Language of document : ECLI:EU:T:2016:457

URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

9. September 2016(*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung einer Unionsbildmarke, die eine springende Raubkatze darstellt – Ältere internationale Bildmarken, die eine springende Raubkatze darstellen – Relatives Eintragungshindernis – Gute Verwaltung – Nachweis der Bekanntheit der älteren Marken – Art. 8 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“ 

In der Rechtssache T‑159/15

Puma SE mit Sitz in Herzogenaurach (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt P. González-Bueno Catalán de Ocón,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten zunächst durch P. Bullock, dann durch D. Hanf als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO:

Gemma Group Srl mit Sitz in Cerasolo Ausa (Italien),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des EUIPO vom 19. Dezember 2014 (Sache R 1207/2014‑5) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Puma und der Gemma Group

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude (Berichterstatter) sowie der Richterin I. Wiszniewska-Białecka und des Richters I. Ulloa Rubio,

Kanzler: A. Lamote, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 1. April 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 22. Juni 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 12. April 2016

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 14. Februar 2013 beantragte die Gemma Group Srl beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Eintragung einer Unionsbildmarke nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1).

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um folgendes blaues Bildzeichen:

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3        Die Waren, für die die Eintragung beantragt wurde, gehören zu Klasse 7 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung und entsprechen folgender Beschreibung: „Holzbearbeitungsmaschinen; Maschinen zur Aluminiumverarbeitung; Maschinen zur Kunststoffverarbeitung“.

4        Die Anmeldung der Unionsmarke wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 66/2013 vom 8. April 2013 veröffentlicht.

5        Am 8. Juli 2013 erhob die Klägerin, die Puma SE, nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für alle oben in Rn. 3 genannten Waren. Widerspruchsgrund war das Eintragungshindernis nach Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009.

6        Der Widerspruch stützte sich insbesondere auf folgende ältere Marken (im Folgenden: ältere Marken):

–        die nachstehend wiedergegebene, am 30. September 1983 unter der Nr. 480105 für Waren der Klassen 18, 25 und 28 eingetragene und bis 2023 verlängerte internationale Bildmarke, die in den Benelux-Ländern, Frankreich, Italien, Kroatien, Österreich, Portugal, Rumänien, der Slowakei, Slowenien, der Tschechischen Republik und Ungarn Wirkungen entfaltet und für die jeweilige Klasse der folgenden Beschreibung entspricht:

–        Klasse 18: „Umhänge- und Reisetaschen, Reise- und Handkoffer, insbesondere für Sportgeräte und Sportbekleidung“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Stiefel, Schuhe und Hausschuhe“;

–        Klasse 28: „Spiele und Spielzeug; Geräte für physisches Training, Turn- und Sportartikel (soweit nicht in anderen Klassen enthalten) einschließlich Sportbälle“:

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–        die nachstehend wiedergegebene, am 17. Juni 1992 unter der Nr. 593987 insbesondere für Waren der Klassen 18, 25 und 28 eingetragene und bis 2022 verlängerte internationale Bildmarke, die in den Benelux-Ländern, Frankreich, Italien, Kroatien, Österreich, Portugal, Rumänien, der Slowakei, Slowenien, der Tschechischen Republik und Ungarn Wirkungen entfaltet und für die jeweilige Klasse der folgenden Beschreibung entspricht:

–        Klasse 18: „Waren aus Leder und/oder Lederimitationen (soweit in dieser Klasse enthalten); Taschen und andere nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepasste Behältnisse sowie Kleinlederwaren, insbesondere Geldbeutel, Brieftaschen, Schlüsseltaschen; Handtaschen, Aktentaschen, Einkaufstaschen, Schulranzen, Packsäcke, Rucksäcke, Beutel, Matchbeutel, Tragetaschen, Lagerungstaschen und Reisetaschen aus Leder, Lederimitationen, aus Kunststoff, Stoff, textilen Geweben oder Lederimitationsstoffen; Reisenecessaires (Lederwaren); Umhängeriemen (Schulterriemen); Häute und Felle; Koffer, Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Teile von Schuhen; Sohlen, Einlegesohlen, Absätze, Stiefelschäfte; Gleitschützer für Schuhe, Stollen und Spikes; Kleidereinlagen, vorgefertigte Kleidertaschen; Miederwaren; Stiefel, Hausschuhe, Pantoffeln; Fertigschuhwaren, Straßenschuhe, Sport- und Freizeit-, Trainings-, Jogging-, Gymnastik-, Bade- und Gesundheitsschuhe (soweit in dieser Klasse enthalten), Tennisschuhe; Gamaschen, Ledergamaschen, Strumpfgamaschen, Wickelgamaschen, Schuhgamaschen; Trainingsanzüge, Turnhosen und ‑trikots, Fußballhosen und ‑trikots, Tennishemden und ‑shorts, Bade- und Strandbekleidungsstücke, Badehosen und ‑anzüge, auch Bikinis, Sport- und Freizeitbekleidungsstücke (einschließlich gewirkter und gestrickter), auch für Trimm-, Jogging- und Gymnastikzwecke, Sporthosen, Trikots, Pullis, T‑Shirts, Sweatshirts, Tennis- und Skibekleidungsstücke, Freizeitanzüge, Allwetteranzüge, Strümpfe (Strumpfwaren), Fußballstutzen, Handschuhe, einschließlich Lederhandschuhe, auch aus Kunstleder, Mützen, Stirn- und Schweißbänder, Schals, Gürtel, Windjacken, Regenhäute, Mäntel, Blusen, Jacken, Röcke, Hosen, Pullover und mehrteilige Kombinationen von Ober- und Unterbekleidungsstücken; Leibwäsche“;

–        Klasse 28: „Spiele, Spielzeug, einschließlich Miniaturschuhe und Miniaturbälle (als Spielwaren); Trimm-, Turn- und Sportgeräte (soweit in dieser Klasse enthalten); Ski-, Tennis- und Angelsportgeräte; Ski, Skibindungen, Skistöcke, Skikanten, Skifelle; Bälle, einschließlich Sport- und Spielbälle; Hanteln, Stoßkugeln, Disken, Wurfspeere; Tennis-, Tischtennis-, Federball-, Squash-, Kricket-, Golf- und Hockeyschläger; Tennis- und Federbälle; Roll- und Schlittschuhe; Tischtennistische; Gymnastikkeulen, Sportreifen, Netze für Sportzwecke, Tor- und Ballnetze; Sporthandschuhe; Puppen, Puppenkleider, Puppenschuhe, Puppenmützen, Puppengürtel, Puppenschürzen; Knie-, Ellbogen- und Schienbeinschützer für Sportzwecke; Christbaumschmuck“:

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7        Zur Begründung ihres auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützten Widerspruchs berief sich die Klägerin auf die Bekanntheit der älteren Marken in allen Mitgliedstaaten und für alle oben in Rn. 6 genannten Waren.

8        Am 10. März 2014 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch in vollem Umfang zurück. Bezüglich der älteren Marke mit der Nr. 593987 stellte sie fest, dass eine Prüfung der von der Klägerin zum Nachweis der extensiven Nutzung und Bekanntheit der Marke vorgelegten Beweise aus prozessökonomischen Gründen nicht erforderlich sei und die Prüfung aufgrund der Annahme erfolge, dass die genannte ältere Marke eine „erhöhte Kennzeichnungskraft“ besitze.

9        Am 7. Mai 2014 erhob die Klägerin nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung.

10      Mit Entscheidung vom 19. Dezember 2014 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Fünfte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Erstens stellte sie fest, dass die älteren Marken und die angemeldete Marke bildlich einen gewissen Grad an Ähnlichkeit aufwiesen und beide eine „an einen Puma erinnernde springende Raubkatze“ darstellten. Zweitens wies die Beschwerdekammer das Argument der Klägerin zurück, die Widerspruchsabteilung habe die Bekanntheit der älteren Marken bestätigt, da die Widerspruchsabteilung sich aus prozessökonomischen Gründen de facto damit begnügt habe, festzustellen, dass eine Würdigung der von der Klägerin für die Bekanntheit vorgebrachten Beweise im vorliegenden Fall nicht erforderlich sei und die Prüfung ausgehend von der Annahme durchgeführt werde, dass die ältere Marke mit der Nr. 593987 eine „erhöhte Kennzeichnungskraft“ besitze. Die Beschwerdekammer prüfte daraufhin die Beweise für die Bekanntheit der älteren Marken hinsichtlich der oben in Rn. 6 genannten Waren und wies sie zurück. Drittens stellte die Beschwerdekammer fest, dass der auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützte Widerspruch, selbst wenn von der Bekanntheit der älteren Marken auszugehen sei, zurückgewiesen werden müsse, weil die übrigen Voraussetzungen, nämlich das Vorliegen einer unlauteren Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Bekanntheit der älteren Marken oder einer Beeinträchtigung derselben ebenso wenig erfüllt seien.

 Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

12      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit der erstmals beim Gericht eingereichten Unterlagen

13      Das EUIPO ist zunächst der Auffassung, die in Rn. 56 der Klageschrift wiedergegebenen Bilder, die aus Websites Dritter entnommen seien, stellten neue Unterlagen dar, die unzulässig seien.

14      Diese erstmals beim Gericht vorgelegten Unterlagen können nicht berücksichtigt werden. Die Klage vor dem Gericht ist nämlich auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des EUIPO erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 gerichtet, so dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, den Sachverhalt im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen zu überprüfen. Somit sind die genannten Bilder zurückzuweisen, ohne dass ihre Beweiskraft geprüft zu werden braucht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, EU:T:2005:420, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zur Begründetheit

15      Die Klägerin stützt ihre Klage im Wesentlichen auf drei Gründe, nämlich erstens eine Verletzung der Grundsätze der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäßen Verwaltung dadurch, dass die Beschwerdekammer die Beweise hinsichtlich der Bekanntheit der älteren Marken zurückgewiesen und den Schluss gezogen habe, dass ihre Bekanntheit nicht nachgewiesen worden sei, zweitens eine Verletzung der Art. 75 und 76 der Verordnung Nr. 207/2009 dadurch, dass die Beschwerdekammer die Beweise für die Bekanntheit der älteren Marken geprüft habe, während die Widerspruchsabteilung diese nicht geprüft habe, und drittens eine Verletzung des Art. 8 Abs. 5 dieser Verordnung.

16      Zum ersten, auf eine Verletzung der Grundsätze der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäßen Verwaltung gestützten Klagegrund macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe dadurch, dass sie die Beweise der Klägerin hinsichtlich der Bekanntheit der älteren Marken zurückgewiesen habe und von ihrer Entscheidungspraxis hinsichtlich der Bekanntheit der älteren Marken abgewichen sei, gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen. Zur Begründung dieses Klagegrundes trägt sie zwei Argumente vor, nämlich zum einen bezüglich der Weigerung der Beschwerdekammer, die nicht in die Verfahrenssprache übersetzten Beweise zu berücksichtigen, und zum anderen bezüglich des Umstands, dass die Beschwerdekammer von ihrer Entscheidungspraxis abgewichen sei.

17      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung die folgenden Beweise aufgezählt: zwei Marktstudien betreffend Frankreich (2008) und Schweden (2011), 15 Entscheidungen nationaler Markenämter, nämlich drei des Urząd Patentowy Rzeczypospolitej Polskiej (Polnisches Patentamt), vier des Institut national de la propriété industrielle (INPI, Französisches Institut für gewerbliches Eigentum), eine des Instituto nacional da propriedade industrial (INPI, Portugiesisches Amt für gewerblichen Rechtsschutz) und sieben des Oficina Española de Patentes y Marcas (Spanisches Patent- und Markenamt), sowie das Urteil vom 7. November 2013, Budziewska/HABM – Puma (Springende Raubkatze) (T‑666/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:584). Sie hat festgestellt, dass die Marktstudie betreffend Schweden irrelevant sei, da der Widerspruch nicht auf ältere Rechte in Schweden gestützt sei, und dass die Marktstudie betreffend Frankreich unter Verstoß gegen Regel 19 Abs. 1, 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1995, L 303, S. 1) nicht in der Verfahrenssprache, dem Englischen, beigebracht worden sei. Außerdem sei die Studie betreffend Frankreich fünf Jahre vor der Anmeldung der Marke durchgeführt worden, und es sei schwierig, zu erkennen, auf welcher Grundlage diese Studie erfolgt sei und auf welche Waren sich die angebliche Bekanntheit beziehe. In ähnlicher Weise hat die Beschwerdekammer darauf hingewiesen, dass zwei der drei Entscheidungen des polnischen Patentamts und die Entscheidungen des spanischen Patent- und Markenamts nicht in die Verfahrenssprache übersetzt worden und daher zurückzuweisen seien. Hinsichtlich der Entscheidung des polnischen Patentamts von 2008 und der Entscheidungen des französischen INPI, die übersetzt worden seien, hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass es schwierig sei, zu erkennen, auf welche Beweise diese nationalen Ämter sich gestützt hätten, um auf die Bekanntheit der älteren Marken zu schließen. So nenne die Entscheidung des französischen INPI vom 13. November 2012 beispielsweise lediglich Dokumente, die zum Nachweis dafür vorgelegt worden seien, dass das in der Darstellung eines Pumas bestehende Bildelement der älteren Marke im Bereich der Bekleidung einem breiten Publikum sehr bekannt sei, es sei aber unmöglich, diese Behauptung ohne die in diesem nationalen Verfahren für die Bekanntheit vorgelegten Beweise auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Sie müsse die Bekanntheit gemäß Art. 19 Abs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 2868/95 auf der Grundlage der von der Gegnerin vorgelegten Beweise prüfen, und die in anderen Verfahren vorgelegten Dokumente könnten nur berücksichtigt werden, wenn sie von der Partei, die sich auf sie berufe, ausdrücklich genannt und identifiziert worden seien. Schließlich dürfe die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen des EUIPO in jedem Fall nur auf der Grundlage der Verordnung Nr. 207/2009, wie sie vom Unionsrichter ausgelegt worden sei, und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis des EUIPO oder der nationalen Ämter geprüft werden. Abschließend hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die Beweise in ihrer Gesamtheit nicht ausreichend seien, um die Bekanntheit der älteren Marken in Bezug auf die betroffenen Waren in irgendeinem der Mitgliedstaaten nachzuweisen.

18      Vor einer Prüfung der beiden Argumente der Klägerin ist darauf hinzuweisen, dass das Recht auf eine gute Verwaltung nach Art. 41 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union insbesondere die Verpflichtung der Verwaltung umfasst, ihre Entscheidungen zu begründen.

19      Nach ständiger Rechtsprechung dient die Pflicht, die Entscheidungen des EUIPO mit Gründen zu versehen, dem doppelten Zweck, zum einen die Beteiligten über die Gründe für die erlassene Maßnahme zu unterrichten, damit sie ihre Rechte verteidigen können, und zum anderen dem Unionsrichter die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu ermöglichen (Urteile vom 21. Oktober 2004, KWS Saat/HABM, C‑447/02 P, EU:C:2004:649, Rn. 64 und 65, und vom 28. November 2013, Herbacin cosmetic/HABM – Laboratoire Garnier [HERBA SHINE], T‑34/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:618, Rn. 42).

20      Ebenfalls ist darauf hinzuweisen, dass – wie der Gerichtshof entschieden hat – das EUIPO nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung im Rahmen der Prüfung der Anmeldung einer Unionsmarke die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten muss, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht. Jedoch müssen ihm zufolge die Grundsätze der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden. Folglich kann sich der Anmelder eines Zeichens als Marke nicht auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Diese Prüfung muss in jedem Einzelfall erfolgen. Die Eintragung eines Zeichens als Marke hängt nämlich von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien ab, anhand deren ermittelt werden soll, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 74 bis 77).

21      Zu ihrem ersten Vorbringen hinsichtlich der Weigerung der Beschwerdekammer, bestimmte Beweise zu berücksichtigen, die nicht übersetzt worden waren, macht die Klägerin geltend, die Marktstudie betreffend Frankreich sei zwar auf Französisch verfasst, bedürfe aber hinsichtlich der Bekanntheit der älteren Marken keiner Übersetzung, da sie insoweit „vollkommen eindeutig“ sei. Außerdem sei die gleiche Studie im Rahmen anderer Widerspruchsverfahren vorgelegt worden, ohne dass die Stellen des EUIPO irgendeinen Einwand erhoben hätten.

22      Das EUIPO tritt diesem Argument entgegen, indem es im Wesentlichen auf Regel 19 der Verordnung Nr. 2868/95 verweist.

23      Regel 19 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 sieht vor, dass „[d]ie Auskünfte und Nachweise nach Absatz 1 und 2 [desselben Artikels] … in der Verfahrenssprache verfasst sein [müssen], anderenfalls muss ihnen eine Übersetzung beiliegen“, die „innerhalb der Frist für die Einreichung der Originalunterlagen vorzulegen ist“. Regel 19 Abs. 4 der Verordnung Nr. 2868/95 bestimmt: „Das [EUIPO lässt] schriftliche Vorlagen oder Unterlagen oder Teile davon unberücksichtigt, die nicht innerhalb der vom [EUIPO] gesetzten Frist vorgelegt oder in die Verfahrenssprache übersetzt wurden.“

24      Regel 19 der Verordnung Nr. 2868/95 ist klar und präzise und ermöglichte der Klägerin, von Beginn des Widerspruchsverfahrens an Kenntnis davon zu haben, wie sie bezüglich der in einer anderen Sprache als der Verfahrenssprache bestehenden Nachweise im Einklang mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit vorzugehen hatte.

25      Somit ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer zu Recht angenommen hat, dass die nicht in die Verfahrenssprache übersetzten Unterlagen nicht berücksichtigt werden konnten. Der Umstand, dass die Marktstudie betreffend Frankreich in jedem Fall „vollkommen eindeutig“ oder in früheren Verfahren ohne Übersetzung akzeptiert worden sei, kann eine solche Feststellung nicht in Frage stellen. Regel 19 der Verordnung Nr. 2868/95 wird nämlich durch das Erfordernis gerechtfertigt, in Verfahren inter partes den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens und die Waffengleichheit zwischen den Beteiligten zu wahren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. November 2007, SAEME/HABM – Racke [REVIAN’s], T‑407/05, EU:T:2007:329, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Außerdem ergibt sich aus der oben in Rn. 20 angeführten Rechtsprechung, dass die Grundsätze der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden müssen. Der Umstand, dass Regel 19 der Verordnung Nr. 2868/95 möglicherweise in anderen Verfahren verletzt worden ist, ist für den vorliegenden Fall somit ohne Bedeutung.

27      Das von der Klägerin zur Begründung ihres ersten Klagegrundes geltend gemachte Vorbringen ist somit zurückzuweisen.

28      Was ihr zweites Vorbringen angeht, macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe einen Rechtsfehler begangen, indem sie von der Entscheidungspraxis des EUIPO, auf die die Klägerin sich indessen berufen habe, sowie von mehreren Entscheidungen nationaler Ämter und vom Urteil vom 7. November 2013, Springende Raubkatze (T‑666/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:584), abgewichen sei. In allen diesen Entscheidungen werde die Bekanntheit der älteren Marken angenommen. Es handle sich nämlich um ein den Marken, deren Bekanntheit anerkannt worden sei, eigenes tatsächliches Merkmal, welches nicht von den Marken abhängen könne, die Gegenstand des Widerspruchsverfahrens seien. Die Beschwerdekammer habe nicht dargelegt, warum eine solche Abweichung von den geltend gemachten Entscheidungen gerechtfertigt sei.

29      Das EUIPO tritt diesem Vorbringen entgegen. Erstens könne die Klägerin der Beschwerdekammer nicht unter Berufung auf die frühere Entscheidungspraxis vorwerfen, die Beweise für die Bekanntheit nicht berücksichtigt zu haben. Das EUIPO verweist im Wesentlichen auf die Begründung in Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung, nach der die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen des EUIPO ausschließlich auf der Grundlage der Verordnung Nr. 207/2009 in ihrer Auslegung durch den Unionsrichter und nicht auf der Grundlage einer früheren Entscheidungspraxis des EUIPO oder der nationalen Ämter zu prüfen sei, da die Entscheidungspraxis des EUIPO nicht automatisch zur Anwendung komme und jede Sache tatsächliche und rechtliche Besonderheiten aufweise, die zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen führen könnten.

30      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerin sich in ihren Schriftsätzen an die Widerspruchsabteilung auf eine jüngere Entscheidungspraxis des EUIPO berufen hat, in der auf die Wertschätzung und die große Bekanntheit der älteren Marken beim Publikum geschlossen worden war. Aus der Entscheidung des EUIPO vom 30. Mai 2011 (Widerspruch B1291618) ergibt sich in der Tat, dass die ältere Marke Nr. 480105 auf der Grundlage vieler Beweise angesichts ihrer Verwendung auf dem Markt jedenfalls in Frankreich bezüglich der Waren der Klasse 25 (Bekleidungsstücke, Stiefel, Schuhe und Pantoffeln) als Marke mit einem hohen Bekanntheitsgrad erachtet worden ist. In dieser Entscheidung waren insbesondere die folgenden Beweise aufgeführt: die Geschichte des Unternehmens, Presseausschnitte, Auszüge aus seiner Website, Bilder einer weltbekannten Tennisspielerin, die die Produkte der Klägerin trug, Presseausschnitte, die bekannte Fußballmannschaften mit den Produkten der Klägerin zeigten, Schuh- und Bekleidungskataloge von 1996 bis 1998 mit Bildern von Produkten der Klägerin, Unterlagen über Sponsoring-Aktivitäten der Klägerin im Bereich des Motorsports, Kopien der Zeitschrift Sporting Goods intelligence zwischen 2002 und 2007 mit Informationen im Sportbereich, in denen die Marke der Klägerin oder der Name des Unternehmens Puma genannt wurde, Kopien von Artikeln und Werbung in zahlreichen Magazinen in Frankreich, Deutschland, Spanien, im Beneluxraum, in Italien, im Vereinigten Königreich, in Rumänien und in Griechenland, der Jahresbericht 2007, aus dem hervorgeht, dass die Marketingkosten von 29 Mio. Euro im Jahr 1997 auf 424,9 Mio. Euro im Jahr 2007 gestiegen sind. Das EUIPO erklärte, aus den vorgelegten Beweisen ergebe sich, dass die genannte Marke „intensiv und lange“ verwendet worden und auf den fraglichen Märkten allgemein bekannt sei, wo sie eine „gefestigte Position“ unter den „führenden Marken“ innehabe, wie aus „mehreren unabhängigen Quellen“ hervorgehe. Außerdem nannte das EUIPO verschiedene Pressereferenzen (z. B. Votre Beauté, Maximal, Femme Actuelle, Le Point, Têtu, Paris Match, Biba, Vogue, Glamour usw.) die u. a. zeigten, dass die Marke beim einschlägigen Publikum sehr bekannt sei. Laut der Entscheidung des EUIPO vom 30. August 2010 bezüglich des Widerspruchs B1287178 sei die ältere Marke Nr. 593987 angesichts der vielen vorgelegten Beweise ebenfalls als Marke erachtet worden, die durch ihre Benutzung in der Union in den Bereichen Bekleidung, Schuhe, Kopfbedeckungen und nicht in anderen Klassen enthaltenen Sportartikeln große Bekanntheit erlangt hatte. In seiner Entscheidung vom 20. August 2010 zum Widerspruch B1459017 hat das EUIPO ferner festgestellt, dass die ältere Marke Nr. 593987 durch ihre „intensive und lange“ Benutzung eine erhöhte Kennzeichnungskraft und einen „hohen Bekanntheitsgrad“ besitze.

31      Diese von der Klägerin ordnungsgemäß angeführten früheren Entscheidungen des EUIPO wurden in der angefochtenen Entscheidung weder geprüft noch erwähnt, und die Beschwerdekammer hat sich stattdessen auf den Hinweis beschränkt, dass das EUIPO nicht an seine frühere Entscheidungspraxis gebunden sei.

32      Außerdem wurden die in diesen Entscheidungen hinsichtlich der Bekanntheit der älteren Marken getroffenen Schlussfolgerungen durch die Entscheidungen der nationalen Ämter bestätigt. So ging das polnische Patentamt in seiner Entscheidung vom 4. Juli 2008 entgegen den Feststellungen der Beschwerdekammer besonders detailliert auf die Beweise ein, auf die es seine Prüfung der Bekanntheit der älteren Marken (u. a. die ältere Marke Nr. 593987) gestützt hatte. Es führte insbesondere die weltweiten Marketing- und Reklamekampagnen der Klägerin sowie ihre Sponsoringaktivitäten für Persönlichkeiten des Sports detailliert auf. Unter anderem stellte es fest, dass das Unternehmen seit 1948, somit seit 60 Jahren zum Zeitpunkt seiner Entscheidung, auf dem Markt präsent und die Marke, die eine springende Raubkatze darstelle, in Polen seit vielen Jahren bekannt war. Auf der Grundlage von Beweisen, die es für „verlässlich, logisch und kohärent“ hielt und die seiner Ansicht nach die Bemühungen der Klägerin im Bereich der Vermarktung ihrer Marke glaubwürdig darlegten, stellte es fest, dass die eine springende Raubkatze darstellenden Marken der Klägerin intensiv im Handel genutzt worden seien und dadurch Bekanntheit erworben hätten. Außerdem stimmen die Entscheidungen des französischen INPI, insbesondere die vom 10. April 2013, vom 25. Oktober und vom 13. November 2012, sowie die Entscheidung des portugiesischen INPI vom 10. März 2009, auch wenn sie die ihnen zugrunde liegenden Beweise nicht detailliert aufführen, alle hinsichtlich einer großen Kenntnis der älteren Marken der Klägerin bei den maßgeblichen Verkehrskreisen (insbesondere im Bereich der Bekleidung) bzw. einer Bekanntheit dieser Marken überein. Schließlich ergibt sich aus dem von der Klägerin angeführten Urteil vom 7. November 2013, Springende Raubkatze (T‑666/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:584, Rn. 36), dass das „Geschmacksmuster oder Gebrauchsmuster, das mit den älteren Marken übereinstimmt, bekannt ist“. Hier handelte es sich zwar um ein Verfahren auf Nichtigerklärung eines Geschmacks- oder Gebrauchsmusters, doch war der Antrag auf Nichtigerklärung auf frühere, in den internationalen Registrierungen von Marken der Klägerin einschließlich der älteren Marken „veröffentlichte“ Geschmacks- oder Gebrauchsmuster gerichtet.

33      Somit ist festzustellen, dass einerseits die Bekanntheit der älteren Marken vom EUIPO in drei kürzlich ergangenen, durch mehrere nationale Entscheidungen bestätigten Entscheidungen festgestellt worden ist und diese Entscheidungen die gleichen älteren Marken, identische oder ähnliche Waren wie die im vorliegenden Fall fraglichen und einige der im vorliegenden Fall betroffenen Mitgliedstaaten betrafen. Andererseits ist die Feststellung der Bekanntheit der älteren Marken eine Tatsachenfeststellung, die, worauf die Klägerin hinweist, nicht von der angemeldeten Marke abhängig ist.

34      Unter diesen Umständen ist im Hinblick auf die oben in Rn. 20 angeführte Rechtsprechung, nach der das EUIPO die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten muss, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, und in Anbetracht seiner Begründungspflicht festzustellen, dass die Beschwerdekammer nicht von der Entscheidungspraxis des EUIPO abweichen konnte, ohne eine Erklärung für die Gründe abzugeben, die es dazu veranlassten, die in diesen Entscheidungen getroffenen Tatsachenfeststellungen zur Bekanntheit der älteren Marken als nicht oder nicht mehr zutreffend zu erachten. Die Beschwerdekammer macht weder Ausführungen darüber, ob sich diese Bekanntheit seit den oben genannten kürzlich ergangenen Entscheidungen verringert hat, noch darüber, ob diese Entscheidungspraxis möglicherweise rechtswidrig ist.

35      Zweitens macht das EUIPO geltend, diese Entscheidungen dürften nicht berücksichtigt werden, weil keine von ihnen die im Rahmen dieser Verfahren vorgelegten Beweise für die Bekanntheit der älteren Marken enthielten. Es meint, die Klägerin hätte die Beweise für die Bekanntheit, die sie im Rahmen dieser früheren Verfahren vorgelegt habe, noch einmal neu vorlegen oder genau auf sie verweisen müssen.

36      Nach Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 beschränkt die Beschwerdekammer, wenn sich die Beschwerde gegen die Entscheidung einer Widerspruchsabteilung richtet, die Prüfung der Beschwerde auf die innerhalb der von der Widerspruchsabteilung festgesetzten Frist vorgebrachten Sachverhalte und Beweismittel, sofern sie nicht der Meinung ist, dass zusätzliche oder ergänzende Sachverhalte und Beweismittel gemäß Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 berücksichtigt werden sollten. Die Verordnung Nr. 2868/95 sieht daher ausdrücklich vor, dass die Beschwerdekammer bei der Prüfung einer Beschwerde gegen eine Entscheidung einer Widerspruchsabteilung über das sich aus Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 und Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 ergebende Ermessen im Hinblick auf die Entscheidung verfügt, ob die zusätzlichen oder ergänzenden Sachverhalte und Beweismittel, die nicht innerhalb der von der Widerspruchsabteilung festgesetzten Frist vorgebracht wurden, zu berücksichtigen sind oder nicht (Urteil vom 3. Oktober 2013, Rintisch/HABM, C‑120/12 P, EU:C:2013:638, Rn. 31 und 32).

37      Folglich hätte die Beschwerdekammer unter den Umständen des vorliegenden Falles in Anbetracht ihrer früheren Entscheidungspraxis, die von einer relativ großen Zahl nationaler Entscheidungen und einem Urteil des Gerichts bestätigt worden war, nach dem in den Rn. 18 bis 20 dargelegten Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung entweder die Klägerin auffordern müssen, zusätzliche Beweise für die Bekanntheit der älteren Marken vorzulegen (sei es auch nur, um diese zurückzuweisen), was ihr nach Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 erlaubt war, oder die Gründe dafür angeben müssen, warum sie der Ansicht war, dass die in diesen früheren Entscheidungen hinsichtlich der Bekanntheit getroffenen Tatsachenfeststellungen im vorliegenden Fall nicht gelten sollten. Dies war auch deshalb umso notwendiger, weil einige dieser Entscheidungen die Beweise, die ihrer Prüfung der Bekanntheit der älteren Marken zugrunde lagen, sehr detailliert nannten, was die Aufmerksamkeit der Beschwerdekammer auf deren Bestehen hätte lenken müssen.

38      Nach alledem ist eine Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung, insbesondere der Verpflichtung des EUIPO, seine Entscheidungen zu begründen, festzustellen.

39      Der erste Rechtsmittelgrund greift daher durch.

40      Diese Schlussfolgerung allein reicht jedoch nicht aus, um die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären. Die Beschwerdekammer hat nämlich ergänzend auch zu der Frage Stellung genommen, ob die weitere unabdingbare Voraussetzung im Hinblick auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 erfüllt war, nämlich das Vorliegen einer Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der älteren Marken oder einer Ausnutzung derselben in unlauterer Weise.

41      Diesbezüglich ist festzustellen, dass der von der Beschwerdekammer begangene Fehler von zentraler Bedeutung für das Ergebnis des Widerspruchs sein kann. Die Beschwerdekammer hat ihre Würdigung, ob eine Beeinträchtigung im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 vorlag, auf die Annahme gestützt, dass die Wertschätzung der älteren Marken bewiesen sei. Die Intensität der Wertschätzung der älteren Marken ist jedoch in der Gesamtbeurteilung des Vorliegens einer Beeinträchtigung im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 zu berücksichtigen, und zwar sowohl bei der Prüfung, ob zwischen den Marken eine Verbindung besteht, als auch bei der Prüfung, ob eine Beeinträchtigung im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 vorliegt, die gesonderte und unabdingbare Voraussetzungen sind.

42      Das Vorliegen einer Verknüpfung zwischen den Marken ist nämlich umfassend unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, zu denen das Ausmaß der Bekanntheit der älteren Marke und der Grad der der älteren Marke innewohnenden oder von ihr durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft gehören (Urteile vom 27. November 2008, Intel Corporation, C‑252/07, EU:C:2008:655, Rn. 41, 42 und 53, und vom 12. März 2009, Antartica/HABM, C‑320/07 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:146, Rn. 45). In gleicher Weise wie das Vorliegen einer Verknüpfung zwischen den einander gegenüberstehenden Marken ist auch das Vorliegen einer der in Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 angesprochenen Beeinträchtigungen oder einer ernsthaften Gefahr einer künftigen Beeinträchtigung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, zu denen das Ausmaß der Bekanntheit der älteren Marke und der Grad der der älteren Marke innewohnenden oder von ihr durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft gehören, umfassend zu beurteilen (Urteil vom 27. November 2008, Intel Corporation, C‑252/07, EU:C:2008:655, Rn. 42 und 68). Im Übrigen wird eine Beeinträchtigung umso eher vorliegen, je größer die Unterscheidungskraft und die Wertschätzung der Marke sind (vgl. Urteil vom 27. November 2008, Intel Corporation, C‑252/07, EU:C:2008:655, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Da die Beschwerdekammer die Bekanntheit der älteren Marken nicht umfassend geprüft hat, kann das Gericht nicht über den dritten Klagegrund einer Verletzung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 entscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C‑263/09 P, EU:C:2011:452, Rn. 72 und 73, vom 14. Dezember 2011, Völkl/HABM – Marker Völkl [VÖLKL], T‑504/09, EU:T:2011:739, Rn. 63, und vom 29. März 2012, You-Q/HABM – Apple Corps [BEATLE], T‑369/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:177, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Folglich ist dem ersten Klagegrund stattzugeben und die angefochtene Entscheidung insoweit aufzuheben, als darin der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen worden ist, ohne dass die übrigen Klagegründe der Klägerin geprüft werden müssen.

 Kosten

45      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

46      Da das EUIPO unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 19. Dezember 2014 (Rechtssache R 1207/2014‑5) wird aufgehoben.

2.      Das EUIPO trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Puma SE.

Van der Woude

Wiszniewska-Białecka

Ulloa Rubio

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 9. September 2016.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.