Language of document : ECLI:EU:C:2023:908

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

23. November 2023(*)

„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV – Französischer Luftverkehrsmarkt – Von der Französischen Republik angemeldete Beihilferegelung – Zahlungsmoratorium für Luftverkehrsabgaben und ‑entgelte zur Unterstützung von Luftfahrtunternehmen im Rahmen der Covid‑19-Pandemie – Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen – Beschluss der Europäischen Kommission, keine Einwände zu erheben – Beihilfe zur Beseitigung von Schäden, die durch ein außergewöhnliches Ereignis entstanden sind – Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung – Freier Dienstleistungsverkehr“

In der Rechtssache C‑210/21 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 2. April 2021,

Ryanair DAC mit Sitz in Swords (Irland), vertreten durch V. Blanc, F.‑C. Laprévote und E. Vahida, Avocats, I.‑G. Metaxas-Maranghidis, Dikigoros, sowie D. Pérez de Lamo und S. Rating, Abogados,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch L. Flynn, C. Georgieva, S. Noë und F. Tomat als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

Französische Republik, zunächst vertreten durch A.‑L. Desjonquères, P. Dodeller, T. Stéhelin und N. Vincent, dann durch A.‑L. Desjonquères, T. Stéhelin und N. Vincent, und schließlich durch A.‑L. Desjonquères und T. Stéhelin als Bevollmächtigte,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos, der Richterin O. Spineanu-Matei, der Richter J.‑C. Bonichot und S. Rodin (Berichterstatter) sowie der Richterin L. S. Rossi,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: M. Longar, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2022,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Ryanair DAC die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 17. Februar 2021, Ryanair/Kommission (T‑259/20, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:92), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2020) 2097 final der Kommission vom 31. März 2020 über die staatliche Beihilfe SA.56765 (2020/N) – Frankreich – COVID‑19 – Zahlungsmoratorium für Luftverkehrsabgaben zugunsten öffentlicher Luftfahrtunternehmen (ABl. 2020, C 294, S. 8, im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen hat.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

2        Die Vorgeschichte des Rechtsstreits, wie sie sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, kann wie folgt zusammengefasst werden.

3        Am 24. März 2020 meldete die Französische Republik bei der Europäischen Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV eine Beihilfemaßnahme in Form eines Zahlungsmoratoriums für die jeweils von Luftfahrtunternehmen zu entrichtende Zivilluftfahrtsteuer und die Solidaritätsabgabe auf Flugtickets (im Folgenden: in Rede stehende Beihilferegelung) an.

4        Ziel der in Rede stehenden Beihilferegelung war, dass Luftfahrtunternehmen, die eine in Frankreich gemäß Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (ABl. 2008, L 293, S. 3) erteilte Betriebsgenehmigung (im Folgenden: französische Genehmigung) besitzen, bis zur Aufhebung der mit der Covid‑19-Pandemie verbundenen Reisebeschränkungen oder ‑verbote und bis zur Rückkehr zu einer normalen Geschäftstätigkeit genügend Liquidität verbleibt. Die Regelung sah vor, dass die Zahlung der für den Zeitraum von März bis Dezember 2020 geschuldeten Zivilluftfahrtsteuer und der Solidaritätsabgabe auf Flugtickets bis zum 1. Januar 2021 gestundet und auf einen Zeitraum von 24 Monaten bis zum 31. Dezember 2022 gestreckt werden sollte. Die genaue Höhe der Abgaben sollte sich nach der Zahl der beförderten Passagiere oder der Zahl der Flüge ab einem französischen Flughafen richten. Im Übrigen sollte die in Rede stehende Beihilferegelung den öffentlichen Luftfahrtunternehmen zugutekommen, die eine französische Genehmigung besaßen, was voraussetzte, dass sie ihren „Hauptgeschäftssitz“ in Frankreich hatten.

5        Am 31. März 2020 erließ die Kommission den streitigen Beschluss, in dem sie nach der Feststellung, dass die in Rede stehende Beihilferegelung eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle, deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt prüfte, und zwar insbesondere anhand von Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV.

6        In diesem Zusammenhang vertrat die Kommission zunächst einmal die Auffassung, dass die Covid‑19-Pandemie ein außergewöhnliches Ereignis im Sinne von Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV darstelle und dass ein Kausalzusammenhang zwischen den hierdurch entstandenen Schäden und dem durch die in Rede stehende Beihilferegelung ausgeglichenen Schaden bestehe, da diese Regelung die durch die Pandemie verursachte Liquiditätskrise der Luftfahrtunternehmen abmildern solle, indem sie dem Liquiditätsbedarf der öffentlichen Luftfahrtunternehmen Rechnung trage, die eine französische Genehmigung besäßen.

7        Sodann vertrat die Kommission – nachdem sie auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs verwiesen hatte, der zufolge nur die unmittelbar durch ein außergewöhnliches Ereignis verursachten wirtschaftlichen Nachteile ausgeglichen werden könnten und der Ausgleich den Betrag dieser Nachteile nicht übersteigen dürfe – erstens die Ansicht, die in Rede stehende Beihilferegelung stehe in einem angemessenen Verhältnis zur Höhe der voraussichtlichen Schäden, da die geschätzte Höhe der Beihilfe geringer erscheine als die wirtschaftlichen Schäden, die infolge der durch die Covid‑19-Pandemie verursachten Krise zu erwarten seien.

8        Zweitens vertrat die Kommission die Ansicht, die in Rede stehende Beihilferegelung sei ihrem Wesen nach nicht diskriminierend, da alle Luftfahrtunternehmen unter sie fielen, die eine französische Genehmigung besäßen. Der Umstand, dass die Beihilfe in Form eines Moratoriums für bestimmte Abgaben gewährt werde, die auch die Haushalte von Luftfahrtunternehmen belasteten, die von anderen Mitgliedstaaten erteilte Betriebsgenehmigungen besäßen, habe keinen Einfluss auf ihren nicht diskriminierenden Charakter, da die in Rede stehende Beihilferegelung dazu bestimmt sei, Schäden auszugleichen, die Luftfahrtunternehmen mit französischer Genehmigung entstanden seien. Die in Rede stehende Beihilferegelung bleibe daher in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Ziel, die durch die Covid‑19-Pandemie verursachten Schäden auszugleichen. Insbesondere trage diese Beihilferegelung dazu bei, die Struktur des Luftfahrtsektors für Luftfahrtunternehmen, die eine französische Genehmigung besäßen, zu erhalten. Folglich hätten die französischen Behörden in diesem Stadium dargetan, dass die in Rede stehende Beihilferegelung nicht über die Schäden hinausgehe, die unmittelbar durch die Krise infolge der Covid‑19-Pandemie verursacht worden seien.

9        Die Kommission beschloss daher in Anbetracht der von der Französischen Republik gemachten Zusagen – insbesondere der Zusage, ihr ein detailliertes Verfahren betreffend die Art und Weise zu übermitteln und von ihr validieren zu lassen, in der dieser Mitgliedstaat beabsichtigte, nachträglich und für jeden Begünstigten die Höhe des Schadens im Zusammenhang mit der durch die Covid‑19-Pandemie verursachten Krise zu quantifizieren –, keine Einwände gegen die in Rede stehende Beihilferegelung zu erheben.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

10      Mit Klageschrift, die am 8. Mai 2020 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Ryanair Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.

11      Ryanair stützte ihre Klage auf vier Gründe, mit denen sie Folgendes rügte: erstens einen Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs, zweitens einen offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden Beihilferegelung nach Maßgabe der durch die Covid‑19-Pandemie verursachten Schäden, drittens eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte, weil die Kommission die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens trotz ernsthafter Bedenken, die sie zur Einleitung eines solchen Verfahrens hätten veranlassen müssen, abgelehnt habe, und viertens einen Verstoß der Kommission gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV.

12      Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht den ersten, den zweiten und den vierten von Ryanair geltend gemachten Klagegrund als unbegründet zurückgewiesen. In Bezug auf den dritten Klagegrund war es insbesondere in Anbetracht der Gründe, die zur Zurückweisung der ersten beiden Klagegründe geführt hatten, der Ansicht, dass seine Stichhaltigkeit nicht geprüft zu werden brauche. Folglich hat das Gericht die Klage insgesamt abgewiesen, ohne über ihre Zulässigkeit zu entscheiden.

 Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

13      Ryanair beantragt mit ihrem Rechtsmittel,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben,

–        den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären,

–        der Kommission und der Französischen Republik die Kosten aufzuerlegen oder, hilfsweise,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben und

–        die Sache an das Gericht zurückzuverweisen und die Kostenentscheidung vorzubehalten.

14      Die Kommission beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

15      Die Französische Republik beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

 Zum Rechtsmittel

16      Ryanair stützt ihr Rechtsmittel auf fünf Gründe. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund werden Rechtsfehler gerügt, die das Gericht begangen habe, als es den Klagegrund eines Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot zurückgewiesen habe. Der zweite Rechtsmittelgrund betrifft einen Rechtsfehler und eine offensichtliche Verfälschung des Sachverhalts bei der Prüfung des Klagegrundes betreffend einen Verstoß gegen den freien Dienstleistungsverkehr. Der dritte Rechtsmittelgrund betrifft einen Rechtsfehler und eine offensichtliche Verfälschung des Sachverhalts bei der Anwendung von Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in Bezug auf die Höhe der den Begünstigten der in Rede stehenden Beihilferegelung entstandenen Schäden. Der vierte Rechtsmittelgrund betrifft einen Rechtsfehler und eine offensichtliche Verfälschung des Sachverhalts, soweit das Gericht entschieden habe, dass die Kommission die ihr nach Art. 296 Abs. 2 AEUV obliegende Begründungspflicht nicht verletzt habe. Der fünfte Rechtsmittelgrund betrifft einen Rechtsfehler und eine offensichtliche Verfälschung des Sachverhalts, die das Gericht begangen habe, als es entschieden habe, den dritten Klagegrund, mit dem eine Verletzung der Verfahrensrechte der Rechtsmittelführerin geltend gemacht worden sei, nicht in der Sache zu prüfen.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

17      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund, der aus vier Teilen besteht und sich auf die Rn. 28 bis 51 des angefochtenen Urteils bezieht, trägt Ryanair vor, das Gericht habe Rechtsfehler begangen, als es festgestellt habe, dass die in Rede stehende Beihilferegelung nicht gegen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verstoße.

18      Mit dem ersten Teil ihres ersten Rechtsmittelgrundes macht Ryanair geltend, das Gericht habe den Grundsatz des Verbots jeglicher Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, der einen wesentlichen Grundsatz der Unionsrechtsordnung darstelle, nicht ordnungsgemäß angewandt. Obwohl das Gericht in den Rn. 31 und 32 des angefochtenen Urteils anerkannt habe, dass die durch die in Rede stehende Beihilferegelung eingeführte Ungleichbehandlung in Anbetracht eines der Förderkriterien, nämlich des Besitzes einer französischen Genehmigung, einer Diskriminierung gleichgesetzt werden könne, sei es zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine solche Diskriminierung nur anhand von Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV zu beurteilen sei, weil es sich bei dieser Vorschrift um eine besondere Bestimmung im Sinne von Art. 18 AEUV handele. Die Beschränkung der in Rede stehenden Beihilferegelung auf Luftfahrtunternehmen mit französischer Genehmigung komme nämlich einer unmittelbaren Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gleich, da ein Luftfahrtunternehmen, um eine solche Genehmigung zu erhalten, seinen Hauptgeschäftssitz zwangsläufig in Frankreich haben müsse.

19      Außerdem hätte das Gericht prüfen müssen, ob eine solche Diskriminierung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit im Sinne von Art. 52 AEUV gerechtfertigt sei, oder jedenfalls, ob sie auf objektiven, von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängigen Erwägungen beruhe.

20      Mit dem zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe in den Rn. 33 und 34 des angefochtenen Urteils hinsichtlich der Bestimmung des Ziels der in Rede stehenden Beihilferegelung einen Rechtsfehler begangen und den Sachverhalt offensichtlich verfälscht. Insbesondere sei es irrigerweise davon ausgegangen, dass das Ziel dieser Regelung darin bestehe, den durch die Covid‑19-Pandemie entstandenen Schaden für die „stark betroffenen Luftfahrtunternehmen“ zu beseitigen oder den Schaden für die im betreffenden Gebiet tätigen Luftfahrtunternehmen zu mindern, und dass dieses Ziel mit Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV im Einklang stehe, obwohl aus dem streitigen Beschluss hervorgehe, dass das Ziel darin bestanden habe, den Luftfahrtunternehmen, „die eine französische Genehmigung besitzen“, eine ausreichende Liquidität zu gewährleisten.

21      Mit dem dritten Teil ihres ersten Rechtsmittelgrundes macht Ryanair geltend, das angefochtene Urteil sei mit einem Rechtsfehler und einer Verfälschung der Tatsachen behaftet, soweit das Gericht in den Rn. 36 bis 41 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass die in Rede stehende Beihilferegelung, die nur Luftfahrtunternehmen mit französischer Genehmigung zugutekomme, zur Erreichung ihres Ziels geeignet sei.

22      Ryanair trägt in erster Linie vor, dass der streitige Beschluss keine Begründung enthalte, die die Anwendung eines mit dem Besitz einer französischen Genehmigung verbundenen Förderkriteriums rechtfertigen könnte, und dass das Gericht, indem es sich insoweit auf Gründe gestützt habe, die im streitigen Beschluss nicht vorgesehen seien, in den Rn. 37 bis 39 des angefochtenen Urteils eine Auswechslung der Begründung vorgenommen habe, obwohl es dazu nicht befugt gewesen sei.

23      Hilfsweise macht Ryanair geltend, dass die drei vom Gericht insoweit angeführten Gründe Rechtsfehler aufwiesen oder den Sachverhalt verfälschten.

24      Insoweit habe das Gericht die Verordnung Nr. 1008/2008 falsch ausgelegt, indem es in den Rn. 37 bis 39 des angefochtenen Urteils erstens angenommen habe, dass ein Mitgliedstaat, der einem Luftfahrtunternehmen eine Betriebsgenehmigung erteilt habe, kontrollieren könne, wie die diesem Unternehmen gewährte Beihilfe verwendet werde, zweitens, dass sich dieser Mitgliedstaat vergewissern könne, dass dieses Unternehmen die Abgaben, deren Zahlung gestundet worden sei, entrichte, womit seine entgangenen Steuereinnahmen mittelfristig verringert würden, und drittens, dass Luftfahrtunternehmen mit Betriebsgenehmigung einen engeren Bezug zur Wirtschaft des Mitgliedstaats hätten, der diese Genehmigung erteilt habe. Tatsächlich bestehe in Bezug auf Finanzkontrollen, die Gefahr des Ausfalls bei der Zahlung der Abgaben und die Beziehungen zur Wirtschaft des Mitgliedstaats, der die Beihilfe gewährt habe, kein Unterschied zwischen Luftfahrtunternehmen, die eine von diesem Mitgliedstaat erteilte Betriebsgenehmigung besäßen, und solchen, deren Betriebsgenehmigung von einem anderen Mitgliedstaat erteilt worden sei. Das Gericht habe somit in die Verordnung Nr. 1008/2008 Befugnisse im Bereich der Gewährung und Überwachung von Beihilfen hineingelesen, die dort nicht erwähnt würden, und es habe aus den Bestimmungen dieser Verordnung über die finanziellen Bedingungen für die Erteilung einer Betriebsgenehmigung falsche rechtliche Schlüsse gezogen.

25      Mit dem vierten Teil dieses Rechtsmittelgrundes macht Ryanair im Wesentlichen einen Rechtsfehler und eine offensichtliche Verfälschung der Tatsachen geltend, soweit das Gericht in den Rn. 43 bis 48 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass die in Rede stehende Beihilferegelung verhältnismäßig sei.

26      Erstens habe sich das Gericht bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Förderkriteriums des Besitzes einer französischen Genehmigung in Rn. 43 des angefochtenen Urteils auf einen Grund gestützt, der im streitigen Beschluss nicht enthalten sei, nämlich dass die Luftfahrtunternehmen mit französischer Genehmigung von den Reise- und Ausgangsbeschränkungen, die die französischen Behörden erlassen hätten, am stärksten betroffen seien. Dieser Grund könne keinen geeigneten Bezugspunkt für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden Beihilferegelung darstellen, wenn, wie das Gericht ausführe, das außergewöhnliche Ereignis, das als Ursache für die erlittenen Schäden dargestellt werde, sowohl die Covid‑19-Pandemie als auch die von den französischen Behörden erlassenen Reisebeschränkungen umfasse.

27      Zweitens habe das Gericht in Rn. 43 des angefochtenen Urteils dieses sowohl willkürliche als auch diskriminierende Förderkriterium gerechtfertigt, indem es sich auf das fragwürdige Argument gestützt habe, dass die Mitgliedstaaten nicht über unbegrenzte Mittel verfügten. Um die Haushaltsmittel zu schonen und dabei sowohl die Art. 18 und 56 AEUV zu beachten als auch das erklärte Ziel der Beihilfe zu erreichen, könnten Beihilferegelungen aber für gedeckelte Beträge und auf der Grundlage nicht diskriminierender Kriterien eingeführt werden.

28      Drittens habe es das Gericht im angefochtenen Urteil unterlassen, die Auswirkungen der Beihilfe auf den Wettbewerb zu beurteilen, um die Verhältnismäßigkeit der Beihilfe zu prüfen. Eine solche Beurteilung sei aber wesentlich, um festzustellen, ob die Beihilferegelung – wie vom Gericht selbst formuliert – „über das hinausgeht, was erforderlich ist“, um ihr erklärtes Ziel zu erreichen.

29      Viertens habe das Gericht in Rn. 46 des angefochtenen Urteils die Prüfung eines alternativen Beihilfeszenarios zu Unrecht mit der Begründung abgelehnt, dass die Kommission nicht dazu aufgefordert werden könne, „denkbare alternative Regelungen“ zu prüfen. Das Gericht habe sich insoweit fälschlicherweise auf sein Urteil vom 6. Mai 2019, Scor/Kommission (T‑135/17, EU:T:2019:287), gestützt, aus dem lediglich hervorgehe, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, in ihrer Begründung alle alternativen Maßnahmen zu prüfen.

30      Ferner werde die vom Gericht in Rn. 47 des angefochtenen Urteils angeführte Begründung, wonach die hypothetische Alternativmaßnahme, nämlich die in Rede stehende Beihilferegelung auf nicht in Frankreich niedergelassene Unternehmen zu erstrecken, es nicht ermöglicht hätte, das Ziel der in Rede stehenden Beihilferegelung zu erreichen, durch einen Verweis auf die Rn. 37 bis 41 dieses Urteils auf die unzutreffende rechtliche Annahme gestützt, dass nach der Verordnung Nr. 1008/2008 Luftfahrtunternehmen, die eine von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Betriebsgenehmigung besäßen, ihre Verbindungen von und nach Frankreich leichter aussetzen könnten.

31      Nach Ansicht der Kommission und der Französischen Republik ist der erste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

32      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Einstufung einer nationalen Maßnahme als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV verlangt, dass alle nachfolgend genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss es sich um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln. Zweitens muss die Maßnahme geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Drittens muss dem Begünstigten durch sie ein selektiver Vorteil gewährt werden. Viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (Urteil vom 28. Juni 2018, Deutschland/Kommission, C‑208/16 P, EU:C:2018:506, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Es sind also Maßnahmen mit solchen Merkmalen und Wirkungen, für die Art. 107 Abs. 1 AEUV insofern, als sie geeignet sind, den Wettbewerb zu verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, den Grundsatz aufstellt, dass staatliche Beihilfen mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind.

34      Insbesondere setzt das aus Art. 107 Abs. 1 AEUV folgende Erfordernis der Selektivität voraus, dass die Kommission nachweist, dass der wirtschaftliche Vorteil in einem weiten Sinne, der sich unmittelbar oder mittelbar aus einer bestimmten Maßnahme ergibt, spezifisch einem oder mehreren Unternehmen zugutekommt. Hierfür muss sie insbesondere dartun, dass die betreffende Maßnahme zwischen Unternehmen differenziert, die sich im Hinblick auf das mit ihr verfolgte Ziel in einer vergleichbaren Lage befinden. Die Gewährung des Vorteils muss also selektiv erfolgen und geeignet sein, bestimmte Unternehmen in eine günstigere Lage zu versetzen als andere (Urteil vom 28. September 2023, Ryanair/Kommission, C‑320/21 P, EU:C:2023:712, Rn. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV sieht jedoch bestimmte Ausnahmen von dem in Rn. 33 des vorliegenden Urteils genannten Grundsatz der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Binnenmarkt vor, wie etwa die in Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV genannte Ausnahme für Beihilfen „zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind“. Staatliche Beihilfen, die für die Ziele und unter den Voraussetzungen dieser Ausnahmebestimmungen gewährt werden, sind daher ungeachtet der Tatsache, dass sie die in Rn. 32 des vorliegenden Urteils genannten Merkmale aufweisen und die dort genannten Wirkungen entfalten, mit dem Binnenmarkt vereinbar oder können für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden.

36      Daraus folgt, dass staatliche Beihilfen, die im Einklang mit diesen Erfordernissen, d. h. zu einem dort anerkannten Ziel und in den Grenzen dessen gewährt werden, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich und verhältnismäßig ist, nicht allein aufgrund der in Rn. 32 des vorliegenden Urteils genannten Merkmale oder Wirkungen oder allein aufgrund der Wirkungen, die jeder staatlichen Beihilfe immanent sind, d. h. insbesondere aus Gründen, die damit zusammenhängen, dass die Beihilfe selektiv ist oder den Wettbewerb verfälschen würde, als mit dem Binnenmarkt unvereinbar angesehen werden können, soll diesen Ausnahmeregelungen nicht jegliche praktische Wirksamkeit genommen werden (Urteil vom 28. September 2023, Ryanair/Kommission, C‑320/21 P, EU:C:2023:712, Rn. 107 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Eine Beihilfe kann daher nicht aus Gründen, die allein damit zusammenhängen, dass die Beihilfe selektiv ist oder den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht, als mit dem Binnenmarkt unvereinbar angesehen werden (Urteil vom 28. September 2023, Ryanair/Kommission, C‑320/21 P, EU:C:2023:712, Rn. 108).

38      Zum ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes, mit dem Ryanair geltend macht, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es in Rn. 32 des angefochtenen Urteils nicht das in Art. 18 AEUV verankerte Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit angewandt, sondern die in Rede stehende Maßnahme anhand von Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV geprüft habe, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs das in Art. 108 AEUV vorgesehene Verfahren niemals zu einem Ergebnis führen darf, das zu den besonderen Bestimmungen des AEU-Vertrags im Widerspruch stünde. Somit kann eine Beihilfe, die als solche oder wegen bestimmter Modalitäten gegen Bestimmungen oder allgemeine Grundsätze des Unionsrechts verstößt, nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden (Urteile vom 31. Januar 2023, Kommission/Braesch u. a., C‑284/21 P, EU:C:2023:58, Rn. 96, sowie vom 28. September 2023, Ryanair/Kommission, C‑320/21 P, EU:C:2023:712, Rn. 109).

39      Was speziell Art. 18 AEUV betrifft, so soll dieser jedoch nach ständiger Rechtsprechung eigenständig nur bei unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen zur Anwendung kommen, für die der AEU-Vertrag keine besonderen Diskriminierungsverbote vorsieht (Urteile vom 18. Juli 2017, Erzberger, C‑566/15, EU:C:2017:562, Rn. 25, und vom 28. September 2023, Ryanair/Kommission, C‑320/21 P, EU:C:2023:712, Rn. 110).

40      Da Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV, wie in Rn. 35 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, Ausnahmen von dem in Abs. 1 dieses Artikels genannten Grundsatz der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Binnenmarkt vorsieht und damit insbesondere eine Ungleichbehandlung von Unternehmen zulässt, sofern die Voraussetzungen dieser Ausnahmen erfüllt werden, sind diese als „besondere Bestimmungen“ der Verträge im Sinne von Art. 18 Abs. 1 AEUV anzusehen (Urteil vom 28. September 2023, Ryanair/Kommission, C‑320/21 P, EU:C:2023:712, Rn. 111).

41      Folglich hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es in Rn. 32 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV eine solche besondere Bestimmung darstelle und dass nur zu prüfen sei, ob die durch die in Rede stehende Maßnahme eingeführte Ungleichbehandlung nach dieser Bestimmung zulässig sei.

42      Daraus folgt, dass die Ungleichbehandlung, die sich aus der in Rede stehenden Maßnahme ergibt, entgegen dem Vorbringen von Ryanair auch nicht aus den in Art. 52 AEUV genannten Gründen gerechtfertigt sein muss.

43      Demnach ist der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

44      Mit dem zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes macht Ryanair im Wesentlichen geltend, das Gericht habe in den Rn. 33 und 34 des angefochtenen Urteils das Ziel der in Rede stehenden Beihilferegelung, wie es sich aus dem streitigen Beschluss ergebe, falsch bestimmt und zu Unrecht angenommen, dass dieses Ziel darin bestehe, den Schaden zu mindern, der den im betreffenden Gebiet tätigen Luftfahrtunternehmen entstanden sei.

45      Insoweit hat das Gericht in Rn. 33 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen festgestellt, dass die in Rede stehende Beihilferegelung im Einklang mit Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV allgemein dazu diene, auf dem Gebiet des Luftverkehrs die Schäden zu beseitigen, die durch ein außergewöhnliches Ereignis, nämlich die Covid‑19-Pandemie, entstanden seien. Konkreter bestehe ihr Zweck darin, durch die Gewährung eines Moratoriums die Belastungen der Luftfahrtunternehmen, die von den von der Französischen Republik zur Bewältigung dieser Pandemie verhängten Reise‑ und Ausgangsbeschränkungen stark betroffen seien, zu mildern.

46      Diese Beschreibung des mit dieser Regelung verfolgten Ziels steht im Einklang mit der Beschreibung im streitigen Beschluss, insbesondere in den im angefochtenen Urteil angeführten Erwägungsgründen 2 und 3 in Abschnitt 2.1 („Ziel der Maßnahme“). Dagegen geht entgegen dem Vorbringen von Ryanair aus diesem Beschluss nicht hervor, dass der Besitz einer französischen Genehmigung ein eigenes Ziel der in Rede stehenden Beihilferegelung darstellte, sondern vielmehr, dass der Besitz einer solchen Genehmigung, wie das Gericht in Rn. 33 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen festgestellt hat, ein Förderkriterium dieser Regelung war.

47      Soweit Ryanair mit diesem zweiten Teil des Rechtsmittelgrundes dem Gericht außerdem vorwirft, den ihm unterbreiteten Sachverhalt verfälscht zu haben, ist darauf hinzuweisen, dass sich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs aus Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt, dass allein das Gericht zum einen für die Feststellung der Tatsachen – sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind – und zum anderen für ihre Würdigung zuständig ist (Urteil vom 25. Juni 2020, SATCEN/KF, C‑14/19 P, EU:C:2020:492, Rn. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48      Die Würdigung der Tatsachen ist, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweise nicht verfälscht wurden, folglich keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt (Urteil vom 25. Juni 2020, SATCEN/KF, C‑14/19 P, EU:C:2020:492, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49      Behauptet ein Rechtsmittelführer eine Verfälschung von Beweisen durch das Gericht, muss er nach Art. 256 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 168 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichtshofs genau angeben, welche Beweise das Gericht verfälscht haben soll, und die Beurteilungsfehler darlegen, die das Gericht seines Erachtens zu dieser Verfälschung veranlasst haben. Ferner muss sich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine solche Verfälschung in offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben, ohne dass es einer neuen Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (Urteil vom 25. Juni 2020, SATCEN/KF, C‑14/19 P, EU:C:2020:492, Rn. 105 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass Ryanair zur Stützung dieses Teils des Rechtsmittelgrundes nicht angibt, welche Beweise das Gericht bei der Bestimmung des Ziels der in Rede stehenden Beihilferegelung verfälscht haben soll, und erst recht nicht dartut, inwiefern diese Beweise verfälscht worden sein sollen.

51      Unter diesen Umständen ist der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

52      Mit dem dritten Teil dieses Rechtsmittelgrundes macht Ryanair geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen und die Tatsachen offensichtlich verfälscht, soweit es in den Rn. 36 bis 41 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass die in Rede stehende Beihilferegelung insofern, als sie nur Luftfahrtunternehmen mit französischer Genehmigung zugutekomme, zur Erreichung ihres Ziels geeignet sei.

53      Insoweit macht Ryanair in erster Linie im Wesentlichen geltend, das Gericht habe, indem es u. a. in Rn. 37 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass das Kriterium des Besitzes einer von dem die Beihilfe gewährenden Mitgliedstaat erteilten Genehmigung es erlaube, die Art und Weise, in der die Beihilfe von den Begünstigten verwendet werde, zu kontrollieren, eine Rechtfertigung angeführt, die im streitigen Beschluss nicht enthalten sei, so dass es die Gründe, auf die die Kommission diesen Beschluss gestützt habe, durch seine eigene Begründung ersetzt habe.

54      Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich zwar, dass der Gerichtshof und das Gericht im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle nach Art. 263 AEUV keinesfalls die vom Urheber der angefochtenen Handlung gegebene Begründung durch ihre eigene ersetzen dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2021, World Duty Free Group und Spanien/Kommission, C‑51/19 P und C‑64/19 P, EU:C:2021:793, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung). Jedoch ist festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 45 und 46 des streitigen Beschlusses darauf verweist, dass die Luftfahrtunternehmen, die eine französische Genehmigung besäßen, ihren Hauptgeschäftssitz in Frankreich hätten und dort einer regelmäßigen Überwachung ihrer Finanzlage unterlägen. Somit hat sich das Gericht in Rn. 37 des angefochtenen Urteils darauf beschränkt, die Begründung des streitigen Beschlusses zu erläutern und insbesondere den dortigen Ausführungen bestimmte Hinweise zu entnehmen, ohne jedoch die Begründung dieses Beschlusses zu ersetzen.

55      Hilfsweise beanstandet Ryanair die Ausführungen des Gerichts in den Rn. 37 bis 39 des angefochtenen Urteils, in denen es erstens heißt, dass ein Mitgliedstaat, der einem Luftfahrtunternehmen eine Genehmigung erteilt habe, kontrollieren könne, wie die diesem Unternehmen gewährte Beihilfe verwendet werde, zweitens, dass sich dieser Mitgliedstaat vergewissern könne, dass dieses Unternehmen die Abgaben, deren Zahlung gestundet worden sei, entrichte, womit seine entgangenen Steuereinnahmen mittelfristig so gering wie möglich gehalten würden, und drittens, dass Luftfahrtunternehmen, die eine Genehmigung besäßen, einen engeren Bezug zur Wirtschaft des Mitgliedstaats hätten, der diese Genehmigung erteilt habe. Unter Verweis auf diese Ausführungen hat das Gericht in Rn. 40 dieses Urteils befunden, dass die Französische Republik, indem sie die Inanspruchnahme der in Rede stehenden Beihilferegelung auf Luftfahrtunternehmen beschränkt habe, die eine französische Genehmigung besäßen und daher ihren Hauptgeschäftssitz in Frankreich hätten, berechtigterweise habe sicherstellen wollen, dass zwischen ihr und den durch das Moratorium begünstigten Luftfahrtunternehmen eine dauerhafte Verbindung bestehe. In Rn. 41 des Urteils hat das Gericht weiter ausgeführt, dass das Förderkriterium des Besitzes einer solchen Genehmigung daher geeignet sei, das Ziel der Beseitigung der durch ein außergewöhnliches Ereignis verursachten Schäden im Sinne von Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV zu erreichen.

56      Insoweit hat sich das Gericht erstens in den Rn. 37 bis 39 des angefochtenen Urteils nur auf die Verordnung Nr. 1008/2008 gestützt, um die Spezifität und Stabilität der Verbindung zwischen den Luftfahrtunternehmen, die über eine Betriebsgenehmigung verfügen, und dem Mitgliedstaat, der diese Genehmigung erteilt hat, unter Berücksichtigung dieser Verordnung – die ihre Beziehungen und insbesondere die von den Behörden dieses Mitgliedstaats über diese Luftfahrtunternehmen ausgeübten Finanzkontrollen regelt – festzustellen. Der Umstand, dass sich diese Kontrollen nicht speziell auf die den Luftfahrtunternehmen mit französischer Genehmigung gewährten Beihilfen beziehen oder dass eine Kontrolle der Verwendung dieser Beihilfen auch bei Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden könnte, die keine französische Genehmigung besitzen, wie Ryanair geltend macht, ist als solcher für die Beurteilung der fraglichen Verbindung zum Zweck der Feststellung, ob die Förderkriterien geeignet sind, das mit der in Rede stehenden Beihilferegelung verfolgte Ziel zu erreichen, unerheblich.

57      Soweit Ryanair zweitens eine Verfälschung der Tatsachen in Bezug auf die in Rn. 55 des vorliegenden Urteils angeführten Erwägungen geltend macht, genügt die Feststellung, dass sie nichts vorgetragen hat, was belegen könnte, dass das Gericht eine solche Verfälschung begangen hat, wie es die in Rn. 49 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung verlangt.

58      Demnach ist der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

59      Mit dem vierten Teil dieses Rechtsmittelgrundes macht Ryanair im Wesentlichen einen Rechtsfehler und eine offensichtliche Verfälschung der Tatsachen geltend, soweit das Gericht in den Rn. 43 bis 48 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass die in Rede stehende Beihilferegelung verhältnismäßig sei.

60      Die ersten beiden Rügen dieses Teils richten sich gegen Rn. 43 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht festgestellt hat, dass „der betreffende Mitgliedstaat durch die Verwendung des Kriteriums der französischen Genehmigung unter Berücksichtigung dessen, dass die Mitgliedstaaten … nicht über unbegrenzte Mittel verfügen, den Nutzen dieser Beihilferegelung denjenigen Luftfahrtunternehmen vorbehalten hat, die am stärksten von den Reise- und Ausgangsbeschränkungen betroffen sind, die dieser Staat verhängt hat und die sich der Natur der Sache nach auf sein Hoheitsgebiet auswirken“.

61      Hierzu ist festzustellen, dass sich das Gericht in dieser Rn. 43 zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden Beihilferegelung auf von der Kommission vorgelegte Daten zu Flügen bezogen hat, die in Frankreich, von Frankreich oder nach Frankreich von Luftfahrtunternehmen mit französischer Genehmigung bzw. von Unternehmen, die keine solche Genehmigung besitzen, durchgeführt wurden. Aus diesen Daten hat das Gericht in Rn. 44 des angefochtenen Urteils geschlossen, dass die erstgenannten Luftfahrtunternehmen, die allein für die in Rede stehende Beihilferegelung in Betracht kämen, im Verhältnis sehr viel stärker betroffen seien als die Rechtsmittelführerin, die ausweislich dieser Daten nur 8,3 % ihrer Tätigkeit in Frankreich, nach Frankreich und von Frankreich ausgeübt habe, gegenüber 100 % bei einigen der in Betracht kommenden Unternehmen.

62      Aus dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin im Rahmen der ersten beiden Rügen geht nicht hervor, dass diese Erwägung rechtsfehlerhaft wäre oder auf einer offensichtlich fehlerhaften Würdigung beruhte, die eine Verfälschung der Beweise darstellen würde.

63      Insbesondere kann dem Gericht zum einen nicht vorgeworfen werden, die Begründung des streitigen Beschlusses im Sinne der in Rn. 54 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung durch seine eigene ersetzt zu haben, da u. a. aus den Erwägungsgründen 2 und 3 dieses Beschlusses hervorgeht, dass das Ziel der in Rede stehenden Beihilferegelung darin bestand, den Luftfahrtunternehmen, die von den aufgrund der Covid‑19-Pandemie erlassenen Reisebeschränkungen stark betroffen waren, einen Ausgleich zu gewähren. Zur Prüfung der Frage, ob das im Besitz einer französischen Genehmigung bestehende Förderkriterium geeignet war, die Verhältnismäßigkeit dieser Regelung zu gewährleisten, hat das Gericht lediglich – unter Bezugnahme auf die ihm vorgelegten Beweise – festgestellt, dass die Unternehmen, die eine solche Genehmigung besäßen, tatsächlich am stärksten von den fraglichen Maßnahmen betroffen seien.

64      Zum anderen kann dem Gericht nicht vorgeworfen werden, dieses Förderkriterium in Rn. 43 des angefochtenen Urteils damit begründet zu haben, dass „die Mitgliedstaaten … nicht über unbegrenzte Mittel verfügen“, da dieser Hinweis nur zur Erläuterung des Kontexts gehört, in dem dieses Förderkriterium aufgestellt wurde.

65      Folglich sind die ersten beiden Rügen des vierten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

66      Soweit Ryanair mit der dritten Rüge des vierten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes dem Gericht vorwirft, im Rahmen der Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden Beihilferegelung die Auswirkungen dieser Beihilfe auf den Wettbewerb nicht geprüft zu haben, so ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin im ersten Rechtszug keine Rüge erhoben hat, um geltend zu machen, dass im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit die Auswirkungen der Beihilfe auf den Wettbewerb zu prüfen seien oder, konkreter, eine Abwägung dieser Auswirkungen vorzunehmen sei.

67      Gemäß Art. 170 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann das Rechtsmittel aber den vor dem Gericht verhandelten Streitgegenstand nicht verändern. So sind nach ständiger Rechtsprechung die Befugnisse des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen beschränkt. Eine Partei kann daher vor dem Gerichtshof nicht erstmals eine Rüge vorbringen, die sie vor dem Gericht nicht vorgebracht hat, da ihr damit letztlich gestattet würde, den Gerichtshof, dessen Befugnisse bei Rechtsmitteln begrenzt sind, mit einem weiter reichenden Rechtsstreit zu befassen, als ihn das Gericht zu entscheiden hatte (Urteil vom 6. Oktober 2021, Sigma Alimentos Exterior/Kommission, C‑50/19 P, EU:C:2021:792, Rn. 37 und 38).

68      Folglich ist die dritte Rüge des vierten Teils, mit der die Notwendigkeit geltend gemacht wird, die Auswirkungen der Beihilfe auf den Wettbewerb zu prüfen, als unzulässig zurückzuweisen, da diese Rüge erstmals im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels erhoben worden ist.

69      Zur vierten Rüge dieses Teils des ersten Rechtsmittelgrundes, die gegen Rn. 46 des angefochtenen Urteils gerichtet ist, ist festzustellen, dass das Gericht in dieser Rn. 46 nur der Vollständigkeit halber ausgeführt hat, dass sich die Kommission nicht zu allen Alternativen zur in Rede stehenden Beihilferegelung habe äußern müssen. In Rn. 47 seines Urteils hat das Gericht nämlich entschieden, dass die von der Rechtsmittelführerin im ersten Rechtszug vorgeschlagenen alternativen Maßnahmen es jedenfalls nicht ermöglicht hätten, das mit der in Rede stehenden Beihilferegelung verfolgte Ziel genauso präzise und ohne Gefahr einer Überkompensation zu erreichen. Das Gericht hat sich dabei auf die Rn. 37 bis 41 des angefochtenen Urteils gestützt, die, wie sich aus den Rn. 55 bis 57 des vorliegenden Urteils ergibt, keinen Rechtsfehler aufweisen.

70      Diese Rüge ist somit als ins Leere gehend zurückzuweisen.

71      Nach alledem ist der vierte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes und damit dieser Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

72      Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund trägt Ryanair vor, das Gericht habe in den Rn. 55 bis 57 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen und den Sachverhalt offensichtlich verfälscht, als es den vierten Teil ihres ersten Klagegrundes zurückgewiesen habe, mit dem sie einen Verstoß gegen den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs gerügt habe.

73      Mit dem ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes macht Ryanair geltend, dass sie entgegen den Ausführungen in Rn. 56 des angefochtenen Urteils vor dem Gericht einen Verstoß gegen die Verordnung Nr. 1008/2008 gerügt habe, indem sie vorgetragen habe, dass gegen den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs im Luftverkehrssektor verstoßen worden sei. Indem das Gericht ihr Vorbringen mit der irrigen Begründung zurückgewiesen habe, dass „die Klägerin keinen Verstoß gegen diese Verordnung rügt“, habe es ihre Schriftsätze offensichtlich verfälscht und sein Urteil nicht rechtlich hinreichend begründet.

74      Mit dem zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes macht Ryanair geltend, das Gericht habe in Rn. 57 des angefochtenen Urteils widersprüchlich und fehlerhaft entschieden, dass sie nicht dargetan habe, inwiefern ihr Ausschluss von der in Rede stehenden Beihilferegelung geeignet sei, sie von der Erbringung von Dienstleistungen von und nach Frankreich abzuhalten. Die Tatsache, dass Luftfahrtunternehmen von einem Vorteil ausgeschlossen seien, der den – von Ryanair so bezeichneten – „französischen Luftfahrtunternehmen“ vorbehalten sei, genüge nämlich für den Nachweis, dass der freie Dienstleistungsverkehr behindert werde, ohne dass weitere Belege erforderlich wären. Jedenfalls habe Ryanair umfangreiche Beweise dafür vorgelegt, dass eine Maßnahme wie die in Rede stehende Beihilferegelung, die die Gewährung eines Vorteils durch einen Mitgliedstaat vom Besitz einer von diesem Mitgliedstaat erteilten Genehmigung abhängig mache, in der Praxis nur Luftfahrtunternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat benachteilige.

75      Das Gericht habe daher die Beweise verfälscht, indem es versäumt habe, die wichtigen Angaben zu prüfen, die die Rechtsmittelführerin in Bezug auf die beschränkende Wirkung der in Rede stehenden Beihilferegelung auf den freien Dienstleistungsverkehr vorgelegt habe.

76      Mit dem dritten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes macht Ryanair geltend, sie habe im Rahmen ihrer Klage entgegen dem, was das Gericht in Rn. 57 des angefochtenen Urteils ausgeführt habe, rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass die beschränkenden Wirkungen der in Rede stehenden Beihilferegelung auf den freien Dienstleistungsverkehr nicht gerechtfertigt seien.

77      Erstens habe das Gericht diese Beschränkung nicht ordnungsgemäß anhand der relevanten Kriterien der Geeignetheit und der Verhältnismäßigkeit geprüft, bei denen es sich nicht um die Kriterien von Art. 107 AEUV handele.

78      Zweitens habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es insbesondere in Rn. 46 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass es bei der Beurteilung der Geeignetheit und der Verhältnismäßigkeit der Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs nicht erforderlich sei, zu prüfen, ob es andere, potenziell weniger einschränkende Maßnahmen gebe.

79      Insoweit habe Ryanair zahlreiche Beweise dafür vorgelegt, dass die in Rede stehende Beihilferegelung beschränkende Auswirkungen auf den freien Dienstleistungsverkehr habe, die im Hinblick auf das Ziel dieser Regelung, nämlich die Beseitigung der durch den Ausbruch der Covid‑19-Pandemie verursachten Schäden, unnötig, ungeeignet und unverhältnismäßig seien. Zudem habe sie in diesem Zusammenhang ein auf den Marktanteilen beruhendes alternatives Kriterium für die Beihilfefähigkeit erwähnt, das für den freien Dienstleistungsverkehr weniger schädlich gewesen wäre. Sie habe dieses Kriterium im Übrigen in Schreiben, die sie vor dem Erlass des streitigen Beschlusses an den französischen Staatssekretär für Verkehr und an das für Wettbewerb zuständige Mitglied der Europäischen Kommission gerichtet und ihrer Klageschrift beigefügt habe, ausdrücklich erwähnt.

80      Nach Ansicht der Kommission und der Französischen Republik ist der zweite Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

81      Mit dem zweiten und dem dritten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes, die zusammen und an erster Stelle zu prüfen sind, macht Ryanair im Wesentlichen geltend, das Gericht habe in Rn. 57 des angefochtenen Urteils Rechtsfehler begangen, indem es den Umstand, dass die in Rede stehende Beihilferegelung nur den – von ihr so bezeichneten – „französischen Luftfahrtunternehmen“, d. h. den Luftfahrtunternehmen mit französischer Genehmigung, zugutekomme, nur anhand der Kriterien von Art. 107 AEUV geprüft habe, anstatt zu prüfen, ob diese Maßnahme nach Maßgabe der in den Bestimmungen des AEU-Vertrags über den freien Dienstleistungsverkehr genannten Gründe gerechtfertigt sei. Ryanair habe dem Gericht tatsächliche und rechtliche Angaben unterbreitet, die einen Verstoß gegen diese Bestimmungen belegten.

82      Wie in Rn. 38 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, darf das in Art. 108 AEUV vorgesehene Verfahren niemals zu einem Ergebnis führen, das zu den besonderen Bestimmungen des Vertrags im Widerspruch stünde. Mithin kann eine Beihilfe, die als solche oder wegen bestimmter Modalitäten gegen Bestimmungen oder allgemeine Grundsätze des Unionsrechts verstößt, nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden.

83      Zum einen stellt jedoch der etwaige Umstand, dass eine Beihilfemaßnahme beschränkende Auswirkungen auf den freien Dienstleistungsverkehr hat, noch keine nach dem Vertrag verbotene Beschränkung dar, da es sich dabei auch um eine der Natur einer staatlichen Beihilfe innewohnende Wirkung handeln kann, wie etwa ihren selektiven Charakter (Urteil vom 28. September 2023, Ryanair/Kommission, C‑320/21 P, EU:C:2023:712, Rn. 132).

84      Zum anderen ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass, wenn die Modalitäten einer Beihilfe derart untrennbar mit dem Zweck der Beihilfe verknüpft sind, dass sie nicht für sich allein beurteilt werden können, ihre Auswirkung auf die Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt insgesamt zwangsläufig nach dem in Art. 108 AEUV vorgesehenen Verfahren beurteilt werden muss (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. März 1977, Iannelli & Volpi, 74/76, EU:C:1977:51, Rn. 14, vom 31. Januar 2023, Kommission/Braesch u. a., C‑284/21 P, EU:C:2023:58, Rn. 97, sowie vom 28. September 2023, Ryanair/Kommission, C‑320/21 P, EU:C:2023:712, Rn. 133).

85      Wie sich aus den Rn. 45 und 46 des vorliegenden Urteils ergibt, war im vorliegenden Fall, auch wenn der Besitz einer französischen Genehmigung für sich genommen nicht das Ziel der in Rede stehenden Beihilferegelung, sondern ein Förderkriterium dieser Regelung darstellte, dieses Kriterium als solches gleichwohl untrennbar mit dem Zweck dieser Regelung verknüpft, der allgemein darin bestand, auf dem Gebiet des Luftverkehrs die Schäden zu beseitigen, die durch ein außergewöhnliches Ereignis, nämlich die Covid‑19-Pandemie, entstanden waren, und konkreter darin, durch die Gewährung eines Moratoriums die Belastungen der Luftfahrtunternehmen, die von den von der Französischen Republik zur Bewältigung dieser Pandemie verhängten Reise‑ und Ausgangsbeschränkungen stark betroffen waren, zu mildern. Folglich kann die Auswirkung dieses Förderkriteriums auf den Binnenmarkt nicht getrennt von der Frage geprüft werden, ob die Beihilfemaßnahme insgesamt mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, was nach dem in Art. 108 AEUV vorgesehenen Verfahren zu untersuchen ist.

86      Aus den vorstehenden Gründen und der in den Rn. 36 und 37 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergibt sich, dass dem Gericht in Rn. 57 des angefochtenen Urteils kein Rechtsfehler unterlaufen ist, als es im Wesentlichen entschied, dass Ryanair, um darzutun, dass die in Rede stehende Maßnahme aufgrund der Tatsache, dass sie nur Luftfahrtunternehmen mit französischer Betriebsgenehmigung, nicht aber u. a. Ryanair zugutekomme, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstelle, im vorliegenden Fall hätte nachweisen müssen, dass diese Maßnahme beschränkende Wirkungen habe, die über diejenigen hinausgingen, die einer gemäß den Anforderungen von Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV gewährten staatlichen Beihilfe inhärent seien (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. September 2023, Ryanair/Kommission, C‑320/21 P, EU:C:2023:712, Rn. 135).

87      Das Vorbringen von Ryanair zur Stützung des zweiten und des dritten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes zielt jedoch insgesamt darauf ab, die in Rede stehende Beihilferegelung insofern zu kritisieren, als nur Luftfahrtunternehmen mit französischer Genehmigung für diese Regelung in Betracht kamen, und die beschränkenden Wirkungen dieses Förderkriteriums auf den freien Dienstleistungsverkehr zu rügen, obwohl solche Wirkungen naturgemäß mit dem selektiven Charakter der Regelung einhergehen.

88      Darüber hinaus ist zu den Beweisen, die Ryanair dem Gericht vorgelegt haben will, festzustellen, dass Ryanair nichts vorgetragen hat, was belegen könnte, dass das Gericht diese Beweise verfälscht hat.

89      Folglich sind der zweite und der dritte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

90      Schließlich ist der erste Teil dieses Rechtsmittelgrundes als ins Leere gehend zurückzuweisen, da er gegen Rn. 56 des angefochtenen Urteils gerichtet ist, deren Gründe im Verhältnis zu den in Rn. 57 dieses Urteils dargelegten Gründen nicht tragend sind. Demnach ist der zweite Rechtsmittelgrund in vollem Umfang zurückzuweisen.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

91      Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund macht Ryanair geltend, das Gericht habe sich selbst widersprochen und einen Rechtsfehler begangen, als es in den Rn. 59 bis 74 des angefochtenen Urteils geprüft habe, ob das Volumen der in Rede stehenden Beihilferegelung in Relation zu den durch das außergewöhnliche Ereignis entstandenen Schäden verhältnismäßig sei.

92      Mit dem ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes macht Ryanair geltend, das Gericht habe bei seiner in Rn. 68 des angefochtenen Urteils getroffenen Feststellung, dass der den Beihilfeempfängern durch das außergewöhnliche Ereignis entstandene Schaden höher als der Nominalbetrag der in Rede stehenden Beihilferegelung sei, sämtliche durch den Ausbruch der Covid‑19-Pandemie verursachten Schäden zugrunde gelegt. Das Gericht habe sich damit selbst widersprochen, da es bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Förderkriteriums des Besitzes einer französischen Genehmigung nur auf die Schäden abgestellt habe, die sich aus den von den französischen Behörden erlassenen Reisebeschränkungen ergäben.

93      Mit dem zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, in Rn. 73 des angefochtenen Urteils unter Verweis auf das Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/Aer Lingus und Ryanair Designated Activity (C‑164/15 P und C‑165/15 P, EU:C:2016:990), zu Unrecht angenommen zu haben, dass der Wettbewerbsvorteil, der den Beihilfeempfängern durch den Ausschluss der Luftfahrtunternehmen, die nicht über eine französische Genehmigung verfügten, verschafft worden sei, beim Vergleich der Höhe der gewährten Beihilfe mit der Höhe des entstandenen Schadens nach Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV nicht zu berücksichtigen sei. Dieses Urteil sei nicht einschlägig, da es die Berechnung des Betrags einer Beihilfe zum Zweck ihrer Rückforderung betreffe. Das Gericht habe somit einen Rechtsfehler begangen, indem es diese Berechnung mit der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer auf der Grundlage der oben genannten Bestimmung gewährten Beihilfe vermengt und den im Wesentlichen wirtschaftlichen Charakter dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung verkannt habe.

94      Nach Ansicht der Kommission und der Französischen Republik ist der dritte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen. Die Französische Republik trägt vor, dieser Rechtsmittelgrund sei zudem teilweise unzulässig, soweit er darauf abziele, eine Tatsachenwürdigung des Gerichts in Frage zu stellen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

95      Soweit Ryanair mit dem ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes die vom Gericht in Rn. 68 des angefochtenen Urteils getroffene Feststellung beanstandet, dass die Höhe der Schäden, die den Beihilfeempfängern durch das außergewöhnliche Ereignis entstanden seien, aller Wahrscheinlichkeit nach höher sei als der Nominalbetrag der in Rede stehenden Beihilferegelung, so ist dieser Teil gemäß der in Rn. 49 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung als unzulässig zurückzuweisen, da die Rechtsmittelführerin damit, ohne eine Verfälschung der Tatsachen geltend zu machen, eine freie Tatsachenwürdigung in Frage stellen will, die das Gericht in dieser Randnummer vorgenommen hat.

96      Jedenfalls ergibt sich in Anbetracht des vom Gericht in Rn. 26 des angefochtenen Urteils festgestellten engen Zusammenhangs zwischen dem Ausbruch der Covid‑19-Pandemie und den von den französischen Behörden in diesem Kontext erlassenen Beschränkungen aus dieser Rn. 68 kein Widerspruch zwischen der Beurteilung, die das Gericht bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Höhe der Beihilfe vorgenommen hat, und seiner Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Förderkriteriums des Besitzes einer französischen Genehmigung.

97      Mit dem zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes macht Ryanair im Wesentlichen geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es in Rn. 73 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass die Kommission bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilferegelung mit dem Binnenmarkt nach Art. 107 Abs. 2 Buchst. b AEUV und insbesondere ihrer Verhältnismäßigkeit nicht verpflichtet gewesen sei, den Wettbewerbsvorteil zu berücksichtigen, der sich für die Begünstigten aus dem Ausschluss der Luftfahrtunternehmen, die nicht über eine französische Genehmigung verfügten, ergebe.

98      Hierzu ist festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen von Ryanair das Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/Aer Lingus und Ryanair Designated Activity (C‑164/15 P und C‑165/15 P, EU:C:2016:990), auf das das Gericht in Rn. 73 des angefochtenen Urteils Bezug genommen hat, im vorliegenden Fall relevant ist, obwohl es die Bestimmung des Betrags einer rechtswidrigen Beihilfe zum Zweck ihrer Rückforderung betrifft. Denn aus Rn. 92 dieses Urteils kann abgeleitet werden, dass der Vorteil, den eine Beihilfe ihrem Empfänger verschafft, nicht den etwaigen wirtschaftlichen Gewinn umfasst, den dieser Empfänger durch die Ausnutzung dieses Vorteils erzielen könnte.

99      Im Fall der in Rede stehenden Beihilferegelung – d. h. einer Beihilfe in Form eines den förderfähigen Begünstigten mittels eines zinsfreien Zahlungsaufschubs gewährten Moratoriums für die Zahlung bestimmter Abgaben – entspricht somit der Betrag der gewährten Beihilfe, der von der Kommission zu berücksichtigen ist, um festzustellen, ob eine Überkompensation der den Begünstigten durch das fragliche außergewöhnliche Ereignis entstandenen Schäden vorliegt, in Anbetracht der Mitteilung der Kommission über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (ABl. 2008, C 14, S. 6) und wie die Kommission im streitigen Beschluss angenommen hat, grundsätzlich dem Betrag der Zinsen, die die Begünstigten der Maßnahme auf dem Markt hätten zahlen müssen, um entsprechende Liquidität zu erhalten. Dagegen darf die Kommission für die Zwecke dieser Feststellung keine etwaigen Vorteile berücksichtigen, die die Begünstigten dieser Regelung mittelbar aus dieser Beihilfe gezogen haben könnten, wie etwa den von Ryanair behaupteten Wettbewerbsvorteil.

100    Daraus folgt, dass das Gericht keinen Rechtsfehler begangen hat, als es in Rn. 73 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, den von Ryanair behaupteten Wettbewerbsvorteil zu berücksichtigen.

101    Demnach ist der zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen, so dass dieser Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen ist.

 Zum vierten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

102    Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund macht Ryanair geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen und den Sachverhalt offensichtlich verfälscht, als es in den Rn. 79 bis 85 des angefochtenen Urteils zu Unrecht entschieden habe, dass die Kommission die ihr nach Art. 296 Abs. 2 AEUV obliegende Begründungspflicht nicht verletzt habe.

103    Das Gericht habe anerkannt, dass der Kontext, in dem der streitige Beschluss ergangen sei, nämlich der Ausbruch der Covid‑19-Pandemie und die damit möglicherweise verbundenen Schwierigkeiten bei der Abfassung der Beschlüsse der Kommission, es rechtfertigen könne, dass bestimmte entscheidende Gesichtspunkte in der Begründung dieses Beschlusses fehlten, obwohl sie für die Rechtsmittelführerin erforderlich gewesen seien, um die den Schlussfolgerungen der Kommission zugrunde liegenden Erwägungen nachzuvollziehen. Die vom Gericht vorgenommene Auslegung von Art. 296 Abs. 2 AEUV stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs und nehme der Begründungspflicht jede praktische Wirksamkeit.

104    Nach Ansicht der Kommission und der Französischen Republik ist der vierte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

105    Nach ständiger Rechtsprechung muss die durch Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen von Art. 296 Abs. 2 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 198 und die dort angeführte Rechtsprechung).

106    Handelt es sich, wie im vorliegenden Fall, speziell um einen nach Art. 108 Abs. 3 AEUV ergangenen Beschluss, gegen eine Beihilfemaßnahme keine Einwände zu erheben, so hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass ein solcher, innerhalb kurzer Fristen zu fassender Beschluss lediglich die Gründe enthalten muss, aus denen die Kommission keine ernsten Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Frage der Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfe mit dem Binnenmarkt sieht, und dass selbst eine kurze Begründung dieses Beschlusses als ausreichend im Hinblick auf das Begründungserfordernis von Art. 296 Abs. 2 AEUV anzusehen ist, sofern sie gleichwohl klar und eindeutig die Gründe zum Ausdruck bringt, aus denen die Kommission zu der Auffassung gelangt ist, dass keine derartigen Schwierigkeiten vorlägen, da die Frage der Stichhaltigkeit dieser Begründung mit diesem Erfordernis nichts zu tun hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 199 und die dort angeführte Rechtsprechung).

107    Anhand dieser Erfordernisse ist zu prüfen, ob das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, indem es die Auffassung vertreten hat, dass der streitige Beschluss rechtlich hinreichend begründet sei.

108    Soweit Ryanair dem Gericht im Wesentlichen vorwirft, die mit der Begründungspflicht verbundenen Anforderungen im Hinblick auf den Kontext der Covid‑19-Pandemie, in dem der streitige Beschluss erlassen worden war, gelockert zu haben, so ist festzustellen, dass das Gericht dadurch, dass es in den Rn. 79 und 80 des angefochtenen Urteils auf den Kontext Bezug genommen hat, in dem der streitige Beschluss ergangen war – nämlich den einer Pandemie und der äußersten Dringlichkeit, mit der die Kommission die ihr von den Mitgliedstaaten mitgeteilten Maßnahmen geprüft und die Beschlüsse betreffend diese Maßnahmen, einschließlich des streitigen Beschlusses, erlassen hatte –, zu Recht, wie es die in den Rn. 105 und 106 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung verlangt, relevante Gesichtspunkte berücksichtigt hat, um festzustellen, ob die Kommission beim Erlass dieses Beschlusses ihrer Begründungspflicht nachgekommen ist.

109    Soweit Ryanair ferner spezifische Gesichtspunkte anführt, zu denen sich die Kommission unter Verstoß gegen die ihr obliegende Begründungspflicht nicht geäußert oder die sie im streitigen Beschluss nicht gewürdigt habe, wie die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilferegelung mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung und dem freien Dienstleistungsverkehr, ihre Auswirkungen auf den Wettbewerb im Hinblick auf die Anwendung des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit sowie die Berechnung der Höhe der Beihilfe, so geht aus den Rn. 81 bis 83 des angefochtenen Urteils hervor, dass das Gericht der Ansicht war, dass diese Gesichtspunkte entweder für die Zwecke dieses Beschlusses nicht relevant seien oder dass in diesem Beschluss rechtlich hinreichend darauf eingegangen worden sei, so dass die Erwägungen der Kommission insoweit nachvollzogen werden könnten.

110    Es ist nicht ersichtlich, dass das Gericht mit diesen Beurteilungen die Anforderungen an die Begründung eines nach Art. 108 Abs. 3 AEUV ergangenen Beschlusses der Kommission, keine Einwände zu erheben, wie sie sich aus der in den Rn. 105 und 106 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergeben, verkannt hätte, da es diese Begründung Ryanair im vorliegenden Fall ermöglicht hat, die Gründe für diesen Beschluss nachzuvollziehen, und es – wie aus dem angefochtenen Urteil deutlich wird – dem Unionsgericht ermöglicht hat, seine Kontrollaufgabe hinsichtlich des Beschlusses wahrzunehmen.

111    Da mit dem Vorbringen im Rahmen des vierten Rechtsmittelgrundes in Wirklichkeit dargetan werden soll, dass der streitige Beschluss auf der Grundlage einer unzureichenden oder rechtsfehlerhaften Beurteilung der Kommission erlassen worden sei, ist dieses Vorbringen, das sich auf die Begründetheit dieses Beschlusses und nicht auf das Begründungserfordernis als wesentliches Formerfordernis bezieht, im Hinblick auf die in Rn. 106 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung zurückzuweisen.

112    Nach alledem hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es in Rn. 84 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass der streitige Beschluss rechtlich hinreichend begründet sei.

113    Schließlich ist festzustellen, dass Ryanair nichts vorgetragen hat, was belegen könnte, dass das Gericht bei der Prüfung des vierten Klagegrundes Beweise im Sinne der in Rn. 49 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung verfälscht hat.

114    Folglich ist der vierte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum fünften Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

115    Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund macht Ryanair geltend, das Gericht habe dadurch, dass es in den Rn. 86 und 87 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass ihr dritter Klagegrund betreffend die Weigerung der Kommission, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten, durch die Zurückweisung der ersten beiden Klagegründe gegenstandslos geworden sei und im Verhältnis zu diesen Klagegründen keinen eigenständigen Inhalt habe, einen Rechtsfehler begangen und den Sachverhalt offensichtlich verfälscht.

116    Entgegen der Auffassung des Gerichts habe dieser dritte Klagegrund nämlich gegenüber den ersten beiden Klagegründen durchaus einen eigenständigen Inhalt gehabt. Die gerichtliche Kontrolle bezüglich des Vorliegens ernsthafter Schwierigkeiten, die zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens hätten führen müssen, unterscheide sich von der Kontrolle bezüglich eines Rechtsfehlers oder eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers der Kommission bei der materiellen Prüfung der Beihilfemaßnahme. Das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten könnte somit auch dann festgestellt werden, wenn entgegen dem, was die Rechtsmittelführerin mit ihren ersten beiden Klagegründen geltend gemacht habe, die Prüfung der in Rede stehenden Beihilferegelung durch die Kommission frei von Beurteilungs- und Rechtsfehlern wäre.

117    Ebenso sei der dritte Klagegrund nicht gegenstandslos geworden, da der Nachweis eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers seitens der Kommission etwas völlig anderes sei als der Nachweis ernsthafter Schwierigkeiten, die zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens hätten führen müssen. Außerdem habe Ryanair insoweit eigenständige Argumente vorgebracht, die u. a. belegten, dass die Kommission über keine Marktdaten zur Struktur des Luftverkehrssektors – insbesondere in Bezug auf Luftfahrtunternehmen mit einer Genehmigung, die von einem anderen Mitgliedstaat als Frankreich erteilt worden sei – verfügt habe, die für die Prüfung der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilferegelung im Hinblick auf ihr behauptetes Ziel von entscheidender Bedeutung gewesen seien. Ryanair habe vor dem Gericht konkrete Lücken in den der Kommission zur Verfügung stehenden Informationen dargelegt und ernsthafte Schwierigkeiten aufgezeigt, die ihrem Klagegrund einen gegenüber den ersten beiden Klagegründen eigenständigen Inhalt verliehen hätten.

118    Nach Ansicht der Kommission und der Französischen Republik ist der fünfte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

119    Beantragt ein Kläger die Nichtigerklärung eines Beschlusses der Kommission, gegen eine staatliche Beihilfe keine Einwände zu erheben, rügt er im Wesentlichen, dass dieser Beschluss ergangen sei, ohne dass die Kommission das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV eröffnet habe, und dass diese dadurch seine Verfahrensrechte verletzt habe. Um mit seiner Nichtigkeitsklage durchzudringen, kann der Kläger jeden Klagegrund anführen, der geeignet ist, zu zeigen, dass die Beurteilung der Informationen und Angaben, über die die Kommission in der Phase der vorläufigen Prüfung der angemeldeten Maßnahme verfügte, Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahme mit dem Binnenmarkt hätte geben müssen. Der Vortrag solcher Argumente kann aber weder den Gegenstand der Klage noch die Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit ändern. Vielmehr liegt im Bestehen von Bedenken hinsichtlich dieser Vereinbarkeit gerade der Nachweis, der zu erbringen ist, um zu zeigen, dass die Kommission verpflichtet war, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9) zu eröffnen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex, C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

120    Somit obliegt es demjenigen, der die Nichtigerklärung eines Beschlusses, keine Einwände zu erheben, beantragt, darzutun, dass Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt bestanden, so dass die Kommission verpflichtet war, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten. Dieser Nachweis ist sowohl in den Umständen des Erlasses dieses Beschlusses als auch in seinem Inhalt anhand eines Bündels übereinstimmender Indizien zu suchen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

121    Insbesondere, wenn die Prüfung durch die Kommission im Vorprüfungsverfahren unzureichend oder unvollständig war, stellt dies einen Anhaltspunkt dafür dar, dass die Kommission mit ernsthaften Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit dem Binnenmarkt konfrontiert war, was sie zur Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens hätte veranlassen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

122    Soweit die vom Gericht in Rn. 87 des angefochtenen Urteils getroffene Feststellung beanstandet wird, dass der dritte Klagegrund keinen eigenständigen Inhalt habe, so trifft es zu, dass, wie Ryanair in ihrer Rechtsmittelschrift geltend macht, wenn das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten im Sinne der in Rn. 121 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs nachgewiesen worden wäre, der streitige Beschluss allein deshalb für nichtig hätte erklärt werden können, auch wenn im Übrigen nicht erwiesen gewesen wäre, dass die von der Kommission in der Sache vorgenommenen Beurteilungen in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht fehlerhaft waren (vgl. entsprechend Urteil vom 2. April 2009, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission, C‑431/07 P, EU:C:2009:223, Rn. 66).

123    Ob solche Schwierigkeiten vorgelegen haben, kann u. a. anhand dieser Beurteilungen geprüft werden und lässt sich grundsätzlich durch Klagegründe oder Argumente nachweisen, die vom Kläger vorgebracht werden, um die Begründetheit des Beschlusses, keine Einwände zu erheben, in Frage zu stellen, selbst wenn die Prüfung dieser Klagegründe oder Argumente nicht zu dem Ergebnis führt, dass die von der Kommission in der Sache vorgenommenen Beurteilungen in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht fehlerhaft waren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. April 2009, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission, C‑431/07 P, EU:C:2009:223, Rn. 63 und 66 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

124    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass mit dem dritten Klagegrund von Ryanair im Wesentlichen geltend gemacht wurde, dass die Prüfung, die die Kommission im Vorprüfungsverfahren vorgenommen habe, unvollständig und unzureichend gewesen sei und dass die Kommission die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilferegelung mit dem Binnenmarkt anders beurteilt hätte, wenn sie beschlossen hätte, ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten. Aus der Klage geht aber auch hervor, dass die Rechtsmittelführerin zur Stützung dieses Klagegrundes im Wesentlichen entweder die im Rahmen der ersten beiden Klagegründe vorgebrachten Argumente bezüglich der Begründetheit des streitigen Beschlusses in komprimierter Form wiederholt oder direkt auf diese Argumente verwiesen hat.

125    Unter diesen Umständen konnte das Gericht in Rn. 87 des angefochtenen Urteils berechtigterweise davon ausgehen, dass der dritte Klagegrund gegenüber den ersten beiden Klagegründen „keinen eigenständigen Inhalt“ in dem Sinne habe, dass es, nachdem es die letztgenannten Klagegründe einschließlich des Vorbringens, die Prüfung durch die Kommission sei unvollständig und unzureichend, in der Sache geprüft habe, nicht verpflichtet sei, die Stichhaltigkeit des dritten Klagegrundes gesondert zu beurteilen. Dies gilt umso mehr, als Ryanair, wie das Gericht in dieser Rn. 87 ebenfalls zu Recht festgestellt hat, mit dem dritten Klagegrund nichts Spezifisches vorgebracht hatte, was hätte belegen können, dass die Kommission mit „ernsthaften Schwierigkeiten“ konfrontiert war, als sie die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt prüfte.

126    Folglich hat das Gericht in Rn. 87 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei festgestellt, dass über die Begründetheit des dritten Klagegrundes nicht zu entscheiden sei. Insoweit braucht im Übrigen nicht geprüft zu werden, ob das Gericht in Rn. 86 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden hat, dass dieser Klagegrund subsidiären Charakter habe und gegenstandslos geworden sei.

127    Schließlich ist festzustellen, dass Ryanair nichts vorgetragen hat, was belegen könnte, dass das Gericht im Rahmen seiner Prüfung des dritten Klagegrundes Beweise im Sinne der in Rn. 49 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung verfälscht hat.

128    Nach alledem ist der fünfte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

129    Da keiner der von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Gründe durchgreift, ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

 Kosten

130    Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

131    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß ihrem Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die durch das vorliegende Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.

132    Nach Art. 184 Abs. 4 der Verfahrensordnung kann eine erstinstanzliche Streithilfepartei, die am schriftlichen oder mündlichen Verfahren vor dem Gerichtshof teilnimmt, zur Tragung der Kosten verurteilt werden. Der Gerichtshof kann ihr ihre eigenen Kosten auferlegen. Folglich trägt die Französische Republik, die dem Verfahren im ersten Rechtszug als Streithelferin beigetreten ist und am Verfahren vor dem Gerichtshof teilgenommen hat, ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Die Ryanair DAC trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten, die der Europäischen Kommission entstanden sind.

3.      Die Französische Republik trägt ihre eigenen Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.