Language of document :

Urteil des Gerichtshofs (Achte Kammer) vom 7. September 2023 (Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Münster – Deutschland) – Michael Schütte/Finanzamt Brilon

(Rechtssache C-453/22, Schütte)1

(Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Richtlinie 2006/112/EG – Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer – Effektivitätsgrundsatz – Zu hoher Mehrwertsteuersatz auf einer Kaufrechnung – Rückzahlung des zu viel gezahlten Betrags – Unmittelbare Klage gegen die Verwaltung – Auswirkung der Gefahr einer doppelten Erstattung derselben Mehrwertsteuer)

Verfahrenssprache: Deutsch

Vorlegendes Gericht

Finanzgericht Münster

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: Michael Schütte

Beklagter: Finanzamt Brilon

Tenor

Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2010/45/EU des Rates vom 13. Juli 2010 geänderten Fassung sowie der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer und der Effektivitätsgrundsatz

sind dahin auszulegen, dass

sie verlangen, dass dem Empfänger von Lieferungen von Gegenständen ein Anspruch auf Erstattung der zu Unrecht in Rechnung gestellten Mehrwertsteuer, die er an seine Lieferer gezahlt hat und die diese an die Staatskasse abgeführt haben, einschließlich der damit zusammenhängenden Zinsen, unmittelbar gegen die Steuerbehörde zusteht, wenn er zum einen, ohne dass ihm Betrug, Missbrauch oder Fahrlässigkeit vorgeworfen werden können, diese Erstattung aufgrund der im nationalen Recht vorgesehenen Verjährung nicht mehr von diesen Lieferern fordern kann und zum anderen formal die Möglichkeit besteht, dass diese Lieferer, nachdem sie die ursprünglich an den Empfänger dieser Lieferungen gerichteten Rechnungen berichtigt haben, im Nachhinein von der Steuerbehörde die Erstattung des zu viel gezahlten Betrags verlangen. Wird die von der Steuerbehörde zu Unrecht erhobene Mehrwertsteuer nicht innerhalb einer angemessenen Frist erstattet, ist der Schaden, der dadurch entstanden ist, dass der Betrag, der dieser zu Unrecht erhobenen Mehrwertsteuer entspricht, nicht verfügbar ist, durch die Zahlung von Verzugszinsen auszugleichen.

____________

1     ABl. C 368 vom 26.9.2022.