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Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 6. September 2011 (Vorabentscheidungsersuchen des Tribunale Ordinario di Venezia - Italien) - Ivana Scattolon/Ministero dell'Istruzione, dell'Università e della Ricerca

(Rechtssache C-108/10)1

(Sozialpolitik - Richtlinie 77/187/EWG - Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen - Begriffe "Unternehmen" und "Übergang" - Öffentlich-rechtlicher Veräußerer und öffentlich-rechtlicher Erwerber - Anwendung des für den Erwerber geltenden Tarifvertrags ab dem Zeitpunkt des Übergangs - Behandlung hinsichtlich Lohn und Gehalt - Berücksichtigung des beim Veräußerer erreichten Dienstalters)

Verfahrenssprache: Italienisch

Vorlegendes Gericht

Tribunale Ordinario di Venezia

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerin: Ivana Scattolon

Beklagter: Ministero dell'Istruzione, dell'Università e della Ricerca

Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen - Tribunale Ordinario di Venezia - Anwendungsbereich der Richtlinien 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (ABl. L 61, S. 26) und 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 82, S. 16) - Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 77/187/EWG - Übertragung des mit der Reinigung betrauten Verwaltungspersonals von einem lokalen Verwaltungsträger auf die staatliche Verwaltung - Wahrung von Ansprüchen einschließlich des bei dem lokalen Träger erreichten Dienstalters

Tenor

Die Übernahme des bei einer Behörde eines Mitgliedstaats beschäftigten Personals, das mit der Erbringung von Hilfsdiensten an Schulen - darunter insbesondere der Instandhaltung und Hilfstätigkeiten in der Verwaltung - betraut ist, durch eine andere Behörde stellt einen "Unternehmensübergang" im Sinne der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen dar, wenn dieses Personal aus einer strukturierten Gesamtheit von Beschäftigten besteht, die als Arbeitnehmer nach dem innerstaatlichen Recht dieses Mitgliedstaats geschützt sind.

Art. 3 der Richtlinie 77/187 lässt, wenn ein Übergang im Sinne dieser Richtlinie zur sofortigen Anwendung des beim Erwerber geltenden Kollektivvertrags auf die übergegangenen Arbeitnehmer führt und die in diesem Vertrag vorgesehenen Lohn und Gehaltsbedingungen insbesondere mit dem Dienstalter verknüpft sind, nicht zu, dass diese Arbeitnehmer erhebliche Kürzungen ihres Arbeitsentgelts im Vergleich zu ihrer Lage unmittelbar vor dem Übergang hinnehmen müssen, weil ihr Dienstalter, das sie beim Veräußerer erreicht haben und das dem Dienstalter entspricht, das beim Erwerber beschäftigte Arbeitnehmer erreicht haben, bei der Bestimmung ihres Anfangsgehalts nicht berücksichtigt worden ist. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob es bei dem Übergang im Ausgangsverfahren zu einer derartigen Kürzung des Arbeitsentgelts gekommen ist.

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1 - ABl. C 134 vom 22.5.2010.