Language of document : ECLI:EU:T:2013:259

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

17. Mai 2013*(1)

„Wettbewerb – Kartelle – Europäischer Markt für Marineschläuche – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen festgestellt wird – Festsetzung der Preise, Aufteilung des Marktes und Austausch geschäftlich sensibler Informationen – Begriff der dauernden oder fortgesetzten Zuwiderhandlung – Verjährung – Rechtssicherheit – Gleichbehandlung – Geldbußen – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung“

In den verbundenen Rechtssachen T‑147/09 und T‑148/09

Trelleborg Industrie SAS mit Sitz in Clermont-Ferrrand (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: J. Joshua, Barrister, und Rechtsanwalt E. Aliende Rodríguez,

Klägerin in der Rechtssache T‑147/09,

Trelleborg AB mit Sitz in Trelleborg (Schweden), Prozessbevollmächtigte: J. Joshua, Barrister, und Rechtsanwalt E. Aliende Rodríguez,

Klägerin in der Rechtssache T‑148/09,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch N. Khan, V. Bottka und S. Noë als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen teilweiser Nichtigerklärung der Entscheidung K(2009) 428 endg. der Kommission vom 28. Januar 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39406 – Marineschläuche), soweit sie die Klägerinnen betrifft, und, hilfsweise, wegen Nichtigerklärung oder erheblicher Herabsetzung der mit dieser Entscheidung gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi sowie der Richter M. Prek und S. Frimodt Nielsen (Berichterstatter),

Kanzler: J. Weychert, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2012

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

 Sektor der Marineschläuche für Öl und Gas

1        Marineschläuche werden verwendet, um süßes oder raffiniertes Rohöl und sonstige Mineralölerzeugnisse aus Offshoreanlagen (z. B. Offshorebojen, die im Allgemeinen im offenen Meer verankert sind und Öltankern als Ankerplätze dienen, oder FPSO[Floating Production, Storage and Offloading]-Systeme, bei denen es sich um schwimmende Tanksysteme handelt, in denen das Öl oder Gas einer in der Nähe befindlichen Plattform bis zur Entladung auf einen Tanker aufgenommen, verarbeitet und gelagert wird) auf Tanker zu laden und dann auf Off- oder Onshoreeinrichtungen (z. B. Bojen) zu entladen.

2        Die Marineschläuche werden offshore, d. h. im Meer oder in geringer Entfernung vom Meer, verwendet, während Onshore- oder Industrieschläuche an Land eingesetzt werden.

3        Marineschlauchanlagen bestehen je nach den spezifischen Bedürfnissen der Kunden aus einer bestimmten Zahl von Standardschläuchen, Sonderschläuchen mit Anschlussarmaturen an beiden Enden und Zubehör wie Ventilen, Kupplungen oder Schwimmkörpern. Im vorliegenden Fall umfasst der Begriff „Marineschläuche“ auch dieses Zubehör.

4        Marineschläuche werden von Mineralölunternehmen, Bojenherstellern, Hafenterminals, der Mineralölindustrie und Regierungen verwendet und entweder für neue Anwendungen oder als Ersatzprodukte für bereits bestehende Anwendungen gekauft.

5        Bei Neubeschaffungen ziehen Ölterminals oder sonstige Endanwender gewöhnlich eine Ingenieurgesellschaft (auch als OEM [Original Equipment Manufacturer] bezeichnet) hinzu, um neue Einrichtungen zum Umladen von Öl (z. B. SBM[Single Buoy Moorings]- oder FPSO-Systeme) zu konstruieren oder zu installieren. Der OEM bezieht für solche Vorhaben Gesamtkonfigurationen von einem Marineschlauchhersteller.

6        Bei einmal installierten Konfigurationen brauchen in Zyklen von einem bis sieben Jahren nur noch einzelne Komponenten ausgetauscht zu werden. Der Bezug von Marineschläuchen zu Ersatzzwecken (auch als Ersatzgeschäft bezeichnet) erfolgt häufig unmittelbar durch die Endanwender. Verschiedentlich lagern Endanwender die Beschaffung aber auch zentral auf Tochtergesellschaften oder externe Gesellschaften aus. Auf dem Weltmarkt werden mit Ersatzprodukten für Marineschläuche größere Umsätze erzielt als mit Neukonfigurationen.

7        Die Nachfrage nach Marineschläuchen hängt zu einem großen Teil von der Entwicklung des Ölsektors und insbesondere vom Umfang der Ölförderung an Standorten ab, die in größerer Entfernung vom Verbrauchsort liegen. Sie hat im Laufe der Zeit zugenommen. Sie verhält sich zyklisch und hängt in gewissem Umfang von der Entwicklung der Ölpreise ab. Eine signifikante Nachfrage entwickelte sich seit Ende der 60er Jahre; ein Anstieg war Anfang der 70er Jahre zu verzeichnen, insbesondere in den Öl erzeugenden Regionen des Persischen Golfs, der Nordsee und Nordafrikas. In den 80er Jahren war infolge der im Aufbau befindlichen nationalen Mineralölunternehmen in Südamerika ein Nachfrageanstieg zu verzeichnen. Ende der 90er Jahre verlagerte sich die Nachfrage nach Westafrika.

8        Marineschläuche werden von Unternehmen, die als Hersteller von Reifen und sonstigen Kautschukerzeugnissen bekannt sind, oder einem ihrer Spin-offs hergestellt. Sie werden nach den Bedürfnissen der Kunden auf Bestellung gefertigt. Da die Nachfrage nach Marineschläuchen geografisch weit gestreut ist, haben die meisten Hersteller von Marineschläuchen in beträchtlichem Umfang Handelsvertreter beauftragt, die jeweils auf bestimmten Märkten allgemeine Vermarktungsdienste erbringen und die betreffenden Produkte im Rahmen von veröffentlichten Ausschreibungen anbieten.

9        Marineschläuche werden weltweit vermarktet, und die großen Hersteller sind international tätig. Die für Marineschläuche geltenden Rechtsvorschriften sind in den einzelnen Ländern nicht grundlegend verschieden; die technischen Anforderungen unterscheiden sich zwar je nach Umgebungs- und Einsatzbedingungen, doch wird dies nicht als Hindernis für den weltweiten Absatz von Marineschläuchen betrachtet.

10      In dem maßgeblichen Zeitraum verkauften die Teilnehmer des Kartells in Japan, im Vereinigten Königreich, in Italien und in Frankreich hergestellte Marineschläuche an Endverbraucher und OEM in verschiedenen Ländern der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Die Marineschlauchsysteme werden zwar meist außerhalb von Europa eingesetzt; einige der weltgrößten OEM sind jedoch in verschiedenen Ländern der Union und des EWR ansässig.

 Präsentation der Klägerinnen

11      Ursprünglich wurde die Tätigkeit im Bereich der Marineschläuche von Michelin ausgeübt.

12      Innerhalb des Michelin-Konzerns wurde diese Tätigkeit von einer Konzerngesellschaft namens CMP wahrgenommen. Am 28. Juli 1993 gründete Michelin dann eine Gesellschaft namens SIRA, die bis zum 31. März 1995, als die genannte Tätigkeit von CMP auf sie übertragen wurde, keine Geschäftstätigkeit ausübte. Am 26. April 1995 wurde SIRA in CMP umbenannt. CMP wurde später aufgelöst.

13      Am 28. März 1996 schloss eine der beiden Klägerinnen, die Trelleborg AB, mit Michelin einen Vertrag, in dem sie sich verpflichtete, sämtliche Anteile von Michelin an CMP zu erwerben. Die Gesellschaft hatte in der Folge verschiedene Bezeichnungen mit dem Bestandteil Trelleborg; seit 2005 heißt sie Trelleborg Industrie SAS.

14      Trelleborg ist eine Gesellschaft schwedischen Rechts, die seit 1905 besteht und deren Umsatz 2006 weltweit ungefähr 27 Mrd. schwedische Kronen (SEK) (ungefähr 2,9 Mrd. Euro) betrug.

15      Der Trelleborg-Konzern umfasst vier Geschäftsbereiche: Trelleborg Engineered Systems (einschließlich Marineschläuche), Trelleborg Automotive, Trelleborg Sealing Solutions und Trelleborg Wheel Systems.

16      An der Herstellung und dem Vertrieb von Marineschläuchen ist Trelleborg über ihre Tochtergesellschaft Trelleborg Industrie, die andere Klägerin, beteiligt, bei der es sich um eine Gesellschaft französischen Rechts handelt.

 Verwaltungsverfahren

17      Als das Justizministerium der Vereinigten Staaten und die Wettbewerbsbehörden Japans und des Vereinigten Königreichs wegen vergleichbarer Sachverhalte Ermittlungsverfahren eingeleitet hatten, stellte [vertraulich](2) am 20. Dezember 2006 bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften unter Berufung auf das Kronzeugenprogramm gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. C 298, S. 17) einen Antrag auf Geldbußenerlass und zeigte das Bestehen eines Kartells auf dem Markt für Marineschläuche an.

18      Die Kommission leitete daraufhin eine Untersuchung wegen Verstoßes gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen ein und nahm am 2. Mai 2007 bei Parker ITR, den Klägerinnen, anderen betroffenen Herstellern sowie [vertraulich] und Herrn W. eine Reihe von Nachprüfungen vor.

19      Die Manuli Rubber Industries SpA (MRI), Parker ITR und Bridgestone stellten bei der Kommission am 4. Mai, 17. Juli und 7. Dezember 2007 Anträge auf Geldbußenerlass.

20      Am 28. April 2008 nahm die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an, die sie den Unternehmen zwischen dem 29. April und dem 1. Mai 2008 zustellte.

21      Alle Unternehmen äußerten sich innerhalb der gesetzten Fristen zur Mitteilung der Beschwerdepunkte und beantragten, mit Ausnahme von [vertraulich]/DOM, der ContiTech AG und der Continental AG, im Rahmen einer Anhörung gehört zu werden, die am 23. Juli 2008 stattfand.

 Angefochtene Entscheidung

22      Am 28. Januar 2009 erließ die Kommission die Entscheidung K(2009) 428 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39406 – Marineschläuche) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Aus der angefochtenen Entscheidung geht im Wesentlichen Folgendes hervor:

–        Sie ist an elf Unternehmen gerichtet, u. a. an die Klägerinnen.

–        Die Gesellschaften, an die sie gerichtet ist, waren an einer einheitlichen komplexen Zuwiderhandlung beteiligt, die nach bisweilen verschiedenen Modalitäten die Zuteilung ausgeschriebener Aufträge, die Festsetzung von Preisen, die Festsetzung von Quoten, die Festsetzung von Lieferbedingungen, die Aufteilung von Märkten und den Austausch vertraulicher Informationen über Preise, Liefermengen und Ausschreibungen umfasste.

–        Das Kartell begann spätestens am 1. April 1986 (wobei es wahrscheinlich bis Anfang der 70er Jahre zurückreicht) und endete am 2. Mai 2007.

–        Vom 13. Mai 1997 bis zum 21. Juni 1999 (im Folgenden: Zwischenphase) war die Aktivität des Kartells eingeschränkt; es kam zu Meinungsverschiedenheiten zwischen seinen Mitgliedern. Dies soll jedoch nicht zu einer echten Unterbrechung der Zuwiderhandlung geführt haben, da die Organisationsstruktur des Kartells ab Juni 1999 mit denselben Modalitäten und denselben Teilnehmern (abgesehen von einem Unternehmen, das dem Kartell im folgenden Jahr wieder vollständig beitrat) in vollem Umfang wiederhergestellt worden sei. Daher sei davon auszugehen, dass die Hersteller eine einheitliche und dauernde Zuwiderhandlung begangen hätten, die sich vom 1. April 1986 bis zum 2. Mai 2007 erstreckt habe, oder, wenn trotz allem davon ausgegangen werden sollte, dass es eine Unterbrechung gegeben habe, eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung. Die Zwischenphase wurde bei der Berechnung der Geldbuße wegen der begrenzten Zahl der Beweise für die Zuwiderhandlung in diesem Zeitraum aber nicht berücksichtigt.

–        Die Verantwortlichkeit der Klägerinnen wurde für folgende Zeiträume festgestellt:

–        Trelleborg Industrie: 1. April 1986 bis 2. Mai 2007;

–        Trelleborg: 28. März 1996 bis 2. Mai 2007.

–        Nach den Kriterien in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien) wurde der Grundbetrag der gegen die einzelnen Unternehmen zu verhängenden Geldbußen wie folgt festgesetzt:

–        Die Kommission ging von dem durchschnittlichen weltweiten Jahresumsatz des jeweiligen Unternehmens in dem Zeitraum 2004 bis 2006 aus und zog dabei die Umsätze heran, die im EWR niedergelassenen Käufern in Rechnung gestellt wurden.

–        Sie ermittelte die relevanten Umsätze jedes Unternehmens, indem sie dessen Weltmarktanteil gemäß Ziff. 18 der Leitlinien auf die aggregierten Umsätze innerhalb des EWR anwandte.

–        Sie setzte unter Berücksichtigung der Schwere der Zuwiderhandlung 25 % dieses Werts (statt der in den Leitlinien vorgesehenen Obergrenze von 30 %) fest.

–        Sie multiplizierte den so ermittelten Wert mit der Zahl der Jahre, die jedes Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war.

–        Gemäß Ziff. 25 der Leitlinien fügte sie zu Abschreckungszwecken schließlich einen weiteren Betrag von 25 % der relevanten Umsätze hinzu.

–        Sie stellte sodann bei zwei Gesellschaften erschwerende Umstände fest und verneinte bei allen anderen Mitgliedern des Kartells mildernde Umstände.

–        Schließlich wandte sie bei zwei Gesellschaften ihre Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (siehe oben, Randnr. 17) an.

23      Auf der Grundlage eines Weltmarktanteils von 15 % stellte die Kommission bei Trelleborg und Trelleborg Industrie einen Umsatz von 4 909 332 Euro fest sowie eine Dauer der Beteiligung am Kartell von 18 Jahren, elf Monaten und 23 Tagen bei Trelleborg Industrie, was einen Multiplikator von 19 ergab, und von acht Jahren, elf Monaten und 28 Tagen bei Trelleborg, was einen Multiplikator von 9 ergab. In Anwendung der verschiedenen in der vorstehenden Randnummer genannten Kriterien setzte die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße für Trelleborg Industrie auf 24 500 000 Euro fest, wobei Trelleborg in Höhe von 12 200 000 Euro gesamtschuldnerisch haftet.

24      Da bei diesen beiden Gesellschaften keine erschwerenden oder mildernden Umstände festgestellt wurden, stellen diese Beträge die endgültige Geldbuße für jede von ihnen dar.

 Verfahren und Anträge der Parteien

25      Mit Klageschriften, die am 9. April 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die Klägerinnen die vorliegenden Klagen erhoben.

26      Da ein Mitglied der Ersten Kammer an der Teilnahme gehindert war, hat der Präsident des Gerichts gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts einen anderen Richter bestimmt, durch den die Kammer ergänzt worden ist.

27      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Erste Kammer) beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen, und es hat die Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Art. 64 der Verfahrensordnung aufgefordert, bestimmte Unterlagen vorzulegen, und ihnen schriftlich Fragen gestellt. Die Parteien sind dieser Aufforderung nachgekommen.

28      Die Rechtssachen T‑147/09 und T‑148/09 sind mit Beschluss des Präsidenten der Ersten Kammer des Gerichts vom 29. Februar 2012 gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

29      Mit Schreiben vom 13. April 2012 hat die Klägerin in der Rechtssache T‑147/09 dem Gericht mitgeteilt, dass sie ihren dritten, hilfsweise geltend gemachten Klagegrund zurücknehme.

30      Mit Schreiben vom 24. April 2012 haben die Klägerinnen beantragt, bei der mündlichen Verhandlung die Öffentlichkeit auszuschließen.

31      Die Parteien haben in der Sitzung vom 26. April 2012 mündlich verhandelt und die mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet.

32      Ihren Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit haben die Klägerinnen bei dieser Gelegenheit zurückgenommen.

33      Trelleborg Industrie beantragt,

–        Art. 1 der angefochtenen Entscheidung teilweise, soweit er sie betrifft, für nichtig zu erklären, jedenfalls zumindest insoweit, als darin die Begehung einer Zuwiderhandlung vor dem 21. Juni 1999 festgestellt wird;

–        die in Art. 2 gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen, um auf diese Weise die in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen offensichtlichen Fehler zu berichtigen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

34      Trelleborg beantragt,

–        Art. 1 der angefochtenen Entscheidung teilweise, soweit er sie betrifft, für nichtig zu erklären, jedenfalls zumindest insoweit, als darin die Begehung einer Zuwiderhandlung vor dem 21. Juni 1999 festgestellt wird;

–        die in Art. 2 gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen, um auf diese Weise die in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen offensichtlichen Fehler zu berichtigen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

35      Die Kommission beantragt,

–        die Klagen abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung

36      Zur Stützung ihrer Klagen machen die Klägerinnen zwei gemeinsame Klagegründe geltend.

37      Mit dem ersten Klagegrund werden ein offensichtlicher Fehler bei der Beurteilung der Tatsachen, aufgrund deren die Kommission festgestellt habe, dass Trelleborg Industrie vom 1. April 1986 bis zum 2. Mai 2007 und Trelleborg vom 28. März 1996 bis zum 2. Mai 2007 an einer dauernden Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien, und ein Verstoß gegen Art. 25 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) gerügt.

38      Mit dem zweiten Klagegrund wird geltend gemacht, die Kommission habe kein berechtigtes Interesse am Erlass einer Entscheidung gehabt, mit der eine vor 1999 begangene Zuwiderhandlung festgestellt werde.

 Zum ersten Klagegrund: Offensichtlicher Fehler bei der Beurteilung der Tatsachen, aufgrund deren die Kommission festgestellt hat, dass Trelleborg Industrie vom 1. April 1986 bis zum 2. Mai 2007 und Trelleborg vom 28. März 1996 bis zum 2. Mai 2007 an einer dauernden Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien, und Verstoß gegen Art. 25 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003

 Angefochtene Entscheidung

39      Aus den Randnrn. 148 bis 187 der angefochtenen Entscheidung geht im Wesentlichen hervor, dass im Kartell ab dem 13. Mai 1997 wegen Unstimmigkeiten zwischen den Teilnehmern eine Phase der geringeren Aktivität zu verzeichnen gewesen sei, die bei einigen Gesellschaften bis zum 11. Juni 1999 gedauert habe und bei anderen, u. a. den Klägerinnen, bis zum 21. Juni 1999. Es gebe aber zahlreiche Beweise dafür, dass die Hauptakteure des Kartells – insbesondere Herr P., Herr W., Herr F. und Herr C. – in dieser Zeit regelmäßig miteinander in Kontakt gestanden hätten, um u. a. geschäftliche Daten auszutauschen und zu versuchen, das Kartell wiederzubeleben, was im Juni 1999 schließlich gelungen sei.

40      In den Randnrn. 289 bis 307 der angefochtenen Entscheidung begründet die Kommission, warum es sich bei der Zuwiderhandlung ihrer Auffassung nach um eine dauernde oder, hilfsweise, fortgesetzte Zuwiderhandlung gehandelt habe, obwohl in der Zwischenphase eine eingeschränkte Aktivität des Kartells zu verzeichnen und für diesen Zeitraum keine Geldbuße zu verhängen gewesen sei.

41      Im Übrigen geht aus Art. 1 Buchst. g und h der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission die Auffassung vertreten hat, dass vom 1. April 1986 bis zum 2. Mai 2007 eine dauernde Zuwiderhandlung begangen worden sei, an der Trelleborg Industrie vom 1. April 1986 bis zum 2. Mai 2007 und Trelleborg vom 28. März 1996 bis zum 2. Mai 2007 beteiligt gewesen seien, und nach den Randnrn. 187, 201 bis 208 und 448 bis 466 der angefochtenen Entscheidung wird die Zwischenphase in Bezug auf die Klägerinnen als eine Phase der eingeschränkten Aktivität des Kartells angesehen, die nicht die Verhängung einer Geldbuße rechtfertige.

 Vorbringen der Parteien

42      Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, die Kommission, die die Dauer der Zuwiderhandlung zu beweisen habe, habe nicht den Nachweis erbracht, dass die Zuwiderhandlung während der Zwischenphase fortgedauert habe, da die Beweise, auf die sie sich dabei stütze, falsch ausgelegt worden seien; jedenfalls verfüge die Kommission nicht über Beweise dafür, dass Trelleborg Industrie oder Trelleborg während der Zwischenphase an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei. Sie wenden sich insoweit insbesondere gegen die Analyse der Kommission, dass die vor Eintritt der Zwischenphase zugeteilten Angebote bis Ende 1997 fortgewirkt hätten, weshalb zumindest die Monate September bis Dezember 1997 in den Zeitraum der Zuwiderhandlung einbezogen werden könnten.

43      Daher habe die Kommission zu Unrecht die Zuwiderhandlung als dauernde Zuwiderhandlung eingestuft und das Vorbringen der Klägerinnen zur Verjährung der Zuwiderhandlung für die Zeit vor der Unterbrechung des Kartells zurückgewiesen, unter Verstoß gegen Art. 25 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003.

44      Im Fall einer fast zweijährigen Unterbrechung des Kartells könne, anders als die Kommission behaupte, weder auf den Begriff der dauernden Zuwiderhandlung zurückgegriffen werden noch, hilfsweise, auf den der fortgesetzten; auch Letzterer enthalte nämlich den Gedanken der Fortdauer, der seiner Anwendung bei einer erwiesenen Unterbrechung der Zuwiderhandlung entgegenstehe. Würde eine Zuwiderhandlung in einem solchen Fall als fortgesetzte Zuwiderhandlung eingestuft, verstieße dies im Übrigen gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, da die Verjährungsfrist von der Kommission auf diese Weise unbegrenzt hinausgeschoben werden könnte. Jedenfalls finde sich die Einstufung als fortgesetzte Zuwiderhandlung nicht im verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung.

45      Schließlich machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe sich in Widerspruch zu ihrer früheren Entscheidungspraxis gesetzt und sie gegenüber MRI diskriminiert; bei dieser Gesellschaft habe die Kommission nämlich festgestellt, dass für die von ihr vor dem 1. August 1992 begangenen Zuwiderhandlungen wegen einer vierjährigen Unterbrechung von August 1992 bis September 1996 keine Geldbuße mehr zu verhängen sei.

46      Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen; sie macht geltend, in der angefochtenen Entscheidung sei rechtlich hinreichend bewiesen, dass die Zuwiderhandlung in der Zwischenphase fortgeführt worden sei, auch wenn das Kartell in eine Phase der eingeschränkten Aktivität getreten sei. Sie hat in ihren Schriftsätzen und auf entsprechende Fragen in der mündlichen Verhandlung allerdings eingeräumt, dass sie über keine Beweise für die Beteiligung der Klägerinnen an den Kontakten zwischen Mitgliedern des Kartells während der Zwischenphase verfüge.

47      Ihres Erachtens sind aber zum einen die vor diesem Zeitraum aufgeteilten Angebote zu berücksichtigen, die bis November oder Dezember 1997 fortgewirkt hätten, und zum anderen die Tatsache, dass sich die Klägerinnen in dieser Zeit nicht von dem Kartell distanziert hätten, was es nach der Rechtsprechung rechtfertige, bei ihnen von einer dauernden Beteiligung an der Zuwiderhandlung vom 1. April 1986 bis zum 2. Mai 2007 auszugehen.

48      Die Kommission macht im Wesentlichen weiter geltend, wenn das Gericht zu der Auffassung gelangen sollte, dass es sich nicht um eine dauernde Zuwiderhandlung handele, müsse es sie als fortgesetzte Zuwiderhandlung einstufen, wie dies im Übrigen hilfsweise in Randnr. 307 der angefochtenen Entscheidung geschehen sei. Ihre Befugnis, für die Zeit der Zuwiderhandlung von 1986 bis 1997 eine Geldbuße zu verhängen, sei beim Erlass der angefochtenen Entscheidung folglich nicht verjährt gewesen. Es sei daher auch unerheblich, dass im verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung nur von einer dauernden Zuwiderhandlung die Rede sei.

49      Auf Fragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen eingeräumt, dass sie ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung weder für die Zeit vor dem 13. Mai 1997 noch für die Zeit nach dem 21. Juni 1999 in Abrede stellten. Sie meinen aber, es handele sich um gesonderte Zuwiderhandlungen.

 Würdigung durch das Gericht

–       Vorbemerkungen

50      Zunächst ist festzustellen, dass die Kommission nach der Rechtsprechung nicht nur die Existenz des Kartells, sondern auch dessen Dauer zu beweisen hat (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Randnr. 2802 und die dort angeführte Rechtsprechung). Was insbesondere den Nachweis einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG betrifft, hat die Kommission die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und Beweise beizubringen, die geeignet sind, das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend zu belegen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 58, und vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, Slg. 1999, I‑4125, Randnr. 86). Hat das Gericht Zweifel, muss dies dem Unternehmen zugutekommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird. Das Gericht kann daher nicht davon ausgehen, dass die Kommission das Vorliegen der betreffenden Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn bei ihm noch Zweifel in dieser Hinsicht bestehen; dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine Klage auf Nichtigerklärung und/oder Abänderung einer Entscheidung handelt, mit der eine Geldbuße verhängt wird. In diesem Fall ist nämlich der Grundsatz der Unschuldsvermutung zu beachten, der zu den in der Unionsrechtsordnung geschützten Grundrechten gehört und in Art. 48 Abs. 1 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364, S. 1) verankert ist. Angesichts der Art der betreffenden Zuwiderhandlungen sowie der Art und des Schweregrads der ihretwegen verhängten Sanktionen ist der Grundsatz der Unschuldsvermutung insbesondere in Verfahren wegen Verstößen gegen die für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln anwendbar, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Hüls/Kommission, C‑199/92 P, Slg. 1999, I‑4287, Randnrn. 149 und 150, und Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnrn. 215 und 216). Somit ist es erforderlich, dass die Kommission aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beibringt, um die feste Überzeugung zu begründen, dass die behauptete Zuwiderhandlung stattgefunden hat (vgl. Urteil Groupe Danone/Kommission und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung muss jedoch nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise diesen Kriterien notwendig hinsichtlich jedes Merkmals der Zuwiderhandlung genügen. Es reicht aus, dass das von der Kommission angeführte Indizienbündel bei einer Gesamtwürdigung dieser Anforderung genügt (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 180 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Im Übrigen ist es üblich, dass die mit wettbewerbswidrigen Vereinbarungen verbundenen Tätigkeiten im Geheimen ablaufen, die Zusammenkünfte heimlich stattfinden und die Unterlagen darüber auf ein Minimum reduziert werden. Selbst wenn die Kommission Schriftstücke findet, die, wie z. B. Protokolle über Zusammenkünfte, eine unzulässige Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern ausdrücklich bestätigen, handelt es sich folglich normalerweise nur um lückenhafte und vereinzelte Belege, so dass es häufig erforderlich ist, bestimmte Einzelheiten durch Schlussfolgerungen zu rekonstruieren. In den meisten Fällen muss daher das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnrn. 55 bis 57, und vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C‑403/04 P und C‑405/04 P, Slg. 2007, I‑729, Randnr. 51).

53      Außerdem muss die Kommission, soweit es an Beweisen fehlt, mit denen die Dauer einer Zuwiderhandlung direkt belegt werden kann, nach der Rechtsprechung zumindest Beweise beibringen, die sich auf Fakten beziehen, die zeitlich so nahe beieinander liegen, dass sie vernünftigerweise den Schluss zulassen, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung fortgeführt wurde (vgl. Urteile des Gerichts vom 7. Juli 1994, Dunlop Slazenger/Kommission, T‑43/92, Slg. 1994, II‑441, Randnr. 79, und vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T‑120/04, Slg. 2006, II‑4441, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54      Im vorliegenden Fall ist aber unstreitig, dass die Kommission über keine Beweise für die Beteiligung der Klägerinnen an den Kontakten zwischen Mitgliedern des Kartells und an dessen eingeschränkter Aktivität in der von ihr in den Randnrn. 148 bis 187 der angefochtenen Entscheidung beschriebenen Zwischenphase verfügt.

55      Die Kommission beschränkt sich nämlich auf die Feststellung, die Beteiligung der Klägerinnen könne daraus abgeleitet werden, dass sie sich während der Zwischenphase nicht von dem Kartell distanziert hätten, und ihre Beteiligung sei wegen der Fortwirkung der vor dem 13. Mai 1997 zwischen Mitgliedern des Kartells zugeteilten Ausschreibungen zumindest bis November oder Dezember 1997 erwiesen (vgl. insbesondere Randnrn. 150, 162 und 187 der angefochtenen Entscheidung).

56      Zu prüfen ist also, ob die Kommission auf der Grundlage dieser Feststellungen berechtigt war, die von Trelleborg Industrie vom 1. April 1986 bis zum 2. Mai 2007 und von Trelleborg vom 28. März 1996 bis zum 2. Mai 2007 begangene Zuwiderhandlung als dauernde Zuwiderhandlung einzustufen und deshalb die Ansicht zu vertreten, dass die Verjährung gemäß Art. 25 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 erst ab dem 2. Mai 2007 zu laufen begonnen habe.

–       Zum Vorliegen einer dauernden Zuwiderhandlung

57      Eine wettbewerbswidrige Verhaltensweise oder Vereinbarung muss in den meisten Fällen aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können. Derartige Indizien und Koinzidenzen können, insgesamt beurteilt, nicht nur Aufschluss über das Bestehen wettbewerbswidriger Verhaltensweisen oder Vereinbarungen geben, sondern auch über die Dauer eines fortdauernden wettbewerbswidrigen Verhaltens und den Zeitraum der Anwendung einer unter Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln getroffenen Vereinbarung (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 52 angeführt, Randnr. 57, und vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C‑105/04 P, Slg. 2006, I‑8725, Randnrn. 94 bis 96 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58      Im Übrigen kann sich ein solcher Verstoß nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem fortgesetzten Verhalten ergeben. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass ein oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortgesetzten Verhaltens auch für sich genommen und isoliert betrachtet einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln darstellen könnten. Fügen sich die verschiedenen Handlungen wegen ihres identischen Zweckes der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes in einen „Gesamtplan“ ein, so ist die Kommission berechtigt, die Verantwortung für diese Handlungen anhand der Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes aufzuerlegen (Urteile Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 52 angeführt, Randnr. 258, und Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, oben in Randnr. 57 angeführt, Randnr. 110).

59      Was das Fehlen von Beweisen für das Vorliegen einer Vereinbarung während bestimmter Zeiträume oder zumindest für ihre Durchführung durch ein Unternehmen während eines bestimmten Zeitraums angeht, ist festzustellen, dass, auch wenn ein solcher Beweis für bestimmte Zeiträume nicht erbracht wurde, davon ausgegangen werden kann, dass die Zuwiderhandlung während eines größeren Gesamtzeitraums fortbestand, sofern eine solche Feststellung auf objektiven und übereinstimmenden Indizien beruht. Im Rahmen einer Zuwiderhandlung, die sich über mehrere Jahre erstreckt, bleibt die Tatsache, dass sich das Kartell während verschiedener Zeitabschnitte manifestiert, die durch mehr oder weniger lange Zwischenräume voneinander getrennt sein können, ohne Einfluss auf den Bestand dieses Kartells, sofern mit den verschiedenen Maßnahmen, die Teil dieser Zuwiderhandlung sind, im Rahmen einer einheitlichen und dauernden Zuwiderhandlung das gleiche Ziel verfolgt wird (Urteil Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, oben in Randnr. 57 angeführt, Randnrn. 97 und 98; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 52 angeführt, Randnr. 260).

60      In diesem Zusammenhang sind in der Rechtsprechung mehrere Kriterien als für die Beurteilung der Frage maßgeblich herausgearbeitet worden, ob eine Zuwiderhandlung einheitlichen Charakter hat, nämlich die Identität der Ziele der betreffenden Praktiken (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, Dansk Rørindustri/Kommission, T‑21/99, Slg. 2002, II‑1681, Randnr. 67; vgl. in diesem Sinne auch Urteile des Gerichtshofs vom 21. September 2006, Technische Unie/Kommission, C‑113/04 P, Slg. 2006, I‑8831, Randnrn. 170 und 171, und des Gerichts vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, Slg. 2006, II‑3435, Randnr. 312), die Identität der betroffenen Waren und Dienstleistungen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 15. Juni 2005, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑71/03, T‑74/03, T‑87/03 und T‑91/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 118, 119 und 124, und Jungbunzlauer/Kommission, Randnr. 312), die Identität der an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen (Urteil Jungbunzlauer/Kommission, Randnr. 312) und die Identität der Modalitäten ihrer Durchführung (Urteil Dansk Rørindustri/Kommission, Randnr. 68). Weitere Kriterien, die bei dieser Prüfung berücksichtigt werden können, sind die Identität der natürlichen Personen, die für die Unternehmen tätig wurden, und die Identität des räumlichen Anwendungsbereichs der betreffenden Praktiken.

61      Nach der Rechtsprechung kann die Kommission also, auch wenn sie für bestimmte Zeiträume keine Beweise für die Zuwiderhandlung hat, vermuten, dass die Zuwiderhandlung – oder die Beteiligung eines Unternehmens daran – nicht unterbrochen worden ist, sofern mit den verschiedenen Maßnahmen, die Teil dieser Zuwiderhandlung sind, im Rahmen einer einheitlichen und dauernden Zuwiderhandlung das gleiche Ziel verfolgt wird, wobei eine solche Feststellung auf objektiven und übereinstimmenden Indizien für das Vorliegen eines Gesamtplans beruhen muss.

62      Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen ermöglicht der Begriff der dauernden Zuwiderhandlung es der Kommission somit, eine Geldbuße für die gesamte berücksichtigte Zeit der Zuwiderhandlung festzusetzen, und bestimmt den Zeitpunkt, ab dem die Verjährung zu laufen beginnt, nämlich ab dem Ende der dauernden Zuwiderhandlung.

63      Unternehmen, denen ein kollusives Verhalten vorgeworfen wird, können jedoch versuchen, diese Vermutung zu widerlegen, indem sie Indizien oder Beweise dafür beibringen, dass die Zuwiderhandlung – oder ihre Beteiligung daran – während der genannten Zeiträume gerade nicht fortgedauert hat.

64      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten haben, dass die Ziele der betreffenden Praktiken, die betroffenen Waren, die an dem kollusiven Verhalten beteiligten Unternehmen, die wesentlichen Modalitäten seiner Durchführung, die natürlichen Personen, die für die Unternehmen tätig wurden, und schließlich der räumliche Anwendungsbereich dieser Praktiken vor Mai 1997 und nach Juni 1999 identisch waren.

65      Zwar können solche Feststellungen die Annahme rechtfertigen, dass ein vor und nach der Zwischenphase identifizierbarer Gesamtplan vorliegt; die Kommission hat in der angefochtenen Entscheidung aber auch zum einen festgestellt, dass das Kartell eine Phase der Krise gehabt habe, in der sein Funktionieren erheblich beeinträchtigt gewesen sei und die Beziehungen zwischen seinen Mitgliedern empfindlich gestört gewesen seien, so dass seine Aktivität in der Zwischenphase stark eingeschränkt gewesen sei, und zum anderen, dass in dieser Phase bestimmte Hauptakteure – insbesondere Herr P., Herr F., Herr C. und Herr W. – im Wesentlichen ihre Kontakte genutzt hätten, um zu versuchen, die Zusammenarbeit zwischen den betreffenden Unternehmen wiederzubeleben (vgl. Randnrn. 148 bis 187 der angefochtenen Entscheidung); deshalb hat die Kommission für diese Zwischenphase gegen keines der Kartellmitglieder eine Geldbuße festgesetzt.

66      Allerdings ist festzustellen, dass die Kommission weder Beweise dafür hat, dass sich die Klägerinnen in dieser Zwischenphase, die mehr als zwei Jahre dauerte, an den multilateralen Kontakten beteiligten, noch dafür, dass sie an Zusammentreffen teilnahmen, die dazu dienten, das Kartell wiederzubeleben, oder von ihnen wussten.

67      Unter diesen Umständen erscheint das Vorbringen der Klägerinnen, sie hätten ihre Beteiligung tatsächlich unterbrochen, genügend untermauert und plausibel, um die in Randnr. 61 des vorliegenden Urteils angesprochene Vermutung zu widerlegen, dass ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung, sei es auch passiv, fortgedauert habe, auch wenn es dafür keine Beweise gebe. Da die Aktivität des Kartells in der Zwischenphase eingeschränkt, wenn nicht erloschen war und keine objektiven und übereinstimmenden Indizien dafür vorliegen, dass die Klägerinnen weiterhin die Wiederbelebung des Kartells gewollt oder dessen Ziele bejaht hätten, war die Kommission nämlich nicht befugt, eine dauernde, auch nur passive Beteiligung der Klägerinnen zu vermuten.

68      Die Kommission beruft sich in ihren Schriftsätzen jedoch auf die Rechtsprechung (Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnrn. 83 und 84), nach der sich das Unternehmen, um seine Verantwortung zu beenden, offen und eindeutig von dem Kartell distanzieren muss, so dass den anderen Teilnehmern bewusst ist, dass es die allgemeinen Ziele des Kartells nicht mehr unterstützt. Da sich die Klägerinnen in der Zwischenphase nicht distanziert hätten, könne ihnen die Beteiligung an diesem Zeitraum der Zuwiderhandlung von geringerer Intensität durchaus zur Last gelegt werden, ohne dass deswegen aber für diesen Zeitraum eine Geldbuße gegen sie verhängt werde. Die stillschweigende Billigung einer Initiative, ohne sich offen von deren Inhalt zu distanzieren oder sie bei den Verwaltungsbehörden anzuzeigen, führe nach dieser Rechtsprechung nämlich dazu, dass die Fortsetzung der Zuwiderhandlung begünstigt und ihre Entdeckung verhindert werde, was eine passive Form der Beteiligung an der Zuwiderhandlung darstelle, die geeignet sei, die Verantwortlichkeit des betreffenden Unternehmens auszulösen. Erstens geht aber aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass das normale Funktionieren des Kartells während der Zwischenphase, die mehr als zwei Jahre dauerte, unterbrochen war. Zweitens ist nicht erwiesen, dass die Klägerinnen an den Kontakten, die in der Zwischenphase mit dem Ziel stattfanden, das Kartell wiederzubeleben, teilgenommen oder davon gewusst hätten. Drittens hat, wenn man der Kommission in Bezug auf die Fortwirkung der vor Mai 1997 zugeteilten Angebote folgt, diese Wirkung allenfalls bis November oder Dezember 1997 angehalten, so dass jedenfalls ein Zeitraum von 18 Monaten vor der Wiederaufnahme des Kartells verbleibt, in dem es keine objektiven und übereinstimmenden Indizien für die Verwicklung der Klägerinnen in die Kontakte während der Krisenzeit des Kartells gibt. Die Kommission kann daher aus der Tatsache, dass sich die Klägerinnen während der Zwischenphase nicht von der von einigen Mitgliedern des Kartells zu dessen Wiederbelebung unternommenen Aktivitäten distanziert haben, nichts herleiten.

69      In Anbetracht dieser Umstände des vorliegenden Falles ist festzustellen, dass die mangelnde öffentliche Distanzierung der Klägerinnen von den anderen Mitgliedern des Kartells nicht den Eindruck einer zumindest passiven Mittäterschaft der Klägerinnen erwecken konnte, so dass deren Verhalten nicht einer stillschweigenden Billigung einer wettbewerbswidrigen Initiative gleichgestellt werden konnte. Mangels Indizien dafür, dass die Klägerinnen von den Kontakten wussten, die während der Zwischenphase zwischen den anderen Mitgliedern des Kartells mit dem Ziel der Wiederbelebung des Kartells stattfanden, dessen normales Funktionieren unterbrochen war, war die Kommission also nicht befugt, sie gemeinsam mit der Begründung haftbar zu machen, sie hätten sich nicht öffentlich vom Inhalt des Kartells distanziert. Dieser Grund allein genügt nämlich nicht, um das völlige Fehlen objektiver und übereinstimmender Indizien für den Anschein ihrer Teilnahme und dauernden Mittäterschaft an einer einheitlichen Zuwiderhandlung während dieses Zeitraums, sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht, zu kompensieren.

70      Folglich war die Kommission nicht zu der Feststellung berechtigt, dass es sich bei der von den Klägerinnen begangenen Zuwiderhandlung um eine einheitliche und dauernde Zuwiderhandlung gehandelt habe. Dieser Fehler bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass die Kommission gegen Art. 25 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen hätte.

71      Da die Zuwiderhandlung im vorliegenden Fall nicht als dauernde Zuwiderhandlung eingestuft werden kann, bleibt zur Klärung der Frage, ob gemäß Art. 25 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 Verjährung eingetreten ist, nämlich noch zu prüfen, ob die Zuwiderhandlung, anders als die Klägerinnen meinen, als fortgesetzte Zuwiderhandlung einzustufen ist.

–       Zum Vorliegen einer fortgesetzten Zuwiderhandlung

72      Da die Auslegung des Begriffs der fortgesetzten Zuwiderhandlung zwischen den Parteien streitig ist, ist zunächst zu präzisieren, wie dieser Begriff in Abgrenzung zu dem Begriff der dauernden Zuwiderhandlung im Sinne von Art. 25 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zu verstehen ist.

73      Im Rahmen einer wörtlichen Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Vorschriften des Unionsrechts in mehreren Sprachen abgefasst sind und dass die verschiedenen sprachlichen Fassungen gleichermaßen verbindlich sind; die Auslegung einer solchen Vorschrift erfordert somit einen Vergleich ihrer sprachlichen Fassungen (Urteil des Gerichtshofs vom 6. Oktober 1982, CILFIT, 283/81, Slg. 1982, 3415, Randnr. 18). Die Notwendigkeit einer einheitlichen Anwendung und damit Auslegung der Bestimmungen des Unionsrechts verbietet es somit, im Fall von Zweifeln eine Bestimmung in einer ihrer Fassungen isoliert zu betrachten, und gebietet vielmehr, sie unter Berücksichtigung ihrer Fassungen in den anderen Amtssprachen auszulegen und anzuwenden (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 19. April 2007, Profisa, C‑63/06, Slg. 2007, I‑3239, Randnr. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung). Weichen die verschiedenen Sprachfassungen eines Unionstexts voneinander ab, so muss die fragliche Vorschrift nach dem Zusammenhang und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört (vgl. Urteil Profisa, Randnr. 14 und die dort angeführte Rechtsprechung).

74      Allgemeiner ist bei der Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts nicht nur ihr Wortlaut zu berücksichtigen, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Urteil des Gerichtshofs vom 17. November 1983, Merck, 292/82, Slg. 1983, 3781, Randnr. 12), sowie das gesamte Unionsrecht (Urteil CILFIT, oben in Randnr. 73 angeführt, Randnr. 20).

75      Erstens ist festzustellen, dass in der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 des Rates vom 26. November 1974 über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Verkehrs- und Wettbewerbsrecht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. L 319, S. 1), auf die die Bestimmungen über die Verjährung in der Verordnung Nr. 1/2003 zurückgehen, in Art. 1 Abs. 2 von „dauernden oder fortgesetzten Zuwiderhandlungen“ (in der französischen Sprachfassung „infractions continues ou continuées“) die Rede war.

76      Hierzu ist in Erinnerung zu rufen, dass der Gerichtshof zur fortgesetzten Zuwiderhandlung („infraction continuée“) im Sinne von Art. 1 der Verordnung Nr. 2988/74 entschieden hat, dass dieser Begriff zwar in den Rechtsordnungen der einzelnen Mitgliedstaaten einen etwas verschiedenen Inhalt haben mag, jedenfalls aber eine Mehrzahl rechtswidriger Verhaltensweisen umfasst, die durch ein gemeinsames subjektives Element zu einer Einheit verbunden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Montecatini/Kommission, C‑235/92 P, Slg. 1999, I‑4539, Randnr. 195).

77      Der genannte Ausdruck ist in der französischen Sprachfassung von Art. 25 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 durch den Ausdruck „infractions continues ou répétées“ ersetzt worden.

78      Diese Änderung ist aber nicht in allen Sprachfassungen dieser Bestimmung erfolgt.

79      Der Ausdruck „continuing or repeated infringements“ wurde nämlich bereits in der englischen Sprachfassung von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2988/74 verwendet und in der englischen Sprachfassung von Art. 25 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 beibehalten.

80      Im Übrigen hat der Gesetzgeber beim Erlass der Verordnung Nr. 1/2003 in den meisten Sprachfassungen (der spanischen, der dänischen, der deutschen, der griechischen, der niederländischen, der finnischen und der schwedischen Fassung) die Terminologie der Verordnung Nr. 2988/74 beibehalten, während bei den anderen Sprachfassungen (der italienischen und der portugiesischen Fassung) eine entsprechende Änderung wie in der französischen Fassung vorgenommen wurde.

81      Außerdem heißt es im 31. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003:

„Die Regeln über die Verjährung bei der Auferlegung von Geldbußen und Zwangsgeldern sind in der Verordnung ... Nr. 2988/74 des Rates enthalten, die darüber hinaus Sanktionen im Verkehrsbereich zum Gegenstand hat. ... Im Interesse einer klareren Gestaltung des Rechtsrahmens empfiehlt es sich daher, die Verordnung ... Nr. 2988/74 so zu ändern, dass sie im Anwendungsbereich der vorliegenden Verordnung keine Anwendung findet, und die Verjährung in der vorliegenden Verordnung zu regeln.“

82      Daher ist festzustellen, dass der Gesetzgeber bei der Neugestaltung der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962: Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) trotz der in einigen Sprachfassungen erfolgten terminologischen Änderungen nicht den Sinn der früheren Bestimmung ändern, sondern eine etwaige durch die Verwendung des Begriffs „infraction continuée“ entstandene Verwirrung beseitigen wollte.

83      Zweitens ist der Begriff der fortgesetzten Zuwiderhandlung ein anderer als der der dauernden Zuwiderhandlung (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 19. Mai 2010, IMI u. a./Kommission, T‑18/05, Slg. 2010, II‑1769, Randnrn. 96 und 97); dies wird durch die Verwendung der Konjunktion „oder“ in Art. 25 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 bestätigt.

84      Das Vorbringen der Klägerinnen, dass zwischen einer „klassischen“ und einer „dauernden und fortgesetzten“ Zuwiderhandlung zu unterscheiden sei, ist daher zurückzuweisen.

85      Drittens erfasst der Begriff der einheitlichen Zuwiderhandlung eine Situation, in der mehrere Unternehmen an einer Zuwiderhandlung beteiligt waren, die aus einem dauerhaften Verhalten bestand, mit dem ein einziges wirtschaftliches Ziel verfolgt wurde, nämlich die Verfälschung des Wettbewerbs, oder aber an einzelnen, miteinander durch eine Übereinstimmung des Zwecks und der Personen verbundenen Zuwiderhandlungen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2008, BPB/Kommission, T‑53/03, Slg. 2008, II‑1333, Randnr. 257, und vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, T‑446/05, Slg. 2010, II‑1255, Randnr. 89).

86      Mit anderen Worten ist eine einheitliche Zuwiderhandlung je nach den Modalitäten ihrer Begehung als dauernde oder als fortgesetzte Zuwiderhandlung einzustufen.

87      Was die dauernde Zuwiderhandlung angeht, ermöglicht es im Übrigen, wie bereits ausgeführt, der Begriff des Gesamtplans der Kommission, zu vermuten, dass die Begehung einer Zuwiderhandlung nicht unterbrochen wurde, auch wenn sie für einen bestimmten Zeitraum keine Beweise für die Beteiligung des betreffenden Unternehmens an der Zuwiderhandlung hat, sofern es vor und nach diesem Zeitraum an der Zuwiderhandlung beteiligt war und keine Beweise oder Indizien dafür vorliegen, dass die Zuwiderhandlung in seinem Fall unterbrochen war. In einem solchen Fall kann die Kommission eine Geldbuße für die gesamte Zeit der Zuwiderhandlung verhängen, einschließlich der Zeit, für die sie über keinen Beweis für die Beteiligung des betreffenden Unternehmens verfügt (siehe oben, Randnrn. 60 bis 62).

88      Kann dagegen davon ausgegangen werden, dass die Beteiligung eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung unterbrochen worden ist, und war das Unternehmen vor und nach der Unterbrechung an der Zuwiderhandlung beteiligt, kann diese Zuwiderhandlung als fortgesetzte eingestuft werden, wenn – wie bei der dauernden Zuwiderhandlung (siehe oben, Randnr. 60) – ein einheitliches, von dem Unternehmen vor und nach der Unterbrechung verfolgtes Ziel vorliegt, was aus der Identität der Ziele der in Rede stehenden Praktiken, der betroffenen Waren, der an der Kollusion beteiligten Unternehmen, der wesentlichen Modalitäten ihrer Durchführung, der natürlichen Personen, die für die Unternehmen tätig wurden, und schließlich des räumlichen Anwendungsbereichs dieser Praktiken hergeleitet werden kann. Es handelt sich dann um eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung, wobei die Kommission für die gesamte Dauer der Zuwiderhandlung eine Geldbuße verhängen kann, nicht aber für den Zeitraum, in dem die Zuwiderhandlung unterbrochen war.

89      Gesonderte Zeitspannen der Zuwiderhandlung, an denen ein und dasselbe Unternehmen beteiligt war, für die aber kein einheitliches Ziel nachgewiesen werden kann, können mithin nicht als einheitliche – dauernde oder fortgesetzte – Zuwiderhandlung eingestuft werden, sondern stellen gesonderte Zuwiderhandlungen dar.

90      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission nach eigenem Bekunden keine Beweise für die Beteiligung der Klägerinnen in der Zwischenphase hat, die mehr als zwei Jahre dauerte. Für diesen Zeitraum wurde auch keine Geldbuße festgesetzt.

91      Die Klägerinnen haben aber ihre Teilnahme an einer Zuwiderhandlung für die Zeit vor und nach der Zwischenphase eingeräumt, und nach ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung bestreiten sie nicht, dass die Ziele der in Rede stehenden Praktiken, die betroffenen Waren, die an der Kollusion beteiligten Unternehmen, die wesentlichen Modalitäten ihrer Durchführung, die natürlichen Personen, die für die Unternehmen tätig wurden, und schließlich der räumliche Anwendungsbereich dieser Praktiken vor Mai 1997 und nach Juni 1999 identisch waren.

92      Somit ist festzustellen, dass Trelleborg Industrie von April 1986 bis zum 13. Mai 1997 und vom 21. Juni 1999 bis Mai 2007 sowie Trelleborg vom 28. März 1996 bis zum 13. Mai 1997 und vom 21. Juni 1999 bis Mai 2007 eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung begangen haben. Dass diese von der Kommission zu Unrecht als dauernde Zuwiderhandlung eingestuft wurde, hindert das Gericht nämlich nicht daran, sie auf der Grundlage der der Verwaltungsakte zu entnehmenden Tatsachen, auf denen die angefochtene Entscheidung beruht, als fortgesetzte Zuwiderhandlung umzuqualifizieren (vgl. entsprechend Urteil IMI u. a./Kommission, oben in Randnr. 83 angeführt, Randnrn. 96 und 97; vgl. auch entsprechend Urteil des Gerichts vom 30. November 2009, Frankreich und France Télécom/Kommission, T‑427/04 und T‑17/05, Slg. 2009, II‑4315, Randnrn. 322 bis 325, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Urteil des Gerichtshofs vom 8. Dezember 2011, France Télécom/Kommission, C‑81/10 P, Slg. 2011, I‑12899, Randnrn. 80 ff.).

93      Diese Schlussfolgerung wird nicht durch das Vorbringen der Klägerinnen in Frage gestellt, die Kommission könnte mittels der Theorie der fortgesetzten Zuwiderhandlung, auf die sie sich in der angefochtenen Entscheidung hilfsweise berufen habe (siehe oben, Randnrn. 22 und 40), die Verjährung unbegrenzt hinausschieben und auf diese Weise hinfällig machen, was gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoße.

94      Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen, da sich zum einen bei Vorliegen der Voraussetzungen einer fortgesetzten Zuwiderhandlung aus Art. 25 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ergibt, dass die Verjährung hinausgeschoben wird. Zum anderen ist der etwaige missbräuchliche Charakter des Rückgriffs auf die Theorie der fortgesetzten Zuwiderhandlung nicht in abstracto zu beurteilen; vielmehr hängt er im Wesentlichen von den Umständen jedes Einzelfalls ab und insbesondere davon, ob die Kommission dartun kann, dass während der verschiedenen in die Betrachtung einbezogenen Zeiträume eine einheitliche Zuwiderhandlung begangen wurde.

–       Zu den Auswirkungen des Vorliegens einer fortgesetzten Zuwiderhandlung auf die Verjährung

95      Da Trelleborg Industrie von April 1986 bis Mai 1997 und von Juni 1999 bis Mai 2007 sowie Trelleborg von März 1996 bis Mai 1997 und von Juni 1999 bis Mai 2007 eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung begangen haben, ist festzustellen, dass in Bezug auf den Zeitraum der Zuwiderhandlung vor dem 13. Mai 1997 keine Verjährung eingetreten ist.

–       Zu den übrigen Rügen

96      Zu der Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit ist festzustellen, dass dieser Grundsatz ein grundlegendes Prinzip des Unionsrechts darstellt, das insbesondere verlangt, dass eine Regelung klar und deutlich ist, damit die Bürger ihre Rechte und Pflichten unzweideutig erkennen und somit ihre Vorkehrungen treffen können. Während jedoch ein gewisser Grad an Unbestimmtheit in Bezug auf den Sinn und die Reichweite einer Rechtsnorm zu deren Wesen gehört, ist zu prüfen, ob die fragliche Rechtsnorm derart unklar ist, dass die Bürger etwaige Zweifel in Bezug auf ihre Reichweite oder ihren Sinn nicht mit hinreichender Sicherheit ausräumen können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. April 2005, Belgien/Kommission, C‑110/03, Slg. 2005, I‑2801, Randnrn. 30 und 31).

97      Da die Kriterien für die Feststellung einer fortgesetzten Zuwiderhandlung klar und deutlich sind und keine Unklarheit enthalten, die die Bürger daran hindern würde, etwaige Zweifel in Bezug auf die Reichweite oder den Sinn dieser Regel mit hinreichender Sicherheit auszuräumen, ist die Vorhersehbarkeit der Rechtslage gewährleistet, so dass die Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit zurückzuweisen ist.

98      Was die Rüge betreffend die Gleichbehandlung angeht, ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung bzw. das Diskriminierungsverbot verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt (Urteil des Gerichtshofs vom 15. April 2010, Gualtieri/Kommission, C‑485/08 P, Slg. 2010, I‑3009, Randnr. 70).

99      Im vorliegenden Fall macht die Kommission geltend, sie habe zwar festgestellt, dass MRI vom 1. April 1986 bis zum 1. August 1992 und vom 3. September 1996 bis zum 2. Mai 2007 eine Zuwiderhandlung begangen habe, in ihrem Fall aber die Theorie der fortgesetzten Zuwiderhandlung nicht angewandt, und im Übrigen habe sie gegen dieses Unternehmen für die Zeit der Zuwiderhandlung vor dem 1. August 1992 im Hinblick auf ihr Ermessen, für die Zeit vor der Unterbrechung der Beteiligung von MRI am Kartell keine Sanktion zu verhängen, keine Geldbuße festgesetzt, obwohl sie das Vorliegen einer fortgesetzten Zuwiderhandlung hätte feststellen können.

100    Insoweit macht die Kommission zum einen zu Recht geltend, dass sie nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 über ein Ermessen hinsichtlich der Entscheidung verfügt, eine Geldbuße gegen denjenigen zu verhängen, der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG begangen hat. Dieses Ermessen ist jedoch unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung auszuüben.

101    Zum anderen ist festzustellen, dass im Fall von MRI und den Klägerinnen keine vergleichbaren Sachverhalte vorliegen.

102    MRI ist nämlich wegen ihrer Beteiligung am Kartell in der Zeit vor dem 1. August 1992 nicht mit einer Sanktion belegt worden, wobei sich die von der Kommission dabei berücksichtigte Unterbrechung von diesem Tag bis zum 3. September 1996 erstreckte; die Unterbrechung, auf die sich die Klägerinnen berufen, betrifft hingegen nur die Zwischenphase.

103    Folglich ist die Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zurückzuweisen.

104    Darüber hinaus ist ergänzend festzustellen, dass auch ein etwaiger Rechtsfehler der Kommission in Form einer falschen Anwendung der für die Verjährung maßgebenden Kriterien im Fall von MRI – mit dem das Gericht im Rahmen der vorliegenden Klage nicht befasst ist – keinesfalls zur Begründetheit der Nichtigkeitsklagen der Klägerinnen führen könnte. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung mit der Beachtung des Gebots rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden muss, das besagt, dass sich niemand zu seinem Vorteil auf einen zugunsten anderer begangenen Rechtsverstoß berufen kann. Denn ein etwaiges rechtswidriges Handeln gegenüber einem anderen Unternehmen, das am vorliegenden Verfahren nicht beteiligt ist, kann nicht dazu führen, dass das Gericht eine Diskriminierung und damit ein rechtswidriges Handeln gegenüber den Klägerinnen feststellt. Eine solche Vorgehensweise liefe darauf hinaus, den Grundsatz der „Gleichbehandlung im Unrecht“ allein deshalb anzuerkennen, weil ein anderes Unternehmen in möglicherweise vergleichbarer Lage rechtswidrig einer Sanktion entgangen ist (vgl. Urteil Peróxidos Orgánicos/Kommission, oben in Randnr. 53 angeführt, Randnr. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).

105    Im Ergebnis ist die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin festgestellt wird, dass Trelleborg Industrie vom 1. April 1986 bis zum 2. Mai 2007 sowie Trelleborg vom 28. März 1996 bis zum 2. Mai 2007 eine dauernde Zuwiderhandlung begangen haben; im Übrigen ist der auf Verjährung gestützte Klagegrund aber zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Fehlendes berechtigtes Interesse der Kommission am Erlass einer Entscheidung, mit der das Vorliegen einer Zuwiderhandlung vor 1999 festgestellt wird

 Vorbringen der Parteien

106    Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, die Kommission sei zwar auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung verjährt sei, grundsätzlich zu der Feststellung befugt, dass sie begangen worden sei. Nach der Rechtsprechung hätte sie in diesem Fall aber das berechtigte Interesse an einer solchen Feststellung nachweisen, d. h. darlegen müssen, inwiefern die Umstände den Erlass einer Entscheidung erforderlich gemacht hätten, mit der Zuwiderhandlungen festgestellt würden, die mindestens zwölf Jahre vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung geendet hätten.

107    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

108    Da im Rahmen des ersten Klagegrundes festgestellt worden ist, dass die von den Klägerinnen begangene Zuwiderhandlung als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung einzustufen ist (siehe oben, Randnr. 92) und dass in Bezug auf den Zeitraum der Zuwiderhandlung vor dem 13. Mai 1997 keine Verjährung eingetreten ist (siehe oben, Randnr. 95), ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

 Zu den Abänderungsanträgen

109    Die Klägerinnen beantragen, die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Geldbuße herabzusetzen.

110    Gemäß Art. 261 AEUV können aufgrund des AEU-Vertrags vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union gemeinsam erlassene Verordnungen hinsichtlich der darin vorgesehenen Zwangsmaßnahmen dem Gerichtshof eine Zuständigkeit übertragen, welche die Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung und zur Änderung oder Verhängung solcher Maßnahmen umfasst. Eine solche Zuständigkeit ist dem Unionsrichter durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 verliehen worden. Danach ist er befugt, über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen. Folglich kann der Unionsrichter seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ausüben, wenn ihm die Frage nach der Höhe der Geldbuße zur Beurteilung vorgelegt worden ist, und diese Befugnis kann sowohl zur Herabsetzung als auch zur Erhöhung dieses Betrags ausgeübt werden (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, Slg. 2007, I‑1331, Randnrn. 60 bis 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

111    Im Übrigen ist nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen.

112    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen die Dauer der Zuwiderhandlungen sowie sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, die für die Beurteilung ihrer Schwere eine Rolle spielen, wie das Verhalten jedes einzelnen Unternehmens, die Rolle, die jedes Unternehmen bei der Abstimmung der Verhaltensweisen gespielt hat, der Gewinn, den die Unternehmen aus diesen Verhaltensweisen ziehen konnten, ihre Größe und der Wert der betroffenen Waren sowie die Gefahr, die derartige Zuwiderhandlungen für die Union bedeuten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, Slg. 2011, I‑13085, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

113    Ferner sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs objektive Gesichtspunkte wie Inhalt und Dauer der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, deren Zahl und Intensität, der Umfang des betroffenen Marktes und die Schädigung der öffentlichen Wirtschaftsordnung heranzuziehen. Bei der Analyse sind auch die relative Bedeutung und der Marktanteil der verantwortlichen Unternehmen sowie ein etwaiger Wiederholungsfall zu berücksichtigen (Urteil Chalkor/Kommission, oben in Randnr. 112 angeführt, Randnr. 57).

114    Die Festsetzung einer Geldbuße durch das Gericht im Rahmen der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ist dem Wesen nach kein streng mathematischer Vorgang. Im Übrigen ist das Gericht nicht an die Berechnungen der Kommission gebunden, sondern hat unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine eigene Beurteilung vorzunehmen (Urteil des Gerichts vom 14. September 2004, Aristrain/Kommission, T‑156/94, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 43).

115    Wie bereits ausgeführt, kann im vorliegenden Fall die von den Klägerinnen begangene Zuwiderhandlung zwar nicht als dauernde (siehe oben, Randnr. 71), wohl aber als fortgesetzte Zuwiderhandlung (siehe oben, Randnr. 95) eingestuft werden. Im Übrigen ist festzustellen, dass die Kommission gegen die Klägerinnen wegen der Zwischenphase keine Geldbuße festgesetzt hat. Der Fehler, der der Kommission dadurch unterlaufen ist, dass sie den Klägerinnen eine dauernde Zuwiderhandlung zur Last gelegt hat, hat sich mithin nicht auf die von ihr bei der Berechnung des Betrags der Geldbuße zugrunde gelegte Dauer der Zuwiderhandlung ausgewirkt.

116    Im vorliegenden Fall liegt ein Kartell von einiger Schwere vor, denn die Zuwiderhandlungen, an denen sich die Klägerinnen in vollem Umfang beteiligten, waren durch die Zuteilung ausgeschriebener Aufträge, die Festsetzung von Preisen, die Festsetzung von Quoten, die Festsetzung von Lieferbedingungen, die Aufteilung räumlicher Märkte und den Austausch sensibler Informationen über Preise, Liefermengen und Ausschreibungen gekennzeichnet. Außerdem handelt es sich um ein weltweites Kartell.

117    Überdies ist die Zuwiderhandlung von Trelleborg Industrie während eines besonders langen Zeitraums von 18 Jahren und elf Monaten begangen worden, und Trelleborg ist gesamtschuldnerisch für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft während einer Dauer von acht Jahren und elf Monaten verantwortlich.

118    Nach Auffassung des Gerichts ist die gegen die Klägerinnen verhängte Geldbuße deshalb nicht herabzusetzen.

119    Folglich sind die Abänderungsanträge der Klägerinnen zurückzuweisen.

120    Die angefochtene Entscheidung ist somit teilweise für nichtig zu erklären, und im Übrigen sind die Klagen abzuweisen.

 Kosten

121    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 87 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist.

122    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerinnen zu Recht geltend gemacht haben, dass die Kommission in ihrem Fall fälschlich vom Vorliegen einer dauernden Zuwiderhandlung in der Zeit vom 1. April 1986 bis zum 2. Mai 2007 ausgegangen sei. Dieser Rechtsfehler wirkt sich aber nicht auf die Berechnung der Geldbuße aus. Deshalb hält es das Gericht unter den Umständen des vorliegenden Falles für angemessen, jeder Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Art. 1 Buchst. g und h der Entscheidung K(2009) 428 endg. der Kommission vom 28. Januar 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39406 – Marineschläuche) wird insoweit für nichtig erklärt, als er den Zeitraum vom 13. Mai 1997 bis zum 21. Juni 1999 betrifft.

2.      Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

3.      Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Azizi

Prek

Frimodt Nielsen

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. Mai 2013.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Sachverhalt

Sektor der Marineschläuche für Öl und Gas

Präsentation der Klägerinnen

Verwaltungsverfahren

Angefochtene Entscheidung

Verfahren und Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung

Zum ersten Klagegrund: Offensichtlicher Fehler bei der Beurteilung der Tatsachen, aufgrund deren die Kommission festgestellt hat, dass Trelleborg Industrie vom 1. April 1986 bis zum 2. Mai 2007 und Trelleborg vom 28. März 1996 bis zum 2. Mai 2007 an einer dauernden Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien, und Verstoß gegen Art. 25 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003

Angefochtene Entscheidung

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

– Vorbemerkungen

– Zum Vorliegen einer dauernden Zuwiderhandlung

– Zum Vorliegen einer fortgesetzten Zuwiderhandlung

– Zu den Auswirkungen des Vorliegens einer fortgesetzten Zuwiderhandlung auf die Verjährung

– Zu den übrigen Rügen

Zum zweiten Klagegrund: Fehlendes berechtigtes Interesse der Kommission am Erlass einer Entscheidung, mit der das Vorliegen einer Zuwiderhandlung vor 1999 festgestellt wird

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zu den Abänderungsanträgen

Kosten


1 Verfahrenssprache: Englisch.


2 Vertrauliche Angabe nicht wiedergegeben.