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Rechtssache C‑211/15 P

Orange

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel – Wettbewerb – Staatliche Beihilfen – Beihilfe der Französischen Republik für France Télécom – Reform der Finanzierung der Ruhegehälter der bei France Télécom beschäftigten Beamten – Minderung der von France Télécom an den Staat zu zahlenden Gegenleistung – Beschluss, mit dem die Beihilfe unter Auflagen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird – Begriff der Beihilfe – Begriff des wirtschaftlichen Vorteils – Selektiver Charakter – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Tatsachenverfälschung – Fehlen einer Begründung – Auswechslung der Begründung“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 26. Oktober 2016

1.        Staatliche Beihilfen – Begriff – Gewährung eines Vorteils für die Begünstigten – Nationale Regelung, die lediglich Belastungen verhindert, die unter normalen Umständen nicht zu tragen wären – Ausschluss – Voraussetzungen

(Art. 107 Abs. 1 AEUV)

2.        Staatliche Beihilfen – Begriff – Gewährung eines Vorteils für die Begünstigten – Vom Staat verfolgte Ziele – Keine Auswirkung

(Art. 107 Abs. 1 AEUV)

3.        Staatliche Beihilfen – Begriff – Selektiver Charakter der Maßnahme – Ad-hoc-Maßnahme für ein einzelnes Unternehmen – Einbeziehung – Notwendigkeit eines Vergleichs des Begünstigten mit anderen Wirtschaftsteilnehmern, die sich im Hinblick auf das mit der Maßnahme verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden – Fehlen

(Art. 107 Abs. 1 AEUV)

4.        Staatliche Beihilfen – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beurteilungskriterien

(Art. 107 Abs. 1 AEUV)

1.      Eine nationale Regelung, die insoweit weder den Aktionären einer Gesellschaft noch der betreffenden Gesellschaft selbst einen Vorteil gewährt, als sie lediglich verhindert, dass der Bilanz dieser Gesellschaft eine Last auferlegt wird, die sie unter normalen Umständen nicht zu tragen hätte, und sich so darauf beschränkt, eine ausnahmsweise eingeräumte Befugnis zu regeln, ohne auf die Verminderung einer Belastung abzuzielen, die die besagte Gesellschaft normalerweise hätte tragen müssen, kann nicht als ein Vorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV angesehen werden.

Diese Regel soll jedoch nur im Fall einer Doppelausnahmeregelung Anwendung finden, d. h. einer Regelung, die zur Verhinderung einer unter normalen Umständen nicht zu tragenden Belastung für die Bilanz des von der Regelung Begünstigten eine Ausnahme vorsieht, die dazu dient, eine vorherige Ausnahme von der Regelung des allgemeinen Rechts zu neutralisieren.

(vgl. Rn. 25, 27)

2.      Art. 107 Abs. 1 AEUV unterscheidet nicht nach den Gründen oder Zielen der staatlichen Maßnahmen, sondern beschreibt diese nach ihren Wirkungen.

(vgl. Rn. 38)

3.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 53, 54)

4.      Für die Einstufung einer nationalen Maßnahme als staatliche Beihilfe ist die Kommission nicht verpflichtet, eine tatsächliche Auswirkung der Beihilfen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und eine tatsächliche Wettbewerbsverzerrung nachzuweisen, sondern sie hat nur zu prüfen, ob die Beihilfen geeignet sind, diesen Handel zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen.

Insoweit kann die Liberalisierung eines Wirtschaftssektors auf Unionsebene dazu führen, dass die Beihilfen den Wettbewerb tatsächlich oder potenziell beeinflussen und sich auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirken.

Was die Voraussetzung der Wettbewerbsverzerrung betrifft, verfälschen Beihilfen, die ein Unternehmen von den Kosten befreien sollen, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Geschäftsführung oder seiner üblichen Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte, grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen.

(vgl. Rn. 64-66)