Language of document : ECLI:EU:C:2016:161

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MACIEJ SZPUNAR

vom 10. März 2016(1)

Rechtssache C‑12/15

Universal Music International Holding BV

gegen

Michael Tétreault Schilling,

Irwin Schwartz,

Josef Brož

(Vorabentscheidungsersuchen des Hoge Raad der Nederlanden [Oberster Gerichtshof, Niederlande])

„Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – Gerichtliche Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen – Verordnung (EG) Nr. 44/2001 – Art. 5 Nr. 3 – Unerlaubte Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist – Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist – Reiner Vermögensschaden“





I –    Einleitung

1.        Es ist gemeinhin bekannt, dass das mit der Verordnung (EG) Nr. 44/2001(2) eingeführte System für die Verteilung der gerichtlichen Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen auf dem in ihrem Art. 2 Abs. 1 aufgestellten allgemeinen Grundsatz beruht, nach dem Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen sind, und dass eine der Ausnahmen von diesem Grundsatz in Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 enthalten ist, wonach, wenn eine unerlaubte Handlung oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden kann, und zwar vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist.

2.        Die zentrale Frage der vorliegenden Rechtssache ist die, ob ein Vermögensschaden, der in einem Mitgliedstaat als Folge einer unerlaubten Handlung in einem anderen Mitgliedstaat entstanden ist, für sich genommen eine gerichtliche Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 begründen kann.

II – Rechtlicher Rahmen

3.        Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 lautet:

„Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.“

4.        In Art. 5 dieser Verordnung heißt es:

„Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:

3.      wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht;

…“

III – Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefragen

5.        Die Universal Music International Holding BV (im Folgenden: Universal Music) ist eine Schallplattengesellschaft mit Sitz in Baarn (Niederlande), die zur Universal Music Group mit Sitz in den Vereinigten Staaten gehört. Die Universal Music International Ltd (im Folgenden: Universal Ltd) ist eine Schwestergesellschaft von Universal Music und gehört ebenfalls zur Universal Music Group.

6.        Im Jahr 1998 vereinbarten die Universal Ltd, die B&M spol. s r. o. (im Folgenden: B&M), eine Gesellschaft mit Sitz in der Tschechischen Republik, und die Anteilseigner von B&M, dass, als letztlich zu diesem Zweck bestimmte Gesellschaft innerhalb der Universal Music Group, eine oder mehrere Gesellschaften dieser Gruppe zunächst 70 % der Anteile an B&M und dann im Jahr 2003 die restlichen Anteile kaufen sollten. Der Preis für die Anteile sollte im Jahr 2003 zum Zeitpunkt des Ankaufs dieser restlichen 30 % festgelegt werden. Diese Vereinbarungen wurden in einer Absichtserklärung festgelegt, die als Ziel einen Verkaufspreis festlegte, der dem Fünffachen des durchschnittlichen Jahresgewinns von B&M entsprach.

7.        Die Parteien verhandelten über den Verkauf und die Lieferung von 70 % der Anteile an B&M und einen Aktienoptionsvertrag für die restlichen 30 %. Der Aktienoptionsvertrag wurde im Auftrag der Rechtsabteilung der Universal Music Group von der tschechischen Anwaltskanzlei Burns Schwartz International erstellt. Ab Ende August 1998 wurden acht Vertragsentwürfe zwischen der Rechtsabteilung der Universal Music Group, Burns Schwartz International und den Anteilseignern von B&M ausgetauscht. Während dieser Verhandlungen wurde Universal Music als Käuferin ausgewiesen.

8.        Am 5. November 1998 schlossen Universal Music, B&M und die Anteilseigner von B&M den Aktienoptionsvertrag.

9.        Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten geht hervor, dass eine von der Rechtsabteilung der Universal Music Group vorgeschlagene Änderung von einem Mitarbeiter von Burns Schwartz International nicht vollständig übernommen wurde, was dazu führte, dass der Verkaufspreis, der anschließend mit der Zahl der Anteilseigner multipliziert werden sollte, gegenüber dem vorgesehenen Verkaufspreis verfünffacht wurde.

10.      Als Universal Music im August 2003 ihrer Verpflichtung nachkam, die restlichen 30 % der Anteile von den Anteilseignern von B&M zu kaufen, und den vorgesehenen Verkaufspreis festsetzte, der sich auf einen Betrag von 10 180 281 CZK (etwa 313 770,41 Euro) belief, erhoben die Anteilseigner von B&M Anspruch auf den sich aus der Formel im Aktienoptionsvertrag ergebenden Betrag, der sich auf 1 003 605 620 CZK (etwa 30 932 520,27 Euro) belief.

11.      Universal Music und die Anteilseigner von B&M beschlossen, ihren Streit einer Schiedskommission vorzulegen, vor der sie am 31. Januar 2005 zu einem Vergleich gelangten. Gemäß diesem Vergleich zahlte Universal Music einen Betrag von 2 654 280,03 Euro für die restlichen 30 % der Anteile (im Folgenden: Vergleichsbetrag). Sie entrichtete den Vergleichsbetrag durch Überweisung zulasten eines von ihr in den Niederlanden geführten Bankkontos. Die Übertragung wurde zugunsten eines Kontos durchgeführt, das die Anteilseigner, die ihre Anteile an B&M verkauften, in der Tschechischen Republik besitzen.

12.      Universal Music erhob bei der Rechtbank Utrecht (Gericht Utrecht) eine Klage, mit der sie die gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 2 767 861,25 Euro, zuzüglich Zinsen und Nebenansprüchen, aufgrund ihrer Haftung aus unerlaubter Handlung begehrt. Diese Forderung entspricht dem Schaden, den Universal Music infolge der Fahrlässigkeit eines Mitarbeiters von Burns Schwartz International bei der Erstellung des Textes des Aktienoptionsvertrags erlitten zu haben behauptet. Die Schadensforderung besteht in der Differenz zwischen dem vorgesehenen Verkaufspreis einerseits sowie dem Vergleichsbetrag und den Kosten, die Universal Music im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren und dem Vergleich entstanden sind, andererseits.

13.      Universal Music trägt vor, ihr sei – infolge des den Beklagten vorgeworfenen Verhaltens – in den Niederlanden, wo sie ihren Sitz habe, ein „ursprünglicher Vermögensschaden“ entstanden, weil sie den Vergleichsbetrag sowie die Kosten im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren und dem Vergleich aus ihrem in den Niederlanden belegenen Vermögen bezahlt habe.

14.      Herr Schilling und Herr Brož, die ihren Wohnsitz in Rumänien bzw. in der Tschechischen Republik haben, rügten die Zuständigkeit der niederländischen Gerichte und machten hierzu geltend, dass die Zahlung des Vergleichsbetrags und der Kosten aus dem Vermögen von Universal Music nicht als ursprünglicher Vermögensschaden angesehen werden könne, der infolge des Verhaltens, das in der Tschechischen Republik stattgefunden habe, in den Niederlanden eingetreten sei.

15.      Mit Urteil vom 27. Mai 2009 erklärte sich die Rechtbank Utrecht (Gericht Utrecht) für unzuständig, über die Klage von Universal Music zu entscheiden. Der von Universal Music behauptete Schaden sei ein reiner Vermögensschaden, der die direkte Folge des schädigenden Ereignisses gewesen sei. Es stelle sich die Frage, ob der Ort, an dem dieser Schaden eingetreten sei, im vorliegenden Fall Baarn, der Ort des Sitzes von Universal Music, im Sinne von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 als der Ort angesehen werden könne, an dem das schädigende Ereignis eingetreten sei. Nach Ansicht der Rechtbank Utrecht (Gericht Utrecht) ist dies nicht der Fall, weil nicht genügend Anknüpfungspunkte für die Annahme der Zuständigkeit der niederländischen Gerichte nach Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung bestünden.

16.      Der mit einer Berufung der Universal Music befasste Gerechtshof Arnhem-Leeuwarden (Berufungsgericht Arnhem-Leeuwarden) bestätigte mit Urteil vom 15. Januar 2013 das Urteil der Rechtbank Utrecht (Gericht Utrecht). Zu Art. 5 Nr. 3 vertrat der Gerechtshof die Ansicht, dass es im vorliegenden Fall an der besonders engen Beziehung zwischen der Klage und dem angerufenem Gericht, die ein Maßstab für die Anwendung von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 sei, fehle. Die bloße Tatsache, dass der Vergleichsbetrag zulasten einer Gesellschaft mit Sitz in den Niederlanden gegangen sei, reiche nicht aus, um die Zuständigkeit der niederländischen Gerichte zu begründen.

17.      Universal Music legte gegen das Urteil des Berufungsgerichts vor dem Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) Kassationsbeschwerde ein. Herr Schilling und Herr Brož legten unabhängig voneinander eine bedingte Anschlusskassationsbeschwerde ein.

18.      Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass der Gerichtshof im Urteil Marinari(3) die Gelegenheit hatte, zu entscheiden, dass der Ort, an dem der Geschädigte einen Vermögensschaden in der Folge eines in einem anderen Mitgliedstaat entstandenen Erstschadens erlitten zu haben behaupte, nicht im Sinne von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 als der Ort angesehen werden könne, an dem das schädigende Ereignis eingetreten sei.

19.      Der Gerichtshof habe jedoch noch nicht dazu Stellung genommen, anhand welchen Maßstabs oder welcher Gesichtspunkte das nationale Gericht bestimmen könne, ob im vorliegenden Fall ein Erstvermögensschaden (auch als ursprünglicher Vermögensschaden oder unmittelbarer Vermögensschaden bezeichnet) oder ein Vermögensschaden, der die Folge dieses Vermögensschadens sei bzw. daraus entstehe (auch als Folgeschaden oder abgeleiteter Schaden bezeichnet), vorliege.

20.      Der Gerichtshof habe sich ebenso wenig dazu geäußert, anhand welchen Maßstabs oder welcher Gesichtspunkte das nationale Gericht zu bestimmen habe, an welchem Ort ein Vermögensschaden – sei es ein unmittelbarer oder ein abgeleiteter Vermögensschaden – eingetreten sei oder als eingetreten gelte.

21.      Nach Ansicht des Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) stellt sich zugleich die Frage, ob – und wenn ja, inwieweit – die nationalen Gerichte, die beurteilen müssten, ob ihnen im vorliegenden Fall eine Zuständigkeit nach der Verordnung Nr. 44/2001 zukomme, verpflichtet seien, bei ihrer Würdigung von dem in diesem Zusammenhang erheblichen Vorbringen des Klägers bzw. Antragstellers auszugehen, oder ob sie auch zu würdigen hätten, was der Beklagte angeführt habe, um dieses Vorbringen in Abrede zu stellen.

22.      Unter diesen Umständen hat das vorlegende Gericht beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen, dass als „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, der Ort in einem Mitgliedstaat angesehen werden kann, an dem der Schaden eingetreten ist, wenn dieser Schaden ausschließlich in einem Vermögensschaden besteht, der die unmittelbare Folge eines unerlaubten Verhaltens ist, das sich in einem anderen Mitgliedstaat ereignet hat?

2.      Sofern die erste Frage bejaht wird:

a)      Anhand welchen Maßstabs oder welcher Gesichtspunkte haben die nationalen Gerichte bei der Prüfung ihrer Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 zu bestimmen, ob im vorliegenden Fall ein Vermögensschaden vorliegt, der die unmittelbare Folge eines unerlaubten Verhaltens ist („ursprünglicher Vermögensschaden“ oder „unmittelbarer Vermögensschaden“), oder ein Vermögensschaden, der die Folge eines an einem anderen Ort eingetretenen Erstschadens ist, bzw. ein Schaden, der sich aus einem andernorts eingetretenen Schaden ergeben hat („Folgeschaden“ oder „abgeleiteter Vermögensschaden“)?

b)      Anhand welchen Maßstabs oder welcher Gesichtspunkte haben die nationalen Gerichte bei der Prüfung ihrer Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 zu bestimmen, wo der Vermögensschaden – sei es ein unmittelbarer oder ein abgeleiteter Vermögensschaden – im vorliegenden Fall eingetreten ist oder als eingetreten gilt?

3.      Sofern die erste Frage bejaht wird: Ist die Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen, dass die nationalen Gerichte, die zu beurteilen haben, ob ihnen nach dieser Verordnung im vorliegenden Fall eine Zuständigkeit zukommt, verpflichtet sind, bei ihrer Würdigung von dem in diesem Zusammenhang erheblichen Vorbringen des Klägers bzw. Antragstellers auszugehen, oder dahin, dass diese Gerichte auch zu würdigen haben, was der Beklagte angeführt hat, um dieses Vorbringen in Abrede zu stellen?

23.      Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, Herr Schilling und Herr Brož, die griechische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen abgegeben und haben in der Sitzung vom 25. November 2015 mündlich verhandelt.

IV – Würdigung

A –    Vorbemerkungen

24.      In den vorliegenden Schlussanträgen ziehe ich die Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen(4) in der Fassung der nachfolgenden Übereinkommen über den Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zu diesem Übereinkommen (im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen) heran, weil im Hinblick darauf, dass die Verordnung Nr. 44/2001 das Brüsseler Übereinkommen ersetzt hat, die Auslegung der Bestimmungen dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof auch für die Bestimmungen der Verordnung gilt, soweit die Bestimmungen dieser Rechtsakte als gleichwertig angesehen werden können(5). Die zentrale Bestimmung in der vorliegenden Rechtssache, nämlich Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001, hat nahezu denselben Wortlaut wie die entsprechende Bestimmung des Brüsseler Übereinkommens, deren Systematik sie übernimmt. Angesichts dieser Ähnlichkeit ist entsprechend dem 19. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 44/2001 die Kontinuität bei der Auslegung dieser beiden Rechtsakte zu wahren(6).

B –    Zur ersten Frage

25.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass als „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, der Ort in einem Mitgliedstaat angesehen werden kann, an dem der Schaden(7) eingetreten ist, wenn dieser Schaden ausschließlich in einem Vermögensschaden besteht, der die unmittelbare Folge eines unerlaubten Verhaltens ist, das sich in einem anderen Mitgliedstaat ereignet hat.

26.      Das vorlegende Gericht fragt also im Kern danach, ob ein in einem Mitgliedstaat eingetretener Vermögensschaden ein hinreichender Anknüpfungspunkt ist, um das nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 zuständige Gericht zu bestimmen.

27.      Kapitel II Abschnitt 2 der Verordnung Nr. 44/2001 sieht nur als Ausnahme von dem in ihrem Art. 2 Abs. 1 aufgestellten tragenden Grundsatz, der die Zuständigkeit den Gerichten des Mitgliedstaats zuweist, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, eine Reihe besonderer Zuständigkeiten vor, darunter die nach Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung(8). Da die Zuständigkeit der Gerichte des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, eine besondere Zuständigkeitsregel darstellt, ist sie autonom und eng auszulegen(9) und erlaubt keine Auslegung, die über die ausdrücklich in der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen Fälle hinausgeht(10).

28.      Der Hauptgrund für die besondere Zuständigkeitsregel in Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 besteht nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs darin, dass zwischen der Streitigkeit und dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses eine Zuständigkeit dieses Gerichts rechtfertigt(11). Das Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, ist nämlich insbesondere wegen der Nähe zum Streitgegenstand und der leichteren Beweisaufnahme in der Regel am besten in der Lage, den Rechtsstreit zu entscheiden(12).

29.      Gemäß Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 können somit Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, den Gegenstand des Verfahrens bildet, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht.

30.      Es sei angemerkt, dass in dieser Bestimmung keineswegs von einem Schaden („dommage“ oder „préjudice“) die Rede ist, sondern von einem schädigenden Ereignis. Somit wird dem Wortlaut von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 nach nicht in erster Linie der Schaden, sondern das schadensbegründende Ereignis angesprochen. Der Grundgedanke dieser Bestimmung erscheint mir einleuchtend: Ein Gericht ist in der Regel an dem Ort, an dem ein Schaden tatsächlich verursacht wurde, am besten in der Lage, die Tatsachen zu ermitteln, Zeugen zu vernehmen und sämtliche Verfahrenshandlungen vorzunehmen.

31.      Es ist allerdings allgemein bekannt, dass der Gerichtshof seit seinem Grundsatzurteil Bier („Mines de potasse d’Alsace“)(13) die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, dahin auslegt, dass sie zwei verschiedene Orte umfasst, nämlich den Ort, an dem der Schaden eingetreten ist(14), und den Ort des ursächlichen Geschehens(15), das diesem Schaden zugrunde liegt(16).

32.      Soweit es sich um einen Vermögensschaden handelt, hat der Gerichtshof im Urteil Marinari(17) für Recht erkannt, dass die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, nicht den Ort bezeichnet, an dem der Geschädigte einen Vermögensschaden in der Folge eines in einem anderen Mitgliedstaat entstandenen und dort von ihm erlittenen Erstschadens erlitten zu haben behauptet(18). In jenem Fall hatte der Kläger bei der Filiale einer Bank im Vereinigten Königreich ein Paket Eigenwechsel hinterlegt, dessen Rückgabe die Mitarbeiter der Bank verweigerten; stattdessen informierten sie die Polizei über diese Wechsel mit der Erklärung, sie seien zweifelhafter Herkunft, was zur Verhaftung des Klägers und zur Beschlagnahme der Wechsel führte. Nach seinem Freispruch durch die englischen Gerichte verklagte der Kläger die Bank vor einem italienischen Gericht auf Ersatz der von ihren Angestellten verursachten Schäden. Die Klage war auf Zahlung des Gegenwerts der Eigenwechsel und auf Ersatz des Schadens gerichtet, der ihm durch die Haft, die Auflösung mehrerer Verträge und die Schädigung seines Rufes entstanden sei.

33.      Im hier in Rede stehenden Ausgangsverfahren wurde der Vertrag, der die fehlerhafte Klausel enthält, in der Tschechischen Republik verhandelt und unterzeichnet. Die Rechte und Pflichten der Parteien, darunter die Verpflichtung für Universal Music, einen höheren als den ursprünglich vorgesehenen Betrag für die verbleibenden 30 % der Anteile zu zahlen, wurden in diesem Mitgliedstaat festgelegt. Diese vertragliche Verpflichtung, die die Vertragsparteien nicht hatten begründen wollen, ist in der Tschechischen Republik entstanden. Die Verpflichtung zur Zahlung eines höheren als des vorgesehenen Preises ist also in diesem Mitgliedstaat unwiderruflich und bindend geworden, und der Schaden ist meines Erachtens in diesem Mitgliedstaat eingetreten.

34.      Dieser Befund führt dazu, dass die ersten beiden Fragen hypothetisch werden, weil sich in Anwendung der ständigen Rechtsprechung der „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, in der Tschechischen Republik befindet.

35.      Das vorlegende Gericht trägt jedoch vor, in der Rechtsprechung des Gerichtshofs keine Antwort auf die Frage gefunden zu haben, ob ein reiner Vermögensschaden einen „Erfolgsort“ und somit eine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 begründen könne. Mit anderen Worten fragt es sich, ob eine Zuständigkeit auf Grundlage der genannten Bestimmung besteht, wenn es, wie in der Rechtssache, in der das Urteil Marinari(19) ergangen ist, an einem ursprünglichen Schaden fehlt.

36.      In einem solchen Fall ist, hilfsweise, die in der vorliegenden Rechtssache entscheidende Frage daher die, ob der Befund des Gerichtshofs im Urteil Mines de potasse d’Alsace(20), wonach die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, beide Orte umfasst, auch dann gilt, wenn es sich um einen reinen Vermögensschaden handelt.

37.      Meiner Ansicht nach ist dies nicht der Fall.

38.      Handelt es sich um einen Vermögensschaden, also einen Schaden, der allein in einer Verringerung finanzieller Vermögenswerte besteht(21), halte ich den Begriff „Erfolgsort“ nicht für uneingeschränkt einschlägig(22). In bestimmten Fallkonstellationen lassen sich die Begriffe „Handlungsort“ und „Erfolgsort“ nicht voneinander unterscheiden. Zur Bestimmung eines möglichen „Erfolgsorts“ hinge in einer solchen Situation alles von der Frage ab, an welchem Ort die finanziellen Vermögenswerte belegen sind, der für gewöhnlich mit dem Wohnsitz oder, im Fall einer juristischen Person, mit dem Sitz zusammenfällt. Diese Frage ist oft zufallsbedingt und mit Erwägungen verbunden, die nicht im Zusammenhang mit dem Sachverhalt stehen.

39.      Ich wäre daher vorsichtig, was die buchstabengetreue Übernahme der aus dem Urteil Mines de potasse d’Alsace(23) hervorgegangenen Rechtsprechung auf einen Fall angeht, in dem der Schaden vermögensrechtlicher Natur ist. Wie die Kommission in ihren Erklärungen zu Recht hervorhebt, hat der Gerichtshof im Urteil Mines de potasse d’Alsace(24) dem Kläger die Möglichkeit, zwischen dem Ort des Schadenseintritts und dem Ort des schadensursächlichen Geschehens zu wählen, nicht deswegen zugestanden, um die Ausnahme von der allgemeinen Zuständigkeitsvorschrift auszuweiten. Der Grund für dieses Wahlrecht beruht auf der Notwendigkeit, dem Sachverhalt des Rechtsstreits so nahe wie möglich zu bleiben und das für die Urteilsfindung und in diesem Zusammenhang, die sachgerechte – beispielsweise durch Beweiserhebung und Zeugenvernehmung – Gestaltung eines Prozesses am besten geeignete Gericht zu bestimmen.

40.      Wie bereits oben erwähnt, sind daher alle Faktoren, die einem Gericht eine sachgerechte Gestaltung eines Prozesses ermöglichen, in der Tschechischen Republik zu finden.

41.      Anders ausgedrückt bietet im Hinblick auf eine geordnete Rechtspflege und die Verfahrensökonomie die bloße Tatsache, dass ein Vergleichsbetrag zulasten eines Unternehmens mit Sitz in den Niederlanden gegangen ist, keine hinreichende Grundlage, um die Zuständigkeit der niederländischen Gerichte zu begründen.

42.      Eine Analyse der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann diesen Ansatz meines Erachtens nicht entkräften.

43.      In der Rechtssache, in der das Urteil Kronhofer(25) ergangen ist, hatte der Geschädigte, der seinen Wohnsitz in Österreich hatte, ein Angebot angenommen, das darin bestand, ein Konto in Deutschland zu eröffnen, auf das er einen Geldbetrag überwiesen hatte. Der Gerichtshof hat für Recht erkannt, dass Art. 5 Nr. 3 des Brüsseler Übereinkommens dahin auszulegen sei, dass sich die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, nicht schon deshalb auf den Ort des Klägerwohnsitzes – als Ort des „Mittelpunkts seines Vermögens“ – beziehe, weil dem Kläger durch den Verlust von Vermögensbestandteilen in einem anderen Vertragsstaat ein finanzieller Schaden entstanden sei(26). Diese Feststellung ist überzeugend, weil dieser Ort ziemlich zufällig und nicht unbedingt ein zuverlässiges Anknüpfungskriterium ist.

44.      In dem dem Urteil Kolassa(27) zugrunde liegenden Sachverhalt hatte ein Investor in seinem Heimatland Österreich einen näher bestimmten Betrag bei einer Bank angelegt. Nach Auffassung des Gerichtshofs ist der Schaden an dem Ort eingetreten, an dem er dem Investor entstanden ist(28), nämlich in Österreich. Er hielt eine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 für gegeben(29).

45.      Ich bin jedoch der Auffassung, dass aus dieser Rechtssache keine allgemeine Regel abgeleitet werden kann, nach der ein Vermögensschaden als Anknüpfungskriterium für die Anwendung der genannten Bestimmung ausreicht. Der Sachverhalt in der Rechtssache, in der das Urteil Kolassa(30) ergangen ist, war nämlich besonders gelagert. Die Beklagte, eine britische Bank, hatte in Österreich einen Prospekt über die fraglichen Finanzzertifikate veröffentlicht(31), und es war eine britische Bank, die diese Zertifikate (wieder) verkaufte.

46.      In der Rechtssache, in der das Urteil CDC Hydrogen Peroxide zum Wettbewerbsrecht ergangen ist und in der sich die Geschädigten in mehreren Mitgliedstaaten befanden, hat der Gerichtshof anerkannt, dass diese unterschiedlichen Orte als Anknüpfungspunkt dienen können(32). Er hat für Recht erkannt, dass „[d]a es sich um einen Schaden handelt, der in den Mehrkosten besteht, die wegen eines künstlich überhöhten Preises … anfielen, … sich dieser Ort nur für jeden einzelnen mutmaßlich Geschädigten ermitteln [lässt] und … grundsätzlich an dessen Sitz [liegt]“(33).

47.      Ich denke nicht, dass sich aus diesem Befund eine allgemeine Regel ableiten lässt, nach der der Sitz eines geschädigten Unternehmens den Ort darstellt, an dem der Schaden eingetreten ist. Dieser Befund lässt sich vielmehr aus den Besonderheiten jener Rechtssache erklären, in der eine Vielzahl von Personen geschädigt worden war. Es war daher weder möglich, einen einzigen Ort als den Ort auszumachen, an dem die Kartellvereinbarung getroffen worden war, noch somit den Ort des schadensbegründenden Ereignisses. Zudem fällt der Sitz eines Unternehmens meines Erachtens tendenziell mit seinen wirtschaftlichen Tätigkeiten zusammen.

48.      Insgesamt kann ich nicht erkennen, inwieweit Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 die gerichtliche Zuständigkeit eines Gerichts in einem Mitgliedstaat begründen könnte, mit dem der Rechtsstreit nur dadurch verknüpft ist, dass der Geschädigte dort einen Vermögensschaden erlitten hat.

49.      Daher schlage ich vor, auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass als „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, in Ermangelung anderer Anknüpfungspunkte nicht der Ort in einem Mitgliedstaat angesehen werden kann, an dem der Schaden eingetreten ist, wenn dieser Schaden ausschließlich in einem Vermögensschaden besteht, der die Folge eines unerlaubten Verhaltens ist, das sich in einem anderen Mitgliedstaat ereignet hat.

50.      In Anbetracht dieses Antwortvorschlags braucht die zweite Frage nicht mehr geprüft zu werden.

C –    Zur dritten Frage

51.      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass das nationale Gericht, das zu beurteilen hat, ob es nach dieser Bestimmung zuständig ist, verpflichtet ist, bei seiner Würdigung vom Vorbringen des Klägers auszugehen, oder dahin, dass dieses Gericht auch zu würdigen hat, was der Beklagte angeführt hat, um dieses Vorbringen in Abrede zu stellen.

52.      Das vorlegende Gericht stellt diese Frage zwar nur für den Fall einer Bejahung der ersten Frage, ich bin jedoch der Auffassung, dass ein Interesse an der Beantwortung besteht, weil diese Frage von allgemeiner Bedeutung ist und sich auf die Beurteilung der Zuständigkeit bezieht und nicht nur auf die Frage, ob ein Vermögensschaden zur Begründung einer Zuständigkeit ausreichend ist.

53.      Einleitend ist darauf hinzuweisen(34), dass sich die gerichtliche Zuständigkeit nach den autonomen Vorschriften der Verordnung Nr. 44/2001 richtet, während die Sachentscheidung anhand des anwendbaren nationalen Rechts zu treffen ist, das mittels der Kollisionsregeln für vertragliche(35) oder außervertragliche(36) Schuldverhältnisse bestimmt wird.

54.      Die bisherige Rechtsprechung scheint mir bereits mehrere Wege zur Beantwortung dieser Frage zu liefern.

55.      In der Verordnung Nr. 44/2001 ist nicht näher geregelt, welchen Umfang die einem nationalen Gericht bei der Prüfung seiner Zuständigkeit obliegenden Kontrollpflichten haben. Nach ständiger Rechtsprechung hatte das Brüsseler Übereinkommen nicht die Vereinheitlichung der Verfahrensregeln der Vertragsstaaten zum Gegenstand, sondern die Verteilung der gerichtlichen Zuständigkeiten für Zivil- und Handelssachen im Verhältnis zwischen den Vertragsstaaten und die Erleichterung der Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen(37). Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung ist hinsichtlich der Verfahrensregeln auf die für das angerufene Gericht geltenden nationalen Regeln zurückzugreifen, soweit deren Anwendung nicht die praktische Wirksamkeit des Brüsseler Übereinkommens beeinträchtigt(38).

56.      So hat der Gerichtshof entschieden, dass einem Kläger der Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens auch dann zur Verfügung stand, als das Zustandekommen des Vertrags, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wurde, zwischen den Parteien streitig war(39). Er hat weiter präzisiert, dass es Erwägungen der Rechtssicherheit entspreche, dass das angerufene nationale Gericht in der Lage sein muss, anhand der Normen des Übereinkommens ohne Schwierigkeiten über seine eigene Zuständigkeit zu entscheiden, ohne in eine Sachprüfung eintreten zu müssen(40).

57.      Der Gerichtshof hat ferner ausgeführt, dass das angerufene Gericht im Stadium der Prüfung der internationalen Zuständigkeit weder die Zulässigkeit noch die Begründetheit der negativen Feststellungsklage nach den Vorschriften des nationalen Rechts prüfe, sondern nur die Anknüpfungspunkte mit dem Staat des Gerichtsstands ermittele, die seine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 rechtfertigten(41). Überdies ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass das angerufene Gericht für die Anwendung von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001, soweit es nur um die Prüfung seiner Zuständigkeit nach dieser Bestimmung gehe, den Vortrag des Klägers zu den Voraussetzungen der Haftung aus unerlaubter Handlung oder aus einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, als erwiesen ansehen dürfe(42). Schließlich hat der Gerichtshof entschieden, dass es im Rahmen der Prüfung der Zuständigkeit nach der Verordnung Nr. 44/2001 nicht erforderlich sei, zu strittigen Tatsachen, die sowohl für die Frage der Zuständigkeit als auch für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs von Relevanz sind, ein umfassendes Beweisverfahren durchzuführen, und dass es dem angerufenen Gericht jedoch freistehe, seine internationale Zuständigkeit im Licht aller ihm vorliegender Informationen zu prüfen, wozu gegebenenfalls auch die Einwände des Beklagten gehörten(43).

58.      Ich schlage daher vor, auf die dritte Frage zu antworten, dass das mit einem Rechtsstreit befasste Gericht zur Feststellung seiner Zuständigkeit nach der Verordnung Nr. 44/2001 alle ihm zur Verfügung stehenden Angaben zu würdigen hat, gegebenenfalls einschließlich der Angaben des Beklagten.

V –    Ergebnis

59.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

1.      Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass als „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, in Ermangelung anderer Anknüpfungspunkte nicht der Ort in einem Mitgliedstaat angesehen werden kann, an dem der Schaden eingetreten ist, wenn dieser Schaden ausschließlich in einem Vermögensschaden besteht, der die Folge eines unerlaubten Verhaltens ist, das sich in einem anderen Mitgliedstaat ereignet hat.

2.      Das mit einem Rechtsstreit befasste Gericht hat zur Feststellung seiner Zuständigkeit nach der Verordnung Nr. 44/2001 alle ihm zur Verfügung stehenden Angaben zu würdigen, gegebenenfalls einschließlich der Angaben des Beklagten.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Verordnung des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).


3 – C‑364/93, EU:C:1995:289.


4 – ABl. 1972, L 299, S. 32.


5 – Urteil TNT Express Nederland (C‑533/08, EU:C:2010:243, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).


6 – Vgl. auch konkret in Bezug auf Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 Urteil Zuid-Chemie (C‑189/08, EU:C:2009:475, Rn. 19).


7 – Zur Vermeidung jeder Verwechslungsgefahr sei betont, dass die Begriffe „préjudice“ (Schaden) und „dommage“ (Schaden) in den vorliegenden Schlussanträgen gleichbedeutend verwendet werden.


8 – Vgl. u. a. Urteile Coty Germany (C‑360/12, EU:C:2014:1318, Rn. 44) und Melzer (C‑228/11, EU:C:2013:305, Rn. 23).


9 – Dies entspricht ständiger Rechtsprechung. Vgl. u. a. Urteile Holterman Ferho Exploitatie u. a. (C‑47/14, EU:C:2015:574, Rn. 72), CDC Hydrogen Peroxide (C‑352/13, EU:C:2015:335, Rn. 37) und Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 43).


10 – Vgl. u. a. Urteile Coty Germany (C‑360/12, EU:C:2014:1318, Rn. 45) und Melzer (C‑228/11, EU:C:2013:305, Rn. 24).


11 – Vgl. Urteil Zuid-Chemie (C‑189/08, EU:C:2009:475, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).


12 – Urteil Zuid-Chemie (C‑189/08, EU:C:2009:475, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).


13 – 21/76, EU:C:1976:166.


14 – In der deutschen Lehre als „Erfolgsort“ bezeichnet.


15 – In der deutschen Lehre als „Handlungsort“ bezeichnet.


16 – 21/76, EU:C:1976:166, Rn. 24. Vgl. auch Urteile Zuid-Chemie (EU:C:2009:475, Rn. 23) und Kainz (C‑45/13, EU:C:2014:7, Rn. 23).


17 – C‑364/93, EU:C:1995:289.


18 – Vgl. Urteil Marinari (C‑364/93, EU:C:1995:289, Rn. 21).


19 – C‑364/93, EU:C:1995:289.


20 – 21/76, EU:C:1976:166.


21 – „Vermogensschade“ in der Terminologie des vorlegenden Gerichts.


22 – Anders verhält es sich freilich, wenn das Vermögen als solches von der unerlaubten Handlung betroffen ist. In einem solchen Fall scheint mir auf der Hand zu liegen, dass der „Erfolgsort“ sehr wohl der Ort sein kann, an dem der Vermögensschaden eingetreten ist. Vgl. in diesem Sinne auch Mankowski, P., in Magnus, U., Mankowski, P., Brussels Ibis Regulation –Commentary, Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln, 2016, Art. 7, Rn. 328.


23 – 21/76, EU:C:1976:166.


24 – 21/76, EU:C:1976:166.


25 – C‑168/02, EU:C:2004:364.


26 – Urteil Kronhofer (C‑168/02, EU:C:2004:364, Rn. 21).


27 – C‑375/13, EU:C:2015:37.


28 – Urteil Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 54).


29 – Urteil Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 57).


30 – C‑375/13, EU:C:2015:37.


31 – Vgl. auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Kolassa (C‑375/13, EU:C:2014:2135, Nr. 64).


32 – C‑352/13, EU:C:2015:335 (Rn. 52).


33 – Urteil CDC Hydrogen Peroxide (C‑352/13, EU:C:2015:335, Rn. 52).


34 – Vgl. auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Kolassa (C‑375/13, EU:C:2014:2135, Nr. 69).


35 – Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. L 177, S. 6).


36 – Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II) (ABl. L 199, S. 40).


37 – Vgl. hierzu Urteile Shevill u. a. (EU:C:1995:61, Rn. 35), Italian Leather (C‑80/00, EU:C:2002:342, Rn. 43) und DFDS Torline (C‑18/02, EU:C:2004:74, Rn. 23).


38 – Urteile Hagen (C‑365/88, EU:C:1990:203, Rn. 19 und 20) und Shevill u. a. (EU:C:1995:61, Rn. 36).


39 – Urteil Effer (38/81, EU:C:1982:79, Rn. 8).


40 – Urteil Benincasa (C‑269/95, EU:C:1997:337, Rn. 27).


41 – Urteil Folien Fischer und Fofitec (C‑133/11, EU:C:2012:664, Rn. 50).


42 – Urteil Hi Hotel HCF (C‑387/12, EU:C:2014:215, Rn. 20).


43 – Urteil Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 65).