URTEIL DES GERICHTS (Fünfte erweiterte Kammer)
11. Februar 1999 (1)
„Staatliche Beihilfen Luftverkehr Steuerrecht Nichtigkeitsklage
Unzulässigkeit“
In der Rechtssache T-86/96
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrt-Unternehmen, Verein deutschen Rechts
mit Sitz in Bonn, bestehend aus folgenden Mitgliedern:
Aero Lloyd Flugreisen GmbH & Co. Luftverkehrs-KG, Gesellschaft
deutschen Rechts mit Sitz in Oberursel (Deutschland),
Air Berlin GmbH & Co. Luftverkehrs KG, Gesellschaft deutschen Rechts
mit Sitz in Berlin,
Condor Flugdienst GmbH, Gesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in
Kelsterbach (Deutschland),
Germania Fluggesellschaft mbH, Gesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in
Berlin,
Hapag-Lloyd Fluggesellschaft mbH, Gesellschaft deutschen Rechts mit Sitz
in Langenhagen (Deutschland),
LTU Lufttransport Unternehmen GmbH & Co. KG, Gesellschaft deutschen
Rechts mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland)
und
Hapag-Lloyd Fluggesellschaft mbH, Gesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in
Langenhagen, im eigenen Namen handelnd,
Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Gerrit Schohe, Hamburg,
Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Marc Baden, 34 b, rue Philippe II,
Luxemburg,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Anders Jessen und
Paul Nemitz, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte im Beistand der
Rechtsanwälte Hans-Jürgen Rabe und Georg M. Berrisch, Hamburg und Brüssel,
Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre
Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 96/369/EG der Kommission vom
13. März 1996 über eine steuerliche Beihilfe in Form einer Abschreibungsregelung
zugunsten der deutschen Luftverkehrsunternehmen (ABl. L 146, S. 42)
erläßt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Fünfte erweiterte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten J. D. Cooke, des Richters R. García-Valdecasas,
der Richterin P. Lindh sowie der Richter J. Pirrung und M. Vilaras,
Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29.
Oktober 1998,
folgendes
Urteil
Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt
- 1.
- Im Jahr 1965 führte die Bundesrepublik Deutschland mit § 82f Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) für einen bestimmten Zeitraum einen
Sonderabschreibungsmechanismus für die Kosten der Anschaffung bestimmter
Kategorien von Handels- und Fischereischiffen sowie Luftfahrzeugen ein.
- 2.
- Nach diesem Mechanismus konnten Unternehmer, die ein neues Luftfahrzeug
erwarben, im Wirtschaftsjahr der Anschaffung und in den vier folgenden
Wirtschaftsjahren Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 30 % der gesamten
Anschaffungskosten vornehmen. Dieser Sonderabschreibungsbetrag konnte beliebig
auf die ersten fünf Jahre verteilt werden. Nach Ablauf dieses Zeitraums war der
Restbetrag der Anschaffungskosten linear abzuschreiben. Unter diese Vorschrift
fielen in Deutschland eingetragene Luftfahrzeuge, die zur gewerbsmäßigen
Beförderung von Personen oder Sachen im internationalen Luftverkehr oder zur
Verwendung zu sonstigen gewerblichen Zwecken im Ausland bestimmt waren.
- 3.
- 1986 wurde die Geltungsdauer des § 82f EStDV bis zum 31. Dezember 1994
verlängert.
- 4.
- Mit Schreiben vom 21. April 1993 informierte die Kommission die deutsche
Regierung gemäß Artikel 93 Absatz 1 EG-Vertrag darüber, daß dieser
Abschreibungsmechanismus eine bestehende Beihilfe darstelle, die mit Artikel 92
des Vertrages unvereinbar sei (ABl. C 289, S. 2). Sie schlug der deutschen
Regierung vor, die Beihilfe zugunsten der Zivilluftfahrt spätestens zum 1. Januar
1994 aufzuheben. Dieser Verwaltungsvorgang erhielt das Aktenzeichen E 4/93.
- 5.
- Die deutsche Regierung teilte der Kommission mit Schreiben vom 8. September
1993 mit, sie beabsichtige, die Geltungsdauer des § 82f EStDV vom 1. Januar 1995
bis zum 31. Dezember 1999 zu verlängern. Diese Verlängerung erfolgte am 13.
September 1993 durch das Standortsicherungsgesetz (Gesetz zur Verbesserung der
steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im
Europäischen Binnenmarkt; BGBl. I S. 1569). Dessen Inkrafttreten wurde jedoch
ausdrücklich von der vorherigen Genehmigung durch die Kommission abhängig
gemacht (Artikel 20 Absatz 2 Standortsicherungsgesetz).
- 6.
- Die Kommission betrachtete das Schreiben der deutschen Regierung vom 8.
September 1993 als Notifizierung einer neuen Beihilfe gemäß Artikel 93 Absatz 3
des Vertrages; dieser Vorgang erhielt das Aktenzeichen N 640/93.
- 7.
- Am 8. Dezember 1993 beschloß die Kommission, im Hinblick auf die beiden
Vorgänge E 4/93 und N 640/93 das in Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages
vorgesehene Verfahren einzuleiten. In einer im Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaften vom 19. Januar 1994 veröffentlichten Mitteilung bat sie die anderen
Mitgliedstaaten sowie betroffene Dritte, sich zu den betreffenden Maßnahmen zu
äußern (ABl. C 16, S. 3).
- 8.
- Am 29. November 1995 erließ sie die Entscheidung K(95) 3319 endg. bezüglich
einer Steuerbeihilfe im Bereich von Abschreibungen zugunsten deutscher
Unternehmen (im folgenden: Entscheidung K 3319). Mit dieser Entscheidung
wurde Deutschland im wesentlichen untersagt, die Geltungsdauer des § 82f EStDV
vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1999 zu verlängern.
- 9.
- Mit Klageschrift, die am 28. Februar 1996 bei der Kanzlei des Gerichts unter dem
Aktenzeichen T-25/96 eingetragen wurde, erhoben die Klägerinnen Klage auf
Nichtigerklärung der Entscheidung K 3319.
- 10.
- Am 13. März 1996 erließ die Kommission die Entscheidung 96/369/EG über eine
steuerliche Beihilfe in Form einer Abschreibungsregelung zugunsten der deutschen
Luftverkehrsunternehmen (ABl. L 146, S. 42; im folgenden: streitige Entscheidung).
- 11.
- Laut der letzten Begründungserwägung dieser Entscheidung „empfiehlt es sich,
die ... Entscheidung [K 3319] zu widerrufen, da die deutsche Fassung dieser
letztgenannten Entscheidung, die inhaltlich grundsätzlich mit dieser Entscheidung
identisch ist, zahlreiche Redaktionsfehler enthält“.
- 12.
- Der verfügende Teil der Entscheidung lautet:
„Artikel 1
Die Verlängerung der Gültigkeit von § 82f [EStDV] vom 1. Januar 1995 bis zum
31. Dezember 1999, mit dem eine Sonderabschreibungsregelung für Luftfahrzeuge
geschaffen wird, stellt eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 des
EG-Vertrags und Artikel 61 des EWR-Abkommens dar, die mit dem Gemeinsamen
Markt unvereinbar ist.
Artikel 2
Deutschland wird hiermit aufgefordert, die in Artikel 1 genannte Beihilferegelung
mit Wirkung vom 1. Januar 1995 einzustellen.
...
Artikel 4
Das Verfahren hinsichtlich der in Artikel 1 genannten Bestimmungen des
deutschen Steuerrechts in der bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Fassung wird
eingestellt.
Artikel 5
Die Entscheidung [K 3319] wird widerrufen.
Artikel 6
Diese Entscheidung ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.“
- 13.
- Mit Beschluß vom 14. März 1997 in der Rechtssache T-25/96 (Arbeitsgemeinschaft
Deutscher Luftfahrt-Unternehmen und Hapag-Lloyd/Kommission, Slg. 1997, II-363)
hat das Gericht die Klage gegen die Entscheidung K 3319 aufgrund des Erlasses
der streitigen Entscheidung für gegenstandslos und den Rechtsstreit somit in der
Hauptsache für erledigt erklärt.
Verfahren und Anträge der Parteien
- 14.
- Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 31. Mai 1996 bei der Kanzlei des
Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.
- 15.
- Mit am 16. September 1996 eingegangenem besonderem Schriftsatz hat die
Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Artikel 114 der
Verfahrensordnung erhoben. Die Klägerinnen haben ihre Stellungnahme zu dieser
Einrede am 15. November 1996 eingereicht.
- 16.
- Mit Beschluß vom 8. Juli 1997 hat das Gericht die Entscheidung über diese Einrede
dem Endurteil vorbehalten.
- 17.
- Mit am 10. Dezember 1997 eingegangenem besonderem Schriftsatz haben die
Klägerinnen einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt, der mit Beschluß der
Präsidentin der Vierten erweiterten Kammer des Gerichts vom 2. April 1998 in der
Rechtssache T-86/96 R (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrt-Unternehmen
und Hapag-Lloyd/Kommission, Slg. 1998, II-641) zurückgewiesen worden ist.
- 18.
- Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Vierte erweiterte Kammer) die
mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme eröffnet. Es hat jedoch
die Parteien mit Schreiben vom 1. Oktober 1998 aufgefordert, Dokumente
vorzulegen und Fragen zu beantworten. Die Klägerinnen und die Kommission sind
dieser Aufforderung innerhalb der eingeräumten Fristen nachgekommen.
- 19.
- Die Parteien haben in der Sitzung vom 29. Oktober 1998 mündlich verhandelt und
Fragen des Gerichts beantwortet.
- 20.
- Die Klägerinnen beantragen,
die Klage für zulässig zu erklären;
die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit sie die
Verlängerung der Geltungsdauer des § 82f EStDV vom 1. Januar 1995 bis
zum 31. Dezember 1999 betrifft;
der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
- 21.
- Die Kommission beantragt,
die Klage für unzulässig zu erklären;
sie als unbegründet abzuweisen;
den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Zulässigkeit
Vorbringen der Parteien
- 22.
- Die Kommission macht geltend, die Klage sei unzulässig, da die Klägerinnen von
der streitigen Entscheidung nicht individuell im Sinne von Artikel 173 Absatz 4 des
Vertrages betroffen seien.
- 23.
- In seinem Urteil vom 5. Juni 1996 in der Rechtssache T-398/94 (Kahn
Scheepvaart/Kommission, Slg. 1996, II-477, Randnr. 39) habe das Gericht
entschieden, daß es sich bei § 82f EStDV um eine allgemeine Steuervorschrift
handele. Die streitige Entscheidung betreffe eben diese Vorschrift. Daher sei sie
eine Maßnahme mit allgemeiner Geltung, die andere Personen als ihren
Adressaten, Deutschland, nicht individuell betreffen könne.
- 24.
- Im übrigen seien die Klägerinnen nicht wegen persönlicher Eigenschaften oder
besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände
berührt (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62,
Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 213, 238).
- 25.
- Nach Auffassung der Klägerinnen ist zwischen der Klagebefugnis des Vereins
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrt-Unternehmen (ADL) und derjenigen des
Unternehmens Hapag-Lloyd Fluggesellschaft mbH (HLF) zu unterscheiden.
- 26.
- Im Fall der Klägerin ADL sei der Umstand, daß die streitige Entscheidung eine
Maßnahme mit allgemeiner Geltung sei, unbeachtlich. Die Klage einer Vereinigung
im Bereich staatlicher Beihilfen sei nämlich schon dann zulässig, wenn die
angefochtene Entscheidung die Position der Vereinigung als
„Verhandlungspartnerin“ der Kommission betreffe (Urteile des Gerichtshofes vom
2. Februar 1988 in den Rechtssachen 67/85, 68/85 und 70/85, Van der Kooy
u. a./Kommission, Slg. 1988, 219, und vom 24. März 1993 in der Rechtssache
C-313/90, CIRFS u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1125).
- 27.
- Im vorliegenden Fall sei die Klägerin ADL aus folgenden Gründen
Verhandlungspartnerin gewesen:
Ihre Aufgabe sei es gewesen, die Interessen aller in Deutschland ansässigen
privaten Flugunternehmen zu vertreten und zu verteidigen;
sie sei Drittbetroffene im Sinne von Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages
gewesen, weshalb die Kommission sie zum Verfahren gemäß dieser
Vorschrift habe hinzuziehen müssen (Urteile des Gerichtshofes vom 19. Mai
1993 in der Rechtssache C-198/91, Cook/Kommission, Slg. 1993, I-2487, und
vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-225/91, Matra/Kommission, Slg.
1993, I-3203);
sie sei von ihren Mitgliedern ausdrücklich legitimiert worden, deren
Interessen im Rahmen dieses Verfahrens zu verteidigen, und habe diesen
gegenüber die Verantwortung für das Ergebnis der Gespräche mit der
Kommission getragen;
sie habe sich durch die Abgabe schriftlicher Stellungnahmen am 18. Februar
und 19. März 1994 aktiv an diesem Verfahren beteiligt; sie habe ein
Gutachten der Gesellschaft Price Waterhouse vom März 1994 vorgelegt; am
30. März 1995 habe sie an einer Besprechung über das vorläufige Gutachten
der Gesellschaft Jet Finance vom Februar 1995 teilgenommen, und sie habe
informelle Kontakte zur Generaldirektion Verkehr sowie zu dem für
Verkehr verantwortlichen Kommissionsmitglied gehalten;
sie sei die bevorzugte Verhandlungspartnerin der deutschen Regierung und
insbesondere des Verkehrsministeriums gewesen: So habe sie mehrfach an
Besprechungen teilgenommen und sich dort in Gegenwart von Vertretern
verschiedener zuständiger Bundesministerien für eine Verlängerung der
Geltungsdauer des § 82f EStDV eingesetzt (vgl. Anlagenkonvolut K 14 zur
Stellungnahme zur Unzulässigkeitseinrede).
- 28.
- Des weiteren spielten Berufsvereinigungen im Verfahren nach Artikel 93 Absatz
2 des Vertrages eine privilegierte Rolle. Sie seien nämlich besser in der Lage als
ihre Mitglieder, die Belange und Interessen ihres Sektors vor der Kommission zu
vertreten (Schlußanträge des Generalanwalts Sir Gordon Slynn in der Rechtssache
Van der Kooy u. a./Kommission, Slg. 1988, 240, 246). Erlasse daher die
Kommission zum Abschluß dieses Verfahrens eine ungünstige Entscheidung, so
müßten diese Vereinigungen ihre privilegierte Rolle im Wege einer Klage gegen
die Entscheidung fortsetzen können.
- 29.
- Folglich sei die Position der Klägerin ADL als Verhandlungspartnerin der
Kommission von der streitigen Entscheidung betroffen. Die Klage sei somit zulässig.
- 30.
- Da die Klägerinnen ein und dieselbe Klage erhoben hätten, brauche nach der
Rechtsprechung nicht geprüft zu werden, ob die Klägerin HLF klageberechtigt sei
(Urteil CIRFS u. a./Kommission, Randnr. 31).
- 31.
- Für den Fall, daß das Gericht die Klage für unzulässig halten sollte, soweit sie von
der Klägerin ADL erhoben worden sei, machen die Klägerinnen jedoch hilfsweise
geltend, daß die Klägerin HLF von der streitigen Entscheidung unmittelbar und
individuell betroffen sei.
- 32.
- Die Klägerin HLF sei unmittelbar betroffen. Zum einen gehöre sie zu den
Unternehmen, die vom Abschreibungsmechanismus des § 82f EStDV, dessen
Verlängerung in der streitigen Entscheidung untersagt worden sei, begünstigt
würden (Urteil des Gerichtshofes vom 17. September 1980 in der Rechtssache
730/79, Philip Morris/Kommission, Slg. 1980, 2671, Randnr. 5). Zum anderen habe
Deutschland bei der Vollziehung dieser Entscheidung keinerlei Handlungsspielraum
(Schlußanträge des Generalanwalts VerLoren van Themaat in der Rechtssache
11/82, Piraiki-Patraiki/Kommission, Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1985,
Slg. 1985, 207, 216 und 217).
- 33.
- Die Klägerin HLF sei auch individuell betroffen. Zwar habe die streitige
Entscheidung allgemeine Geltung, doch sei die Klägerin aus vier Gründen aus dem
Kreis aller übrigen Personen herausgehoben (Urteil Plaumann/Kommission, 238,
und Urteil vom 18. Mai 1994 in der Rechtssache C-309/89, Codorniu/Rat, Slg. 1994,
I-1853, Randnr. 19).
- 34.
- Erstens gelte § 82f EStDV für sie unmittelbar, ohne daß es auf nationaler Ebene
einer Umsetzungsmaßnahme bedürfe. Die Möglichkeit, den in dieser Vorschrift
vorgesehenen Sonderabschreibungsmechanismus in Anspruch zu nehmen, sei daher
für sie ein unmittelbarer, bedingungsloser und individueller Vorteil. Mit der
streitigen Entscheidung werde ihr dieser Vorteil aber für die Zeit nach dem 1.
Januar 1995 entzogen. Folglich stelle sich diese Entscheidung in bezug auf sie als
Einzelmaßnahme dar. Daher könne sie als Begünstigte der durch die streitige
Entscheidung untersagten Maßnahme Klage erheben, auch wenn diese
Entscheidung an Deutschland gerichtet sei (Urteil Philip Morris/Kommission,
Randnr. 5, und Urteil des Gerichtshofes vom 9. März 1994 in der Rechtssache
C-188/92, TWD Textilwerke Deggendorf, Slg. 1994, I-833, Randnr. 14).
- 35.
- Zweitens sei die Klägerin HLF als Drittbetroffene im Sinne von Artikel 93 Absatz
2 des Vertrages mit Verfahrensgarantien ausgestattet gewesen, aufgrund deren sie
sich an dem Verfahren gemäß dieser Vorschrift habe beteiligen und vor der
Kommission Stellungnahmen habe abgeben können (Urteile des Gerichtshofes vom
14. November 1984 in der Rechtssache 323/82, Intermills/Kommission, Slg. 1984,
3809, Randnr. 16, Cook/Kommission, Randnr. 24, und Matra/Kommission,
Randnr. 18). Bereits dieser Umstand berechtige sie dazu, Klage zu erheben, um
überprüfen zu lassen, ob die ihr zustehenden Verfahrensgarantien beachtet worden
seien und ob die streitige Entscheidung gegen das Gemeinschaftsrecht verstoße
(Urteil des Gerichtshofes vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 169/84, Cofaz
u. a./Kommission, Slg. 1986, 391, Randnr. 23, sowie Beschlüsse des Präsidenten des
Gerichts vom 15. Dezember 1992 in der Rechtssache T-96/92 R, CCE de la Société
Générale des Grandes Sources u. a./Kommission, Slg. 1992, II-2579, Randnr. 33,
und vom 2. April 1993 in der Rechtssache T-12/93 R, CCE de Vittel
u. a./Kommission, Slg. 1993, II-449, Randnr. 22). Es komme nicht darauf an, ob sie
sich an dem Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 tatsächlich beteiligt habe
(Urteile des Gerichts vom 27. April 1995 in der Rechtssache T-96/92, CCE de la
Société Générale des Grandes Sources u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1213,
Randnr. 36, vom 27. April 1995 in der Rechtssache T-12/93, CCE de Vittel
u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1247, Randnr. 47, und vom 11. Juli 1996 in den
Rechtssachen T-528/93, T-542/93, T-543/93 und T-546/93, Métropole Télévision
u. a./Kommission, Slg. 1996, II-649, Randnr. 62).
- 36.
- Drittens habe sich die Klägerin HLF jedenfalls an dem in Artikel 93 Absatz 2
vorgesehenen Verfahren entsprechend den im Urteil Cofaz u. a./Kommission
aufgestellten Kriterien (Randnrn. 24 und 25) beteiligt. Zusammen mit der Klägerin
ADL habe sie bei der Kommission zwei schriftliche Stellungnahmen sowie das
Gutachten der Gesellschaft Price Waterhouse eingereicht und engen Kontakt zu
den Dienststellen der Kommission gehalten (siehe oben, Randnr. 27).
- 37.
- Insoweit könne man der Klägerin HLF nicht vorhalten, daß sie die dem
Ermittlungsverfahren der Kommission zugrunde liegende Beschwerde nicht
veranlaßt habe (Urteil Cofaz u. a./Kommission, Randnrn. 24 und 26). Als
Begünstigte des Abschreibungsmechanismus des § 82f EStDV sei sie nicht gegen,
sondern für die Verlängerung der Geltungsdauer dieser Vorschrift eingetreten. Es
könne von ihr auch nicht der Nachweis verlangt werden, daß ihre Marktstellung
durch die streitige Entscheidung spürbar beeinträchtigt worden sei (Urteil Cofaz
u. a./Kommission, Randnr. 25). Dieses Merkmal sei nur für die Zulässigkeit der
Klage eines Konkurrenten des durch die streitige Beihilfe begünstigten
Unternehmens von Bedeutung (Schlußanträge des Generalanwalts VerLoren van
Themaat in der Rechtssache Cofaz u. a./Kommission, Slg. 1986, 392, 406).
- 38.
- Viertens hänge der Rechtsschutz der Klägerin HLF allein von der Zulässigkeit der
vorliegenden Klage ab. Sowohl § 82f EStDV als auch die streitige Entscheidung
würden unmittelbar auf sie angewandt. Da auf nationaler Ebene keine
Umsetzungsmaßnahme erforderlich sei, könne sie nicht bei einem deutschen
Gericht klagen und so eine Prüfung der Gültigkeit der streitigen Entscheidung über
eine dem Gerichtshof gemäß Artikel 177 des Vertrages vorgelegte
Vorabentscheidungsfrage erreichen (Urteile des Gerichts vom 22. Oktober 1996 in
der Rechtssache T-330/94, Salt Union/Kommission, Slg. 1996, II-1475, Randnr. 39,
und vom 7. November 1996 in der Rechtssache T-298/94, Roquette Frères/Rat,
II-1531, Randnr. 45).
Würdigung durch das Gericht
- 39.
- Zunächst ist die Klagebefugnis der Klägerin HLF und sodann die der Klägerin
ADL zu prüfen.
Zur Klagebefugnis der Klägerin HLF
- 40.
- Nach Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages können natürliche oder juristische
Personen die gegen sie ergangenen Entscheidungen sowie diejenigen
Entscheidungen anfechten, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine
andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und
individuell betreffen.
- 41.
- Soweit die Klage von der Klägerin HLF erhoben worden ist, hängt ihre Zulässigkeit
somit davon ab, ob die an Deutschland gerichtete streitige Entscheidung diese
Klägerin unmittelbar und individuell betrifft.
- 42.
- Nach ständiger Rechtsprechung sind andere Personen als die Adressaten einer
Entscheidung nur dann individuell im Sinne von Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag
betroffen, wenn diese Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher
Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen
heraushebender Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise
individualisiert wie einen Adressaten (Urteil Plaumann/Kommission, 238, Beschluß
des Gerichts vom 9. August 1995 in der Rechtssache T-585/93, Greenpeace
u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2205, Randnr. 48, bestätigt durch Urteil des
Gerichtshofes vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-321/95 P, Greenpeace
Council u.a./Kommission, Slg. 1998, I-1651, Randnrn. 27 und 28, sowie Urteile des
Gerichts vom 13. Dezember 1995 in den Rechtssachen T-481/93 und T-484/93,
Exporteurs in Levende Varkens u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2941, Randnr. 51,
und Kahn Scheepvaart/Kommission, Randnr. 37).
- 43.
- Im vorliegenden Fall berührt die streitige Entscheidung, da sie die Verlängerung
der Geltungsdauer des § 82f EStDV vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember
1999 untersagt, die Lage jeder natürlichen oder juristischen Person, die ein in
Deutschland eingetragenes neues Luftfahrzeug erwirbt, das zur gewerbsmäßigen
Beförderung von Personen oder Sachen im internationalen Luftverkehr oder zur
Verwendung zu sonstigen gewerblichen Zwecken im Ausland bestimmt ist. Zu
diesen Personen gehören insbesondere Fluggesellschaften, Unternehmer, die
Luftfahrzeuge erwerben, um sie zum Leasing anzubieten, und Personen, die
individuelle Beförderungsleistungen im Luftverkehr anbieten.
- 44.
- In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien darüber hinaus erklärt, daß
durch den Sonderabschreibungsmechanismus des § 82f EStDV jeder begünstigt
werde, der eine Beteiligung an einem Investitionsfonds erwerbe, zu dessen
Vermögen ein oder mehrere Luftfahrzeuge gehörten. Auch diese Personen sind
somit von der streitigen Entscheidung betroffen.
- 45.
- Da die streitige Entscheidung die Verlängerung der Geltungsdauer von allgemeinen
Steuervorschriften untersagt, ist sie, obwohl an einen Mitgliedstaat gerichtet, für
durch diese Vorschriften potentiell Begünstigte eine Maßnahme mit allgemeiner
Geltung, die für objektiv bestimmte Situationen gilt und Rechtswirkungen
gegenüber einer allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppe erzeugt.
- 46.
- Die Klägerin HLF kann daher nicht geltend machen, daß ihr durch die streitige
Entscheidung ein individueller Vorteil genommen werde. Da die Entscheidung die
Verlängerung der Geltungsdauer des § 82f EStDV untersagt, berührt sie die
Klägerin HLF allein aufgrund ihrer objektiven Eigenschaft als möglicherweise
durch den streitigen Abschreibungsmechanismus Begünstigte, nicht anders als jeden
anderen Wirtschaftsteilnehmer, der sich tatsächlich oder potentiell in einer
gleichgelagerten Situation befindet (Urteile des Gerichtshofes vom 14. Juli 1983 in
der Rechtssache 231/82, Spijker/Kommission, Slg. 1983, 2559, Randnr. 9, Piraiki-Patraiki/Kommission, Randnr. 14, und Van der Kooy u. a./Kommission,
Randnr. 15).
- 47.
- Im übrigen kann die Klägerin HLF nicht schon deshalb, weil sie eine
Drittbetroffene im Sinne von Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages ist, gegen die
streitige Entscheidung klagen.
- 48.
- Im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 93 ist nämlich zu unterscheiden zwischen
der Vorprüfungsphase nach Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages, die es der
Kommission ermöglichen soll, sich eine erste Meinung über die teilweise oder
völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe zu bilden, und der in Artikel 93 Absatz
2 des Vertrages geregelten Prüfungsphase (Urteil des Gerichtshofes vom 2. April
1998 in der Rechtssache C-367/95 P, Kommission/Sytraval und Brink's France, Slg.
1998, I-1719, Randnr. 38). Diese Prüfungsphase soll den betroffenen
Wirtschaftskreisen die Gewähr geben, ihre Auffassung vortragen zu können, und
es der Kommission ermöglichen, sich umfassende Kenntnis von allen
Gesichtspunkten eines Falles zu verschaffen (Urteile des Gerichtshofes vom 12. Juli
1973 in der Rechtssache 70/72, Kommission/Deutschland, Slg. 1973, 813,
Randnr. 19, vom 20. März 1984 in der Rechtssache 84/82,
Deutschland/Kommission, Slg. 1984, 1451, Randnr. 13, und Kommission/Sytraval
und Brink's France, Randnr. 38, sowie Urteil des Gerichts vom 15. September 1998
in den Rechtssachen T-126/96 und T-127/96, BFM und EFIM/Kommission, Slg.
1998, II-0000, Randnr. 45). Aus diesem Grund ist die Kommission nur nach Artikel
93 Absatz 2 des Vertrages verpflichtet, den Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung
zu geben (Urteile Deutschland/Kommission, Randnr. 13, Cook/Kommission,
Randnr. 22, und Matra/Kommission, Randnr. 16, sowie Urteil des Gerichts vom 16.
September 1998, Waterleiding Maatschappij/Kommission, T-188/95, Slg. 1998, II-0000, Randnr. 52).
- 49.
- Eine natürliche oder juristische Person kann aufgrund ihrer Eigenschaft als
Drittbetroffene nur von einer Entscheidung der Kommission individuell betroffen
sein, mit der die Einleitung der Prüfungsphase nach Artikel 93 Absatz 2 des
Vertrages abgelehnt wird (Urteile Cook/Kommission, Randnrn. 23 bis 26,Matra/Kommission, Randnrn. 17 bis 20, Kommission/Sytraval und Brink's France,
Randnrn. 40 und 41 sowie Randnrn. 47 und 48, und Urteil des Gerichts vom 15.
September 1998 in der Rechtssache T-11/95, BP Chemicals/Kommission, Slg. 1998,
II-0000, Randnrn. 88 und 89). In diesem Fall kann sie nämlich die Beachtung der
ihr zustehenden Verfahrensgarantien nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit
hat, diese Entscheidung der Kommission vor dem Gemeinschaftsgericht
anzufechten (Urteile Cook/Kommission, Randnr. 23, Matra/Kommission, Randnr.
17, Kommission/Sytraval und Brink's France, Randnr. 40, und BP
Chemicals/Kommission, Randnr. 89). Hat dagegen die Kommission wie im
vorliegenden Fall ihre Entscheidung zum Abschluß der Prüfungsphase erlassen, so
sind den Drittbetroffenen die ihnen zustehenden Verfahrensgarantien tatsächlich
zugute gekommen; sie können daher nicht mehr nur aufgrund dieser Eigenschaft
als von der Entscheidung individuell betroffen angesehen werden.
- 50.
- Daß sich die Klägerin HLF am Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages
beteiligt hat, reicht allein nicht aus, um sie in ähnlicher Weise zu individualisieren
wie den Adressaten der streitigen Entscheidung.
- 51.
- Nach der Rechtsprechung auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen ist nämlich die
Beteiligung an diesem Verfahren allenfalls einer von mehreren Umständen, aus
denen sich ergibt, daß eine natürliche oder juristische Person von der Entscheidung,
deren Nichtigerklärung sie begehrt, individuell betroffen ist, (vgl. insbesondere
Urteil Cofaz u. a./Kommission, Randnr. 25, und Beschluß des Gerichts vom 18.
Februar 1998 in der Rechtssache T-189/97, Comité d'entreprise de la Société
française de production u. a./Kommission, Slg. 1998, II-335, Randnr. 44).
- 52.
- Schließlich kann auch der von der Klägerin HLF geltend gemachte Umstand, daß
möglicherweise im nationalen deutschen Recht eine Klagemöglichkeit fehlt, das
Gericht nicht dazu veranlassen, die in Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages gesetzten
Grenzen seiner Befugnisse zu überschreiten (Beschlüsse des Gerichtshofes vom 23.
November 1995 in der Rechtssache C-10/95 P, Asocarne/Rat, Slg. 1995, I-4149,
Randnr. 26, und vom 24. April 1996 in der Rechtssache C-87/95 P, CNPAAP/Rat,
Slg. 1996, I-2003, Randnr. 38, sowie Urteil Kahn Scheepvaart/Kommission, Randnr.
50).
- 53.
- Nach alledem hat die Klägerin HLF außer ihrer Beteiligung am Verfahren gemäß
Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages keine persönlichen Eigenschaften oder
besonderen Umstände nachgewiesen, die sie aus dem Kreis aller übrigen potentiell
durch den Abschreibungsmechanismus des § 82f EStDV Begünstigten herausheben.
- 54.
- Daher ist die Klage, soweit sie von der Klägerin HLF erhoben worden ist, für
unzulässig zu erklären, ohne daß zu prüfen wäre, ob die Klägerin von der streitigen
Entscheidung unmittelbar betroffen ist.
Zur Klagebefugnis der Klägerin ADL
- 55.
- Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Vereinigung, die zur Wahrnehmung
gemeinsamer Interessen einer Gruppe von Bürgern gegründet wurde, von einer
Handlung, die die allgemeinen Interessen dieser Gruppe berührt, nicht im Sinne
des Artikels 173 Absatz 4 des Vertrages individuell betroffen (vgl. insbesondere
Beschluß Greenpeace u. a./Kommission, Randnr. 59, bestätigt durch Urteil des
Gerichtshofes Greenpeace Council u. a./Kommission, sowie Beschluß des
Gerichtshofes vom 18. Dezember 1998 in der Rechtssache C-409/96 P, Sveriges
Betodlares und Henrikson/Kommission, Slg. 1998, I-7531, Randnr. 45).
- 56.
- Sofern keine besonderen Umstände vorliegen, wie etwa die Rolle, die eine solche
Vereinigung in einem Verfahren hätte spielen können, das zum Erlaß der
fraglichen Maßnahme geführt hat, kann eine solche Vereinigung nach dieser
Rechtsprechung keine Nichtigkeitsklage erheben, wenn dies ihren Mitgliedern als
einzelnen verwehrt ist (Beschluß Sveriges Betodlares und Henrikson/Kommission,
Randnr. 45).
- 57.
- Im vorliegenden Fall ist bereits festgestellt worden, daß die Klägerin HLF, ein
Mitglied der Klägerin ADL, von der streitigen Entscheidung nicht individuell
betroffen war. Die Klägerin ADL hat auch nicht dargetan, daß eine Klage ihrer
anderen Mitglieder zulässig wäre. Folglich kann nicht davon ausgegangen werden,
daß die Klägerin ADL wirksam an die Stelle eines oder mehrerer ihrer Mitglieder
getreten ist (vgl. Urteil des Gerichts vom 6. Juli 1995 in den Rechtssachen T-447/93, T-448/93 und T-449/93, AITEC u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1971,
Randnr. 62).
- 58.
- Daher ist zu prüfen, ob sie ihre Klagebefugnis aus besonderen Umständen herleiten
kann.
- 59.
- Unter Bezugnahme auf die Urteile Van der Kooy u. a./Kommission und CIRFS
u. a./Kommission macht sie geltend, sie habe ein eigenes Klageinteresse, da ihre
Position als Verhandlungspartnerin der Kommission von der streitigen
Entscheidung betroffen sei. Diese Auffassung stützt sie auf fünf Punkte, und zwar
darauf, daß sie den betroffenen Sektor vertrete, daß sie Beteiligte sei, daß sie von
ihren Mitgliedern legitimiert worden sei, deren Interessen im Rahmen des
Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages zu vertreten, daß sie sich aktiv
an diesem Verfahren beteiligt habe und daß sie die bevorzugte
Verhandlungspartnerin der deutschen Regierung gewesen sei.
- 60.
- Die ersten vier Punkte belegen lediglich, daß die Klägerin ADL bei der
Kommission interveniert hat, um die gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder zu
vertreten. Sie können daher kein eigenes Interesse der Klägerin daran begründen,
gegen die streitige Entscheidung zu klagen.
- 61.
- Was ihre Eigenschaft als Verhandlungspartnerin der deutschen Regierung betrifft,
so geht aus dem Anlagenkonvolut K 14 hervor, daß das Verkehrsministerium die
Klägerin ADL eingeladen hatte, an drei Besprechungen teilzunehmen, um
Informationen auszutauschen und mit den anderen Teilnehmern eine gemeinsame
Vorgehensweise gegenüber der Kommission festzulegen. Die Teilnahme an diesen
Treffen kann der Klägerin aber nicht die Eigenschaft einer Verhandlungspartnerin
im Sinne der Urteile Van der Kooy u. a./Kommission und CIRFS u. a./Kommission
verleihen.
- 62.
- Die Klägerin ADL hat nämlich im Gegensatz zur klagenden Vereinigung in der
Rechtssache Van der Kooy u. a./Kommission keine Vereinbarung über die
Einführung oder über die Verlängerung der Geltungsdauer von Steuervorschriften
ausgehandelt und unterzeichnet, die von der Kommission beanstandet wurden, und
ist nicht gezwungen, zur Durchführung der streitigen Entscheidung
Neuverhandlungen aufzunehmen und eine Neuvereinbarung über diese
Vorschriften zu treffen.
- 63.
- Die Klägerin ADL hat auch anders als der klagende Verband in der Rechtssache
CIRFS u. a./Kommission keine Rolle bei der Umstrukturierung des
Luftverkehrssektors gespielt, indem sie mit der Kommission die Verlängerung und
Anpassung einer Disziplin für die staatlichen Beihilfen in diesem Sektor
ausgehandelt hätte.
- 64.
- Daher ist die Klage auch insoweit für unzulässig zu erklären, als sie von der
Klägerin ADL erhoben worden ist.
- 65.
- Würde man die Klage, soweit sie von der Klägerin ADL erhoben worden ist, unter
den Umständen des vorliegenden Falles, in dem Mitglieder der Klägerin nicht
individuell betroffen sind und sie selbst kein eigenes Klageinteresse hat, für zulässig
erklären, so hätte dies zur Folge, daß natürlichen und juristischen Personen erlaubt
würde, Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages durch eine gemeinsame Klage zu
umgehen (vgl. Urteil AITEC u. a./Kommission, Randnr. 60).
- 66.
- Die Klage ist somit insgesamt unzulässig.
Kosten
- 67.
- Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf
Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrem
Vorbringen unterlegen sind und die Kommission beantragt hat, ihnen die Kosten
aufzuerlegen, haben die Klägerinnen die Kosten zu tragen.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Fünfte erweiterte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
CookeGarcía-Valdecasas
Lindh
Pirrung Vilaras
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Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. Februar 1999.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
J. D. Cooke