auf Verfahrensfragen wie die Offenlegung von Unterlagen, die Gewährung von Akteneinsicht, die Frist für die Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und den ordnungsgemäßen Ablauf der Anhörung einzugehen.

23      Art. 15 Abs. 1 des Beschlusses bestimmt, dass der Anhörungsbeauftragte anhand des Entscheidungsentwurfs, der dem beratenden Ausschuss in der fraglichen Sache vorzulegen ist, einen schriftlichen Abschlussbericht über die Wahrung des in Art. 13 Abs. 1 genannten Rechts auf Anhörung erstellt. Der Bericht geht u. a. auf die Frage ein, ob der Entscheidungsentwurf ausschließlich Beschwerdepunkte behandelt, zu denen sich die Parteien haben äußern können. Aus Art. 16 Abs. 3 des Beschlusses ergibt sich, dass dieser Abschlussbericht von der Kommission gemeinsam mit ihrer Entscheidung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird.

24      Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen in ihrer Stellungnahme vom 6. Oktober 2008 zur Mitteilung der Beschwerdepunkte u. a. geltend gemacht, dass SKW Holding, anders als von der Kommission behauptet, während des Zeitraums der Zuwiderhandlung keinen bestimmenden Einfluss auf SKW ausgeübt habe, und die speziellen Umstände dargelegt, die diese Behauptung stützen sollen. Sie haben hinzugefügt, in Wirklichkeit habe Degussa, deren bestimmender Einfluss auf SKW selbst nach der Übernahme des gesamten Gesellschaftskapitals von SKW durch SKW Holding am 30. August 2004 fortbestanden habe, die Verkaufsstrategie von SKW bestimmt. SKW habe de facto als Verkaufsagentin oder Handelsvertreterin von Degussa gehandelt.

25      In dieser Stellungnahme haben die Klägerinnen beantragt, ihre Argumente in einer Anhörung vortragen zu dürfen. Nach ihrer Ladung zu einer Anhörung, die am 10. und 11. November 2008 stattfinden sollte, beantragten sie mit E-Mail vom 31. Oktober 2008 bei der Anhörungsbeauftragten, den Teil ihres Vorbringens, der den angeblich bestimmenden Einfluss von Degussa auf SKW betreffe, in camera vortragen zu dürfen. Zur Begründung dieses Antrags führten sie aus, dass SKW für ihr wirtschaftliches Überleben auf Degussa angewiesen sei, die ihr nahezu das gesamte von ihr vermarktete Calciumcarbid liefere, und dass die beiden Unternehmen in Verhandlungen über einen neuen Liefervertrag stünden. Der Vortrag dieses Teils ihrer Argumente in Anwesenheit von Degussa würde die Geschäftsbeziehung zwischen SKW und Degussa ernsthaft gefährden und könnte zu Vergeltungsmaßnahmen durch Degussa führen.

26      Am 5. November 2008 sandten die Klägerinnen der Kommission eine weitere E‑Mail, in der sie als „praktikable Lösung“ vorschlugen, Degussa nach Ablauf des Jahres 2008 oder nach Abschluss eines Liefervertrags zwischen beiden Unternehmen Zugang zu ihrem Vortrag in camera zu geben.

27      Mit E-Mail vom 6. November 2008, die im Anschluss an ein Telefongespräch mit der Anhörungsbeauftragten u. a. an diese gerichtet wurde, machten die Klägerinnen nähere Angaben zu den Gründen für ihren Antrag, einen Teil ihres Vorbringens in der Anhörung in camera vortragen zu dürfen, und zum Inhalt dieses Vorbringens. Des Weiteren wiederholten sie ihren oben in Rn. 26 angeführten Lösungsvorschlag.

28      Mit Schreiben vom 6. November 2008 lehnte die Anhörungsbeauftragte den Antrag der Klägerinnen ab. Zunächst wies sie darauf hin, dass er streng genommen nicht auf ein berechtigtes Interesse an der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen und anderen vertraulichen Informationen gestützt sei. Deshalb werde sie ihn unter dem Gesichtspunkt des Anspruchs auf rechtliches Gehör prüfen. Hierzu stellte sie fest, dass das fragliche Vorbringen der Klägerinnen das Verhalten von Degussa betreffe und von der Kommission nur dann als mildernder Umstand berücksichtigt werden könne, wenn sein Beweiswert anhand eines Vergleichs mit einer von Degussa abzugebenden Erklärung geprüft werde. Außerdem würde eine Anhörung in camera Degussa das Recht nehmen, auf die zumindest indirekt gegen sie gerichteten Behauptungen der Klägerinnen mündlich zu antworten. Die von den Klägerinnen vorgeschlagene Alternativlösung sei nicht durchführbar, da weder der Zeitpunkt des Endes der Verhandlungen zwischen den Klägerinnen und Degussa noch ihr Ausgang feststehe.

29      Die Anhörung fand am 10. und 11. November 2008 statt.

30      Mit Schreiben vom 28. Januar 2009 teilten die Klägerinnen unter Hinweis auf ihren mit dem oben in Rn. 28 angeführten Schreiben der Anhörungsbeauftragten abgelehnten Antrag mit, dass die Verhandlungen zwischen SKW und Degussa in der Zwischenzeit zum Abschluss eines neuen Liefervertrags geführt hätten, so dass sie nunmehr ohne Weiteres in Anwesenheit von Degussa den deren Rolle betreffenden Teil ihres Vorbringens mündlich vortragen könnten. Sie beantragten deshalb bei der Anhörungsbeauftragten, eine erneute Anhörung durchzuführen, um ihnen Gelegenheit zu geben, diesen in der Anhörung vom 10. und 11. November 2008 nicht zur Sprache gekommenen Teil ihrer Argumentation mündlich vorzutragen.

31      Mit Schreiben vom 3. Februar 2009 lehnte die Anhörungsbeauftragte den Antrag der Klägerinnen auf Durchführung einer erneuten Anhörung mit der Begründung ab, dass das Recht auf mündliche Anhörung eine unmittelbare Folge einer Mitteilung der Beschwerdepunkte darstelle und einmal gewährt werde. Die Anhörungsbeauftragte gestattete den Klägerinnen jedoch, binnen einer von ihr festgelegten Frist das Vorbringen zur Rolle von Degussa schriftlich zu ergänzen.

32      Mit Schreiben vom 10. Februar 2009 erklärten die Klägerinnen, dass sie den Standpunkt der Anhörungsbeauftragten nicht teilten, und beharrten auf ihrem Antrag, ihre Argumentation zur Rolle von Degussa mündlich vorzutragen. In diesem Zusammenhang wiesen sie u. a. darauf hin, dass diese Argumentation mehrmals in schriftlicher Form der Kommission übermittelt worden sei, die sie jedoch nicht hinreichend berücksichtigt habe. Nur ein mündlicher Vortrag ihrer Argumentation würde es ihnen ermöglichen, die Rolle von Degussa darzulegen und zu erläutern. Er sei daher zur Wahrung ihrer Verteidigungsrechte unerlässlich.

33      In ihrem Abschlussbericht in der Sache COMP/39.396 – Calciumcarbid und Reagenzien auf Magnesiumbasis für die Stahl- und Gasindustrie vom 9. Juli 2009 (ABl. C 301, S. 16) führte die Anhörungsbeauftragte zu dem in Rede stehenden Antrag der Klägerinnen Folgendes aus:

„Vor der mündlichen Anhörung beantragte eine Partei, in camera angehört zu werden. Die Partei räumte selbst ein, dass ihre Ausführungen für die Wahrnehmung der Verteidigungsrechte einer anderen Partei relevant sein könnten, und schlug deshalb vor, den Inhalt der in camera Anhörung zu einem späteren Verfahrenszeitpunkt dieser anderen Partei offen zu legen.

Ich habe diesen Antrag im Hinblick auf das Grundrecht auf rechtliches Gehör geprüft ..., da er streng genommen nicht der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen und anderen vertraulichen Informationen diente ... Unter Abwägung aller Umstände habe ich den Antrag abgewiesen, da eine in camera Anhörung die andere Partei der Möglichkeit beraubt hätte, mündlich auf (gegebenenfalls indirekte) Vorwürfe in Anwesenheit der Mitgliedstaaten, des Anhörungsbeauftragten, des Juristischen Dienstes und anderer Kommissionsdienststellen zu reagieren.

Einige Monate nach der mündlichen Anhörung beantragte die gleiche Partei eine zusätzliche Anhörung, um den Sachverhalt darzulegen, für den [sie] ursprünglich eine in camera Anhörung beantragt hatte. Ich habe den Antrag abgewiesen, da das Recht auf eine mündliche Anhörung eine unmittelbare Folge einer Mitteilung der Beschwerdepunkte darstellt und einmal gewährt wird ... Allerdings habe ich dem Unternehmen die Möglichkeit zugestanden, binnen zwei Wochen zusätzliche schriftliche Bemerkungen zu diesem Punkt zu übermitteln.“

34      Vor diesem Hintergrund machen die Klägerinnen geltend, dass ihre Verteidigungsrechte und insbesondere ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden seien, da ihnen die Möglichkeit genommen worden sei, ihr oben in Rn. 24 zusammengefasstes Vorbringen mündlich vorzutragen.

35      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Verteidigungsrechte nach ständiger Rechtsprechung in allen Verfahren, die wie das in der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene zu Sanktionen, namentlich zu Geldbußen oder Zwangsgeldern, führen können, Grundrechte darstellen, die zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gehören, deren Wahrung der Richter der Europäischen Union sicherstellt (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, AC Treuhand/Kommission, T‑99/04, Slg. 2008, II‑1501, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). Sie sind im Übrigen in Art. 41 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert.

36      Die oben in den Rn. 20 und 21 genannten Bestimmungen sollen gerade den Schutz der Verteidigungsrechte von Unternehmen sicherstellen, die von den oben in Rn. 35 genannten Verfahren betroffen sind. Diese Unternehmen müssen daher die Möglichkeit haben, zu den ihnen von der Kommission zur Last gelegten Beschwerdepunkten Stellung zu nehmen und, wenn sie dies beantragen, ihre Argumentation in einer Anhörung vorzutragen. Ihre Geschäftsgeheimnisse und anderen vertraulichen Informationen, die sie gegebenenfalls zu ihrer Verteidigung der Kommission mitteilen mussten, sind ebenfalls von der Kommission zu schützen.

37      Die Kategorie der „sonstigen vertraulichen Informationen“ umfasst, wie die Kommission selbst in Rn. 19 ihrer Mitteilung über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten in Fällen einer Anwendung der Art. 81 [EG] und 82 [EG], Art. 53, 54 und 57 des EWR-Abkommens und der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (ABl. 2005, C 325, S. 7) hervorgehoben hat, Informationen, die keine Geschäftsgeheimnisse sind, aber insoweit als vertraulich angesehen werden können, als eine Person oder ein Unternehmen durch ihre Offenlegung erheblich geschädigt werden kann. Je nach Sachlage kann dies im Einzelfall für Angaben von Dritten zu Unternehmen gelten, die auf ihre Konkurrenten, Handelspartner, Abnehmer oder Lieferanten einen sehr starken wirtschaftlichen Druck ausüben können (vgl. auch in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 6. April 1995, BPB Industries und British Gypsum/Kommission, C‑310/93 P, Slg. 1995, I‑865, Rn. 26 und 27, und Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2002, Tetra Laval/Kommission, T‑5/02, Slg. 2002, II‑4381, Rn. 98).

38      Ferner geht aus Art. 14 Abs. 6 der Verordnung Nr. 773/2004 hervor, dass die Anhörung nicht öffentlich abgehalten wird. Diese Bestimmung sieht jedoch vor, dass jede betroffene Person allein oder in Anwesenheit anderer geladener Personen gehört werden kann. Daher ist nicht ausgeschlossen, dass eine Person in Anwesenheit anderer Personen gehört werden kann, auch wenn dabei, wie dies Art. 14 Abs. 6 der Verordnung Nr. 773/2004 ebenfalls bestimmt, den berechtigten Interessen der Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse und anderer vertraulicher Informationen Rechnung zu tragen ist. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Anforderungen des Schutzes der Verteidigungsrechte die Kommission daran hindern, die bei der Anhörung eines der betroffenen Unternehmen gewonnenen Informationen zur Stützung ihrer Entscheidung gegen ein anderes Unternehmen zu verwenden, ohne sie zuvor dem anderen Unternehmen vorgelegt zu haben (Schlussanträge von Generalanwalt Darmon in den Rechtssachen Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission, C‑89/85, C‑104/85, C‑114/85, C‑116/85, C‑117/85 und C‑125/85 bis C‑129/85, Urteil des Gerichtshofs vom 31. März 1993, Slg. 1993, I‑1307, I‑1445, Rn. 156).

39      Aus den oben in den Rn. 37 und 38 dargelegten Erwägungen geht hervor, dass der Schutz der Verteidigungsrechte eines wegen einer mutmaßlichen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln des Unionsrechts verfolgten Unternehmens mit dem berechtigten Interesse, das Dritte, Personen oder Unternehmen, die mit der vermuteten Zuwiderhandlung zusammenhängende Informationen oder Unterlagen zur Verfügung gestellt haben, am Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse und anderer vertraulicher Informationen haben, in Einklang gebracht werden muss und dass die Kommission in jedem Einzelfall die geeigneten Modalitäten zu wählen hat, um einen ausreichenden Schutz dieser beiden Anforderungen zu gewährleisten.

40      Im vorliegenden Fall wurden die Klägerinnen, die den Schutz der als vertraulich eingestuften und der Kommission zur Verfügung gestellten Informationen beantragt hatten, selbst wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verfolgt, und die fraglichen Informationen waren nach ihren Angaben für ihre Verteidigung gegen die ihnen von der Kommission zur Last gelegten Beschwerdepunkte unerlässlich, enthielten aber auch Vorbringen, das zulasten eines anderen Kartellteilnehmers verwendet werden konnte.

41      Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist die Argumentation der Klägerinnen zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes zu prüfen. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob – wie die Klägerinnen geltend machen – der Teil ihrer Argumentation, den sie während der Anhörung in camera vortragen wollten, für ihre Verteidigung gegen die ihnen von der Kommission zur Last gelegten Beschwerdepunkte unerlässlich war.

42      In der von der Kommission am 24. Juni 2008 an die Klägerinnen gerichteten Mitteilung der Beschwerdepunkte (Rn. 235) warf sie SKW vor, dass sich ihre Mitarbeiter vom 22. April 2004 bis zum 16. Januar 2007 an den in Rede stehenden Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt hätten.

43      Darüber hinaus führte die Kommission in Rn. 236 der Mitteilung der Beschwerdepunkte aus, dass SKW im Zeitraum der Zuwiderhandlung eine 100%ige Tochtergesellschaft verschiedener Muttergesellschaften gewesen sei und infolgedessen davon ausgegangen werden könne, dass diese Gesellschaften einen bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten von SKW ausgeübt hätten. Speziell zu SKW Holding heißt es in Rn. 238 der Mitteilung der Beschwerdepunkte, dass sie ab 14. September 2004 und mindestens bis 16. Januar 2007 100 % des Kapitals von SKW gehalten habe. In Rn. 242 der Mitteilung der Beschwerdepunkte hat die Kommission eine Reihe tatsächlicher Umstände angeführt, mit denen sich auch unabhängig von der auf die 100%ige Kapitalbeteiligung an SKW gestützten Vermutung nachweisen lasse, dass SKW Holding einen bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten von SKW ausgeübt habe. Auf der Grundlage dieser Erwägungen führte die Kommission in Rn. 239 der Mitteilung der Beschwerdepunkte aus, dass die verschiedenen Muttergesellschaften von SKW, darunter SKW Holding, während des Zeitraums, in dem sie direkt oder indirekt das Kapital von SKW gehalten hätten, zusammen mit ihr ein einziges Unternehmen gebildet hätten und daher für ihre in diesem Zeitraum begangene Zuwiderhandlung haftbar gemacht werden könnten.

44      Mit anderen Worten hat die Kommission nur den Mitarbeitern bzw. der Geschäftsleitung von SKW eine direkte Beteiligung an der streitigen Zuwiderhandlung vorgeworfen. Dagegen hat sie SKW Holding allein deshalb für dieselbe Zuwiderhandlung haftbar gemacht, weil sie während des Teils des Zeitraums der Zuwiderhandlung, während dessen sie das gesamte Kapital von SKW gehalten habe, einen bestimmenden Einfluss auf deren Marktverhalten ausgeübt und zusammen mit ihr ein einziges Unternehmen gebildet habe.

45      In ihrer am 6. Oktober 2008 abgegebenen Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte haben die Klägerinnen die Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf das Marktverhalten von SKW durch SKW Holding und eine direkte Beteiligung von SKW Holding an der Zuwiderhandlung bestritten. Dieses Vorbringen wurde durch einen Abschnitt über die Rolle von Degussa und Herrn N. ergänzt. Nach den Angaben der Klägerinnen war Herr N. ein Angestellter von Degussa, der de facto für SKW arbeitete und sie bei den Treffen der Mitglieder des streitigen Kartells vertreten hatte.

46      Die Klägerinnen haben jedoch nicht bestritten, dass Angestellte oder Mitglieder der Geschäftsleitung von SKW direkt an der Zuwiderhandlung beteiligt waren. Sie haben insoweit lediglich Folgendes vorgetragen:

„In der Mitteilung der Beschwerdepunkte wird die direkte Teilnahme von Mitarbeitern [von SKW] ‚an den Kartellvereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen‘ für den Bereich Calciumcarbidpulver und Magnesiumgranulat festgestellt. Dabei bezieht sich die Kommission auf die Herren [L., N. und G.].

Nachfolgend unterstellen wir für die Zwecke dieser Stellungnahme, dass es tatsächlich zu wettbewerbswidrigen Kartellvereinbarungen unter Beteiligung der oben genannten Personen gekommen ist.“

47      Weder aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte noch aus der Stellungnahme der Klägerinnen zu ihr, die oben in den Rn. 42 bis 46 zusammengefasst worden sind, ergibt sich jedoch, welche im Vorbringen der Klägerinnen in Bezug auf Degussa angesprochenen „entlastende[n] Umstände“ sie in einer Anhörung in camera vortragen wollten. Denn selbst wenn man annimmt, dass Degussa, wie die Klägerinnen geltend machen, nach Erwerb des gesamten Kapitals von SKW durch SKW Holding die Verkaufsstrategie von SKW bestimmte, kann dieser Umstand allein SKW nicht von ihrer Verantwortung für die direkte Beteiligung ihrer Mitarbeiter bzw. ihrer Geschäftsleitung an der Zuwiderhandlung entbinden. Wie bereits ausgeführt, ist diese Beteiligung in der Stellungnahme der Klägerinnen zur Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht bestritten worden. Im Übrigen enthält die vorliegende Klage keinen Klagegrund, mit dem die in der angefochtenen Entscheidung festgestellte Beteiligung der Mitarbeiter bzw. der Geschäftsleitung von SKW an der Zuwiderhandlung bestritten würde.

48      Das Degussa betreffende Vorbringen der Klägerinnen war auch hinsichtlich der Tatsache, dass die Kommission SKW Holding für die streitige Zuwiderhandlung haftbar machen wollte, unerheblich. Wie oben in den Rn. 43 und 44 ausgeführt, hat sich die Kommission insoweit, ohne eine direkte Beteiligung der Mitarbeiter bzw. der Geschäftsleitung von SKW Holding an der Zuwiderhandlung zu behaupten, darauf gestützt, dass sie bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten von SKW ausgeübt habe. Nach Ansicht der Kommission hatte dieser Einfluss zur Folge, dass beide während des Zeitraums der Zuwiderhandlung eine wirtschaftliche Einheit gebildet hätten, so dass auch SKW Holding die Verantwortung für die streitige Zuwiderhandlung auferlegt werden könne. Gegen diese Auferlegung der Verantwortung hätte SKW Holding sich mit dem Nachweis wehren müssen, dass sie selbst keinen solchen Einfluss ausgeübt habe. Die Frage, ob ein anderes Unternehmen, wie etwa Degussa, einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten von SKW ausübte, ist für diesen Nachweis unerheblich.

49      Ferner ist festzustellen, dass die Klägerinnen in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht nicht erläutert haben, inwiefern ihr Vorbringen in Bezug auf Degussa sie von ihrer Verantwortung für die Zuwiderhandlung entbinden könnte. Die einzigen Erläuterungen hierzu sind in der oben in Rn. 27 angeführten E-Mail der Klägerinnen zu finden. Darin führen sie aus:

„Unserer Ansicht nach muss Degussas Rolle im Grunde genommen zu der Schlussfolgerung führen, dass [SKW] überhaupt nicht für den Kartellverstoß verantwortlich gemacht werden kann. Degussas bestimmender Einfluss hatte zur Folge, dass [SKW] von Degussa ‚ferngesteuert‘ wurde. Außerdem waren insbesondere Herr [L.] und Herr [N.] mit den Geschäften [von SKW] betraut und verfolgten Degussas eigene Interessen. Wir werden auch erläutern, warum Degussa an einer Einflussnahme auf die operativen Geschäfte [von SKW] interessiert war und wie sie ihre Einflussnahme fortführte, nachdem sie das Unternehmen verkauft hatte.“

50      Auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung ist dieses Vorbringen im Wesentlichen wiederholt worden.

51      Selbst wenn man die sachliche Richtigkeit dieser Angaben unterstellt, widerlegen sie aber nicht die direkte Beteiligung der Mitarbeiter bzw. der Geschäftsleitung von SKW an der Zuwiderhandlung. Dies gilt umso mehr, als die Klägerinnen zwar geltend machen, dass Herr N. formal bei Degussa angestellt gewesen sei (und für SKW Dienstleistungen erbracht habe), aber nicht bestreiten, dass Herr L. ein Mitarbeiter von SKW war. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen reichte der bloße Umstand, dass die Mitarbeiter bzw. die Geschäftsleitung von SKW an den Kartelltreffen teilnahmen, als Rechtfertigung dafür aus, SKW die Verantwortung für die Zuwiderhandlung zuzurechnen. Zudem konnte die Verantwortung für die Zuwiderhandlung aus demselben Grund auch SKW Holding zugerechnet werden, da SKW und SKW Holding, wie bereits ausgeführt, ein einziges Unternehmen bildeten und Teil derselben wirtschaftlichen Einheit waren.

52      Was SKW Holding anbelangt, haben die Klägerinnen im Wesentlichen ihre Behauptung wiederholt, dass sie keinen Einfluss auf das Verhalten von SKW ausgeübt habe. Wie oben in Rn. 48 ausgeführt, war jedoch der Einfluss, den Degussa gehabt haben soll, insoweit unerheblich.

53      Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass das Vorbringen der Klägerinnen zum Einfluss von Degussa auf das Marktverhalten von SKW, seine Richtigkeit unterstellt, für die Frage der Verantwortung der Klägerinnen für die streitige Zuwiderhandlung unerheblich war. Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerinnen weiter ausgeführt hatten, falls sich die Kommission von ihrem bereits angeführten Vorbringen nicht überzeugen lassen sollte, müsse die Degussa zur Last gelegte Rolle bei der Zuwiderhandlung zumindest als ein zu ihren Gunsten zu berücksichtigender mildernder Umstand behandelt werden.

54      Ausschließlich im Hinblick auf den letztgenannten Fall wurde der Antrag der Klägerinnen geprüft, den die Rolle von Degussa betreffenden Teil ihrer Argumentation während der Anhörung in camera vortragen zu können. Aus dem oben in Rn. 28 angeführten Schreiben der Anhörungsbeauftragten vom 6. November 2008 ergibt sich nämlich, dass ihrer Ansicht nach diese Argumentation den Klägerinnen allein in einem solchen Kontext einen Vorteil verschaffen könnte. In Anbetracht der oben in den Rn. 47 bis 53 dargelegten Erwägungen ist dieser Schlussfolgerung zuzustimmen.

55      In ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte führten die Klägerinnen aus, bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße sei als mildernder Umstand zu berücksichtigen, dass SKW auch nach dem Erwerb ihres gesamten Kapitals durch SKW Holding lediglich als „verlängerter Arm“ von Degussa gehandelt habe.

56      Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Klägerinnen keinen mildernden Umstand anerkannt hat, was die Klägerinnen mit ihrem vierten Klagegrund beanstanden. Die Frage, ob ihr Vorbringen, dass Degussa nach dem 30. August 2004 an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, die Anerkennung eines mildernden Umstands ihnen gegenüber rechtfertigen könnte, ist daher im Rahmen dieses Klagegrundes zu prüfen (siehe unten, Rn. 214 bis 228).

57      Im Rahmen der Prüfung des vorliegenden Klagegrundes genügt der Hinweis, dass die Kommission, wäre sie dem Vorbringen der Klägerinnen gefolgt, dass Degussa nach dem 30. August 2004 durch Beeinflussung des Verhaltens von SKW weiterhin an der Zuwiderhandlung teilgenommen habe – selbst wenn man unterstellt, dass dieses Vorbringen die Anerkennung eines mildernden Umstands zu ihren Gunsten hätte rechtfertigen können –, zwangsläufig Degussa eine längere als die in der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Teilnahme an der Zuwiderhandlung hätte zur Last legen müssen. Die Anerkennung eines solchen mildernden Umstands könnte sich nämlich nur aus einer aktiven Zusammenarbeit der Klägerinnen mit der Kommission ergeben, die es ihr ermöglicht hätte, diese Feststellung in Bezug auf Degussa vorzunehmen. Außerdem wäre es widersprüchlich gewesen, wenn die Kommission den Klägerinnen aufgrund des Einflusses, den Degussa nach dem 30. August 2004 auf das Verhalten von SKW gehabt haben soll, einen mildernden Umstand zugebilligt und zugleich angenommen hätte, dass die Beteiligung von Degussa an der Zuwiderhandlung an diesem Tag endete.

58      Im Ergebnis war die Anhörungsbeauftragte folglich zu der Annahme berechtigt, dass den Klägerinnen nicht gestattet werden könne, diesen Teil ihrer Argumentation in camera vorzubringen, da auch Degussa die Möglichkeit haben musste, davon Kenntnis zu erlangen und darauf zu erwidern. Auch der von der Anhörungsbeauftragten im Wesentlichen vertretenen Ansicht, dass dem Vorschlag der Klägerinnen, Degussa die Kenntnisnahme dieses Teils ihrer Argumentation erst nach Abschluss der Verhandlungen zwischen Degussa und SKW zu ermöglichen, nicht gefolgt werden konnte. In einem solchen Fall hätte Degussa nämlich eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend machen können, da sie nicht die Möglichkeit gehabt hätte, auf die Anschuldigungen der Klägerinnen in der Anhörung mündlich zu erwidern.

59      Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen handelt es sich in diesem Fall nicht um eine „rein theoretische“ Verletzung der Verteidigungsrechte von Degussa. Wie bereits ausgeführt, konnte das Vorbringen der Klägerinnen nur durchgreifen, wenn die Dauer der Degussa von der Kommission zur Last gelegten Zuwiderhandlung verlängert worden wäre, und in diesem Fall müssten die Verteidigungsrechte von Degussa in gleicher Weise wie die der Klägerinnen gewahrt werden.

60      Ebenso wenig kann das Vorbringen der Klägerinnen durchgreifen, dass die Anhörungsbeauftragte ihrem nach Abschluss der zwischen SKW und Degussa geführten Verhandlungen gestellten Antrag auf Durchführung einer erneuten Anhörung hätte stattgeben müssen, um es ihnen zu ermöglichen, ihre in der Anhörung im November 2008 nicht zur Sprache gekommene Argumentation mündlich vorzutragen.

61      Insoweit trifft die These der Anhörungsbeauftragten, die im Wesentlichen lautet, dass das Recht, die eigene Argumentation bei einer Anhörung vorzutragen, nur einmal gewährt wird, zu und steht im Einklang mit den oben in den Rn. 20, 21 und 36 bis 39 angeführten Bestimmungen und Erwägungen. Einer Partei kann auch nicht das Recht zuerkannt werden, jedes Mal die Durchführung einer erneuten Anhörung zu verlangen, wenn sie der Ansicht ist, dass die Gründe, die sie daran hinderten, bestimmte Argumente oder Gesichtspunkte in einer schon durchgeführten Anhörung vorzubringen, in der Zwischenzeit entfallen sind. Insoweit sind die Erfordernisse eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verwaltungsverfahrens zu berücksichtigen, das innerhalb einer angemessenen Frist nach seiner Eröffnung zum Erlass einer Entscheidung der Kommission führen muss. Dieses Ziel würde gefährdet, wenn es den Parteien gestattet wäre, allein deswegen die Durchführung einer erneuten Anhörung zu verlangen, weil sie während einer vorangegangenen Anhörung aus Gründen, die nicht in den Verantwortungsbereich der Kommission fallen, daran gehindert waren, bestimmte Argumente mündlich vorzutragen.

62      Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Klägerinnen offenbar verkennen, dass ihre Argumentation zur Rolle von Degussa im Kartell nach der Übertragung des gesamten Kapitals von SKW und ihr Antrag, dieses Vorbringen Degussa nicht zur Kenntnis zu bringen, es erforderlich machten, die sich aus den Verteidigungsrechten der Klägerinnen und von Degussa ergebenden Anforderungen in Einklang zu bringen und die jeweiligen Interessen dieser Unternehmen gegeneinander abzuwägen. Der oben in den Rn. 24 bis 32 dargelegte Sachverhalt zeigt, dass die Anhörungsbeauftragte eine solche Abwägung erst vornahm, nachdem die Klägerinnen ihr den Inhalt dieser Argumentation und deren Bedeutung für ihre Verteidigung erläutert hatten. Ferner geht aus den vorstehenden Erwägungen hervor, dass die Anhörungsbeauftragte es zu Recht für nicht gerechtfertigt hielt, dem Schutz der Verteidigungsrechte der Klägerinnen Vorrang einzuräumen und damit eine etwaige Verletzung der Verteidigungsrechte von Degussa hinzunehmen. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Anhörungsbeauftragte zwar dem Antrag der Klägerinnen auf Durchführung einer erneuten Anhörung nicht stattgegeben hat, weil dies in Anbetracht der Notwendigkeit, einen ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens und dessen Abschluss innerhalb einer angemessenen Frist zu gewährleisten, unverhältnismäßig gewesen wäre, doch hat sie ihnen gleichwohl gestattet, ihr Vorbringen schriftlich zu ergänzen.

63      Unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte ist das Gericht der Auffassung, dass die Kommission und die Anhörungsbeauftragte der Notwendigkeit, die Verteidigungsrechte der Klägerinnen zu beachten, hinreichend Rechnung getragen haben. Der erste Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: fehlerhafte Anwendung von Art. 81 EG

64      Mit ihrem zweiten Klagegrund machen die Klägerinnen geltend, die Schlussfolgerung der Kommission, dass SKW Holding für die von SKW begangene Zuwiderhandlung haften müsse, beruhe auf einer fehlerhaften Anwendung von Art. 81 EG. Dieser Klagegrund besteht aus vier Teilen. Mit dem ersten Teil wird gerügt, SKW Holding sei die Verantwortung für die von SKW begangene Zuwiderhandlung rechtsfehlerhaft zugerechnet worden. Mit dem zweiten Teil wird eine fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts durch die Kommission gerügt. Mit dem dritten Teil wird ein Rechtsfehler gerügt, da die Kommission an die Widerlegung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaft unerfüllbare Anforderungen gestellt habe. Mit dem vierten Teil wird ein Verstoß der Kommission gegen ihre Pflicht, den relevanten Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, gerügt.

65      In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen der Kommission überdies vorgeworfen, dass sie in der angefochtenen Entscheidung im Widerspruch zum Urteil des Gerichts vom 3. März 2011, Siemens und VA Tech Transmission & Distribution/Kommission (T‑122/07 bis T‑124/07, Slg. 2011, II‑793, im Folgenden: Urteil Siemens, Rn. 157), ihren jeweiligen Anteil an den gegen sie als Gesamtschuldner mit anderen Einheiten festgesetzten Beträgen nicht bestimmt habe. Auf die Frage, ob dies eine neue oder eine bereits in der Klageschrift erhobene Rüge ist, haben die Klägerinnen geantwortet, dass diese Rüge an den zweiten Klagegrund anknüpfe, da die Verletzung der oben angeführten Pflicht der Kommission eine fehlerhafte Anwendung von Art. 81 EG darstelle. Die Kommission hat geltend gemacht, es handele sich um eine neue, nicht auf Gründe, die erst während des Verfahrens zutage getreten seien, gestützte und daher unzulässige Rüge. Diese Erklärungen sind im Sitzungsprotokoll vermerkt worden.

66      Vor der Prüfung der vier Teile des zweiten Klagegrundes und der vorstehend angeführten Rüge ist zunächst die Rechtsprechung zu der Frage wiederzugeben, ob die Muttergesellschaft für die von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen werden kann, und sodann der Inhalt des relevanten Teils der angefochtenen Entscheidung kurz darzustellen.

 Wiedergabe der einschlägigen Rechtsprechung

67      Nach ständiger Rechtsprechung bezeichnet der Begriff des Unternehmens jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 20. Januar 2011, General Química u. a./Kommission, C‑90/09 P, Slg. 2011, I‑1, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

68      Der Gerichtshof hat ferner klargestellt, dass in diesem Zusammenhang unter dem Begriff des Unternehmens eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen ist, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (vgl. Urteil General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 67 angeführt, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

69      Verstößt eine solche wirtschaftliche Einheit gegen die Wettbewerbsregeln, hat sie nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einzustehen (vgl. Urteil General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 67 angeführt, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wie der Gerichtshof ebenfalls klargestellt hat, muss die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht gleichwohl eindeutig einer juristischen Person zugerechnet werden, gegen die Geldbußen festgesetzt werden können, und die Mitteilung der Beschwerdepunkte muss an sie gerichtet werden. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte muss auch angegeben werden, in welcher Eigenschaft einer juristischen Person die behaupteten Tatsachen zur Last gelegt werden (Urteil des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑97/08 P, Slg. 2009, I‑8237, Rn. 57).

70      Zur Frage, unter welchen Umständen einer juristischen Person, die nicht Urheberin der Zuwiderhandlung ist, dennoch Sanktionen auferlegt werden können, ergibt sich aus ständiger Rechtsprechung, dass einer Muttergesellschaft das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden kann, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen zwischen diesen beiden Rechtssubjekten (vgl. Urteil General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 67 angeführt, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71      Da nämlich in einem solchen Fall die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teil derselben wirtschaftlichen Einheit sind und damit ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, kann die Kommission eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre (vgl. Urteil General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 67 angeführt, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72      Der Gerichtshof hat insoweit außerdem klargestellt, dass in dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßen hat, zum einen diese Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben kann und zum anderen eine widerlegliche Vermutung (im Folgenden: kapitalbezogene Vermutung) besteht, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen solchen Einfluss ausübt. Unter diesen Umständen braucht die Kommission nur nachzuweisen, dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält, damit die Vermutung eingreift, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft ausübt. Die Kommission kann in der Folge die Muttergesellschaft als Gesamtschuldnerin für die Zahlung der gegen ihre Tochtergesellschaft verhängten Geldbuße in Anspruch nehmen, sofern die Muttergesellschaft, der es obliegt, die genannte Vermutung zu widerlegen, keine ausreichenden Beweise dafür erbringt, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftritt (vgl. Urteil General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 67 angeführt, Rn. 39 und 40 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteile des Gerichtshofs vom 29. März 2011, ArcelorMittal Luxembourg/Kommission und Kommission/ArcelorMittal Luxembourg u. a., C‑201/09 P und C‑216/09 P, Slg. 2011, I‑2239, Rn. 97, und vom 3. Mai 2012, Legris Industries/Kommission, C‑289/11 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 46).

 Angefochtene Entscheidung

73      Aus Rn. 226 der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Kommission SKW für den Zeitraum vom 22. April 2004 bis 16. Januar 2007 für die streitige Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht hat, weil bestimmte ihrer Angestellten direkt an den streitigen wettbewerbswidrigen Vereinbarungen und Verhaltensweisen teilgenommen hätten.

74      Zur Verantwortung von SKW Holding für die Zuwiderhandlung hat die Kommission in Rn. 245 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass SKW im Zeitraum vom 30. August 2004 bis 16. Januar 2007 eine 100%ige Tochtergesellschaft von SKW Holding gewesen sei. Aus diesen Gründen und in Anwendung der oben in Rn. 72 angeführten Rechtsprechung, auf die in Rn. 206 der angefochtenen Entscheidung ebenfalls hingewiesen wurde, war die Kommission der Auffassung, dass sie SKW Holding für den Zeitraum, in dem sie das gesamte Kapital von SKW gehalten habe, die Verantwortung für die Zuwiderhandlung von SKW auferlegen könne (vgl. auch Rn. 227 der angefochtenen Entscheidung). Unabhängig von dieser Erwägung hat die Kommission in Rn. 246 der angefochtenen Entscheidung gewisse zusätzliche Umstände dargelegt, die ihrer Ansicht nach die kapitalbezogene Vermutung und den sich daraus ergebenden Schluss bestätigen, dem zufolge SKW Holding während des Zeitraums, in dem sie das gesamte Kapital von SKW gehalten habe, einen bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten von SKW ausgeübt habe und deshalb für die von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung haftbar gemacht werden könne. In den Rn. 247 bis 250 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission schließlich einige Argumente zusammengefasst, mit denen SKW Holding eine Einflussnahme auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft in Abrede zu stellen versucht, und die Gründe angegeben, aus denen sie ihrer Ansicht nach zurückzuweisen sind.

 Zum ersten Teil, mit dem gerügt wird, dass die Verantwortung für die von SKW begangene Zuwiderhandlung rechtsfehlerhaft SKW Holding zugerechnet worden sei

75      Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, sie habe SKW Holding rechtsfehlerhaft die von SKW begangene Zuwiderhandlung zugerechnet und dabei außer Acht gelassen, dass SKW Holding nur eine Zwischengesellschaft gewesen sei, die selbst von Arques, der Muttergesellschaft ihrer Unternehmensgruppe, kontrolliert worden sei.

76      Nach Ansicht der Klägerinnen ist die kapitalbezogene Vermutung stets angewendet worden, um der Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe die Verantwortung für die von einer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung zuzurechnen. Das Urteil des Gerichts vom 18. Dezember 2008, General Química u. a./Kommission (T‑85/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), betreffe einen anders gelagerten Fall, da die Zwischengesellschaft, der für das wettbewerbswidrige Verhalten ihrer an der dort in Rede stehenden Zuwiderhandlung beteiligten Tochtergesellschaft eine Sanktion auferlegt worden sei, voll in den betreffenden Konzern integriert gewesen sei und den Verwaltungsrat ihrer Tochtergesellschaft nominiert habe.

77      Die Klägerinnen heben hervor, dass Arques bis zum 30. November 2006 das gesamte Kapital von SKW Holding und danach bis zum Ende des Zeitraums der Zuwiderhandlung ungefähr 57 % dieses Kapitals gehalten habe. Daher hätte das wettbewerbswidrige Verhalten von SKW allenfalls Arques, nicht aber SKW Holding zugerechnet werden dürfen. Eine Zwischengesellschaft wie vorliegend SKW Holding mache nichts anderes, als den von der Muttergesellschaft der Unternehmensgruppe ausgeübten bestimmenden Einfluss im Sinne der oben in Rn. 72 angeführten Rechtsprechung an die an der Zuwiderhandlung beteiligte Gesellschaft „durchzureichen“. Aus der angefochtenen Entscheidung gehe dagegen hervor, dass Arques die strategischen Entscheidungen für ihre Tochtergesellschaften getroffen und deren Marktverhalten de facto bestimmt habe. Daher müsse Arques als „letztbeherrschende“ Gesellschaft angesehen werden. SKW Holding habe keine Möglichkeit gehabt, das Verhalten von SKW zu beeinflussen, und habe im Übrigen keinen Gewinn aus der Zuwiderhandlung gezogen, da sie etwaige Gewinne an Arques weitergereicht habe. Von einer „Parallelbeeinflussung“ von SKW durch SKW Holding könne keine Rede sein. Die Kommission habe es jedenfalls versäumt, zu ermitteln, welche Tatbeiträge von SKW Holding stammten.

78      Die Klägerinnen tragen ferner vor, der Auffassung, dass die Verantwortung für die Zuwiderhandlung sowohl einer Zwischengesellschaft wie SKW Holding als auch der Muttergesellschaft der Unternehmensgruppe, vorliegend Arques, zugerechnet werden könne, könne in den Fällen nicht gefolgt werden, in denen – wie im vorliegenden Fall – die rechtlichen Verbindungen, die zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung zwischen den betroffenen Gesellschaften bestanden hätten, schon getrennt gewesen seien, als die Kommission ihre Entscheidung erlassen habe. Die Vorgehensweise in der angefochtenen Entscheidung führe dazu, dass ohne sachliche Rechtfertigung die Haftung eines anderen Rechtssubjekts für die Zuwiderhandlung begründet werde.

79      Die Streithelferin trägt vor, die kapitalbezogene Vermutung sei zwar grundsätzlich zulässig, doch erscheine ihre Anwendung in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem es mehrere Muttergesellschaften gebe, nicht angemessen. Denn selbst wenn man unterstelle, dass jede Muttergesellschaft das Potenzial zur Einflussnahme habe, lasse sich nicht ermitteln, welcher Einfluss „bestimmend“ im Sinne der Rechtsprechung gewesen sei.

80      Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen.

81      Insoweit ist festzustellen, dass SKW Holding, wie die Kommission in den Rn. 224 und 247 der angefochtenen Entscheidung selbst ausgeführt hat, im vorliegenden Fall nicht für die Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht worden ist, weil sie von ihr Kenntnis gehabt haben oder gar mit ihrem eigenen Personal an ihr beteiligt gewesen sein soll. Die Bezugnahme in der angefochtenen Entscheidung auf den bestimmenden Einfluss, den SKW Holding nach der kapitalbezogenen Vermutung auf SKW ausgeübt haben soll, darf nicht dahin verstanden werden, dass SKW Holding vorgeworfen würde, ihren Einfluss ausgeübt zu haben, um ihre Tochtergesellschaft zu einer Beteiligung an der Zuwiderhandlung anzustiften, oder diesen Einfluss zumindest nicht ausgeübt zu haben, um eine solche Beteiligung zu verhindern.

82      Wie aus der oben in den Rn. 67 bis 72 angeführten Rechtsprechung hervorgeht, beweist die Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch die Muttergesellschaft auf das Marktverhalten ihrer Tochtergesellschaft, dass die beiden Einheiten zu demselben Unternehmen gehören und deshalb beide für eine von diesem Unternehmen begangene Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verantwortlich gemacht werden können. Mit anderen Worten wird im Fall einer solchen Zuwiderhandlung der Muttergesellschaft nicht dafür eine Sanktion auferlegt, dass sie einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausgeübt hat. Ihr wird ebenso wie der Tochtergesellschaft dafür eine Sanktion auferlegt, dass sie zu einem Unternehmen gehörte, das gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen hat. In einem solchen Zusammenhang spielt es keine Rolle, zu welcher genauen Einheit des fraglichen Unternehmens die an der Zuwiderhandlung beteiligten natürlichen Personen gehörten. Nach der oben in Rn. 69 angeführten ständigen Rechtsprechung wird die Verantwortung für die Zuwiderhandlung dem Unternehmen als solchem zugerechnet.

83      Es spielt in diesem Zusammenhang auch keine Rolle, ob eine Gesellschaft bei der Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf ihre Tochtergesellschaft selbst unter dem bestimmenden Einfluss ihrer eigenen Muttergesellschaft steht. Dieser Umstand zeigt lediglich, dass die drei Gesellschaften zu demselben Unternehmen gehören und daher alle für die von diesem Unternehmen begangene Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Januar 2011, General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 67 angeführt, Rn. 86 und 87).

84      Im Übrigen geht es in einem solchen Zusammenhang entgegen der von den Klägerinnen und der Streithelferin zu Unrecht vertretenen Ansicht (siehe oben, Rn. 77 bis 79) nicht um einen „parallelen“ Einfluss der Muttergesellschaft der Unternehmensgruppe und der Zwischengesellschaft auf das Verhalten der Gesellschaft, deren Mitarbeiter bzw. Geschäftsleitung ein wettbewerbswidriges Verhalten gezeigt haben. Ganz abgesehen davon, dass es nach der oben in den Rn. 67 bis 72 angeführten Rechtsprechung nicht ausgeschlossen ist, die Zuwiderhandlung einer Gesellschaft zuzurechnen, die gemeinsam mit einer anderen Gesellschaft die Geschäftspolitik einer Einheit bestimmt hat, die eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln begangen hat (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 27. September 2006, Avebe/Kommission, T‑314/01, Slg. 2006, II‑3085, Rn. 137 bis 141, und vom 13. Juli 2011, General Technic-Otis/Kommission, T‑141/07, T‑142/07, T‑145/07 und T‑146/07, Slg. 2011, II‑4977, Rn. 118), hat die Kommission im vorliegenden Fall nicht angenommen, dass sowohl SKW Holding als auch Arques einen parallelen Einfluss auf das Verhalten von SKW ausgeübt hätten. Sie hat vielmehr angenommen, dass SKW Holding einen bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten von SKW ausgeübt und dabei selbst unter dem bestimmenden Einfluss ihrer eigenen Muttergesellschaft Arques gestanden habe.

85      Ebenso wenig spielt es in einem solchen Zusammenhang eine Rolle, ob die Verbindungen zwischen mehreren Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung zu demselben Unternehmen gehörten, zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung, mit der eine Sanktion für diese Zuwiderhandlung verhängt wird, fortbestanden. Diese Sanktion bezieht sich nämlich auf die Zuwiderhandlung und kann daher sämtliche Gesellschaften treffen, die zu dem an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen gehörten, auch wenn sie in der Zwischenzeit nicht mehr ein einziges Unternehmen bilden sollten.

86      Schließlich kann die von den Klägerinnen angeführte Entscheidungspraxis der Kommission (siehe oben, Rn. 76) zu keinem anderen Ergebnis führen. Abgesehen davon, dass es, wie die Klägerinnen selbst einräumen, zumindest einen Fall gibt, in dem die Kommission auch die Muttergesellschaft der an der Zuwiderhandlung beteiligten Einheit für die Zuwiderhandlung verantwortlich machte, obgleich diese Muttergesellschaft nicht die Dachgesellschaft des betreffenden Unternehmens war (Urteil vom 18. Dezember 2008, General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 76 angeführt, Rn. 109, und Urteil vom 20. Januar 2011, General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 67 angeführt, Rn. 100 bis 110), genügt insoweit der Hinweis, dass nach ständiger Rechtsprechung die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bildet (Urteile des Gerichtshofs vom 21. September 2006, JCB Service/Kommission, C‑167/04 P, Slg. 2006, I‑8935, Rn. 205, und vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P und C‑137/07 P, Slg. 2009, I‑8681, Rn. 233). Dies gilt umso mehr, da die Klägerinnen keine rechtliche Erwägung vorgebracht haben, die die Kommission in anderen Rechtssachen in der Vergangenheit veranlasst haben soll, Gesellschaften, die sich in einer vergleichbaren Lage wie SKW Holding im vorliegenden Fall befanden, die Verantwortung für die Zuwiderhandlung nicht zuzurechnen. Sie machen nur geltend, dass eine solche Zurechnung sehr selten gewesen sei, was – die Richtigkeit dieses Vorbringens unterstellt – mit rein praktischen Erwägungen im Zusammenhang mit dem ordnungsgemäßen Ablauf des Verwaltungsverfahrens zu erklären sein mag.

87      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen ist.

 Zu den Teilen zwei bis vier, mit denen gerügt wird, die Kommission habe den Sachverhalt fehlerhaft gewürdigt, einen Rechtsfehler begangen, da sie an die Widerlegung der kapitalbezogenen Vermutung unerfüllbare Anforderungen gestellt habe, und gegen ihre Pflicht, den relevanten Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, verstoßen

88      Da diese drei Teile eng miteinander zusammenhängen, sind sie zusammen zu prüfen.

89      Für die Zwecke dieser Prüfung ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission, wie oben aus Rn. 74 hervorgeht, in erster Linie auf die kapitalbezogene Vermutung gestützt hat, um SKW Holding die Verantwortung für die von SKW, ihrer 100%igen Tochtergesellschaft, begangene Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln zuzurechnen. In dieser Hinsicht kann ihr kein Fehler angelastet werden, da die Klägerinnen nicht bestritten haben, dass SKW Holding während des relevanten Zeitraums das gesamte Kapital von SKW hielt. Die Kommission hat in Rn. 246 der angefochtenen Entscheidung hilfsweise bestimmte zusätzliche Umstände dargelegt, die ihrer Ansicht nach die Schlussfolgerung stützen, dass SKW Holding während des Zeitraums der Zuwiderhandlung einen bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten ihrer Tochtergesellschaft SKW ausgeübt habe.

90      Aus der oben in Rn. 72 angeführten Rechtsprechung geht hervor, dass es, wenn die kapitalbezogene Vermutung Anwendung findet, der betroffenen Muttergesellschaft obliegt, sie durch Vorlage hinreichender Beweise zu widerlegen, da andernfalls die Kommission allein aufgrund der Tatsache, dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält, davon ausgehen kann, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf diese Tochtergesellschaft ausübte und für die von ihr begangene Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht werden konnte.

91      Im vorliegenden Fall hat die Kommission in den Rn. 247 bis 250 der angefochtenen Entscheidung die von SKW Holding zur Widerlegung der kapitalbezogenen Vermutung vorgebrachten Gesichtspunkte und die Gründe, aus denen sie ihres Erachtens nicht durchgreifen konnten, zusammengefasst. In diesen Randnummern heißt es:

„(247)      In ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte macht [SKW Holding] geltend, nichts von dem Kartell gewusst zu haben ... bzw. nicht darüber informiert worden zu sein ... In Erwiderung darauf verweist die Kommission auf Randnr. (224).

(248)      [SKW Holding] erklärt darüber hinaus, kein wirtschaftliches Interesse an dem Kartell gehabt zu haben, weil [sie] Handelsvertreter von Degussa gewesen sei. Die Kommission stellt jedoch fest, dass dies nicht durch den Wortlaut des Liefer- und Dienstleistungsvertrags bestätigt wird, nach dem keine Partei im Namen der anderen verhandelte …

(249)      Um die Schlussfolgerung zu entkräften, dass sie tatsächlich entscheidenden Einfluss ausübte, trägt die Muttergesellschaft vor, dass sie die Rolle eines Finanzinvestors gespielt habe ... Als sie die Tochtergesellschaft übernahm, sei der Spielraum für [SKW Holding] bereits durch mehrere langfristige Verträge eingeschränkt gewesen ... Die Muttergesellschaft erklärt ferner, dass die Beteiligung eines ihrer Vorstandsmitglieder zusammen mit einem Vertreter der Tochtergesellschaft mit Blick auf die mögliche Übernahme eines Mitbewerbers lediglich dadurch bedingt gewesen sei, dass die Tochtergesellschaft nicht über die erforderlichen Finanzmittel verfügte, um eine solche Entscheidung eigenverantwortlich zu treffen … Da das Vorhaben fehlschlug, macht die Muttergesellschaft geltend, dass kein entscheidender Einfluss nachgewiesen worden sei. Auch habe eines ihrer Vorstandsmitglieder nur gelegentlich bei finanziellen Banktransaktionen für die Tochtergesellschaft als Mitunterzeichner fungiert, was kein Beleg dafür sei, dass sämtliche Banktransaktionen der Mitunterzeichnung bedürften … Bestimmender Einfluss sei auch deshalb nicht begründet, da die Dienstleistungen im Verwaltungsbereich zur Durchführung des Geschäftsbetriebs lediglich als Unterstützung in einigen nicht zentralen Bereichen erbracht worden seien …

(250)      Die in Randnr. (249) genannten Punkte untermauern die Erwägungen in Bezug auf den entscheidenden Einfluss der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft, aber entkräften sie gewiss nicht. Im Einklang mit der Rechtsprechung ... geht die Kommission davon aus, dass [SKW Holding] nicht mittels Beweisen die Annahme widerlegt hat, dass sie entscheidenden Einfluss auf [SKW] ausübte. Daher kann [SKW Holding] für das rechtswidrige Verhalten [von SKW] haftbar gemacht werden, und die Entscheidung geht auch an [SKW Holding].“

92      Die Klägerinnen machen insoweit mit dem zweiten Teil geltend, die Kommission habe den Sachverhalt, der ihr zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung bekannt gewesen sei, nicht gewürdigt oder falsch bewertet. Insbesondere habe sie die von ihnen vorgebrachten Tatsachen nicht hinreichend berücksichtigt und sie in Rn. 250 der angefochtenen Entscheidung pauschal zurückgewiesen, ohne eine umfassende Würdigung aller erheblichen Umstände vorzunehmen. Eine solche umfassende Würdigung hätte die Kommission jedoch zu der Schlussfolgerung veranlasst, dass SKW Holding keinen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten von SKW ausgeübt habe oder habe ausüben können.

93      Nach Ansicht der Klägerinnen unterscheidet sich ihr Fall von den in der Rechtsprechung behandelten Fällen, beispielsweise im Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission (T‑112/05, Slg. 2007, II‑5049). Anders als dort habe in der vorliegenden Rechtssache SKW Holding, die für die Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft SKW verantwortlich gemacht werde, nicht als Zentrale des betreffenden Unternehmens gehandelt. Sie sei eine bloße Beteiligungsgesellschaft gewesen, die von Arques, einem auf Umstrukturierungen spezialisierten Unternehmen, gegründet und beim Erwerb von SKW als Zwischengesellschaft eingesetzt worden sei, wie die Kommission selbst in Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung anerkenne. Daher unterscheide sich ihr Fall auch von denen von Akzo Nobel und der Ecka Granulate GmbH & Co. KG, zwei weiteren Gesellschaften, die in der angefochtenen Entscheidung ebenfalls für die Beteiligung ihrer Tochtergesellschaften am streitigen Kartell verantwortlich gemacht worden seien.

94      So tauchten weder der Name von SKW Holding noch die Namen ihrer Mitarbeiter in den mit Kartellaktivitäten zusammenhängenden Dokumenten auf. Dies sei darauf zurückzuführen, dass SKW Holding keine Mitarbeiter an die Spitze von SKW gesetzt habe. SKW sei weiterhin von ihrem Geschäftsführer Herrn L. geleitet worden, der allein Degussa gegenüber loyal gewesen sei, bei der er 25 Jahre angestellt gewesen sei. Der fortdauernde Einfluss von Degussa auf SKW stehe daher außer Zweifel, wie die Klägerinnen im Übrigen in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erläutert hätten. Ein bestimmender Einfluss von SKW Holding auf das Verhalten von SKW und insbesondere auf ihre Geschäftspolitik, etwa auf Vertriebs- und Preisstrategien, sei daher unmöglich gewesen.

95      Darüber hinaus rügen die Klägerinnen eine fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts durch die Kommission, insbesondere in Bezug auf den bestimmenden Einfluss von Degussa auf das Verhalten von SKW sogar noch nach der Übertragung ihres gesamten Kapitals auf SKW Holding. Auf diese Frage seien sie in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte detailliert eingegangen. Die Kommission habe nicht erkannt, welche Bedeutung ihrer in Rn. 357 unter Bezugnahme auf Fn. 679 der angefochtenen Entscheidung enthaltenen eigenen Feststellung, dass Herr N. damals ein Angestellter von Degussa gewesen sei, der de facto für SKW gearbeitet habe, für diese Frage zukomme.

96      Im Rahmen des dritten Teils werfen die Klägerinnen der Kommission vor, sie habe an die Widerlegung der kapitalbezogenen Vermutung unerfüllbare Anforderungen gestellt. So habe sie offengelassen, welche Art von Angaben die Widerlegung der Vermutung begründen könnten, und den Klägerinnen insoweit keine spezifischen Hinweise gegeben.

97      Auf der Grundlage des gesamten vorstehend zusammengefassten Vorbringens rügen die Klägerinnen auch einen Verstoß der Kommission gegen ihre Pflicht, den relevanten Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Sie beziehen sich in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Gerichtshofs vom 21. November 1991, Technische Universität München (C‑269/90, Slg. 1991, I‑5469, Rn. 14), dem zufolge zu den Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewähre, insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs gehöre, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen. Diese Garantie sei umso bedeutender in einem Fall, in dem die kapitalbezogene Vermutung Anwendung finde, und daher habe die Kommission die zur Widerlegung dieser Vermutung vorgebrachten Argumente mit besonderer Umsicht und Sorgfalt zu würdigen. Folglich hätte die Kommission im vorliegenden Fall die personellen Beziehungen zwischen Degussa und SKW näher beleuchten müssen und zu dieser Frage nähere Informationen recherchieren müssen. Ihr Versäumnis, diese Ermittlungen vorzunehmen, habe dazu geführt, dass sie ihre Entscheidung auf eine unvollständige Tatsachenbasis gestützt habe.

98      Die Streithelferin trägt in diesem Zusammenhang vor, die Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch die Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaft setze jedenfalls hinreichende Kenntnisse der betreffenden Branche voraus. Im vorliegenden Fall setze das operative Geschäft von SKW ein spezielles Know-how und eine langjährige Erfahrung voraus. Diese Erfahrung habe den Mitgliedern der Geschäftsleitung von SKW Holding und deren Mitarbeitern jedoch gefehlt. Ihre beruflichen Karrieren hätten bis dahin in anderen Branchen, insbesondere der Telekommunikation, stattgefunden, und ihre speziellen Fachkenntnisse lägen eher in der Finanzbranche. Daher hätten keine der bei SKW Holding angestellten Personen je Geschäftsentscheidungen für SKW getroffen, so dass nicht von einem bestimmenden Einfluss von SKW Holding auf SKW gesprochen werden könne.

99      Einleitend ist festzustellen, dass die von den Klägerinnen und der Streithelferin vorgebrachte Argumentation zur Widerlegung der kapitalbezogenen Vermutung weder der oben in Rn. 90 angeführten Erwägung noch der ständigen Rechtsprechung Rechnung trägt, nach der es, um die kapitalbezogene Vermutung zu widerlegen, Sache der Muttergesellschaft ist, dem Unionsrichter alle Angaben in Bezug auf die organisatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verbindungen zwischen ihr und ihrer Tochtergesellschaft zur Würdigung vorzulegen, die dem Nachweis dienen könnten, dass sie keine wirtschaftliche Einheit bilden (vgl. Urteil vom 20. Januar 2011, General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 67 angeführt, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

100    So haben weder die Klägerinnen noch die Streithelferin eine vollständige und durch relevante Tatsachen und Beweise untermauerte Argumentation vorgetragen, mit der dargetan würde, dass SKW Holding trotz der Tatsache, dass sie das gesamte Kapital von SKW hielt, keinen bestimmenden Einfluss auf deren Marktverhalten ausübte. Sie haben lediglich die von der Kommission vorgenommene Prüfung ihres Vorbringens in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte beanstandet und vereinzelt bestimmten Schlussfolgerungen in der angefochtenen Entscheidung widersprochen, ohne jedoch dem Gericht eine detaillierte und schlüssige Darlegung zur Würdigung vorzulegen, die dem Nachweis dienen könnte, dass trotz des bedeutenden Indizes, dass SKW Holding das gesamte Kapital von SKW gehalten hat, SKW ihr Marktverhalten autonom bestimmt hat.

101    In diesem Zusammenhang ist auf die verschiedenen Rügen einzugehen, die von den Klägerinnen und der Streithelferin im Rahmen der zu prüfenden Teile des vorliegenden Klagegrundes erhoben worden sind. In diesem Rahmen ist auch das Vorbringen der Klägerinnen zu berücksichtigen, mit dem die Gesichtspunkte in Frage gestellt werden, die von der Kommission in Rn. 246 der angefochtenen Entscheidung angeführt worden sind. Zwar enthält diese Randnummer einen hilfsweise angeführten Grund, doch könnten die von den Klägerinnen zu seiner Widerlegung vorgetragenen Argumente Gesichtspunkte enthalten, die belegen sollen, dass SKW Holding keinen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft SKW ausübte, so dass diese Gesichtspunkte zu prüfen sind.

102    Wie der ihrer Klageschrift als Anlage beigefügten Erwiderung der Klägerinnen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zu entnehmen ist, haben die Klägerinnen im Verwaltungsverfahren geltend gemacht, dass SKW Holding nicht am streitigen Kartell beteiligt gewesen sei und sie davon keine Kenntnis und daran kein wirtschaftliches Interesse gehabt habe. Ihre Erwiderung enthält auch Abschnitte, die dem Nachweis, dass SKW Holding das operative Geschäft von SKW nicht aktiv beeinflusst und zwischen beiden Gesellschaften keine wirtschaftliche Einheit vorgelegen habe, sowie der Rolle von Degussa und insbesondere von Herrn N. gewidmet sind. Im Übrigen enthält diese Erwiderung Argumente zur Berechnung der Höhe einer etwaigen Geldbuße der Klägerinnen, die für die vorliegende Prüfung nicht erheblich sind.

103    Erstens ist festzustellen, dass die Kommission in Rn. 248 der angefochtenen Entscheidung das Vorbringen, SKW Holding habe kein wirtschaftliches Interesse am Kartell gehabt, zurückwies und dass weder die Klägerinnen noch die Streithelferin dieser Schlussfolgerung mit spezifischen Argumenten entgegengetreten sind.

104    Zweitens ist festzustellen, dass die von den Klägerinnen in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebrachte Argumentation, SKW Holding habe das operative Geschäft von SKW nicht aktiv beeinflusst, und zwischen beiden Gesellschaften habe keine wirtschaftliche Einheit vorgelegen, von der Kommission in der oben in Rn. 91 angeführten Rn. 249 der angefochtenen Entscheidung zutreffend zusammengefasst wurde.

105    Die Schlussfolgerung in Rn. 250 der angefochtenen Entscheidung, dass diese Argumentation den bestimmenden Einfluss von SKW Holding auf SKW nicht widerlege, sondern ihn im Gegenteil bestätige, ist ebenfalls zutreffend. Die Teilnahme eines Mitglieds des Verwaltungsrats von SKW Holding an den Verhandlungen zur potenziellen Übernahme eines Konkurrenten durch SKW spricht nämlich für die Richtigkeit der Feststellungen im zweiten und im vierten Gedankenstrich von Rn. 246 der angefochtenen Entscheidung, wonach SKW Holding an den im Tagesgeschäft anfallenden Kontakten von SKW teilgenommen habe und für ihre strategische Entwicklung zuständig gewesen sei. Die Klägerinnen haben in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte selbst angegeben, dass sich SKW Holding als Finanzinvestor „von Anfang an auf die strategische Entwicklung ihres Portfolios [beschränkte].“ Dass die Teilnahme von SKW Holding an den Verhandlungen zur Übernahme eines Konkurrenten von SKW nach Ansicht der Klägerinnen wegen der begrenzten Finanzkapazität von SKW erforderlich war und dass diese geplante Übernahme nach Angaben der Klägerinnen schließlich doch nicht zustande kam, ist für die Frage, ob SKW Holding einen bestimmenden Einfluss auf SKW ausübte, unerheblich.

106    Die Klägerinnen haben auch die Feststellungen im fünften und im siebten Gedankenstrich von Rn. 246 der angefochtenen Entscheidung, wonach SKW Holding Entscheidungen betreffend zentrale Aufgaben wie Personal, Einstellungen und Finanzierung getroffen habe und SKW die Unterschrift eines Vorstandsmitglieds von SKW Holding benötigt habe, um Verträge mit Banken abzuschließen, im Wesentlichen bestätigt. Die Schlussfolgerung, die sich hinsichtlich des bestimmenden Einflusses von SKW Holding auf SKW aus diesen Feststellungen ziehen lässt, wird weder dadurch in Frage gestellt, dass die finanziellen Transaktionen von SKW nur gelegentlich von einem Mitglied des Verwaltungsrats von SKW Holding mit unterzeichnet worden sein sollen, noch dadurch, dass die Klägerinnen zwar die Beteiligung von SKW Holding an der Verwaltung von SKW bestätigen, aber geltend machen, dass sie „bestimmte nicht wesentliche Sektoren“ betroffen habe.

107    In demselben Zusammenhang sind das von den Klägerinnen in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebrachte Argument, dass SKW Holding gegenüber ihrer Tochtergesellschaft SKW als bloßer Finanzinvestor gehandelt habe, und die oben in Rn. 98 zusammengefasste Argumentation der Streithelferin zu prüfen, dass die Verantwortlichen von SKW Holding über keine hinreichenden Kenntnisse der betreffenden Branche verfügt hätten und daher keinen Einfluss auf das operative Geschäft von SKW hätten ausüben können.

108    Insoweit ist festzustellen, dass zwar der Fall eines Investors vorstellbar ist, der zwecks Erzielung eines finanziellen Profits Beteiligungen an einer Gesellschaft hält, ohne sich aber mit ihrer Verwaltung und ihrer Kontrolle zu befassen, und bei dem daher nicht davon ausgegangen werden kann, dass er einen bestimmenden Einfluss auf ihr Marktverhalten ausübt. Die Klägerinnen haben jedoch weder in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte noch vor dem Gericht Tatsachen oder Beweise dafür vorgebracht, dass ihr Fall mit dem eines solchen Investors vergleichbar wäre. Wie bereits ausgeführt, entkräftet vielmehr das Vorbringen der Klägerinnen die verschiedenen von der Kommission in Rn. 246 der angefochtenen Entscheidung hilfsweise angeführten Indizien für die Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf das Verhalten von SKW durch SKW Holding nicht. Infolgedessen ist das Vorbringen zurückzuweisen, dass SKW Holding gegenüber SKW als bloßer Finanzinvestor gehandelt habe.

109    In Bezug auf die Branchenfachkenntnisse, die den Verantwortlichen von SKW Holding fehlen sollen, ist festzustellen, dass das Gericht in seinem Urteil vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission (oben in Rn. 93 angeführt, Rn. 63 und 64), ausdrücklich die These zurückgewiesen hat, wonach der die Zurechnung der Verantwortung für die von der Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft rechtfertigende bestimmende Einfluss nur die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft im engen Sinne, nämlich z. B. die Vertriebs- und Preisstrategie, betreffen könne. Das Gericht hat vielmehr unterstrichen, dass es Sache der Muttergesellschaft ist, ihm alle Angaben in Bezug auf die organisatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verbindungen zwischen ihrer Tochtergesellschaft und ihr zur Würdigung vorzulegen, die ihrer Ansicht nach dem Nachweis dienen könnten, dass sie keine wirtschaftliche Einheit darstellen. Im Übrigen hat das Gericht darauf hingewiesen, dass es bei seiner Würdigung alle Angaben berücksichtigen muss, die ihm die Parteien vorlegen, wobei deren Charakter und Bedeutung je nach den Merkmalen des jeweiligen Falles variieren können (Urteil vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 93 angeführt, Rn. 65).

110    Würde der von der Streithelferin vorgetragenen These gefolgt, würde dies im Übrigen logischerweise zu dem Schluss führen, dass ausschließlich Personen, die über Fachkenntnisse auf dem von der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Handelsgesellschaft betroffenen Gebiet verfügen, in der Lage sind, einen bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten dieser Gesellschaft auszuüben. Letztlich würde dies bedeuten, dass ein Unternehmen im Sinne der oben in den Rn. 67 und 68 angeführten Rechtsprechung seine Tätigkeiten in nur einem bestimmten Wirtschaftsbereich ausüben kann. Für eine solche These findet sich in der Rechtsprechung jedoch keine Stütze.

111    So hat das Gericht in seinem Urteil vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission (oben in Rn. 93 angeführt, Rn. 67 bis 83), die Verantwortung einer Muttergesellschaft für die von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln bejaht, obwohl sich die Muttergesellschaft auf Entscheidungen eher allgemeiner Art beschränkte und ihrer Tochtergesellschaft in ihrem speziellen Tätigkeitsbereich ein bedeutendes Maß an Eigenständigkeit beließ. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang unterstrichen, dass es dafür, dass die Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft deren Muttergesellschaft zugerechnet wird, nicht des Beweises bedarf, dass die Muttergesellschaft Einfluss auf die Politik ihrer Tochtergesellschaft in dem spezifischen Bereich nimmt, der Gegenstand der Zuwiderhandlung war (Urteil vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 93 angeführt, Rn. 83).

112    Folglich genügt der bloße Umstand, dass die Verantwortlichen von SKW Holding über keine Fachkenntnisse im Tätigkeitsbereich von SKW verfügten – seinen Nachweis unterstellt – nicht, um die Möglichkeit auszuschließen, dass die erstgenannte Gesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten der letztgenannten ausgeübt hat.

113    Drittens stützt sich das oben in den Rn. 93 und 94 zusammengefasste Vorbringen der Klägerinnen, mit dem im Übrigen nur die von den Klägerinnen schon in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebrachten Argumente wiederholt werden, im Wesentlichen auf die gleiche falsche Prämisse wie der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes. Aus den bei der Prüfung dieses ersten Teils dargelegten Erwägungen geht nämlich hervor, dass die Schlussfolgerung, nach der eine Muttergesellschaft und ihre an einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln beteiligte Tochtergesellschaft ein und dieselbe wirtschaftliche Einheit bilden und beide für die betreffende Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht werden können, nicht nur die Fälle betrifft, in denen diese Muttergesellschaft an der Spitze des betreffenden Unternehmens steht. Daher kommt es im Rahmen der vorliegenden Prüfung nicht darauf an, dass SKW Holding nicht an der Spitze des betroffenen Unternehmens stand und nicht als dessen Zentrale handelte. Aus denselben Gründen ist jeder insoweit angestellte Vergleich zwischen den Klägerinnen und anderen am streitigen Kartell beteiligten Unternehmen oder zwischen den Umständen der vorliegenden Rechtssache und denen anderer Rechtssachen, die in der Rechtsprechung erwähnt werden, unerheblich.

114    Viertens ist das Vorbringen der Klägerinnen zur Rolle von Degussa hinsichtlich des Verhaltens von SKW nach der Übertragung ihres gesamten Kapitals an SKW Holding (oben in Rn. 95 zusammengefasst), wie bereits oben in Rn. 48 ausgeführt, für die Zurechnung der Verantwortung für die von SKW begangene Zuwiderhandlung an SKW Holding unerheblich. Die von den Klägerinnen angesprochene Fn. 679 der angefochtenen Entscheidung (siehe oben, Rn. 95), ist ebenfalls unerheblich, zumal die Klägerinnen nicht bestritten hatten, dass die beiden oben in Rn. 46 außer Herrn N. genannten Personen, die nicht nur für SKW arbeiteten, sondern formal bei ihr angestellt waren, an den streitigen wettbewerbswidrigen Vereinbarungen beteiligt waren.

115    Fünftens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission zum Vorbringen der Klägerinnen, dass SKW Holding am streitigen Kartell nicht beteiligt gewesen sei und nicht einmal davon gewusst habe, in Rn. 247 der angefochtenen Entscheidung auf deren Rn. 224 verweist. Dort heißt es:

„Das Argument, dass die Muttergesellschaft nichts von dem Kartell gewusst habe, beruht auf einem falschen Verständnis der Zurechnung des Verhaltens der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft. Wenn die Muttergesellschaft von der Beteiligung der Tochtergesellschaft am Kartell wusste oder Letztere dazu angewiesen hat, dann würde ihre Haftung aufgrund der direkten Beteiligung am Kartell festgelegt. Darüber hinaus ist die Kommission nicht verpflichtet, den Einfluss der Muttergesellschaft auf bestimmte Einzelpersonen in der Tochtergesellschaft nachzuweisen.“

116    Die in Rn. 224 der angefochtenen Entscheidung angestellten Erwägungen sind zutreffend und mit der oben in den Rn. 67 bis 72 angeführten ständigen Rechtsprechung vereinbar (siehe auch oben, Rn. 81). Daher ist festzustellen, dass die Kommission den Teil des Vorbringens der Klägerinnen, der die Nichtteilnahme von SKW Holding an der Zuwiderhandlung betrifft, nicht außer Acht gelassen, sondern ihn geprüft und zu Recht im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen hat, dass er für die Frage der Zurechnung der Zuwiderhandlung der Tochtergesellschaft SKW an SKW Holding unerheblich sei.

117    Obgleich die Kommission zutreffend davon ausging, dass die Kenntnis vom Kartell oder gar die Teilnahme des Personals von SKW Holding am Kartell nicht erforderlich sei, um SKW Holding die Zuwiderhandlung zuzurechnen, an der ihre Tochtergesellschaft SKW beteiligt war, hat sie gleichwohl im dritten Gedankenstrich von Rn. 246 der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen, dass „[d]er Hauptgeschäftsführer [von SKW Holding] über den Austausch von Verkaufspreisen zwischen Mitbewerbern Bescheid [wusste]“. Zur Stützung dieser Behauptung hat sie in Fn. 522 auf eine E-Mail von Herrn L., dem Geschäftsführer von SKW, verwiesen. Die Klägerinnen haben vor dem Gericht jedoch vorgetragen, dass die fragliche Behauptung auch in der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten gewesen sei und dass sie ihr in ihrer Erwiderung auf diese Mitteilung entgegengetreten seien. Dieser Erwiderung lässt sich in der Tat entnehmen, dass die von der Kommission angeführte E-Mail nach den Angaben der Klägerinnen an eine nicht am streitigen Kartell beteiligte Gesellschaft in Argentinien gerichtet war und ein anderes als die vom Kartell erfassten Erzeugnisse betraf. Die Klägerinnen sind daher der Ansicht, dass diese E-Mail die betreffende Behauptung der Kommission nicht stützen könne.

118    Die Kommission hat in der angefochtenen Entscheidung die betreffende Behauptung ungeachtet dieser Erläuterungen der Klägerinnen übernommen, ohne darzulegen, weshalb sie die von den Klägerinnen hierzu in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte gegebenen Erläuterungen zurückgewiesen hatte. Dieses Versäumnis kann zwar ein Hinweis dafür sein, dass dieser Teil des Vorbringens der Klägerinnen in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte von der Kommission nicht mit der erforderlichen Sorgfalt geprüft wurde, doch genügt es für sich allein nicht, um die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zu rechtfertigen.

119    Rn. 246 der angefochtenen Entscheidung enthält nämlich hilfsweise angeführte Gründe, da die Schlussfolgerung, wonach SKW Holding einen bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten ihrer Tochtergesellschaft ausgeübt habe und daher für die von ihr begangene Zuwiderhandlung habe verantwortlich gemacht werden können, rechtlich hinreichend auf die von den Klägerinnen zu widerlegende kapitalbezogene Vermutung gestützt werden konnte (Rn. 245 der angefochtenen Entscheidung). Jedenfalls werden in Rn. 246 der angefochtenen Entscheidung mehrere weitere Umstände angeführt, die sich als zutreffend erwiesen haben (siehe oben, Rn. 103 bis 114) und für sich allein ausreichen, um die Schlussfolgerung zu stützen, dass SKW Holding einen bestimmenden Einfluss auf SKW ausgeübt habe.

120    Aus all diesen Erwägungen folgt, dass die Kommission, abgesehen von dem Vorbringen der Klägerinnen, mit dem dargetan werden sollte, dass der Hauptgeschäftsführer von SKW Holding nicht über den Austausch von Verkaufspreisen zwischen Mitbewerbern Bescheid gewusst habe, das Vorbringen der Klägerinnen zum Nachweis dafür, dass SKW Holding nicht für die streitige Zuwiderhandlung habe verantwortlich gemacht werden können, geprüft und zu Recht zurückgewiesen hat. Das Versäumnis der Kommission, das Vorbringen zu prüfen, dass der Hauptgeschäftsführer von SKW Holding nicht über den Preisaustausch Bescheid gewusst habe, kann nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen, da sich dieses Vorbringen auf einen hilfsweise angeführten Grund der angefochtenen Entscheidung bezieht (siehe oben, Rn. 119), die rechtlich hinreichend auf andere, nicht mit Fehlern behaftete Gründe gestützt ist, nämlich zum einen auf die kapitalbezogene Vermutung, die von den Klägerinnen nicht widerlegt worden ist, und zum anderen und in jedem Fall auf die weiteren, in den übrigen Gedankenstrichen von Rn. 246 der angefochtenen Entscheidung dargelegten Gründe. Daher ist der zweite Teil des vorliegenden Klagegrundes zurückzuweisen.

121    Das Gleiche gilt für den dritten Teil. Die vorstehend dargelegten Erwägungen zeigen nämlich, dass die Kommission an die Widerlegung der kapitalbezogenen Vermutung keine unerfüllbaren Anforderungen gestellt hat. Vielmehr haben die Klägerinnen keine vollständige und zusammenhängende Argumentation vorgebracht, die belegen könnte, dass SKW Holding keinen bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten von SKW ausübte. Die wenigen Gesichtspunkte, die von den Klägerinnen vorgebracht worden sind, genügen insoweit aus den vorstehend dargelegten Gründen nicht, und in jedem Fall bestätigen die in Rn. 246 der angefochtenen Entscheidung genannten Umstände (vorbehaltlich der oben in den Rn. 106 und 107 dargelegten Erwägungen hinsichtlich des dritten Gedankenstrichs) die Schlussfolgerung der Kommission in Bezug auf den bestimmenden Einfluss von SKW Holding auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft.

122    Die Rüge der Klägerinnen, dass die Kommission keine spezifischen Hinweise zur Art der tatsächlichen Gesichtspunkte oder der Nachweise gegeben habe, die für die Widerlegung der kapitalbezogenen Vermutung genügen würden, ist in Anbetracht der oben in Rn. 109 angeführten Rechtsprechung, wonach es Sache der Muttergesellschaft ist, insoweit sämtliche Angaben in Bezug auf die Verbindungen zwischen ihr und ihrer Tochtergesellschaft vorzulegen, ebenfalls zurückzuweisen.

123    Der vierte, den Verstoß der Kommission gegen ihre Pflicht, den relevanten Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, betreffende Teil des vorliegenden Klagegrundes ist ebenfalls zurückzuweisen. Aus den bereits dargelegten Erwägungen (vgl. insbesondere die oben in Rn. 72 angeführte Rechtsprechung) geht nämlich hervor, dass sich die Kommission schon allein auf die kapitalbezogene Vermutung stützen darf und es in einem solchen Fall Sache der Muttergesellschaft ist, ausreichende Beweise für den Nachweis vorzulegen, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftritt. Wie Generalanwältin Kokott in ihren Schlussanträgen in der Rechtssache Akzo Nobel u. a./Kommission (Urteil vom 10. September 2009, oben in Rn. 69 angeführt, Slg. 2009, I‑8241, Nr. 75), ausgeführt hat, stammen die Tatsachen und Informationen, die hierzu erforderlich sind, ohnehin aus der unternehmensinternen Sphäre von Mutter- und Tochtergesellschaft, und deshalb ist es durchaus gerechtfertigt, ihnen dafür die Darlegungslast aufzuerlegen.

124    Die oben in Rn. 122 dargelegten Erwägungen schließen zwar nicht aus, dass die Kommission in einem konkreten Fall, wenn die Umstände es erfordern, verpflichtet ist, ihre Untersuchungsbefugnisse einzusetzen, um Informationen zu erhalten, mit denen die kapitalbezogene Vermutung widerlegt werden kann und die vom betreffenden Unternehmen selbst nicht beigebracht werden können. Das in Rede stehende Unternehmen muss allerdings hinreichende Erläuterungen geben, die es ermöglichen, die fraglichen Informationen und die Tatsachen, zu deren Nachweis sie dienen könnten, so weit wie möglich zu ermitteln und die Gründe zu verstehen, aus denen es ihm unmöglich ist, diese Informationen selbst vorzulegen. Die letztgenannte Bedingung ist im vorliegenden Fall offenkundig nicht erfüllt, da die Klägerinnen auch vor dem Gericht nicht erklärt haben, welchen genauen Gegenstand die von der Kommission ihrer Ansicht nach von Amts wegen durchzuführende Untersuchung hätte haben sollen.

125    Daher sind die Teile zwei bis vier des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zu der aus dem Urteil Siemens hergeleiteten und in der mündlichen Verhandlung erhobenen Rüge

126    Wie oben in Rn. 65 ausgeführt worden ist, haben die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, die Kommission hätte in der angefochtenen Entscheidung ihren jeweiligen Anteil an den gegen sie als Gesamtschuldner mit anderen Einheiten festgesetzten Beträgen bestimmen müssen. Das Unterbleiben einer solchen Bestimmung stelle eine fehlerhafte Anwendung von Art. 81 EG dar, so dass diese Rüge mit dem zweiten Klagegrund zusammenhänge.

127    Dies ist jedoch nicht der Fall. Aus den Ausführungen zu den vier Teilen des zweiten Klagegrundes, den die Klägerinnen in diesem Zusammenhang anführen, geht hervor, dass er nicht die Frage der internen Aufteilung des Betrags der Geldbußen betrifft, die gegen die Klägerinnen als Gesamtschuldner mit anderen Einheiten verhängt worden sind, sondern die Frage, ob SKW Holding die Verantwortung für die von ihrer 100%igen Tochtergesellschaft SKW begangene Zuwiderhandlung zugerechnet werden kann. Der bloße Umstand, dass die Klägerinnen zur Stützung sowohl des zweiten Klagegrundes als auch der Rüge, die sie aus dem Urteil Siemens (oben in Rn. 65 angeführt) herleiten, eine fehlerhafte Anwendung von Art. 81 EG geltend machen, kann zu keinem anderen Ergebnis führen.

128    Diese Rüge kann auch nicht als eine Erweiterung des Vorbringens der Klägerinnen im Rahmen des ersten Teils des fünften Klagegrundes angesehen werden, das nachfolgend in den Rn. 191 bis 213 geprüft wird. Dieser Teil betrifft nicht die zwischen den Klägerinnen und den anderen Schuldnern vorzunehmende interne Aufteilung der Beträge der Geldbußen, für deren Zahlung sie gegenüber der Kommission als Gesamtschuldner haften. Sie betrifft ausschließlich das Risiko, dass die Klägerin zu 2, SKW, die mit anderen Unternehmen als Gesamtschuldner für die Zahlung von zwei Geldbußen in Höhe von über 13,3 Mio. Euro haftet, im Anschluss an Regressklagen der anderen Schuldner einen Betrag tragen müsste, der über die letztgenannte Summe hinausginge, obwohl diese nach der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Ansicht die angemessene Sanktion für ihre Beteiligung an der streitigen Zuwiderhandlung darstellt.

129    Daraus folgt, dass diese Rüge ein neues Angriffsmittel darstellt, das im Laufe des Verfahrens vorgebracht worden ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 48 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden können, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Jedoch muss ein Vorbringen, das eine Erweiterung eines bereits unmittelbar oder mittelbar in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellt und das in engem Zusammenhang mit diesem steht, für zulässig erklärt werden (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. Oktober 2008, Mote/Parlament, T‑345/05, Slg. 2008, II‑2849, Rn. 85 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Übrigen kann nach ständiger Rechtsprechung ein Urteil, das nur einen Rechtszustand bestätigt, der dem Kläger bei Klageerhebung grundsätzlich bekannt war, nicht als neuer Grund angesehen werden, der das Vorbringen eines neuen Klagegrundes rechtfertigen könnte (Urteile des Gerichts vom 12. Juli 2001, T. Port/Rat, T‑2/99, Slg. 2001, II‑2093, Rn. 57, und Banatrading/Rat, T‑3/99, Slg. 2001, II‑2123, Rn. 49, und vom 22. Mai 2012, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, T‑300/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 44).

130    Im vorliegenden Fall kann das von den Klägerinnen vorgebrachte neue Angriffsmittel nicht als auf einen im Laufe des Verfahrens zutage getretenen Grund gestützt angesehen werden. Aus der oben in Rn. 129 angeführten Rechtsprechung folgt, dass das Urteil Siemens (oben in Rn. 65 angeführt) keinen solchen Grund darstellt. Daher ist dieses Angriffsmittel unzulässig.

131    Selbst wenn die in Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung vorgesehenen Bedingungen, die das Vorbringen eines neuen Angriffsmittels im Laufe des Verfahrens rechtfertigen, erfüllt wären, wäre dieser Klagegrund jedenfalls als unzulässig zurückzuweisen, da er nicht den Anforderungen entspricht, die in Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs, der gemäß Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, und in Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts vorgesehen sind.

132    Nach diesen Bestimmungen muss die Klageschrift eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese muss unabhängig von Fragen der Terminologie hinreichend klar und deutlich sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Ausübung der richterlichen Kontrolle, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, zu ermöglichen. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben (vgl. Beschluss des Gerichts vom 28. April 1993, De Hoe/Kommission, T‑85/92, Slg. 1993, II‑523, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

133    Diese Anforderungen sind auch zu beachten, wenn die in Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung vorgesehenen Bedingungen, die das Vorbringen eines neuen Angriffsmittels im Laufe des Verfahrens rechtfertigen, erfüllt sind. Die letztgenannte Bestimmung kann das verspätete Vorbringen eines Angriffsmittels zwar rechtfertigen, doch muss dessen Darstellung der oben in Rn. 132 angeführten Rechtsprechung entsprechen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. Februar 1994, Lacruz Bassols/Gerichtshof, T‑109/92, Slg. ÖD 1994, I‑A‑31 und II‑105, Rn. 67).

134    Im vorliegenden Fall haben sich die Klägerinnen jedoch darauf beschränkt, der Kommission vorzuwerfen, ihren jeweiligen Anteil an den Beträgen, deren Zahlung ihnen als Gesamtschuldner mit anderen Einheiten auferlegt worden sei, nicht bestimmt zu haben, ohne die tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte anzugeben, auf deren Grundlage die Kommission eine solche Aufteilung hätte vornehmen müssen, oder Angaben dazu zu machen, welche Aufteilung ihrer Ansicht nach angemessen gewesen wäre. Der bloße Verweis auf das Urteil Siemens (oben in Rn. 65 angeführt) ist insoweit offenkundig unzureichend. Aus jenem Urteil, das im Übrigen mit mehreren Rechtsmitteln angefochten worden ist, die noch beim Gerichtshof anhängig sind, geht nämlich nicht hervor, dass die Kommission in allen Fällen, in denen sie mehreren Einheiten als Gesamtschuldner eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln auferlegt, eine Aufteilung der jeweiligen internen Anteile jeder Einheit am Bußgeldbetrag vornehmen muss. Das Gericht hat vielmehr festgestellt, dass mangels einer entgegenstehenden Angabe in der Entscheidung, mit der die Kommission wegen der Zuwiderhandlung eines Unternehmens eine Geldbuße festsetzt, für deren Zahlung mehrere Gesellschaften als Gesamtschuldner haften, davon auszugehen ist, dass die Kommission diesen Gesellschaften die Zuwiderhandlung gleichermaßen zurechnet (Urteil Siemens, oben in Rn. 65 angeführt, Rn. 158).

135    Der Umstand, dass die Klägerinnen das Gericht auch ersucht haben, in Bezug auf den Betrag der ihnen auferlegten Geldbuße seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auszuüben, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Selbst wenn man annimmt, dass es zur Befugnis des Gerichts zu unbeschränkter Nachprüfung im Geldbußenbereich gehört, den internen Geldbußenanteil jedes zur Zahlung der Geldbuße verurteilten Gesamtschuldners zu bestimmen, ist darauf hinzuweisen, dass die Ausübung dieser Befugnis nicht einer Prüfung von Amts wegen entspricht, da das Verfahren vor den Gerichten der Union ein streitiges Verfahren ist. Mit Ausnahme der Gründe zwingenden Rechts, die der Richter von Amts wegen zu berücksichtigen hat und zu denen der vorliegende Grund nicht gehört, ist es Sache des Klägers, gegen die streitgegenständliche Entscheidung Klagegründe vorzubringen. In diesem Zusammenhang hat der Kläger die beanstandeten Punkte dieser Entscheidung zu bezeichnen, insoweit Rügen zu formulieren und Beweise oder zumindest ernsthafte Indizien für ihre Begründetheit beizubringen (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Dezember 2011, KME Germany u. a./Kommission, C‑389/10 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 131 und 132). Dies haben die Klägerinnen im vorliegenden Fall hinsichtlich der Rüge, die sie aus dem Urteil Siemens (oben in Rn. 65 angeführt) herleiten, nicht getan. Infolgedessen ist diese Rüge als unzulässig zurückzuweisen.

136    Aus alledem ergibt sich, dass der zweite Klagegrund zurückzuweisen ist.

 Zum dritten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht

137    Mit dem dritten Klagegrund werfen die Klägerinnen der Kommission eine Verletzung der Begründungspflicht vor, da sie in der angefochtenen Entscheidung nicht dargelegt habe, weswegen die von ihnen zur Widerlegung der kapitalbezogenen Vermutung vorgetragenen Gesichtspunkte insoweit nicht ausreichten. Die Bemerkung der Kommission in Rn. 250 der angefochtenen Entscheidung sei keine den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechende Begründung.

138    Die Klägerinnen tragen ferner vor, die Kommission hätte zumindest darauf hinweisen müssen, warum sie die von ihnen zur Widerlegung der kapitalbezogenen Vermutung vorgetragenen Gesichtspunkte nicht für relevant erachte, und ihnen die Möglichkeit eröffnen müssen, weitere entlastende Umstände vorzutragen. Diese Pflicht folge auch aus dem in Art. 6 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankerten Grundsatz des fairen Verfahrens und dem in Art. 41 der Charta der Grundrechte verankerten Grundsatz des ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens.

139    Dieses Vorbringen kann nicht durchgreifen. Aus den oben in den Rn. 102 bis 105 dargelegten Erwägungen geht hervor, dass die Kommission nicht nur in Rn. 250 der angefochtenen Entscheidung, sondern auch in Rn. 247 (die auf Rn. 224 verweist) und in Rn. 248 auf das Vorbringen der Klägerinnen zur Widerlegung der kapitalbezogenen Vermutung eingegangen ist.

140    Der Kommission könnte zwar vorgeworfen werden, dass sie nicht auf das zur Widerlegung der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthaltenen Behauptung, dass der Hauptgeschäftsführer von SKW Holding über den Austausch von Verkaufspreisen zwischen Mitbewerbern Bescheid gewusst habe, Vorbringen der Klägerinnen eingegangen ist (siehe oben, Rn. 118). Auch wenn dieses Versäumnis der Kommission als eine fehlende oder unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung angesehen werden könnte, kann jedoch eine solche Rüge aus den oben in Rn. 120 dargelegten Gründen jedenfalls nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen, da sie sich auf einen hilfsweise angeführten Grund bezieht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. Januar 2008, Scippacercola und Terezakis/Kommission, T‑306/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 145).

141    Im Übrigen ist festzustellen, dass die in den Rn. 224, 247, 248 und 250 der angefochtenen Entscheidung enthaltene Begründung ausreichte, um es den Klägerinnen zu ermöglichen, die Gründe, aus denen die von ihnen in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebrachten Argumente zurückgewiesen wurden, zu verstehen und ihnen zu widersprechen, und, wie aus den im Rahmen der Prüfung der Teile zwei bis vier des zweiten Klagegrundes dargelegten Erwägungen hervorgeht, es dem Gericht ermöglicht, seine Kontrolle in vollem Umfang auszuüben.

142    Was insbesondere Rn. 250 der angefochtenen Entscheidung anbelangt, ist die darin enthaltene Begründung zwar kurz, aber ebenfalls ausreichend. Wie aus den oben in den Rn. 105 und 106 dargelegten Erwägungen hervorgeht, wurde mit den Argumenten der Klägerinnen, um die es in dieser Randnummer der angefochtenen Entscheidung geht, nicht die sachliche Richtigkeit der in Rn. 246 der Entscheidung enthaltenen Feststellungen in Frage gestellt (vorbehaltlich der oben in den Rn. 118 und 119 dargelegten Erwägungen zum dritten Gedankenstrich), sondern es wurden allenfalls gewisse Erläuterungen gegeben, die für die Frage, ob SKW Holding einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft SKW ausübte, unerheblich waren. Daher durfte sich die Kommission auf die Feststellung beschränken, dass diese Argumente der Klägerinnen die Ausübung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft nicht in Frage stellten, sondern sie im Gegenteil bestätigten.

143    Ebenso wenig kann schließlich die oben in Rn. 138 zusammengefasste Rüge der Klägerinnen durchgreifen. Abgesehen davon, dass diese Rüge im Wesentlichen nicht die Einhaltung der Begründungspflicht betrifft, ist festzustellen, dass die Verteidigungsrechte der Klägerinnen, wie aus den im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes dargelegten Erwägungen hervorgeht, im Verwaltungsverfahren vollauf beachtet worden sind. Die Klägerinnen hatten Gelegenheit zur schriftlichen Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die die Behauptung enthielt, dass SKW Holding einen bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten ihrer Tochtergesellschaft SKW ausgeübt habe und daher für die von ihr begangene Zuwiderhandlung habe verantwortlich gemacht werden können. Sie hatten auch die Möglichkeit, diese Argumente in einer Anhörung mündlich vorzutragen, und in Bezug auf die Frage der geltend gemachten Rolle von Degussa, hinsichtlich der die Kommission ihren Antrag, ihnen zu gestatten, zu dieser Frage während der Anhörung in camera vortragen zu können, zu Recht ablehnte, hatten sie die Möglichkeit, ihr Vorbringen schriftlich zu ergänzen. Folglich sind die Anforderungen an die Beachtung der in Art. 41 der Charta der Grundrechte verankerten Rechte auf Anhörung und auf eine gute Verwaltung im vorliegenden Fall nicht verletzt worden.

144    Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen geht aus den Bestimmungen und den Grundsätzen, auf die sie sich berufen, nicht hervor, dass die Kommission verpflichtet war, sie darauf hinzuweisen, dass die von ihnen zur Widerlegung der kapitalbezogenen Vermutung vorgelegten Tatsachen und Beweise unzureichend seien, und sie zu deren Ergänzung aufzufordern. Wie schon mehrfach festgestellt worden ist, oblag es vielmehr ihnen, selbst alle Gesichtspunkte vorzutragen, die sie insoweit für relevant hielten.

145    Folglich ist der dritte Klagegrund unbegründet und ebenfalls zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung durch Ungleichbehandlung von SKW im Verhältnis zu Almamet

146    Mit dem vierten Klagegrund rügen die Klägerinnen einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da die Kommission SKW bei der Berechnung der Geldbuße schlechter als Almamet, einen anderen Kartellteilnehmer, behandelt habe, obwohl sie sich in einer ähnlichen Situation befunden hätten. Dieser Klagegrund ist in zwei Teile untergliedert. Der erste Teil betrifft den zur Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße herangezogenen Umsatz. Der zweite Teil betrifft die außerordentliche Geldbußenermäßigung in Höhe von 20 %, die Almamet gewährt wurde, nicht aber SKW.

 Zum ersten Teil, der den bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße herangezogenen Umsatz betrifft

147    Die Höhe der von der Kommission verhängten Geldbußen ist anhand der Methode berechnet worden, die in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien) beschrieben ist und aus zwei Stufen besteht. Zuerst setzt die Kommission für jedes einzelne Unternehmen bzw. jede einzelne Unternehmensvereinigung auf der Grundlage des Wertes der vom betreffenden Unternehmen auf dem relevanten räumlichen Markt verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit der Zuwiderhandlung in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang stehen, einen Grundbetrag fest. In Nr. 13 der Leitlinien wird klargestellt, dass die Kommission im Regelfall den Umsatz im letzten vollständigen Geschäftsjahr zugrunde legen wird, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war. Zur Ermittlung des Grundbetrags wird ein bestimmter Teil des Umsatzes, der sich nach der Schwere der Zuwiderhandlung richtet, mit der Zahl der Jahre der Zuwiderhandlung multipliziert. Die Kommission fügt jedoch gemäß Nr. 25 der Leitlinien unabhängig von der Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung einen Betrag zwischen 15 % und 25 % des Umsatzes hinzu, um die Unternehmen von der Beteiligung an horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung von Märkten oder Mengeneinschränkung abzuschrecken. Auf der zweiten Stufe kann die Kommission den auf der ersten Stufe festgesetzten Grundbetrag nach oben oder unten anpassen, um erschwerende oder mildernde Umstände zu berücksichtigen.

148    Die von den Kartellteilnehmern erzielten Umsätze, die mit der Zuwiderhandlung in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang stehen und von der Kommission zur Festsetzung des Grundbetrags der ihnen auferlegten Geldbußen herangezogen wurden, sind in Rn. 288 der angefochtenen Entscheidung aufgeführt. Diese Randnummer enthält eine Tabelle, in der für SKW bei Calciumcarbidpulver ein Umsatz zwischen 15 und 20 Mio. Euro und bei Magnesiumgranulaten ein Umsatz zwischen 5 und 10 Mio. Euro angegeben ist. Des Weiteren wird im siebten Gedankenstrich dieser Randnummer festgestellt, dass im Fall von SKW der Umsatz die Erlöse aus dem Verkauf von Calciumcarbidpulver und Magnesiumgranulaten im Jahr 2006 einschließt. Er verweist auf Fn. 603, die lautet: „Der Umsatz von Calciumcarbidgranulaten wird nicht berücksichtigt, da SKW nur einen Kunden in der Gasindustrie hat, und es gibt keine überzeugenden Beweise, dass SKW an den Absprachen zur Gasindustrie teilgenommen hat.“

149    Ferner enthält der zweite Gedankenstrich von Rn. 288 der angefochtenen Entscheidung folgende Feststellung: „Im Fall von Almamet schließt der Umsatz die Erlöse aus dem Verkauf von nicht von [Novácke chemické závody, a.s.] stammenden Magnesiumgranulaten und Calciumcarbidpulver im Jahr 2006 ein.“

150    Die Klägerinnen nehmen im Rahmen ihres Vorbringens zum vorliegenden Klagegrund auf die Rn. 13 bis 15 der angefochtenen Entscheidung Bezug, in denen die Bestimmungen der Kooperationsvereinbarung zwischen Almamet und Novácke chemické závody (im Folgenden: NCHZ) erläutert werden. In diesen Randnummern der angefochtenen Entscheidung heißt es:

„(13)      … Almamet … ist eine Handelsgesellschaft für Magnesiumgranulate und Calciumcarbidpulver für die Stahlindustrie … Sie bezieht Magnesiumgranulate vorwiegend aus China und Calciumcarbidpulver im Wesentlichen von [NCHZ] in der Slowakei ...

(14)      Almamet und [NCHZ] haben ein ‚Rahmenabkommen für technische und kommerzielle Zusammenarbeit‘ unterzeichnet, in dem beide Parteien vereinbarten, eine langfristige Partnerschaft mit bestimmten Rechten und Pflichten im Hinblick auf den Verkauf von Calciumcarbidpulver im EWR … einzugehen. In diesem Abkommen stellt Almamet unter anderem technisches Know-how für die Einrichtung einer speziellen Produktionsstätte zur Verfügung, berät zu Produktspezifikationen einschließlich der Entwicklung zukünftiger neuer Arten und Prozesse für deren Herstellung und Anwendung, ist verantwortlich für eine effektive Marktumfragenforschung, aus der der bestehende und erwartete zukünftige Bedarf der Kunden bezüglich Quantität, Qualität und Preis hervorgeht, sowie für den Verkauf des Produkts über Kaufverträge. Für all diese Dienstleistungen erhält Almamet ein Honorar, das sich nach den verkauften Produkten richtet.

(15)      Im letzten vollen Geschäftsjahr vor dieser Entscheidung betrug der Gesamtumsatz der Almamet GmbH weltweit [zwischen 45 und 50] Mio. [Euro] … Der Verkauf von Calciumcarbidpulver und Magnesiumgranulaten im EWR – mit Ausnahme von Spanien, Portugal, Irland und dem Vereinigten Königreich – lag im letzten vollen Jahr der Zuwiderhandlung [zwischen 20 und 25] Mio. [Euro] …“

151    Rn. 13 der angefochtenen Entscheidung verweist auf Fn. 22, die folgende Feststellung enthält:

„Bezüglich Calciumcarbidpulver besitzt Almamet eine Kooperationsvereinbarung mit NCHZ [vgl. Randnrn. (14) und (22)], die lediglich Calciumcarbidpulver für die Entschwefelung betrifft. Almamet bezog Carbidpulver für die Desoxidation von anderen Quellen, was weniger als 10 % [ihres] Calciumcarbidhandels ausmachte.“

152    Nach Ansicht der Klägerinnen geht aus diesen Erwägungen in der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Umsätze, die Almamet durch den Verkauf des von NCHZ bezogenen Calciumcarbidpulvers erzielt habe, bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße nicht berücksichtigt worden seien. Infolgedessen hätten ihrer Auffassung nach die im Verhältnis zwischen Degussa und SKW erzielten „Innenumsätze“ bei der Berechnung des Grundbetrags der gegen SKW zu verhängenden Geldbuße ebenfalls unberücksichtigt bleiben müssen. Die Klägerinnen verweisen insoweit auf den zwischen diesen beiden Unternehmen geschlossenen Liefer- und Serviceleistungsvertrag, den sie auszugsweise vorgelegt haben, und tragen vor, aus ihm ergebe sich, dass SKW für die von ihr abgeschlossenen Calciumcarbidgeschäfte lediglich eine Provision von etwa 11 % der Nettoerlöse für den Verkauf erhalten habe und die restlichen Erlöse Degussa zugutegekommen seien. Ihrer Ansicht nach hätte die Kommission bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße nur die von SKW erzielten Provisionen berücksichtigen dürfen. Da Almamet, die an dem in Rede stehenden Markt einen bedeutenden Anteil halte, aufgrund der ihr gegenüber getroffenen Ausnahmebestimmungen in der angefochtenen Entscheidung eine Geldbuße auferlegt worden sei, deren Grundbetrag um das 3,5‑fache niedriger sei als der Grundbetrag der SKW auferlegten Geldbuße, habe die Kommission gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen.

153    Nach ständiger Rechtsprechung hat die Kommission bei der Festlegung von Geldbußen gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 die allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere den Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten, wie er durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts entwickelt wurde (Urteile des Gerichts vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, Slg. 2006, II‑897, Rn. 77, und vom 13. Juli 2011, Schindler Holding u. a./Kommission, T‑138/07, Slg. 2011, II‑4819, Rn. 105). Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung verlangt dieser Grundsatz, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, dass eine Differenzierung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Novartis Pharmaceuticals, C‑106/01, Slg. 2004, I‑4403, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).

154    Daher ist zu prüfen, ob die Situation von SKW mit der von Almamet angesichts der Ungleichbehandlung des letztgenannten Unternehmens bei der Berechnung der Umsätze, die mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang stehen und bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße berücksichtigt wurden, vergleichbar war.

155    Die Kommission hat insoweit vor dem Gericht erklärt, sie habe bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße die Umsätze nicht berücksichtigt, die Almamet mit dem von NCHZ bezogenen Calciumcarbidpulver erzielt habe. Mit anderen Worten habe sie nicht einmal die Provisionen berücksichtigt, die Almamet in Zusammenhang mit diesen Umsätzen erhalten habe. Diese Angaben entsprechen denen im zweiten Gedankenstrich von Rn. 288 der angefochtenen Entscheidung (siehe oben, Rn. 149). Die Kommission hat erklärt, dass durch diese Berechnung eine Doppelzählung des kartellbefangenen Umsatzes habe vermieden werden können, zu der es hätte kommen können, weil sowohl Almamet als auch NCHZ am Kartell beteiligt gewesen seien.

156    Der letztgenannte Umstand stellt einen bedeutenden Unterschied zwischen der Situation von Almamet und von SKW dar, wie die Kommission zu Recht geltend macht. Der Fall von Almamet und NCHZ weist nämlich die Besonderheit auf, dass der Lieferant des Calciumcarbidpulvers, NCHZ, mit Angehörigen der eigenen Geschäftsleitung und des eigenen Personals am Kartell beteiligt war. Diese setzten unmittelbar, zusammen mit den anderen Beteiligten, die Preise für den Verkauf des betreffenden Erzeugnisses an die Endverbraucher fest. Dass diese Umsätze nicht unmittelbar von NCHZ, sondern über Almamet erzielt wurden, hatte keinen Einfluss auf den Verkaufspreis, der der im Rahmen des Kartells beschlossene Preis war. Ferner geht aus dem Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2012, Almamet/Kommission (T‑410/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 221), hervor, dass Almamet eine fixe (und nicht eine zum Verkaufspreis proportionale) Provision für die Umsätze erhielt, die sie mit dem von NCHZ stammenden Calciumcarbidpulver erzielte.

157    Unter diesen Umständen ging die Kommission offensichtlich davon aus, dass die mit dem von NCHZ stammenden Calciumcarbid erzielten Umsätze nur bei der Berechnung des Grundbetrags der diesem Unternehmen aufzuerlegenden Geldbuße zu berücksichtigen seien, während der Grundbetrag der Almamet aufzuerlegenden Geldbuße auf der Grundlage der übrigen Umsätze berechnet wurde, die sie im Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung erzielte, nämlich der Verkäufe von Calciumcarbidpulver, das sie von anderen Lieferanten bezogen hatte, und der Verkäufe von Magnesiumgranulaten. Das Gericht hat sich im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht zur Richtigkeit dieser Wahl der Kommission zu äußern, die eine Geldbuße betrifft, die einem anderen Unternehmen als den Klägerinnen in der vorliegenden Rechtssache auferlegt wurde. Es genügt der Hinweis, dass die oben in Rn. 155 zusammengefasste Situation von Almamet, die diese Wahl rechtfertigte, nicht mit der von SKW vergleichbar ist, so dass der Kommission im vorliegenden Fall kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung vorgeworfen werden kann.

158    Denn selbst wenn man davon absieht, dass SKW nach ihren eigenen Angaben als Verkaufsprovision einen Prozentsatz des Verkaufspreises und keinen Festbetrag erhielt, ist festzustellen, dass die Kommission den Mitarbeitern bzw. der Geschäftsleitung von Degussa oder ihrer Tochtergesellschaft AlzChem Hart, die das gesamte Kapital von SKW vor ihrer Veräußerung an SKW Holding hielt, nicht vorwarf, direkt an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen zu sein. Insoweit ist daran zu erinnern, dass eine der für SKW am Kartell beteiligten Personen, Herr. N, zwar formal bei Degussa angestellt war, zwischen den Parteien aber unstreitig ist, dass er im streiterheblichen Zeitraum für SKW arbeitete (siehe auch oben, Rn. 45). Degussa und AlzChem Hart ist somit, anders als es bei NCHZ der Fall war, die Verantwortung für das streitige Kartell für den Zeitraum vom Beginn der Zuwiderhandlung bis 30. August 2004 allein deshalb zugerechnet worden, weil sie in diesem Zeitraum Teil derselben wirtschaftlichen Einheit wie SKW waren (siehe Rn. 235 der angefochtenen Entscheidung).

159    Im Übrigen haben die Klägerinnen in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zwar vorgetragen, dass SKW sogar noch nach dem Erwerb ihres gesamten Kapitals durch SKW Holding von Degussa „ferngesteuert“ worden sei (siehe oben, Rn. 49), doch haben sie weder dort noch im Rahmen der vorliegenden Klage geltend gemacht, dass Degussa oder AlzChem Hart durch Angehörige ihres Personals bzw. ihrer Geschäftsleitung an der Zuwiderhandlung beteiligt waren. Im Unterschied zu der Situation von Almamet und NCHZ, die durch die unmittelbare Kartellbeteiligung von Mitarbeitern bzw. der Geschäftsleitung sowohl des Lieferanten des betreffenden Erzeugnisses als auch des für den Verkauf dieses Erzeugnisses an die Endverbraucher zuständigen Händlers gekennzeichnet war, beteiligten sich im Fall von SKW und Degussa nur die Mitarbeiter bzw. die Geschäftsleitung der erstgenannten Gesellschaft am Kartell.

160    Insoweit ist es unerheblich, dass Degussa – wie die Klägerinnen geltend machen – den größten Teil der Erlöse aus den Verkäufen von Calciumcarbidpulver erhielt, die zu den vom Kartell festgesetzten Preisen durchgeführt wurden. In dieser Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass die auf diese Weise von Degussa erzielten Erlöse nicht zwangsläufig Gewinne waren, da Degussa die Produktionskosten decken musste. Unabhängig davon ist jedoch entscheidend, dass Mitarbeiter bzw. die Geschäftsleitung von SKW an der Zuwiderhandlung beteiligt waren und dass die Kommission gegen SKW eine Sanktion zu verhängen hatte, die nach den Leitlinien anhand der Umsätze zu berechnen war, die SKW in Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung erzielte, und nicht anhand des Gewinns, den SKW damit erzielte. Degussa und AlzChem Hart ist – anders als NCHZ, die für die streitige Zuwiderhandlung wegen der Beteiligung ihres eigenen Personals an der Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht wurde – die Verantwortung für diese Zuwiderhandlung deswegen zugerechnet worden, weil sie während des oben in Rn. 158 genannten Zeitraums Teil derselben wirtschaftlichen Einheit wie SKW waren.

161    Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der erste Teil als unbegründet zurückzuweisen ist.

 Zum zweiten Teil, der die Almamet gewährte außerordentliche Geldbußenermäßigung in Höhe von 20 % betrifft

162    Im Rahmen des zweiten Teils machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe SKW gegenüber Almamet diskriminierend behandelt, da sie SKW keine Ermäßigung der Geldbuße um 20 % gewährt habe, wie sie es bei Almamet getan habe. Die Umstände, die von der Kommission angeführt worden seien, um die zugunsten von Almamet gewährte Ermäßigung zu rechtfertigen, gälten auch für SKW, die sich somit in einer vergleichbaren Situation befunden habe.

163    In Rn. 372 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission aus, zu berücksichtigen sei, dass Almamet ein sehr kleiner unabhängiger Verkäufer sei, der nicht zu einer größeren Unternehmensgruppe gehöre. Almamet handele mit hochwertigen Materialien mit einer ziemlich geringen Gewinnspanne und verfüge über ein „sehr konzentriertes Produktportfolio“. Die Kommission fügte hinzu, dass der Umstand, dass „die verhängte Geldbuße eine relativ große Auswirkung auf die finanzielle Situation in Bezug auf ein Unternehmen dieser Art haben würde“, ebenfalls berücksichtigt werde. In Anbetracht dieser „besonderen Merkmale“ von Almamet hielt sie eine Ermäßigung der Geldbuße um 20 % für angebracht, da dieses Niveau der Geldbuße für Almamet jedenfalls eine genügende Abschreckung darstelle. Die Kommission verwies in Fn. 685 auf Nr. 37 der Leitlinien, die lautet:

„In diesen Leitlinien wird die allgemeine Methode für die Berechnung der Geldbußen dargelegt; jedoch können die besonderen Umstände eines Falles oder die Notwendigkeit einer ausreichend hohen Abschreckungswirkung ein Abweichen von dieser Methode oder der in [Nummer] 21 festgelegten Obergrenze rechtfertigen.“

164    Daraus folgt, dass die Kommission von ihren Leitlinien abwich, als sie Almamet eine Ermäßigung der Geldbuße um 20 % gewährte. Wie sich aus einer ständigen Rechtsprechung ergibt, muss eine solche Abweichung insbesondere mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sein (Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Rn. 211; Urteile des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T‑69/04, Slg. 2008, II‑2567, Rn. 44, und vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, T‑446/05, Slg. 2010, II‑1255, Rn. 146).

165    Die Kommission führte in Rn. 372 der angefochtenen Entscheidung gewisse „besondere Merkmale“ von Almamet an, um die Höhe der ihr gewährten Geldbußenermäßigung zu rechtfertigen. Wie das Gericht im Urteil vom 12. Dezember 2012, Novácke chemické závody/Kommission (T‑352/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 137 bis 141), entschieden hat, befindet sich ein Unternehmen, das diese Merkmale aufweist, unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen Ermäßigung der Geldbuße außerhalb der ausdrücklich in diesen Leitlinien vorgesehenen Fälle, in einer anderen Situation als ein Unternehmen, das diese Merkmale nicht aufweist.

166    Erstens sieht Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 u. a. vor, dass die Geldbuße für jedes an einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG beteiligte Unternehmen 10 % seines im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen darf. Nach der Rechtsprechung soll durch die auf den Umsatz bezogene Obergrenze verhindert werden, dass die von der Kommission verhängten Geldbußen außer Verhältnis zur Größe des betroffenen Unternehmens stehen (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Rn. 119, und vom 7. Juni 2007, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, C‑76/06 P, Slg. 2007, I‑4405, Rn. 24).

167    Diese Obergrenze reicht jedoch nicht aus, um eine etwaige Unverhältnismäßigkeit der Geldbuße zu verhindern, die gegen einen Händler verhängt wird, der wie Almamet mit hochwertigen Materialien bei geringer Gewinnspanne handelt. Denn aufgrund der Hochwertigkeit der betreffenden Materialien kann ein solches Unternehmen einen Umsatz aufweisen, der im Vergleich zu seinem Gewinn und seinen Aktiva, die allein für die Zahlung der Geldbuße eingesetzt werden, sehr hoch ist.

168    Zweitens ist, da nach der Methode der Leitlinien die Geldbuße ausgehend von einem Teil des Wertes der vom betreffenden Unternehmen in dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt erzielten Verkäufe festgesetzt wird (siehe oben, Rn. 147), die Gefahr einer Geldbuße, die unverhältnismäßig ist, weil sie einen sehr bedeutenden Teil am Gesamtumsatz des Unternehmens darstellt, umso größer im Fall eines Unternehmens, das wie Almamet über ein „sehr konzentriertes Produktportfolio“ verfügt.

169    Drittens ist der Umstand, dass es sich bei Almamet um ein sehr kleines Unternehmen handelte, das keinem großen Konzern angehörte, ebenfalls erheblich, da sie die Geldbuße allein bewältigen müsste, weil keine andere Gesellschaft als Gesamtschuldner mit ihr für die Zahlung dieser Geldbuße haftet oder allgemeiner betrachtet in der Lage wäre, sie dabei zu unterstützen.

170    Die Klägerinnen bestreiten nicht, dass Almamet die in Rn. 372 der angefochtenen Entscheidung genannten besonderen Merkmale aufweist. Im Hinblick auf die vorstehenden Erwägungen und unter Berücksichtigung der oben in Rn. 153 angeführten Rechtsprechung ist daher bei der Prüfung, ob die Kommission dadurch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen hat, dass sie SKW keine entsprechende Ermäßigung der Geldbuße gewährte, zu prüfen, ob sich SKW, wie die Klägerinnen geltend machen, in einer Situation befand, die mit der von Almamet vergleichbar war, d. h., ob sie die in Rn. 372 der angefochtenen Entscheidung genannten besonderen Merkmale aufwies.

171    Die Klägerinnen haben im Rahmen ihres Vorbringens zum vorliegenden Teil des vierten Klagegrundes jedoch Merkmale von SKW geltend gemacht, die von denen abweichen, die nach Rn. 372 der angefochtenen Entscheidung für die Gewährung einer Geldbußenermäßigung an Almamet entscheidend waren.

172    So machen die Klägerinnen geltend, SKW sei wie Almamet ein Händler, der eine Kooperationsvereinbarung mit einem Hersteller von Calciumcarbidpulver (Degussa) geschlossen habe, dessen Erzeugnis sie auf Provisionsbasis verkaufe. Wie aus Rn. 372 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, war für die Gewährung einer Geldbußenermäßigung an Almamet jedoch nicht entscheidend, dass sie ein Händler und kein Hersteller von Calciumcarbidpulver war, sondern, dass sie ein „sehr kleiner unabhängiger Verkäufer ist, der nicht zu einer größeren Unternehmensgruppe gehört“.

173    Die Klägerinnen machen insoweit geltend, dass SKW Holding das gesamte Kapital von SKW halte, sei kein Merkmal, in dem sich SKW und Almamet unterschieden. SKW Holding verfüge nämlich über keine bedeutenden finanziellen Ressourcen. Ihr Umsatz spiegele nicht ihre wirtschaftliche Stärke wider. Im Gegensatz zu anderen Unternehmen sei SKW Holding als Finanzinvestor darauf ausgerichtet, sich laufend an weiteren Firmen zu beteiligen und diese zu übernehmen. Ihr Umsatz steige aufgrund dieser Übernahmen, aber diese Steigerungen schlügen sich nicht in einem Zuwachs ihrer wirtschaftlichen Stärke nieder. Ihre Übernahmen von Unternehmen seien überwiegend kreditfinanziert, so dass der akkumulierte Umsatz der Gruppe SKW Holding in keiner Weise ihre tatsächliche Leistungsfähigkeit widerspiegele.

174    Dieses Vorbringen kann nicht durchgreifen. Wie die Kommission zu Recht ausführt, besteht zwischen Almamet und den Klägerinnen ein bedeutender Größenunterschied. Aus den Rn. 15 und 32 der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass im letzten vollen Geschäftsjahr vor der Zuwiderhandlung der Gesamtumsatz von Almamet zwischen 45 und 50 Mio. Euro lag und der Gesamtumsatz der Klägerinnen 377 Mio. Euro betrug.

175    Die Klägerinnen haben die Gesamtumsätze von Almamet und ihres eigenen Unternehmens nicht angesprochen und sich stattdessen auf die Umsätze konzentriert, die diese Unternehmen im Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung erzielten und die nach Ansicht der Klägerinnen vergleichbar waren. Aus den oben in den Rn. 166 bis 169 dargelegten Erwägungen lässt sich jedoch ableiten, dass für die Leistungsfähigkeit des betroffenen Unternehmens und demnach die Verhältnismäßigkeit der Geldbuße sein Gesamtumsatz und nicht der allein mit den von der Zuwiderhandlung betroffenen Waren erzielte Umsatz entscheidend ist.

176    Im Übrigen lässt die Argumentation der Klägerinnen außer Acht, dass SKW während eines Teils des Zeitraums der Zuwiderhandlung (bis zum 30. August 2004) Teil derselben wirtschaftlichen Einheit wie Degussa war. Sie lässt ferner außer Acht, dass die Kommission davon ausging, dass SKW während des übrigen Zeitraums der Zuwiderhandlung nicht nur mit SKW Holding, sondern auch mit Arques zu ein und derselben wirtschaftlichen Einheit gehörte. Die Klägerinnen haben weder diese Tatsache bestritten noch geltend gemacht, dass Arques über keine bedeutenden finanziellen Ressourcen verfügt habe.

177    Das Vorbringen zum Fehlen finanzieller Ressourcen von SKW Holding wird durch keinen Beweis gestützt und steht außerdem im Widerspruch zu dem Vorbringen in Bezug auf die von dieser Gesellschaft vorgenommenen Unternehmenskäufe. Selbst wenn diese Käufe, wie die Klägerinnen geltend machen, durch Kredite und nicht durch Eigenmittel von SKW Holding finanziert worden sein sollten, erläutern die Klägerinnen nicht, wie es einer Gesellschaft, die über keine bedeutenden Eigenmittel verfügt, gelingt, sich die erforderlichen Kredite zu beschaffen.

178    Außerdem gehen die Klägerinnen in ihrem Vorbringen zum vorliegenden Klagegrund nicht auf die übrigen Merkmale ein, die nach Rn. 372 der angefochtenen Entscheidung für die Gewährung einer Geldbußenermäßigung an Almamet entscheidend waren. So machen sie nicht geltend, dass für SKW dieselben Merkmale gelten. Insbesondere haben sie weder vorgetragen noch bewiesen, dass auch auf SKW die in Rn. 372 der angefochtenen Entscheidung enthaltene Beschreibung von Almamet zutrifft, wonach sie „mit hochwertigen Materialien mit einer ziemlich geringen Gewinnspanne [handelte] und ... über ein sehr konzentriertes Produktportfolio [verfügte]“.

179    Die Klägerinnen machen vielmehr im Wesentlichen geltend, dass SKW eine Geldbußenermäßigung mehr verdient hätte als Almamet. Sie bestreiten in diesem Zusammenhang, dass Almamet im Verwaltungsverfahren mit der Kommission zusammengearbeitet habe, und weisen darauf hin, dass sie als einziges am Kartell beteiligtes Unternehmen ihre Beteiligung daran abgestritten habe. Zudem habe sie der Kommission vorgeworfen, unzulässiges Beweismaterial zu verwenden. Dagegen habe SKW Holding für ihre Tochtergesellschaft die Bereitschaft zu bedingungsloser Kooperation mit der Kommission signalisiert. Ferner sei Almamet im Gegensatz zu SKW die Initiatorin der streitigen Zuwiderhandlung gewesen, wie aus den Rn. 56 ff., 64 ff. und 179 der angefochtenen Entscheidung hervorgehe, was einen erschwerenden Umstand darstelle. Daher sei es noch weniger nachvollziehbar, warum Almamet im Gegensatz zu den Klägerinnen eine Geldbußenermäßigung gewährt worden sei.

180    Die Klägerinnen fügen hinzu, ihnen hätte nach der Entscheidungspraxis der Kommission in anderen Verfahren, die zu Sanktionen wegen Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln geführt hätten, eine Geldbußenermäßigung gewährt werden müssen, da sie die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellten tatsächlichen Umstände nicht bestritten und sich in ihrer Stellungnahme bereit erklärt hätten, mit der Kommission zusammenzuarbeiten. Auch dass SKW, anders als die anderen Kartellteilnehmer, insbesondere Almamet und Degussa, kein eigenes wirtschaftliches Interesse am streitigen Kartell gehabt habe, hätte sich zu ihren Gunsten auswirken und eine Ermäßigung der ihr aufzuerlegenden Geldbuße rechtfertigen müssen. Diesem Vorbringen schließt sich die Streithelferin an. Sie macht geltend, es sei der Kommission nicht verwehrt, im Fall des Nichtbestreitens der Tatsachen eine Ermäßigung der Geldbuße zu gewähren, und führt Beispiele von Entscheidungen der Kommission aus jüngerer Zeit an, in denen eine solche Ermäßigung gewährt worden sei.

181    Es ist festzustellen, dass das oben in den Rn. 178 und 179 zusammengefasste Vorbringen der Klägerinnen für die Frage eines etwaigen Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zum Nachteil der Klägerinnen unerheblich ist. Aus Rn. 372 der angefochtenen Entscheidung geht eindeutig hervor, dass Almamet nur aufgrund ihrer in dieser Randnummer angeführten besonderen Merkmale eine Ermäßigung der Geldbuße gewährt wurde. Aus den Rn. 313 bis 331 der angefochtenen Entscheidung geht ebenso eindeutig hervor, dass Almamet ebenso wie im Übrigen den Klägerinnen kein mildernder Umstand zugestanden wurde.

182    Die Kommission hat Almamet allerdings auch keine erschwerenden Umstände angelastet. Die von den Klägerinnen in ihrem Vorbringen angeführten Rn. 56 ff. und 64 ff. der angefochtenen Entscheidung beschreiben die Funktionsweise des Kartells und die verschiedenen Zusammenkünfte der Teilnehmer. Daraus geht nicht hervor, dass die Kommission annahm, dass Almamet die Rolle eines Anführers oder Anstifters der Zuwiderhandlung gespielt habe, was nach dem dritten Gedankenstrich von Nr. 28 der Leitlinien einen erschwerenden Umstand darstellt. Gleiches gilt für Rn. 179 der angefochtenen Entscheidung. Zwar heißt es darin, wie die Klägerinnen hervorgehoben haben, dass Almamet eine „wesentliche Rolle in der Funktionsweise der [streitigen] Absprachen“ gespielt habe, doch gehört diese Angabe zu den Gründen, aus denen die Kommission annahm, dass Almamet ebenfalls für das Kartell verantwortlich zu machen sei, mag sie auch nur ein Handelsvertreter oder Vertreter von NCHZ gewesen sein, die selbst am Kartell beteiligt war.

183    Folglich waren SKW und Almamet in Bezug auf erschwerende oder mildernde Umstände gleichgestellt, da die Kommission weder bei der einen noch bei der anderen einen solchen Umstand bejahte. Diese Tatsache allein bedeutet jedoch nicht, dass Almamet eine Ermäßigung der Geldbuße nicht aus Gründen gewährt werden konnte, die nicht mit der relativen Schwere ihres Tatbeitrags – die die erschwerenden oder mildernden Umstände nach der Rechtsprechung widerspiegeln sollen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Carbone-Lorraine/Kommission, T‑73/04, Slg. 2008, II‑2661, Rn. 100) –, sondern im Wesentlichen mit ihrer geringeren Leistungsfähigkeit zusammenhing, die sich aus ihren in Rn. 372 der angefochtenen Entscheidung angeführten besonderen Merkmalen ergab. Da es SKW nicht gelungen ist, darzutun, dass sie als Unternehmen dieselben besonderen Merkmale aufwies, kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen zu haben, weil sie ihr keine entsprechende Ermäßigung der ihr auferlegten Geldbuße gewährte.

184    Sofern das oben in den Rn. 179 und 180 zusammengefasste Vorbringen der Klägerinnen und der Streithelferin dahin zu verstehen sein sollte, dass die Geldbuße von SKW ihres Erachtens wegen eines auf dem Nichtbestreiten der ihr in der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgeworfenen Tatsachen beruhenden mildernden Umstands hätte herabgesetzt werden müssen, kann es im Übrigen ebenfalls nicht durchgreifen.

185    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das schlichte Nichtbestreiten von Tatsachen durch das betroffene Unternehmen nicht zu den in Nr. 29 der Leitlinien beispielhaft aufgezählten mildernden Umständen gehört. Die bloße Tatsache, dass die Kommission im Einklang mit ihrer früheren Entscheidungspraxis oder auch mit früheren Fassungen der Leitlinien deshalb eine Ermäßigung der Geldbuße gewährte, lässt noch nicht den Schluss zu, dass sie den Klägerinnen eine entsprechende Ermäßigung hätte gewähren müssen. Zwar darf die Kommission im Allgemeinen und vorbehaltlich der oben in Rn. 164 dargelegten Erwägung nicht von den Regeln abweichen, die sie sich mit ihren Leitlinien selbst auferlegt hat (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Rn. 164 angeführt, Rn. 211; Urteil Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Rn. 164 angeführt, Rn. 44, und Urteil Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, oben in Rn. 164 angeführt, Rn. 146), doch steht es ihr frei, diese Regeln zu ändern oder zu ersetzen. In einem Fall, für den – wie für die streitige Zuwiderhandlung, die in zeitlicher Hinsicht unter die Leitlinien fällt – neue Regeln gelten, kann der Kommission die Nichtberücksichtigung eines in diesen neuen Regeln nicht vorgesehenen mildernden Umstands nicht allein aus dem Grund vorgeworfen werden, dass er in den alten Regeln vorgesehen war. Außerdem bedeutet die Tatsache, dass die Kommission in ihrer früheren Entscheidungspraxis bestimmte Gesichtspunkte bei der Bemessung der Geldbuße als mildernde Umstände angesehen hat, nicht, dass sie verpflichtet wäre, in einer späteren Entscheidung ebenfalls so zu verfahren (Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Mayr Melnhof/Kommission, T‑347/94, Slg. 1998, II‑1751, Rn. 368, vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T‑23/99, Slg. 2002, II‑1705, Rn. 337, und vom 12. Dezember 2012, Ecka Granulate und non ferrum Metallpulver/Kommission, T‑400/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, im Folgenden: Urteil Ecka, Rn. 59).

186    Zwar erlauben es die Leitlinien (Nr. 29 vierter Gedankenstrich), zugunsten des betroffenen Unternehmens einen mildernden Umstand anzuerkennen, wenn das Unternehmen außerhalb des Anwendungsbereichs der Kronzeugenregelung und über seine rechtliche Verpflichtung zur Zusammenarbeit hinaus aktiv mit der Kommission zusammenarbeitet. Nach ständiger Rechtsprechung ist jedoch eine Herabsetzung der Geldbuße aufgrund einer Zusammenarbeit während des Verwaltungsverfahrens nur dann gerechtfertigt, wenn das Verhalten des fraglichen Unternehmens es der Kommission ermöglicht hat, das Vorliegen einer Zuwiderhandlung leichter festzustellen und diese gegebenenfalls zu beenden (Urteile des Gerichtshofs vom 16. November 2000, SCA Holding/Kommission, C‑297/98 P, Slg. 2000, I‑10101, Rn. 36, und vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C‑328/05 P, Slg. 2007, I‑3921, Rn. 83; Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, BPB de Eendracht/Kommission, T‑311/94, Slg. 1998, II‑1129, Rn. 325).

187    Vorliegend haben die Klägerinnen jedoch nicht geltend gemacht, dass es, falls sie die ihnen vorgeworfenen Tatsachen bestritten hätten, für die Kommission schwieriger gewesen wäre, diese mittels einschlägiger Beweise nachzuweisen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach den Angaben in Rn. 335 der angefochtenen Entscheidung von Akzo Nobel über das Bestehen des streitigen Kartells informiert wurde. Anschließend hat Degussa ebenfalls eine Erklärung abgegeben, die darauf gerichtet war, in den Genuss der Kronzeugenregelung zu kommen, und in der sie der Kommission zusätzliche Informationen insbesondere über den Magnesium betreffenden Teil des Kartells gab, was zu einer Ermäßigung der ihr auferlegten Geldbuße führte, wie sich aus den Rn. 350 bis 356 der angefochtenen Entscheidung ergibt. Wie sich aus Fn. 143 zu Rn. 64 und aus Rn. 348 der angefochtenen Entscheidung ergibt, hatte die Kommission in den Räumlichkeiten eines anderen am Kartell beteiligten Unternehmens, nämlich TDR Metalurgija d.d., schriftliche Beweise in Bezug auf den Calciumcarbidpulver betreffenden Teil des Kartells und insbesondere in Bezug auf die erste dieses Produkt betreffende Zusammenkunft am 22. April 2004 sichergestellt. Zudem geht aus den Rn. 124 bis 135 und 155 bis 159 der angefochtenen Entscheidung und aus den Fußnoten, auf die sie verweisen, hervor, dass die Kommission auch über schriftliche Beweise in Bezug auf den Magnesium betreffenden Teil des Kartells verfügte, und zwar über Dokumente, die bei einer Nachprüfung in den Räumlichkeiten eines weiteren am Kartell beteiligten Unternehmens (der Gruppe, an deren Spitze Ecka Granulate stand) sichergestellt worden waren.

188    Hieraus ergibt sich, dass die Kommission über eine erhebliche Zahl von Beweisen für den den Klägerinnen zur Last gelegten Sachverhalt verfügte, sowohl in Form von Erklärungen anderer Kartellteilnehmer als auch in Form von Unterlagen, die eine, wenn auch bruchstückhafte, schriftliche Spur der verschiedenen Zusammenkünfte im Rahmen des Kartells und der bei diesen Zusammenkünften getroffenen Absprachen darstellten. Unter diesen Umständen ist, da die Klägerinnen nichts zum Beweis des Gegenteils vorgetragen haben, festzustellen, dass die Kommission jedenfalls in der Lage gewesen wäre, den den Klägerinnen zur Last gelegten Sachverhalt zu beweisen, wenn sie ihn bestritten hätten. Folglich kann ein solches Nichtbestreiten der Klägerinnen im vorliegenden Fall nicht als eine aktive Zusammenarbeit während des Verwaltungsverfahrens im Sinne von Nr. 29 vierter Gedankenstrich der Leitlinien und der oben in Rn. 186 angeführten Rechtsprechung angesehen werden und keine Ermäßigung der ihnen auferlegten Geldbuße rechtfertigen.

189    Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der zweite Teil und damit der vierte Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist.

 Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen die Art. 7 und 23 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen

190    Mit dem fünften Klagegrund machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe bei der Berechnung der ihnen auferlegten Geldbuße in mehrfacher Hinsicht gegen die Art. 7 und 23 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen verstoßen. Dieser Klagegrund ist in fünf Teile untergliedert. Mit dem ersten Teil wird gerügt, dass SKW fehlerhaft in zwei Unternehmensgruppen einbezogen worden sei, die für die Zahlung zweier verschiedener Geldbußen hafteten. Mit dem zweiten Teil wird die rechtswidrige Weigerung der Kommission gerügt, in Bezug auf die Klägerinnen mildernde Umstände anzuerkennen. Mit dem dritten Teil wird die Weigerung der Kommission gerügt, den Klägerinnen eine Ermäßigung der Geldbuße aufgrund der Zusammenarbeit von Degussa zu gewähren. Mit dem vierten Teil wird ein Verstoß gegen die Art. 7 und 23 der Verordnung Nr. 1/2003 und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerügt, da SKW als Gesamtschuldner für die wegen Wiederholungstäterschaft vorgenommene Erhöhung der Degussa auferlegten Geldbuße hafte. Mit dem fünften Teil wird die fälschliche Einbeziehung des in Nr. 25 der Leitlinien vorgesehenen Zusatzbetrags (im Folgenden: Eintrittsgebühr) in den Betrag der SKW Holding auferlegten Geldbuße gerügt.

 Zum ersten Teil, mit dem die fehlerhafte Einbeziehung von SKW in zwei für die Zahlung zweier verschiedener Geldbußen haftender Unternehmensgruppen gerügt wird

191    Nach Ansicht der Klägerinnen ist die gesamtschuldnerische Haftung von SKW für die Zahlung zweier verschiedener Geldbußen (siehe oben, Rn. 4) rechtswidrig. Da SKW in zwei verschiedenen „Haftungsverbänden“ aufgeführt werde, sei sie der Gefahr ausgesetzt, dass ihr Zahlungsverpflichtungen erwüchsen, die über den Betrag der Geldbuße hinausgingen, der von der Kommission nach ihren eigenen Leitlinien als angemessen anerkannt worden sei.

192    Aus Fn. 681 der angefochtenen Entscheidung ergebe sich zwar, dass die Kommission den Betrag der SKW aufzuerlegenden Geldbuße den Leitlinien entsprechend auf 13,3 Mio. Euro habe festsetzen wollen. Die Kommission berücksichtige jedoch nicht die Möglichkeit, dass dieser Betrag in dem keineswegs hypothetischen Fall überschritten werden könne, dass die anderen Unternehmen, die mit SKW als Gesamtschuldner hafteten, sich gegen sie wendeten, um die Erstattung der Beträge zu verlangen, die sie an die Kommission aufgrund der ihnen auferlegten Geldbußen gezahlt hätten. SKW sei somit der Gefahr ausgesetzt, einen Gesamtbetrag von bis zu 14,34 (13,3 + 1,04) Mio. Euro zu zahlen, was gegen die Leitlinien verstoße. Darüber hinaus genüge die angefochtene Entscheidung aufgrund dieser von der Kommission nicht berücksichtigten Möglichkeit nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit, Klarheit und Vorhersehbarkeit, die sich aus dem in Art. 49 der Charta der Grundrechte verankerten Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen ergäben.

193    Im Übrigen macht die Streithelferin geltend, die angefochtene Entscheidung enthalte eine widersprüchliche Begründung in Bezug auf die Frage der gesamtschuldnerischen Haftung von SKW für die Zahlung zweier verschiedener Geldbußen. Die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung eindeutig erklärt, dass SKW gesamtschuldnerisch für zwei Geldbußen in Höhe von 13,3 Mio. Euro und 1,04 Mio. Euro hafte, und sie habe ihr diese mit Art. 2 Buchst. f und g der Entscheidung auferlegt. Im Widerspruch dazu heiße es jedoch in Fn. 681 der angefochtenen Entscheidung, dass SKW für eine einzige Geldbuße verantwortlich sei und ihre kumulative gesamtschuldnerische Haftung mit anderen Adressaten der angefochtenen Entscheidung nicht über den Betrag von 13,3 Mio. Euro hinausgehe. Eine solch widersprüchliche Begründung entspreche nicht Art. 253 EG und rechtfertige die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung wegen Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift.

194    Das Gericht weist darauf hin, dass das einheitliche Marktverhalten eines Unternehmens es für die Anwendung des Wettbewerbsrechts rechtfertigt, dass die Gesellschaften oder ganz allgemein die Rechtssubjekte, die für das Verhalten dieses Unternehmens persönlich verantwortlich gemacht werden können, alle zur Zahlung der wegen dieser Zuwiderhandlung auferlegten Geldbuße verpflichtet werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 1972, Geigy/Kommission, 52/69, Slg. 1972, 787, Rn. 45, und Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, HFB u. a./Kommission, T‑9/99, Slg. 2002, II‑1487, Rn. 54, 524 und 525).

195    Der Begriff der gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Personen für die Zahlung ein und derselben Geldbuße, die zur Ahndung des wettbewerbswidrigen Marktverhaltens eines Unternehmens auferlegt wird, ermöglicht es der Kommission, von jeder dieser Personen die Zahlung der gesamten Geldbuße zu verlangen.

196    In dem besonderen Fall einer Gesellschaft, die wie vorliegend SKW nacheinander zu zwei verschiedenen Unternehmen gehörte, die beide an der Zuwiderhandlung beteiligt waren, erscheint es gerechtfertigt, ihr eine Geldbuße aufzuerlegen, die aus zwei gesonderten Beträgen für jeden der Zeiträume ihrer Zugehörigkeit zu diesen beiden Unternehmen besteht, um den Betrag, für den sie gesamtschuldnerisch mit den Gesellschaften haftet, die das erste Unternehmen bildeten, von dem Betrag zu unterscheiden, für den sie gesamtschuldnerisch mit den Gesellschaften haftet, die das zweite Unternehmen bildeten.

197    Daraus folgt, dass im vorliegenden Fall in Anbetracht der oben in Rn. 195 dargelegten Erwägung die Verhängung zweier verschiedener Geldbußen gegen SKW gerechtfertigt war. Der vorliegende Fall weist jedoch eine Besonderheit auf, da die Summe dieser beiden Geldbußen (14,34 Mio. Euro) den Höchstbetrag (13,3 Mio. Euro) übersteigt, für den SKW nach Fn. 681 der angefochtenen Entscheidung haftet.

198    Diese Besonderheit ist auf die Entscheidung der Kommission zurückzuführen, bei der Berechnung des Betrags der SKW, SKW Holding und Arques gesamtschuldnerisch aufzuerlegenden Geldbuße einen Multiplikator anzuwenden, der niedriger war als der, der nach Nr. 24 der Leitlinien hätte angewandt werden müssen. Nr. 24 sieht Folgendes vor:

„Um der Dauer der Mitwirkung der einzelnen Unternehmen an der Zuwiderhandlung in voller Länge Rechnung zu tragen, wird der nach dem Umsatz ermittelte Wert ... mit der Anzahl der Jahre multipliziert, die das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war. Zeiträume bis zu sechs Monaten werden mit einem halben, Zeiträume von mehr als sechs Monaten bis zu einem Jahr mit einem ganzen Jahr angerechnet.“

199    Im vorliegenden Fall geht aus der Tabelle in Rn. 280 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Dauer der Beteiligung von SKW an dem Calciumcarbidpulver betreffenden Teil des Kartells zwei Jahre und acht Monate betrug, während ihre Beteiligung an dem Magnesium betreffenden Teil des Kartells ein Jahr und sechs Monate dauerte. Die Dauer der Beteiligung von SKW Holding an dem Magnesium betreffenden Teil des Kartells war die gleiche wie bei SKW, während ihre Beteiligung an dem Calciumcarbidpulver betreffenden Teil des Kartells zwei Jahre und vier Monate dauerte. Schließlich dauerte nach dieser Tabelle die Beteiligung von Degussa und AlzChem Hart am Kartell vier Monate. Diese Angaben spiegeln die Tatsache wider, dass SKW vom Beginn des Calciumcarbidpulver betreffenden Teils des Kartells (22. April 2004; vgl. Rn. 55 der angefochtenen Entscheidung) bis zum 30. August 2004 Teil derselben wirtschaftlichen Einheit wie Degussa und AlzChem Hart war. In diesem Zeitraum war sie nach der angefochtenen Entscheidung ausschließlich an dem Calciumcarbidpulver betreffenden Teil des Kartells beteiligt. Die Kommission wirft ihr auch vor, an dem Magnesium betreffenden Teil des Kartells beteiligt gewesen zu sein. Diese Beteiligung betrifft jedoch einen Zeitraum nach dem 30. August 2004, da die in der angefochtenen Entscheidung angeführte erste Zusammenkunft für den Magnesium betreffenden Teil des Kartells am 14. Juli 2005 stattfand.

200    Aus den Ausführungen in den obigen Rn. 197 und 198 geht hervor, dass auf SKW wegen ihrer Beteiligung von zwei Jahren und acht Monaten an dem Calciumcarbidpulver betreffenden Teil des Kartells ein Multiplikator von 3 hätte angewandt werden müssen. Aus der Tabelle in Rn. 304 der angefochtenen Entscheidung geht jedoch hervor, dass die Kommission entschied, auf sie wegen ihrer Beteiligung an diesem Teil des Kartells einen Multiplikator von 2,5 anzuwenden. Da auf SKW Holding und Arques trotz der etwas kürzeren Dauer ihrer Beteiligung am Kartell derselbe Multiplikator angewandt wurde, wurde diesen beiden Unternehmen dieselbe Geldbuße (13,3 Mio. Euro) auferlegt. Wäre dagegen auf SKW für den Calciumcarbidpulver betreffenden Teil des Kartells ein Multiplikator von 3 angewandt worden, würde der Betrag der Geldbuße, die ihr auferlegt worden wäre, die Summe (14,34 Mio. Euro) der beiden Geldbußen übersteigen, für deren Zahlung SKW gesamtschuldnerisch haftet.

201    Insbesondere geht aus der Antwort der Kommission auf eine schriftliche Frage des Gerichts hervor, dass der für die Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße zugrunde gelegte genaue Wert der von SKW im Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung getätigten Verkäufe von Calciumcarbidpulver 16,848 Mio. Euro betrug. Der nach den NRn. 19 bis 23 der Leitlinien für die Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße zugrunde zu legende Anteil dieses Wertes wurde von der Kommission im vorliegenden Fall auf 17 % festgesetzt, wie aus Rn. 301 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht. Eine Beteiligung von SKW für zusätzliche sechs Monate an dem Calciumcarbidpulver betreffenden Teil der Zuwiderhandlung hätte daher nach Rundung eine Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße um 1,4 Mio. Euro bedeutet, wodurch der Grundbetrag der SKW aufzuerlegenden Geldbuße auf 14,7 Mio. Euro steigen würde.

202    Hieraus folgt, dass die einzige Abweichung von der in den Leitlinien dargelegten Methode zur Berechnung des Geldbußenbetrags, die der Kommission in Bezug auf SKW vorgeworfen werden könnte, SKW begünstigte. Wenn sich die Kommission strikt an die Leitlinien gehalten hätte, wäre SKW verpflichtet gewesen, als Geldbuße einen Betrag zu zahlen, der die Gesamtsumme der beiden Geldbußen übersteigen würde, für deren Zahlung sie in der angefochtenen Entscheidung gesamtschuldnerisch mit anderen Unternehmen haftbar gemacht wurde. Somit kann die Rüge der Klägerinnen, die Kommission habe gegen ihre eigenen Leitlinien verstoßen (siehe oben, Rn. 191), ihnen keinen Vorteil verschaffen und ist zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 15. März 1973, Marcato/Kommission, 37/72, Slg. 1973, 361, Rn. 7 und 8, und des Gerichts vom 17. Mai 2011, Arkema France/Kommission, T‑343/08, Slg. 2011, II‑2287, Rn. 48 und 49).

203    Ganz unabhängig von dieser Erwägung ist jedenfalls festzustellen, dass die Tatsache, dass SKW gesamtschuldnerisch für die Zahlung zweier verschiedener Geldbußen haftet oder – um den von den Klägerinnen benutzten Ausdruck aufzugreifen – dass sie in zwei verschiedenen „Haftungsverbänden“ aufgeführt wird, es nicht ausschließt, dass ihre Haftung gegenüber anderen Unternehmen, die wegen ihrer Beteiligung am streitigen Kartell mit Geldbußen belegt wurden, durch eine andere Rechtsgrundlage als die angefochtene Entscheidung für eine höhere Summe als den Betrag der ihr von der Kommission auferlegten Geldbuße (13,3 Mio. Euro) begründet wird.

204    Was insoweit zum einen die Möglichkeit, dass andere Unternehmen sich gegen SKW wenden und die Erstattung der von ihnen als Geldbuße an die Kommission gezahlten Beträge verlangen könnten, und zum anderen die von SKW zu den Akten gereichten dahin gehenden Schreiben von Arques und Degussa anbelangt, geht aus diesen Schreiben, ohne dass es auf die besonderen Umstände der darin angesprochenen Rechtsbehelfe ankäme, hervor, dass Arques und Degussa zur Stützung ihrer Ansprüche die Tatsache anführen, dass nach der angefochtenen Entscheidung ausschließlich die Mitarbeiter von SKW am Kartell beteiligt gewesen seien, an dem sie selbst nicht persönlich beteiligt gewesen seien. Folglich sind die genannten Rechtsbehelfe auf die etwaige vertragliche oder deliktische Haftung von SKW gegenüber diesen Unternehmen wegen der in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Beteiligung der Mitarbeiter bzw. der Geschäftsleitung von SKW am Kartell gestützt. Solche Rechtsbehelfe hätten die betreffenden Unternehmen auch dann vor den zuständigen nationalen Gerichten einlegen können, wenn in der angefochtenen Entscheidung keine gesamtschuldnerische Haftung von SKW für die Zahlung der gegen diese Unternehmen verhängten Geldbußen festgestellt worden wäre. Anders als SKW offenbar meint, bedeutet demzufolge die Tatsache, dass nach Fn. 681 der angefochtenen Entscheidung ihre Haftung gegenüber der Kommission für die Zahlung einer Geldbuße in keinem Fall 13,3 Mio. Euro übersteigen kann, nicht, dass sie von den zuständigen nationalen Gerichten nicht verpflichtet werden kann, wegen ihrer Beteiligung am streitigen Kartell an Dritte Summen zu zahlen, die über diesen Betrag hinausgehen. Solche Verpflichtungen betreffen nicht die Kommission, deren Zuständigkeit sich darauf beschränkt, die Sanktion zu verhängen, die ihr für die von ihr festgestellte Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln angemessen erscheint.

205    In Bezug auf das Vorbringen der Klägerinnen, Degussa und AlzChem Hart hätten in ihrer Klage gegen die angefochtene Entscheidung beim Gericht beantragt, den Teil der ihnen auferlegten Geldbuße zu erhöhen, für dessen Zahlung SKW gesamtschuldnerisch hafte, genügt der Hinweis, dass es sich um eine gesonderte Klage handelt, deren Anträge im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht geprüft werden können. Im Übrigen ist diese parallele Klage für die im vorliegenden Fall zu treffende Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Kommission, SKW gesamtschuldnerisch für die Zahlung zweier verschiedener Geldbußen haftbar zu machen, unerheblich, wie sich auch aus den vorstehenden Rn. 198 bis 203 ergibt. Jedenfalls hätte SKW, wenn sie der Ansicht sein sollte, dass sie im Rahmen der von Degussa und AlzChem Hart erhobenen Klage ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat, nach Art. 40 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 115 der Verfahrensordnung die Zulassung als Streithelferin beantragen können. Außerdem könnte SKW, falls das Urteil in der Rechtssache, die die Klage von Degussa und AlzChem Hart betrifft, die Rechte von SKW beeinträchtigen sollte, nach Art. 42 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 123 der Verfahrensordnung Drittwiderspruch gegen dieses Urteil erheben.

206    Das aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen hergeleitete Vorbringen der Klägerinnen kann ebenfalls nicht durchgreifen. In dieser Hinsicht ist zu beachten, dass der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen (nullum crimen, nulla poena sine lege), wie er insbesondere in Art. 49 Abs. 1 der Charta der Grundrechte verankert ist, verlangt, dass eine unionsrechtliche Regelung klar die Zuwiderhandlungen und die Sanktionen definiert (Urteil des Gerichtshofs vom 29. März 2011, ThyssenKrupp Nirosta/Kommission, C‑352/09 P, Slg. 2011, I‑2359, Rn. 80), aber der Anerkennung eines begrenzten Ermessens der Kommission bei der Festsetzung einer Geldbuße wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln nicht entgegensteht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, Slg. 2006, II‑897, Rn. 74 bis 76, und Urteil Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Rn. 164 angeführt, Rn. 35 und 36).

207    Ganz unabhängig von der letztgenannten Erwägung ist jedoch festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung die gegen SKW verhängte Sanktion eindeutig festlegt, da sie klarstellt, dass sich der Betrag der gegen sie verhängten Geldbuße auf 13,3 Mio. Euro beläuft und ihre Haftung in keinem Fall diesen Betrag übersteigen kann. Das fragliche Vorbringen der Klägerinnen beruht letztlich nur auf der Prämisse, dass SKW nicht verpflichtet sein kann, aufgrund ihrer Beteiligung am streitigen Kartell anderen Unternehmen Beträge zu zahlen, die über den Betrag der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung gegen sie verhängten Geldbuße hinausgehen. Diese Prämisse geht jedoch aus den oben in Rn. 204 dargelegten Gründen fehl.

208    Das Vorbringen der Streithelferin, dass die Begründung der angefochtenen Entscheidung widersprüchlich sei, kann schließlich ebenfalls nicht durchgreifen.

209    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der verfügende Teil eines Rechtsakts untrennbar mit seiner Begründung verbunden ist und erforderlichenfalls unter Berücksichtigung der Gründe ausgelegt werden muss, die zu seinem Erlass geführt haben (vgl. Beschluss des Gerichts vom 30. April 2007, EnBW Energie Baden-Württemberg/Kommission, T‑387/04, Slg. 2007, II‑1195, Rn. 127 und die dort angeführte Rechtsprechung).

210    Im vorliegenden Fall hat die Kommission, wie die Streithelferin geltend macht, im verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung zwar zwei verschiedene Geldbußen gegen SKW verhängt, indem sie SKW gesamtschuldnerisch mit verschiedenen anderen Unternehmen für die Zahlung jeder dieser Geldbußen haftbar machte, doch geht aus den Gründen der Entscheidung, auf denen ihr verfügender Teil notwendigerweise beruht, und insbesondere aus Fn. 681 eindeutig hervor, dass der von SKW als Geldbuße an die Kommission zu zahlende Betrag in keinem Fall 13,3 Mio. Euro übersteigen darf. Die letztgenannte Summe ist im Übrigen mit den verschiedenen Parametern vereinbar gewesen, die nach den Gründen der angefochtenen Entscheidung bei der Berechnung des Betrags der gegen SKW zu verhängenden Geldbuße berücksichtigt wurden, nämlich insbesondere die Umsätze, die sie im Zusammenhang mit dem Verstoß erzielte, und der Multiplikator, den die Kommission heranzog, um die Dauer der Beteiligung von SKW an den verschiedenen Teilen des Kartells widerzuspiegeln.

211    Im Licht dieser Gründe kann Art. 2 Buchst. f und g der angefochtenen Entscheidung nur dahin verstanden werden, dass die Kommission von SKW die Zahlung sowohl der Geldbuße von 13,3 Mio. Euro, für deren Zahlung sie gesamtschuldnerisch mit SKW Holding und Arques haftbar gemacht wurde, als auch der Geldbuße von 1,04 Mio. Euro, für deren Zahlung sie gesamtschuldnerisch mit Degussa und AlzChem Hart haftbar gemacht wurde, verlangen kann, wobei jedoch der Gesamtbetrag, den SKW aufgrund dieser beiden Geldbußen an die Kommission zu zahlen hat, in keinem Fall 13,3 Mio. Euro übersteigen darf.

212    Daher besteht kein Widerspruch zwischen den Gründen und dem verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung, so dass das gegenteilige Vorbringen der Streithelferin zurückzuweisen ist.

213    In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil, mit dem gerügt wird, dass die Weigerung der Kommission, den Klägerinnen mildernde Umstände zuzuerkennen, rechtswidrig sei

214    Im Rahmen des zweiten Teils wiederholen die Klägerinnen im Wesentlichen ihr oben in den Rn. 24 und 25 zusammengefasstes Vorbringen, dass Degussa auch noch nach der Übertragung des gesamten Kapitals von SKW an SKW Holding eine Kontrolle über SKW ausgeübt habe, und machen geltend, die Kommission hätte in der angefochtenen Entscheidung die Tatsachen berücksichtigen müssen, die in diesem Zusammenhang als mildernde Umstände vorgebracht worden seien.

215    In ihrer Klagebeantwortung hat die Kommission u. a. ausgeführt, dass das vorstehend zusammengefasste Vorbringen der Klägerinnen nicht belegt und bereits aus diesem Grund zurückzuweisen sei. Auf dieses Argument haben die Klägerinnen in ihrer Erwiderung entgegnet, die Kommission habe im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht, dass ihr Vorbringen durch keine Beweise belegt worden sei. Sie haben als Anlage zur Erwiderung bestimmte zusätzliche Beweise vorgelegt, um die sachliche Richtigkeit ihres Vorbringens darzutun. In der Gegenerwiderung hat die Kommission die Erheblichkeit dieser Beweise bestritten.

216    Im vorliegenden Fall ist es nicht erforderlich, zum Streit der Parteien über die sachliche Richtigkeit des vorstehend angeführten Vorbringens der Klägerinnen Stellung zu nehmen. Es genügt der Hinweis, dass es, selbst wenn man von seiner Richtigkeit ausgeht, keine Ermäßigung der den Klägerinnen auferlegten Geldbuße wegen mildernder Umstände rechtfertigen kann.

217    Insoweit ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung bei Zuwiderhandlungen, die von mehreren Unternehmen begangen worden sind, im Rahmen der Bemessung der Geldbußen die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen Unternehmens zu prüfen ist, wobei insbesondere festzustellen ist, welche Rolle jedes Unternehmen bei der Zuwiderhandlung während der Dauer seiner Beteiligung an ihr gespielt hat. Dies ist die logische Folge des Grundsatzes der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen, aufgrund dessen nur Handlungen eines Unternehmens geahndet werden dürfen, die ihm individuell zur Last gelegt werden; dieser Grundsatz gilt in allen Verwaltungsverfahren, die zu Sanktionen nach den Wettbewerbsregeln des Unionsrechts führen können (vgl. Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Rn. 277 und 278 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil Ecka, oben in Rn. 185 angeführt, Rn. 56).

218    Im Einklang mit diesen Erwägungen sieht Nr. 29 der Leitlinien eine Anpassung des Grundbetrags der Geldbuße aufgrund bestimmter mildernder Umstände vor, die den jeweiligen betroffenen Unternehmen zuzuordnen sind. Sie enthält insbesondere eine nicht abschließende Aufzählung mildernder Umstände, die berücksichtigt werden können (Urteil Ecka, oben in Rn. 185 angeführt, Rn. 57). Da diese Aufzählung nur Hinweischarakter hat, ist die Berücksichtigung anderer Umstände jedoch nicht ausgeschlossen, sofern mit ihnen bewiesen werden kann, dass die relative Schwere des Beitrags des Unternehmens zur Zuwiderhandlung geringer war (vgl. in diesem Sinne Urteil Novácke chemické závody/Kommission, oben in Rn. 165 angeführt, Rn. 94).

219    Im vorliegenden Fall entsprechen die von den Klägerinnen im Rahmen des vorliegenden Teils geltend gemachten Umstände keinem der fünf in Nr. 29 der Leitlinien mit Hinweischarakter genannten möglichen Fälle mildernder Umstände. Die Klägerinnen haben im Übrigen nicht vorgetragen, dass die Umstände, auf die sie sich berufen, einem dieser möglichen Fälle entsprächen.

220    Ferner haben die Klägerinnen zwar hinreichend detailliert dargelegt, wie Degussa ihrer Ansicht nach SKW auch nach der Übertragung ihres gesamten Kapitals an SKW Holding weiterhin „ferngesteuert“ haben soll, doch haben sie weder in ihren Schriftsätzen noch in der mündlichen Verhandlung die Gründe dargelegt, aus denen dieser Umstand die geringere Schwere des Beitrags dieser beiden Gesellschaften zur Zuwiderhandlung belegen können soll. Auch unter Berücksichtigung des Fehlens eines dahin gehenden Vorbringens ist festzustellen, dass die von den Klägerinnen angeführten Tatsachen einen solchen Schluss nicht zulassen.

221    Die Klägerinnen bestreiten nämlich nicht die direkte Beteiligung der Mitglieder der Geschäftsleitung bzw. des Personals von SKW am streitigen Kartell (siehe auch oben, Rn. 46). Insbesondere was Herrn N. anbelangt, den die Klägerinnen auch in diesem Zusammenhang erwähnen, machen sie zwar geltend, dass er formal bei Degussa angestellt gewesen sei, doch bestreiten sie nicht, dass er während des Zeitraums der Zuwiderhandlung de facto für SKW arbeitete (siehe auch oben, Rn. 45). SKW Holding ist, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 48), allein deshalb für die Zuwiderhandlung haftbar gemacht worden, weil sie mit SKW Teil derselben wirtschaftlichen Einheit war. Der letztgenannten Schlussfolgerung ist im Übrigen im Rahmen der Prüfung des zweiten Klagegrundes beigepflichtet worden.

222    Daher kann, selbst wenn man gelten ließe, dass Degussa, wie die Klägerinnen offenbar geltend machen, bestimmte Mitarbeiter von SKW dazu anstiftete, sich für SKW an der Zuwiderhandlung zu beteiligen, dieser Umstand allein nicht belegen, dass die Schwere des Beitrags von SKW (und demzufolge von SKW Holding) zur Zuwiderhandlung geringer war.

223    Außerdem haben die Klägerinnen nicht geltend gemacht, dass ihr Vorbringen zur Rolle von Degussa nach der Übertragung des gesamten Kapitals von SKW einen mildernden Umstand wegen Zusammenarbeit im Sinne von Nr. 29 vierter Gedankenstrich der Leitlinien darstellen könnte. Jedenfalls hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung keine Beteiligung von Degussa nach der Übertragung des Kapitals von SKW festgestellt, so dass in dieser Hinsicht von einer aktiven Zusammenarbeit der Klägerinnen nicht die Rede sein kann.

224    Die Klägerinnen tragen auch vor, dass Degussa der größte Teil der Gewinne aus dem Kartell zugeflossen sei, während SKW lediglich eine Provision auf den Nettoverkaufspreis erhalten habe. Ganz unabhängig von den oben in Rn. 160 hierzu angestellten Erwägungen ist festzustellen, dass die Klägerinnen nicht bestreiten, dass SKW einen Vorteil aus ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung gezogen hatte. Ohne dass geprüft zu werden braucht, welche Folgen es für Degussa hat, dass sie auch noch nach dem Ende des Zeitraums ihrer in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Beteiligung an der Zuwiderhandlung daraus einen Vorteil gezogen haben soll, genügt der Hinweis, dass diese Tatsache – ihr Zutreffen unterstellt – keineswegs beweist, dass die relative Schwere des Beitrags von SKW zur Zuwiderhandlung geringer war.

225    Jedenfalls ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Höhe der festgesetzten Geldbuße zwar in einem angemessenen Verhältnis zur Dauer der Zuwiderhandlung und zu den anderen in die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung einfließenden Faktoren stehen muss, zu denen der Gewinn gehört, den das betreffende Unternehmen aus seinem Verhalten ziehen konnte. Doch kann die Tatsache, dass ein Unternehmen aus der Zuwiderhandlung keinen Vorteil gezogen hat, der Verhängung einer Geldbuße nicht entgegenstehen, soll diese ihren abschreckenden Charakter nicht verlieren. Somit ist die Kommission nicht verpflichtet, bei der Bemessung der Geldbußen das Fehlen eines aus der betreffenden Zuwiderhandlung gezogenen Vorteils zu berücksichtigen (vgl. Urteil des Gerichts vom 25. Juni 2010, Imperial Chemical Industries/Kommission, T‑66/01, Slg. 2010, II‑2631, Rn. 443 und die dort angeführte Rechtsprechung).

226    Schließlich verweisen die Klägerinnen darauf, dass die Beteiligung von SKW an der Zuwiderhandlung vor ihrem Erwerb durch SKW Holding begonnen habe, als sie noch Teil derselben wirtschaftlichen Einheit wie Degussa gewesen sei. Ihrer Ansicht nach hätte die Kommission daher als mildernden Umstand berücksichtigen müssen, dass SKW Holding ein Unternehmen erworben habe, das bereits an einer Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei.

227    Auch dieses Vorbringen kann nicht durchgreifen. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 221), wurde SKW Holding allein deshalb für die Zuwiderhandlung haftbar gemacht, weil sie seit ihrem Erwerb des gesamten Kapitals von SKW zu derselben wirtschaftlichen Einheit wie SKW, des an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens, war. Die bloße Tatsache, dass diese Beteiligung schon vorher begonnen hatte, ist nicht zum Beweis dafür geeignet, dass die relative Schwere ihrer Fortsetzung während des Zeitraums, in dem SKW und SKW Holding eine wirtschaftliche Einheit bildeten, geringer war.

228    Folglich ist der zweite Teil des vorliegenden Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum dritten Teil, mit dem die Weigerung der Kommission gerügt wird, den Klägerinnen eine Ermäßigung der Geldbuße aufgrund der Zusammenarbeit von Degussa zu gewähren

229    Mit dem dritten Teil machen die Klägerinnen geltend, die Kommission hätte die ihnen auferlegte Geldbuße ebenso ermäßigen müssen, wie sie es bei Degussa aufgrund der Kronzeugenregelung getan habe.

230    Wie insoweit aus Rn. 350 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, hat Degussa am 26. Februar 2007 einen Antrag im Sinne der Kronzeugenregelung gestellt. Aus den Rn. 351 und 352 der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass Degussa der Kommission in diesem Zusammenhang Informationen mitteilte, die der Kommission den Nachweis des Sachverhalts der Zuwiderhandlung insbesondere in Bezug auf Magnesiumgranulat erleichterten. Die Kommission entschied daher, die Zusammenarbeit von Degussa mit einer 20%igen Ermäßigung der ihr aufzuerlegenden Geldbuße zu honorieren (Rn. 356 der angefochtenen Entscheidung). Da gegen AlzChem Hart dieselbe Geldbuße wie gegen Degussa verhängt wurde, erhielt sie dieselbe Ermäßigung.

231    Dagegen lehnte die Kommission in Rn. 357 der angefochtenen Entscheidung den Antrag von Arques auf Gewährung der Degussa gewährten Ermäßigung der Geldbuße ab. Hierzu hat sie Folgendes ausgeführt:

„[Arques] macht geltend, dass der von Degussa gestellte Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung auch [SKW und SKW Holding] (einschließlich [Arques]) zugutekommen müsse, da die von Degussa vorgelegten Beweismittel von einem Mitarbeiter stammten, der zu der Zeit, als das Kartell bestand, de facto für SKW tätig war ... Diesem Vorbringen kann nicht stattgegeben werden. Degussa stellte den Antrag in eigenem Namen und nicht im Namen von [SKW und SKW Holding].“

232    Die Klägerinnen werfen der Kommission insoweit eine widersprüchliche, je nach Zusammenhang unterschiedliche Auslegung des Begriffs des Unternehmens vor. Während die Kommission für die Anwendung von Art. 81 EG davon ausgegangen sei, dass SKW und Degussa zum selben Unternehmen gehört hätten, habe sie im Rahmen der Anwendung der Kronzeugenregelung nur Degussa eine Ermäßigung der Geldbuße gewährt, weil diese den Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung nur in eigenem Namen gestellt habe. Sie seien dadurch in ungerechtfertigter Weise benachteiligt worden.

233    Dieses Vorbringen kann nicht durchgreifen.

234    Zwar trifft es zu, dass sich die Kronzeugenregelung, wie die Klägerinnen ausführen, nach ihrem Wortlaut an Unternehmen richtet. Insbesondere geht aus Nr. 4 dieser Mitteilung hervor, dass die „Kommission der Auffassung [ist], dass die [Union] ein Interesse daran hat, Unternehmen, die mit ihr zusammenarbeiten, Rechtsvorteile zu gewähren“.

235    Vorab ist aber festzustellen, dass Degussa und SKW Holding nach der angefochtenen Entscheidung, der die Klägerinnen in diesem Punkt nicht widersprochen haben, nie zum selben Unternehmen gehörten.

236    In Bezug auf SKW ging die Kommission dagegen davon aus, dass sie bis zur Übertragung ihres gesamten Kapitals an SKW Holding am 30. August 2004 zum selben Unternehmen wie Degussa gehört habe. Ab diesem Zeitpunkt bildete sie, wie bereits festgestellt, bis zum Ende der Zuwiderhandlung mit SKW Holding eine wirtschaftliche Einheit.

237    Unter Berücksichtigung auch der oben in den Rn. 235 und 236 dargelegten Erwägungen ist festzustellen, dass es in der angefochtenen Entscheidung keinen Anhaltspunkt gibt, der die These der Klägerinnen bestätigen würde, dass die Kommission den Begriff des Unternehmens bei der Anwendung der Kronzeugenregelung anders ausgelegt habe als bei der Anwendung von Art. 81 EG. Dass SKW während des Zeitraums der Zuwiderhandlung zunächst mit Degussa und anschließend mit SKW Holding derselben wirtschaftlichen Einheit angehörte, wirft in Wirklichkeit kein Problem bei der Auslegung des Unternehmensbegriffs auf, der bei der Anwendung sowohl von Art. 81 EG als auch der Kronzeugenregelung offenkundig in gleicher Weise ausgelegt werden muss. Die sich stellende Frage geht dahin, welche Zusammensetzung eines Unternehmens bei der Anwendung der Kronzeugenregelung zugrunde zu legen ist, wenn sich, wie im vorliegenden Fall, seine Zusammensetzung ändert. Konkret geht es um die Frage, ob das Unternehmen in seiner Zusammensetzung zum Zeitpunkt des streitigen Sachverhalts oder in seiner Zusammensetzung zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Anwendung der Kronzeugenregelung in den Genuss der Kronzeugenregelung kommen muss.

238    Aus der Zielsetzung der Kronzeugenregelung geht hervor, dass die zweite dieser beiden Optionen zu wählen ist. Denn diese Regelung zielt, indem sie Unternehmen die Möglichkeit bietet, in den Genuss eines Erlasses oder einer Ermäßigung der Geldbuße zu kommen, darauf ab, sie zur Zusammenarbeit mit der Kommission zu veranlassen und somit die Maßnahmen zu erleichtern, die die Kommission trifft, um Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln abzustellen und zu ahnden. Angesichts dieser Zielsetzung ist es logisch, dass von der Zusammenarbeit nicht nur die Einheit profitiert, die den Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung gestellt hat, sondern auch das gesamte Unternehmen, dem sie angehört. Zum einen setzt, da es sich um eine wirtschaftliche Einheit handelt, deren Verhalten zentral festgelegt wird, die Zusammenarbeit einer der Einheiten, aus denen sie besteht, zwangsläufig die Zusammenarbeit der anderen Einheiten voraus, die zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Zusammenarbeit erbracht wird, zum selben Unternehmen gehören. Zum anderen würde, wenn eine Ermäßigung der Geldbuße nur einer einzigen der Einheiten eines Unternehmens gewährt würde, die alle für die Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht wurden, dieser Ermäßigung die praktische Wirksamkeit genommen, da das Unternehmen in jedem Fall die den übrigen Einheiten, aus denen sie besteht, auferlegte nicht ermäßigte Geldbuße tragen müsste.

239    Die Zielsetzung der Kronzeugenregelung rechtfertigt es dagegen nicht, dass die aufgrund der Kronzeugenregelung gewährte Ermäßigung der Geldbuße auch auf die Einheiten erstreckt wird, die zwar im Zeitpunkt der Zuwiderhandlung zu dem Unternehmen gehörten, dem auch die Einheit angehört, die mit der Kommission zusammenarbeitete, dieses Unternehmen jedoch vor Einreichung des Antrags auf Anwendung der Kronzeugenregelung verlassen haben.

240    Da am 26. Februar 2007, als Degussa einen Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung stellte (vgl. Rn. 350 der angefochtenen Entscheidung), weder SKW noch SKW Holding zum selben Unternehmen wie Degussa gehörten, können sie nicht in den Genuss der Degussa gewährten Ermäßigung der Geldbuße kommen (vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, T‑161/05, Slg. 2009, II‑3555, Rn. 75).

241    Die Klägerinnen machen ferner geltend, sie seien durch Degussa, die Herrn N. untersagt habe, mit ihnen zu reden, an einer Zusammenarbeit mit der Kommission gehindert worden. Herr L., der von Degussa „ferngesteuert“ werde, habe ihnen ebenfalls bestimmte Informationen vorenthalten. Außerdem kämen die Informationen, die Degussa der Kommission übermittelt habe, im Wesentlichen von Herrn N., hinsichtlich dessen die Kommission einräume, dass er, obwohl formal bei Degussa angestellt, für SKW tätig gewesen sei. Durch ihre Weigerung, all diese Gesichtspunkte zu berücksichtigen, beweise die Kommission erneut, dass sie sich mit dem Vorbringen der Klägerinnen in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht hinreichend auseinandergesetzt habe.

242    Diese Argumentation kann nicht durchgreifen. Weder aus der angefochtenen Entscheidung noch aus dem Akteninhalt geht hervor, dass die Klägerinnen beabsichtigten, mit der Kommission zusammenzuarbeiten. Insoweit ist hervorzuheben, dass die Klägerinnen zu keinem Zeitpunkt des Verwaltungsverfahrens einen Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung gestellt haben.

243    Ganz unabhängig von dieser Erwägung ist jedenfalls festzustellen, dass angesichts der oben in Rn. 238 dargelegten Zielsetzung der Kronzeugenregelung einem Unternehmen, das nicht aktiv mit der Kommission zusammengearbeitet hat, der in dieser Mitteilung vorgesehene Erlass oder die darin vorgesehene Ermäßigung der Geldbuße nicht zugutekommen kann. Insoweit ist es unerheblich, ob die unterbliebene Zusammenarbeit auf einen fehlenden Willen zur Zusammenarbeit oder aber auf objektive Gründe zurückgeht, die vom Willen der Verantwortlichen des betreffenden Unternehmens unabhängig sind. Aber auch im letztgenannten Fall ändert dies nichts daran, dass das fragliche Unternehmen nicht zusammengearbeitet hat und daher keinen Anspruch auf die für eine aktive Zusammenarbeit vorgesehenen Vergünstigungen erheben kann.

244    Zudem kann ein Unternehmen, das mit der Kommission zusammenarbeiten möchte, sich aber aus objektiven Gründen daran gehindert sieht, ihr Beweise zur Verfügung zu stellen, die ihr nützen könnten, die Kommission zumindest durch einen Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung vom Vorliegen dieser Beweise und der Gründe unterrichten, aus denen es sie ihr nicht selbst übermitteln kann.

245    Die vorstehenden Erwägungen führen zu dem Ergebnis, dass der Kommission nicht vorgeworfen werden kann, gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen zu haben, weil sie sich weigerte, die Degussa gewährte Ermäßigung der Geldbuße auf die Klägerinnen zu erstrecken. Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes, wie er in der Rechtsprechung definiert ist (siehe oben, Rn. 153), ist festzustellen, dass, da die Klägerinnen nicht zum selben Unternehmen wie Degussa gehörten, als diese mit der Kommission zusammenarbeitete, und keine entsprechende Zusammenarbeit erbrachten, ihre Situation nicht vergleichbar war, so dass der Grundsatz der Gleichbehandlung kein Hindernis dafür war, sie in Bezug auf diese Ermäßigung anders zu behandeln als Degussa.

246    Der dritte Teil des vorliegenden Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

 Zum vierten Teil, mit dem ein Verstoß gegen die Art. 7 und 23 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerügt wird, der darin bestehen soll, dass SKW gesamtschuldnerisch für die wegen Wiederholungstäterschaft vorgenommene Erhöhung der Degussa auferlegten Geldbuße hafte

247    Im Rahmen des vierten Teils machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe gegen die Art. 7 und 23 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen, weil sie SKW und infolgedessen SKW Holding eine größere finanzielle Belastung auferlegt habe, da der Grundbetrag der gegen Degussa verhängten Geldbuße, für deren Zahlung SKW gesamtschuldnerisch hafte, wegen Wiederholungstäterschaft um 50 % erhöht worden sei.

248    Dieser Teil beruht auf einer falschen Prämisse und ist daher als unbegründet zurückzuweisen. Wie die Kommission zu Recht ausführt, haftet SKW nach Art. 2 Buchst. g der angefochtenen Entscheidung nur für einen Teil der gegen Degussa verhängten Geldbuße, der 1,04 Mio. Euro beträgt. Dieser Betrag berücksichtigt weder die wegen Wiederholungstäterschaft vorgenommene Erhöhung der gegen Degussa verhängten Geldbuße, noch, wie die Kommission klarstellt, die Eintrittsgebühr (siehe auch oben, Rn. 147), die zur Abschreckung in die gegen Degussa verhängte Geldbuße einbezogen wurde.

249    Aus der Tabelle in Rn. 308 der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass sich der Grundbetrag der gegen Degussa zu verhängenden Geldbuße, vor Erhöhung wegen Wiederholungstäterschaft (um die es in Rn. 332 der angefochtenen Entscheidung geht), auf 3,9 Mio. Euro belief. Aus der Tabelle in Rn. 304 der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass Degussa ein Multiplikator von 0,5 auferlegt wurde, der die Dauer ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung widerspiegeln soll. Daraus folgt, dass zwei Drittel des genannten Betrags von 3,9 Mio. Euro (d. h. 2,6 Mio. Euro) die Eintrittsgebühr darstellen (die einem Multiplikator von 1 entspricht) und ein Drittel (d. h. 1,3 Mio. Euro) den Teil des Betrags der Geldbuße, der der Dauer der Beteiligung von Degussa an der Zuwiderhandlung entspricht. Der letztgenannte Betrag von 1,3 Mio. Euro, herabgesetzt um 20 %, um die Zusammenarbeit von Degussa mit der Kommission widerzuspiegeln (vgl. Rn. 356 der angefochtenen Entscheidung), entspricht dem Betrag von 1,04 Mio. Euro, für dessen Zahlung SKW gesamtschuldnerisch mit Degussa haftet.

250    Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der vierte Teil des vorliegenden Klagegrundes ebenfalls nicht durchgreifen kann.

 Zum fünften Teil, mit dem die fälschliche Einbeziehung der Eintrittsgebühr in den Betrag der SKW Holding auferlegten Geldbuße gerügt wird

251    Mit dem fünften Teil des fünften Klagegrundes werfen die Klägerinnen der Kommission vor, gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verstoßen zu haben, weil sie in den Betrag der SKW Holding auferlegten Geldbuße die Eintrittsgebühr einbezogen habe. Nach Nr. 25 der Leitlinien solle die Eintrittsgebühr die Unternehmen davon abschrecken, sich an horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung von Märkten und Mengeneinschränkungen zu beteiligen. Eine solche Abschreckung sei aber in Bezug auf SKW Holding, die als Finanzinvestorin in vollkommener Unkenntnis ein bereits in das Kartell verwickeltes Unternehmen (SKW) erworben habe, sinnlos. Folglich sei es nicht erforderlich gewesen, in den Betrag der gegen SKW Holding zu verhängenden Geldbuße die Eintrittsgebühr einzubeziehen, „da [SKW Holding] weder willentlich noch aus Nachlässigkeit an einer rechtswidrigen Handlung beteiligt war, sondern die [Kommission] ihr lediglich eine Zuwiderhandlung zurechnen möchte“. Deshalb hätte der Betrag der gegen SKW Holding zu verhängenden Geldbuße 2,488 Mio. Euro nicht übersteigen dürfen.

252    Die Klägerinnen hatten in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ein entsprechendes Vorbringen geltend gemacht, das in Rn. 307 der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen wurde. In dieser Randnummer heißt es:

„[SKW] macht geltend, dass der zur Abschreckung hinzugefügte Betrag nur denjenigen juristischen Personen auferlegt werden sollte, die unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligt waren ... Die Geldbußen werden jedoch gegen Unternehmen verhängt, und die Kommission setzt, nachdem sie die Zuwiderhandlung nachgewiesen hat, eine Geldbuße fest und benennt die juristischen Personen innerhalb des Unternehmens, die für die Zahlung dieser Geldbuße verantwortlich sind. Für die Berechnung der Geldbuße macht sie keinen Unterschied zwischen diesen juristischen Personen ...“

253    Wie die Kommission in Rn. 307 der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt hat, beruht das den vorliegenden Teil betreffende Vorbringen auf einer falschen Prämisse, da verkannt wird, dass gegen SKW Holding eine Geldbuße verhängt wurde, weil sie zu demselben Unternehmen wie SKW gehörte und deshalb als unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligt gilt (siehe oben, Rn. 82; vgl. auch in diesem Sinne Urteil Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Rn. 164 angeführt, Rn. 74). Andernfalls wäre nämlich nicht nur die Einbeziehung der Eintrittsgebühr in den Betrag der gegen SKW Holding verhängten Geldbuße rechtswidrig, sondern die Verhängung einer Geldbuße gegen dieses Unternehmen als solche. Im Übrigen ist, wie bereits ausgeführt, der zweite Klagegrund, mit dem sich SKW Holding gegen die Schlussfolgerung in der angefochtenen Entscheidung wendet, dass sie während des größten Teils des Zeitraums der Zuwiderhandlung zu demselben Unternehmen wie SKW gehörte, zurückzuweisen.

254    Die Klägerinnen werfen der Kommission ferner vor, von ihrem Ermessen bei der Bestimmung des für die Festsetzung der Eintrittsgebühr angemessenen Prozentsatzes keinen Gebrauch gemacht zu haben. Sie verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass die Kommission in einer Entscheidung in einer anderen Sache diesen Prozentsatz trotz längerer Dauer der Zuwiderhandlung als im vorliegenden Fall auf 15 % der mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang stehenden Umsätze festgesetzt habe.

255    Auch dieses Vorbringen kann nicht durchgreifen. Der Verweis der Klägerinnen auf eine Entscheidung der Kommission in einer anderen Sache ist von vornherein als unerheblich zurückzuweisen (siehe oben, Rn. 86).

256    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass es in Nr. 25 der Leitlinien heißt: „Bei der Entscheidung, welcher Anteil am Umsatz [für die Festsetzung der Eintrittsgebühr] zugrunde zu legen ist, berücksichtigt die Kommission mehrere Umstände, u. a. die in [Nummer] 22 genannten“. Nach Nr. 22 gehören zu den bei der Bestimmung der genauen Höhe innerhalb der Bandbreite des Umsatzes zu berücksichtigenden Umständen u. a. die Art der Zuwiderhandlung, der kumulierte Marktanteil sämtlicher beteiligter Unternehmen, der Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und die etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis. Nach Nr. 25 Satz 1 der Leitlinien reicht die für die Festsetzung der Eintrittsgebühr heranzuziehende Bandbreite des Umsatzes von 15 % bis 25 %.

257    Im vorliegenden Fall ist erstens darauf hinzuweisen, dass es sich bei der streitigen Zuwiderhandlung, wie die Kommission in Rn. 294 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, ohne dass die Klägerinnen dem widersprochen haben, „um ein mehrere Aspekte betreffendes Kartell [handelte], das Marktaufteilung, Kundenzuordnung, horizontale Preis- und Quotenfestsetzungen und den Austausch vertraulicher Informationen über Preise, Kunden und Mengen umfasste. Eine solche Zuwiderhandlung gehört ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen, da sie einen Eingriff in die wesentlichen Wettbewerbsparameter darstellt.“

258    Zweitens ist in Bezug auf den kumulierten Marktanteil sämtlicher beteiligter Unternehmen und den Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes darauf hinzuweisen, dass die streitige Zuwiderhandlung, wie aus Art. 1 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, den gesamten EWR außer Irland, Spanien, Portugal und dem Vereinigten Königreich betraf. Ferner geht aus der Tabelle in Rn. 46 der angefochtenen Entscheidung, deren Angaben die Klägerinnen ebenso wenig widersprochen haben, hervor, dass der kumulierte Marktanteil der an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen bei Calciumcarbidpulver mindestens 80 %, bei Calciumcarbidgranulat 65 % und bei Magnesium 70 % betrug.

259    Drittens schließlich sind die von der Zuwiderhandlung betroffenen Vereinbarungen und Verhaltensweisen im Allgemeinen umgesetzt worden, wie aus der angefochtenen Entscheidung gefolgert werden kann und von den Klägerinnen im Übrigen nicht in Abrede gestellt worden ist.

260    Die oben in den Rn. 257 bis 259 genannten Umstände sprachen deshalb im vorliegenden Fall bei der Festsetzung der Eintrittsgebühr für die Wahl eines im oberen Bereich der oben in Rn. 256 genannten Bandbreite liegenden Anteils an den mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang stehenden Umsätzen.

261    In ihren Schriftsätzen streiten die Verfahrensbeteiligten auch darüber, ob die Dauer der Zuwiderhandlung insoweit ebenfalls zu berücksichtigen ist. Die Kommission weist zu Recht darauf hin, dass sich die Dauer der Mitwirkung der einzelnen Unternehmen an der Zuwiderhandlung in dem Bestandteil des Grundbetrags widerspiegelt, der anhand der Zahl der Jahre ihrer Beteiligung ermittelt wird (Nr. 24 der Leitlinien), und dass die Eintrittsgebühr nach dem Wortlaut von Nr. 25 der Leitlinien „unabhängig von der Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung“ festzusetzen ist. In Bezug auf die Dauer der Zuwiderhandlung selbst (unabhängig von der Dauer der Beteiligung der einzelnen Unternehmen an ihr) ist festzustellen, dass diese Nummer der Leitlinien der Kommission einen gewissen Handlungsspielraum in Bezug auf die für die Festsetzung der Eintrittsgebühr zu berücksichtigenden Umstände belässt; daher kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass sie in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden könnte. Selbst wenn man davon ausgeht, dass sie hätte berücksichtigt werden müssen, beträgt sie im vorliegenden Fall jedoch ungefähr 33 Monate (vom 22. April 2004 bis zum 16. Januar 2007; vgl. Art. 1 der angefochtenen Entscheidung) und stellt ebenfalls keinen Umstand dar, der bei der Festsetzung der Eintrittsgebühr für die Wahl eines Prozentsatzes im unteren Bereich der relevanten Bandbreite spricht.

262    Aus diesen Erwägungen geht hervor, dass es nicht zu beanstanden ist, dass die Kommission bei der Festsetzung der Eintrittsgebühr einen Satz von 17 % und keinen niedrigeren Prozentsatz wählte. Da im Übrigen das Gericht nach Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 in diesem Bereich eine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung hat und u. a. die festgesetzte Geldbuße aufheben oder herabsetzen kann, ist in Anbetracht dieser Erwägungen der genannte Prozentsatz nicht herabzusetzen, sondern ebenso wie der Betrag der den Klägerinnen auferlegten Geldbuße unverändert beizubehalten.

263    Daher sind der fünfte Teil des fünften Klagegrundes und folglich dieser Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003

264    Mit dem sechsten Klagegrund werfen die Klägerinnen der Kommission vor, gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen zu haben, weil sie in der angefochtenen Entscheidung den Höchstbetrag der Geldbußen, für dessen Zahlung SKW hafte, auf 13,3 Mio. Euro festgesetzt habe. Die Klägerinnen tragen vor, SKW habe im letzten vollen Geschäftsjahr vor Erlass der angefochtenen Entscheidung, dem Jahr 2008, einen Gesamtumsatz von 62,232 Mio. Euro erzielt, und infolgedessen dürfe, selbst wenn man allen übrigen im Rahmen der vorliegenden Klage vorgebrachten Gründen nicht folgen wolle, der Betrag der ihr aufzuerlegenden Geldbuße 6,2232 Mio. Euro nicht übersteigen.

265    Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 sieht vor, dass die Kommission „gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen [kann]“, insbesondere „wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig gegen Artikel 81 [EG] oder Artikel 82 [EG] verstoßen“. Nach Unterabs. 2 darf jedoch „[d]ie Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung ... 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen“.

266    Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet der Umstand, dass mehrere Gesellschaften gesamtschuldnerisch zur Zahlung einer Geldbuße verpflichtet sind, weil sie ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, hinsichtlich der Anwendung der in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Obergrenze nicht, dass die Verpflichtung jeder dieser Gesellschaften auf 10 % ihres Umsatzes im letzten Geschäftsjahr beschränkt wäre. Die in dieser Bestimmung festgelegte Obergrenze von 10 % ist nämlich anhand des gesamten Umsatzes aller Gesellschaften zu ermitteln, aus denen die als Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG auftretende wirtschaftliche Einheit besteht, da nur der Gesamtumsatz der ihr angehörenden Gesellschaften die Größe und die Wirtschaftskraft des fraglichen Unternehmens widerspiegeln kann (vgl. Urteil vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 93 angeführt, Rn. 90 und die dort angeführte Rechtsprechung).

267    Die von den Klägerinnen in ihrer Erwiderung angesprochene Hypothese einer nach Erlass der angefochtenen Entscheidung eintretenden Auflösung der wirtschaftlichen Einheit, die das fragliche Unternehmen bildet, kann zu keinem anderen Ergebnis führen, da der angemessene Betrag der zu verhängenden Geldbuße auf der Grundlage der zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung bestehenden Situation zu bestimmen ist und nicht auf der Grundlage bloßer Hypothesen im Hinblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen.

268    Im vorliegenden Fall ging die Kommission, wie bereits im Rahmen der Prüfung des zweiten Klagegrundes ausgeführt worden ist, zu Recht davon aus, dass SKW und SKW Holding ein einziges Unternehmen bildeten. Daher waren nach der oben in Rn. 266 angeführten Rechtsprechung bei der Berechnung der in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Obergrenze der Geldbuße ihre gesamten Umsätze zu berücksichtigen. Wie aus Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung, der die Klägerinnen nicht widersprochen haben, hervorgeht, betrug sie im letzten vollen Geschäftsjahr vor Erlass der angefochtenen Entscheidung 377 Mio. Euro. Daraus folgt, dass die Kommission nicht gegen die genannte Bestimmung verstoßen hat, so dass der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen ist. Im Übrigen hält das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung des Betrags der den Klägerinnen auferlegten Geldbuße diesen Betrag in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere soweit sie mit Schwere und Dauer der von der Kommission festgestellten Zuwiderhandlung sowie den wirtschaftlichen Ressourcen der Klägerinnen zusammenhängen, jedenfalls für angemessen. Daher ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

269    Nach Art. 87 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen gemäß den Anträgen der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

270    Da die Kommission nicht beantragt hat, die ihr durch die Streithilfe entstandenen Kosten der Streithelferin aufzuerlegen, hat die Streithelferin lediglich ihre eigenen Kosten zu tragen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die SKW Stahl-Metallurgie Holding AG und die SKW Stahl-Metallurgie GmbH tragen neben ihren eigenen Kosten die Kosten, die der Europäischen Kommission entstanden sind.

3.      Die Gigaset AG trägt ihre eigenen Kosten.

Czúcz

Labucka

Gratsias

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 23. Januar 2014.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Vorgeschichte des Rechtsstreits

Verfahren und Vorbringen der Beteiligten

Rechtliche Würdigung

Zum ersten Klagegrund: Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör

Zum zweiten Klagegrund: fehlerhafte Anwendung von Art. 81 EG

Wiedergabe der einschlägigen Rechtsprechung

Angefochtene Entscheidung

Zum ersten Teil, mit dem gerügt wird, dass die Verantwortung für die von SKW begangene Zuwiderhandlung rechtsfehlerhaft SKW Holding zugerechnet worden sei

Zu den Teilen zwei bis vier, mit denen gerügt wird, die Kommission habe den Sachverhalt fehlerhaft gewürdigt, einen Rechtsfehler begangen, da sie an die Widerlegung der kapitalbezogenen Vermutung unerfüllbare Anforderungen gestellt habe, und gegen ihre Pflicht, den relevanten Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, verstoßen

Zu der aus dem Urteil Siemens hergeleiteten und in der mündlichen Verhandlung erhobenen Rüge

Zum dritten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht

Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung durch Ungleichbehandlung von SKW im Verhältnis zu Almamet

Zum ersten Teil, der den bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße herangezogenen Umsatz betrifft

Zum zweiten Teil, der die Almamet gewährte außerordentliche Geldbußenermäßigung in Höhe von 20 % betrifft

Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen die Art. 7 und 23 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen

Zum ersten Teil, mit dem die fehlerhafte Einbeziehung von SKW in zwei für die Zahlung zweier verschiedener Geldbußen haftender Unternehmensgruppen gerügt wird

Zum zweiten Teil, mit dem gerügt wird, dass die Weigerung der Kommission, den Klägerinnen mildernde Umstände zuzuerkennen, rechtswidrig sei

Zum dritten Teil, mit dem die Weigerung der Kommission gerügt wird, den Klägerinnen eine Ermäßigung der Geldbuße aufgrund der Zusammenarbeit von Degussa zu gewähren

Zum vierten Teil, mit dem ein Verstoß gegen die Art. 7 und 23 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerügt wird, der darin bestehen soll, dass SKW gesamtschuldnerisch für die wegen Wiederholungstäterschaft vorgenommene Erhöhung der Degussa auferlegten Geldbuße hafte

Zum fünften Teil, mit dem die fälschliche Einbeziehung der Eintrittsgebühr in den Betrag der SKW Holding auferlegten Geldbuße gerügt wird

Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003

Kosten


* Verfahrenssprache: Deutsch.