Language of document : ECLI:EU:T:2015:238

Rechtssache T‑217/11

Claire Staelen

gegen

Europäischer Bürgerbeauftragter

„Außervertragliche Haftung – Bearbeitung einer Beschwerde hinsichtlich der Führung einer Eignungsliste von Kandidaten für ein Allgemeines Auswahlverfahren durch den Bürgerbeauftragten – Untersuchungsbefugnisse – Sorgfaltspflicht – Verlust einer Chance – Immaterieller Schaden“

Leitsätze – Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 29. April 2015

1.      Schadensersatzklage – Gegenstand – Antrag auf Ersatz eines wegen angeblich fehlerhafter Behandlung einer Beschwerde durch den Europäischen Bürgerbeauftragten entstandenen Schadens – Zulässigkeit

(Art. 268 AEUV und 340 Abs. 2 AEUV)

2.      Schadensersatzklage – Selbständigkeit gegenüber der Nichtigkeits- und der Untätigkeitsklage – Zulässigkeit der Klage wegen eines einem Organ oder einer Einrichtung der Union zuzurechnenden Verhaltens – Fehlende endgültige Entscheidung über bestimmte Sachverhaltselemente, die Gegenstand einer Initiativuntersuchung seitens des Beklagten waren – Keine Auswirkung

(Art. 268 AEUV und 340 Abs. 2 AEUV)

3.      Außervertragliche Haftung – Voraussetzungen – Rechtswidrigkeit – Schaden – Kausalzusammenhang – Kumulative Voraussetzungen – Nichtvorliegen einer der Voraussetzungen – Abweisung der Schadensersatzklage in vollem Umfang

(Art. 340 Abs. 2 AEUV)

4.      Außervertragliche Haftung – Voraussetzungen – Rechtswidrigkeit – Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht – Verstoß des Europäischen Bürgerbeauftragten gegen die Sorgfaltspflicht im Rahmen einer Untersuchung von Fällen eines Missstands in der Verwaltung – Einbeziehung

(Art. 340 Abs. 2 AEUV; Beschluss 94/262 des Europäischen Parlaments)

5.      Europäischer Bürgerbeauftragter – Untersuchungen – Ermessen hinsichtlich der Ausübung der Untersuchungsbefugnisse – Grenzen – Einhaltung der Sorgfaltspflicht – Verstoß – Fehler, der die Haftung der Union auslösen kann

(Art. 228 Abs. 1 AEUV und 340 Abs. 2 AEUV; Beschluss 94/262 des Europäischen Parlaments, Art. 3 Abs. 1)

6.      Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Sorgfaltspflicht – Umfang

7.      Europäischer Bürgerbeauftragter – Untersuchungen – Initiativuntersuchungen – Einleitung – Voraussetzungen

(Beschluss 94/262 des Europäischen Parlaments)

8.      Nichtigkeitsklage – Zuständigkeit des Unionsrichters – Antrag auf Feststellung einer Straftat – Unzulässigkeit

(Art. 256 AEUV und 263 AEUV)

9.      Europäischer Bürgerbeauftragter – Untersuchungen – Rechte der von einer Untersuchung betroffenen Personen – Antrag auf vertrauliche Behandlung von erhaltenen Dokumenten und Informationen – Infragestellung durch den Bürgerbeauftragten – Nichteinbeziehung

(Beschluss 94/262 des Europäischen Parlaments)

10.    Beamte – Auswahlverfahren – Prüfungsausschuss – Erstellung einer Eignungsliste – Festlegung der Gültigkeitsdauer – Ermessen der Anstellungsbehörde – Grenzen

(Beamtenstatut, Art. 29 und 30)

11.    Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Gleichbehandlung – Begriff

12.    Europäischer Bürgerbeauftragter – Untersuchungen – Sorgfaltspflicht – Feststellung des Nichtvorliegens eines Missstandes in der Verwaltung allein auf der Grundlage von Behauptungen des von einer Untersuchung betroffenen Organs – Verstoß – Fehler, der die Haftung der Union auslösen kann

(Art. 340 Abs. 2 AEUV; Beschluss 94/262 des Europäischen Parlaments)

13.    Gerichtliches Verfahren – Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens – Voraussetzungen – Erweiterung eines bereits vorgetragenen Angriffs- oder Verteidigungsmittels – Zulässigkeit

(Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 44 § 1 Buchst. c und 48 § 2)

14.    Nichtigkeitsklage – Gründe – Ermessensmissbrauch – Begriff

(Art. 263 AEUV)

15.    Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Einhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer – Verwaltungsverfahren – Beurteilungskriterien

(Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 41)

16.    Europäischer Bürgerbeauftragter – Kodex für gute Verwaltungspraxis – Bindende Wirkung – Fehlen

(Art. 228 AEUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 41)

17.    Außervertragliche Haftung – Voraussetzungen – Tatsächlicher und sicherer Schaden – Beweislast

(Art. 340 Abs. 2 AEUV)

18.    Außervertragliche Haftung – Voraussetzungen – Kausalzusammenhang – Begriff – Schaden, der dem Bewerber eines Auswahlverfahrens infolge der vom Europäischen Bürgerbeauftragten begangenen Fehler aus dem Verlust einer Chance auf Einstellung entstanden ist – Ausschlaggebende Ursache für den Schaden, die nicht in den Handlungen des Bürgerbeauftragten begründet liegt – Fehlen eines Kausalzusammenhangs

(Art. 340 Abs. 2 AEUV)

19.    Schadensersatzklage – Gegenstand – Ersatz des Schadens, der aufgrund des Verlusts der Chance, auf einer Stelle bei einem Organ der Union eingestellt zu werden, angeblich entstanden ist – Zulässigkeit

(Art. 268 AEUV und 340 Abs. 2 AEUV; Beamtenstatut, Art. 30)

20.    Außervertragliche Haftung – Schaden – Ersatzfähigkeit – Immaterieller Schaden, der durch den Verlust des Vertrauens in das Amt des Europäischen Bürgerbeauftragten entstanden ist – Einbeziehung

(Art. 340 Abs. 2 AEUV)

1.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 55)

2.      Die Schadensersatzklage wurde im AEU-Vertrag als selbständiger Rechtsbehelf mit eigener Funktion im System der Klagemöglichkeiten geschaffen und von Voraussetzungen abhängig gemacht, die ihrem besonderen Zweck angepasst sind. Während Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen die Ahndung der Rechtswidrigkeit zwingender Rechtsakte oder des Fehlens eines solchen Rechtsakts zum Ziel haben, ist eine Schadensersatzklage auf Ersatz des Schadens gerichtet, der sich aus einer Handlung – sei sie rechtlich zwingend oder auch nicht – oder einer Verhaltensweise ergibt, die einem Organ oder einer Einrichtung der Gemeinschaft zuzurechnen ist.

Die Zulässigkeit einer Schadensersatzklage wegen Entschädigung für den durch die Behandlung einer Beschwerde durch den Europäischen Bürgerbeauftragten angeblich erlittenen Schaden kann nicht dadurch berührt werden, dass der Bürgerbeauftragte noch keine endgültige Entscheidung über bestimmte Punkte erlassen hat, die Gegenstand seiner Initiativuntersuchung zur Feststellung, ob bei der Beurteilung der Situation der Klägerin seinerseits ein Missstand in der Verwaltung vorgelegen habe, gewesen sind.

(vgl. Rn. 59, 60)

3.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 68, 69)

4.      Zur Auslösung der außervertraglichen Haftung der Union bedarf es in Bezug auf die Voraussetzung, die das rechtswidrige Verhalten eines Organs betrifft, des Nachweises eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. Diese Voraussetzung, die sich auf den Schutzcharakter bezieht, ist erfüllt, wenn die verletzte Rechtsnorm zwar im Kern allgemeine Interessen schützen soll, jedoch auch den Schutz der Individualinteressen der betroffenen Einzelpersonen gewährleistet. Was den Sorgfaltsgrundsatz oder das Recht auf eine gute Verwaltung angeht, so haben dieser Grundsatz und dieses Recht jedoch eindeutig Schutzcharakter für Einzelpersonen. Das Gleiche gilt für die Vorschriften über die Untersuchungen des Bürgerbeauftragten, da diese Vorschriften es dem Einzelnen ermöglichen, Beschwerden über Fälle von Missstand in der Verwaltung einzureichen und über das Ergebnis der Untersuchungen, die der Bürgerbeauftragte insoweit durchgeführt hat, unterrichtet zu werden.

(vgl. Rn. 70, 88)

5.      Was den Ermessensspielraum angeht, über den der Europäische Bürgerbeauftragte hinsichtlich der Einleitung und des Umfangs der durchzuführenden Untersuchungen sowie hinsichtlich der zu verwendenden Untersuchungsinstrumente verfügt, kann nur eine offenkundige und erhebliche Überschreitung der Grenzen seiner durch Art. 3 Abs. 1 des Beschlusses 94/262 über die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten sowie die Art. 4.1, 5 und 9.2 der vom Bürgerbeauftragten gemäß Art. 14 dieses Beschlusses erlassenen Durchführungsbestimmungen verliehenen Untersuchungsbefugnis einen hinreichend qualifizierten Verstoß darstellen, der geeignet ist, die Haftung der Union auszulösen.

Da der Bürgerbeauftragte sein Ermessen im Rahmen der Untersuchungstätigkeit allerdings unter Beachtung der höherrangigen Vorschriften des Unionsrechts auszuüben hat, ist er durch den Gestaltungsspielraum, der ihm mit dem Beschluss 94/262 und den Durchführungsbestimmungen hinsichtlich der bei der Wahrnehmung seiner Aufgabe zu ergreifenden Untersuchungsmaßnahmen eingeräumt worden ist, nicht von der Beachtung des Sorgfaltsgrundsatzes entbunden. Daraus folgt, dass der Bürgerbeauftragte, obwohl er frei über die Einleitung einer Untersuchung entscheiden und, wenn er sich dazu entschließt, alle Untersuchungsmaßnahmen ergreifen kann, die er für gerechtfertigt hält, sich gleichwohl zu vergewissern hat, dass er nach diesen Untersuchungsmaßnahmen in der Lage ist, sorgfältig und unvoreingenommen alle relevanten Gesichtspunkte zu prüfen, um über die Begründetheit eines sich auf einen Fall von Missstand in der Verwaltung beziehenden Vorbringens und die im Anschluss an dieses Vorbringen gegebenenfalls zu ergreifenden Maßnahmen zu entscheiden. Dass der Bürgerbeauftragte bei der Ausübung seiner Befugnisse den Sorgfaltsgrundsatz wahrt, ist umso wichtiger, als ihm nach Art. 228 Abs. 1 AEUV und Art. 3 Abs. 1 des Beschlusses 94/262 gerade die Aufgabe übertragen worden ist, im allgemeinen Interesse und im Interesse des betroffenen Bürgers Fälle von Missstand in der Verwaltung festzustellen und möglichst zu beseitigen.

Der Bürgerbeauftragte verfügt daher über kein Ermessen hinsichtlich der Einhaltung des Sorgfaltsgrundsatzes in einem konkreten Fall. Demzufolge reicht eine bloße Verletzung des Sorgfaltsgrundsatzes aus, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen, der geeignet ist, die Haftung der Union auszulösen. Allerdings stellt nicht jede vom Bürgerbeauftragten begangene Rechtsverletzung einen Verstoß gegen den Sorgfaltsgrundsatz dar. Nur eine Rechtsverletzung, die zur Folge hat, dass er nicht alle relevanten Gesichtspunkte sorgfältig und unvoreingenommen prüfen konnte, um über die Begründetheit einer sich auf einen Fall von Missstand in der Verwaltungstätigkeit eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union beziehenden Behauptung und die darauf gegebenenfalls zu ergreifenden Maßnahmen zu entscheiden, kann die außervertragliche Haftung der Union für einen Verstoß gegen den Sorgfaltsgrundsatz auslösen.

(vgl. Rn. 78-80, 85-87)

6.      Wenn ein Unionsorgan über ein weites Ermessen verfügt, kommt der Kontrolle der Einhaltung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung für Verwaltungsverfahren vorsieht, jedoch wesentliche Bedeutung zu. Zu diesen Garantien gehört u. a. die Einhaltung des Sorgfaltsgrundsatzes, nämlich die Pflicht des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen.

Die Beachtung der Pflicht eines zuständigen Organs, die für die Ausübung seines weiten Ermessens unerlässlichen Fakten sorgfältig zusammenzutragen, und ihre Überprüfung durch den Unionsrichter sind nämlich umso wichtiger, als die Ausübung des weiten Ermessens nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle der materiellen Rechtmäßigkeit unterliegt, die auf offensichtliche Fehler beschränkt ist. Daher ist die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen, eine unerlässliche Voraussetzung für die vom Unionsrichter vorzunehmende Prüfung, ob die für die Ausübung des weiten Ermessens maßgeblichen sachlichen und rechtlichen Umstände vorlagen.

(vgl. Rn. 83, 84)

7.      Der Bürgerbeauftragte ist im Kontext einer Initiativuntersuchung nicht vom Amts wegen verpflichtet, seine Ermittlungen einzustellen, wenn eine von diesen Ermittlungen betroffene Person sich gegen sie stellt. Keine Vorschrift des Beschlusses 94/262 über die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten oder der vom Bürgerbeauftragten gemäß Art. 14 dieses Beschlusses erlassenen Durchführungsbestimmungen schreibt dem Bürgerbeauftragten die Einholung der Zustimmung des Beschwerdeführers zur Durchführung einer Untersuchung bei einem Organ oder einer Einrichtung der Union vor. Auch schreibt keine Vorschrift dem Bürgerbeauftragten vor, nur dann von sich aus zu ermitteln, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse es rechtfertigt.

Allerdings schreibt seine Pflicht zur Durchführung einer sorgfältigen Untersuchung ihm die Berücksichtigung sämtlicher relevanter Gesichtspunkte bei der Ermittlungstätigkeit vor. Zu diesen Gesichtspunkten gehören die Haltung der betroffenen Personen und das öffentliche Interesse an der Untersuchung. Der Bürgerbeauftragte verfügt über ein Ermessen bei der Abwägung dieser Gesichtspunkte zur Entscheidung über die Fortsetzung einer Untersuchung.

(vgl. Rn. 155, 156)

8.      Zwar ist der Unionsrichter für die Beurteilung der Frage zuständig, ob bestimmte Handlungen der Organe die Haftung der Union auslösen können, nicht aber dafür, aufgrund dieser Handlungen das Vorliegen einer Straftat festzustellen. Daher ist das Vorbringen, das die Feststellung durch das Gericht voraussetzt, dass sich der Europäische Bürgerbeauftragte der Straftat einer Urkundenfälschung und eines Gebrauchs gefälschter Urkunden schuldig gemacht hat, unzulässig.

(vgl. Rn. 165)

9.      Gemäß Art. 13.3 der vom Europäischen Bürgerbeauftragten gemäß Art. 14 des Beschlusses 94/262 über die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten erlassenen Durchführungsbestimmungen hat der Beschwerdeführer keinen Zugang zu den Dokumenten oder Auskünften, die der Bürgerbeauftragte bei seiner Untersuchung von den Organen erlangt hat, wenn sie dem Bürgerbeauftragten gegenüber als vertraulich bezeichnet werden. Art. 10.1 der Durchführungsbestimmungen sieht vor, dass eine Beschwerde auf Antrag des Beschwerdeführers vom Bürgerbeauftragten als vertraulich eingestuft wird. Die genannten Bestimmungen sehen weder eine Ausnahme noch ein besonderes Verfahren zur Prüfung der Begründetheit von Anträgen auf vertrauliche Behandlung vor.

Aufgrund dessen ist es ebenso wenig Sache des Bürgerbeauftragten, Anträge der Organe auf vertrauliche Behandlung bestimmter Dokumente oder bestimmter Auskünfte gegenüber Beschwerdeführern in Frage zu stellen, wie es seine Sache war, den Antrag eines Beschwerdeführers auf vertrauliche Behandlung der Beschwerde in Frage zu stellen.

Stützt der Bürgerbeauftragte seine Beurteilung in einer Entscheidung jedoch auf vertrauliche Informationen und stellt ein Beschwerdeführer vor dem Unionsrichter die Rechtmäßigkeit der genannten Entscheidung in Frage, kann der Bürgerbeauftragte den Beschwerdepunkten des Beschwerdeführers aus Gründen, die auf vertrauliche Informationen gestützt werden, zu denen weder der Beschwerdeführer noch das Gericht Zugang haben, nicht mit Erfolg entgegentreten. Lehnt der Bürgerbeauftragte es ab, diese Informationen ganz oder teilweise zu übermitteln, und begründet dies mit ihrer Vertraulichkeit, prüft der Unionsrichter die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nämlich allein anhand der mitgeteilten Umstände.

(vgl. Rn. 178, 179, 181)

10.    Aus Art. 29 in Verbindung mit Art. 30 des Beamtenstatuts geht hervor, dass es Sache der Anstellungsbehörde ist, die Gültigkeitsdauer einer Eignungsliste der Bewerber für ein Auswahlverfahren festzulegen. Die Anstellungsbehörde verfügt insoweit über ein weites Ermessen, das unter Einhaltung der allgemeinen Grundsätze wie des Grundsatzes der Gleichbehandlung und der Begründungspflicht ausgeübt werden muss.

(vgl. Rn. 193)

11.    Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 198)

12.    Dass dem Europäischen Bürgerbeauftragten im Rahmen einer Untersuchung von einem Organ gegebene Erläuterung überzeugend erscheinen kann, befreit ihn nicht von seiner Verantwortung, sich zu vergewissern, dass der Sachverhalt, auf dem diese Erläuterung beruht, erwiesen ist, wenn die Erläuterung die alleinige Grundlage für seine Feststellung darstellt, dass kein Fall von Missstand in der Verwaltungstätigkeit des Organs vorliege. Daher hat der Bürgerbeauftragte nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gehandelt, wenn er sich für die Feststellung, dass kein Fall von Missstand in der Verwaltungstätigkeit eines Organs vorliege, auf dessen Erläuterungen zur Einstellung der Bewerber des Auswahlverfahrens verlassen hat, ohne Informationen erhalten zu haben, die den Zeitpunkt der Einstellung jedes einzelnen dieser erfolgreichen Bewerber belegen, und diese Erläuterungen sich als unzutreffend erwiesen haben. Dieser Mangel an Sorgfalt kann die Haftung der Union für das Verhalten des Bürgerbeauftragten auslösen.

Dagegen lässt sich mit dem Umstand, dass der Bürgerbeauftragte fälschlicherweise auf Behauptungen des betreffenden Organs vertraut hat, nicht rechtlich hinreichend nachweisen, dass er bösgläubig gewesen ist oder mit dem Willen gehandelt hat, seinen eigenen Fehler zu vertuschen.

(vgl. Rn. 204, 205, 236)

13.    Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 214, 329)

14.    Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 247)

15.    Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 252)

16.    Der Europäische Kodex für gute Verwaltungspraxis ist keine Rechtsvorschrift, sondern eine Entschließung des Parlaments, mit der Änderungen an einem ihm vom Europäischen Bürgerbeauftragten vorgelegten Vorschlag vorgenommen wurden und die Kommission aufgefordert wurde, einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorzulegen. Der Bürgerbeauftragte hat mit der Annahme dieses Kodex keine Rechtsnormen erlassen wollen, die dem Einzelnen Rechte verleihen. Folglich genügt ihre Nichtbeachtung nicht für die Feststellung eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der die Haftung der Union auslösen kann. Nur soweit die Bestimmungen des Kodex Ausdruck des Grundrechts auf eine gute Verwaltung sind, das in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist, können sie die Haftung der Union auslösen.

Daher handelt es sich bei der in Art. 14 des Kodex für gute Praxis niedergelegten Regel, wonach für jedes an ein Organ gerichtetes Schreiben innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine Empfangsbestätigung ausgestellt wird, um eine einfache Formvorschrift, die in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Die Nichtbeachtung dieser Regel kann daher nicht die Haftung der Union auslösen.

(vgl. Rn. 263-265)

17.    Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 273, 274)

18.    Im Zusammenhang mit einer Schadensersatzklage liegt ein Kausalzusammenhang vor, wenn ein hinreichend unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem beanstandeten Verhalten des Organs und dem geltend gemachten Schaden besteht; die Beweislast dafür trägt der Kläger. Das beanstandete Verhalten muss somit die ausschlaggebende Ursache für den Schaden sein.

Dies ist im Hinblick auf den Kausalzusammenhang zwischen einem Schaden, der im Verlust einer Chance eines Bewerbers eines Auswahlverfahrens auf Einstellung besteht, und den vom Europäischen Bürgerbeauftragten begangenen Fehlern nicht der Fall, wenn die ausschlaggebende Ursache für den Schaden in den Handlungen des Organs, das das Auswahlverfahren veranstaltet, und nicht in den Handlungen des Bürgerbeauftragten begründet liegt. Zwar hätte der Bürgerbeauftragte mit diesem Organ zusammenarbeiten müssen, um eine gütliche Regelung zu finden, und, wäre eine solche nicht möglich gewesen, eine kritische Bemerkung machen oder einen Bericht erstellen müssen, allerdings ist keine dieser Maßnahmen rechtlich verbindlich. Ob die Zusammenarbeit zu einer gütlichen Regelung führt, hängt sowohl vom Bürgerbeauftragten als auch vom betreffenden Organ ab. Da die Maßnahmen, die der Bürgerbeauftragte gegenüber diesem Organ ergreifen kann, keine verbindliche Wirkung haben, können sie jedoch nicht als ausschlaggebende Ursache für den Schaden angesehen werden, der im Verlust einer Chance der Klägerin auf Einstellung besteht.

Diese Beurteilung wird nicht durch das Argument in Frage gestellt, wonach das betreffende Organ den Empfehlungen des Bürgerbeauftragten immer gefolgt sei und eine Weigerung als Grundlage für eine Schadensersatzklage gegen dieses Organ hätte dienen können. Selbst wenn dies erwiesen wäre, würde dies außerdem keinen hinreichend unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen den vom Bürgerbeauftragten begangenen Rechtsverletzungen und dem Verlust einer Chance der Klägerin auf Einstellung begründen.

(vgl. Rn. 275, 281, 284-286)

19.    Die Aufnahme des Namens eines Bewerbers in die Eignungsliste der Bewerber für ein Auswahlverfahren verleiht ihm nämlich kein Recht auf Einstellung. Das Ermessen der Organe in der Frage der Einstellung erfolgreicher Bewerber von Auswahlverfahren steht einem solchen Recht entgegen. Infolgedessen kann hinsichtlich einer Klage auf Ersatz des Schadens, der aufgrund eines Fehlers, der die Aufnahme des Namens einer Person in die Eignungsliste der Bewerber für ein Auswahlverfahren betrifft, entstanden ist, nicht dem Verdienstausfall entsprechen, der sich aus dem Verlust dieses Rechts ergibt.

Auch wenn es sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, eine Methode festzulegen, die es erlauben würde, die Chance, auf eine Stelle bei einem Organ eingestellt zu werden, genau zu quantifizieren und damit den sich aus dem Verlust einer Chance ergebenden Schaden zu bemessen, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass ein Antrag auf Entschädigung wegen des Verlusts einer Chance von Amts wegen als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen werden müsste.

(vgl. Rn. 277, 280)

20.    Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 290-293)