Language of document : ECLI:EU:C:2018:66

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

7. Februar 2018(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verordnung (EU) 2015/751 – Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge – Art. 1 Abs. 5 – Gleichstellung eines Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens mit einem Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren – Voraussetzungen – Ausgabe von kartengebundenen Zahlungsinstrumenten durch ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren ‚gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters‘ – Art. 2 Nr. 18 – Begriff des ‚Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens‘ – Gültigkeit“

In der Rechtssache C‑304/16

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court) (Hoher Gerichtshof [England und Wales], Abteilung Queen’s Bench (Verwaltungskammer, Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 11. April 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 30. Mai 2016, in dem Verfahren

The Queen, auf Antrag von:

American Express Company,

gegen

The Lords Commissioners of Her Majesty’s Treasury,

Beteiligte:

Diners Club International Limited,

MasterCard Europe SA,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter C. G. Fernlund, J.‑C. Bonichot, S. Rodin und E. Regan (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der American Express Company, vertreten durch J. Turner, QC, J. Holmes, QC, L. John, Barrister, sowie I. Taylor, H. Ware und J. Slade, Solicitors,

–        der MasterCard Europe SA, vertreten durch P. Harrison, S. Kinsella und K. Le Croy, Solicitors, sowie Rechtsanwälte S. Pitt und J. Bedford,

–        der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch M. Holt, D. Robertson, J. Kraehling und C. Crane als Bevollmächtigte im Beistand von G. Facenna und M. Hall, QC,

–        der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo, M. Rebelo und G. Fonseca als Bevollmächtigte,

–        des Europäischen Parlaments, vertreten durch P. Schonard und A. Tamás als Bevollmächtigte,

–        des Rates der Europäischen Union, vertreten durch J. Bauerschmidt, I. Gurov und E. Moro als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Tserepa-Lacombe, J. Samnadda und T. Scharf als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Juli 2017

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung und die Gültigkeit von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 sowie die Auslegung von Art. 2 Nr. 2 der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (ABl. 2015, L 123, S. 1).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der American Express Company und The Lords Commissioners of Her Majesty’s Treasury (Lords Commissioners des Finanzministeriums, Vereinigtes Königreich, im Folgenden: Lords Commissioners) zu den Umständen, unter denen Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren gemäß Art. 1 Abs. 5 der Verordnung als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten sind.

 Rechtlicher Rahmen

 Verordnung 2015/751

3        In den Erwägungsgründen 10, 28, 29 und 43 der Verordnung 2015/751 heißt es:

„(10)      … Zusätzlich zur kohärenten Anwendung der Wettbewerbsregeln auf die Interbankenentgelte würde eine Regulierung dieser Entgelte das Funktionieren des Binnenmarkts verbessern und zu einer Verringerung der Transaktionskosten für die Verbraucher beitragen.

(28)      Kartengebundene Zahlungsvorgänge erfolgen im Allgemeinen auf der Grundlage zweier Geschäftsmodelle, nämlich des Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens (Karteninhaber – Annahme- und Abrechnungs‑ sowie Kartenausgabeverfahren – Händler) und des Vier-Parteien-Kartenzahlverfahrens (Karteninhaber – kartenausgebende Bank – Acquirer – Händler). Viele Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren umfassen ein explizit festgelegtes – meist multilateral vereinbartes – Interbankenentgelt. Angesichts der Existenz impliziter Interbankenentgelte und im Interesse gleicher Wettbewerbsbedingungen sollten Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, bei denen Zahlungsdienstleister als Acquirer oder Emittenten auftreten, als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren gelten und denselben Vorschriften unterliegen, während Transparenzmaßnahmen und sonstige Maßnahmen in Bezug auf Geschäftsregeln für alle Anbieter gelten sollten. Um jedoch den Besonderheiten dieser Art von Drei-Parteien-Verfahren Rechnung zu tragen, ist es angemessen, eine Übergangsfrist vorzusehen, während der die Mitgliedstaaten entscheiden können, die Obergrenzen-Regelung für das Interbankenentgelt nicht anzuwenden, wenn diese Kartenzahlverfahren in dem betreffenden Mitgliedstaat nur einen sehr begrenzten Marktanteil haben.

(29)      Die Kartenausgabe erfolgt auf der Grundlage einer Vertragsbeziehung zwischen dem Emittenten des Zahlungsinstruments und dem Zahler, unabhängig davon, ob der Emittent Gelder im Namen des Zahlers hält. Der Emittent stellt dem Zahler Zahlungskarten zur Verfügung, autorisiert Zahlungsvorgänge an Terminals oder entsprechenden Stellen und kann dem Acquirer die Zahlung für regelkonforme Zahlungsvorgänge im Rahmen des betreffenden Kartenzahlverfahrens garantieren. Deshalb handelt es sich bei dem reinen Vertrieb von Zahlungskarten oder der reinen Erbringung technischer Dienste (wie der Verarbeitung und Speicherung von Daten) nicht um eine Kartenausgabe.

(43)      Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Festlegung einheitlicher Vorschriften für kartengebundene Zahlungsvorgänge, einschließlich über Internet und mobile Endgeräte, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen des Umfangs der Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die [Europäische] Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. …“

4        Art. 1 („Anwendungsbereich“) in Kapitel I („Allgemeine Bestimmungen“) der Verordnung 2015/751 bestimmt:

„…

(3)      Kapitel II gilt nicht für

c)      Transaktionen mit Zahlungskarten, die von Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren ausgegeben werden.

(4)      Artikel 7 gilt nicht für Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren.

(5)      Vergibt ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren Lizenzen zur Ausgabe von kartengebundenen Zahlungsinstrumenten oder zur Annahme und Abrechnung von kartengebundenen Zahlungsvorgängen an andere Zahlungsdienstleister oder gibt es gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente heraus, so wird es als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betrachtet. In Bezug auf inländische Zahlungsvorgänge kann solch ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren jedoch bis zum 9. Dezember 2018 von den Pflichten nach Kapitel II befreit werden, sofern die kartengebundenen Zahlungsvorgänge, die in einem Mitgliedstaat im Rahmen eines solchen Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens vorgenommen werden, in einem Jahr höchstens 3 % des Werts sämtlicher in diesem Mitgliedstaat durchgeführten kartengebundenen Zahlungsvorgänge ausmachen.“

5        Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) der Verordnung sieht vor:

„Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

2.      ‚Emittent‘ einen Zahlungsdienstleister, der eine vertragliche Vereinbarung schließt, um einem Zahler ein Zahlungsinstrument zur Veranlassung und Verarbeitung der kartengebundenen Zahlungsvorgänge des Zahlers zur Verfügung zu stellen;

10.      ‚Interbankenentgelt‘ das Entgelt, das bei einem kartengebundenen Zahlungsvorgang für jede direkte oder indirekte (d. h. über einen Dritten vorgenommene) Transaktion zwischen dem Emittenten und dem Acquirer gezahlt wird. Die Nettovergütung oder andere vereinbarte Vergütungen sind Bestandteil des Interbankenentgelts;

11.      ‚Nettovergütung‘ die Gesamtnettosumme der Zahlungen, Rabatte und Anreize, die ein Emittent vom Kartenzahlverfahren, dem Acquirer oder einer zwischengeschalteten Stelle in Bezug auf einen kartengebundenen Zahlungsvorgang oder damit verbundene Tätigkeiten erhält;

17.      ‚Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren‘ ein Kartenzahlverfahren, bei dem vom Zahlungskonto eines Zahlers kartengebundene Zahlungsvorgänge auf das Zahlungskonto eines Zahlungsempfängers geleistet werden, unter Zwischenschaltung des Kartenzahlverfahrens, eines Emittenten (auf der Seite des Zahlers) und eines Acquirers (auf der Seite des Zahlungsempfängers);

18.      ‚Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren‘ ein Kartenzahlverfahren, bei dem das Kartenzahlverfahren selbst Annahme- und Abrechnungs- sowie Kartenausgabedienste erbringt und kartengebundene Zahlungsvorgänge von dem Zahlungskonto eines Zahlers auf das Zahlungskonto eines Zahlungsempfängers vornimmt. Vergibt ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren Lizenzen zur Ausgabe von kartengebundenen Zahlungsinstrumenten oder zur Annahme und Abrechnung von kartengebundenen Zahlungsvorgängen an andere Zahlungsdienstleister oder gibt es gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente heraus, so wird es als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betrachtet;

24.      ‚Zahlungsdienstleister‘ natürliche oder juristische Personen, die befugt sind, die im Anhang zur Richtlinie 2007/64/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (ABl. 2007, L 319, S. 1)] aufgeführten Zahlungsdienste zu erbringen[,] oder als E-Geld-Emittenten gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2009/110/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten, zur Änderung der Richtlinien 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2000/46/EG (ABl. 2009, L 267, S. 7)] anerkannt sind. Ein Zahlungsdienstleister kann ein Emittent, ein Acquirer oder beides sein;

28.      ‚abwickelnde Stelle‘ jede natürliche oder juristische Person, die Dienstleistungen zur Abwicklung von Zahlungsvorgängen erbringt;

30.      ‚Zahlungsmarke‘ jeder reale oder digitale Name, jeder materielle oder digitale Begriff, jedes materielle oder digitale Zeichen, jedes materielle oder digitale Symbol oder jede Kombination davon, unter dem bzw. der die kartengebundenen Zahlungsvorgänge abgewickelt werden;

32.      ‚Co‑branding‘ das Aufnehmen von mindestens einer Zahlungsmarke und mindestens einer Nicht-Zahlungsmarke auf dasselbe kartengebundene Zahlungsinstrument;

…“

6        Die Art. 3 und 4 in Kapitel II („Interbankenentgelte“) der Verordnung 2015/751 betreffen Interbankenentgelte für Debitkartentransaktionen von Verbrauchern und Interbankenentgelte für Transaktionen mit Verbraucher-Kreditkarten.

7        Art. 5 („Umgehungsverbot“) in Kapitel II dieser Verordnung sieht vor:

„Für die Zwecke der Anwendung der Obergrenzen nach den Artikeln 3 und 4 wird jede vereinbarte Vergütung, einschließlich Nettovergütungen, mit gleichem Zweck oder gleicher Wirkung wie ein Interbankenentgelt, die ein Emittent von dem Kartenzahlverfahren, dem Acquirer oder einer zwischengeschalteten Stelle in Bezug auf Zahlungsvorgänge oder damit verbundene Tätigkeiten erhält, als Teil des Interbankenentgelts behandelt.“

8        Die Art. 6 bis 12 in Kapitel III („Geschäftsregeln“) der Verordnung 2015/751 regeln die mit kartengebundenen Zahlungsvorgängen verbundenen Pflichten.

9        In Art. 7 („Trennung von Kartenzahlverfahren und abwickelnden Stellen“) heißt es:

„(1)      Kartenzahlverfahren und abwickelnde Stellen

a)      sind hinsichtlich ihrer Rechnungslegung, ihrer Organisation und ihrer Entscheidungsverfahren voneinander unabhängig;

b)      weisen die Preise für Tätigkeiten des Kartenzahlverfahrens und die Preise für Abwicklungstätigkeiten nicht als Paketpreis aus und nehmen keine Quersubventionen zwischen diesen Tätigkeiten vor;

c)      gewährleisten, dass ihre Tochterunternehmen und Gesellschafter auf der einen und die Nutzer von Kartenzahlverfahren und andere Vertragspartner auf der anderen Seite gleich behandelt werden[,] und machen die Erbringung ihrer Dienstleistungen nicht in irgendeiner Weise davon abhängig, dass ihr Vertragspartner einen ihrer anderen Dienste akzeptiert.

(2)      Die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dem das Kartenzahlverfahren seinen satzungsmäßigen Sitz hat, kann von einem Kartenzahlverfahren die Vorlage eines unabhängigen Berichts verlangen, in dem bestätigt wird, dass es die Bestimmungen des Absatzes 1 einhält.

(3)      Kartenzahlverfahren lassen die Möglichkeit zu, dass Autorisierung und Clearing einzelner kartengebundener Zahlungsvorgänge voneinander getrennt und von unterschiedlichen abwickelnden Stellen abgewickelt werden.

(4)      Jede territoriale Diskriminierung bei den Abwicklungsvorschriften von Kartenzahlverfahren ist untersagt.

(5)      Die abwickelnden Stellen in der Union stellen die technische Interoperabilität ihres Systems mit den Systemen anderer abwickelnden Stellen in der Union sicher, indem sie die Normen internationaler oder europäischer Normungsgremien verwenden. Zusätzlich dazu sehen Kartenzahlverfahren davon ab, Geschäftsregeln einzuführen oder anzuwenden, die die Interoperabilität der abwickelnden Stellen in der Union einschränken.

…“

10      Kapitel IV („Schlussbestimmungen“) der Verordnung 2015/751 umfasst die Art. 13 bis 18 dieser Verordnung. Art. 13 („Zuständige Behörden“) sieht vor:

„(1)      Die Mitgliedstaaten benennen die zuständigen Behörden, die befugt sind, die Durchsetzung dieser Verordnung sicherzustellen, und mit den entsprechenden Untersuchungs- und Vollstreckungsbefugnissen ausgestattet sind.

(6)      Die Mitgliedstaaten verlangen von den zuständigen Behörden, dass sie die Einhaltung dieser Verordnung wirksam überwachen – auch um jegliche Versuche der Zahlungsdienstleister, diese Verordnung zu umgehen, zu verhindern – und alle notwendigen Maßnahmen treffen, um die Einhaltung sicherzustellen.“

11      Art. 14 („Sanktionen“) Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten legen Vorschriften über Sanktionen fest, die bei Verstößen gegen diese Verordnung zu verhängen sind, und treffen alle erforderlichen Vorkehrungen für ihre Anwendung.“

12      Art. 18 („Inkrafttreten“) der Verordnung lautet:

„(1)      Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

(2)      Sie gilt ab dem 8. Juni 2015 mit Ausnahme der Artikel 3, 4, 6 und 12, die ab dem 9. Dezember 2015 gelten, und der Artikel 7, 8, 9 und 10, die ab dem 9. Juni 2016 gelten.“

 Richtlinie (EU) 2015/2366

13      In den Erwägungsgründen 2 und 6 der Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG, 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG (ABl. 2015, L 337, S. 35) heißt es:

„(2)      Der überarbeitete Rechtsrahmen der Union für Zahlungsdienste wird durch die [Verordnung 2015/751] ergänzt. …

(6)      Zur Schließung der Regulierungslücken sollten neue Vorschriften vorgesehen werden, und gleichzeitig sollte mehr Rechtsklarheit geschaffen und die unionsweit einheitliche Anwendung des rechtlichen Rahmens sichergestellt werden. …“

14      Art. 1 („Gegenstand“) Abs. 1 in Titel I („Gegenstand, Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen“) dieser Richtlinie sieht vor:

„In dieser Richtlinie werden die Regeln festgelegt, nach denen die Mitgliedstaaten die folgenden Kategorien von Zahlungsdienstleistern unterscheiden:

d)      Zahlungsinstitute;

…“

15      Art. 4 („Begriffsbestimmungen“) dieser Richtlinie bestimmt:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

3.      ‚Zahlungsdienst‘ eine oder mehrere der in Anhang I aufgeführten gewerblichen Tätigkeiten;

4.      ‚Zahlungsinstitut‘ eine juristische Person, der nach Artikel 11 eine Zulassung für die unionsweite Erbringung und Ausführung von Zahlungsdiensten erteilt wurde;

38.      ‚Agent‘ eine natürliche oder juristische Person, die im Namen eines Zahlungsinstituts Zahlungsdienste ausführt;

…“

16      Aus Anhang I („Zahlungsdienste“) der Richtlinie 2015/2366 geht hervor, dass die „Ausgabe von Zahlungsinstrumenten und/oder Annahme und Abrechnung (‚Acquiring‘) von Zahlungsvorgängen“ zu den Zahlungsdiensten gemäß Art. 4 Nr. 3 dieser Richtlinie gehören.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

17      Laut der Vorlageentscheidung ist American Express eine internationale Dienstleistungsgesellschaft, die mit Unterstützung ihrer konsolidierten Tochtergesellschaften Zahlungs-, Reise-, Geldwechsel- und Kundenbindungsdienstleistungen anbietet. Gleichzeitig erbringt sie in der ganzen Welt einschließlich der Europäischen Union Kartenausgabe‑ sowie Annahme‑ und Abrechnungsdienste. American Express betreibt mit ihren Tochtergesellschaften das Kartenzahlverfahren American Express (im Folgenden: Amex), ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren. Dieses hat in der Union Co‑Branding-Vereinbarungen und Dienstleistungsverträge geschlossen, was je nach der Antwort, die der Gerichtshof auf die gestellte Frage zur Auslegung von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung 2015/751 geben wird, zur Folge haben könnte, dass eine große Anzahl der Transaktionen dieses Zahlverfahrens wegen der in Art. 1 Abs. 5 vorgesehenen Ausdehnung auf Co‑Branding und Vertreter unter die Verordnung fallen könnte.

18      Die im Ausgangsverfahren beklagten Lords Commissioners stehen an der Spitze des Finanzministeriums (Her Majesty’s Treasury, Vereinigtes Königreich). Sie tragen die endgültige Verantwortung für die Erfüllung der dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland obliegenden Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Anwendung, der Durchsetzung und jeder anderen Form der Durchführung der Verordnung 2015/751, wozu gemäß deren Art. 13 und 14 auch die Festlegung der Sanktionen gehört, die bei Verstößen gegen Vorschriften dieser Verordnung zu verhängen sind.

19      American Express beantragte beim vorlegenden Gericht die Zulassung einer Klage auf richterliche Überprüfung („judicial review“) der „Absicht und/oder Verpflichtung der [Lords Commissioners], die Ausdehnung auf Co‑Branding und/oder Vertreter anzuwenden, durchzusetzen oder in jeder anderen Form durchzuführen“. Das vorlegende Gericht hat die Klage zugelassen.

20      Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren allein deshalb, weil es mit einem Co‑Branding-Partner oder Vertreter eine Vereinbarung geschlossen hat, dahin einzustufen ist, dass es im Sinne von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung 2015/751 mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente ausgibt – also unabhängig davon, ob dieser Partner oder Vertreter ein anderer Zahlungsdienstleister ist, der Zahlungskarten ausgibt –, oder ob es vielmehr nur dann in dieser Weise einzustufen ist, wenn dieser Partner oder Vertreter selbst Zahlungsdienstleister ist und er im Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren im Sinne von Art. 2 Nr. 2 dieser Verordnung als Emittent handelt.

21      Sofern Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen sein sollten, dass ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren im Sinne dieser Vorschriften als eines, das mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente ausgibt, einzustufen ist, selbst wenn es selbst der Emittent bleibt und einen Dritten in Anspruch nimmt, um eine oder mehrere Zusatzfunktionen zur Unterstützung seiner Ausgabetätigkeit wahrzunehmen, wäre nach Ansicht des vorlegenden Gerichts weiter über das Vorbringen von American Express zu entscheiden, dass diese Bestimmungen wegen eines Begründungsmangels, eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers und eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ungültig seien.

22      Unter diesen Umständen hat der High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court) (Hoher Gerichtshof [England und Wales], Abteilung Queen’s Bench [Verwaltungskammer], Vereinigtes Königreich) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist die Bestimmung in Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung 2015/751, wonach ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, das gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente herausgibt, als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betrachtet wird, nur anwendbar, soweit der Co‑Branding-Partner oder der Vertreter als „Emittent“ im Sinne von Art. 2 Nr. 2 und dem 29. Erwägungsgrund dieser Verordnung handelt (also, wenn der Partner oder Vertreter mit dem Zahler in einer Vertragsbeziehung steht, in deren Rahmen er sich verpflichtet, ein Zahlungsinstrument zur Veranlassung und Verarbeitung der kartengebundenen Zahlungsvorgänge des Zahlers zur Verfügung zu stellen)?

2.      Für den Fall, dass Frage 1 verneint wird: Sind Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung 2015/751 ungültig, soweit sie bestimmen, dass solche Vereinbarungen als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betrachtet werden, und zwar wegen

a)      Verstoßes gegen die Pflicht zur Begründung nach Art. 296 AEUV,

b)      eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers und/oder

c)      Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit?

 Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens

23      Mit am 27. Juli 2017 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangenem Schriftsatz hat American Express die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt.

24      Zur Begründung macht American Express geltend, dass die vom Generalanwalt in seinen Schlussanträgen vorgenommene Analyse unzutreffend sei, da sie verschiedene relevante Begriffsbestimmungen der Verordnung 2015/751 und der Richtlinie 2015/2366 ignoriere, obwohl diese beiden Rechtsakte – worüber sich im Übrigen die Parteien des Verfahrens einig seien – sich ergänzten und zum gleichen Legislativpaket gehörten. In dieser Analyse werde auch die Reichweite von Art. 5 dieser Verordnung verkannt, so insbesondere die des dort verwendeten Begriffs „zwischengeschaltete Stelle“. Im Übrigen sei der Text in Nr. 98 der Schlussanträge entweder unvollständig oder die darin enthaltene Begründung widersprüchlich. Schließlich hätte die vom Generalanwalt vorgeschlagene Auslegung der Verordnung die Folge, dass der Anwendungsbereich dieser Verordnung stärker ausgedehnt würde als mit jeder anderen von den Parteien des Verfahrens vor dem Gerichtshof vorgeschlagenen Auslegung.

25      Nach ständiger Rechtsprechung kann der Gerichtshof von Amts wegen, auf Vorschlag des Generalanwalts oder auf Antrag der Parteien im Einklang mit Art. 83 seiner Verfahrensordnung die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens anordnen, wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder ein zwischen den Parteien nicht erörtertes Vorbringen als entscheidungserheblich ansieht. Dagegen sehen die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und die Verfahrensordnung für die Parteien keine Möglichkeit vor, zu den Schlussanträgen des Generalanwalts Stellung zu nehmen (Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Im vorliegenden Fall beschränkt American Express die Begründung ihres Antrags auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens im Wesentlichen darauf, die vom Generalanwalt in seinen Schlussanträgen vorgenommene Auslegung der Verordnung 2015/751 zu beanstanden. In Anbetracht der in der vorstehenden Randnummer angeführten Rechtsprechung bildet dies aber keinen der Gründe, mit denen die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens gerechtfertigt werden kann.

27      Zudem wurde die Reichweite der Bestimmungen der Verordnung 2015/751, deren Auslegung Gegenstand der ersten Vorlagefrage ist, sowohl während des schriftlichen Verfahrens als auch in der mündlichen Verhandlung erörtert.

28      Der Gerichtshof ist deshalb nach Anhörung des Generalanwalts der Ansicht, dass er über alle Angaben verfügt, die zur Beantwortung der Fragen des vorlegenden Gerichts erforderlich sind, und dass das gesamte entscheidungserhebliche Vorbringen zwischen den Parteien erörtert worden ist.

29      Der Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens ist daher zurückzuweisen.

 Zu den Vorlagefragen

 Zur Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens

30      Das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission halten das Vorabentscheidungsersuchen insgesamt für unzulässig, weil erstens zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens kein realer Rechtsstreit bestehe, zweitens das nationale Gericht in seiner Vorlageentscheidung nicht das Mindestmaß an notwendigen Angaben mache, da es weder die relevanten Tatsachen noch die Gründe darstelle, aus denen ihm die Auslegung und Gültigkeit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bestimmungen fraglich erschienen, und drittens die Erhebung der Klage des Ausgangsverfahrens auf richterliche Überprüfung der „Absicht und/oder Verpflichtung“ der Lords Commissioners, diese Bestimmungen anzuwenden oder durchzuführen, ein Mittel zur Umgehung des durch den AEU-Vertrag errichteten Rechtsbehelfssystems darstelle.

31      Vorab ist festzustellen, dass nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass eines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen hat. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn sie die Auslegung oder die Gültigkeit einer unionsrechtlichen Regelung betreffen (Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a., C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 24).

32      Folglich gilt für Fragen, die das Unionsrecht betreffen, eine Vermutung der Entscheidungserheblichkeit. Der Gerichtshof kann es nur dann ablehnen, über eine Vorlagefrage eines nationalen Gerichts zu befinden, wenn die erbetene Auslegung oder Beurteilung der Gültigkeit einer unionsrechtlichen Regelung offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a., C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 25).

33      Was erstens die Realität des Ausgangsrechtsstreits betrifft, so hat American Express mit ihrer Klage beim vorlegenden Gericht die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der „Absicht und/oder Verpflichtung“ der Lords Commissioners beantragt, die in Rede stehenden Bestimmungen anzuwenden oder durchzuführen. Hierzu geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass die Parteien des Ausgangsverfahrens über die Begründetheit der Klage streiten. Da das vorlegende Gericht über diesen Streit zu entscheiden hat und es der Auffassung ist, dass zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens eine wirkliche Streitigkeit in Bezug auf die Auslegung und die Gültigkeit der betreffenden Bestimmungen der Verordnung besteht, ist nicht offensichtlich, dass der Ausgangsrechtsstreit nicht real ist (vgl. entsprechend Urteile vom 10. Dezember 2002, British American Tobacco [Investments] und Imperial Tobacco, C‑491/01, EU:C:2002:741, Rn. 36 und 38, und vom 4. Mai 2016, Pillbox 38, C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 17).

34      Im Übrigen beruht das Vorbringen, mit dem der fiktive Charakter des Ausgangsrechtsstreits dargetan werden soll und wonach es weder einen Rechtsakt noch eine Unterlassung einer nationalen Verwaltung gebe, die zu einer Klage auf Rechtmäßigkeitskontrolle Anlass geben könne, auf einer kritischen Würdigung der Zulässigkeit der im Ausgangsverfahren erhobenen Klage und der Beurteilung des Sachverhalts durch das vorlegende Gericht in Anwendung der im nationalen Recht vorgesehenen Kriterien. Es ist aber weder Sache des Gerichtshofs, diese Beurteilung in Frage zu stellen, die im Rahmen des vorliegenden Verfahrens in die Zuständigkeit des nationalen Gerichts fällt, noch hat er zu prüfen, ob die Vorlageentscheidung den nationalen Vorschriften über die Gerichtsorganisation und das gerichtliche Verfahren entspricht. Dieses Vorbringen kann daher nicht genügen, um die in Rn. 32 des vorliegenden Urteils genannte Vermutung der Entscheidungserheblichkeit zu widerlegen (vgl. entsprechend Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a., C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 26).

35      Was zweitens das Argument angeht, dass das vorlegende Gericht weder die relevanten Tatsachen noch die Gründe dargestellt habe, aus denen ihm die Auslegung und Gültigkeit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bestimmungen fraglich erschienen, so ist zum einen darauf hinzuweisen, dass nach Art. 94 Buchst. a der Verfahrensordnung jedes Vorabentscheidungsersuchen „eine kurze Darstellung des Streitgegenstands und des maßgeblichen Sachverhalts, wie er vom vorlegenden Gericht festgestellt worden ist, oder zumindest eine Darstellung der tatsächlichen Umstände, auf denen die Fragen beruhen“, enthalten muss.

36      Insoweit genügt es, dass sich der Gegenstand sowie diejenigen Punkte des Ausgangsrechtsstreits, die für die Unionsrechtsordnung hauptsächlich von Interesse sind, aus dem Vorabentscheidungsersuchen ergeben, damit sich die Mitgliedstaaten und andere Beteiligte gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union äußern und wirkungsvoll am Verfahren vor dem Gerichtshof beteiligen können (Urteil vom 8. September 2009, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, C‑42/07, EU:C:2009:519, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Im vorliegenden Fall ist aus der Vorlageentscheidung ersichtlich, dass Amex ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren im Sinne von Art. 2 Nr. 18 der Verordnung 2015/751 ist und in der Union Co‑Branding-Vereinbarungen und Dienstleistungsverträge geschlossen hat. Jedoch könnte je nach der Antwort, die der Gerichtshof auf die Vorlagefragen geben wird, angesichts dieser Vereinbarungen und Verträge gemäß Art. 1 Abs. 5 der Verordnung 2015/751 eine große Anzahl der von Amex durchgeführten Transaktionen unter diese Verordnung fallen.

38      In der Vorlageentscheidung werden somit knapp, aber präzise der Anlass und die Art des Ausgangsrechtsstreits dargestellt, dessen Entscheidung von der Auslegung und der Gültigkeit dieser Bestimmungen abhängen soll. Damit hat das vorlegende Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in dem es sein Ersuchen um Auslegung des Unionsrechts stellt, so ausreichend festgelegt, dass der Gerichtshof das Vorabentscheidungsersuchen sachgerecht beantworten kann (vgl. entsprechend Urteil vom 7. Juli 2016, Genentech, C‑567/14, EU:C:2016:526, Rn. 27).

39      Was zum anderen die Frage betrifft, ob das vorlegende Gericht hinreichend dargelegt hat, aus welchen Gründen ihm die Auslegung und die Gültigkeit der im Ausgangsverfahren fraglichen Bestimmungen zweifelhaft erscheinen, so ist es im Geist der Zusammenarbeit, in dem das Vorabentscheidungsverfahren durchzuführen ist, tatsächlich unerlässlich, dass das nationale Gericht in seiner Vorlageentscheidung die genauen Gründe darlegt, aus denen es eine Beantwortung seiner Fragen nach der Auslegung oder der Gültigkeit bestimmter Vorschriften des Unionsrechts für entscheidungserheblich hält (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Mai 2016, Pillbox 38, C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Daher ist wesentlich, dass das nationale Gericht insbesondere die genauen Gründe angibt, aus denen ihm die Auslegung oder die Gültigkeit von Bestimmungen des Unionsrechts fraglich erscheint, und die Gründe darlegt, aus denen es sie für ungültig hält. Dieses Erfordernis ergibt sich auch aus Art. 94 Buchst. c der Verfahrensordnung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Mai 2016, Pillbox 38, C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Im vorliegenden Fall hat das vorlegende Gericht in seinem Vorabentscheidungsersuchen – unter Wiedergabe eines Teils des diesbezüglichen Vorbringens der Parteien des Ausgangsverfahrens – ausgeführt, dass die Auslegung einiger Bestimmungen der Verordnung 2015/751 ungewiss sei. Zudem könnte der Gerichtshof, je nach seiner Auslegung dieser Bestimmungen, über die von American Express geltend gemachten Ungültigkeitsgründe zu entscheiden haben.

42      Folglich ist das vorlegende Gericht nicht nur der Ansicht, dass das Vorbringen der Parteien des Ausgangsverfahrens eine Auslegungsfrage aufwirft, deren Antwort ungewiss ist, sondern hält es auch für möglich, dass die von American Express angeführten Ungültigkeitsgründe, die in der Vorlageentscheidung wiedergegeben sind, durchgreifen.

43      Was drittens das Argument anbelangt, die Erhebung der Klage des Ausgangsverfahrens auf richterliche Überprüfung der „Absicht und/oder Verpflichtung“ der Lords Commissioners, die Verordnung 2015/751 anzuwenden oder durchzuführen, stelle ein Mittel zur Umgehung des durch den AEU-Vertrag errichteten Rechtsbehelfssystems dar, und insbesondere die Auffassung des Parlaments, wonach im vorliegenden Fall von den Lords Commissioners gegen Amex keine Maßnahme ergriffen worden sei, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits mehrere die Auslegung und/oder Gültigkeit von Sekundärrechtsakten betreffende Vorabentscheidungsersuchen, die im Rahmen von Klagen auf richterliche Überprüfung vorgelegt worden waren, für zulässig erklärt hat, so u. a. in den Rechtssachen, in denen die Urteile vom 10. Dezember 2002, British American Tobacco (Investments) und Imperial Tobacco (C‑491/01, EU:C:2002:741), vom 3. Juni 2008, Intertanko u. a. (C‑308/06, EU:C:2008:312), vom 8. Juli 2010, Afton Chemical (C‑343/09, EU:C:2010:419), vom 4. Mai 2016, Pillbox 38 (C‑477/14, EU:C:2016:324), und vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a. (C‑547/14, EU:C:2016:325), ergangen sind.

44      Im Übrigen hängt die Möglichkeit für den Einzelnen, sich vor den nationalen Gerichten auf die Ungültigkeit einer Unionshandlung allgemeiner Geltung zu berufen, nicht davon ab, dass diese Handlung tatsächlich bereits Gegenstand von Durchführungsmaßnahmen gewesen ist, die aufgrund des nationalen Rechts ergangen sind. Insoweit genügt es, dass das nationale Gericht mit einem tatsächlichen Rechtsstreit befasst ist, in dem sich inzident die Frage der Gültigkeit einer solchen Handlung stellt. Diese Bedingung ist jedoch im Ausgangsrechtsstreit erfüllt, wie sich aus den Rn. 21, 33, 34, 41 und 42 des vorliegenden Urteils ergibt (vgl. entsprechend Urteile vom 10. Dezember 2002, British American Tobacco [Investments] und Imperial Tobacco, C‑491/01, EU:C:2002:741, Rn. 40, vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a., C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 29, vom 4. Mai 2016, Pillbox 38, C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 19, und vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a., C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 35).

45      Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, dass die Klage im Ausgangsrechtsstreit erhoben wurde, um das durch den AEU-Vertrag errichtete Rechtsbehelfssystem zu umgehen.

46      Schließlich können die vorstehenden Feststellungen nicht durch das Vorbringen des Parlaments und der Kommission in Frage gestellt werden, wonach die vorliegende Rechtssache, die die Auslegung und Gültigkeit einer Verordnung betrifft, von Rechtssachen unterschieden werden müsse, die die Auslegung und Gültigkeit einer Richtlinie betreffen, weil eine Verordnung – anders als eine Richtlinie – gemäß Art. 288 AEUV unmittelbar gelte und darüber hinaus im vorliegenden Fall die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bestimmungen keine Maßnahmen von Mitgliedstaaten voraussetzten.

47      Wie nämlich aus Rn. 37 des vorliegenden Urteils hervorgeht, bestimmt sich nach der Antwort des Gerichtshofs auf die Vorlagefragen, in welchem Umfang Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren wie Amex den Verpflichtungen gemäß den Art. 3 bis 5 und 7 der Verordnung 2015/751 unterliegen, die ein gewisses Tätigwerden der Mitgliedstaaten voraussetzen. So haben die Mitgliedstaaten nach den Art. 13 und 14 dieser Verordnung zum einen die zuständigen Behörden zu benennen, die die Durchsetzung der Verordnung sicherzustellen befugt und mit den entsprechenden Untersuchungs- und Vollstreckungsbefugnissen ausgestattet sind, und zum anderen die Vorschriften über Sanktionen festzulegen, die bei Verstößen gegen die Verordnung zu verhängen sind, und alle erforderlichen Vorkehrungen für ihre Anwendung zu treffen. Außerdem ergibt sich aus der Vorlageentscheidung, dass die Lords Commissioners an der Spitze des Finanzministeriums stehen, das gemäß den Art. 13 und 14 der Verordnung 2015/751 die endgültige Verantwortung für die Erfüllung der dem Vereinigten Königreich obliegenden Verpflichtungen im Zusammenhang mit jedweder Anwendung der Verordnung 2015/751 trägt.

48      Nach alledem ist das Vorabentscheidungsersuchen zulässig.

 Zur ersten Frage

49      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 1 Abs. 5 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen ist, dass im Rahmen einer Vereinbarung zwischen einem Co‑Branding-Partner oder Vertreter und einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren der Co‑Branding-Partner oder Vertreter als Emittent im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Verordnung handeln muss, um im Sinne von Art. 1 Abs. 5 der Verordnung dieses Verfahren als eines einzustufen, das mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente herausgibt, und damit als ein Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten.

50      Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Verordnung 2015/751 deren Kapitel II, dessen Art. 3 bis 5 Interbankenentgelte für Kartentransaktionen von Verbrauchern bestimmten Obergrenzen unterwerfen, keine Geltung hat für „Transaktionen mit Zahlungskarten, die von Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren ausgegeben werden“. Ebenso wenig gilt für Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren nach Art. 1 Abs. 4 der Verordnung deren Art. 7, der eine Pflicht zur Trennung von Kartenzahlverfahren und abwickelnden Stellen vorsieht.

51      Jedoch bestimmt Art. 1 Abs. 5 der Verordnung 2015/751 ebenso wie deren Art. 2 Nr. 18, der eine Legaldefinition für Drei-Parteien-Kartenzahlsysteme enthält, dass dann, wenn ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren „Lizenzen zur Ausgabe von kartengebundenen Zahlungsinstrumenten oder zur Annahme und Abrechnung von kartengebundenen Zahlungsvorgängen an andere Zahlungsdienstleister [vergibt] oder … es gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente [herausgibt], … es als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betrachtet wird“.

52      Daraus folgt, dass ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren grundsätzlich nicht den in den Art. 3 bis 5 und 7 der Verordnung 2015/751 vorgesehenen Verpflichtungen unterliegt, sofern es nicht eine der drei Tatbestandsalternativen des Art. 1 Abs. 5 der Verordnung erfüllt, es also nicht Lizenzen zur Ausgabe von kartengebundenen Zahlungsinstrumenten oder zur Annahme und Abrechnung von kartengebundenen Zahlungsvorgängen an andere Zahlungsdienstleister vergibt (erste Tatbestandsalternative), es nicht gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner kartengebundene Zahlungsinstrumente herausgibt (zweite Tatbestandsalternative) und es nicht mittels eines Vertreters Zahlungsinstrumente herausgibt (dritte Tatbestandsalternative). Denn ist einer dieser alternativen Tatbestände erfüllt, wird das Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren nach Art. 1 Abs. 5 der Verordnung 2015/751 als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betrachtet.

53      Im vorliegenden Fall trägt American Express vor, Art. 1 Abs. 5 der Verordnung 2015/751 sei dahin auszulegen, dass ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren nur dann als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betrachtet werden könne, wenn zumindest ein Dritter, der Zahlungsdienstleister sei, im Rahmen eines Zahlungsvorgangs als Emittent oder Acquirer handele, sei es als lizensierter Emittent, als lizensierter Acquirer, als anstelle des Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens die Karte ausgebender Co‑Branding-Partner oder als anstelle dieses Verfahrens die Karte ausgebender Vertreter.

54      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen sind, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Urteil vom 21. September 2017, Kommission/Deutschland, C‑616/15, EU:C:2017:721, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55      Was zunächst die Formulierung der mit der ersten Vorlagefrage angesprochenen zweiten und dritten Tatbestandsalternative des Art. 1 Abs. 5 der Verordnung 2015/751 angeht, so ist zu beachten, dass der „Emittent“ in Art. 2 Nr. 2 der Verordnung 2015/751 als ein „Zahlungsdienstleister“ definiert wird, „der eine vertragliche Vereinbarung schließt, um einem Zahler ein Zahlungsinstrument zur Veranlassung und Verarbeitung der kartengebundenen Zahlungsvorgänge des Zahlers zur Verfügung zu stellen“. Im 29. Erwägungsgrund wiederum heißt es: „Die Kartenausgabe erfolgt auf der Grundlage einer Vertragsbeziehung zwischen dem Emittenten des Zahlungsinstruments und dem Zahler, unabhängig davon, ob der Emittent Gelder im Namen des Zahlers hält. Der Emittent stellt dem Zahler Zahlungskarten zur Verfügung, autorisiert Zahlungsvorgänge an Terminals oder entsprechenden Stellen und kann dem Acquirer die Zahlung für regelkonforme Zahlungsvorgänge im Rahmen des betreffenden Kartenzahlverfahrens garantieren. Deshalb handelt es sich bei dem reinen Vertrieb von Zahlungskarten oder der reinen Erbringung technischer Dienste (wie der Verarbeitung und Speicherung von Daten) nicht um eine Kartenausgabe.“

56      Zur zweiten Tatbestandsalternative des Art. 1 Abs. 5 der Verordnung 2015/751, also dem Abschluss einer Vereinbarung zwischen einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren und einem Co‑Branding-Partner, ist ferner anzumerken, dass Co‑Branding in Art. 2 Nr. 32 der Verordnung als „das Aufnehmen von mindestens einer Zahlungsmarke und mindestens einer Nicht-Zahlungsmarke auf dasselbe kartengebundene Zahlungsinstrument“ definiert ist. Als „Zahlungsmarke“ gilt dabei laut Art. 2 Nr. 30 der Verordnung „jeder reale oder digitale Name, jeder materielle oder digitale Begriff, jedes materielle oder digitale Zeichen, jedes materielle oder digitale Symbol oder jede Kombination davon, unter dem bzw. der die kartengebundenen Zahlungsvorgänge abgewickelt werden“.

57      Für die dritte Tatbestandsalternative des Art. 1 Abs. 5 der Verordnung 2015/751, also den Abschluss einer Vereinbarung zwischen einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren und einem Vertreter, wird zwar in der Verordnung nicht definiert, was unter „Vertreter“ zu verstehen ist. Aus dem zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2015/2366, die ebenfalls zum Rechtsrahmen der Union für Zahlungsdienste gehört, geht jedoch hervor, dass dieser überarbeitete Rechtsrahmen durch die Verordnung 2015/751 ergänzt wird. Dem sechsten Erwägungsgrund dieser Richtlinie lässt sich ferner entnehmen, dass der Unionsgesetzgeber eine unionsweit einheitliche Anwendung des rechtlichen Rahmens sicherstellen wollte.

58      Wie American Express ausgeführt hat, ist jedoch in Art. 4 Nr. 38 der Richtlinie 2015/2366 der Begriff „Agent“ definiert als „eine natürliche oder juristische Person, die im Namen eines Zahlungsinstituts Zahlungsdienste ausführt“, wobei aus Art. 4 Nr. 3 und Anhang I dieser Richtlinie hervorgeht, dass zu diesen Zahlungsdiensten auch die Ausgabe von Zahlungsinstrumenten und/oder die Annahme und Abrechnung („Acquiring“) von Zahlungsvorgängen gehören.

59      Aus den einschlägigen Definitionen der Begriffe „Co‑Branding“ und „Agent“ kann daher nicht der Schluss gezogen werden, dass ein Co‑Branding-Partner oder Vertreter, der eine Vereinbarung mit einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren geschlossen hat, in diesem Verfahren notwendigerweise als Emittent im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Verordnung 2015/751 tätig wird.

60      Damit geht jedoch, wie der Generalanwalt in den Nrn. 87 und 90 seiner Schlussanträge erläutert hat, weder aus dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 5 noch dem des Art. 2 Nr. 18 der Verordnung 2015/751 ausdrücklich hervor, dass der Co‑Branding-Partner oder Vertreter an der Kartenausgabe beteiligt sein müsste. Hätte der Unionsgesetzgeber aber den Anwendungsbereich von Art. 1 Abs. 5 beschränken wollen, so hätte er dies ausdrücklich vorsehen können (vgl. entsprechend Urteil vom 19. März 2009, Kommission/Italien, C‑275/07, EU:C:2009:169, Rn. 99).

61      Auch wenn es im Übrigen im 28. Erwägungsgrund der Verordnung 2015/751 heißt, dass „Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, bei denen Zahlungsdienstleister als Acquirer oder Emittenten auftreten, als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren gelten und denselben Vorschriften unterliegen“, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass nur dieser Sachverhalt in den Anwendungsbereich von Art. 1 Abs. 5 der Verordnung fällt. Wie oben in Rn. 52 ausgeführt, erfasst diese Bestimmung auch die Fallgestaltung eines Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens, das „Lizenzen zur Ausgabe von kartengebundenen Zahlungsinstrumenten oder zur Annahme und Abrechnung von kartengebundenen Zahlungsvorgängen an andere Zahlungsdienstleister“ vergibt.

62      Ferner ergibt sich, wie der Generalanwalt in Nr. 90 seiner Schlussanträge angemerkt hat, aus dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 5 der Verordnung 2015/751, namentlich dem Satzteil „Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, das gemeinsam mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente herausgibt“, die Folgerung, dass dieses Kartenzahlverfahren selbst die Kartenausgabe wahrnimmt.

63      Was zweitens die Systematik dieser Bestimmung anbelangt, ist unstreitig nach deren erster Tatbestandsalternative ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren u. a. dann als ein Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten, wenn es „Lizenzen zur Ausgabe von kartengebundenen Zahlungsinstrumenten oder zur Annahme und Abrechnung von kartengebundenen Zahlungsvorgängen an andere Zahlungsdienstleister“ vergibt.

64      Daraus folgt, wie der Generalanwalt in den Nrn. 77 und 78 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, dass Fälle, in denen ein Dritter mit einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren eine Vereinbarung abschließt, nach der er kartengebundene Zahlungsinstrumente für dieses Verfahren ausgibt oder annimmt oder verarbeitet, diese erste Tatbestandsalternative erfüllen.

65      Es ist daher festzustellen, dass die von American Express vertretene Auslegung der zweiten und dritten Tatbestandsalternative des Art. 1 Abs. 5 der Verordnung 2015/751, nach der eine Vereinbarung mit einem Dritten diese Tatbestandsalternativen nur dann erfüllt, wenn der Dritte kartengebundene Zahlungsinstrumente für das Kartenzahlverfahren ausgibt, diesen Tatbestandsalternativen weitgehend ihre Bedeutung zu nehmen drohte.

66      Während sich die erste Tatbestandsalternative überdies ausdrücklich darauf bezieht, dass der Dritte, an den die Lizenz vergeben wurde, ebenfalls ein „Zahlungsdienstleister“ ist, sehen die zweite und die dritte Fallgestaltung nicht ausdrücklich vor, dass der Co‑Branding-Partner oder Vertreter notwendig ein Zahlungsdienstleister ist. Es kann damit nicht ausgeschlossen werden, dass der Co‑Branding-Partner möglicherweise andere Geschäftstätigkeiten ausübt als Zahlungsdienste und damit andere Tätigkeiten als die Ausgabe oder Annahme oder Verarbeitung von kartengebundenen Zahlungsinstrumenten.

67      Was drittens die mit der Verordnung 2015/751 verfolgten Ziele betrifft, zu der die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bestimmungen gehören, so bestehen sie laut dem 43. Erwägungsgrund der Verordnung in der Festlegung einheitlicher Vorschriften für kartengebundene Zahlungsvorgänge, einschließlich über Internet und mobile Endgeräte. Insbesondere soll laut dem zehnten Erwägungsgrund der Verordnung die Regulierung der Interbankenentgelte das Funktionieren des Binnenmarkts verbessern und zu einer Verringerung der Transaktionskosten für die Verbraucher beitragen.

68      Zur Anwendbarkeit der Verordnung auf Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren heißt es im 28. Erwägungsgrund der Verordnung 2015/751 weiter, der Unionsgesetzgeber habe es angesichts der Existenz „impliziter Interbankenentgelte und im Interesse gleicher Wettbewerbsbedingungen“ für notwendig erachtet, dass unter bestimmten Umständen diese Verfahren als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren gälten und denselben Vorschriften wie diese unterlägen.

69      Darüber hinaus geht aus zahlreichen Bestimmungen der Verordnung 2015/751, darunter ihrem 31. Erwägungsgrund und ihren Art. 5 und 13 Abs. 6, hervor, dass sie auch darauf abzielt, die Umgehung der in ihr enthaltenen Regeln zu vermeiden, so insbesondere der in ihr normierten Obergrenzen für Interbankenentgelte.

70      Das Interbankenentgelt ist in Art. 2 Nr. 10 der Verordnung 2015/751 weit definiert als das „Entgelt, das bei einem kartengebundenen Zahlungsvorgang für jede direkte oder indirekte (d. h. über einen Dritten vorgenommene) Transaktion zwischen dem Emittenten und dem Acquirer gezahlt wird“, wobei die „Nettovergütung oder andere vereinbarte Vergütungen … Bestandteil des Interbankenentgelts“ sind. Die „Nettovergütung“ wiederum ist in Art. 2 Nr. 11 der Verordnung definiert als „die Gesamtnettosumme der Zahlungen, Rabatte und Anreize, die ein Emittent vom Kartenzahlverfahren, dem Acquirer oder einer zwischengeschalteten Stelle in Bezug auf einen kartengebundenen Zahlungsvorgang oder damit verbundene Tätigkeiten erhält“.

71      Unter diesen Umständen kann, wie von der Kommission vorgetragen, nicht ausgeschlossen werden, dass eine bestimmte Art von Gegenleistung oder Vorteil als implizites Interbankenentgelt im Sinne des 28. Erwägungsgrundes der Verordnung 2015/751 eingestuft werden kann, ohne dass der Co‑Branding-Partner oder Vertreter, mit dem das Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren eine Vereinbarung geschlossen hat, notwendigerweise an dessen Kartenausgabe beteiligt sein müsste. Daher könnte es sich als schwierig erweisen, die Ziele der Verordnung 2015/751, darunter insbesondere das mit Art. 1 Abs. 5 der Verordnung verfolgte Ziel der Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt, zu verwirklichen, wenn die Sachverhalte, in denen der Co‑Branding-Partner oder Vertreter nicht als Emittent im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Verordnung handelt, aus diesem Grund von den Regelungen der Art. 3 bis 5 und 7 dieser Verordnung auszunehmen wären.

72      Schließt ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren eine Vereinbarung über Co‑Branding im Sinne von Art. 2 Nr. 32 der Verordnung 2015/751 oder eine Vereinbarung mit einem Agenten im Sinne von Art. 4 Nr. 38 der Richtlinie 2015/2366, sollte es folglich gemäß Art. 1 Abs. 5 der Verordnung als ein Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betrachtet werden, so dass es den Pflichten gemäß den Art. 3 bis 5 und 7 der Verordnung unterliegt.

73      Nach alledem ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 1 Abs. 5 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen ist, dass im Rahmen einer Vereinbarung zwischen einem Co‑Branding-Partner oder Vertreter und einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren der Co‑Branding-Partner oder Vertreter nicht als Emittent im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Verordnung handeln muss, um im Sinne von Art. 1 Abs. 5 der Verordnung dieses Verfahren als eines einzustufen, das mit einem Co‑Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente herausgibt, und damit als ein Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten.

 Zur zweiten Frage

74      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung 2015/751 ungültig sind, soweit sie vorsehen, dass ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren allein deshalb als ein Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren anzusehen ist, weil es mit einem Co‑Branding-Partner oder Vertreter eine Vereinbarung geschlossen hat, auch wenn der Co‑Branding-Partner oder Vertreter im Rahmen der Vereinbarung nicht als Emittent im Sinne von Art. 2 Nr. 2 dieser Verordnung handelt.

 Zum Vorliegen einer Verletzung der Begründungspflicht

75      Hinsichtlich der Begründungspflicht ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die durch Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgeschriebene Begründung eines Rechtsakts der Union zwar die Überlegungen des Urhebers dieses Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die getroffene Maßnahme entnehmen können und der Gerichtshof seine Kontrolle ausüben kann, jedoch nicht sämtliche rechtlich oder tatsächlich erheblichen Gesichtspunkte enthalten muss. Die Beachtung der Begründungspflicht ist im Übrigen nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen, sondern auch anhand seines Kontexts und sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln (Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a., C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).

76      Überdies hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass es, wenn aus einem Rechtsakt mit allgemeiner Geltung das von dem Organ verfolgte Ziel in seinen wesentlichen Zügen hervorgeht, übertrieben wäre, eine besondere Begründung für die verschiedenen getroffenen technischen Entscheidungen zu verlangen (Urteil vom 3. März 2016, Spanien/Kommission, C‑26/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:132, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

77      Im vorliegenden Fall wird im 28. Erwägungsgrund die Logik, die der Gleichstellung von Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren in bestimmten Fallgestaltungen zugrunde liegt, hinreichend klar dargelegt. Wie in Rn. 68 des vorliegenden Urteils ausgeführt, beruht es nach diesem Erwägungsgrund nämlich auf „der Existenz impliziter Interbankenentgelte“ und dem „Interesse [an gleichen] Wettbewerbsbedingungen“, dass Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren gelten und denselben Vorschriften unterliegen sollten, während „Transparenzmaßnahmen und sonstige Maßnahmen in Bezug auf Geschäftsregeln für alle Anbieter gelten sollten“.

78      Ferner zeigen der 28. Erwägungsgrund, Art. 1 Abs. 5 Satz 2 und Art. 2 Nrn. 17 und 18 der Verordnung 2015/751 die Unterschiede auf, die zwischen Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren und Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren bestehen und die es rechtfertigen, dass die Gleichstellung Ersterer mit Letzteren für die Zwecke der Anwendung der Regelungen über die Obergrenzen für Interbankenentgelte und über die Trennung von Kartenzahlverfahren und abwickelnden Stellen nur eine teilweise ist.

79      Folglich ermöglichen es, wie der Generalanwalt in Nr. 117 seiner Schlussanträge dargelegt hat, diese Bestimmungen, indem sie die Gesamtlage, die zur teilweisen Gleichstellung der Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren geführt hat, und die allgemeinen Ziele darstellen, die damit erreicht werden sollen, im Sinne der oben in Rn. 75 angeführten Rechtsprechung den Betroffenen, die Gründe für diese Gleichstellung zu erfahren, und dem Gerichtshof, seine Kontrolle auszuüben.

80      Unter diesen Umständen war der Unionsgesetzgeber nach der oben in den Rn. 75 und 76 wiedergegebenen Rechtsprechung nicht gehalten, in der Verordnung 2015/751 für jede der drei technischen Entscheidungen, die er getroffen hat und die den drei Tatbestandsalternativen des Art. 1 Abs. 5 der Verordnung zugrunde liegen, eine Begründung zu geben.

81      Daher ist nicht ersichtlich, dass der Verordnung 2015/751 insoweit ein Begründungsmangel anhaftete, der zur Ungültigkeit ihres Art. 1 Abs. 5 und ihres Art. 2 Nr. 18 führen könnte.

 Zum Vorliegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers

82      Laut der Vorlageentscheidung ist im Ausgangsrechtsstreit weiter vorgetragen worden, dass Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung 2015/751 wegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers ungültig seien. Nach diesen Bestimmungen sei es nämlich im Rahmen einer Vereinbarung zwischen einem Co‑Branding-Partner oder Vertreter und einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren nicht erforderlich, dass der Co‑Branding-Partner oder Vertreter an der Kartenausgabe des Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens beteiligt sei, um dieses als ein Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten.

83      Jedoch geht aus den Unterlagen und Angaben, die dem Gerichtshof im vorliegenden Verfahren unterbreitet worden sind, nicht hervor, dass dem Unionsgesetzgeber aus diesem Grund im Zusammenhang mit Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung 2015/751 ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen wäre.

84      Insbesondere ergibt sich, wie der Generalanwalt in den Nrn. 121 bis 124 seiner Schlussanträge erläutert hat, aus den dem Gerichtshof unterbreiteten Informationen kein Anhaltspunkt dafür, dass dem Unionsgesetzgeber ein Fehler bei seiner Entscheidung darüber unterlaufen wäre, in welchem Umfang Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren im Hinblick auf die Regelungen der Art. 3 bis 5 und 7 der Verordnung 2015/751 Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren gleichzustellen waren, um die oben in den Rn. 67 bis 69 genannten Ziele zu erreichen.

 Zum Vorliegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

85      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Handlungen der Unionsorgane zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung verfolgten legitimen Ziele geeignet sind und nicht über die Grenzen dessen hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist (Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a., C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86      Was die gerichtliche Nachprüfung der Einhaltung dieser Voraussetzungen betrifft, hat der Gerichtshof dem Unionsgesetzgeber im Rahmen der Ausübung der ihm übertragenen Zuständigkeiten ein weites Ermessen in Bereichen zugebilligt, in denen seine Tätigkeit sowohl politische als auch wirtschaftliche oder soziale Entscheidungen verlangt und in denen er komplexe Prüfungen und Beurteilungen vornehmen muss. Es geht somit nicht darum, ob eine in einem solchen Bereich erlassene Maßnahme die einzig mögliche oder die bestmögliche war; sie ist vielmehr nur dann rechtswidrig, wenn sie gemessen an dem Ziel, das die zuständigen Organe verfolgen, offensichtlich ungeeignet ist (Urteil vom 8. Juni 2010, Vodafone u. a., C‑58/08, EU:C:2010:321, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

87      Da im vorliegenden Fall die dem Gerichtshof unterbreiteten Informationen keinen Anhaltspunkt dafür bieten, dass Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung 2015/751 nicht geeignet wären, die oben in den Rn. 67 bis 69 genannten legitimen Ziele dieser Bestimmungen zu erreichen, vermag das Vorbringen, Letztere verletzten den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil sie die Gleichstellung von Drei- mit Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren nicht von der Emittentenrolle der Co‑Branding-Partner oder Vertreter abhängig machten, nicht durchzugreifen. Da sich insbesondere, wie oben in Rn. 71 ausgeführt, nicht ausschließen lässt, dass im Rahmen von Vereinbarungen über Co‑Branding oder Vertretung eine bestimmte Art von Gegenleistung oder Vorteil feststellbar ist, ohne dass der Co‑Branding-Partner oder Vertreter notwendigerweise an der Kartenausgabe des betreffenden Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens beteiligt ist, war es im Hinblick auf die in Frage stehenden Ziele nicht offensichtlich ungeeignet, auch eine solche Vergütung den in der Verordnung festgelegten Obergrenzen für Interbankenentgelte zu unterwerfen.

88      Nach alledem hat die Prüfung der zweiten Frage nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung 2015/751 berühren könnte.

 Kosten

89      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 1 Abs. 5 der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge ist dahin auszulegen, dass im Rahmen einer Vereinbarung zwischen einem CoBranding-Partner oder Vertreter und einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren der CoBranding-Partner oder Vertreter nicht als Emittent im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Verordnung handeln muss, um im Sinne von Art. 1 Abs. 5 der Verordnung dieses Verfahren als eines einzustufen, das mit einem CoBranding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente herausgibt, und damit als ein Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten.

2.      Die Prüfung der zweiten Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung 2015/751 berühren könnte.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.