Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 16. Dezember 2015 – Air Frankreich‑KLM/Kommission
(Rechtssache T‑62/11)
„Wettbewerb – Kartelle – Europäischer Luftfrachtmarkt – Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen in Bezug auf mehrere Bestandteile der Preise für Luftfrachtdienstleistungen (Einführung von Treibstoffzuschlägen und Sicherheitszuschlägen, Weigerung, eine Provision auf die Zuschläge zu zahlen) – Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz über den Luftverkehr – Begründungspflicht“
1. Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Beschluss über die Anwendung der Wettbewerbsregeln – Beschluss der Kommission, mit dem eine Zuwiderhandlung festgestellt und eine Geldbuße verhängt wird – Erfordernisse, die sich aus dem Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes ergeben – Klarheit und Eindeutigkeit des verfügenden Teils des Beschlusses (Art. 101 Abs. 1 AEUV und 296 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53; Luftverkehrsabkommen EG–Schweiz, Art. 8; Verordnung Nr. 1/2003, Art. 2 und 23 Abs. 5) (vgl. Rn. 38-42)
2. Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Beschluss der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Feststellung der geahndeten Zuwiderhandlungen – Bestimmung der Personen, die Gegenstand eines Beschlusses sind – Vorrang des verfügenden Teils vor der Begründung (Art. 101 Abs. 1 AEUV und 296 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53; Luftverkehrsabkommen EG–Schweiz, Art. 8; Verordnung Nr. 1/2003, Art. 2) (vgl. Rn. 43)
3. Kartelle – Verbot – Unmittelbare Wirkung – Recht des Einzelnen, Ersatz des erlittenen Schadens zu verlangen – Modalitäten der Ausübung – Zuwiderhandlungen, die Gegenstand eines Beschlusses der Kommission sind – Verpflichtender Charakter des Beschlusses für die nationalen Gerichte –Tragweite – Bedeutung der Klarheit und Eindeutigkeit des verfügenden Teils des Beschlusses (Art. 101 Abs. 1 AEUV und 296 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53; Luftverkehrsabkommen EG–Schweiz, Art. 8; Verordnung Nr. 1/2003, Art. 2 und 16 Abs. 1) (vgl. Rn. 44-50)
4. Kartelle – Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die eine einheitliche Zuwiderhandlung darstellen – Unternehmen, denen eine Zuwiderhandlung in Form der Teilnahme an einem Gesamtkartell zur Last gelegt werden kann – Kriterien – Einheitliches Ziel und Gesamtplan (Art. 101 Abs. 1, AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53; Luftverkehrsabkommen EG–Schweiz, Art. 8; Verordnung Nr. 1/2003, Art. 2) (vgl. Rn. 66, 71)
5. Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Beschluss über die Anwendung der Wettbewerbsregeln – Beschluss der Kommission, mit dem eine Zuwiderhandlung festgestellt und eine Geldbuße verhängt wird – In sich widersprüchlicher Beschluss – Folgen – Aufhebung – Voraussetzungen – Verletzung der Verteidigungsrechte des sanktionierten Unternehmens – Unmöglichkeit für den Unionsrichter, seine Kontrolle auszuüben (Art. 101 Abs. 1 AEUV und 296 AEUV; EWR‑Abkommen, Art. 53; Luftverkehrsabkommen EG–Schweiz, Art. 8; Verordnung Nr. 1/2003, Art. 2) (vgl. Rn. 69, 83-85, 91, 92)
6. Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Beschluss über die Anwendung der Wettbewerbsregeln – Heilung eines Begründungsmangels im gerichtlichen Verfahren – Unzulässigkeit (Art. 101 Abs. 1 AEUV und 296 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53; Luftverkehrsabkommen EG–Schweiz, Art. 8; Verordnung Nr. 1/2003, Art. 2) (vgl. Rn. 89, 90)
Gegenstand
| Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses K(2010) 7694 endg. der Kommission vom 9. November 2010 in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR‑Abkommens und Art. 8 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr (Sache COMP/39258 – Luftfracht), soweit dieser die Klägerin betrifft, und, hilfsweise, auf Nichtigerklärung von Art. 5 Buchst. b und d dieses Beschlusses, soweit mit ihm eine Geldbuße gegen die Klägerin verhängt wird, oder auf Herabsetzung dieser Geldbuße |
Tenor
1. | | Der Beschluss K(2010) 7694 endg. der Kommission vom 9. November 2010 in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR‑Abkommens und Art. 8 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr (Sache COMP/39258 – Luftfracht) wird für nichtig erklärt, soweit er Air France KLM betrifft. |
2. | | Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten von Air France KLM. |
3. | | Der Rat der Europäischen Union trägt seine eigenen Kosten. |