Language of document : ECLI:EU:T:2014:803

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

23. September 2014(*)

„Gemeinschaftsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Gemeinschaftswortmarke MEGO – Relatives Eintragungshindernis – Vorheriges Widerspruchsverfahren – Keine Rechtskraft“

In der Rechtssache T‑11/13

Tegometall International AG mit Sitz in Lengwil (Schweiz), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H. Timmann und E. Schaper,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM:

Irega AG mit Sitz in Zuchwil (Schweiz),

wegen einer Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 25. Oktober 2012 (Sache R 1522/2011‑1) betreffend ein Nichtigkeitsverfahren zwischen der Tegometall International AG und der Irega AG

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas sowie der Richter N. J. Forwood (Berichterstatter) und E. Bieliūnas,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 9. Januar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 3. Mai 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Beschlusses vom 25. Juni 2013, mit dem der Antrag, die Einreichung einer Erwiderung zu gestatten, zurückgewiesen wurde,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 21. April 2004 meldete die Irega AG gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelte es sich um das Wortzeichen MEGO. Die Waren, für die die Eintragung beantragt wurde, gehörten zu den Klassen 6 und 20 des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in seiner revidierten und geänderten Fassung. Die fragliche Marke wurde am 8. Juli 2008 eingetragen.

3        Am 17. November 2008 stellte die Klägerin, die Tegometall International AG, nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009) einen Antrag auf Nichtigerklärung dieser eingetragenen Gemeinschaftsmarke.

4        Sie stützte diesen Antrag u. a. auf die als Gemeinschafts‑ und nationale Marken eingetragenen Wortzeichen TEGO und TEGOMETALL, wobei für die Marke TEGO ferner eine internationale Registrierung vorlag, deren Schutzwirkung sich auf acht Mitgliedstaaten der Europäischen Union erstreckt.

5        Die Nichtigkeitsabteilung wies den Antrag auf Nichtigerklärung mit Entscheidung vom 8. Juli 2011 mit der Begründung zurück, dass die einander gegenüberstehenden Marken nicht ähnlich seien, weshalb die Gefahr einer Verwechslung selbst bei identischen Waren auszuschließen sei.

6        Am 22. Juli 2011 legte die Klägerin nach Art. 60 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein. Diese Beschwerde wurde mit Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer vom 25. Oktober 2012 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) zurückgewiesen.

7        Die Beschwerdekammer war der Ansicht, dass der streitige Antrag auf Nichtigerklärung unzulässig sei, da die Gründe, die im vorliegenden Verfahren geltend gemacht worden seien, um die Gefahr einer Verwechslung in Bezug auf alle von der Marke MEGO erfassten Waren darzulegen, bereits im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens zwischen dem Rechtsvorgänger der Klägerin und Irega mit Entscheidung der Widerspruchsabteilung vom 6. März 2007 zurückgewiesen worden seien. Da der fragliche Widerspruch auf die internationale Registrierung und die nationalen Eintragungen der in der vorstehenden Rn. 4 genannten Marken gestützt gewesen sei und die Entscheidung vom 6. März 2007 infolge der Zurückweisung der gegen sie eingelegten Beschwerde endgültig geworden sei, sei diese Entscheidung rechtskräftig geworden; jeder spätere Antrag auf Nichtigerklärung, der denselben Streitgegenstand betreffe, sei somit unzulässig.

8        Zur Stützung des streitigen Nichtigkeitsantrags auf die Eintragung der Marken TEGO und TEGOMETALL als Gemeinschaftsmarken führte die Beschwerdekammer ferner aus, dass diese Eintragungen jünger seien als die Eintragung der Marke MEGO und dass die Klägerin sich auch nicht auf Art. 34 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 berufen könne, um den Zeitrang der in der vorstehenden Rn. 4 genannten internationalen Registrierung oder nationalen Eintragungen in Anspruch zu nehmen.

 Anträge der Parteien

9        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Marke MEGO für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten des Nichtigkeitsverfahrens, des Beschwerdeverfahrens und des vorliegenden Verfahrens aufzuerlegen.

10      Das HABM beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben.

 Rechtliche Würdigung

11      Die Klägerin stützt ihre Klage im Wesentlichen auf drei Gründe, und zwar erstens eine rechtsfehlerhafte Anwendung des Grundsatzes der Rechtskraft hinsichtlich der Entscheidung der Widerspruchsabteilung vom 6. März 2007, zweitens einen Verstoß gegen Art. 34 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 und drittens einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung.

12      Zum ersten Klagegrund ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Rechtskraft, nach dem der endgültige Charakter einer gerichtlichen Entscheidung nicht in Frage gestellt werden darf, auf das Verhältnis zwischen einer Endentscheidung über einen Widerspruch und einem Antrag auf Nichtigerklärung insbesondere deshalb keine Anwendung findet, weil die Verfahren vor dem HABM Verwaltungsverfahren und keine gerichtlichen Verfahren sind und weil die einschlägigen Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009, nämlich Art. 53 Abs. 4 und Art. 100 Abs. 2, nichts in diesem Sinne vorsehen (Urteile vom 14. Oktober 2009, Ferrero/HABM – Tirol Milch [TiMi KiNDERJOGHURT], T‑140/08, Slg, EU:T:2009:400, Rn. 34, und vom 22. November 2011, mPAY24/HABM – Ultra [MPAY24], T‑275/10, Slg, EU:T:2011:683, Rn. 15).

13      Folglich ist, wie das HABM einräumt, festzustellen, dass die Beschwerdekammer dadurch, dass sie die Beschwerde der Klägerin aus dem in den Rn. 12 bis 15 der angefochtenen Entscheidung dargelegten und in der vorstehenden Rn. 7 zusammengefasst wiedergegebenen Unzulässigkeitsgrund als unzulässig abgewiesen hat, einen Rechtsfehler begangen hat.

14      Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, so dass die anderen zur Stützung der Klage angeführten Gründe nicht geprüft zu werden brauchen.

15      Was den Klageantrag angeht, mit dem die Abänderung der angefochtenen Entscheidung und die Nichtigerklärung der Marke MEGO begehrt wird, ist das Gericht nach Art. 65 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 zwar befugt, die Entscheidungen der Beschwerdekammern abzuändern, jedoch ist diese Möglichkeit auf Situationen beschränkt, in denen die Rechtssache entscheidungsreif ist (Urteil vom 10. Juni 2008, Gabel Industria Tessile/HABM – Creaciones Garel [GABEL], T‑85/07, Slg, EU:T:2008:186, Rn. 28).

16      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer jedoch die bei ihr eingelegte Beschwerde, da sie sie als unzulässig zurückgewiesen hat, nicht inhaltlich geprüft, so dass das Gericht nicht in der Lage ist, insoweit irgendeine Rechtmäßigkeitskontrolle auszuüben. Da die Rechtssache in Bezug auf den von der Klägerin geltend gemachten Klagegrund der relativen Nichtigkeit nicht entscheidungsreif ist, ist der erste Klageantrag der Klägerin somit zurückzuweisen.

 Kosten

17      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Außerdem gelten gemäß Artikel 136 § 2 der Verfahrensordnung die Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren vor der Beschwerdekammer notwendig waren, als erstattungsfähige Kosten. Da das HABM, auch wenn es formal die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt hat, unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen, die der Klägerin in den Verfahren vor dem Gericht und vor der Beschwerdekammer entstanden sind.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 25. Oktober 2012 (Sache R 1522/20111) wird aufgehoben.

2.      Das HABM trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten, die der Tegometall International AG in dem Verfahren vor dem Gericht und in dem Verfahren vor der Beschwerdekammer entstanden sind.

Papasavvas

Forwood

Bieliūnas

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 23. September 2014.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.