Language of document : ECLI:EU:C:2022:777

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 13. Oktober 2022(1)

Rechtssache C449/21

Towercast

gegen

Autorité de la concurrence,

Ministère de l’Économie,

Beteiligte:

Tivana Topco S.A.,

Tivana Midco S.A.R.L.,

TDF Infrastructure Holding S.A.S.,

TDF Infrastructure S.A.S.,

Tivana France Holdings S.A.S.

(Vorabentscheidungsersuchen des Cour d’appel de Paris [Berufungsgericht Paris, Frankreich])

„Wettbewerb – Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (‚Fusionskontrolle‘) – Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 (‚EG-Fusionskontrollverordnung‘) – Ausschließliche Anwendbarkeit des Fusionskontrollrechts – Nationale Fusionskontrolle – Nichterreichen der Schwellenwerte – Art. 102 AEUV – Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung – Unmittelbare Anwendbarkeit – Verordnung (EG) Nr. 1/2003“






Inhaltsverzeichnis


I. Einleitung

II. Rechtlicher Rahmen

A. Sekundäres Unionsrecht

1. Verordnung (EG) Nr. 139/2004

2. Verordnung (EWG) Nr. 4064/89

B. Nationales Recht

III. Sachverhalt und Vorabentscheidungsersuchen

IV. Rechtliche Würdigung

A. Verhältnis von Art. 21 der FKVO zu Art. 102 AEUV

1. Bestimmung des Anwendungsbereichs der Fusionskontrollverordnung in Art. 21 der FKVO

2. Unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV

B. Funktionsweise und Systematik des unionsrechtlichen Schutzes gegen Wettbewerbsverfälschungen

C. Bedeutung des Urteils Continental Can und Rechtssicherheit

V. Ergebnis


I.      Einleitung

1.        Mit seiner Vorlagefrage zum Verhältnis zwischen den Regeln der Ex-ante-Fusionskontrolle und der Ex-post-Missbrauchskontrolle nach Art. 102 AEUV möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob es einer nationalen Wettbewerbsbehörde möglich ist, einen Zusammenschluss, der von einem Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung betrieben wurde, nachträglich am Maßstab des Art. 102 AEUV zu prüfen, wenn dieser Zusammenschluss die maßgeblichen umsatzbezogenen Aufgreifschwellenwerte der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 (im Folgenden: Fusionskontrollverordnung oder FKVO)(2) und des nationalen Fusionskontrollrechts nicht erreicht und daher keine entsprechende Ex-ante-Prüfung stattgefunden hat.

2.        Im Ausgangsrechtsstreit geht es konkret um die Frage einer ergänzenden oder lückenfüllenden Anwendung von Art. 102 AEUV im Verhältnis zu den nationalen Regeln über die Fusionskontrolle. Die Vorlagefrage zielt im Kern darauf ab, zu klären, ob Art. 21 Abs. 1 FKVO bewirkt, dass Zusammenschlüsse ausschließlich am Maßstab des Fusionskontrollrechts zu prüfen sind und eine parallele oder nachträgliche Anwendung von Art. 102 AEUV ausgeschlossen ist (sogenannte „Sperrwirkung“). Um das Verhältnis dieser Regelungen zueinander näher zu bestimmen, müssen ihre jeweilige Rechtsnatur und Funktion im unionsrechtlichen System des Schutzes des Wettbewerbs im Binnenmarkt und dessen grundlegende Ziele in den Blick genommen werden.

3.        Zu diesem Zweck werde ich nach der Darstellung des Rechtsrahmens (II.) und des Sachverhalts (III.) das Verhältnis von Art. 21 Abs. 1 FKVO zu Art. 102 AEUV unter Berücksichtigung seiner Stellung in der Normenhierarchie und seiner unmittelbaren Anwendbarkeit erörtern (IV.A). Danach werde ich das Ergebnis dieser Analyse anhand der Zielsetzungen des unionsrechtlichen Systems zum Schutz vor Wettbewerbsverfälschungen überprüfen (IV.B). Schließlich werde ich die Frage behandeln, ob und inwieweit das gefundene Ergebnis mit der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs und dem Grundsatz der Rechtssicherheit in Einklang gebracht werden kann (IV.C).

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Sekundäres Unionsrecht

1.      Verordnung (EG) Nr. 139/2004

4.        Die Erwägungsgründe 2 und 6 der FKVO sehen vor:

„(2) Zur Verwirklichung der allgemeinen Ziele des Vertrags ist der Gemeinschaft in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe g) die Aufgabe übertragen worden, ein System zu errichten, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts vor Verfälschungen schützt. …

(6) Daher ist ein besonderes Rechtsinstrument erforderlich, das eine wirksame Kontrolle sämtlicher Zusammenschlüsse im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Wettbewerbsstruktur in der Gemeinschaft ermöglicht und das zugleich das einzige auf derartige Zusammenschlüsse anwendbare Instrument ist. …“

5.        Der siebte Erwägungsgrund der FKVO äußert sich zur Rechtsgrundlage wie folgt:

„Die Artikel 81 und 82 des Vertrags sind zwar nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs auf bestimmte Zusammenschlüsse anwendbar, reichen jedoch nicht aus, um alle Zusammenschlüsse zu erfassen, die sich als unvereinbar mit dem vom Vertrag geforderten System des unverfälschten Wettbewerbs erweisen könnten. Diese Verordnung ist daher nicht nur auf Artikel 83, sondern vor allem auf Artikel 308 des Vertrags zu stützen …“

6.        Die Erwägungsgründe 8 und 9 der FKVO betreffen die Zuständigkeitsverteilung und den Anwendungsbereich der Fusionskontrollverordnung:

„(8) Die Vorschriften dieser Verordnung sollten für bedeutsame Strukturveränderungen gelten, deren Auswirkungen auf den Markt die Grenzen eines Mitgliedstaats überschreiten. … Unternehmenszusammenschlüsse, die nicht im Anwendungsbereich dieser Verordnung liegen, fallen grundsätzlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.

(9) Der Anwendungsbereich dieser Verordnung sollte anhand des geografischen Tätigkeitsbereichs der beteiligten Unternehmen bestimmt und durch Schwellenwerte eingegrenzt werden, damit Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung erfasst werden können. …“

7.        Art. 1 der FKVO bestimmt den Anwendungsbereich der Fusionskontrollverordnung, u. a. nach Maßgabe der Umsatzschwellenwerte in Abs. 2:

„(1) Unbeschadet des Artikels 4 Absatz 5 und des Artikels 22 gilt diese Verordnung für alle Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne dieses Artikels.

(2) Ein Zusammenschluss hat gemeinschaftsweite Bedeutung, wenn folgende Umsätze erzielt werden: …“

8.        In Art. 3 der FKVO wird der Begriff „Zusammenschluss“ definiert:

„(1) Ein Zusammenschluss wird dadurch bewirkt, dass eine dauerhafte Veränderung der Kontrolle in der Weise stattfindet, dass

a)      zwei oder mehr bisher voneinander unabhängige Unternehmen oder Unternehmensteile fusionieren oder dass

b)      eine oder mehrere Personen, die bereits mindestens ein Unternehmen kontrollieren, oder ein oder mehrere Unternehmen durch den Erwerb von Anteilsrechten oder Vermögenswerten, durch Vertrag oder in sonstiger Weise die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle über die Gesamtheit oder über Teile eines oder mehrerer anderer Unternehmen erwerben …“

9.        Art. 21 Abs. 1 der FKVO betrifft die Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Fusionskontrollverordnung im Verhältnis zu anderen Rechtsakten der Union:

„Diese Verordnung gilt allein für Zusammenschlüsse im Sinne des Artikels 3; die Verordnungen (EG) Nr. 1/2003 … gelten nicht, außer für Gemeinschaftsunternehmen, die keine gemeinschaftsweite Bedeutung haben und die Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens unabhängig bleibender Unternehmen bezwecken oder bewirken …“

10.      Art. 22 der FKVO bestimmt schließlich u. a.:

„(1) Auf Antrag eines oder mehrerer Mitgliedstaaten kann die Kommission jeden Zusammenschluss im Sinne von Artikel 3 prüfen, der keine gemeinschaftsweite Bedeutung im Sinne von Artikel 1 hat, aber den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt und den Wettbewerb im Hoheitsgebiet des beziehungsweise der antragstellenden Mitgliedstaaten erheblich zu beeinträchtigen droht …

(3) … Das innerstaatliche Wettbewerbsrecht des bzw. der Mitgliedstaaten, die den Antrag gestellt haben, findet auf den Zusammenschluss nicht mehr Anwendung …“

2.      Verordnung (EWG) Nr. 4064/89

11.      Die Verordnung (EWG) Nr. 4064/89(3) ist die Vorgängerverordnung der aktuell gültigen Fusionskontrollverordnung.

12.      Ihre Erwägungsgründe 6 bis 8 sahen vor:

„(6) Die Artikel 85 und 86 des Vertrages sind zwar nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs auf bestimmte Zusammenschlüsse anwendbar, reichen jedoch nicht aus, um alle Zusammenschlüsse zu erfassen, die sich als unvereinbar mit dem vom Vertrag geforderten System des unverfälschten Wettbewerbs erweisen könnten.

(7) Daher ist ein neues Rechtsinstrument in Form einer Verordnung zu schaffen, die eine wirksame Kontrolle sämtlicher Zusammenschlüsse entsprechend ihren Auswirkungen auf die Wettbewerbsstruktur in der Gemeinschaft ermöglicht und die zugleich das einzige auf derartige Zusammenschlüsse anwendbare Instrument ist.

(8) Diese Verordnung ist daher nicht nur auf Artikel 87, sondern vor allem auf Artikel 235 des Vertrages zu stützen, wonach sich die Gemeinschaft für die Verwirklichung ihrer Ziele zusätzliche Befugnisse geben kann …“

13.      Art. 22 der Verordnung Nr. 4064/89 enthielt in seinen Abs. 1 und 2 die Vorgängervorschrift zu Art. 21 Abs. 1 der FKVO und in Abs. 3 die Vorgängervorschrift zu Art. 22 der FKVO:

„(1) Für Zusammenschlüsse im Sinne des Artikels 3 gilt allein diese Verordnung.

(2) Die Verordnungen Nr. 17, (EWG) Nr. 1017/68, (EWG) Nr. 4056/86 und (EWG) Nr. 3975/87 finden auf Zusammenschlüsse im Sinne des Artikels 3 keine Anwendung.

(3) Stellt die Kommission auf Antrag eines Mitgliedstaats fest, dass ein Zusammenschluss im Sinne von Artikel 3, der jedoch keine gemeinschaftsweite Bedeutung im Sinne des Artikels 1 hat, eine beherrschende Stellung begründet oder verstärkt, durch welche wirksamer Wettbewerb im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats erheblich behindert wird, so kann die Kommission – sofern dieser Zusammenschluss den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt – die in Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 2 sowie in Artikel 8 Absätze 3 und 4 vorgesehenen Entscheidungen erlassen …“

B.      Nationales Recht

14.      Art. L. 490-9 des französischen Code de commerce (Handelsgesetzbuch) lautet u. a.:

„Für die Anwendung der Art. 81 bis 83 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft verfüg[t] [u. a.] die Wettbewerbsbehörde … über die jeweiligen Befugnisse, die ih[r] durch die Artikel dieses Buches und durch die Verordnung (EG) Nr. 139/2004 … und die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 … zuerkannt werden. Die in diesen Texten vorgesehenen Verfahrensregeln sind auf sie anwendbar.“

15.      Auch das französische Recht sieht eine Exante-Kontrolle von Zusammenschlüssen vor. Der Begriff des Zusammenschlusses ist in Art. L. 430-1 des Handelsgesetzbuchs definiert. Dessen Art. L. 430-2 legt die Umsatzschwellen fest, die den Anwendungsbereich des Fusionskontrollrechts eröffnen.

16.      Art. L. 430-9 des Handelsgesetzbuchs sieht außerdem vor, dass

„[die] Wettbewerbsbehörde das betreffende Unternehmen oder die betreffende Unternehmensgruppe im Falle der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung … durch eine mit Gründen versehene Entscheidung anweisen kann, innerhalb einer bestimmten Frist alle Vereinbarungen und Handlungen zu ändern, zu ergänzen oder zu kündigen, durch welche die Konzentration der wirtschaftlichen Macht, die den Missbrauch ermöglicht hat, erreicht wurde …“

III. Sachverhalt und Vorabentscheidungsersuchen

17.      Dem Ausgangsrechtsstreit und dem Vorabentscheidungsersuchen liegt eine Klage der französischen Gesellschaft Towercast S.A.S.U. mit Sitz in Paris (Frankreich) (im Folgenden: Towercast) gegen die Entscheidung der französischen Autorité de la concurrence (im Folgenden: französische Wettbewerbsbehörde) zugrunde, mit der diese eine Beschwerde von Towercast wegen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung durch die französische Gesellschaft TDF Infrastructure Holding S.A.S. (im Folgenden: TDF)(4) zurückgewiesen hat.

18.      Am 15. November 2017 hatte Towercast bei der französischen Wettbewerbsbehörde eine Beschwerde in Bezug auf die (Kontroll‑)Übernahme der Gesellschaft Itas S.A.S. durch TDF am 13. Oktober 2016 eingereicht. Towercast hatte geltend gemacht, dass diese Übernahme den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstelle, indem TDF den Wettbewerb auf den vor- und nachgelagerten Großkundenmärkten für die digitale Übertragung von terrestrischen Fernsehdiensten (Digital Video Broadcasting – Terrestrial oder DVB‑T) dadurch behindere, dass sie ihre marktbeherrschende Stellung auf diesen Märkten erheblich verstärke.

19.      Der französische Markt für terrestrische Fernsehübertragungen, auf dem TDF ursprünglich ein gesetzliches Monopol innehatte, wurde Anfang 2004 liberalisiert. In den vergangenen Jahren kam es jedoch erneut zu einer starken Konzentration, so dass im Zeitpunkt der angegriffenen Übernahme mit Towercast, Itas und TDF nur noch drei Gesellschaften auf diesem Markt tätig waren, wobei TDF unstreitig die mit Abstand größten Marktanteile besaß.

20.      Der Erwerb von Itas durch TDF lag unterhalb der in Art. 1 der FKVO und in Art. L. 430-2 des Handelsgesetzbuchs vorgesehenen Schwellenwerte und war damit nicht Gegenstand einer Exante-Kontrolle durch die Kommission oder durch die französische Wettbewerbsbehörde. Ebenso wenig kam es zu einer Verweisung an die Kommission nach Art. 22 der FKVO.

21.      Mit Entscheidung vom 16. Januar 2020 wies die französische Wettbewerbsbehörde die Beschwerde von Towercast mit der Begründung zurück, dass der vorgeworfene Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nicht nachgewiesen sei. Zwar besitze TDF eine solche Stellung. Seit Erlass der Verordnung Nr. 4064/89 sei jedoch eine klare Trennlinie zwischen der Fusionskontrolle einerseits und der Kontrolle wettbewerbswidriger Verhaltensweisen nach den Art. 101 und 102 AEUV andererseits festgelegt, so dass die Fusionskontrollverordnung alleinige und ausschließliche Anwendung auf Zusammenschlüsse im Sinne von Art. 3 der FKVO finde. Art. 102 AEUV sei mithin nicht mehr anwendbar, wenn sich nicht ein vom Zusammenschluss losgelöstes wettbewerbswidriges Verhalten manifestiere. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall.

22.      Gegen diese Entscheidung legte Towercast ein Rechtsmittel vor dem Cour d’appel de Paris (Berufungsgericht Paris, Frankreich) ein.

23.      Mit Beschluss vom 1. Juli 2021, eingegangen am 21. Juli 2021, hat der Cour d’appel de Paris (Berufungsgericht Paris) dem Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV, insbesondere unter Hinweis auf die unterschiedliche Anwendung des Art. 21 Abs. 1 der FKVO in den Mitgliedstaaten, folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 21 Abs. 1 der FKVO dahin auszulegen, dass er es verwehrt, dass ein Zusammenschluss, der nicht von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne von Art. 1 der FKVO ist, unterhalb der vom nationalen Recht vorgesehenen Schwellen für eine verpflichtende Exante-Kontrolle liegt und nicht gemäß Art. 22 der FKVO zu einer Verweisung an die Europäische Kommission geführt hat, in Anbetracht der Struktur des Wettbewerbs auf einem nationalen Markt von einer nationalen Wettbewerbsbehörde als ein von Art. 102 AEUV verbotener Missbrauch einer beherrschenden Stellung beurteilt wird?

24.      Towercast, die französische Wettbewerbsbehörde, Frankreich, Italien, die Niederlande, die Europäische Kommission, TDF und Tivana Topco haben sich sowohl schriftlich geäußert als auch – mit Ausnahme Italiens – an der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2022 beteiligt.

IV.    Rechtliche Würdigung

A.      Verhältnis von Art. 21 der FKVO zu Art. 102 AEUV

1.      Bestimmung des Anwendungsbereichs der Fusionskontrollverordnung in Art. 21 der FKVO

25.      Art. 21 Abs. 1 der FKVO regelt den Anwendungsbereich der Fusionskontrollverordnung in Bezug auf die Prüfung von Zusammenschlüssen im Verhältnis bzw. in Abgrenzung zur Geltung der sonstigen sekundärrechtlichen Regeln des Wettbewerbsrechts der Union. Diese Vorschrift schließt u. a. ausdrücklich die Geltung der Verordnung Nr. 1/2003(5) für Zusammenschlüsse aus, es sei denn es handelt sich um (kooperative) „Gemeinschaftsunternehmen, die keine gemeinschaftsweite Bedeutung haben und die Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens unabhängig bleibender Unternehmen bezwecken oder bewirken“ und deswegen in den Anwendungsbereich von Art. 101 AEUV fallen.

26.      Entsprechend hat der Gerichtshof in der Rechtssache Austria Asphalt die ausschließliche Geltung der Fusionskontrollverordnung für die Prüfung von Zusammenschlüssen bejaht und insoweit eine Geltung der Verordnung Nr. 1/2003 ausgeschlossen(6). Diese Verordnung ist danach nur auf Verhaltensweisen von Unternehmen anwendbar, die, wie kooperative Gemeinschaftsunternehmen, nicht als Zusammenschluss zu qualifizieren sind, aber eine gegen Art. 101 AEUV verstoßende Koordinierung zum Gegenstand haben können(7). Das Urteil in der Rechtssache Austria Asphalt enthält somit keine generelle Aussage zum Verhältnis zwischen dem Fusionskontrollrecht einerseits und den Art. 101 und 102 AEUV andererseits.

27.      Der in Art. 21 Abs. 1 der FKVO angeordnete Ausschluss der Geltung der Verordnung Nr. 1/2003 für Zusammenschlüsse beantwortet hingegen nicht die Frage nach der Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV. Deren Beantwortung ist umso wichtiger, wenn der betreffende Zusammenschluss wie hier weder die unionsrechtlichen noch die nationalen Aufgreifschwellenwerte erreicht und auch nicht nach Art. 22 der FKVO an die Kommission verwiesen wurde, so dass keine Exante-Prüfung am Maßstab des Fusionskontrollrechts stattfindet(8).

28.      Bei der Beantwortung der Frage, ob Art. 21 Abs. 1 der FKVO die Anwendung von Art. 102 AEUV ausschließt, fällt insbesondere dessen primärrechtlicher Charakter und seine unmittelbare Anwendbarkeit ins Gewicht.

2.      Unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV

29.      Art. 102 AEUV ist eine Norm des Primärrechts, deren unmittelbare Anwendbarkeit der Gerichtshof seit Langem anerkennt(9).

30.      Zudem ergibt sich aus dem Grundsatz der Normenhierarchie(10) und aus dem daraus folgenden kollisionsrechtlichen Grundsatz lex superior derogat legi inferiori, dass eine Norm des Sekundärrechts weder den Anwendungsbereich noch die unmittelbare Anwendbarkeit einer Norm des Primärrechts einzuschränken vermag, sondern vielmehr deren Vorgaben beachten muss und ihrerseits in deren Licht gegebenenfalls einschränkend auszulegen ist(11).

31.      Aus diesem Grund kann Art. 21 Abs. 1 der FKVO zwar die Geltung der Verordnung Nr. 1/2003, die der Durchführung u. a. des Art. 102 AEUV dient(12), für Zusammenschlüsse ausschließen. Das Verbot in Art. 102 AEUV bleibt jedoch ungeachtet dessen und entgegen der Auffassung der französischen Wettbewerbsbehörde unmittelbar anwendbar, und seine Durchsetzung ist nicht gesperrt. Dieses Verbot ist hinreichend klar, präzise und unbedingt, so dass es keiner sekundärrechtlichen Regel bedarf, die seine Anwendung durch die nationalen Behörden und Gerichte ausdrücklich anordnen oder erlauben müsste(13).

32.      Die unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV ermöglicht es dem Einzelnen, die ihm dadurch verliehene Rechtsposition vor den mitgliedstaatlichen Behörden und Gerichten durchzusetzen; damit korreliert spiegelbildlich eine diesen staatlichen Stellen obliegende Pflicht zum Schutz dieser Rechtsposition(14). Der Gerichtshof hat zudem aus dieser unmittelbaren Anwendbarkeit und dem damit verbundenen Vorrang der Art. 101 und 102 AEUV gefolgert, dass die nationalen Wettbewerbsbehörden verpflichtet sind, entgegenstehende nationale Rechtsvorschriften unangewendet zu lassen(15).

33.      Wenn aber aus der unmittelbaren Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV für die innerstaatlichen Stellen sogar eine Anwendungspflicht folgt, kann eine sekundärrechtliche Regel wie Art. 21 Abs. 1 der FKVO diesbezüglich umso weniger die von der französischen Wettbewerbsbehörde vertretene Sperrwirkung entfalten.

34.      Daran ändert auch der Wortlaut dieser Regel nichts, die den Begriff „allein“(16) verwendet. Dies gilt ebenso für die Formulierung im sechsten Erwägungsgrund der Fusionskontrollverordnung, wonach diese „das einzige auf derartige Zusammenschlüsse [im Sinne des Art. 3] anwendbare Instrument“ sein soll.(17)

35.      Dies wird durch die Wahl von Art. 103 AEUV – neben Art. 352 AEUV – als Rechtsgrundlage für die Fusionskontrollverordnung bestätigt(18). Wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, dient auch die Fusionskontrollverordnung der Umsetzung der Art. 101 und 102 AEUV und ist Teil einer Gesamtheit von Rechtsvorschriften, die darauf gerichtet sind, den Schutz des Wettbewerbs im Binnenmarkt umfassend zu gewährleisten(19). Dies zeigt wiederum, dass diese Verordnung weder normenhierarchisch mit den Art. 101 und 102 AEUV auf einer Stufe steht noch als Durchführungsvorschrift den Anwendungsbereich dieser Bezugsnormen zu modifizieren, geschweige denn zu begrenzen vermag.

36.      Da anderslautende Regeln des nationalen Rechts aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts der Durchführung von Art. 102 AEUV nicht entgegenstehen können und dieser unionsweit einheitlich auszulegen ist(20), geht auch der Hinweis von Towercast, TDF und Tivana Topco auf seine möglicherweise unterschiedliche Anwendung in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen ins Leere und kann keinen Einfluss auf die Beantwortung der Vorlagefrage haben.

37.      Mit Blick auf das insbesondere von TDF vorgebrachte Argument, dass ein Zusammenschluss, der unterhalb der Schwellenwerte liegt und daher nicht angemeldet werden muss, nicht mehr nachträglich durch eine Anwendung von Art. 102 AEUV in Frage gestellt werden darf, möchte ich ergänzend erwähnen, dass die in Art. 1 der FKVO oder in entsprechenden nationalen Regeln vorgesehenen Schwellenwerte ebenso wenig die unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV einschränken oder ausschließen können wie Art. 21 Abs. 1 der FKVO.

38.      Dies folgt auch aus der Funktion der Schwellenwerte. Zum einen regeln sie die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden und bestimmen daran anknüpfend das auf die Prüfung des Zusammenschlusses anwendbare Recht(21). Zum anderen liegt ihnen die Wertung des Gesetzgebers und die damit verbundene widerlegbare Vermutung zugrunde, dass Zusammenschlüsse, die bestimmte Umsatzschwellen überschreiten, besonders bedeutsam sind und schädliche Auswirkungen auf die Marktstruktur und den Wettbewerb haben können, so dass sie einer behördlichen Exante-Kontrolle bedürfen(22). Umgekehrt beinhaltet das Nichterreichen dieser Umsatzschwellen die Vermutung, dass der betreffende Zusammenschluss keine solche Exante-Kontrolle erfordert. Die Schwellenwerte als solche sagen aber nichts darüber aus, ob in bestimmten Fällen eine Expost-Kontrolle des Verhaltens von Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung im Zusammenhang mit einem Zusammenschluss aufgrund von Art. 102 AEUV möglich ist.

B.      Funktionsweise und Systematik des unionsrechtlichen Schutzes gegen Wettbewerbsverfälschungen

39.      Die in den Nrn. 29 bis 38 dargelegte normhierarchische Stellung und unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV genügen eigentlich zur Begründung, dass dessen Anwendbarkeit auf Zusammenschlüsse nicht durch Art. 21 Abs. 1 der FKVO ausgeschlossen werden kann. Darüber hinaus sprechen auch die Funktionsweise und die Systematik des unionsrechtlichen Schutzes gegen Wettbewerbsverfälschungen im Binnenmarkt für eine komplementäre Anwendung von Art. 102 AEUV auf einen Zusammenschluss.

40.      Während die Fusionskontrollverordnung ein System der obligatorischen präventiven Exante-Kontrolle für Veränderungen der Marktstruktur vorsieht, unterliegt das Marktverhalten von Unternehmen – seien es koordinierte Verhaltensweisen oder einseitige Handlungen – nach der Verordnung Nr. 1/2003 nur einer repressiven Expost-Kontrolle. Diese Funktion wurde durch das mit dieser Verordnung eingeführte System der Legalausnahme weiter gestärkt, indem es auf der Grundlage der (nunmehr vollständigen) unmittelbaren Anwendbarkeit der Art. 101 und 102 AEUV die Kontroll- und Durchführungsaufgaben in weitem Umfang an die nationalen Behörden und Gerichte übertrug (Dezentralisierung)(23). Deren Ermessen bei der Durchführung der Art. 101 und 102 AEUV wird jedoch wiederum durch die Grundsätze der unmittelbaren Anwendbarkeit und des Vorrangs eingeschränkt(24).

41.      Die Eigenständigkeit der präventiven Fusionskontrolle wird zwar durch den sechsten Erwägungsgrund der Fusionskontrollverordnung(25) betont. Danach soll diese als „besonderes Rechtsinstrument“ das „einzige“ Instrument für die rechtliche Bewertung der Auswirkungen von Zusammenschlüssen auf den Wettbewerb im Binnenmarkt sein(26). Zudem hat sich der Gerichtshof gegen eine unzulässige Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Verordnung auf Vorgänge, die nicht zum Vollzug eines Zusammenschlusses beitragen(27), gewandt. Damit hat er einem „Hineinragen“ ihrer Vorschriften in andere Regelungsbereiche des Wettbewerbsrechts einen Riegel vorgeschoben(28).

42.      Daraus kann aber entgegen der Auffassung der französischen Regierung und der französischen Wettbewerbsbehörde nicht geschlossen werden, dass die Fusionskontrollverordnung abschließenden Lexspecialis-Charakter habe.

43.      Dies ergibt sich auch nicht daraus, dass nach Art. 21 Abs. 1 der FKVO u. a. die Verordnung Nr. 1/2003 für Zusammenschlüsse keine Geltung hat. Ihr ist zwar zu entnehmen, dass die Prüfung eventuell wettbewerbsschädlicher Auswirkungen eines Zusammenschlusses vorrangig dem Fusionskontrollrecht als Spezialregime im Verhältnis zu den Art. 101 und 102 AEUV zugewiesen ist. Damit wird jedoch die Möglichkeit einer Expost-Kontrolle des Verhaltens eines Unternehmens mit marktbeherrschender Stellung im Zusammenhang mit einem solchen Zusammenschluss nicht ausgeschlossen. Im Übrigen wäre es dem Gesetzgeber rechtlich nicht möglich gewesen, eine sekundärrechtliche Regel zu erlassen, die die Anwendung des höherrangigen und unmittelbar anwendbaren Art. 102 AEUV ausschlösse.

44.      Für die Anwendung von Art. 102 AEUV neben der Fusionskontrollverordnung spricht auch, dass diese – wie aus ihrem siebten Erwägungsgrund ersichtlich ist – nicht nur auf Art. 103 AEUV, sondern auch auf die Vertragsergänzungsermächtigung in Art. 352 AEUV gestützt ist. Der sechste Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 4064/89 (oben, Nr. 12) bestätigt dies, indem er klarstellt, dass die Einführung eines Fusionskontrollregimes dazu dienen sollte, in Bezug auf Zusammenschlüsse Lücken im System zum Schutz gegen Wettbewerbsverfälschungen zu schließen.

45.      Umgekehrt zeigt die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass Art. 102 AEUV ein weites Anwendungsfeld hat, zumal dessen Regelbeispiele für missbräuchliche Verhaltensweisen nicht abschließend sind(29). Entsprechend kann auch ein Verhalten von Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung anlässlich der Anbahnung oder der Durchführung der Übernahme eines Wettbewerbers in den sachlichen Anwendungsbereich dieser Norm fallen und an ihrer unmittelbaren Wirkung teilhaben. Dies gilt umso mehr, als die missbräuchliche Verdrängung eines Wettbewerbers aus dem Markt eine Vielzahl von Erscheinungsformen aufweisen kann(30) und ein Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung eine besondere Verantwortung dafür trägt, dass es durch sein Verhalten einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb auf dem Binnenmarkt nicht beeinträchtigt(31).

46.      Anders als TDF, Tivana Topco, die französische Wettbewerbsbehörde sowie die Regierungen Frankreichs und der Niederlande vortragen, steht dieses Ergebnis durchaus im Einklang mit meinen Schlussanträgen(32) und mit dem Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Austria Asphalt(33). Denn dort ging es allein um die Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Fusionskontrollverordnung im Verhältnis zu demjenigen der Verordnung Nr. 1/2003 in Bezug auf die Exante-Prüfung eines Zusammenschlusses, der die Bildung eines Gemeinschaftsunternehmens mit Vollfunktionscharakter zum Gegenstand hatte. Fragen einer möglichen Expost-Kontrolle des Zusammenschlusses oder des Verhaltens der daran beteiligten Unternehmen, insbesondere am Maßstab des Art. 102 AEUV, waren dagegen nicht Verfahrensgegenstand(34).

47.      Entgegen der Ansicht der französischen Wettbewerbsbehörde, der französischen Regierung, von Tivana Topco und TDF sowie des vorlegenden Gerichts ist auch der Verweisungsmechanismus in Art. 22 der FKVO, durch den auf Antrag der Mitgliedstaaten ausnahmsweise die Zuständigkeit der Kommission für Zusammenschlüsse ohne gemeinschaftsweite Bedeutung begründet werden kann, für die Auslegung des Verhältnisses zwischen Art. 21 Abs. 1 der FKVO und Art. 102 AEUV ohne Bedeutung(35). Denn auch Art. 22 der FKVO kann als Norm des Sekundärrechts keine Begründung dafür liefern, die unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV in einem Fall wie dem vorliegenden auszuschließen (oben, Nrn. 29 bis 33).

48.      Die komplementäre Anwendung von Art. 102 AEUV ist vielmehr ähnlich wie diejenige von Art. 22 der FKVO geeignet, zum effektiven Schutz des Wettbewerbs im Binnenmarkt beizutragen, sofern wettbewerbsrechtlich problematische Zusammenschlüsse die fusionskontrollrechtlichen Schwellenwerte nicht erreichen und daher grundsätzlich keiner Exante-Kontrolle unterliegen. Wie von der italienischen Regierung und der Kommission aufgezeigt, hat sich nämlich in den vergangenen Jahren eine Schutzlücke in der wettbewerbsrechtlichen Erfassung und Kontrolle von Übernahmen innovativer Start-up-Unternehmen, z. B. im Bereich der Internetdienste, der pharmazeutischen Industrie oder der Medizintechnik, manifestiert (sogenannte „killer acquisitions“). Dies betrifft Situationen, in denen etablierte und marktmächtige Unternehmen aufstrebende, aber noch wenig umsatzstarke Unternehmen, die auf denselben, benachbarten, vor- oder nachgelagerten Märkten tätig sind, in ihrem frühen Entwicklungsstadium übernehmen, um diese als Wettbewerber auszuschalten und die eigene Marktstellung zu konsolidieren(36). Um auch insoweit einen effektiven Schutz des Wettbewerbs zu gewährleisten, sollte es einer nationalen Wettbewerbsbehörde daher möglich sein, zumindest auf das „schwächere“(37) Instrument der repressiven Expost-Kontrolle nach Art. 102 AEUV zurückzugreifen, sofern dessen tatbestandliche Voraussetzungen erfüllt sind. Ein solches Bedürfnis kann auch bei Übernahmen in stark konzentrierten Märkten wie dem vorliegenden bestehen, wenn diese zum Ziel haben, Wettbewerbsdruck durch einen aufstrebenden Konkurrenten auszuschalten.

49.      Dies führt zu der zwischen den Verfahrensbeteiligten umstrittenen Frage, ob und inwieweit die in dem Urteil Continental Can(38) aufgestellten Grundsätze zur Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV auf Zusammenschlüsse weiterhin Geltung beanspruchen.

C.      Bedeutung des Urteils Continental Can und Rechtssicherheit

50.      Auf der Grundlage der vorangegangenen Überlegungen sind die Aussagen in dem Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Continental Can jedenfalls zu präzisieren.

51.      Dort hatte der Gerichtshof zur Anwendbarkeit von Art. 86 EWG-Vertrag (jetzt Art. 102 AEUV) u. a. Folgendes festgestellt:

„Die Beeinträchtigung des Wettbewerbs, die verboten ist, wenn sie das Ergebnis eines unter Artikel 85 fallenden Verhaltens ist, kann nicht dadurch zulässig werden, dass dieses Verhalten unter dem Einfluss eines beherrschenden Unternehmens zum Erfolg führt und in einen Zusammenschluss der beteiligten Unternehmen mündet. …

Ein missbräuchliches Verhalten kann daher vorliegen, wenn ein Unternehmen in beherrschender Stellung diese dergestalt verstärkt, dass der erreichte Beherrschungsgrad den Wettbewerb wesentlich behindert, dass also nur noch Unternehmen auf dem Markt bleiben, die in ihrem Marktverhalten von dem beherrschenden Unternehmen abhängen.“(39)

52.      Daraus ließe sich sogar ableiten, dass Art. 102 AEUV vollumfänglich auf die Kontrolle von Zusammenschlüssen anwendbar sei.

53.      Dieses Urteil ist jedoch vor dem Hintergrund der damaligen Rechtslage zu verstehen, insbesondere der Tatsache, dass der Gerichtshof „in Ermangelung ausdrücklicher Vorschriften“(40) eine Kontrolle von Zusammenschlüssen am Maßstab von Art. 86 EWG-Vertrag für erforderlich hielt, um einen hinreichenden Schutz des ordnungsgemäßen Funktionierens des Wettbewerbs im Gemeinsamen Markt sicherzustellen. Heute sind solche „ausdrücklichen Vorschriften“ mit der Fusionskontrollverordnung hingegen unzweifelhaft vorhanden; diese dienen zudem nach dem Willen des Gesetzgebers ausdrücklich dazu, die seinerzeit vom Gerichtshof festgestellte Regelungslücke zu schließen(41).

54.      Mit Blick auf die oben befürwortete komplementäre Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV zwecks Kontrolle missbräuchlicher Verhaltensweisen im Zusammenhang mit einem Zusammenschluss ist diese Rechtsprechung jedoch trotz der Schaffung eines unionsrechtlichen Systems der Fusionskontrolle nicht vollständig gegenstandslos geworden. Sowohl der siebte Erwägungsgrund der Fusionskontrollverordnung (oben, Nr. 5), der auf diese Rechtsprechung Bezug zu nehmen scheint, als auch die Tatsache, dass das Urteil Continental Can seinerseits auf das vertragliche Ziel eines möglichst effektiven und lückenlosen Schutzes des Wettbewerbs im Gemeinsamen Markt abstellt(42), bestätigen dies. Die von den Verfahrensbeteiligten vielzitierte knappe Aussage in einer Fußnote in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Austria Asphalt, wonach dieses Urteil „obsolet geworden“ sei(43), bezog sich auf eine andere Vorlagefrage und damit einen anderen Verfahrensgegenstand (nämlich die Anwendung von Art. 101 AEUV auf Gemeinschaftsunternehmen) und kann daher nicht verallgemeinert werden.

55.      Damit bleibt die von den Verfahrensbeteiligten aufgeworfene Frage zu klären, unter welchen Voraussetzungen eine komplementäre Anwendung des Art. 102 AEUV im Zusammenhang mit einem Zusammenschluss im Licht des Urteils Continental Can und des Grundsatzes der Rechtssicherheit in Betracht kommt.

56.      Diesbezüglich sollte zwischen zwei Situationen unterschieden werden, nämlich einerseits der Situation, die dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegt, in der mangels Erreichens der Schwellenwerte keine fusionskontrollrechtliche Exante-Prüfung des Zusammenschlusses stattfand, und andererseits einer möglichen parallelen oder sukzessiven „Doppelprüfung“ eines Zusammenschlusses am Maßstab sowohl des Fusionskontrollrechts als auch des Art. 102 AEUV.

57.      Wie in den Nrn. 29 bis 48 dieser Schlussanträge dargelegt, ist die unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV auf Zusammenschlüsse rechtlich nicht ausgeschlossen. Dies gilt uneingeschränkt in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem, wie sich aus Nr. 20 ergibt, keine fusionskontrollrechtliche Exante-Prüfung des Zusammenschlusses stattgefunden hat, also keine Gefahr der Doppelprüfung besteht.

58.      Anders verhielte es sich aber in der hypothetischen Situation, in der eine Exante-Prüfung, sei es durch die nationale Wettbewerbsbehörde aufgrund des nationalen Fusionskontrollrechts, sei es durch die Kommission aufgrund der Fusionskontrollverordnung, tatsächlich stattgefunden hätte. Kann ein solcher Zusammenschluss Gegenstand einer zusätzlichen Expost-Kontrolle anhand von Art. 102 AEUV sein?

59.      Im Hinblick auf die Beachtung des Grundsatzes der Rechtssicherheit ist der Umstand wichtig, dass der Gesetzgeber eine solche Doppelprüfung grundsätzlich ausschließen wollte, wie sich an Art. 21 Abs. 1 der FKVO zeigt (oben, Nr. 43). Meines Erachtens bleibt daher – ungeachtet des primärrechtlichen Charakters und der unmittelbaren Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV – Raum für die Anwendung des Grundsatzes lex specialis derogat legi generali.

60.      Darin liegt kein Widerspruch zu dem in Nr. 30 dieser Schlussanträge erwähnten Grundsatz der Normenhierarchie. Denn Art. 102 AEUV bliebe zwar grundsätzlich anwendbar. Jedoch könnte ein nach den spezielleren Regeln der Fusionskontrolle genehmigter Zusammenschluss, dessen Auswirkungen auf die Marktstruktur und die Wettbewerbsbedingungen mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wurde, als solcher nicht (mehr) als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne des Art. 102 AEUV qualifiziert werden, sofern nicht darüber hinausgehende Verhaltensweisen des betroffenen Unternehmens festzustellen sind, die diesen Tatbestand erfüllen könnten. Die im Urteil Continental Can getroffenen Aussagen, die auch in einem solchen Fall im Sinne der möglichen Doppelprüfung eines Zusammenschlusses missverstanden werden könnten, sollten daher entsprechend präzisiert werden.

61.      Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben haben die Rechtsfolgen, die sich aus der komplementären Anwendbarkeit des Fusionskontrollrechts und von Art. 102 AEUV ergeben, weit geringere Auswirkungen auf den Vollzug von Zusammenschlüssen und die Rechtssicherheit, als etwa die niederländische Regierung und TDF vortragen.

62.      Zum einen folgt dies aus der Anwendung des Grundsatzes lex specialis derogat legi generali, wonach eine fusionskontrollrechtliche Genehmigung des Zusammenschlusses und der damit bewirkten Veränderung der Marktstruktur und der Wettbewerbsbedingungen das tatbestandliche Vorliegen eines Missbrauchs im Sinne von Art. 102 AEUV notwendig ausschließt (oben, Nrn. 59 und 60). Daher könnte ein solcher Zusammenschluss auch nicht Gegenstand einer späteren Anordnung, z. B. nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003, sein, das fusionierte Unternehmen wieder aufzulösen. Zum anderen kann eine Expost-Kontrolle nach Art. 102 AEUV nur solche Zusammenschlüsse betreffen, die von einem Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung betrieben werden.

63.      Damit reduziert sich die mögliche komplementäre Anwendung von Art. 102 AEUV in der Rechtspraxis auf diejenigen Fälle, die wegen der Marktmacht dieses Unternehmens von vornherein einer wettbewerbsrechtlichen Kontrolle bedürfen, aber keiner Exante-Prüfung anhand des Fusionskontrollrechts unterliegen. Und selbst in diesen Fällen droht bei einer Zuwiderhandlung – entgegen den Befürchtungen einiger Verfahrensbeteiligter – mit Blick auf den Vorrang verhaltensorientierter Abhilfemaßnahmen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der Regel keine nachträgliche Rückabwicklung des Zusammenschlusses(44), sondern nur die Verhängung einer Geldbuße(45).

64.      Abschließend möchte ich mit Blick auf den Grundsatz der Rechtssicherheit auf den hilfsweisen Antrag von Tivana Topco eingehen, die zeitlichen Wirkungen des Urteils des Gerichtshofs zu begrenzen.

65.      Hierzu ist daran zu erinnern, dass durch die Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts, die der Gerichtshof in Ausübung seiner Befugnisse aus Art. 267 AEUV vornimmt, erläutert und verdeutlicht wird, in welchem Sinne und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre. Nur ganz ausnahmsweise kann der Gerichtshof aufgrund des allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit die für die Betroffenen bestehende Möglichkeit beschränken, sich auf die Auslegung, die er einer Bestimmung gegeben hat, zu berufen, um in gutem Glauben begründete Rechtsverhältnisse in Frage zu stellen. Eine solche Beschränkung, die nur in dem Urteil des Gerichtshofs selbst vorgenommen werden kann, in dem über die erbetene Auslegung entschieden wird, ist nur dann zulässig, wenn zwei grundlegende Kriterien erfüllt sind, nämlich guter Glaube der Betroffenen und die Gefahr schwerwiegender Störungen(46).

66.      Im vorliegenden Fall kann ich nicht sehen, dass letztere Voraussetzungen erfüllt wären. Zum einen können die Betroffenen angesichts der ständigen Rechtsprechung zur unmittelbaren Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV und des Urteils Continental Can keinen guten Glauben daran entwickelt haben, dass diese Vorschrift anders als oben in den Nrn. 29 ff. ausgelegt würde. Zum anderen ist eine Gefahr schwerwiegender Störungen im Hinblick auf das oben in den Nrn. 55 ff. Ausgeführte ebenso ausgeschlossen.

67.      Nach alledem gibt es weder für den kategorischen Ausschluss der Anwendung von Art. 102 AEUV auf einen Fall wie den vorliegenden noch für eine zeitliche Beschränkung des Urteils des Gerichtshofs einen überzeugenden Grund.

V.      Ergebnis

68.      In Ansehung der vorstehenden Gründe schlage ich dem Gerichtshof vor, das Vorabentscheidungsersuchen wie folgt zu beantworten:

Art. 21 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (Fusionskontrollverordnung) ist dahin auszulegen, dass er es einer nationalen Wettbewerbsbehörde nicht verbietet, einen Zusammenschluss, der weder gemeinschaftsweite Bedeutung im Sinne von Art. 1 dieser Verordnung hat noch die Schwellenwerte nach dem nationalen Recht für eine Exante-Prüfung erreicht und auch nicht Gegenstand einer Verweisung an die Kommission gemäß Art. 22 derselben Verordnung ist, darauf zu überprüfen, ob er mit Blick auf die Strukturen des Wettbewerbs auf einem nationalen Markt einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gemäß Art. 102 AEUV darstellt.


1      Originalsprache: Deutsch.


2      Verordnung des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 2004, L 24, S. 1).


3      Verordnung des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 1989, L 395, S. 1), im Folgenden: Verordnung Nr. 4064/89.


4      TDF ist nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts eine Tochtergesellschaft der luxemburgischen Gesellschaft Tivana Topco S.A.


5      Verordnung des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1), im Folgenden: Verordnung Nr. 1/2003.


6      Urteil vom 7. September 2017, Austria Asphalt (C‑248/16, EU:C:2017:643, Rn. 32): „Wie sich aus Art. 21 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 ergibt, gilt sie allein für Zusammenschlüsse im Sinne ihres Art. 3, für die die Verordnung Nr. 1/2003 grundsätzlich nicht gilt.“ Dieser Fall betraf ein Gemeinschaftsunternehmen mit Vollfunktionscharakter im Sinne von Art. 3 Abs. 4 der FKVO, das den Begriff des Zusammenschlusses erfüllte. Vgl. auch Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), und Beschluss vom 29. Januar 2020, Silgan Closures und Silgan Holdings/Kommission (C‑418/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:43, Rn. 50).


7      Urteile vom 7. September 2017, Austria Asphalt (C‑248/16, EU:C:2017:643, Rn. 33), und vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371, Rn. 57).


8      Siehe hierzu Urteil des Gerichts vom 13. Juli 2022, Illumina/Kommission (T‑227/21, EU:T:2022:447).


9      Vgl. nur Urteile vom 21. März 1974, BRT und Belgische Vereniging der Auteurs, Componisten en Uitgevers (127/73, EU:C:1974:25, Rn. 15 und 16), vom 5. Juni 2014, Kone u. a. (C‑557/12, EU:C:2014:1317, Rn. 20), und vom 14. März 2019, Skanska Industrial Solutions u. a. (C‑724/17, EU:C:2019:204, Rn. 24).


10      Vgl. Urteil vom 26. Juni 2012, Polen/Kommission (C‑335/09 P, EU:C:2012:385, Rn. 127).


11      Siehe zur primärrechtskonformen Auslegung: Urteil vom 20. Januar 2021, Kommission/Printeos (C‑301/19 P, EU:C:2021:39, Rn. 70 ff.).


12      Vgl. erster Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003.


13      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. April 1989, Saeed Flugreisen und Silver Line Reisebüro (66/86, EU:C:1989:140, Rn. 32).


14      Besonders deutlich in Urteil vom 20. September 2001, Courage und Crehan (C‑453/99, EU:C:2001:465, Rn. 19 bis 24).


15      Urteil vom 9. September 2003, CIF (C‑198/01, EU:C:2003:430, Rn. 49 und 50), unter Hinweis auf Urteil vom 22. Juni 1989, Costanzo (103/88, EU:C:1989:256, Rn. 31).


16      Siehe z. B. auch „alone“ in der englischen Sprachfassung, „seul“ in der französischen Sprachfassung, „solo“ in der italienischen Sprachfassung und „uitsluitend“ in der niederländischen Sprachfassung.


17      Vgl. auch siebter Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 4064/89.


18      Vgl. siebter Erwägungsgrund der FKVO.


19      Urteile vom 7. September 2017, Austria Asphalt (C‑248/16, EU:C:2017:643, Rn. 31), und vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371, Rn. 55), sowie meine Schlussanträge in der Rechtssache Austria Asphalt (C‑248/16, EU:C:2017:322, Nr. 35).


20      Urteil vom 9. September 2003, CIF (C‑198/01, EU:C:2003:430, Rn. 49 und 50). Vgl. auch Urteil vom 13. Februar 1969, Wilhelm u. a. (14/68, EU:C:1969:4, Rn. 6).


21      Vgl. Erwägungsgründe 8 und 9 der FKVO.


22      Vgl. Erwägungsgründe 3 bis 5 und 8 der FKVO.


23      Vgl. vierter Erwägungsgrund und Art. 5 und 6 der Verordnung Nr. 1/2003.


24      So können die nationalen Wettbewerbsbehörden im Unterschied zur Kommission insbesondere nicht die Untersuchung des Verhaltens von Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung wegen mangelnden „Unionsinteresses“ einstellen; vgl. nur Urteil vom 4. März 1999, Ufex u. a./Kommission (C‑119/97 P, EU:C:1999:116, Rn. 88 und 89); Urteile des Gerichts vom 16. Mai 2017, Agria Polska u. a./Kommission (T‑480/15, EU:T:2017:339, Rn. 34 ff.), und vom 13. Juli 2022, Design Light & Led Made in Europe und Design Luce & Led Made in Italy/Kommission (T‑886/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:442, Rn. 38 ff.).


25      Vgl. auch siebter Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 4064/89.


26      Vgl. auch Beschluss vom 29. Januar 2020, Silgan Closures und Silgan Holdings/Kommission (C‑418/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:43, Rn. 50).


27      Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371, Rn. 58).


28      Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:23, Nrn. 68 und 69). Siehe zudem meine Schlussanträge in der Rechtssache Austria Asphalt (C‑248/16, EU:C:2017:322, Nr. 37) und Urteil des Gerichts vom 20. November 2002, Lagardère und Canal+/Kommission (T‑251/00, EU:T:2002:278, Rn. 77 bis 79).


29      Vgl. nur Urteile vom 14. November 1996, Tetra Pak/Kommission (C‑333/94 P, EU:C:1996:436, Rn. 37), vom 15. März 2007, British Airways/Kommission (C‑95/04 P, EU:C:2007:166, Rn. 57), vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission (C‑280/08 P, EU:C:2010:603, Rn. 173), und vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83, Rn. 26).


30      Siehe zu den verschiedenen Formen des sogenannten Behinderungsmissbrauchs die Mitteilung der Kommission – Erläuterungen zu den Prioritäten der Kommission bei der Anwendung von Artikel 82 des EG-Vertrags auf Fälle von Behinderungsmissbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen (ABl. 2009, C 45, S. 7).


31      Urteil vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 153).


32      Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Austria Asphalt (C‑248/16, EU:C:2017:322, Nrn. 36 und 37).


33      Urteile vom 7. September 2017, Austria Asphalt (C‑248/16, EU:C:2017:643, Rn. 31 bis 33), und vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371, Rn. 54 ff.).


34      Dies gilt ebenso für den Beschluss vom 29. Januar 2020, Silgan Closures und Silgan Holdings/Kommission (C‑418/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:43, Rn. 50).


35      Siehe hierzu Urteil des Gerichts vom 13. Juli 2022, Illumina/Kommission (T‑227/21, EU:T:2022:447).


36      Vgl. näher Europäische Kommission, Leitfaden zur Anwendung des Verweisungssystems nach Artikel 22 der Fusionskontrollverordnung auf bestimmte Kategorien von Vorhaben (ABl. 2021, C 113, S. 1), Rn. 9 und 10, sowie Urteil des Gerichts vom 13. Juli 2022, Illumina/Kommission (T‑227/21, EU:T:2022:447).


37      Siehe bereits meine Schlussanträge in der Rechtssache Austria Asphalt (C‑248/16, EU:C:2017:322, Nr. 36).


38      Urteil vom 21. Februar 1973, Europemballage und Continental Can/Kommission (6/72, EU:C:1973:22).


39      Urteil vom 21. Februar 1973, Europemballage und Continental Can/Kommission (6/72, EU:C:1973:22, Rn. 25 und 26).


40      Urteil vom 21. Februar 1973, Europemballage und Continental Can/Kommission (6/72, EU:C:1973:22, Rn. 25).


41      Erwägungsgründe 5 bis 8 der FKVO bzw. Erwägungsgründe 6 und 7 der Verordnung Nr. 4064/89.


42      Urteil vom 21. Februar 1973, Europemballage und Continental Can/Kommission (6/72, EU:C:1973:22, Rn. 25).


43      C‑248/16, EU:C:2017:322, Nr. 37, dort in Fn. 18.


44      Zur Ermächtigung der Kommission, nur ausnahmsweise Abhilfemaßnahmen struktureller Art aufzuerlegen, siehe Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003.


45      Vgl. Art. 23 und 24 der Verordnung Nr. 1/2003.


46      Vgl. Urteil vom 22. Juni 2021, Latvijas Republikas Saeima (Strafpunkte) (C‑439/19, EU:C:2021:504, Rn. 132 und 133 und die dort angeführte Rechtsprechung).