Language of document : ECLI:EU:C:2010:583

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

6. Oktober 2010(*)

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinie 2002/22/EG (Universaldienstrichtlinie) – Elektronische Kommunikation – Netze und Dienste – Art. 12 – Berechnung der Kosten der Universaldienstverpflichtungen – Soziale Komponente des Universaldienstes – Art. 13 – Finanzierung der Universaldienstverpflichtungen – Bestimmung unzumutbarer Belastungen“

In der Rechtssache C‑222/08

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 22. Mai 2008,

Europäische Kommission, vertreten durch H. van Vliet und A. Nijenhuis als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Königreich Belgien, vertreten durch T. Materne und M. Jacobs als Bevollmächtigte im Beistand von S. Depré, avocat,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot (Berichterstatter), der Richterin C. Toader sowie der Richter K. Schiemann, P. Kūris und L. Bay Larsen,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2010,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. Juni 2010

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beim Gerichtshof, festzustellen, dass das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. L 108, S. 51) und aus Art. 249 EG verstoßen hat, dass es Art. 12 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 und Anhang IV Teil A dieser Richtlinie nicht vollständig umgesetzt hat.

 Rechtlicher Rahmen

 Gemeinschaftsrecht

 Die Richtlinie 2002/22

2        Im vierten Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/22 heißt es, dass „[z]u der Gewährleistung des Universaldienstes (d. h. der Bereitstellung eines festgelegten Mindestangebots an Diensten für alle Endnutzer zu einem erschwinglichen Preis) … auch die Bereitstellung von einigen Diensten für bestimmte Endnutzer zu Preisen gehören [kann], die von denen, die sich aus den üblichen Marktbedingungen ergeben, abweichen. Die Entschädigung der Unternehmen, die für die Bereitstellung solcher Dienste unter diesen Voraussetzungen benannt werden, müssen jedoch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen, sofern die benannten Unternehmen für die entstandenen spezifischen Nettokosten entschädigt werden und sofern die Nettokostenbelastung wettbewerbsneutral angelastet wird“.

3        Im 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/22 heißt es:

„Die Mitgliedstaaten sollten bei Bedarf Verfahren für die Finanzierung der Nettokosten von Universaldienstverpflichtungen in den Fällen einrichten, in denen nachgewiesen wird, dass die Verpflichtungen nur mit Verlust oder zu Nettokosten, die außerhalb der üblichen geschäftlichen Standards liegen, erfüllt werden können. …“

4        Der 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/22 lautet:

„Stellt eine Universaldienstverpflichtung eine unzumutbare Belastung für ein Unternehmen dar, so sollten die Mitgliedstaaten Mechanismen zur effektiven Anlastung der Nettokosten festlegen können. …“

5        Art. 3 („Verfügbarkeit des Universaldienstes“) der Richtlinie 2002/22 lautet:

„(1)      Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in diesem Kapitel beschriebenen Dienste mit der angegebenen Qualität allen Endnutzern in ihrem Hoheitsgebiet, unabhängig von ihrem geografischen Standort und, unter Berücksichtigung der landesspezifischen Gegebenheiten, zu einem erschwinglichen Preis zur Verfügung gestellt werden.

(2)      Die Mitgliedstaaten legen den effizientesten und am besten geeigneten Ansatz fest, mit dem der Universaldienst sichergestellt werden kann, wobei die Grundsätze der Objektivität, Transparenz, Nichtdiskriminierung und Verhältnismäßigkeit einzuhalten sind. Sie tragen dafür Sorge, Marktverfälschungen zu minimieren, insbesondere die Erbringung von Diensten zu Preisen oder sonstigen Bedingungen, die von normalen wirtschaftlichen Gegebenheiten abweichen, und berücksichtigen dabei die Wahrung des öffentlichen Interesses.“

6        Art. 8 („Benennung von Unternehmen“) der Richtlinie 2002/22 bestimmt:

„(1)      Die Mitgliedstaaten können ein oder mehrere Unternehmen benennen, die die Erbringung des Universaldienstes … gewährleisten …

(2)      Verpflichten die Mitgliedstaaten eines oder mehrere Unternehmen zu Universaldiensten im gesamten Hoheitsgebiet oder einem Teil davon, erfolgt dies unter Anwendung eines effizienten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Benennungsverfahrens, wobei kein Unternehmen von vornherein von der Benennung ausgeschlossen wird. Diese Benennungsverfahren gewährleisten, dass der Universaldienst auf kostengünstige Weise erbracht wird, und können für die Ermittlung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen gemäß Artikel 12 herangezogen werden.“

7        Art. 9 („Erschwinglichkeit der Tarife“) der Richtlinie 2002/22 sieht vor:

„(1)      Die nationalen Regulierungsbehörden überwachen die Entwicklung und Höhe der Endnutzertarife der Dienste, die gemäß den Artikeln 4, 5, 6 und 7 unter die Universaldienstverpflichtungen fallen und von benannten Unternehmen erbracht werden, insbesondere im Verhältnis zu den nationalen Verbraucherpreisen und Einkommen.

(2)      Die Mitgliedstaaten können unter Berücksichtigung der nationalen Gegebenheiten verlangen, dass die benannten Unternehmen den Verbrauchern Tarifoptionen oder Tarifbündel anbieten, die von unter üblichen wirtschaftlichen Gegebenheiten gemachten Angeboten abweichen, insbesondere um sicherzustellen, dass einkommensschwache Personen oder Personen mit besonderen sozialen Bedürfnissen Zugang zum öffentlichen Telefondienst haben und diesen nutzen können.

…“

8        Art. 12 („Berechnung der Kosten der Universaldienstverpflichtungen“) der Richtlinie 2002/22 sieht in Abs. 1 vor:

„Wenn nach Auffassung der nationalen Regulierungsbehörden die Bereitstellung des Universaldienstes gemäß den Artikeln 3 bis 10 möglicherweise eine unzumutbare Belastung für die Unternehmen darstellt, die zur Erbringung des Universaldienstes benannt sind, berechnen sie die Nettokosten für die Bereitstellung des Universaldienstes.

Zu diesem Zweck

a)      berechnet die nationale Regulierungsbehörde die Nettokosten der Universaldienstverpflichtung gemäß Anhang IV Teil A, wobei der den zur Bereitstellung des Universaldienstes benannten Unternehmen entstehende Marktvorteil berücksichtigt wird, oder

b)      wendet die nationale Regulierungsbehörde die nach dem Benennungsverfahren gemäß Artikel 8 Absatz 2 ermittelten Nettokosten für die Bereitstellung des Universaldienstes an.“

9        Art. 13 („Finanzierung der Universaldienstverpflichtungen“) der Richtlinie 2002/22 lautet:

„(1)      Wenn die nationalen Regulierungsbehörden auf der Grundlage der Berechnung der Nettokosten nach Artikel 12 feststellen, dass ein Unternehmen unzumutbar belastet wird, beschließen die Mitgliedstaaten auf Antrag eines benannten Unternehmens,

a)      ein Verfahren einzuführen, mit dem das Unternehmen für die ermittelten Nettokosten unter transparenten Bedingungen aus öffentlichen Mitteln entschädigt wird, und/oder

b)      die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen unter den Betreibern von elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten aufzuteilen.

…“

10      In Anhang IV Teil A der Richtlinie 2002/22 wird die Art und Weise, in der die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen zu berechnen sind, wie folgt beschrieben:

„Universaldienstverpflichtungen beziehen sich auf diejenigen Verpflichtungen, die einem Unternehmen von einem Mitgliedstaat auferlegt werden und die Bereitstellung eines Netzes sowie die Erbringung von Diensten in einem bestimmten räumlichen Gebiet betreffen, gegebenenfalls einschließlich Durchschnittspreisen in diesem räumlichen Gebiet für die Erbringung des Dienstes oder einschließlich der Bereitstellung bestimmter Tarifoptionen für einkommensschwache Verbraucher oder für Verbraucher mit besonderen sozialen Bedürfnissen.

Die nationalen Regulierungsbehörden ziehen alle Mittel in Erwägung, um (benannten und nicht benannten) Unternehmen angemessene Anreize zu geben, die Universaldienstverpflichtungen auf kosteneffiziente Weise zu erfüllen. Bei der Berechnung sind die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen als Differenz zwischen den Nettokosten eines benannten Unternehmens für den Betrieb unter Einhaltung der Universaldienstverpflichtungen und den Nettokosten für den Betrieb ohne Universaldienstverpflichtungen zu ermitteln. Dies gilt unabhängig davon, ob das Netz in einem bestimmten Mitgliedstaat voll ausgebaut ist oder sich noch im Ausbau befindet. Die Kosten, die ein benanntes Unternehmen vermieden hätte, wenn die Universaldienstverpflichtungen nicht bestanden hätten, sind ordnungsgemäß zu ermitteln. Bei der Nettokostenberechnung sollten die Vorteile für den Universaldienstbetreiber, einschließlich der immateriellen Vorteile, berücksichtigt werden.

…“

11      Nach Art. 38 der Richtlinie 2002/22 hatten die Mitgliedstaaten bis zum 24. Juli 2003 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen und diese Vorschriften ab dem 25. Juli 2003 anzuwenden.

 Nationales Recht

12      Am 13. Juni 2005 erließ das Königreich Belgien das Gesetz über die elektronische Kommunikation (Belgisches Staatsblatt vom 20. Juni 2005, S. 28070, deutsche Übersetzung: Belgisches Staatsblatt vom 26. Januar 2007, S. 4373, im Folgenden: Gesetz vom 13. Juni 2005), das später durch das Gesetz vom 25. April 2007 zur Festlegung verschiedener Bestimmungen (IV) (Belgisches Staatsblatt vom 8. Mai 2007, S. 25103, deutsche Übersetzung: Belgisches Staatsblatt vom 12. September 2007, S. 48299, im Folgenden: Gesetz vom 25. April 2007) geändert wurde.

13      Art. 74 des Gesetzes vom 13. Juni 2005 in der Fassung des Gesetzes vom 25. April 2007 lautet wie folgt:

„Die soziale Komponente des Universaldienstes besteht in der Bereitstellung von besonderen Tarifbedingungen an bestimmte Kategorien von Begünstigten seitens aller Betreiber, die Verbrauchern einen öffentlich zugänglichen Telefondienst anbieten.

Die in Absatz 1 erwähnten Kategorien von Begünstigten und Tarifbedingungen und die Verfahren zum Erhalt solcher Tarifbedingungen sind in der Anlage festgelegt.

Das Institut [Belgisches Institut für Post und Fernmeldewesen, im Folgenden: Institut] übermittelt dem [für die Angelegenheiten in Bezug auf elektronische Kommunikation zuständigen] Minister jährlich einen Bericht über den relativen Anteil der Betreiber an der Gesamtanzahl sozial schwacher Teilnehmer im Verhältnis zu ihrem Marktanteil, der auf der Grundlage des Umsatzes auf dem Markt der öffentlichen Telefondienste festgelegt wird.

Für Universaldienste in Bezug auf den Sozialtarif wird ein Fonds eingerichtet, aus dem die Anbieter von Sozialtarifen, die zu diesem Zweck beim Institut einen Antrag eingereicht haben, entschädigt werden. Dieser Fonds besitzt Rechtspersönlichkeit und wird vom Institut verwaltet.

Der König bestimmt nach Stellungnahme des Instituts durch einen im Ministerrat beratenen Erlass die Funktionsweise dieses Mechanismus.

Stellt sich heraus, dass die Anzahl der von einem Betreiber gewährten Tarifermäßigungen die Anzahl Tarifermäßigungen, die seinem Anteil am Gesamtumsatz des Marktes der öffentlichen Telefondienste entsprechen würden, unterschreitet, muss er diese Differenz ausgleichen.

Stellt sich heraus, dass die Anzahl der von einem Betreiber gewährten Tarifermäßigungen die Anzahl Tarifermäßigungen, die seinem Anteil am Gesamtumsatz des Marktes der öffentlichen Telefondienste entsprechen würden, überschreitet, erhält dieser Betreiber eine Entschädigung, die diese Differenz ausgleicht.

Die in den vorangehenden Absätzen erwähnten Ausgleichszahlungen sind sofort fällig. Der tatsächliche Ausgleich über den Fonds erfolgt, sobald dieser seine Arbeit aufnehmen kann, und spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten des vorliegenden Artikels.

Das Institut berechnet gemäß der in der Anlage definierten Methode die Nettokosten der Sozialtarife für alle Betreiber, die zu diesem Zweck beim Institut einen Antrag eingereicht haben.

Das Institut kann die Modalitäten der Berechnung der Kosten und Ausgleichszahlungen innerhalb der durch vorliegendes Gesetz und seine Anlage bestimmten Grenzen festlegen.“

14      Art. 45bis der Anlage zu dem Gesetz vom 13. Juni 2005, der durch Art. 200 des Gesetzes vom 25. April 2007 eingefügt wurde, definiert die zur Berechnung der Nettokosten der Sozialtarife anzuwendende Methode und bestimmt:

„Die Nettokosten der Sozialtarife des Universaldienstes ergeben sich aus der Differenz der Einnahmen, die Anbieter von Sozialtarifen unter normalen wirtschaftlichen Bedingungen verzeichnen würden, und der Einnahmen, die sie aufgrund der in vorliegendem Gesetz vorgesehenen Ermäßigungen zugunsten der Begünstigten des Sozialtarifs verzeichnen.

Während der ersten fünf Jahre ab Inkrafttreten des Gesetzes werden Ausgleichszahlungen, die etablierte Anbieter von Sozialtarifen gegebenenfalls erhalten, um einen vom Institut festgelegten Prozentsatz verringert.

Der in vorhergehendem Absatz erwähnte Prozentsatz wird auf der Grundlage des indirekten Gewinns festgelegt. Das Institut berücksichtigt in diesem Zusammenhang die Berechnungen, die es bei der Festlegung der Nettokosten des etablierten Anbieters von Sozialtarifen bereits gemacht hat.“

15      Art. 202 des Gesetzes vom 25. April 2007 lautet:

„In Artikel 74 … Absatz [8] des Gesetzes vom 13. Juni 2005 … sind die Wörter ‚Die in den vorangehenden Absätzen erwähnten Ausgleichszahlungen sind sofort fällig‘ wie folgt auszulegen:

Bei der Vorbereitung des Gesetzes vom 13. Juni 2005 … unter Berücksichtigung der in der europäischen Richtlinie [2002/22] vorgesehenen Bedingungen und aufgrund eines diesbezüglichen Antrags des etablierten Anbieters des Universaldienstes und nach Festlegung der Nettokosten für den Universaldienst durch das Institut hat der Gesetzgeber als nationale Regulierungsbehörde den unzumutbaren Charakter der Belastung beurteilt. Diesbezüglich war der Gesetzgeber, wie übrigens vom Staatsrat festgestellt worden ist, der Ansicht, dass – sofern alle indirekten Gewinne berücksichtigt werden, einschließlich der immateriellen Gewinne, die aufgrund der Erbringung dieses Dienstes verzeichnet werden können – jede aus dieser Berechnung hervorgehende defizitäre Situation tatsächlich eine unzumutbare Belastung ist.“

 Vorverfahren und Verfahren vor dem Gerichtshof

16      Nachdem die Kommission am 24. Juni 2005 den Text des Gesetzes vom 13. Juni 2005 erhalten hatte, mit dem das Königreich Belgien Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 2002/22 ergriffen hatte, stellte sie mit Mahnschreiben vom 15. November 2006 die Vereinbarkeit einiger Aspekte dieses Gesetzes mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 dieser Richtlinie in Frage.

17      In seiner Antwort vom 16. Februar 2007 kündigte das Königreich Belgien den Erlass von Änderungen des genannten Gesetzes an, die anschließend mit dem Gesetz vom 25. April 2007 vorgenommen wurden.

18      Die Kommission zog daraufhin einige ihrer Rügen zurück. Zwei Rügen wurden allerdings aufrechterhalten, nämlich zum einen die, dass im belgischen Recht nicht vorgesehen sei, dass die nationale Regulierungsbehörde die Frage prüfe, ob die Verpflichtung zum Angebot von Sozialtarifen eine unzumutbare Belastung darstelle, und zum anderen die Rüge betreffend die Berechnung der mit der Anwendung von Sozialtarifen verbundenen Nettokosten durch diese Behörde.

19      Am 29. Juni 2007 gab die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, mit der sie das Königreich Belgien aufforderte, die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich seien, um der Richtlinie 2002/22 binnen zwei Monaten nach dem Empfang dieser Stellungnahme nachzukommen.

20      Mit Schreiben vom 1. August 2007 stellte das Königreich Belgien einen Antrag auf Fristverlängerung, der von der Kommission mit der Begründung abgelehnt wurde, dass die entsprechenden Voraussetzungen nicht vorlägen.

21      Da die Kommission die vom Königreich Belgien vorgelegten Informationen für nicht zufriedenstellend hielt, hat sie beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.

 Zur Klage

 Zur ersten Rüge, betreffend die Modalitäten, anhand deren bestimmt werden kann, ob die Verpflichtung zur Anwendung von Sozialtarifen eine unzumutbare Belastung darstellt

 Vorbringen der Parteien

22      Nach Ansicht der Kommission verpflichten Art. 12 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22 die nationale Regulierungsbehörde zur Prüfung der Natur der Belastung, die sich für die Betreiber, die zur Erbringung des Universaldienstes benannt sind, aus dieser ergeben kann.

23      Mit dem Erlass von Art. 74 des Gesetzes vom 13. Juni 2005 in der Fassung, die er durch das Gesetz vom 25. April 2007 erhalten habe, habe der belgische Gesetzgeber die Auffassung vertreten, dass alle sich aus der Verpflichtung zur Anwendung von Sozialtarifen ergebenden Nettokosten für die betroffenen Unternehmen eine unzumutbare Belastung darstellten, die zwingend zu einer Ausgleichszahlung führen müsse. Sodann sei ein Fonds für Sozialtarife im Bereich des Universaldienstes geschaffen worden, in den die Betreiber einzahlten und der dazu bestimmt sei, die genannten Unternehmen zu entschädigen.

24      Die Kommission hält es für fraglich, ob der Gesetzgeber selbst eine nationale Regulierungsbehörde darstellen könne, und macht geltend, dass in der Richtlinie 2002/22 die Verpflichtung aufgestellt werde, die eventuelle Unzumutbarkeit der Belastung im Kontext der Berechnung der Nettokosten und der Finanzierung der Universaldienstverpflichtungen konkret zu prüfen. Dass die entsprechende Beurteilung zeitgleich mit dem Erlass des Gesetzes zur Einführung der Regeln über den Universaldienst vorgenommen worden sei, stehe im Widerspruch zur Richtlinie 2002/22, da dies bedeute, dass die Belastung von vornherein allgemein und abstrakt als unzumutbar festgelegt worden sei.

25      Die Kommission ergänzt, dass die gewählte Methode nicht den durch die Richtlinie 2002/22 vorgegebenen Modalitäten entspreche, da weder der belgische Gesetzgeber noch das Institut je gebührend geprüft hätten, ob die Bereitstellung des Universaldienstes für die betroffenen Betreiber eine unzumutbare Belastung darstelle.

26      Zur vom Institut am 26. November 2002 vorgenommenen Berechnung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen trägt die Kommission vor, dass diese obsolet sei und nicht im Einklang mit der tatsächlichen Sachlage stehe, da das Gesetz vom 13. Juni 2005 erst zweieinhalb Jahre nach der Abgabe der Stellungnahme des Instituts erlassen worden sei. Auch wenn das genannte Gesetz allen Betreibern die Universaldienstverpflichtung auferlegt habe, betreffe die Stellungnahme des Instituts zu den von der Gesellschaft Belgacom (im Folgenden: Belgacom) getragenen Kosten nämlich nur die Schätzungen für das Jahr 2003, als nur Belgacom der Verpflichtung zur Anwendung von Sozialtarifen unterlegen habe. Folglich beruhe die fragliche Stellungnahme nicht auf einer brauchbaren Berechnung der Nettokosten, auf deren Grundlage das Königreich Belgien den Schluss ziehen könne, dass der Erlass des Gesetzes vom 13. Juni 2005 für alle Betreiber eine unzumutbare Belastung mit sich bringe.

27      Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass das belgische System keinen Anreiz dafür gebe, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Grundsätze der Rentabilität, der Effizienz, der Objektivität, der Nichtdiskriminierung und der minimalen Wettbewerbsverzerrung zu beachten, wofür sie sich insoweit auf das Urteil vom 19. Juni 2008, Kommission/Frankreich (C‑220/07, Randnr. 31), bezieht.

28      Die Kommission trägt ferner vor, dass die Befugnisse des Instituts nach belgischem Recht zu begrenzt seien, da nicht vorgesehen sei, dass es feststellen könne, dass die Bereitstellung des Universaldienstes keine unzumutbare Belastung mit sich bringe.

29      Schließlich bezeichnet es die Kommission als überraschend, dass der belgische Gesetzgeber als nationale Regulierungsbehörde für einen einzigen Aspekt der Telekommunikationsrichtlinien tätig geworden sei, nämlich die Beurteilung des Vorliegens einer sich aus der Bereitstellung des Universaldienstes ergebenden unzumutbaren Belastung, obwohl dies im Gesetz vom 13. Juni 2005 nicht vorgesehen sei, das im Übrigen entgegen den Vorgaben gemäß Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 108, S. 33) keine entsprechende Veröffentlichung erfolgt sei und obwohl auf das belgische Verfassungsrecht gestützte Argumente nicht mit Erfolg eingewandt werden könnten.

30      Das Königreich Belgien macht unter Berufung auf den Grundsatz der institutionellen Autonomie, Art. 249 EG sowie den elften Erwägungsgrund und die Art. 2 und 3 der Richtlinie 2002/21 geltend, nichts stehe dem entgegen, dass das belgische Parlament entsprechend dem belgischen Verfassungssystem als nationale Regulierungsbehörde tätig werde, um das Vorliegen einer unzumutbaren Belastung aus der Bereitstellung des Universaldienstes festzustellen.

31      Durch eine gesetzliche Festlegung dessen, was unter unzumutbarer Belastung zu verstehen sei, werde eine Ungleichbehandlung der verschiedenen Betreiber vermieden, die nunmehr alle zur Anwendung der Sozialtarife verpflichtet seien und daher insoweit Verluste trügen, da diese Tarife unter den normalen Preisen lägen. Alle Nettokosten, die ein mit dem Universaldienst betrautes Unternehmen als Erbringer dieses Dienstes zu tragen habe, seien somit als unzumutbare Kosten anzusehen und daher auszugleichen.

32      Das Königreich Belgien präzisiert, dass die der nationalen Regulierungsbehörde übertragenen Aufgaben in Bezug auf die Organisation des sozialen Universaldienstes zwischen dem Gesetzgeber und dem Institut aufgeteilt worden seien, wobei Letzteres als ausführende Stelle nach den gesetzlich festgelegten Kriterien das Recht jedes Betreibers auf eine Entschädigung bestimme.

33      Das Königreich Belgien betont, dass ein liberalisiertes System eines spezifischen sozialen Universaldienstes wie das in Rede stehende, in dem alle Betreiber zur Erbringung dieses Dienstes benannt seien, zu einem ständigen Wettbewerb zwischen den Betreibern beitrage und erhebliche Vorteile für den Verbraucher mit sich bringe.

34      Das ordnungsgemäße Funktionieren eines solchen Systems erfordere es indessen, dass die Betreiber über Garantien dahin gehend verfügten, dass sie eine Entschädigung erhalten könnten. Zu diesem Zweck decke die vorgesehene Entschädigung den Betrag der gesetzlichen Ermäßigungen, die sie im Hinblick auf den Bedarf sozial schwacher Teilnehmer hätten gewähren müssen, in dem Verhältnis ab, in dem damit ihr jeweiliger Marktanteil überschritten werde. Die so festgelegten Nettokosten entsprächen dem, was gemäß Anhang IV Teil A Abs. 3 der Richtlinie 2002/22 definiert werde als die „Kosten …, die … besonderen Endnutzern oder Gruppen von Endnutzern [zurechenbar sind], die … nur … in einer Kostensituation außerhalb normaler wirtschaftlicher Standards bedient werden können“.

35      Auf das Argument der Kommission, die belgischen Rechtsvorschriften sähen keine Prüfung der eventuellen Unzumutbarkeit der Belastung aus den Universaldienstverpflichtungen vor, entgegnet das Königreich Belgien, der Gesetzgeber habe den Standpunkt eingenommen, dass die Belastung unzumutbar sei, wenn Nettokosten zu tragen seien und ein Antrag auf Finanzierung gestellt worden sei. Jede andere Beurteilung der Unzumutbarkeit der Belastung führe im Rahmen des belgischen Systems zu einer Verzerrung des Wettbewerbs unter den betroffenen Unternehmen, da sie zwar alle dieselben Verpflichtungen trügen, das Recht, eine Entschädigung zu beantragen, dann aber auf einige unter ihnen beschränkt wäre.

36      Bevor die Entscheidung über die Unzumutbarkeit der Belastung getroffen worden sei, seien im Übrigen die Nettokosten, die durch das Angebot des sozialen Universaldienstes verursacht würden, vom Institut gemäß Anhang IV Teil A der Richtlinie 2002/22 berechnet worden. Diese Berechnung sei erstmals im Jahr 2002 vorgenommen und anschließend im Jahr 2005 aktualisiert worden, wobei insbesondere eventuelle Marktvorteile von Belgacom aufgrund ihres damaligen Monopols berücksichtigt worden seien.

37      In Bezug auf das in Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2002/22 niedergelegte Erfordernis der Transparenz hebt das Königreich Belgien hervor, dass die endgültige Entscheidung über die Berechnung der Nettokosten am 18. Mai 2005 auf den Internetseiten des Instituts veröffentlicht worden sei.

38      Außerdem sei ein Handeln des Gesetzgebers wegen verfassungsmäßiger Anforderungen geboten gewesen, da die zugunsten der Betreiber geschaffene Entschädigungsregelung als Steuersystem zu qualifizieren sei.

39      Die Richtlinie 2002/22 schreibe eine einheitliche Prüfung der eventuellen Unzumutbarkeit der Belastung vor, die in der Folge zur Einführung des allgemeinen Finanzierungsverfahrens gemäß Art. 13 Abs. 2 dieser Richtlinie führe. Die Kommission habe den fundamentalen Unterschied zwischen der Berechnung der Nettokosten im Rahmen der Entscheidung über die eventuelle Unzumutbarkeit der Belastung und der Entscheidung über ein Entschädigungsverfahren, bei der es sich um einen einheitlichen Vorgang handele, der beim Erlass des Gesetzes vom 13. Juni 2005 stattgefunden habe, einerseits und der Berechnung der Nettokosten gemäß Art. 45bis der Anlage zu diesem Gesetz, einem jährlichen Vorgang, der im Hinblick auf die Zahlung der Entschädigung an alle betroffenen Betreiber vorgenommen werde, andererseits zu Unrecht außer Acht gelassen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

40      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass mit der Richtlinie 2002/22 ein harmonisierter Rechtsrahmen geschaffen werden soll, der im Sektor der elektronischen Kommunikation die Bereitstellung eines Universaldienstes garantiert, also eines festgelegten Mindestangebots an Diensten für alle Endnutzer zu einem erschwinglichen Preis. Nach Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie besteht eines ihrer Ziele darin, in der gesamten Europäischen Gemeinschaft die Verfügbarkeit hochwertiger, öffentlich zugänglicher Dienste durch wirksamen Wettbewerb und Angebotsvielfalt zu gewährleisten (Urteil Kommission/Frankreich, Randnr. 28).

41      Nach Art. 3 Abs. 2 dieser Richtlinie legen die Mitgliedstaaten den effizientesten und am besten geeigneten Ansatz fest, mit dem der Universaldienst sichergestellt werden kann, wobei die Grundsätze der Objektivität, Transparenz, Nichtdiskriminierung und Verhältnismäßigkeit einzuhalten sind; sie tragen dafür Sorge, Marktverfälschungen zu minimieren, und berücksichtigen dabei die Wahrung des öffentlichen Interesses (Urteil Kommission/Frankreich, Randnr. 29).

42      Zur Gewährleistung des Universaldienstes kann, wie es im vierten Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/22 heißt, auch die Bereitstellung einiger Dienste für bestimmte Endnutzer zu Preisen gehören, die von denen, die sich aus den üblichen Marktbedingungen ergeben, abweichen. Deshalb hat der Gemeinschaftsgesetzgeber, wie aus dem 18. Erwägungsgrund dieser Richtlinie hervorgeht, vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten bei Bedarf Verfahren für die Finanzierung der Nettokosten von Universaldienstverpflichtungen in den Fällen einrichten sollten, in denen nachgewiesen wird, dass die Verpflichtungen nur mit Verlust oder zu Nettokosten, die außerhalb der üblichen geschäftlichen Standards liegen, erfüllt werden können.

43      Daher haben die nationalen Regulierungsbehörden, wenn ihrer Auffassung nach die Bereitstellung des Universaldienstes gemäß den Art. 3 bis 10 der Richtlinie 2002/22 möglicherweise eine unzumutbare Belastung für die Unternehmen darstellt, die zur Erbringung des Universaldienstes benannt sind, nach Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie die Nettokosten für die Bereitstellung des Universaldienstes zu berechnen.

44      Es ist festzustellen, dass mit den Bestimmungen des Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 sowie des Anhangs IV der Richtlinie 2002/22 zwar die Regeln festgelegt werden, nach denen die Nettokosten für die Bereitstellung des Universaldienstes zu berechnen sind, wenn die nationalen Regulierungsbehörden zu der Auffassung gelangt sind, dass diese möglicherweise eine unzumutbare Belastung darstellt, dass sich aber weder aus Art. 12 Abs. 1 noch aus irgendeiner anderen Bestimmung dieser Richtlinie ergibt, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber selbst die Voraussetzungen festlegen wollte, unter denen diese Behörden zuvor zu dem Schluss zu kommen haben, dass die Bereitstellung des Universaldienstes möglicherweise eine solche unzumutbare Belastung darstellt.

45      Daher hat das Königreich Belgien mit der Festlegung von Maßstäben, anhand deren zu bestimmen ist, ob die Belastung unzumutbar ist, nicht gegen seine Verpflichtungen aus Art. 12 der Richtlinie 2002/22 verstoßen.

46      Hingegen ergibt sich aus Art. 13 der Richtlinie 2002/22, dass die nationalen Regulierungsbehörden nur auf der Grundlage der Berechnung der Nettokosten für die Bereitstellung des Universaldienstes gemäß Art. 12 dieser Richtlinie feststellen können, dass ein Unternehmen, das zur Erbringung des Universaldienstes benannt ist, tatsächlich einer unzumutbaren Belastung ausgesetzt ist, und dass die Mitgliedstaaten dann auf Antrag des entsprechenden Unternehmens über den Erlass von Entschädigungsmodalitäten nach Maßgabe dieser Kosten zu entscheiden haben.

47      Nach den Bestimmungen des Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a und des Anhangs IV der Richtlinie 2002/22 muss diese Berechnung für jedes der Unternehmen vorgenommen werden, die zur Erbringung des Universaldienstes benannt sind.

48      Da die Feststellung, dass die Erbringung dieses Dienstes für eines oder mehrere dieser Unternehmen eine unzumutbare Belastung darstellt, eine notwendige Voraussetzung dafür ist, dass die Mitgliedstaaten Verfahren zur Entschädigung nach Maßgabe der von diesem oder diesen Unternehmen getragenen Kosten einführen, ist zu klären, was unter einer „unzumutbaren Belastung“ zu verstehen ist, da dieser Begriff in der Richtlinie 2002/22 nicht definiert wird.

49      Insoweit geht aus dem 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/22 hervor, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber die Mechanismen zur Anlastung der Nettokosten, die die Bereitstellung des Universaldienstes einem Unternehmen verursachen kann, vom Vorliegen einer unzumutbaren Belastung für dieses Unternehmen abhängig machen wollte. Indem er in diesem Zusammenhang den Standpunkt vertreten hat, dass die Nettokosten des Universaldienstes nicht unbedingt für alle betroffenen Unternehmen eine unzumutbare Belastung darstellen, wollte er ausschließen, dass alle Nettokosten des Universaldienstes automatisch ein Recht auf Entschädigung eröffnen. Die unzumutbare Belastung, deren Vorliegen die nationale Regulierungsbehörde vor jeder Entschädigung feststellen muss, ist demnach die Belastung, die sich für das einzelne betroffene Unternehmen angesichts seiner Belastungsfähigkeit aufgrund aller ihm eigenen Merkmale, insbesondere des Stands seiner Einrichtungen, seiner wirtschaftlichen und finanziellen Situation sowie seines Marktanteils, als unzumutbar im Sinne von übermäßig darstellt.

50      In Ermangelung einer entsprechenden Präzisierung in der Richtlinie 2002/22 ist es zwar Sache der nationalen Regulierungsbehörde, in allgemeiner und von konkreten Personen unabhängiger Weise die Kriterien festzulegen, mit denen die Schwellen bestimmt werden können, bei deren Überschreitung eine Belastung unter Berücksichtigung der in der vorstehenden Randnummer genannten Merkmale als unzumutbar angesehen werden kann, doch kann diese Behörde nur dann feststellen, dass die Belastung durch die Bereitstellung des Universaldienstes im Hinblick auf die Anwendung von Art. 13 dieser Richtlinie unzumutbar ist, wenn sie die Situation jedes betroffenen Unternehmens anhand dieser Kriterien gesondert prüft.

51      Wenn die nationale Regulierungsbehörde feststellt, dass ein oder mehrere Unternehmen, die zur Erbringung des Universaldienstes benannt sind, einer unzumutbaren Belastung ausgesetzt sind, und von diesem oder diesen Unternehmen eine Entschädigung beantragt wird, hat der entsprechende Mitgliedstaat die dazu erforderlichen Verfahren nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2002/22 einzuführen, wobei aus dieser Vorschrift im Übrigen hervorgeht, dass die Entschädigung sich auf die in Anwendung von Art. 12 dieser Richtlinie berechneten Nettokosten beziehen muss.

52      Nach alledem können die Mitgliedstaaten nicht ohne Verstoß gegen die sich aus der Richtlinie 2002/22 ergebenden Verpflichtungen feststellen, dass die Bereitstellung des Universaldienstes tatsächlich eine zu entschädigende unzumutbare Belastung darstellt, ohne die Nettokosten berechnet zu haben, die diese Bereitstellung für jedes damit betraute Unternehmen bedeutet, und ohne beurteilt zu haben, ob diese Kosten für dieses Unternehmen eine unzumutbare Belastung darstellen. Sie können auch keine Entschädigungsregelung vorsehen, bei der sich die Entschädigung nicht auf die Nettokosten bezieht.

53      Im Licht dieser Erwägungen ist die Begründetheit der ersten Rüge zu prüfen.

54      Aus Art. 74 des Gesetzes vom 13. Juni 2005 in seiner Auslegung durch das Gesetz vom 25. April 2007 geht hervor, dass der belgische Gesetzgeber den Schluss, dass die Bereitstellung der sozialen Komponente des Universaldienstes eine unzumutbare Belastung darstelle, auf die Annahme gestützt hat, dass, sofern bei der Berechnung der Nettokosten dieses Dienstes alle indirekten Gewinne einschließlich der immateriellen Gewinne, die aufgrund der Erbringung dieses Dienstes verzeichnet werden könnten, berücksichtigt würden, „jede aus dieser Berechnung hervorgehende defizitäre Situation … eine unzumutbare Belastung ist“. Aus diesem Art. 74 geht auch hervor, dass der belgische Gesetzgeber entschieden hat, dass ein Betreiber, wenn sich herausstellt, dass die Anzahl der von ihm gewährten Tarifermäßigungen die Anzahl Tarifermäßigungen, die seinem Anteil am Gesamtumsatz des Marktes der öffentlichen Telefondienste entsprechen würden, überschreitet, eine Entschädigung erhält, die diese Differenz ausgleicht.

55      Für diese im Jahr 2005 vorgenommene Beurteilung der Unzumutbarkeit der Belastung, die die Bereitstellung von Sozialtarifen im Rahmen des Universaldienstes bedeutet, hat sich der belgische Gesetzgeber auf eine Stellungnahme des Instituts aus dem Jahr 2002 über die von dem etablierten Betreiber – Belgacom – getragenen Kosten mit Vorausschätzungen für das Jahr 2003 gestützt.

56      Wie sich aus der in Randnr. 44 des vorliegenden Urteils getroffenen Feststellung ergibt, war die nationale Regulierungsbehörde durch nichts daran gehindert, aufgrund der oben erwähnten Daten den Standpunkt einzunehmen, dass die Kosten für die Bereitstellung des Universaldienstes „möglicherweise“ eine unzumutbare Belastung im Sinne von Art. 12 der Richtlinie 2002/22 darstellen – auch wenn das Gesetz vom 13. Juni 2005 nunmehr alle Betreiber von Telekommunikationsdiensten zum Anbieten von Sozialtarifen verpflichtete.

57      Dagegen stehen die in diesem Gesetz vorgesehenen Modalitäten zur Bestimmung der zu entschädigenden unzumutbaren Belastung nicht im Einklang mit den in Art. 13 der Richtlinie 2002/22 niedergelegten Erfordernissen.

58      Erstens hat nämlich der belgische Gesetzgeber in der Erwägung, dass jede aus der Berechnung der Nettokosten hervorgehende defizitäre Situation tatsächlich eine „unzumutbare Belastung“ sei, unmittelbar einen Entschädigungsanspruch zugunsten von Betreibern eröffnet, für die die Nettokosten, die sie wegen der ihnen obliegenden Universaldienstverpflichtungen tragen, deswegen noch keine unzumutbare Belastung darstellen, während sich aus den Ausführungen in Randnr. 49 des vorliegenden Urteils ergibt, dass eine defizitäre Situation zwar eine Belastung ist, aber nicht unbedingt für jeden Betreiber eine unzumutbare Belastung bedeutet.

59      Zweitens bedingt die Beurteilung dieser Unzumutbarkeit der mit der Bereitstellung des Universaldienstes verbundenen Belastung, wie aus den Randnrn. 47 und 49 des vorliegenden Urteils hervorgeht, eine besondere Prüfung sowohl der Nettokosten, die diese Bereitstellung für jeden betroffenen Betreiber bedeutet, als auch aller dem jeweiligen Betreiber eigenen Merkmale wie des Stands seiner Einrichtungen, seiner wirtschaftlichen und finanziellen Situation sowie seines Marktanteils. Indessen hat das Königreich Belgien nicht belegt – und aus den beim Gerichtshof eingereichten Akten geht an keiner Stelle hervor –, dass der belgische Gesetzgeber bei seinem Schluss darauf, dass die Bereitstellung des Universaldienstes eine unzumutbare Belastung darstelle, alle diese Merkmale berücksichtigt hätte.

60      Drittens schafft das Gesetz vom 13. Juni 2005 mit der Maßgabe, dass alle Kosten aufgrund des Umstands, dass die Zahl der von einem Betreiber gewährten Tarifermäßigungen proportional seinen Marktanteil übersteigt, automatisch zu entschädigen sind, einen Mechanismus, der zu einer Entschädigung führt, die nicht im Verhältnis zu den in Anwendung von Art. 12 der Richtlinie 2002/22 berechneten Nettokosten der Bereitstellung des Universaldienstes steht.

61      Nach alledem hat die Kommission mit ihrer ersten Rüge, soweit sie auf die Missachtung der in Art. 13 der Richtlinie 2002/22 niedergelegten Verpflichtungen gestützt ist, Erfolg.

 Zur zweiten Rüge, betreffend die Berechnung der Nettokosten der Bereitstellung des Universaldienstes

 Vorbringen der Parteien

62      Im Rahmen der zweiten Rüge macht die Kommission zum einen geltend, dass die wirklichen Kosten, die das jeweilige Unternehmen ohne die Universaldienstverpflichtungen tatsächlich vermieden hätte, unberücksichtigt blieben, da die Berechnung der Nettokosten der Bereitstellung des Universaldienstes nach belgischem Recht auf einem hypothetischen Verlust in Höhe des Betrags beruhe, der der Anzahl der gewährten Tarifermäßigungen entspreche, die im Verhältnis den Marktanteil des betreffenden Betreibers überstiegen. Dieser Ansatz verstoße gegen Art. 12 der Richtlinie 2002/22 und die sich aus ihrem Anhang IV Teil A ergebende Verpflichtung.

63      Zum anderen würden bei der im belgischen Recht vorgesehenen Berechnungsmethode die dem benannten Unternehmen entstehenden Marktvorteile nicht berücksichtigt, während die Richtlinie 2002/22 vorschreibe, dass bei der Berechnung der Nettokosten die Vorteile einschließlich der immateriellen Vorteile, die die Bereitstellung des Universaldienstes verschaffen könne, zu berücksichtigen seien.

64      Die Kommission trägt ferner vor, das Königreich Belgien sehe die Begriffe „Einnahmen“ und „Kosten“ zu Unrecht als synonym an. Dass ein Betreiber weniger Einnahmen erhalte, weil er einen Sozialtarif anbieten müsse, habe indessen nichts mit der Frage zu tun, welche zusätzlichen Nettokosten er infolge der Universaldienstverpflichtung trage.

65      Die von dem entsprechenden Betreiber getragenen tatsächlichen Mehrkosten, also die Kosten, die er vermeiden würde, wenn er nicht verpflichtet wäre, einen Sozialtarif anzubieten, entsprächen nicht unbedingt dem Betrag der von ihm zu gewährenden Ermäßigungen. Diese Kosten hingen zum einen von der Kostenstruktur des betreffenden Betreibers ab, die wiederum von der Art der von ihm erbrachten Dienste abhänge, und zum anderen von der Stellung dieses Betreibers gegenüber seinen Kunden. Daher könne es einen großen Unterschied geben zwischen den Mehrkosten, die der etablierte Betreiber trage, weil er einen seit vielen Jahren installierten Festnetzanschluss bestimmter sozial schwacher Kunden weiter betreibe, und den Mehrkosten, die ein neuer Betreiber trage, der sozial schwache Neukunden an sein Netz anschließe.

66      Was schließlich die Berechnung der Marktvorteile betrifft, meint die Kommission, dem Vorbringen, die Betreiber kämen grundsätzlich nicht in den Genuss irgendeines indirekten Marktvorteils, fehle eine präzise Grundlage. Da das Institut die Nettokosten nie berechnet habe – die in Bezug auf Belgacom im Jahr 2002 vorgenommene Berechnung sei als obsolet und unangemessen anzusehen –, lasse sich keinesfalls der Schluss ziehen, dass die Verpflichtung, Sozialtarife anzubieten, keinem der Betreiber Marktvorteile verschaffen könne.

67      Das Königreich Belgien macht geltend, dass die Berechnungsmethode in vollem Einklang mit den Anforderungen der Richtlinie 2002/22 stehe, und präzisiert, dass sich die Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen im belgischen System aus der Differenz zwischen den Einnahmen, die Erbringer des Universaldienstes unter normalen wirtschaftlichen Bedingungen verzeichnen würden, und den Einnahmen ergäben, die sie aufgrund der im Gesetz vorgesehenen Ermäßigungen zugunsten der Begünstigten des Sozialtarifs verzeichneten.

68      Die einzigen finanziellen Verluste, die ein Betreiber ohne die Universaldienstverpflichtungen hätte vermeiden können, seien die verbindlichen Tarifermäßigungen. Abgesehen von der Art des angewandten Tarifs böten nämlich die Betreiber jedem bestehenden Abonnenten die gleichen Dienste an.

69      Da jeder Betreiber öffentlicher Telefondienste verpflichtet sei, den Verbrauchern den Universaldienst zu erbringen, lasse sich bei keinem Betreiber ein indirekter Marktvorteil feststellen. Jedenfalls seien eventuelle Vorteile für alle Betreiber potenziell identisch.

70      Wenn im Übrigen die Feststellung, dass der etablierte Betreiber gegenüber den anderen Betreibern über einen großen Marktvorteil verfüge, den Erlass von Art. 45bis der Anlage zu dem Gesetz vom 13. Juni 2005, eingefügt mit Art. 200 des Gesetzes vom 25. April 2007, gerechtfertigt habe, mit dem ein Mechanismus zur Reduzierung der an den etablierten Betreiber gezahlten Entschädigung eingeführt worden sei, so werde damit nicht anerkannt, dass ein solcher Vorteil auch bei den anderen Betreibern bestehen könne.

71      Das Königreich Belgien macht geltend, dass im Licht des Wortlauts von Anhang IV der Richtlinie 2002/22 bei der Berechnung der Nettokosten zwei Arten von Kosten berücksichtigt werden könnten: zum einen die Verluste infolge des Umstands, dass die Kosten des Universaldienstes durch die Einnahmen nicht gedeckt würden, und zum anderen die Kosten, die sich aus den Unterschieden gegenüber normalen wirtschaftlichen Bedingungen ergäben.

72      Demzufolge stehe der vom belgischen Gesetzgeber gewählte Ansatz, als Nettokosten die Ermäßigungen gegenüber normalen wirtschaftlichen Bedingungen anzusehen, die die Erbringer des Universaldienstes sozial schwachen Abonnenten gewähren müssten, im Einklang mit dem Wortlaut des Anhangs IV Teil A der Richtlinie 2002/22. Die gegenteilige Lösung führe im belgischen liberalisierten System zu einer Verzerrung des Wettbewerbs unter Telekommunikationsunternehmen, da alle diese Unternehmen zur Gewährung von Sozialermäßigungen verpflichtet seien, dann aber unterschiedliche Entschädigungen erhielten.

73      In Bezug auf die Prüfung der Marktvorteile trägt das Königreich Belgien zum einen vor, dass für Belgacom eine Berechnung der Nettokosten unter Berücksichtigung der Marktvorteile durchgeführt worden sei, die sie aufgrund ihres seinerzeit in diesem Bereich bestehenden Monopols aus der Bereitstellung des Universaldienstes habe ziehen können, und zum anderen, dass die jährliche Berechnung der Nettokosten seit der Liberalisierung des Universaldienstes bei der Bestimmung des Betrags der Entschädigung durchgeführt werde, die an jeden Betreiber auf seinen entsprechenden Antrag hin zu zahlen sei. Eine Analyse des belgischen liberalisierten Systems zeige, dass die indirekten Marktvorteile, die die Betreiber aus der Gewährung von Sozialermäßigungen ziehen könnten, für alle Betreiber potenziell identisch seien.

 Würdigung durch den Gerichtshof

74      Einleitend ist zum einen darauf hinzuweisen, dass nach den Bestimmungen des Anhangs IV Teil A der Richtlinie 2002/22 die Nettokosten der Bereitstellung des Universaldienstes der Differenz zwischen den Nettokosten eines benannten Unternehmens für den Betrieb unter Einhaltung der Universaldienstverpflichtungen und den Nettokosten für den Betrieb ohne Universaldienstverpflichtungen entsprechen. Dazu sind nach denselben Bestimmungen die Kosten, die ein benanntes Unternehmen vermieden hätte, wenn die Universaldienstverpflichtungen nicht bestanden hätten und es die Wahl gehabt hätte, diese Verpflichtungen nicht zu erfüllen, ordnungsgemäß zu ermitteln und die Vorteile für den Universaldienstbetreiber, einschließlich der immateriellen Vorteile, zu bewerten.

75      Zum anderen ergeben sich nach Art. 45bis des Gesetzes vom 13. Juni 2005 die Nettokosten der sozialen Komponente des Universaldienstes aus der Differenz zwischen den Einnahmen, die Betreiber unter normalen wirtschaftlichen Bedingungen verzeichnen würden, und den Einnahmen, die sie aufgrund der in diesem Gesetz vorgesehenen Ermäßigungen zugunsten der Begünstigten des Sozialtarifs verzeichnen.

76      Mit dem ersten Teil dieser Rüge trägt die Kommission vor, dass bei der in den fraglichen nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Berechnung nicht auf die wirklichen Kosten abgestellt werde, die das benannte Unternehmen tatsächlich vermieden hätte, wenn die Universaldienstverpflichtungen nicht bestanden hätten.

77      Dieser Teil betrifft die in der Richtlinie 2002/22 niedergelegten Modalitäten der Berechnung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtung, nach denen die Mehrkosten zu berücksichtigen sind, die das benannte Unternehmen gerade aufgrund der mit dem Universaldienst verbundenen Verpflichtungen zu tragen hatte. Dieser Teil wäre somit nur dann begründet, wenn die fragliche Berechnungsmethode die Berücksichtigung dieser Mehrkosten zwingend ausschlösse.

78      Insoweit steht zwar fest, dass die mit dem Gesetz vom 13. Juni 2005 eingeführte Methode zur Berechnung der Nettokosten für die Bereitstellung von Diensten zu Sozialtarifen von der abweicht, die für die anderen Komponenten des Universaldienstes verwendet wird, etwa die „feste geografische Komponente“, die Bereitstellung öffentlicher Telefone oder den Auskunftsuniversaldienst, bei denen die Berücksichtigung der „vermiedenen Kosten“ ausdrücklich vorgesehen ist, doch genügt dieser Umstand für sich genommen nicht für den Schluss, dass mit der Berechnung der Nettokosten für die Bereitstellung von Diensten zu Sozialtarifen die Anforderungen der Richtlinie 2002/22 missachtet werden.

79      Im Übrigen lassen die dem Gerichtshof übermittelten Akten nicht den Schluss zu, dass das Vorbringen des Königreichs Belgien nicht zutrifft, wonach die einzigen finanziellen Verluste, die ein Betreiber vermeiden könnte, wenn er nicht zur Bereitstellung von Diensten zu Sozialtarifen verpflichtet wäre, die verbindlichen Tarifermäßigungen seien, da die Betreiber einem bestehenden Abonnenten abgesehen von der Art des angewandten Tarifs die gleichen Dienste böten. Aus den Akten geht nämlich hervor, dass sich der Inhalt der verschiedenen Dienste, die die Betreiber jeweils gegenüber ihren Abonnenten erbringen, und damit die auf diesen Inhalt als solchen bezogene Kostenstruktur unabhängig von der jeweiligen Situation der Betreiber offensichtlich nicht allein dadurch ändern, dass einige der Abonnenten die Begünstigung mit Sozialtarifen in Anspruch nehmen können.

80      Die Kommission hat demnach nicht nachgewiesen, dass die fraglichen nationalen Rechtsvorschriften mit der Maßgabe, dass sich die Nettokosten der sozialen Komponente des Universaldienstes aus der Differenz zwischen den Einnahmen, die ein Anbieter, der Dienste zu Sozialtarifen erbringt, unter normalen wirtschaftlichen Bedingungen verzeichnen würde, und den Einnahmen ergeben, die er tatsächlich aufgrund der Tarifermäßigungen verzeichnet, die diese Rechtsvorschriften zugunsten der mit Sozialtarifen Begünstigten vorsehen, nicht die Kosten berücksichtigen, die die Unternehmen, die zur Erbringung des Universaldienstes benannt sind, vermieden hätten, wenn die mit diesem Dienst verbundenen Verpflichtungen nicht bestanden hätten.

81      Der erste Teil der zweiten Rüge ist daher zurückzuweisen.

82      Mit dem zweiten Teil dieser Rüge wird geltend gemacht, dass bei der in den fraglichen nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Berechnung die Marktvorteile, einschließlich der immateriellen Vorteile, die die betroffenen Unternehmen aus der Bereitstellung von Diensten zu Sozialtarifen bezögen, nicht berücksichtigt würden.

83      Das Königreich Belgien macht geltend, dass die Marktvorteile für alle im belgischen Hoheitsgebiet tätigen Betreiber grundsätzlich potenziell identisch seien, da alle diese Betreiber zur Erbringung von Diensten zu Sozialtarifen verpflichtet seien. Dabei bestreitet es nicht, dass in den fraglichen nationalen Rechtsvorschriften die möglichen Marktvorteile aus der Bereitstellung von Diensten zu Sozialtarifen nicht berücksichtigt werden.

84      Aus den Bestimmungen von Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a in Verbindung mit Anhang IV der Richtlinie 2002/22 ergibt sich indessen, dass die Berechnung der Nettokosten für die Bereitstellung des Universaldienstes die Beurteilung der Vorteile, einschließlich der immateriellen Vorteile, umfassen muss, die sich daraus für den betreffenden Betreiber ergeben. Da diese Bestimmungen zum harmonisierten Rechtsrahmen gehören, der mit der Richtlinie 2002/22 geschaffen werden soll, haben die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Modalitäten, nach denen die Nettokosten für die Bereitstellung des Universaldienstes zu berechnen sind, diese Vorteile zu berücksichtigen.

85      Daher ist festzustellen, dass der zweite Teil der zweiten Rüge begründet ist.

86      Nach alledem ist festzustellen, dass das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22 verstoßen hat, dass es

–        zum einen in die Prüfung der Nettokosten für die Bereitstellung der sozialen Komponente des Universaldienstes die Marktvorteile, einschließlich der immateriellen Vorteile, die den mit der Bereitstellung dieses Dienstes betrauten Unternehmen entstehen, nicht einbezogen hat und

–        zum anderen allgemein und auf der Grundlage der Berechnung der Nettokosten desjenigen Erbringers des Universaldienstes, der zuvor der einzige Erbringer dieses Dienstes war, festgestellt hat, dass alle Unternehmen, die nunmehr diesen Dienst bereitzustellen haben, aufgrund dessen tatsächlich einer unzumutbaren Belastung ausgesetzt sind, ohne die Nettokosten, die die Bereitstellung des Universaldienstes für jeden betroffenen Betreiber bedeutet, und alle ihm eigenen Merkmale wie den Stand seiner Einrichtungen oder seine wirtschaftliche und finanzielle Situation gesondert zu prüfen.

 Kosten

87      Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 69 § 3 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn insbesondere jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.

88      Da die Kommission im vorliegenden Fall mit einigen ihrer Anträge unterlegen ist, sind dem Königreich Belgien zwei Drittel und der Kommission ein Drittel der Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie) verstoßen, dass es

–        zum einen in die Prüfung der Nettokosten für die Bereitstellung der sozialen Komponente des Universaldienstes die Marktvorteile, einschließlich der immateriellen Vorteile, die den mit der Bereitstellung dieses Dienstes betrauten Unternehmen entstehen, nicht einbezogen hat und

–        zum anderen allgemein und auf der Grundlage der Berechnung der Nettokosten desjenigen Erbringers des Universaldienstes, der zuvor der einzige Erbringer dieses Dienstes war, festgestellt hat, dass alle Unternehmen, die nunmehr diesen Dienst bereitzustellen haben, aufgrund dessen tatsächlich einer unzumutbaren Belastung ausgesetzt sind, ohne die Nettokosten, die die Bereitstellung des Universaldienstes für jeden betroffenen Betreiber bedeutet, und alle ihm eigenen Merkmale wie den Stand seiner Einrichtungen oder seine wirtschaftliche und finanzielle Situation gesondert zu prüfen.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Das Königreich Belgien trägt zwei Drittel der Kosten. Die Europäische Kommission trägt ein Drittel der Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Niederländisch.