Language of document : ECLI:EU:T:2014:1079

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

12. Dezember 2014(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Markt für Paraffinwachse – Abstimmung und Erhöhung der Preise – Preisfestsetzung – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006 – Verteidigungsrechte – Nachweis der Zuwiderhandlung – Verjährung“

In der Rechtssache T‑550/08

Tudapetrol Mineralölerzeugnisse Nils Hansen KG mit Sitz in Hamburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen U. Itzen und J. Ziebarth und Professor S. Thomas,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Antoniadis und R. Sauer als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K (2008) 5476 endg. der Kommission vom 1. Oktober 2008 in einem Verfahren nach Artikel 8l [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39181 – Kerzenwachse), soweit sie die Klägerin betrifft, hilfsweise Herabsetzung der gegen diese verhängten Geldbuße

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz (Berichterstatter), der Richterin I. Labucka und des Richters D. Gratsias,

Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. April 2012

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

 Verwaltungsverfahren und Erlass der angefochtenen Entscheidung

1        Mit der Entscheidung K (2008) 5476 endg. vom 1. Oktober 2008 in einem Verfahren nach Artikel 8l [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39181 – Kerzenwachse) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) stellte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften fest, dass die Klägerin, die Tudapetrol Mineralölerzeugnisse Nils Hansen KG (im Folgenden: Tudapetrol), gemeinsam mit anderen Unternehmen eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG und gegen Art. 53 Abs. 1 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) begangen habe, indem sie sich an einem Kartell auf dem EWR-Markt für Paraffinwachse und dem deutschen Markt für Paraffingatsch beteiligt habe.

2        Die angefochtene Entscheidung ist an folgende Gesellschaften gerichtet: die Eni SpA, die Esso Deutschland GmbH, die Esso Société Anonyme Française, die ExxonMobil Petroleum and Chemical BVBA und die Exxon Mobil Corp. (im Folgenden zusammen: ExxonMobil), die H&R ChemPharm GmbH, die H&R Wax Company Vertrieb GmbH und die Hansen & Rosenthal KG (im Folgenden zusammen: H&R), Tudapetrol, die MOL Nyrt., die Repsol YPF Lubricantes y Especialidades SA, die Repsol Petróleo SA und die Repsol YPF SA (im Folgenden zusammen: Repsol), die Sasol Wax GmbH, die Sasol Wax International AG, die Sasol Holding in Germany GmbH und die Sasol Ltd (im Folgenden zusammen: Sasol), die Shell Deutschland Oil GmbH, die Shell Deutschland Schmierstoff GmbH, die Deutsche Shell GmbH, die Shell International Petroleum Company Ltd, die Shell Petroleum Company Ltd, die Shell Petroleum NV und die Shell Transport and Trading Company Ltd (im Folgenden zusammen: Shell), die RWE Dea AG und die RWE AG (im Folgenden zusammen: RWE) sowie die Total SA und die Total France SA (im Folgenden zusammen: Total) (Rn. 1 der angefochtenen Entscheidung).

3        Paraffinwachse werden in Raffinerien aus Rohöl hergestellt. Sie werden für die Herstellung von Produkten wie Kerzen, Chemikalien, Reifen und Erzeugnissen der Automobilindustrie sowie in der Kautschuk-, Verpackungs-, Klebstoff- und Kaugummiindustrie eingesetzt (Rn. 4 der angefochtenen Entscheidung).

4        Bei der Herstellung von Paraffinwachsen dient Paraffingatsch als Ausgangsmaterial. Es fällt in Raffinerien als Nebenprodukt bei der Herstellung von Mineralölen aus Rohöl an. Es wird auch an Endabnehmer, z. B. an Hersteller von Spanplatten, verkauft (Rn. 5 der angefochtenen Entscheidung).

5        Die Kommission begann ihre Untersuchung, nachdem Shell Deutschland Schmierstoffe sie mit Schreiben vom 17. März 2005 über das Bestehen eines Kartells informiert hatte und bei ihr einen Antrag auf Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3) (im Folgenden: Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002) gestellt hatte (Rn. 72 der angefochtenen Entscheidung).

6        Am 28. und 29. April 2005 führte die Kommission gemäß Art. 20 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) Nachprüfungen in den Räumlichkeiten von „H&R/Tudapetrol“, Eni und MOL sowie der Gesellschaften der Sasol-, der ExxonMobil-, der Repsol- und der Total-Gruppe durch (Rn. 75 der angefochtenen Entscheidung).

7        Zwischen dem 25. und 29. Mai 2007 richtete die Kommission an die oben in Rn. 2 genannten Gesellschaften, darunter die Klägerin, eine Mitteilung der Beschwerdepunkte (Rn. 85 der angefochtenen Entscheidung). Mit Schreiben vom 14. August 2007 übersandten die Klägerin und die zur H&R-Gruppe gehörenden Gesellschaften eine gemeinsame Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte.

8        Am 10. und 11. Dezember 2007 hielt die Kommission eine mündliche Anhörung ab, bei der die Gesellschaften der H&R-Gruppe und Tudapetrol gemeinsam vertreten waren (Rn. 91 der angefochtenen Entscheidung).

9        In der angefochtenen Entscheidung vertritt die Kommission aufgrund der ihr vorliegenden Beweise die Ansicht, dass die Adressaten – die meisten Paraffinwachs- und Paraffingatschhersteller im EWR – an einer einzigen, komplexen und fortdauernden Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen teilgenommen hätten, die den EWR betroffen habe. Die Zuwiderhandlung habe in Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestanden, die darauf abgezielt hätten, auf dem Markt für Paraffinwachse Preise festzusetzen und kommerziell empfindliche Informationen auszutauschen und offenzulegen (im Folgenden: Haupttatkomplex). Im Fall von RWE (später Shell), ExxonMobil, MOL, Repsol, Sasol und Total habe die Zuwiderhandlung auch darin bestanden, Paraffinwachs-Kunden und ‑Märkte aufzuteilen (im Folgenden: zweiter Tatkomplex). Die von RWE, ExxonMobil, Sasol und Total begangene Zuwiderhandlung habe auch auf dem deutschen Markt an Endabnehmer verkauftes Paraffingatsch betroffen (im Folgenden: Tatkomplex Paraffingatsch) (Rn. 2, 95 und 328 und Art. 1 der angefochtenen Entscheidung).

10      Die rechtswidrigen Verhaltensweisen seien konkret bei wettbewerbswidrigen Treffen, die von den Teilnehmern als „technische Treffen“ oder mitunter als „Blauer Salon“ bezeichnet worden seien, und bei „Paraffingatsch-Treffen“ erfolgt, die speziell Fragen zum Paraffingatsch gewidmet gewesen seien.

11      Die im vorliegenden Fall verhängten Geldbußen wurden auf der Grundlage der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006) berechnet, die zum Zeitpunkt der Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte an die oben in Rn. 2 genannten Gesellschaften gegolten haben.

12      Die angefochtene Entscheidung enthält u. a. folgende Bestimmungen:

Artikel 1

Die folgenden Unternehmen haben eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 [EG] und – seit dem 1. Januar 1994 – gegen Artikel 53 EWR-Abkommen begangen, indem sie sich in den jeweils genannten Zeiträumen an einer fortdauernden Vereinbarung und/oder einer fortdauernden abgestimmten Verhaltensweise im Paraffinwachssektor auf dem Gemeinsamen Markt und, seit 1. Januar 1994, im Europäischen Wirtschaftsraum beteiligten:

Tudapetrol Mineralölerzeugnisse Nils Hansen KG: vom 24. März 1994 bis zum 30. Juni 2002;

H&R Wax Company Vertrieb GmbH: vom 1. Januar 2001 bis zum 28. April 2005;

Hansen & Rosenthal KG: vom 1. Januar 2001 bis zum 28. April 2005;

H&R ChemPharm GmbH: vom 1. Juli 2001 bis zum 28. April 2005;

Artikel 2

Für die in Artikel 1 genannte Zuwiderhandlung werden folgende Geldbußen festgesetzt:

ENI S.p.A.: 29 120 000 EUR;

Esso Société Anonyme Française: 83 588 400 EUR,

davon gesamtschuldnerisch mit

ExxonMobil Petroleum and Chemical B.V.B.A. und Exxon Mobil Corporation: 34 670 400 EUR, davon gesamtschuldnerisch mit Esso Deutschland GmbH: 27 081 600 EUR;

Tudapetrol Mineralölerzeugnisse Nils Hansen KG: 12 000 000 EUR;

Hansen & Rosenthal KG gesamtschuldnerisch mit … H&R Wax Company Vertrieb GmbH: 24 000 000 EUR,

davon gesamtschuldnerisch mit

H&R ChemPharm GmbH: 22 000 000 EUR;

MOL Nyrt.: 23 700 000 EUR;

Repsol YPF Lubricantes y Especialidades S.A. gesamtschuldnerisch mit Repsol Petróleo S.A. und Repsol YPF S.A.: 19 800 000 EUR;

Sasol Wax GmbH: 318 200 000 EUR,

davon gesamtschuldnerisch mit

Sasol Wax International AG, Sasol Holding in Germany GmbH und Sasol [Ltd]: 250 700 000 EUR;

Shell Deutschland Oil GmbH, Shell Deutschland Schmierstoff GmbH, Deutsche Shell GmbH, Shell International Petroleum Company Limited, [T]he Shell Petroleum Company Limited, Shell Petroleum N.V. und [T]he Shell Transport and Trading Company Limited: 0 EUR;

RWE-Dea AG gesamtschuldnerisch mit RWE AG: 37 440 000 EUR;

Total France S.A. gesamtschuldnerisch mit Total S.A.: 128 163 000 EUR.“

 Verhältnis zwischen der H&R-Gruppe und Tudapetrol

13      In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission festgestellt:

„(22) Die [H&R-]Gruppe … handelt weltweit mit Mineralölerzeugnissen. … Tudapetrol … war die Handels- und Vertriebsgesellschaft für Hansen & Rosenthal für Paraffinwachs und Paraffingatsch. Der Untersuchung zufolge sind Hansen & Rosenthal und Tudapetrol zwei getrennte und unabhängige Unternehmen, sie werden aber aufgrund der engen persönlichen Verbindungen einerseits ([Herr H.], einer der Komplementäre von Tudapetrol, war, wie weiter unten erläutert, ebenfalls bei Hansen & Rosenthal beschäftigt) und der Vertriebsverbindungen zwischen Hansen & Rosenthal und Tudapetrol andererseits im Folgenden als ‚H&R/Tudapetrol‘ bezeichnet. Hauptstandorte der H&R/Tudapetrol-Gruppe sind Hamburg und Salzbergen (Deutschland).

(23)      H&R/Tudapetrol stieg am 24. März 1994 in das Paraffingeschäft ein, als die Hansen & Rosenthal KG im Rahmen einer gemeinsamen [Akquisition] von der Wintershall AG, einer Tochter der BASF, eine in Salzbergen angesiedelte Raffinerie für Schmierstoffe erwarb (SRS GmbH) und diese in eine Produktionsgesellschaft umwandelte.

(24)      Die Raffinerie in Salzbergen (SRS GmbH) wird von der H&R Chemisch-Pharmazeutische Spezialitäten GmbH, einer 100%igen Tochter der H&R ChemPharm GmbH, betrieben. Die H&R ChemPharm GmbH wiederum ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der H&R Wasag AG. Hauptanteilseigner der H&R Wasag AG ist die H&R Beteiligung GmbH. (Die restlichen Anteile sind auf viele Aktionäre verteilt.) Die H&R Beteiligung GmbH befindet sich im Eigentum der H&R Wax Company Vertrieb GmbH, einer 100%igen Tochter der Hansen & Rosenthal KG (der Muttergesellschaft der H&R-Gruppe).

(25)      Für den Vertrieb von Paraffinwachs und Paraffingatsch war ursprünglich das unabhängige Unternehmen Tudapetrol Mineralölerzeugnisse Nils Hansen KG zuständig. (Komplementäre sind [Herr HA., Herr HAN. und Herr H.], Kommanditist ist [Herr HANS].) Am 1. Mai 2000 wurde der Vertrieb auf die H&R Wax Company Vertrieb Komplementär GmbH & Co. KG transferiert, und seit dem 1. Januar 2001 liegt der Vertrieb bei der H&R Wax Company Vertrieb GmbH … Die Untersuchung hat jedoch ergeben, dass Tudapetrol ungeachtet des weitgehenden Rückzugs aus dem Paraffingeschäft am 1. Mai 2000 weiterhin Kontakt zu einigen Paraffin-Kunden hielt. …

(28)      Die Personen, die bei der Unternehmensgruppe H&R/Tudapetrol mit der Leitung der Paraffinwachs- und Paraffingatschsparte betraut waren und H&R/Tudapetrol vertraten bzw. von den in dieser Entscheidung beschriebenen Verhaltensweisen wussten, sind unter anderem: …

[Herr H.]: 1994-1997 Auszubildender bei der SRS GmbH; 1997-2002 Verkaufs- und Marketingabteilung bei … Tudapetrol …; seit 2001 Vertriebsleiter bei der H&R Wax Company Vertrieb GmbH (seit 2002 Manager in der H&R Wax Company Vertrieb GmbH);

[Herr G.]: 1994-2001 Produktmanager bei der SRS GmbH; seit 2001 Produktmanager bei der H&R Management & Service GmbH/H&R ChemPharm GmbH (2002 wurde die H&R Management & Service GmbH in H&R ChemPharm GmbH umfirmiert); 1999-2000 Verkaufsleiter bei … Tudapetrol …; seit 2001 Verkaufsleiter bei der H&R Wax Company Vertrieb GmbH);

[Herr W.]: 1994-1998 Verkaufsleiter bei … Tudapetrol …; 1999 Berater bei der Tudapetrol Mineralölerzeugnisse Nils Hansen KG; 2000-2001 Verkaufsleiter bei der SRS GmbH (ab Juli 2001 beschäftigt bei der H&R Management & Service GmbH, die 2002 in H&R Chem-Pharm GmbH umfirmiert wurde), vor 1994 Verkaufsleiter bei der Wintershall AG.

(29)      In [der angefochtenen] Entscheidung und sofern nichts Gegenteiliges genannt ist, bezieht sich ‚Hansen & Rosenthal‘ bzw. ‚H&R‘ auf Unternehmen der Unternehmensgruppe H&R/Tudapetrol, die an dem Kartell beteiligt waren.“

 Verfahren und Anträge der Parteien

14      Mit Klageschrift, die am 15. Dezember 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

15      Mit Schriftsatz, der am 4. Juni 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin im Wesentlichen beantragt, die gemäß der angefochtenen Entscheidung gezahlte Geldbuße bis zur Verkündung einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache ohne Stellung einer Bankbürgschaft vorläufig zurückzuzahlen (vorläufiger Rechtsschutz).

16      Mit Beschluss vom 30. Juni 2009, Tudapetrol Mineralölerzeugnisse Nils Hansen/Kommission (T‑550/08 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), hat der Präsident des Gerichts diesen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten.

17      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Dritte Kammer) beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen. Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Art. 64 seiner Verfahrensordnung hat es die Parteien aufgefordert, bestimmte Fragen zu beantworten und bestimmte Schriftstücke vorzulegen. Die Parteien haben die Fragen fristgerecht beantwortet und bestimmte Schriftstücke vorgelegt. Doch hat die Kommission angegeben, dass sie weder Kopien noch Abschriften bestimmter vertraulicher, im Rahmen ihrer Kronzeugenregelung abgegebener Erklärungen vorlegen könne.

18      Mit Beschluss vom 27. März 2012, der gemäß Art. 24 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie Art. 65 Buchst. b und Art. 66 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangen ist, hat das Gericht (Dritte Kammer) die Kommission aufgefordert, die Kopien oder Abschriften der oben in Rn. 17 genannten Erklärungen vorzulegen. Diese Unterlagen konnten von den Anwälten der Klägerin vor der mündlichen Verhandlung bei der Kanzlei des Gerichts eingesehen werden.

19      Die Parteien haben in der Sitzung vom 24. April 2012 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

20      In Anbetracht des tatsächlichen Zusammenhangs mit den Rechtssachen T‑540/08, Esso u. a./Kommission, T‑541/08, Sasol u. a./Kommission, T‑543/08, RWE und RWE Dea/Kommission, T‑544/08, Hansen & Rosenthal und H&R Wax Company Vertrieb/Kommission, T‑548/08, Total/Kommission, T‑551/08, H&R ChemPharm/Kommission, T‑558/08, Eni/Kommission, T‑562/08, Repsol YPF Lubricantes y Especialidades u. a./Kommission, und T‑566/08, Total Raffinage Marketing/Kommission, sowie der Sachnähe der aufgeworfenen Rechtsfragen hat das Gericht beschlossen, das Urteil in der vorliegenden Rechtssache erst nach den mündlichen Verhandlungen in den genannten in Zusammenhang stehenden Rechtssachen zu verkünden, von denen die letzte am 3. Juli 2013 stattgefunden hat.

21      Die Klägerin beantragt im Verfahren zur Hauptsache,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit sie sie betrifft;

–        hilfsweise, die Höhe der ihr in der angefochtenen Entscheidung auferlegten Geldbuße angemessen herabzusetzen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

22      Die Kommission beantragt,

–        die Klage in ihrer Gesamtheit auch hinsichtlich des Hilfsantrags abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

23      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe. Mit dem ersten macht sie geltend, sie habe keine Zuwiderhandlung begangen, mit dem zweiten, es sei Verjährung eingetreten.

 Zum ersten Klagegrund: Fehlen einer durch die Klägerin begangenen Zuwiderhandlung

24      Der erste Klagegrund besteht aus drei Teilen: Mit dem ersten wird ein Verstoß gegen die Art. 81 EG und 253 EG gerügt, mit dem zweiten eine Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin und mit dem dritten die fehlende Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung.

 Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen die Art. 81 EG und 253 EG

25      Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe sie als ein von der H&R-Gruppe „getrenntes und unabhängiges“ Unternehmen angesehen (Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung), die beiden Unternehmen in der angefochtenen Entscheidung bei der Prüfung der Beweise für die Zuwiderhandlung aber ohne jegliche Differenzierung gemeinsam als „H&R/Tudapetrol“ behandelt.

26      Sie macht als Erstes geltend, die Kommission habe dadurch ihre Begründungspflicht verletzt und gegen Art. 81 EG verstoßen, dass sie in der angefochtenen Entscheidung keine getrennte Begründung zu dem angeblich wettbewerbswidrigen Verhalten von Tudapetrol und dem der zur H&R-Gruppe gehörenden Gesellschaften gegeben habe.

27      Insbesondere müsse die Kommission, wenn H&R (einschließlich H&R Wax Company Vertrieb und H&R ChemPharm) einerseits und sie, die Klägerin, andererseits zwei getrennte Unternehmen seien, nachweisen, dass sich jedes dieser Unternehmen individuell und eigenständig an dem gesamten im vorliegenden Fall in Rede stehenden Verstoß gegen Art. 81 EG beteiligt habe. In der angefochtenen Entscheidung habe die Kommission es jedoch versäumt, einen solchen Nachweis zu erbringen.

28      Die Klägerin rügt auch, dass die Kommission hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Januar 2001 bis 30. Juni 2002 eine parallele Verantwortlichkeit von ihr auf der einen Seite und Hansen & Rosenthal oder deren Tochtergesellschaft H&R Wax Company Vertrieb auf der anderen Seite sowie von H&R ChemPharm ab dem 1. Juli 2001 festgestellt habe.

29      Ob und inwieweit ihr neben H&R ein eigener Verstoß gegen Art. 81 EG angelastet werden könne, lasse sich den Entscheidungsgründen wegen der erfolgten „Einheitsbetrachtung“ nicht entnehmen. Was den Verweis der Kommission im Anhang der angefochtenen Entscheidung und in dessen Fußnoten auf die Teilnahme von drei Mitarbeitern von ihr, der Klägerin, an den angeblich wettbewerbswidrigen Treffen angehe, könne ihre Beteiligung an dem Kartell nicht durch einen solchen Pauschalverweis auf diese Personen nachgewiesen werden. Nach Art. 253 EG hätte die Kommission im Text der angefochtenen Entscheidung klar darlegen müssen, warum sie, die Klägerin, zur Verantwortung gezogen werde, so dass es nicht erforderlich gewesen wäre, sich diese Begründung aus Fußnoten im Anhang der angefochtenen Entscheidung zu suchen. Jedenfalls führe der Verweis der Kommission auf Herrn H. insofern nicht weiter, da sich dessen Tätigkeit, weil er gleichzeitig auch bei H&R beschäftigt gewesen sei, gerade nicht ausschließlich ihr zuordnen lasse. Nach der einschlägigen Rechtsprechung könne der Begründungsmangel nicht durch Ausführungen in der Klagebeantwortung geheilt werden.

30      Die Klägerin meint daher, die angefochtene Entscheidung verstoße deshalb gegen Art. 81 EG, jedenfalls aber gegen Art. 253 EG.

31      Als Erstes ist die von der Klägerin geltend gemachte Rüge der unzureichenden Begründung zu prüfen.

32      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die nach Art. 253 EG erforderliche Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteile des Gerichtshofs vom 22. März 2001, Frankreich/Kommission, C‑17/99, Slg. 2001, I‑2481, und vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, Slg. 2011, I‑8947, Rn. 146).

33      Nach ständiger Rechtsprechung hat die Pflicht zur Begründung einer Einzelentscheidung neben der Ermöglichung einer gerichtlichen Überprüfung den Zweck, den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob diese Entscheidung eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Corus UK/Kommission, C‑199/99 P, Slg. 2003, I‑11177, Rn. 145, und vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Rn. 462).

34      Die Begründung ist dem Betroffenen grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen. Das Fehlen der Begründung kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des ihn betreffenden Verfahrens vor den Unionsinstanzen erfährt (Urteile des Gerichtshofs vom 26. November 1981, Michel/Parlament, 195/80, Slg. 1981, 2861, Rn. 22, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Rn. 33 angeführt, Rn. 463, und Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 32 angeführt, Rn. 149).

35      Nach ständiger Rechtsprechung ist das Begründungserfordernis nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere von dem Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Rn. 63, und vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, Slg. 2008, I‑4951, Rn. 166 und 178).

36      Betrifft wie im vorliegenden Fall eine an eine Mehrzahl von Adressaten gerichtete Entscheidung zur Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union die Zurechnung der Zuwiderhandlung, muss sie in Bezug auf jeden Adressaten hinreichend begründet sein, insbesondere aber in Bezug auf diejenigen, denen die Zuwiderhandlung in der angefochtenen Entscheidung zugerechnet wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 32 angeführt, Rn. 152 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Erstens ist im vorliegenden Fall darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, dass sich die Verwendung der gemeinsamen Bezeichnung „H&R/Tudapetrol“ durch die engen persönlichen Verbindungen zwischen der Klägerin und der H&R-Gruppe sowie die zwischen diesen unterhaltenen Vertriebsverbindungen rechtfertige.

38      Hinsichtlich der persönlichen Verbindungen geht aus Rn. 28 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass alle drei Personen, die an den wettbewerbswidrigen Treffen teilgenommen haben (Herr H., Herr G. und Herr W.), während der verschiedenen in Rede stehenden Zeiträume bei Tudapetrol und der H&R-Gruppe angestellt waren. Des Weiteren war Herr H. gleichzeitig Komplementär von Tudapetrol sowie ab 2001 und noch bei Erlass der angefochtenen Entscheidung Vertriebsleiter der H&R Wax Company Vertrieb. Außerdem war Herr G. zwischen 1999 und 2000 gleichzeitig Produktmanager bei der SRS GmbH (Gesellschaft, die zur H&R-Gruppe gehört) und Verkaufsleiter von Tudapetrol.

39      Zu den Geschäftsbeziehungen zwischen H&R und Tudapetrol hat die Kommission in Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass Tudapetrol eine Handels- und Vertriebsgesellschaft für H&R für Paraffinwachs und Paraffingatsch gewesen sei.

40      Somit ist festzustellen, dass die Gründe, aus denen die Kommission Tudapetrol häufig zusammen mit der H&R-Gruppe als „H&R/Tudapetrol“ bezeichnet hat, klar aus der angefochtenen Entscheidung hervorgehen.

41      Zweitens ist zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung eine hinreichende Begründung hinsichtlich des der H&R-Gruppe und Tudapetrol jeweils zur Last gelegten Verhaltens enthält.

42      In Rn. 106 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission die Funktionsweise der beiden Teile der Paraffinwachse betreffenden Zuwiderhandlung (Haupttatkomplex und zweiter Tatkomplex) geschildert. Danach kamen die Vertreter der beteiligten Unternehmer regelmäßig zu „technischen Treffen“ zusammen. Diese Treffen „waren in zwei Teile unterteilt: Zunächst wurden technische Fragen besprochen, anschließend verlagerte sich das Gespräch auf wettbewerbswidrige Punkte wie die Festsetzung von Preisen, die Aufteilung von Märkten und Abnehmern (in bestimmten Fällen) sowie den Austausch und die Offenlegung wirtschaftlich sensibler Informationen einschließlich aktueller und künftiger Preispolitik, Kunden, Produktionskapazitäten und Absatzmengen“.

43      In den Rn. 381 und 610 sowie der Fn. 625 der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission für Tudapetrol und für die Gesellschaften, die zur H&R-Gruppe gehören, getrennt den Beginn, das Ende und die Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung fest. Nach der angefochtenen Entscheidung beteiligte sich Tudapetrol vom 24. März 1994 bis 30. Juni 2002, also während acht Jahren und drei Monaten, an der Zuwiderhandlung. Die Beteiligung von Hansen & Rosenthal und von H&R Wax Company Vertrieb habe vom 1. Januar 2001 bis 28. April 2005, also vier Jahre und drei Monate, gedauert. H&R ChemPharm habe sich vom 1. Juli 2001 bis 28. April 2005 an der Zuwiderhandlung beteiligt. Die Kommission führte zudem aus, dass bei der Bestimmung der Dauer der Beteiligung auf die Zeiträume, in denen Herr W., Herr H. und Herr G. bei den für die Zuwiderhandlung verantwortlich gemachten Gesellschaften beschäftigt gewesen seien, und auf die bekannte Beteiligung dieser Personen an den technischen Treffen abgestellt worden sei. Hierzu hat die Kommission auf den Anhang der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

44      Im Anhang der angefochtenen Entscheidung bezeichnete die Kommission die 22 technischen Treffen, an denen „H&R/Tudapetrol“ nach den verfügbaren Beweisen in dem Zeitraum, für den die Beteiligung von Tudapetrol an der Zuwiderhandlung festgestellt wurde (vom 24. März 1994 bis 30. Juni 2002), teilgenommen hatte. In den Fußnoten, die sich auf 20 dieser Treffen (alle Treffen außer denen vom 30. und 31. Oktober 1997 in Hamburg und vom 26. und 27. Juni 2001 in Paris [Frankreich]) beziehen, nannte die Kommission den Mitarbeiter von Tudapetrol, der an dem Treffen teilnahm, und bezeichnete das Beweismittel, das dessen Anwesenheit belegte.

45      Bezüglich des technischen Treffens vom 30. und 31. Oktober 1997 in Hamburg führt die Kommission Beweismittel für die Anwesenheit von „H&R/Tudapetrol“ bei diesem Treffen an. Zwar wird im Anhang der angefochtenen Entscheidung der Mitarbeiter von Tudapetrol, der an dem Treffen teilgenommen hat, nicht benannt. Diesem Anhang zufolge wurde „H&R/Tudapetrol“ aber bei sieben technischen Treffen, die zwischen 1994 und 1998 stattfanden, durch Herrn W. vertreten. Im Übrigen geht auch aus der Antwort von Sasol vom 18. Dezember 2006 auf das Auskunftsverlangen der Kommission, das der Klägerin vor Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgeteilt wurde, hervor, dass Herr W. nach der Wahrnehmung von Sasol ab dem 24. März 1994 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 1999 an den technischen Treffen teilgenommen hat. Somit lässt sich der angefochtenen Entscheidung und dem Kontext ihres Erlasses entnehmen, dass der Klägerin die Teilnahme an dem technischen Treffen vom 30. und 31. Oktober 1997 in Hamburg aufgrund von Indizien für die Anwesenheit von „H&R/Tudapetrol“ bei dem Treffen zur Last gelegt worden ist, nämlich, weil „H&R/Tudapetrol“ bei den technischen Treffen, die in diesem Zeitraum stattfanden, durch Herrn W. vertreten wurde und dieser bei Tudapetrol als Vertriebsleiter beschäftigt war.

46      Was das Treffen vom 26. und 27. Juni 2001 in Paris angeht, hat die Kommission die Beweismittel für die Feststellung, dass „H&R/Tudapetrol“ an diesem Treffen teilgenommen habe, in Rn. 163 der angefochtenen Entscheidung und in Fn. 143 des Anhangs der angefochtenen Entscheidung angegeben. Sie hat in diesem Anhang auch angegeben, dass „H&R/Tudapetrol“ bei jedem der 14 technischen Treffen, die zwischen dem 13. April 1999 und dem 5. Juni 2002 stattfanden, anwesend und bei 13 Treffen stets vertreten gewesen sei, u. a. durch Herrn H. Im Übrigen geht auch aus der Antwort von Sasol vom 18. Dezember 2006 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission, das der Klägerin vor Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgeteilt wurde, hervor, dass nach der Wahrnehmung von Sasol nach dem Eintritt von Herrn W. in den Ruhestand im Jahr 1999 Herr H. an den technischen Treffen teilgenommen hat. In Rn. 28 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission angegeben, dass Herr H. von 1997 bis 2002 in der Verkaufs- und Marketingabteilung von Tudapetrol beschäftigt gewesen sei. Somit lässt sich der angefochtenen Entscheidung und dem Kontext ihres Erlasses entnehmen, dass der Klägerin die Teilnahme an dem technischen Treffen vom 26. und 27. Juni 2001 in Paris aufgrund von Indizien für die Teilnahme von „H&R/Tudapetrol“ an dem Treffen zur Last gelegt worden ist, nämlich, weil „H&R/Tudapetrol“ bei den technischen Treffen, die in diesem Zeitraum stattfanden, u. a. durch Herrn H. vertreten wurde und dieser damals bei Tudapetrol beschäftigt war.

47      Somit geht aus der angefochtenen Entscheidung, im Kontext ihres Erlasses betrachtet, klar hervor, dass der Klägerin nur die technischen Treffen zur Last gelegt wurden, für die die Anwesenheit von „H&R/Tudapetrol“ in den der Kommission zur Verfügung stehenden Unterlagen vermerkt war und an denen zumindest ein Mitarbeiter von Tudapetrol teilnahm.

48      Drittens sind dennoch der Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum 30. Juni 2002, bei dem die Kommission sowohl die Verantwortlichkeit von Tudapetrol als auch die von Hansen & Rosenthal und H&R Wax Company Vertrieb festgestellt hat, und der Zeitraum vom 1. Juli 2001 bis zum 30. Juni 2002, bei dem auch die Verantwortlichkeit von H&R ChemPharm festgestellt wurde, zu prüfen.

49      Hierzu ist daran zu erinnern (vgl. oben, Rn. 43), dass die Kommission bei der Bestimmung der Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung auf die Zeiträume, in denen Herr W., Herr H. und Herr G. bei den für die Zuwiderhandlung verantwortlich gemachten Gesellschaften beschäftigt waren, abgestellt hat. Die Kommission hat nämlich im Anhang der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen, dass „H&R/Tudapetrol“ bei den technischen Treffen, die im Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis 30. Juni 2002 stattfanden, durch Herrn G. und Herrn H. vertreten wurde. Zudem hat sie in Rn. 28 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass Herr G. während dieses Zeitraums Verkaufsleiter der H&R Wax Company Vertrieb und Produktmanager bei H&R ChemPharm war, während Herr H. gleichzeitig in der Verkaufs- und Marketingabteilung von Tudapetrol beschäftigt (1997-2002) und Vertriebsleiter bei der H&R Wax Company Vertrieb (seit 2001 und noch bei Erlass der angefochtenen Entscheidung) war.

50      Somit geht aus der angefochtenen Entscheidung klar hervor, dass die Kommission den betroffenen Gesellschaften nur die Zuwiderhandlungszeiträume angelastet hat, in denen ihre jeweiligen Mitarbeiter an technischen Treffen teilnahmen, und dass der Grund für die Feststellung einer parallelen Verantwortlichkeit für den Zeitraum 1. Januar 2001 bis 30. Juni 2002 darin lag, dass die Personen, die an diesen Treffen teilnahmen, sowohl bei Tudapetrol als auch bei den Gesellschaften der H&R-Gruppe Funktionen innehatten.

51      Nach den vorstehenden Ausführungen ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung insgesamt und im Kontext ihres Erlasses betrachtet eine hinreichende Begründung hinsichtlich der Tatsachen, die die der Klägerin zur Last gelegte Zuwiderhandlung begründen, enthält und es erlaubt, diese und die den Gesellschaften der H&R-Gruppe zur Last gelegten Tatsachen auseinanderzuhalten.

52      Dieses Ergebnis kann nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt werden, es könne von ihr nicht verlangt werden, dass sie sich die Begründung der angefochtenen Entscheidung aus deren Fußnoten und Anhängen erschließe, vielmehr müsse die Begründung aus dem Text der angefochtenen Entscheidung hervorgehen.

53      In Anbetracht des großen Umfangs der Informationen und Würdigungen, auf denen die Entscheidung beruht, gegen eine Vielzahl von Gesellschaften Geldbußen zu verhängen, die jeweils Anspruch auf eine hinreichende Begründung hinsichtlich der sie betreffenden Punkte haben, kann der Kommission nämlich nicht vorgeworfen werden, die Begründung der Entscheidung mehrstufig ausgestaltet zu haben. Insbesondere verstößt die Kommission gegen keine Rechtsvorschrift, wenn sie in den Textteil lediglich die wesentlichen ihrer Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen und die Ausführungen speziell zu dem Vorbringen der verfolgten Unternehmen in ihren Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte aufnimmt und ausführliche Informationen und Erwägungen sowie Verweise auf Beweismittel in den Fußnoten oder in einem Anhang der Entscheidung unterbringt.

54      Außerdem hatte die Kommission die gemeinsame Bezeichnung „H&R/Tudapetrol“ bereits in der Mitteilung der Beschwerdepunkte verwendet, insbesondere im Zusammenhang mit der Prüfung der Beweismittel und in der zusammenfassenden Tabelle über die Anwesenheit der Kartellteilnehmer bei den einzelnen technischen Treffen, während die Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung für H&R und Tudapetrol getrennt festgestellt wurde. Die Klägerin hat diesen Ansatz in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte – die sie, obwohl die Mitteilung der Beschwerdepunkte gesondert an jede einzelne Gesellschaft gesandt worden war, gemeinsam mit den Gesellschaften der Unternehmensgruppe H&R eingereicht hat – aber nicht beanstandet. Überdies haben H&R und Tudapetrol in der genannten Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte bei ihrer Argumentation ebenfalls durchgängig die Bezeichnung „H&R/Tudapetrol“ verwendet, außer im Abschnitt 2.7.2, wo an einer Stelle behauptet wird, dass die von Tudapetrol begangene Zuwiderhandlung verjährt sei, da diese Gesellschaft ihre Paraffinwachsaktivitäten am 1. Mai 2000 eingestellt habe. Die Klägerin kann der Kommission daher nicht vorwerfen, in Bezug auf die in Rede stehenden Aspekte keine ausführlichere Begründung gegeben zu haben.

55      Als Zweites ist die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 81 EG zu prüfen.

56      Erstens ist die Verwendung der gemeinsamen Bezeichnung „H&R/Tudapetrol“ durch die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu prüfen.

57      Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung auf die persönlichen Verbindungen zwischen Tudapetrol und H&R abgestellt hat, die von der Klägerin nicht bestritten werden.

58      Außerdem ergibt sich aus den Auszügen aus Vermerken und Berichten, die der Kommission zur Verfügung standen, und aus den Erklärungen der Kartellbeteiligten, die in der angefochtenen Entscheidung aufgegriffen wurden, sowie aus der sämtliche Beweise enthaltenden Akte, zu der die Klägerin vor Erlass der angefochtenen Entscheidung Zugang hatte, dass die anderen an der Zuwiderhandlung Beteiligten oft auf eine gemeinsame Einheit „SRS/Tudapetrol“ oder „H&R/Tudapetrol“ Bezug nahmen oder Tudapetrol und die zur H&R-Gruppe gehörenden Gesellschaften im Kontext der Zuwiderhandlung in anderer Weise miteinander in Verbindung brachten. Folglich entspricht die häufige Verwendung der Bezeichnung „H&R/Tudapetrol“ durch die Kommission auch der Wahrnehmung der anderen Kartellbeteiligten.

59      Ferner hat die Kommission auch auf die vertikale Beziehung zwischen der H&R-Gruppe und der Klägerin abgestellt.

60      Die Klägerin bestreitet nicht, dass sie „die Handels- und Vertriebsgesellschaft für Hansen & Rosenthal für Paraffinwachs und Paraffingatsch“ war. Zwischen den beiden Unternehmen bestanden also vertikale Beziehungen, aufgrund deren sie dasselbe geschäftliche Interesse daran hatten, mit den von ihnen hergestellten oder vertriebenen Paraffinwachsprodukten den größtmöglichen Gewinn zu erzielen. Die Beteiligung an der in Rede stehenden Zuwiderhandlung, die u. a. in der Festsetzung der Preise bestand, so dass höhere Gewinnmargen erzielt werden konnten als bei freiem Wettbewerb, lag in diesem Interesse. Im Übrigen konnten die genannten vertikalen Beziehungen, da die von Tudapetrol verkauften Paraffinwachse von der H&R-Gruppe hergestellt wurden, bei den anderen Kartellteilnehmern den Eindruck verstärken, dass diese beiden Unternehmen eng miteinander verbunden waren, so dass sie als eine Einheit angesehen wurden, was im Übrigen auch aus den der Kommission vorliegenden Dokumenten hervorgeht.

61      Folglich hat die Kommission die Verwendung der gemeinsamen Bezeichnung „H&R/Tudapetrol“ in bestimmten Teilen der angefochtenen Entscheidung zu Recht u. a. mit den zwischen Tudapetrol und der Unternehmensgruppe H&R bestehenden vertikalen Beziehungen gerechtfertigt.

62      Schließlich haben die zur H&R-Gruppe gehörenden Gesellschaften und die Klägerin ihre Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte gemeinsam eingereicht. Somit ist die Kommission logisch vorgegangen, als sie die von ihnen geltend gemachten Argumente als die von „H&R/Tudapetrol“ dargestellt hat.

63      Folglich ist in Anbetracht der persönlichen Verbindungen zwischen den beiden Unternehmen, der Wahrnehmung der anderen Kartellbeteiligten sowie der vertikalen Beziehung zwischen Tudapetrol und H&R und der gemeinsamen Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte festzustellen, dass die Kommission nicht gegen Art. 81 EG verstoßen hat, als sie bei der Prüfung bestimmter Aspekte der Zuwiderhandlung die gemeinsame Bezeichnung „H&R/Tudapetrol“ verwendet hat.

64      Zweitens hat die Kommission der Klägerin nur die technischen Treffen zur Last gelegt, an denen nach ihrer Bewertung der ihr vorliegenden Unterlagen eine Person teilgenommen hat, die eine Funktion bei H&R ChemPharm innehatte (vgl. oben, Rn. 45 bis 52). Die Anwesenheit eines Angestellten oder anderer Vertreter bei wettbewerbswidrigen Zusammenkünften ist indes ein tatsächlicher Gesichtspunkt, der es der Kommission erlaubt, die Verantwortlichkeit eines Unternehmens für einen Verstoß gegen Art. 81 EG festzustellen. Nach der Rechtsprechung setzt nämlich die Befugnis der Kommission, ein Unternehmen, das eine Zuwiderhandlung begangen hat, mit einer Sanktion zu belegen, nur die rechtswidrige Handlung einer Person voraus, die im Allgemeinen berechtigt ist, für das Unternehmen tätig zu werden (Urteile des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Rn. 277, und vom 15. Dezember 2010, E.ON Energie/Kommission, T‑141/08, Slg. 2010, II‑5761, Rn. 258; vgl. ebenfalls in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Rn. 97).

65      Somit hat die Kommission dadurch, dass sie in einigen Teilen der in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Beurteilung die gemeinsame Bezeichnung „H&R/Tudapetrol“ verwendet, gleichwohl aber darauf hingewiesen hat, dass der Klägerin die Beteiligung an den technischen Treffen wegen der Anwesenheit der Mitarbeiter von ihr bei diesen Treffen zur Last gelegt wurde, nicht gegen Art. 81 EG verstoßen.

66      Da die Klägerin weder einen Verstoß gegen die Begründungspflicht noch einen Verstoß gegen Art. 81 EG dargetan hat, ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: Verletzung der Verteidigungsrechte

67      Die Klägerin trägt vor, da die Begründung der angefochtenen Entscheidung nicht zwischen den ihr angelasteten Handlungen und den H&R vorgeworfenen unterscheide, ermögliche sie es ihr nicht, die ihr vorgeworfene Verhaltensweise zu identifizieren. Infolgedessen seien ihre Möglichkeiten, Entlastungsbeweise zu erbringen, eingeschränkt. Da sie für alle Verhaltensweisen von H&R vor dem 30. Juni 2002 mit zur Verantwortung gezogen werde, müsste sie folglich, um ihre Unschuld zu beweisen, sämtliche gegen die Gesellschaften der H&R-Gruppe erhobenen Tatvorwürfe widerlegen.

68      Nach ständiger Rechtsprechung erfordert es die Wahrung der Verteidigungsrechte, dem betroffenen Unternehmen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände sowie zu den von ihr zur Stützung ihrer Behauptung, dass eine Zuwiderhandlung vorliege, herangezogenen Schriftstücken sachgerecht Stellung zu nehmen (Urteile des Gerichtshofs Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Rn. 64 angeführt, Rn. 10, und vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Rn. 66, und vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, Slg. 2007, I‑829, Rn. 44).

69      Die Verordnung Nr. 1/2003 sieht in ihrem Art. 27 Abs. 1 vor, dass den Parteien eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übersandt wird, in der alle wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in diesem Stadium des Verfahrens stützt, klar angeführt sein müssen, damit die Beteiligten tatsächlich Kenntnis davon erlangen können, welche Verhaltensweisen ihnen von der Kommission zur Last gelegt werden, und sich wirksam verteidigen können, bevor die Kommission eine endgültige Entscheidung erlässt. Eine solche Mitteilung stellt eine Verfahrensgarantie dar, die Ausdruck eines tragenden Grundsatzes des Unionsrechts ist, dem zufolge die Verteidigungsrechte in allen Verfahren beachtet werden müssen (Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2009, Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, C‑322/07 P, C‑327/07 P und C‑338/07 P, Slg. 2009, I‑7191, Rn. 35, und Urteil des Gerichts vom 17. Mai 2011, Elf Aquitaine/Kommission, T‑299/08, Slg. 2011, II‑2149, Rn. 135).

70      Dieser Grundsatz verlangt insbesondere, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die die Kommission an ein Unternehmen richtet, gegen das sie eine Sanktion wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln zu verhängen beabsichtigt, die wesentlichen diesem Unternehmen zur Last gelegten Gesichtspunkte wie den ihm vorgeworfenen Sachverhalt, dessen Einstufung und die von der Kommission herangezogenen Beweismittel enthält, damit sich das Unternehmen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, das gegen es eingeleitet worden ist, sachgerecht äußern kann (vgl. Urteil Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, oben in Rn. 69 angeführt, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71      Insbesondere muss die Mitteilung der Beschwerdepunkte eindeutig angeben, gegen welche juristische Person Geldbußen festgesetzt werden könnten, sie muss an diese Person gerichtet sein, und sie muss angeben, in welcher Eigenschaft dieser Person die behaupteten Tatsachen zur Last gelegt werden (Urteil Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 69 angeführt, Rn. 137; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, oben in Rn. 69 angeführt, Rn. 37 und 38).

72      In erster Linie ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Kommission mit Schreiben vom 29. Mai 2007 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Klägerin gerichtet hat.

73      In Rn. 104 der Mitteilung der Beschwerdepunkte hat die Kommission bereits die in Rn. 124 und im Anhang der angefochtenen Entscheidung enthaltene Tabelle dargestellt, in der die Treffen aufgeführt sind, an denen die Einheit „H&R/Tudapetrol“ ihren Informationen nach teilgenommen hatte.

74      Auch hat die Kommission in den Rn. 2 und 257 der Mitteilung der Beschwerdepunkte sowie in Fn. 493 zur genannten Rn. 257 ausgeführt, dass sie beabsichtige, die Klägerin für den Zeitraum vom 24. März 1994 bis 30. Juni 2002 für einen Verstoß gegen Art. 81 EG haftbar zu machen, der in Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen zur Festsetzung von Preisen sowie zum Austausch und zur Offenlegung sensibler Geschäftsinformationen, die den Markt für Paraffinwachse beträfen, bestehe. Die Kommission hat dort ebenfalls ausgeführt, dass sie bei der Prüfung der Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung auf die Zeiträume, in denen Herr W., Herr H. und Herr G. bei den für die Zuwiderhandlung verantwortlich gemachten Gesellschaften beschäftigt gewesen seien, abgestellt habe. In Rn. 31 der Mitteilung der Beschwerdepunkte hat die Kommission bereits die Dauer der Beschäftigungen und die von diesen drei Personen wahrgenommenen Funktionen in gleicher Weise wie in Rn. 28 der angefochtenen Entscheidung angegeben. Darüber hinaus sind in den Erwägungen unter „4.2 Einzelheiten zu den technischen Treffen“ die Beweismittel angegeben, die von der Kommission in Bezug auf jedes technische Treffen berücksichtigt wurden.

75      Somit geht aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte klar hervor, dass nur die technischen Treffen zulasten von Tudapetrol berücksichtigt wurden, an denen einer ihrer Mitarbeiter teilgenommen hatte. Daher kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte es ihr nicht ermöglicht habe, die ihr vorgeworfene Verhaltensweise zu identifizieren, und dass sie, um ihre Unschuld zu beweisen, sämtliche gegen H&R erhobenen Tatvorwürfe widerlegen müsste.

76      Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin und die Gesellschaften der H&R-Gruppe gemeinsam auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte antworteten, obwohl eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an jede dieser Gesellschaften einzeln gesandt worden war. Außerdem verwendeten Tudapetrol und die Gesellschaften der H&R-Gruppe in ihrer Erwiderung die gemeinsame Bezeichnung „H&R/Tudapetrol“. Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, dass diese Bezeichnung es ihr unmöglich gemacht habe, sich gegen die allein gegen sie erhobenen Vorwürfe zu verteidigen.

77      Nach dem Vorstehenden ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes: fehlende Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung

78      Die Klägerin macht geltend, sie habe sich an keiner Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG beteiligt. Die Kommission habe insoweit die Beweisführung formell nicht ordnungsgemäß vorgenommen. Außerdem ergebe eine hilfsweise Prüfung der Beweise, dass gegenüber ihr, der Klägerin, kein Vorwurf substantiiert worden sei. Die im Einzelnen angeführten Treffen und hierfür im Rahmen der Beweisführung berücksichtigten Belege ließen nicht auf Kartellverstöße von ihr schließen.

79      Im Übrigen habe die Kommission bei der Beweiswürdigung nicht berücksichtigt, dass sie sie für zwei Tatkomplexe der einheitlichen Zuwiderhandlung nicht verantwortlich gemacht habe, nämlich die Aufteilung der Kunden und Märkte (zweiter Tatkomplex) und den Tatkomplex, der den deutschen Paraffingatsch-Markt betreffe (Tatkomplex Paraffingatsch). Nach Rn. 328 der angefochtenen Entscheidung sei ihr nur der Haupttatkomplex, die Festsetzung von Preisen und der Austausch wirtschaftlich sensibler Informationen über den Markt für Paraffinwachse, angelastet worden. Die Beweisführung der Kommission hätte daher um so genauer herausarbeiten müssen, welche Beweismittel sie beträfen. Beweise für lediglich von Dritten begangene Zuwiderhandlungen hätten bei ihr nicht herangezogen werden dürfen.

80      Was die in der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Prüfung der von der Kommission als wettbewerbswidrig eingestuften Treffen angeht, an denen sie im Zeitraum vom 24. März 1994 bis zum 30. Juni 2002 teilgenommen haben soll, macht die Klägerin geltend, die Kommission habe keinen Verstoß gegen Art. 81 EG durch sie nachgewiesen. Sie nimmt insofern eine detaillierte Analyse der einzelnen Treffen vor.

–       Zu den Begriffen „Vereinbarung“ und „abgestimmte Verhaltensweise“

81      Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten sind nach Art. 81 Abs. 1 EG Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken und bewirken.

82      Eine Vereinbarung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG liegt schon dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten (Urteile des Gerichts vom 17. Dezember 1991, Hercules Chemicals/Kommission, T‑7/89, Slg. 1991, II‑1711, Rn. 256, und vom 20. März 2002, HFB u. a./Kommission, T‑9/99, Slg. 2002, II‑1487, Rn. 199).

83      Vom Abschluss einer Vereinbarung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG kann ausgegangen werden, wenn hinsichtlich der Wettbewerbsbeschränkung als solcher ein übereinstimmender Wille vorliegt, selbst wenn die einzelnen Bestandteile der beabsichtigten Beschränkung noch Gegenstand von Verhandlungen sind (Urteil des Gerichts vom 16. Juni 2011, Heineken Nederland und Heineken/Kommission, T‑240/07, Slg. 2011, II‑3355, Rn. 45; vgl. in diesem Sinne auch Urteil HFB u. a./Kommission, oben in Rn. 82 angeführt, Rn. 151 bis 157 und 206).

84      Bei der abgestimmten Verhaltensweise handelt es sich um eine Form der Koordinierung zwischen Unternehmen, die zwar noch nicht bis zum Abschluss eines Vertrags im eigentlichen Sinne gediehen ist, jedoch bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt (Urteile des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, Slg. 1999, I‑4125, Rn. 115, und Hüls/Kommission, C‑199/92 P, Slg. 1999, I‑4287, Rn. 158).

85      Art. 81 Abs. 1 EG steht jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern entgegen, durch die entweder das Marktverhalten eines tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerbers beeinflusst oder ein solcher Wettbewerber über das Marktverhalten, zu dem der betreffende Wirtschaftsteilnehmer selbst entschlossen ist oder das er in Erwägung zieht, ins Bild gesetzt wird, wenn diese Fühlungnahme eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt (Urteil Heineken Nederland und Heineken/Kommission, oben in Rn. 83 angeführt, Rn. 47; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Rn. 84 angeführt, Rn. 116 und 117).

–       Zu den Grundsätzen der Beweiswürdigung

86      Nach der Rechtsprechung hat die Kommission die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und die Beweismittel beizubringen, die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend beweisen (Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Rn. 58; vgl. Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Dresdner Bank u. a./Kommission, T‑44/02 OP, T‑54/02 OP, T‑56/02 OP, T‑60/02 OP und T‑61/02 OP, Slg. 2006, II‑3567, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

87      Was den Umfang der gerichtlichen Überprüfung angeht, hat das Gericht, wenn es mit einer Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung nach Art. 81 Abs. 1 EG befasst ist, nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich eine umfassende Prüfung der Frage vorzunehmen, ob die Tatbestandsmerkmale der genannten Bestimmung erfüllt sind (vgl. Urteil des Gerichts vom 26. Oktober 2000, Bayer/Kommission, T‑41/96, Slg. 2000, II‑3383, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

88      Hat das Gericht Zweifel, so muss dies dem Unternehmen zugutekommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird. Das Gericht kann daher nicht davon ausgehen, dass die Kommission das Vorliegen der betreffenden Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn bei ihm noch Zweifel in dieser Hinsicht bestehen; dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung zur Verhängung einer Geldbuße handelt (Urteile des Gerichts Dresdner Bank u. a./Kommission, oben in Rn. 86 angeführt, Rn. 60, und vom 12. Juli 2011, Hitachi u. a./Kommission, T‑112/07, Slg. 2011, II‑3871, Rn. 58).

89      Unter den genannten Umständen ist nämlich die Unschuldsvermutung insbesondere nach Art. 6 Abs. 2 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu beachten, die zu den Grundrechten gehört, die allgemeine Grundsätze des Unionsrechts darstellen. Angesichts der Art der betreffenden Zuwiderhandlungen sowie der Art und der Schwere der ihretwegen verhängten Sanktionen gilt die Unschuldsvermutung insbesondere in Verfahren wegen Verletzung der für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können (Urteil Hitachi u. a./Kommission, oben in Rn. 88 angeführt, Rn. 59; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, oben in Rn. 86 angeführt, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

90      Somit ist es erforderlich, dass die Kommission aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beibringt, um das Vorliegen der Zuwiderhandlung nachzuweisen. Jedoch muss nicht jeder von der Kommission erbrachte Beweis notwendigerweise für jeden Teil der Zuwiderhandlung diesen Kriterien entsprechen. Es genügt, wenn ein von der Kommission angeführtes Bündel von Indizien im Ganzen betrachtet dem genannten Erfordernis entspricht (vgl. Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, oben in Rn. 86 angeführt, Rn. 62 und 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

91      Die Indizien, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung anführt, um einen Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG zu beweisen, sind nicht einzeln, sondern in ihrer Gesamtheit zu würdigen (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, BPB/Kommission, T‑53/03, Slg. 2008, II‑1333, Rn. 185 und die dort angeführte Rechtsprechung).

92      Außerdem hat die Kommission das Bestehen einer Zuwiderhandlung in der Praxis oft unter dafür ungünstigen Voraussetzungen nachzuweisen, da seit den Vorgängen, die die Zuwiderhandlung bilden, mehrere Jahre vergangen sein können und möglicherweise mehrere von der Untersuchung betroffene Unternehmen nicht aktiv mit der Kommission zusammengearbeitet haben. Wenn die Kommission somit auch notwendig nachweisen muss, dass eine rechtswidrige Vereinbarung über die Festsetzung von Preisen geschlossen wurde, wäre es überzogen, darüber hinaus zu verlangen, dass sie den speziellen Mechanismus nachweist, mit dem dieses Ziel erreicht werden sollte. Es wäre nämlich für ein Unternehmen, das einer Zuwiderhandlung schuldig ist, zu einfach, sich jeder Sanktion zu entziehen, könnte es sich in einer Situation, in der das Bestehen einer rechtswidrigen Vereinbarung und ihr wettbewerbswidriger Zweck hinreichend bewiesen sind, darauf berufen, dass die über die Funktionsweise der Vereinbarung vorgelegten Informationen zu unbestimmt sind. Die Unternehmen können sich in einer solchen Situation sachgerecht dadurch verteidigen, dass sie zu allen von der Kommission gegen sie angeführten Beweisen Stellung nehmen können (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Rn. 203).

93      Hinsichtlich der Beweismittel, die zum Nachweis einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG herangezogen werden dürfen, gilt im Unionsrecht der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Dalmine/Kommission, T‑50/00, Slg. 2004, II‑2395, Rn. 72, und Urteil Hitachi u. a./Kommission, oben in Rn. 88 angeführt, Rn. 64).

94      Was den Beweiswert der verschiedenen Beweismittel angeht, ist das alleinige Kriterium für die Beurteilung von Beweismitteln ihre Glaubhaftigkeit (Urteil Dalmine/Kommission, oben in Rn. 93 angeführt, Rn. 72).

95      Nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen hängt die Glaubhaftigkeit eines Schriftstücks und damit sein Beweiswert von seiner Herkunft, den Umständen seiner Entstehung, seinem Adressaten und seinem Inhalt ab (Urteile des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Rn. 1053 und 1838, und Hitachi u. a./Kommission, oben in Rn. 88 angeführt, Rn. 70).

96      Stützt sich die Kommission für ihre Feststellung, dass eine Zuwiderhandlung vorlag, ausschließlich auf das Marktverhalten der Unternehmen, müssen diese lediglich das Vorliegen von Umständen nachweisen, die den von der Kommission festgestellten Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen und damit eine andere plausible Erklärung der Tatsachen ermöglichen, aus denen die Kommission auf die Begehung einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Union geschlossen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Rn. 92 angeführt, Rn. 186).

97      Hat sich die Kommission hingegen auf Dokumentenbeweise gestützt, haben die betroffenen Unternehmen nicht bloß eine plausible Alternative zur Darstellung der Kommission darzutun, sondern müssen außerdem aufzeigen, dass die in der angefochtenen Entscheidung angeführten Beweise für den Nachweis der Zuwiderhandlung nicht genügen (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Rn. 92 angeführt, Rn. 187). Dies verstößt nicht gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Montecatini/Kommission, C‑235/92 P, Slg. 1999, I‑4539, Rn. 181).

98      In Anbetracht der Bekanntheit des Verbots wettbewerbswidriger Vereinbarungen kann von der Kommission nicht verlangt werden, dass sie Beweisstücke vorlegt, die eine Kontaktaufnahme zwischen den betreffenden Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen. Die lückenhaften und vereinzelten Beweiselemente, über die die Kommission gegebenenfalls verfügt, müssen jedenfalls durch Schlussfolgerungen ergänzt werden können, die die Rekonstruktion der relevanten Umstände ermöglichen. Das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung kann folglich aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Rn. 68 angeführt, Rn. 55 bis 57; vgl. auch Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, oben in Rn. 86 angeführt, Rn. 64 und 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

99      Bei der Würdigung des Beweiswerts von Dokumentenbeweisen muss es als sehr bedeutsam angesehen werden, dass ein Dokument in unmittelbarem Anschluss an die Ereignisse (Urteile des Gerichts vom 11. März 1999, Ensidesa/Kommission, T‑157/94, Slg. 1999, II‑707, Rn. 312, und vom 16. Dezember 2003, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied und Technische Unie/Kommission, T‑5/00 und T‑6/00, Slg. 2003, II‑5761, Rn. 181) oder von einem unmittelbaren Zeugen (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Rn. 92 angeführt, Rn. 207) erstellt worden ist.

100    Das Fehlen des Datums oder der Unterschrift auf einem Dokument oder der Umstand, dass es schlecht geschrieben ist, nehmen diesem nicht jeden Beweiswert, insbesondere sofern sein Ursprung, sein wahrscheinliches Datum und sein Inhalt mit hinreichender Sicherheit bestimmt werden können (Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2006, FNCBV/Kommission, T‑217/03 und T‑245/03, Slg. 2006, II‑4987, Rn. 124; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 10. März 1992, Shell/Kommission, T‑11/89, Slg. 1992, II‑757, Rn. 86).

101    Aus dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung ergibt sich, dass das betroffene Unternehmen, selbst wenn sich das Fehlen schriftlicher Nachweise im Rahmen der Gesamtbeurteilung des von der Kommission angeführten Bündels von Indizien als relevant erweisen kann, nicht allein aufgrund dessen die Behauptungen der Kommission durch eine andere Erklärung des Sachverhalts in Frage stellen kann. Dies kann es nur dann, wenn aufgrund der von der Kommission beigebrachten Beweise das Vorliegen der Zuwiderhandlung nicht eindeutig und nur durch Auslegung dieser Beweise nachgewiesen werden kann (Urteil Hitachi u. a./Kommission, oben in Rn. 88 angeführt, Rn. 65; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 12. September 2007, Coats Holdings und Coats/Kommission, T‑36/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 74).

102    Zudem verbietet keine Bestimmung und kein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts der Kommission, gegen ein Unternehmen die Erklärungen anderer Unternehmen zu verwenden, denen vorgeworfen wird, sie seien am Kartell beteiligt gewesen. Andernfalls wäre die der Kommission obliegende Beweislast für Verhaltensweisen, die Art. 81 EG zuwiderlaufen, untragbar und mit der ihr anvertrauten Aufgabe, die richtige Anwendung dieser Bestimmung zu überwachen, nicht zu vereinbaren (Urteile JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Rn. 92 angeführt, Rn. 192, und Hitachi u. a./Kommission, oben in Rn. 88 angeführt, Rn. 67).

103    Ein besonders hoher Beweiswert kann Erklärungen beigemessen werden, wenn sie verlässlich sind, im Namen eines Unternehmens abgegeben wurden, von einer Person stammen, die beruflich verpflichtet ist, im Interesse dieses Unternehmens zu handeln, den Interessen des Erklärenden zuwiderlaufen, von einem unmittelbaren Zeugen der Vorgänge stammen, auf die sie sich beziehen, und bedacht sowie nach reiflicher Überlegung schriftlich abgegeben wurden (Urteil Hitachi u. a./Kommission, oben in Rn. 88 angeführt, Rn. 71; vgl. in diesem Sinne auch Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Rn. 92 angeführt, Rn. 205 bis 210).

104    Eine Erklärung, die ein der Beteiligung an einem Kartell beschuldigtes Unternehmen abgibt und deren Richtigkeit von mehreren anderen betroffenen Unternehmen bestritten wird, kann jedoch nicht als hinreichender Beweis für die Begehung einer Zuwiderhandlung durch diese anderen Unternehmen angesehen werden, wenn sie nicht durch andere Beweise untermauert wird, wobei jedoch der erforderliche Grad der Erhärtung aufgrund der Glaubhaftigkeit der fraglichen Erklärungen geringer ist (Urteile JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Rn. 92 angeführt, Rn. 219 und 220, und Hitachi u. a./Kommission, oben in Rn. 88 angeführt, Rn. 68).

105    Auch wenn gegenüber den freiwilligen Angaben der Hauptteilnehmer an einem rechtswidrigen Kartell im Allgemeinen ein gewisses Misstrauen angebracht ist, da die Möglichkeit besteht, dass diese Teilnehmer die Neigung haben, die Bedeutung ihres eigenen Tatbeitrags als so klein wie möglich und den der anderen als so groß wie möglich darzustellen, so ändert dies nichts daran, dass ein Antrag auf Anwendung der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002, um einen Erlass oder eine Herabsetzung der Geldbuße zu erreichen, nicht zwangsläufig einen Anreiz schafft, verfälschte Beweise für die Beteiligung der übrigen Kartellmitglieder vorzulegen. Jeder Versuch einer Irreführung der Kommission könnte nämlich die Aufrichtigkeit und Vollständigkeit der Kooperation des Antragstellers in Frage stellen und damit die Möglichkeit gefährden, dass er in den vollen Genuss der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 gelangt (Urteil Hitachi u. a./Kommission, oben in Rn. 88 angeführt, Rn. 72; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T‑120/04, Slg. 2006, II‑4441, Rn. 70).

106    Insbesondere kann daraus, dass eine Person zugibt, dass sie eine Zuwiderhandlung verwirklicht hat, und damit Tatsachen einräumt, die über die den fraglichen Unterlagen unmittelbar zu entnehmenden Tatsachen hinausgehen, a priori, sofern keine bestimmten Anhaltspunkte für das Gegenteil bestehen, der Schluss gezogen werden, dass sich der Betreffende dazu entschlossen hat, die Wahrheit zu sagen. Erklärungen, die den Interessen des Erklärenden zuwiderlaufen, sind grundsätzlich als besonders verlässliche Beweise anzusehen (Urteile des Gerichts JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Rn. 92 angeführt, Rn. 211 und 212, vom 26. April 2007, Bolloré u. a./Kommission, T‑109/02, T‑118/02, T‑122/02, T‑125/02, T‑126/02, T‑128/02, T‑129/02, T‑132/02 und T‑136/02, Slg. 2007, II‑947, Rn. 166, und vom 8. Juli 2008, Lafarge/Kommission, T‑54/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 59).

107    Die angeführte Rechtsprechung gilt für Art. 53 EWR-Abkommen entsprechend.

–       Zur angefochtenen Entscheidung

108    In Rn. 2 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission unter der Überschrift „Zusammenfassung der Zuwiderhandlung“ festgestellt, dass die Adressaten dieser Entscheidung an einer einzigen, komplexen und fortdauernden Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen teilgenommen hätten. Der Haupttatkomplex habe bestanden „in Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen …, die darauf abzielten, auf dem Markt für Paraffinwachse Preise festzusetzen, kommerziell empfindliche Informationen auszutauschen und offenzulegen“. Dieser Haupttatkomplex war der angefochtenen Entscheidung zufolge der einzige, an dem sich Tudapetrol beteiligt hat. Bestimmte andere Unternehmen, gegen die die angefochtene Entscheidung gerichtet ist, seien darüber hinaus an den weiteren Tatkomplexen beteiligt gewesen, die darin bestanden hätten, die „Kunden und Märkte aufzuteilen“, und zwar bei den Paraffinwachsen (zweiter Tatkomplex) und dem „auf dem deutschen Markt an Endabnehmer verkaufte[n] Paraffingatsch“ (Tatkomplex Paraffingatsch).

109    In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission den Inhalt der Verhaltensweisen der Festsetzung von Preisen in den Rn. 106 ff. unter den Überschriften „4. Beschreibung der Sachverhalte“ und „4.1. Grundsätze und Funktionsweise des Kartells“ wie folgt beschrieben:

„(106) Die technischen Treffen waren in zwei Teile unterteilt: Zunächst wurden technische Fragen besprochen, anschließend verlagerte sich das Gespräch auf wettbewerbswidrige Punkte wie die Festsetzung von Preisen, die Aufteilung von Märkten und Abnehmern (in bestimmten Fällen) sowie den Austausch und die Offenlegung wirtschaftlich sensibler Informationen einschließlich aktueller und künftiger Preispolitik, Kunden, Produktionskapazitäten und Absatzmengen.

(107) Die Gespräche über Preise und mögliche Preiserhöhungen fanden somit in der Regel am Ende der technischen Treffen statt. Sasol gab in der Regel den Anstoß, aber danach beteiligten sich alle Anwesenden an einer allgemeinen Aussprache über Preise und Preisstrategien. … Dabei wurden sowohl Preiserhöhungen und Zielpreise für bestimmte einzelne Abnehmer als auch allgemeine Preiserhöhungen sowie Mindest- und Zielpreise für den gesamten Markt behandelt. … Preiserhöhungen wurden in der Regel in absoluten Zahlen und nicht in Prozentanteilen beziffert (z. B. 60 EUR/t vollraffiniertes Paraffin). … Ferner wurden Mindestpreise vereinbart, und zwar nicht nur bei Vereinbarung einer Preiserhöhung, sondern auch, wenn Preiserhöhungen nicht verwirklicht werden konnten (beispielsweise in Zeiten fallender Preise). …

(109) Ferner tauschten die Unternehmensvertreter geschäftlich sensible Informationen aus und legten ihre allgemeinen Unternehmensstrategien offen. …

(110) Mit Ausnahme von MOL wurden die Unternehmen von Managern vertreten, die die Preisstrategie ihrer Unternehmen bestimmen und die Preise gegenüber einzelnen Kunden festsetzen konnten. …

(111) In den meisten technischen Treffen drehten sich die Preisdiskussionen allgemein um Paraffin; … bestimmte Paraffinsorten (wie voll- oder halbraffiniertes Paraffin, Mischungen, Spezialwachse, Paraffin-Hartwachse oder Hydro-Paraffinwachse) wurden nur selten behandelt. Darüber hinaus waren sich sämtliche Unternehmen einig, dass vereinbarte (prozentuale oder konkrete) Preiserhöhungen für sämtliche Paraffinwachs-Sorten gelten sollten. …

(113) Die Beschlüsse der technischen Treffen wurden zumeist umgesetzt, indem Kunden Preiserhöhungen angekündigt oder bestehende Preislisten gekündigt wurden. … Wenn es gelegentlich zu Täuschungsmanövern kam oder Vereinbarungen nicht umgesetzt wurden, kam das auf dem nächsten Treffen zur Sprache (siehe z. B. Randnummern (149) und (157)). In der Regel übernahm ein auf dem Treffen anwesendes Unternehmen die Vorreiterrolle bei den Preiserhöhungen (meistens Sasol, aber manchmal auf Bitten Sasols auch ein anderes teilnehmendes Unternehmen). Die übrigen Anbieter zogen dann kurze Zeit später nach und kündigten ihrerseits Preiserhöhungen an. … Die an den technischen Treffen beteiligten Unternehmensvertreter unterrichteten sich gegenseitig über ihre Maßnahmen zur Umsetzung der dort gefassten Beschlüsse. Die Unterrichtung [der] anderen in den technischen Treffen vertretenen Unternehmen (eines Unternehmens oder aller Unternehmen) erfolgte mündlich … oder durch Versendung einer Kopie der Schreiben, in denen den Kunden die höheren Preise angekündigt oder die bisherigen Preise gekündigt wurden … Die Kommission hat festgestellt, dass diese Unterrichtungen zwischen den Parteien tatsächlich erfolgten. Eine Stichprobe von rund 150 dieser Schreiben ergab, dass diese Schreiben tatsächlich binnen sechs Wochen nach den jeweiligen technischen Treffen ausgetauscht wurden. … Es wurde auch über eine Vereinbarung [dahin gehend berichtet], dass die beteiligten Unternehmen die Umsetzung der vereinbarten Preiserhöhungen nicht dazu nutzen sollten, ihren eigenen Marktanteil zu erhöhen. … Diese Erklärung wurde in den Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht bestritten.“

110    Unter der Überschrift „4.2. Einzelheiten zu den technischen Treffen“ hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zunächst Ort und Datum der technischen Treffen sowie die anwesenden Unternehmen in einer Tabelle zusammengefasst (Rn. 124 der angefochtenen Entscheidung). Sodann hat sie bei den einzelnen technischen Treffen geprüft, welche Beweismittel jeweils vorliegen (Rn. 126 bis 177 der angefochtenen Entscheidung).

111    Unter den Überschriften „5. Anwendung von Artikel 81 [EG] … in dieser Sache“ und „5.3. Art der Zuwiderhandlung in dieser Sache“ hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die maßgeblichen Grundsätze für die Klassifizierung der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen dargelegt:

„5.3.1. Allgemeines

(205) [I]m Falle einer komplexen Zuwiderhandlung von langer Dauer braucht die Kommission das betreffende Verhalten nicht als ausschließlich der [Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise] zuzurechnend zu beschreiben. Die Begriffe ‚Vereinbarung‘ und ‚aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen‘ sind fließend und können sich überschneiden. Das wettbewerbswidrige Verhalten kann von Zeit zu Zeit verändert, seine Mechanismen können angepasst oder gestärkt werden, um neuen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Es kann sich sogar als unmöglich erweisen, eine Unterscheidung zwischen den beiden Begriffen zu treffen, da eine Zuwiderhandlung gleichzeitig die Merkmale jeder Form des untersagten Verhaltens aufweisen kann, während für sich genommen einige ihrer Erscheinungsformen dem einen und nicht dem anderen Begriff zugeordnet werden könnten. Daher wäre es widersinnig, bei einem eindeutig fortbestehenden gemeinsamen Unternehmen mit einem einzigen Gesamtziel mehrere getrennte Formen der Zuwiderhandlung zu unterscheiden. Ein Kartell kann entsprechend gleichzeitig in einer Vereinbarung und in einer aufeinander abgestimmten Verhaltensweise bestehen. Artikel 81 [EG] sieht keine bestimmte Kategorie für eine komplexe Zuwiderhandlung der in dieser Entscheidung beschriebenen Art vor. …

(206) Wenn mehrere Kartellmitglieder und deren wettbewerbswidriges Verhalten im Laufe der Zeit entweder als Vereinbarungen oder als aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen (komplexe Zuwiderhandlungen) beschrieben werden können, braucht die Kommission nicht jeden einzelnen Typ des betreffenden Verhaltens zu klassifizieren. …“

112    Sodann hat die Kommission, immer noch unter der Überschrift „5.3. Art der Zuwiderhandlung in dieser Sache“, den Inhalt der Zuwiderhandlung wie folgt beschrieben:

„5.3.2. Anwendung

(210) Durch die in Kapitel 4 dieser Entscheidung beschriebenen Sachverhalte ist nachgewiesen, dass alle in diesem Verfahren behandelten Unternehmen … an geheimen Absprachen über Paraffinwachse sowie (bei den in Randnummer 2 angeführten Unternehmen) über Paraffingatsch beteiligt waren und regelmäßig an Treffen teilgenommen haben; Gegenstand der Treffen waren:

(1)      Preisfestsetzungen …;

(2)      … Aufteilung von Kunden und/oder Märkten …;

(3)      Offenlegung und Austausch wirtschaftlich sensibler Informationen, insbesondere in Bezug auf Kunden, Preisgestaltung, Produktionskapazitäten und Umsätze …

5.3.2.2. Preisfestsetzung

(240) Aus den Randnummern (98), (107), (126), (128), (131), (133), (135), (137), (139), (140), (142), (145), (147), (149), (152), (153), (156), (157), (163), (168), (174), (176) und (177) geht hervor, dass die beteiligten Unternehmen Mindestpreise festsetzten und Preiserhöhungen (‚Preisfestsetzungen‘) vereinbarten.

(241) ExxonMobil, Repsol, Sasol und Shell haben bestätigt, dass Preisfestsetzungen vorkamen [siehe Randnummer (107)] und dies in der mündlichen Anhörung und in ihren schriftlichen Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erneut eingeräumt.“

–       Gesamtwürdigung der Beweise für eine von der Klägerin begangene Zuwiderhandlung

113    Als Erstes ist festzustellen, dass mehrere Unternehmen zugegeben haben, dass bei den technischen Treffen über die Preise für Paraffinwachse gesprochen wurde, mit dem allgemeinen Ziel, sich über deren Höhe zu verständigen.

114    Nach der Aussage von Sasol vom 12. Mai 2005 kam es bei den technischen Treffen in der Regel zu kollusiven Aktivitäten. Es sei bei den Treffen über Erhöhungen und Senkungen der Preise für Paraffinwachse gesprochen worden und es seien Informationen über die Bruttopreise und die Kapazitätsplanungen ausgetauscht worden.

115    Nach der Aussage von Repsol vom 19. Mai 2005 war ein Gespräch über die Höhe der von den Teilnehmern angewandten Preise für Paraffinwachse Bestandteil der technischen Treffen.

116    Shell hat angegeben, dass es bei allen technischen Treffen um die Festsetzung der Preise gegangen sei. Nach der Aussage von Shell vom 14. Juni 2006 wurden die Preise für Paraffinwachse zumindest seit 1999, als ihr Vertreter, der ausgesagt hat, begonnen habe, an den technischen Treffen teilzunehmen, nie einseitig beschlossen, sondern bei den technischen Treffen von den Wettbewerbern festgesetzt.

117    Außerdem haben die genannten Unternehmen in den genannten Aussagen auch angegeben, dass sich die Teilnehmer bei mehreren technischen Treffen tatsächlich auf Mindestpreise oder Preiserhöhungen verständigt hätten, mitunter sogar auf die Maßnahmen der Erhöhung.

118    Insbesondere in den oben in den Rn. 114 bis 116 genannten Aussagen ist auch von der Beteiligung der Einheiten SRS, „SRS/Tudapetrol“, „H&R/Tudapetrol“ oder Hansen & Rosenthal an den technischen Treffen die Rede und werden die Mitarbeiter von Tudapetrol benannt, die bei den Treffen anwesend waren. Zum Beispiel nennt Sasol in seiner Aussage vom 12. Mai 2005 für den Zeitraum von 1993 bis 2003 Hansen & Rosenthal als eine der regelmäßigen Teilnehmerinnen der Treffen „Blauer Salon“, die durch Herrn W., dann durch Herrn H. und Herrn G., beide Mitarbeiter der Klägerin, vertreten worden sei (vgl. Rn. 28 der angefochtenen Entscheidung, oben in Rn. 13 wiedergegeben). Bei ihren Aussagen hat Sasol nicht zwischen Tudapetrol und Hansen & Rosenthal differenziert. In ihrer Aussage vom 18. Dezember 2006 hat Sasol sogar angegeben, dass Herr W. einer der Gründungsväter der Treffen „Blauer Salon“, also der technischen Treffen, gewesen sei. Herr W. hat die Klägerin aber bei den technischen Treffen, die zwischen 1994 und 1999 stattfanden, vertreten.

119    Im Übrigen hat die Kommission in den Rn. 107 und 113 der angefochtenen Entscheidung auf die oben in den Rn. 114 bis 116 genannten Aussagen verwiesen.

120    Die betreffenden Erklärungen wurden auf der Grundlage von Zeugenaussagen von Personen, die an den technischen Treffen teilgenommen hatten, nach reiflicher Überlegung abgegeben und belasten auch die Unternehmen, in deren Namen sie erfolgten. Außerdem stimmen die Erklärungen im Großen und Ganzen mit der Beschreibung der Zuwiderhandlung überein, was dazu beiträgt, ihre Glaubwürdigkeit noch weiter zu erhöhen. Somit sind sie im Sinne der oben in Rn. 103 angeführten Rechtsprechung besonders verlässlich.

121    Als Zweites ist festzustellen, dass die oben in den Rn. 114 bis 116 genannten Aussagen durch handschriftliche Vermerke aus der Zeit der technischen Treffen untermauert werden, die die Kommission bei ihren Nachprüfungen vorgefunden hat und die der Klägerin während des Verwaltungsverfahrens zugänglich waren; ein Teil von ihnen ist u. a. in den Rn. 132 bis 134, 139, 141, 145, 147, 153, 156, 157 und 163 der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben. Sie beziehen sich auf die Treffen, bei denen Tudapetrol anwesend war. Und wie die Kommission in Rn. 215 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, sind die Vermerke von MOL während der Treffen von einer Person erstellt worden, die an den Treffen teilgenommen hat. Inhaltlich sind sie strukturiert und recht detailliert. Ihr Beweiswert ist daher sehr hoch. Was die Informationsvermerke von Sasol über den „Blauen Salon“ angeht, handelt es sich um Dokumente aus dem betreffenden Zeitraum, die in tempore non suspecto, nämlich jeweils kurz nach den einzelnen technischen Treffen, erstellt worden sind. Auch wenn die Person, die sie erstellt hat, nicht an den technischen Treffen teilgenommen hat, hat sie sich auf die Informationen gestützt, die sie von einem Teilnehmer erhalten hatte. Der Beweiswert der Vermerke ist daher hoch.

122    Als Drittes ist festzustellen, dass die Klägerin der angefochtenen Entscheidung zufolge im Zeitraum der Beteiligung an der Zuwiderhandlung (24. März 1994 bis 30. Juni 2002) an 22 technischen Treffen teilgenommen hat, bei denen sie durch einen oder mehrere Mitarbeiter vertreten wurde, die für den Vertrieb der Paraffinwachse zuständig waren. Die Klägerin bestreitet lediglich ihre Teilnahme an den technischen Treffen vom 22. und 23. Februar 1996 und vom 26. und 27. Juni 2001. Sie bestreitet also nicht, an 20 von den 35 Treffen teilgenommen zu haben, die während des Zeitraums ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung stattgefunden haben (vgl. insoweit oben, Rn. 45 und 46).

123    Zu wettbewerbswidrigen Vereinbarungen, die wie im vorliegenden Fall bei Treffen konkurrierender Unternehmen zustande kommen, hat der Gerichtshof indes bereits entschieden, dass eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG vorliegt, wenn diese Treffen die Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken und damit der künstlichen Regulierung des Marktes dienen. In einem solchen Fall genügt es zum Nachweis der Teilnahme eines Unternehmens am Kartell, wenn die Kommission dartut, dass das Unternehmen an Treffen teilnahm, bei denen wettbewerbswidrige Vereinbarungen geschlossen wurden. Ist die Teilnahme an solchen Treffen erwiesen, so obliegt es dem fraglichen Unternehmen, Indizien darzutun, aus denen sich seine fehlende wettbewerbswidrige Einstellung bei der Teilnahme an den Treffen ergibt, und nachzuweisen, dass es seine Konkurrenten auf seine andere Zielsetzung hingewiesen hatte (Urteile des Gerichtshofs Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Rn. 68 angeführt, Rn. 81, und vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C‑403/04 P und C‑405/04 P, Slg. 2007, I‑729, Rn. 47).

124    Diese Regel beruht auf der Erwägung, dass das Unternehmen, indem es an dem fraglichen Treffen teilnahm, ohne sich offen von dessen Inhalt zu distanzieren, den anderen Teilnehmern Anlass zu der Annahme gab, dass es dem Ergebnis des Treffens zustimme und sich daran halten werde (Urteile Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Rn. 68 angeführt, Rn. 82, und Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, oben in Rn. 123 angeführt, Rn. 48).

125    Die von dieser Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze finden auch auf Treffen Anwendung, die zu abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne der oben in Rn. 84 angeführten Rechtsprechung führen.

126    Im vorliegenden Fall behauptet die Klägerin aber nicht, dass sie sich von dem Inhalt der wettbewerbswidrigen Treffen offen distanziert hätte. Sie behauptet, sie sei bei den Treffen anwesend gewesen, um technische Fragen zu besprechen. Sie hat aber keine Beweise dafür geliefert, dass ihr Vertreter die technischen Treffen nach dem Ende der Gespräche zu den technischen Fragen stets verlassen hätte. Sie hat weder Beweise noch Indizien dafür vorgelegt, dass sie sich von dem wettbewerbswidrigen Inhalt der Treffen distanziert oder an den Treffen mit einer anderen Zielsetzung als die anderen Teilnehmer teilgenommen hätte. Vielmehr hat Sasol, wie oben in Rn. 118 ausgeführt, ausgesagt, dass Herr W., der die Klägerin von 1994 bis 1999 bei den technischen Treffen vertrat, einer der Gründungsväter der Treffen „Blauer Salon“ gewesen sei.

127    Als Viertes ist daran zu erinnern, dass ein Unternehmen für ein Gesamtkartell zur Verantwortung gezogen werden kann, auch wenn es nachweislich nur an einem oder mehreren Bestandteilen dieses Kartells unmittelbar mitgewirkt hat, sofern es wusste oder zwangsläufig wissen musste, dass die Absprache, an der es insbesondere durch die Teilnahme an regelmäßig über mehrere Jahre stattfindenden Sitzungen beteiligt war, Teil eines Gesamtsystems war, das auf die Verfälschung des normalen Wettbewerbs gerichtet war, und dass sich dieses System auf sämtliche Bestandteile des Kartells erstreckte. Dass einzelne Unternehmen bei der Verfolgung eines gemeinsamen Zieles unterschiedliche Rollen spielten, ändert nichts an dem wettbewerbswidrigen Zweck und damit an der Zuwiderhandlung, sofern jedes Unternehmen auf seiner Ebene zur Verfolgung des gemeinsamen Zieles beitrug (vgl. Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Rn. 92 angeführt, Rn. 370 und die dort angeführte Rechtsprechung).

128    Erstens ist festzustellen, dass die Klägerin während der Dauer der Zuwiderhandlung an den meisten Treffen teilgenommen hat, so dass ihre Abwesenheit bei einzelnen Treffen die Richtigkeit der Beurteilung der Kommission nicht in Frage stellen kann.

129    Zweitens ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, es sei der Kommission bei bestimmten technischen Treffen nicht gelungen, den Inhalt der Gespräche zu rekonstruieren, so dass diese Treffen möglicherweise nur die Tatkomplexe betroffen hätten, bei denen ihre Verantwortlichkeit nicht festgestellt worden sei (Aufteilung der Kunden und Absprachen betreffend Paraffingatsch).

130    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission über Beweise verfügt, die belegen, dass bei den technischen Treffen in der Regel zumindest eine Diskussion über die Preise für Paraffinwachse geführt wurde. Insbesondere hat Sasol in der Erklärung vom 12. Mai 2005 ausgeführt, dass die technischen Treffen im Allgemeinen zu einem wettbewerbswidrigen Verhalten führten, da „Preiserhöhungen oder ‑ermäßigungen erörtert“ und Informationen zu den Bruttopreisen und zu Planungen hinsichtlich der Kapazitäten ausgetauscht wurden. Nach der Erklärung von Repsol vom 19. Mai 2005 wurde bei den technischen Treffen über die Höhe der von den Teilnehmern angewandten Preise diskutiert. Shell erklärte, dass es bei allen technischen Treffen um Preisfestsetzung gegangen sei (vgl. auch oben, Rn. 114 bis 116). Die Kommission hat in Rn. 107 der angefochtenen Entscheidung auf diese Erklärungen von Sasol, Repsol und Shell Bezug genommen, und diese waren der Klägerin im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zugänglich gemacht worden.

131    Des Weiteren hat die Kommission in Rn. 240 der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen, dass u. a. aus den Rn. 98, 107, 133, 139, 145, 147, 153, 156, 157 und 163 der angefochtenen Entscheidung hervorgehe, dass die beteiligten Unternehmen Mindestpreise festgesetzt und Preiserhöhungen vereinbart hätten. Überdies hat die Kommission in den Rn. 134, 141 und 165 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Teilnehmer an diesen technischen Treffen sensible geschäftliche Informationen in Bezug auf Paraffinwachse, insbesondere zur Höhe der Preise, ausgetauscht hätten. Diese Randnummern enthalten zahlreiche Zitate aus Vermerken von MOL und den Informationsvermerken von Sasol über den „Blauen Salon“, die den Austausch von Informationen über die Preise, die Absicht, die Preise zu erhöhen oder zu stabilisieren, und in einigen Fällen sogar vereinbarte Preiserhöhungen belegen. Sie werden durch Bezugnahmen auf die Unternehmenserklärungen ergänzt.

132    Somit ist allgemein festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung zur Verantwortlichkeit der Klägerin für die Zuwiderhandlung eine Beweisführung mit Belegen enthält.

133    Die Argumente der Klägerin können diese Feststellung nicht entkräften.

134    Zum einen betreffen die alternativen Erklärungen der Klägerin jeweils ein bestimmtes technisches Treffen. Somit können sie keine plausible Alternativerklärung hinsichtlich der Gesamtheit der von der Kommission gesammelten Beweise darstellen, anhand deren diese das Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung feststellen konnte.

135    Zum anderen bezieht sich die Argumentation der Klägerin großenteils darauf, dass es keine Vereinbarung zur Festlegung der Preise für Paraffinwachse gegeben haben soll. Diese Argumentation ist jedoch nicht stichhaltig.

136    Nach der oben in Rn. 83 angeführten Rechtsprechung kann vom Abschluss einer Vereinbarung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG ausgegangen werden, wenn hinsichtlich der Wettbewerbsbeschränkung als solcher ein übereinstimmender Wille vorliegt, selbst wenn die einzelnen Bestandteile der beabsichtigten Beschränkung noch Gegenstand von Verhandlungen sind. Demnach musste die Kommission bei der Anwendung von Art. 81 EG im vorliegenden Fall nicht nachweisen, dass sich die Teilnehmer tatsächlich auf bestimmte Preise oder spezifische, bezifferte Maßnahmen der Erhöhung der Preise geeinigt haben. Es genügte der Nachweis eines übereinstimmenden Willens der Teilnehmer zur Festsetzung oder Angleichung der Preise. Die Klägerin macht aber kein spezifisches Argument geltend, um die Erklärungen von Sasol, Repsol und Shell zu widerlegen, die technischen Treffen hätten dazu gedient, die Preise festzusetzen.

137    Ferner verfügt die Kommission über eine Reihe unwiderleglicher Beweise, aus denen sich ergibt, dass die Beteiligten über einen Zeitraum von mehr als zwölf Jahren, der den Zeitraum der Beteiligung von Tudapetrol umfasste, bei technischen Treffen regelmäßig Informationen über ihre Preise und vorgesehene Erhöhungen austauschten. Die Klägerin hat dagegen keine schlüssige Erklärung für diese Aktivitäten vorgebracht, die der Feststellung der Kommission, dass die Festlegung der Preise gerade den Zweck dieser Praktiken darstellte, die Plausibilität nähme. Vielmehr stellt der lange Zeitraum, in dem systematisch wettbewerbswidrige Treffen, bei denen es um die Preise ging, abgehalten wurden, als solcher ein Indiz dafür dar, dass die Beteiligten das Ziel verfolgten, ihre Preispolitik aufeinander abzustimmen, indem sie bewusst eine gegenseitige Kooperation an die Stelle der Risiken des Marktes treten ließen.

138    Außerdem steht Art. 81 Abs. 1 EG nach der oben in Rn. 85 angeführten Rechtsprechung jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern entgegen, durch die entweder das Marktverhalten eines tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerbers beeinflusst oder ein solcher Wettbewerber über das Marktverhalten, zu dem der betreffende Wirtschaftsteilnehmer selbst entschlossen ist oder das er in Erwägung zieht, ins Bild gesetzt wird, wenn diese Fühlungnahme eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt. Die Klägerin bestreitet aber nicht, dass bei den technischen Treffen eine Fühlungnahme und ein Austausch sensibler Informationen stattgefunden haben.

139    Somit ist allgemein festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin nicht geeignet ist, die Beurteilung der Kommission, wie sie in der angefochtenen Entscheidung enthalten ist, zu entkräften. Im Folgenden wird das Gericht auf bestimmte technische Treffen eingehen, um zu prüfen, ob die Kommission den Beginn und das Ende der Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung richtig festgesetzt und zu Recht festgestellt hat, dass die betreffenden technischen Treffen tatsächlich den der Klägerin zur Last gelegten Haupttatkomplex betrafen.

–       Zum Vorbringen der Klägerin zu bestimmten technischen Treffen

140    In der angefochtenen Entscheidung ist der Beginn der Beteiligung von Tudapetrol an der Zuwiderhandlung auf den 24. März 1994 festgesetzt worden, den Tag, an dem Hansen & Rosenthal von Wintershall den Geschäftsbereich Paraffinwachse (SRS GmbH) erworben hat. Am selben Tag wurde Herr W., der zuvor bei Wintershall beschäftigt war, Vertriebsleiter von Tudapetrol.

141    Herr W. hatte als Vertreter von Wintershall bereits an den früheren technischen Treffen teilgenommen. Der angefochtenen Entscheidung zufolge (Rn. 126, 128 und 131) tauschten die Teilnehmer bei den Treffen vom 3. und 4. September 1992, 23. und 24. November 1992 und 25. Oktober 1993 Informationen über die Preise aus oder einigten sich über deren Höhe. Außerdem war Herr W. nach einer Aussage von Sasol einer der Gründungsväter der Treffen „Blauer Salon“, bei denen Gespräche zur Festsetzung der Preise geführt wurden. Nach der Aussage von Sasol haben die Teilnehmer bei dem technischen Treffen vom 25. Oktober 1993 die Preise auch tatsächlich festgesetzt.

142    Mithin war Herrn W., als er seine Tätigkeit bei der Klägerin am 24. März 1994 aufnahm, durchaus bekannt, dass bei den technischen Treffen wettbewerbswidrige Gespräche zur Festsetzung der Preise für Paraffinwachse geführt wurden.

143    Als Erstes ist das Vorbringen der Klägerin zum technischen Treffen vom 24. Juni 1994 in Budapest (Ungarn) (Rn. 132 der angefochtenen Entscheidung) zu prüfen.

144    Die Klägerin bestreitet nicht, dass Herr W., der damals bei ihr beschäftigt war, bei dem Treffen anwesend war. Sie macht aber geltend, dass sich in dem Vermerk von MOL über das Treffen lediglich ein Verweis auf technische Probleme, zu erwartende Produktionsmengen sowie Preiserhöhungen finde. Ihr werde jedoch nur eine Preisabsprache vorgeworfen. Ebenso habe der Austausch von Informationen über die Wartung von Werken keine Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bewirkt, vielmehr sei er durch Kreuzlieferungen von Paraffinwachsen zwischen den Kartellteilnehmern gerechtfertigt gewesen.

145    Aus dem bei dem Treffen erstellten Vermerk von MOL, auf den sich die Kommission in Rn. 132 der angefochtenen Entscheidung bezieht, geht hervor, dass bei dem Treffen ein Austausch geschäftlich sensibler Informationen, wie der erwarteten Produktionsmengen und der von bestimmten Teilnehmern angewandten Preise, stattgefunden hat. Dem Vermerk zufolge hat Tudapetrol angegeben, dass ihre Verkaufsmenge in dem betreffenden Jahr 32 000 Tonnen betrage, wovon 25 % an Kerzenhersteller verkauft worden (oder für diese bestimmt) seien. In der Stelle des Vermerks von MOL, der sich auf Tudapetrol bezieht, heißt es:

„Sie haben ab 15. Mai erhöht -> für die Kerzenhersteller[;] auch für die Blender (Fuller 1. August [DM 50/t]).“

146    Aus den von der Kommission herangezogenen Beweismitteln geht also hervor, dass die Teilnehmer des Treffens, einschließlich der Klägerin, kommerziell empfindliche Informationen über Paraffinwachse und sogar über die Preise ausgetauscht haben, wobei es sich um den Tatkomplex handelt, für den die Klägerin verantwortlich gemacht worden ist.

147    Folglich hat die Kommission, da die Klägerin nicht dargetan hat, dass sie sich vom wettbewerbswidrigen Inhalt des technischen Treffens vom 24. Juni 1994 distanziert hätte, keinen Fehler begangen, indem sie der Klägerin die Teilnahme an dem Treffen zur Last gelegt hat.

148    Was als Zweites das Treffen vom 7. und 8. September 1995 in Straßburg (Frankreich) (Rn. 137 der angefochtenen Entscheidung) angeht, hat die Kommission eingehend den Inhalt eines Vermerks von MOL und eines Informationsvermerks von Sasol über den „Blauen Salon“ untersucht und sich auf die Aussagen bestimmter Kartellteilnehmer gestützt. In Rn. 240 der angefochtenen Entscheidung gelangt sie zu dem Schluss, dass die Teilnehmer des Treffens Mindestpreise festsetzten oder Preiserhöhungen vereinbarten.

149    Die Klägerin meint, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die Preisangaben in dem Vermerk von MOL und dem Informationsvermerk von Sasol über den „Blauen Salon“ auf einer Vereinbarung oder Verhaltensabstimmung beruht hätten. Die Aussage von Sasol sei lediglich eine einseitige Aussage. Die von der Kommission angeführten Belege enthielten in Bezug auf sie gerade keine Preisangaben.

150    Der Vermerk von MOL enthält folgende Angaben:

„11. Schümann DM 970,– Min.Preis

13. Total DM 920,– -> hoch DM 950,– -> DM 970,– geplant vor Jahresende

15. wir heben an auf 900“

151    Im Informationsvermerk über den „Blauen Salon“ heißt es:

„Preise hoch per 1/1.9[6]?

– Tendenz schlecht

Dea + Tuda:

im Prinzip ja, aber zu viel Ware auf dem Markt

Total (Mobil/BP):

Erhöhung möglich?? Ziel aber stabilisieren

Repsol:

ja

Ungarn – T. Todt:

vorläufig ‚no comment‘ – sauer, da Sept ʼ95 % ca. 1 000 to verabschiedet bei ICI/Eika/Vollmar/Gasda/Bolsius“

152    Sasol hat bestätigt, dass die Teilnehmer, als sie bei dem Treffen nach ihrer Meinung gefragt wurden, ihre Absicht offengelegt haben, zum 1. Januar 1996 die Preise zu erhöhen.

153    Somit beruht die Ansicht der Kommission, dass die Teilnehmer an diesem Treffen „Informationen über ihre künftige Preispolitik [austauschten] und … Preiserhöhungen als auch Mindestpreise [erörterten und beschlossen]“, auf einer Reihe besonders schlüssiger Beweise. Die Erklärung von Sasol räumt jeglichen Zweifel hinsichtlich des Vorliegens eines übereinstimmenden Willens über eine Preiserhöhung aus. Die bloße Tatsache, dass das Niveau der Erhöhung und das der Mindestpreise von Unternehmen zu Unternehmen verschieden sind, hat keine Auswirkung darauf, dieses Treffen so zu beschreiben, dass es zu einer Vereinbarung über Preisfestsetzungen geführt hat, wobei der Ausdruck „Preisfestsetzung“ nicht voraussetzt, dass ein einheitlicher Preis bei allen Teilnehmern angewandt wird.

154    Die Behauptung, die im Informationsvermerk über den „Blauen Salon“ enthaltene Angabe „Dea + Tuda: im Prinzip ja, aber zu viel Ware auf dem Markt“ betreffe nur Dea, wird von der Klägerin in keiner Weise untermauert. Dieser Passus ist objektiv dahin zu verstehen, dass die Teilnehmer über die Erhöhung der Preise am 1. Januar 1996 gesprochen haben. Dea und Tudapetrol erklärten sich grundsätzlich mit der Erhöhung einverstanden, wiesen aber darauf hin, dass es „zu viel Ware auf dem Markt“ gebe, ein Faktor, der für die geplante Erhöhung der Preise erheblich war. Dass neben dem Namen der Klägerin kein Preis angegeben ist, kann diese nicht entlasten. Nach der oben in Rn. 83 angeführten Rechtsprechung musste die Kommission bei der Anwendung von Art. 81 EG im vorliegenden Fall nämlich nicht nachweisen, dass sich die Teilnehmer tatsächlich auf bestimmte Preise oder bestimmte bezifferte Maßnahmen der Erhöhung geeinigt haben, sondern lediglich, dass es hinsichtlich des Ziels der Festsetzung oder Angleichung der Preise einen übereinstimmenden Willen der Teilnehmer gab.

155    Die Beweismittel, auf die sich die Kommission gestützt hat, beweisen also, dass sich die Klägerin an einer Vereinbarung oder einer abgestimmten Verhaltensweise zur Festsetzung der Preise für Paraffinwachse beteiligt hat.

156    Mithin hat die Kommission dadurch, dass sie der Klägerin das Treffen zur Last gelegt hat, keinen Fehler begangen.

157    Was als Drittes das technische Treffen vom 22. und 23. Februar 1996 in Budapest (Rn. 139 der angefochtenen Entscheidung) angeht, hat sich die Kommission auf einen Vermerk von MOL gestützt, in dem es heißt: „Paraffin – alle Qualitäten gleicher Preis DM 108; Small customer/large customer – gleicher Preis DM 108; Eintauchwachs DM 1 200 – 1 250“. Der genannten Randnummer zufolge beweist dies, dass die Unternehmen, die an dem Treffen teilgenommen haben, die Preise für Paraffinwachse vereinbart haben.

158    Die Klägerin beschränkt sich darauf, zu bestreiten, dass Herr W. bei dem Treffen anwesend gewesen sei. Es existierten keine Reisekostennachweise.

159    Dieses Vorbringen ist nicht stichhaltig. Die erste Zeile des Vermerks von MOL lautet nämlich: „’96 II. 23 – [W./GO./HE./SE./KU.]“. Bei den Vermerken von MOL sind auf der ersten Seite in der ersten Zeile aber in der Regel das Datum und die Teilnehmer angegeben. Die Klägerin kann mit ihrem Vorbringen, es existierten keine Reiskostennachweise nicht durchdringen. Nach der oben in Rn. 98 angeführten Rechtsprechung sind die Beweiselemente, über die die Kommission verfügt, meistens lückenhaft und vereinzelt und müssen durch Schlussfolgerungen ergänzt werden können, die die Rekonstruktion der relevanten Umstände ermöglichen. Nach einer objektiven Prüfung des Vermerks von MOL und mangels von der Klägerin beigebrachter Gegenbeweise ist die Feststellung der Kommission, dass Herr W. bei dem Treffen anwesend gewesen sei, im vorliegenden Fall zu bestätigen.

160    Im Übrigen ist, auch wenn die Klägerin zum Inhalt des Treffens nichts vorbringt, festzustellen, dass der Vermerk von MOL eindeutige Angaben zu einer Festsetzung der Preise von Paraffinwachsen enthält. Sasol und Repsol haben unabhängig voneinander die wettbewerbswidrige Natur des Treffens bestätigt.

161    Die Kommission hat in Rn. 240 der angefochtenen Entscheidung daher zu Recht festgestellt, dass die betreffenden Unternehmen bei dem Treffen Mindestpreise festsetzten und Preiserhöhungen vereinbarten.

162    Da die Klägerin nicht dargetan hat, dass sie sich von dem wettbewerbswidrigen Inhalt des Treffens distanziert hätte, hat die Kommission ihr das Treffen zu Recht zur Last gelegt.

163    Als Viertes ist das Vorbringen der Klägerin zum Treffen vom 30. und 31. Oktober 1997 in der Nähe von Paris (Rn. 145 der angefochtenen Entscheidung) zu prüfen.

164    Die Klägerin bestreitet ihre Teilnahme an einer Wettbewerbsbeschränkung, wie sie aus dem in Fn. 63 des Anhangs der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Häkchensymbol in dem Informationsvermerk von Sasol über den „Blauen Salon“ abgeleitet werde. Die von der Kommission zusammengetragenen Beweismittel demonstrierten eher, dass sie sich bei dem Treffen nicht an einer Preisabsprache beteiligt habe, da sich die beiden Tabellen zu dem Treffen nur insoweit bestätigten, als es um die Daten für MOL, Total und Agip (heute Eni) gehe (Rn. 145 der angefochtenen Entscheidung).

165    Außerdem seien in dem Informationsvermerk über den „Blauen Salon“ bei ihr kein Preis und kein Datum vermerkt. Die Kommission führe selbst an, dass der Informationsvermerk über den „Blauen Salon“, was sie, die Klägerin, angehe, vielleicht unvollständig sei, was verdeutliche, dass die Kommission auf der Grundlage von Spekulationen arbeite. Der Vermerk von MOL nenne in der von der Kommission zitierten Tabelle keine Unternehmen. Es handele sich insoweit um unternehmensinterne Angaben, die keine Absprache zwischen Unternehmen dokumentieren. Dasselbe gelte für die andere Tabelle, auf die die Kommission rekurriere. Dass es sich bei beiden Schriftstücken um Dokumente von MOL handele, spreche dagegen, dass diese Informationen mit anderen Unternehmen geteilt worden seien.

166    Außerdem werde in einer Passage des Vermerks von MOL, in dem von Preiserhöhungen die Rede sei, an keiner Stelle ihr Name erwähnt. Lediglich SRS sei genannt, die zur H&R-Gruppe gehöre. Entgegen der Auffassung der Kommission, die meine, die Bezeichnung SRS sei mit ihr gleichzusetzen, verdeutliche die Tatsache, dass die einzelnen Aufzeichnungen sehr genau zwischen SRS und ihr differenzierten und gerade nicht durchgängig von „SRS/Tudapetrol“ die Rede sei, dass die Einheitsbetrachtung der Kommission nicht richtig sein könne.

167    In dem zu dem Treffen erstellten Informationsvermerk über den „Blauen Salon“ heißt es:

 

„Termin

Erhöhung

Min-Preis

√ SCHS, D

   

√ Dea, D

   

√ SRS-Tuda, D

   

√ MOL, HU

1.1.

  

√ Total, F

1.1.

DM 10,–

DM 120,–

Mobil-BP, F

   

√ Repsol, E

   

√ Agip, I

1.1.

DEM 10,–“

 

168    Sasol hat angegeben, diesem Informationsvermerk sei zu entnehmen, dass sich die Teilnehmer verpflichtet hätten, die Preise um 10 bis 12 DM pro 100 kg zu erhöhen, dass Total und Agip gewünscht hätten, die Preise um 10 DEM zu erhöhen und dass dies zumindest für Total zu einem Mindestpreis von 120 DM pro 100 kg habe führen müssen.

169    Der Umfang und die Zeitpunkte der Erhöhungen werden in vollem Umfang von zwei Vermerken zu diesem Treffen bestätigt, die in den Geschäftsräumen von MOL gefunden worden waren.

170    Nach Auffassung des Gerichts hat die Klägerin gegen diese kohärente Gesamtheit detaillierter Beweise für eine Vereinbarung zur Festsetzung der Preise kein überzeugendes Argument vorgebracht.

171    Dass in dem Informationsvermerk „Blauer Salon“ neben „SRS-Tuda“ weder ein Datum noch ein Preis angegeben sind, ist unerheblich. Wie oben in Rn. 98 ausgeführt, müssen die lückenhaften und vereinzelten Beweiselemente, über die die Kommission gegebenenfalls verfügt, jedenfalls durch Schlussfolgerungen ergänzt werden können, die die Rekonstruktion der relevanten Umstände ermöglichen. Und für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an einer Zuwiderhandlung genügt es, dass das Treffen einen wettbewerbswidrigen Inhalt hatte und die Klägerin bei dem Treffen anwesend war, ohne sich von dessen Inhalt zu distanzieren. Dass es eine Vereinbarung zur Festsetzung der Preise gab, geht aber aus der Angabe der Daten der geplanten Erhöhungen und der bezifferten Erhöhungsmaßnahmen neben den Namen der Unternehmen MOL, Agip und Total hervor.

172    Jedenfalls wird in dem Vermerk von MOL das Datum der geplanten Erhöhung auch neben der Angabe „SRS“ genannt. Das Vorbringen der Klägerin, SRS gehöre zur H&R-Gruppe, einem eigenständigen Unternehmen, kann den Beweiswert dieses Beweismittels hinsichtlich der Klägerin nicht entkräften. Insofern ist festzustellen, dass der Verfasser des Vermerks von MOL am Anfang die gemeinsame Bezeichnung „SRS/Tudapetrol“ verwandt hat, Tudapetrol und SRS in den Augen der anderen Teilnehmer insbesondere wegen der engen persönlichen Verbindungen zwischen ihnen zur selben Einheit gehörten und jedenfalls Tudapetrol die Gesellschaft war, die die von SRS hergestellten Paraffinwachse vertrieb. Im Übrigen ist es nachvollziehbar, dass sich der Verfasser bei während eines Treffens gemachten Notizen auf die Elemente konzentriert, die für die Geschäftspolitik seiner Gesellschaft erheblich sind, und bei den anderen Teilnehmern auf Abkürzungen zurückgreift (vgl. hierzu auch die Bezeichnung „Tuda“, die in den Notizen häufig verwendet wird, „SchS“ für Schümann-Sasol, oder „spanyolok“ [die Spanier] für Repsol und Rylesa).

173    Die Feststellung der Kommission, dass bei dem Treffen vom 30. und 31. Oktober 1997 zumindest für bestimmte Teilnehmer ein Mindestpreis von 1 200 DM/t festgesetzt worden sei, wird durch einen Vermerk von MOL zum Treffen von 5. und 6. Mai 1998 bestätigt, in dem es heißt: „Repsol – Mindestpreis 1 180 DM (nicht in der Lage zu einem Preis von 1 200 zu verkaufen“). Die plausibelste Erklärung für diese Angabe ist, dass Repsol den bei dem vorherigen Treffen vereinbarten Preis nicht anwenden konnte und den Preis angab, von dem sie meinte, ihn anwenden zu können.

174    Somit ist festzustellen, dass die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die Teilnehmer bei dem Treffen vom 30. und 31. Oktober 1997 die Preise für Paraffinwachse festgesetzt haben, und der Klägerin dieses Treffen zu Recht zur Last gelegt hat.

175    Als Fünftes ist das Vorbringen der Klägerin zum Treffen vom 27. und 28. Oktober 1999 in München (Deutschland) (Rn. 156 der angefochtenen Entscheidung) zu prüfen.

176    Insofern lag der Kommission ein Informationsvermerk von Sasol über den „Blauen Salon“ vor, in dem es heißt:

 

„Erhöhung

anwesend: Total

per 15/1.2000 + Ffr 2 300 = DM 6,85

anwesend: Repsol

 

anwesend: SRS-Tuda

per 10/1.2000

anwesend: DEA

per 17/1.2000 lt. [Herrn B. von Dea]

+ DM 8,50

anwesend: SCHS

per 15/1.2000

nicht anwesend: MOL

per 1/2.2000 (alt DM 110,– flü ffr)

+ DM 6,– laut [Herrn T.] 10/1

nicht anwesend: Mobil

 

Esso, F

per 1/2.2000 + $ 40, – (lt [Herrn M.] 19/1)

Kuwait, NL per? + DM 8,– (laut Buchh. 24/1)

generell für alle Industrien

– flüssig

+ DM 7-9,– % kg (keinesfalls weniger als DM 6,–)

– verpackt 

+ DM 11,– % kg“

177    Die Kommission hat diesen Vermerk unter Berücksichtigung der Erklärungen von Sasol in Rn. 156 der angefochtenen Entscheidung wie folgt ausgelegt:

„Demnach verpflichteten sich Total, Repsol, H&R/Tudapetrol (‚SRS Tuda‘), DEA und Sasol zu Preiserhöhungen im Januar 2000. … Total sollte die Preise am 15. Januar 2000 um 2 300 FRF [französische Francs], H&R/Tudapetrol am 10. Januar 2000, DEA am 17. Januar 2000 um 8,50 DEM und Sasol am 15. Januar 2000 erhöhen. Die nicht anwesenden Unternehmen sollten zum 1. Februar 2000 (MOL um 6 DEM und Esso um 40 USD) erhöhen, Kuwait zu einem unbekannten Termin um 8 DEM. … Die drei letzten Angaben hat Sasol nach dem technischen Treffen durch bilaterale Kontakte erhalten und nach eigenen Angaben dem Dokument am 7. Dezember 1999 hinzugefügt. … Dies geht aus dem Kürzel ‚lt‘ in Verbindung mit Namen und Datum hervor. Sasol hat die Vertreter dieser Unternehmen am genannten Tag angerufen und die Informationen über die Preiserhöhungen erhalten.“

178    Die Klägerin macht geltend, der Umstand, dass in dem Informationsvermerk über den „Blauen Salon“ unterschiedliche Preise genannt worden seien, zeige, dass insoweit keine Einigung oder Abstimmung zwischen den Unternehmen geherrscht habe oder angestrebt gewesen sei. Auch wenn man sich theoretisch auf unterschiedliche Preise einigen könne, habe die Kommission nicht nachgewiesen, dass sich alle konkret betroffenen Unternehmen im vorliegenden Fall auf unterschiedliche Preise geeinigt hätten.

179    Insofern kann es mit der Feststellung sein Bewenden haben, dass die Auslegung der Klägerin nicht mit der Aussage von Sasol vereinbar ist, die bestätigt, dass der Informationsvermerk beweist, dass sich Total, Repsol, „H&R/Tudapetrol“ („SRS-Tuda“), Dea und Sasol verpflichtet haben, die Preise im Januar 2000 zu erhöhen. Dass die Zahlen der Erhöhung unterschiedlich sind, hat keine Auswirkungen auf den Nachweis einer Vereinbarung zur Festsetzung der Preise, da insoweit der Nachweis eines übereinstimmenden Willens der Teilnehmer hinsichtlich des Ziels der Festsetzung oder Angleichung der Preise genügte. Jedenfalls ist durchaus plausibel, dass sich die Teilnehmer zu unterschiedlichen Erhöhungen verpflichtet haben, da die Ausgangspreise unterschiedlich waren und jeder abschätzen musste, welche Erhöhung er noch rechtfertigen und gegenüber seinen Kunden anwenden konnte.

180    Ebenso ist in Anbetracht der Aussagen von Sasol die plausibelste Erklärung für das Fehlen von Zahlenangaben neben den Namen bestimmter Unternehmen, die bei dem Treffen vertreten waren, dass die Erhöhung bei diesen Unternehmen die gleiche war, nämlich 6,85 DM.

181    Die Kommission hat daher rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass bei dem Treffen eine Vereinbarung über die Festsetzung von Preisen getroffen worden ist. Da sich die Klägerin nicht offen von dem wettbewerbswidrigen Inhalt des Treffens distanziert hat, kann ihr das Treffen bereits aufgrund ihrer Anwesenheit zur Last gelegt werden. Zudem gibt es Indizien (insbesondere das Datum neben der Bezeichnung „SRS-Tuda“) dafür, dass sich die Klägerin selbst zur Erhöhung der Preise verpflichtet hat.

182    Folglich hat die Kommission keinen Rechtsfehler begangen, indem sie der Klägerin das technische Treffen vom 27. und 28. Oktober 1999 zur Last gelegt hat.

183    Als Sechstes ist das Vorbringen der Klägerin zum Treffen vom 26. und 27. Juni 2001 in Paris (Rn. 163 der angefochtenen Entscheidung) zu prüfen.

184    Die Klägerin bestreitet, an diesem Treffen teilgenommen zu haben. Sie macht geltend, die Kommission stütze sich auf einen Vermerk von Herrn O., der an dem Treffen selbst nicht teilgenommen habe. Der Vermerk gebe auch falsche Daten für das Treffen an, und die Kommission könne nicht die Person angegeben, die ihn paraphiert habe. Daher erbringe dieses Dokument keinen direkten oder indirekten Beweis für ihre Teilnahme. Ihre Abwesenheit bei dem Treffen werde dadurch untermauert, dass die Kommission insoweit keine Reisekostennachweise vorgelegt habe. Jedenfalls gehe aus dem besagten Vermerk selbst inhaltlich nicht hervor, dass es zu ungesetzlichen Verhaltensabstimmungen gekommen sei.

185    Die Klägerin bestreitet, dass „SRS-Tuda“ in der Anlage B.19 zur Klagebeantwortung, auf die sich die Kommission beruft (Antwort von Sasol Wax vom 18. Dezember 2006 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission), erwähnt sei. Es sei dort nur von Hansen & Rosenthal die Rede. Das Vorbringen der Kommission, der Vermerk müsse zusammen mit der Anlage B.27 (Antwort von Sasol Wax vom 18. Dezember 2006 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission) gelesen werden, in der es zum Vermerk von Herrn O. erläuternd „SRS-Tuda (predecessor of Hansen & Rosenthal)“ heiße, sei nicht überzeugend. Daraus könne nicht geschlossen werden, dass auch sie vertreten gewesen sei, da „Tuda“ nicht die Rechtsvorgängerin von Hansen & Rosenthal sei. Eine objektiv falsche Aussage werde aber nicht dadurch richtig, dass sie ein Kronzeuge tätige. Als „predecessor“ von Hansen & Rosenthal komme nur SRS in Frage.

186    Was den Inhalt des angelasteten Treffens anbelangt, macht die Klägerin geltend, dass der von der Kommission herangezogene Vermerk (Anhang A 4.29 der Klageschrift) nur einseitige Schlussfolgerungen des Verfassers wiedergebe, aber nicht den Nachweis für eine Verhaltensabstimmung erbringe. Dies bestätige auch die Erläuterung von Sasol (Anlage B.27 der Klagebeantwortung), wonach „die Absicht, die Preise zu erhöhen, … lediglich ein Bericht von der im Blauen Salon gezogenen Schlussfolgerung gewesen [ist]“. Dass diese Schlussfolgerung gemeinsam getroffen worden sei im Sinne einer verbotenen Abstimmung, besage weder der betreffende Vermerk noch die Erläuterung von Sasol. Die Beklagte vermute dies in dubio contra reum.

187    Zunächst ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, soweit mit ihm die Anwesenheit bei dem Treffen bestritten wird.

188    Insofern ist festzustellen, dass der Informationsvermerk über den „Blauen Salon“ auf der ersten Seite in der ersten Zeile folgende Angaben enthält:

„29/6.01

Schs/Total/DEA/SRS-Tuda/Esso/Mobil-Exxon

‚no‘ MOL = separat“

189    Außerdem hat Sasol in ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen der Kommission angegeben, dass „Herr O. … die Ergebnisse des Treffens ‚Blauer Salon‘, das am 27. und 28. Juni 2001 stattfand, wie sie von Herrn K. mitgeteilt wurden, zusammengefasst [hatte]“ und dass „Teilnehmer … Sasol, Total, Dea, SRS-Tuda (Vorgänger von Hansen & Rosenthal) und ExxonMobil [waren]“.

190    Im Übrigen wurde „H&R/Tudapetrol“ zwischen dem 13. April 1999 und dem 5. Juni 2002, wie bereits ausgeführt (vgl. oben, Rn. 46), u. a. von Herrn H., einem Mitarbeiter der Klägerin, vertreten. Die Klägerin bestreitet nicht, dass Herr H. an 13 der 14 technischen Treffen, die in dem genannten Zeitraum stattgefunden haben, teilgenommen hat.

191    Und wie bereits ausgeführt, müssen die lückenhaften und vereinzelten Beweiselemente, über die die Kommission gegebenenfalls verfügt, nach der oben in Rn. 98 angeführten Rechtsprechung jedenfalls durch Schlussfolgerungen ergänzt werden können, die die Rekonstruktion der relevanten Umstände ermöglichen. Im vorliegenden Fall wird die Feststellung, dass die Klägerin bei dem Treffen anwesend gewesen sei, in Anbetracht der Beweismittel, die die Kommission beigebracht hat, nicht allein deshalb in Frage gestellt, weil die Kommission keine Belege über Reisekosten vorgelegt hat.

192    Zum Inhalt der bei dem Treffen geführten Gespräche enthält der Informationsvermerk von Sasol über den „Blauen Salon“ folgende Angaben:

„Im Laufe Juli:

bei Spezial-Kunden … Preise kündigen zum frühest- möglichen Termin

 

Ende August

Alle Preise kündigen per 30/9.01.

 

Per 1/10.01 + € 7,–“

193    Nach Rn. 163 der angefochtenen Entscheidung „zeigt [dies], dass die Unternehmensvertreter eine Erhöhung der Paraffinpreise … um 7 EUR zum 1. Oktober 2001 vereinbarten, der eine Kündigung aller bestehende[n] Preisvereinbarungen beginnend in der zweiten Jahreshälfte und abgeschlossen bis zum 30. September … vorausgehen sollte“.

194    Die Klägerin kann nicht behaupten, dass die Antwort von Sasol vom 18. Dezember 2006 auf das Auskunftsverlangen der Kommission diese Auslegung nicht stütze und nur die einseitigen Schlussfolgerungen ihres Verfassers wiedergebe. In dieser Antwort heißt es, dass „[Herr O.] … das Ergebnis des Treffens ‚Blauer Salon‘ vom [26. und 27.] Juni 2001 fest[hält]“ und dass „die Absicht, die Preise zu erhöhen, … eine Information [war], die die bei dem Treffen erzielten Ergebnisse widerspiegelte“. Da in der Aussage von Ergebnissen die Rede ist, zu denen die Teilnehmer bei einem Treffen über eine Preiserhöhung gelangt sind, beweist die betreffende Aussage, dass eine Vereinbarung über die Festsetzung der Preise vorlag. Sasol hatte nämlich kein Interesse daran, persönliche Eindrücke oder Vorschläge des Verfassers des Informationsvermerks über den „Blauen Salon“ als Ergebnisse auszugeben, zu denen die Teilnehmer bei dem Treffen gelangt sind, und ihre Situation dadurch zu verschlechtern.

195    Somit ist festzustellen, dass bei dem Treffen eine Vereinbarung über die Festsetzung der Preise getroffen worden ist und die Kommission der Klägerin das Treffen zu Recht zur Last gelegt hat, weil diese bei dem Treffen anwesend war und sich nicht davon distanziert hat.

196    Als Siebtes ist das Vorbringen der Klägerin zum technischen Treffen vom 21. und 22. Februar 2002 in Budapest (Rn. 165 der angefochtenen Entscheidung) zu prüfen.

197    Die Klägerin macht geltend, der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung zitierte Vermerk von Eni stelle kein Indiz dafür dar, dass bei diesem Treffen Preise abgestimmt worden seien.

198    Was den Inhalt des Vermerks von Eni angeht, hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung folgenden Passus zitiert:

„Das in einem sehr offenen Gesprächsklima verlaufene Treffen hat – auch unter Berücksichtigung der Unterschiede zwischen den einzelnen Märkten und den verschiedenen Produkt- und Marketingstrategien – bestätigt, dass die Einnahmen im Einklang mit den bereits von uns ergriffenen Maßnahmen weiter erhöht werden können. Wir können daher fortfahren, unsere Verträge und relativen Preise einer Überprüfung zu unterziehen, wovon naturgemäß unsere großen Kunden/Vertriebshändler von Paraffin betroffen sind.“

199    Der angefochtenen Entscheidung zufolge ist mit dem Inhalt dieses Vermerks nachgewiesen, dass sich die Teilnehmer mit dem Preisniveau befassten. Diese Auslegung ist zu bestätigen. Dass in dem Vermerk von Eni die Überprüfung der Preise als Maßnahme genannt wird, die im Licht der bei dem Treffen geführten Gespräche fortzuführen ist, zeigt, dass die Teilnehmer bei dem Treffen Informationen über die Preise ausgetauscht haben. Dies wird im Übrigen bestätigt durch den Kronzeugenantrag von Shell vom 30. März 2005, in dem das betreffende technische Treffen in der Liste mit dem Titel „Overview of meetings and communications concerning prices“ (Überblick über die Treffen und Informationsaustausche über die Preise) aufgeführt ist.

200    Die Klägerin kann daher nicht ernstlich bestreiten, dass das genannte Treffen zum Haupttatkomplex gehörte.

201    Die Klägerin macht ferner geltend, dass die Tatsache, dass in dem genannten Vermerk H&R genannt sei, ein Unternehmen, dem sie nicht angehöre, zeige, dass die Anwesenden sehr wohl zwischen der H&R-Gruppe und ihr differenziert hätten, so dass ihr ein etwaiger wettbewerbswidriger Inhalt des Treffens nicht angelastet werden könne.

202    Die Klägerin kann mit diesem Vorbringen nicht durchdringen. Wie bereits oben in Rn. 58 festgestellt, nahmen die anderen an der Zuwiderhandlung Beteiligten aufgrund der engen persönlichen und geschäftlichen Beziehungen zwischen der H&R-Gruppe und Tudapetrol auf die beiden Unternehmen oft als eine gemeinsame Einheit Bezug, insbesondere unter der Bezeichnung „H&R/Tudapetrol“, „SRS/Tudapetrol“ oder „SRS-Tuda“. Außerdem war Tudapetrol für den Vertrieb der von SRS hergestellten Paraffinwachse verantwortlich.

203    So haben die Teilnehmer in den verschiedenen Notizen und Vermerken, insbesondere denen, die bei den Treffen erstellt wurden oder für den internen Gebrauch in einem der Unternehmen bestimmt waren, häufig Kurzbezeichnungen verwendet, gegebenenfalls nur „SRS“, „H&R“ oder „Tuda“. Insofern ist bezeichnend, dass Herr O. in dem zum technischen Treffen vom 30. und 31. Oktober 1997 erstellten Informationsvermerk über den „Blauen Salon“ (oben, Rn. 167) den Ausdruck „SRS-Tuda“ verwendet, obwohl damals allein Herr W., ein Mitarbeiter von Tudapetrol, und nicht von SRS, an den technischen Treffen teilnahm. Auch in dem Vermerk von MOL (auf den oben in Rn. 169 verwiesen wird) wird lediglich SRS genannt. Er enthält dieselbe Tabelle wie die des Informationsvermerks über den „Blauen Salon“, in dem der Ausdruck „SRS-Tuda“ verwendet wird. Insbesondere diese Indizien sprechen ganz klar dafür, dass die Teilnehmer Tudapetrol, was die Beteiligung an den bei den technischen Treffen getroffenen Vereinbarungen angeht, nicht von SRS oder H&R unterschieden haben. Die Klägerin hat nicht dargetan, dass dies beim Vermerk von Eni anders wäre.

204    Auch die fehlende Erwähnung eines Unternehmens in einem Schriftstück führt nicht dazu, dass seine Beteiligung an der Vereinbarung verneint wird, wenn sie bereits durch andere Schriftstücke bewiesen wurde und die fehlende Erwähnung kein anderes Licht auf die schriftlichen Beweise werfen kann, die die Kommission verwendet hat, um die Beteiligung des Unternehmens an der Vereinbarung darzutun (Urteil des Gerichts vom 11. Dezember 2003, Ventouris/Kommission, T‑59/99, Slg. 2003, II‑5257, Rn. 91).

205    Somit hat die Kommission, indem sie auf die unbestrittene Anwesenheit von Herrn H., einem damaligen Mitarbeiter von Tudapetrol, bei dem Treffen abgestellt hat, zu Recht festgestellt, dass Tudapetrol an dem Treffen teilgenommen hat.

206    Folglich hat die Kommission keinen Fehler begangen, indem sie der Klägerin das Treffen zur Last gelegt hat.

207    Als Achtes und Letztes ist das Vorbringen der Klägerin zum technischen Treffen vom 5. Juni 2002 in Budapest zu prüfen, dem letzten, bei dem ihre Teilnahme in der angefochtenen Entscheidung festgestellt worden ist (Rn. 166 der angefochtenen Entscheidung).

208    In der genannten Randnummer hat die Kommission festgestellt, dass „H&R/Tudapetrol“ an dem Treffen teilgenommen habe und dass der Gegenstand des Treffens nicht mit Sicherheit habe in Erfahrung gebracht werden können.

209    Die Klägerin bestreitet nicht, dass Herr H., der damals Mitarbeiter von ihr war, an dem genannten technischen Treffen teilgenommen hat.

210    Sie macht geltend, die Kommission behaupte nicht einmal, dass es dort wettbewerbswidrige Verhaltensweisen gegeben hätte, so dass ihr das Treffen nicht angelastet werden könne.

211    Nach Auffassung des Gerichts ist dieses Vorbringen unerheblich. Die Kommission hat nämlich das Vorliegen einer komplexen, einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nachgewiesen, in deren Rahmen die regelmäßigen technischen Treffen stattfanden. Die Beteiligung der Klägerin am Haupttatkomplex („Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmt[e] Verhaltensweisen …, die darauf abzielten, auf dem Markt für Paraffinwachse Preise festzusetzen, kommerziell empfindliche Informationen auszutauschen und offenzulegen“) ist von der Kommission aber durch zuverlässige und übereinstimmende Aussagen von Unternehmen und eine Gesamtheit von Dokumentenbeweisen, auf die teilweise oben in den Rn. 140 bis 200 eingegangen worden ist, mehr als genug nachgewiesen worden.

212    Nach Rn. 606 der angefochtenen Entscheidung wird „[f]ür Tudapetrol … der 30. Juni 2002 als Enddatum des Haftungszeitraums angenommen; zu diesem Zeitpunkt endete die Beschäftigung der Vertreter von Tudapetrol an den technischen Treffen“.

213    Selbst wenn das technische Treffen vom 5. Juni 2002 keinen wettbewerbswidrigen Inhalt gehabt hätte, würde der Zeitraum der Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung deshalb aber nicht reduziert.

214    Nach der Rechtsprechung ist der Schluss auf die endgültige Beendigung der Beteiligung eines Unternehmens an einem Kartell nämlich nur möglich, wenn sich dieses Unternehmen offen vom Inhalt des Kartells distanziert hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, T‑446/05, Slg. 2010, II‑1255, Rn. 241).

215    Außerdem hat der Gerichtshof entschieden, dass es für die Beurteilung der Frage, ob sich das betroffene Unternehmen von der rechtswidrigen Vereinbarung distanzieren wollte, tatsächlich entscheidend auf das Verständnis ankommt, das die übrigen Kartellteilnehmer von seiner Absicht hatten (Urteil des Gerichtshofs vom 19. März 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, C‑510/06 P, Slg. 2009, I‑1843, Rn. 120).

216    Im vorliegenden Fall behauptet die Klägerin aber nicht, dass sie sich nach der Wahrnehmung der anderen Teilnehmer offen vom Kartell distanziert hätte.

217    Somit ist festzustellen, dass die Kommission zu Recht festgestellt hat, dass sich die Klägerin vom 24. März 1994 bis zum 30. Juni 2002 am Haupttatkomplex beteiligt hat. Der dritte Teil des ersten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

218    Folglich ist der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verjährung

219    Die Klägerin rügt einen Verstoß gegen Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1/2003. Ihr habe jedenfalls zum 28. April 2000 keine Teilnahme an der Zuwiderhandlung mehr vorgeworfen werden können. Die von der Kommission am 28. und 29. April 2005 durchgeführten Nachprüfungen hätten somit keine verjährungsunterbrechende Wirkung gehabt, weil die Verjährungsfrist des Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1/2003 gegenüber ihr bereits abgelaufen gewesen sei.

220    Nach Art. 25 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 verjährt die Befugnis der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen nach Art. 23 dieser Verordnung in fünf Jahren.

221    Art. 25 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 lautet:

„Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Tag, an dem die Zuwiderhandlung begangen worden ist. Bei dauernden oder fortgesetzten Zuwiderhandlungen beginnt die Verjährung jedoch erst mit dem Tag, an dem die Zuwiderhandlung beendet ist.“

222    Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 bestimmt:

„Die Verjährung der Befugnis zur Festsetzung von Geldbußen … wird durch jede auf Ermittlung oder Verfolgung der Zuwiderhandlung gerichtete Handlung der Kommission oder der Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats unterbrochen. Die Unterbrechung tritt mit dem Tag ein, an dem die Handlung mindestens einem an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen oder einer beteiligten Unternehmensvereinigung bekannt gegeben wird.“

223    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Nachprüfungsentscheidung, die am 28. April 2005 zugestellt wurde und u. a. an die Klägerin gerichtet war, die erste Handlung darstellt, mit der die Verjährung unterbrochen wurde.

224    Die Dauer einer Zuwiderhandlung ist sowohl ein integraler und untrennbarer Bestandteil der Feststellung einer Zuwiderhandlung als auch eine der Voraussetzungen, die für die Verjährung der Verfolgung einer dauernden Zuwiderhandlung maßgebend sind (vgl. Urteil Peróxidos Orgánicos/Kommission, oben in Rn. 105 angeführt, Rn. 21).

225    Die Beachtung der Verjährungsvorschriften durch die Kommission setzt voraus, dass diese den Zeitraum, während dessen sich die Klägerin an der Zuwiderhandlung beteiligt hat, richtig bestimmt. Daher ist zu prüfen, ob die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung zumindest bis zum 28. April 2000, also fünf Jahre vor der Zustellung der Entscheidung, mit der die Nachprüfungen angeordnet wurden, gedauert hat.

226    Die Klägerin macht als Erstes geltend, sie habe das von der vorgeworfenen Zuwiderhandlung betroffene Paraffingeschäft zum 1. Mai 2000 auf die H&R Wax Company Vertrieb Komplementär GmbH & Co. KG übertragen und danach nur einige wenige Paraffinkunden behalten.

227    Hierzu ist festzustellen, dass dieses Vorbringen der Klägerin unerheblich ist, da die betreffende Übertragung am 1. Mai 2000 erfolgt ist, also weniger als fünf Jahre vor der Zustellung der Entscheidung, mit der die Nachprüfungen angeordnet wurden. Jedenfalls hat die Klägerin, wie die Kommission in Rn. 616 der angefochtenen Entscheidung festgestellt und die Klägerin selbst eingeräumt hat, weiterhin einige Paraffinkunden behalten.

228    Als Zweites hat die Kommission in dieser Rn. 616 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass Herr H. nach dem 1. Mai 2000 weiterhin bei den technischen Treffen anwesend und bis zum 30. Juni 2002 bei Tudapetrol beschäftigt war, so dass Tudapetrol bis zum 30. Juni 2002 als für die Zuwiderhandlung verantwortlich anzusehen war.

229    Die Klägerin tritt dem entgegen. Sie macht geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass sie sich nach dem 31. März 2000 an dem Kartell beteiligt habe, entweder weil überhaupt keine Teilnahme von ihr an Treffen nachweisbar sei oder die Kommission jedenfalls keine Angaben zum Inhalt der Treffen habe machen können.

230    Dieses Vorbringen trifft in tatsächlicher Hinsicht nicht zu. Wie sich aus der Prüfung des ersten Klagegrundes ergibt, hat die Kommission fehlerfrei nachgewiesen, dass sich die Klägerin vom 24. März 1994 bis zum 30. Juni 2002 am Haupttatkomplex beteiligt hat (vgl. oben, Rn. 217).

231    Folglich ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen. Entsprechend ist die Klage, soweit mit ihr die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung begehrt wird, abzuweisen.

232    Was die Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung angeht, gelangt das Gericht zu dem Schluss, dass die Klägerin weder einen Fehler noch eine Unregelmäßigkeit in der angefochtenen Entscheidung nachgewiesen hat, der bzw. die die Herabsetzung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße rechtfertigen würde. Außerdem hält es die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere der Schwere und der Dauer der von der Klägerin begangenen Zuwiderhandlung, für angemessen.

233    Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang zurückzuweisen.

 Kosten

234    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten, einschließlich der durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten, aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Tudapetrol Mineralölerzeugnisse Nils Hansen KG trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission, einschließlich der durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten.

Czúcz

Labucka

Gratsias

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Dezember 2014.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Sachverhalt

Verwaltungsverfahren und Erlass der angefochtenen Entscheidung

Verhältnis zwischen der H&R-Gruppe und Tudapetrol

Verfahren und Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

Zum ersten Klagegrund: Fehlen einer durch die Klägerin begangenen Zuwiderhandlung

Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen die Art. 81 EG und 253 EG

Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: Verletzung der Verteidigungsrechte

Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes: fehlende Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung

– Zu den Begriffen „Vereinbarung“ und „abgestimmte Verhaltensweise“

– Zu den Grundsätzen der Beweiswürdigung

– Zur angefochtenen Entscheidung

– Gesamtwürdigung der Beweise für eine von der Klägerin begangene Zuwiderhandlung

– Zum Vorbringen der Klägerin zu bestimmten technischen Treffen

Zum zweiten Klagegrund: Verjährung

Kosten


* Verfahrenssprache: Deutsch.