Language of document : ECLI:EU:C:2024:417

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 16. Mai 2024(1)

Rechtssache C171/23

UP CAFFE d.o.o.

gegen

Ministarstvo financija Republike Hrvatske

(Vorabentscheidungsersuchen des Upravni sud u Zagrebu [Verwaltungsgericht Zagreb, Kroatien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Richtlinie 2006/112/EG – Regelung zur Befreiung von Kleinunternehmern – Missbrauch im Mehrwertsteuerrecht durch Gründung einer neuen Gesellschaft – Unionsrechtliches Verbot missbräuchlichen Verhaltens im Mehrwertsteuerrecht – Unmittelbare Anwendbarkeit versus Sachverhaltswürdigung nach Maßgabe einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise“






I.      Einführung

1.        Im Unionsrecht gilt der allgemeine Grundsatz, dass sich niemand betrügerisch oder missbräuchlich auf das Unionsrecht berufen kann. Dieser Grundsatz gilt auch im Mehrwertsteuerrecht, das durch die Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie)(2) weitgehend harmonisiert ist.

2.        Die nationalen Behörden und Gerichte müssen daher die in der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Rechte auf Abzug, Befreiung oder Erstattung der Mehrwertsteuer versagen, sofern diese betrügerisch oder missbräuchlich geltend gemacht werden. Nunmehr stellt sich die Frage, ob dies auch für die Inanspruchnahme einer Kleinunternehmerregelung gilt, welche die Mitgliedstaaten nach Art. 287 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorsehen können (aber nicht müssen).

3.        Im Ausgangsverfahren möchte die kroatische Finanzverwaltung dem Steuerpflichtigen die Inanspruchnahme der kroatischen Kleinunternehmerregelung wegen eines vermeintlichen Missbrauchs versagen, obwohl das kroatische Recht keine Grundlage für eine solche Versagung vorsieht. Daher bietet sich die Möglichkeit, die Reichweite und die Grenzen der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum allgemeinen Missbrauchsverbot im Mehrwertsteuerrecht zu präzisieren.

4.        Zudem stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis dieser allgemeine Grundsatz zu den ebenfalls im Unionsrecht verankerten allgemeinen Grundsätzen der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung steht.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

5.        Die Art. 281 ff. der Mehrwertsteuerrichtlinie enthalten Sonderregelungen für Kleinunternehmer. Art. 282 der Mehrwertsteuerrichtlinie in der für das Ausgangsverfahren geltenden Fassung bestimmt:

„Die Steuerbefreiungen und –ermäßigungen nach diesem Abschnitt gelten für Lieferungen von Gegenständen und für Dienstleistungen, die von Kleinunternehmen bewirkt werden.“

6.        Art. 287 Nr. 19 der Mehrwertsteuerrichtlinie in der für das Ausgangsverfahren geltenden Fassung sieht vor:

„Mitgliedstaaten, die nach dem 1. Januar 1978 beigetreten sind, können Steuerpflichtigen eine Steuerbefreiung gewähren, wenn ihr Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert der folgenden Beträge nicht übersteigt, wobei der Umrechnungskurs am Tag des Beitritts zugrunde zu legen ist: …

19. Kroatien: EUR 35 000.“

7.        Nach Art. 1 des Durchführungsbeschlusses des Rates vom 25. September 2017(3) wird die Republik Kroatien abweichend von Art. 287 Nr. 19 der Richtlinie 2006/112 ermächtigt, Steuerpflichtigen, deren Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert von 45 000 Euro zu dem am Beitrittstag geltenden Umrechnungskurs nicht übersteigt, eine Mehrwertsteuerbefreiung zu gewähren.

B.      Kroatisches Recht

8.        Art. 287 der Mehrwertsteuerrichtlinie wurde durch Art. 90 des kroatischen Mehrwertsteuergesetzes (Zakon o porezu na dodanu vrijednost, im Folgenden: Zakon o PDV) umgesetzt.

9.        Die Vorschrift bestimmt sinngemäß, dass eine inländische juristische oder natürliche Person als Kleinunternehmer behandelt werden kann, wenn ihre Umsätze im vorangegangenen Kalenderjahr den Betrag von 300 000 Kuna (HRK) (mehr als 39 000 Euro) nicht überstiegen haben. Ein Kleinunternehmer ist grundsätzlich von der Mehrwertsteuer befreit, aber umgekehrt nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

III. Sachverhalt

10.      Das vorlegende Gericht hat den relevanten Sachverhalt äußerst knapp wie folgt mitgeteilt.

11.      Bei der in Kroatien ansässigen Gesellschaft UP CAFFE d.o.o. (im Folgenden: Klägerin) fand eine von der kroatischen Steuerverwaltung (im Folgenden: Beklagte) durchgeführte Sonderprüfung für Zwecke der Mehrwertsteuer statt. Dabei stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin die Geschäftstätigkeit der SS-UGO d.o.o. (im Folgenden: frühere Gesellschaft) fortgeführt habe, mit der sie nach wie vor verbunden sei.

12.      Daraus schließt die Beklagte, dass es durch die Gründung der Klägerin und die Geschäftsübertragung auf diese nicht zu einer Unterbrechung der Kontinuität der Geschäftstätigkeit der früheren Gesellschaft gekommen sei. Folglich ermittelte sie die von der Klägerin geschuldete Mehrwertsteuer ohne Anwendung der beanspruchten Kleinunternehmerregelung. Zugleich gestand sie der Klägerin jedoch einen entsprechenden Vorsteuerabzug zu.

13.      In der Folge erließ die Beklagte am 17. Oktober 2018 einen Mehrwertsteuerbescheid gegen die Klägerin. Darin setzte die Beklagte für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Juli 2018 Mehrwertsteuer sowie Verzugszinsen fest. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein, der von der Beklagten durch Bescheid vom 24. August 2020 zurückgewiesen wurde.

14.      Hiergegen erhob die Klägerin Klage beim vorlegenden Gericht. Sie beruft sich insbesondere darauf, dass sie alle Voraussetzungen für die Qualifizierung als Kleinunternehmer erfülle. Außerdem macht sie geltend, dass erst nach Ablauf des Besteuerungszeitraums durch Änderungen des Opći porezni zakon (Allgemeines Steuergesetz) in Art. 12a eine allgemeine Missbrauchsvermeidungsvorschrift eingefügt wurde. Ebenfalls sei erst nachträglich durch Änderungen an Art. 49 Abs. 1 Nr. 4 des Opći porezni zakon die Möglichkeit geschaffen worden, mehrere Personen als eine verbundene Person und damit als einen Steuerpflichtigen zu behandeln. Die rückwirkende Anwendung von Vorschriften verstoße aber gegen die Ustav Republike Hrvatske (Verfassung der Republik Kroatien).

15.      Konkretisiert werden diese rudimentären Sachverhaltsangaben durch die folgenden übereinstimmenden Ausführungen der Parteien des Ausgangsverfahrens.

16.      Ursprünglich existierte ein Gastronomieunternehmen, welches vom 1. Januar 2013 bis zum 12. Juli 2017 als Mehrwertsteuerpflichtige registriert war. Der Gastronomiebetrieb wurde im Anschluss durch die vom Inhaber des Gastronomieunternehmens am 28. Juni 2017 gegründete frühere Gesellschaft fortgeführt. Diese machte von dem ihr nach Art. 90 Abs. 1 des Zakon o PDV eingeräumten Wahlrecht zur Behandlung als Kleinunternehmer für Zwecke der Mehrwertsteuer Gebrauch.

17.      Aufgrund der von der früheren Gesellschaft erzielten Umsätze im Jahr 2017 lagen bei ihr die Voraussetzungen für eine weitere Anwendung der Kleinunternehmerregelung im Jahr 2018 nicht mehr vor. Die Gesellschaft stellte ihren Gastronomiebetrieb Ende des Jahres 2017 weitgehend ein.

18.      Zum gleichen Zeitpunkt wurde die Klägerin – offenbar durch eine andere Person als den Inhaber der früheren Gesellschaft – gegründet. Die Klägerin nahm die Möglichkeit der Besteuerung als Kleinunternehmer ab 2018 in Anspruch. Sie führte auch einen Gastronomiebetrieb in denselben Geschäftsräumen und mit denselben Arbeitnehmern und Lieferanten wie die frühere Gesellschaft.

19.      Die Beklagte stellte zudem im Rahmen der Sonderprüfung fest, dass der Geschäftsführer und Eigentümer der früheren Gesellschaft bei der Klägerin angestellt wurde. Offenbar ist er aber – so legt es zumindest die Stellungnahme der Kommission nahe – weder Gesellschafter noch Geschäftsführer der Klägerin. Allerdings haftete er gemeinsam mit der Klägerin gesamtschuldnerisch für die Miete der Geschäftsräume und war der alleinige Unterzeichner des Bankkontos der Gesellschaft.

IV.    Vorabentscheidungsersuchen

20.      Das für das Ausgangsverfahren zuständige Upravni sud u Zagrebu (Verwaltungsgericht Zagreb, Kroatien) hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV die folgende Frage vorgelegt:

Verpflichtet das Unionsrecht, wenn die objektiven Umstände des Falls darauf hindeuten, dass eine Mehrwertsteuerhinterziehung durch die Gründung einer neuen Gesellschaft bzw. die Unterbrechung der steuerlichen Kontinuität der Geschäftstätigkeit der früheren Gesellschaft begangen wurde, wobei der Steuerpflichtige weiß oder wissen müsste, dass er sich an einer solchen Tat beteiligt hat, auch dann die nationalen Behörden und Gerichte zur Feststellung der Mehrwertsteuerpflicht (nicht zur Ablehnung des Antrags auf Mehrwertsteuererstattung), wenn das nationale Gesetz eine solche Feststellung zum Zeitpunkt des Eintretens des steuerbaren Ereignisses nicht vorsieht?

21.      Im Verfahren vor dem Gerichtshof haben die Klägerin, die Republik Kroatien und die Europäische Kommission schriftlich Stellung genommen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der Gerichtshof gemäß Art. 76 Abs. 2 der Verfahrensordnung abgesehen.

V.      Rechtliche Würdigung

A.      Zulässigkeit und Präzisierung der Vorlagefrage

22.      Die Kommission bezweifelt, dass das Vorabentscheidungsersuchen des vorlegenden Gerichts den Anforderungen von Art. 94 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs genügt. Danach muss das Ersuchen u. a. eine kurze Darstellung des vom Gericht festgestellten maßgeblichen Sachverhalts oder zumindest eine Darstellung der tatsächlichen Umstände, auf denen die Frage beruht, enthalten.

23.      Der Vorlagebeschluss enthält nur äußerst knappe Angaben zum relevanten Sachverhalt. Insbesondere sind die konkreten Umstände, aus denen sich ein etwaiger Rechtsmissbrauch ergeben soll, nur unzureichend dargelegt. Die Ausführungen des vorlegenden Gerichts genügen allerdings gerade noch, um den tatsächlichen Kontext des Ausgangsrechtsstreits zu verstehen. Zudem haben sowohl die Klägerin als auch die Republik Kroatien übereinstimmend zum Sachverhalt vorgetragen und damit zum Verständnis des tatsächlichen Rahmens beigetragen.

24.      Die Vorlagefrage bezieht sich allerdings auch nicht auf eine bestimmte Vorschrift des Unionsrechts. Die vom vorlegenden Gericht in der Begründung des Ersuchens angeführten Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie (Art. 11, 19, 28 und 80) weisen nur einen sehr eingeschränkten Bezug zum Ausgangsverfahren auf. Jedoch ergibt sich aus dem Kontext hinreichend klar, dass es um die Anwendung der den Mitgliedstaaten in Art. 287 der Mehrwertsteuerrichtlinie ermöglichten Befreiung von sogenannten Kleinunternehmen und den allgemeinen Grundsatz des Missbrauchsverbots geht.

25.      In der Gesamtschau bin ich daher der Auffassung, dass das vorlegende Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Kontext des Ausgangsrechtsstreits gerade noch ausreichend erläutert hat, um die Vorlagefrage beantworten zu können.

26.      Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort geben zu können, bedarf es allerdings einer Umformulierung der Vorlagefrage. Das Gericht möchte im Wesentlichen wissen, ob der Klägerin die Inanspruchnahme der kroatischen Kleinunternehmerregelung aufgrund des unionsrechtlichen Grundsatzes des Missbrauchsverbots auch dann versagt werden kann, wenn das kroatische Recht keine Bestimmung vorsieht, die eine solche Versagung ermöglicht, sondern diese erst nachträglich eingeführt hat.

B.      Zur Vorlagefrage

27.      Die Vorlagefrage bezieht sich in erster Linie auf das Missbrauchsverbot als allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts. Daher gehe ich zunächst auf dessen Anwendbarkeit und Reichweite im vorliegenden Fall ein (dazu unter 1.). Im Anschluss befasse ich mich mit den Tatbestandsvoraussetzungen (dazu unter 2.) und Rechtsfolgen (dazu unter 3.) eines Rechtsmissbrauchs.

1.      Zur Anwendbarkeit und Reichweite des allgemeinen Grundsatzes des Missbrauchsverbots

a)      Allgemeines

28.      Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs stellt das Verbot des Rechtsmissbrauchs einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts dar.(4) Dem Grundsatz kommt auch im Bereich des Mehrwertsteuerrechts eine weitreichende Wirkung zu.

29.      So kann sich ein Steuerpflichtiger einerseits nicht betrügerisch oder missbräuchlich auf die in der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Rechte auf Abzug, Befreiung oder Erstattung der Mehrwertsteuer berufen.(5) Andererseits soll aber die Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen sein, „dass sie einer nationalen Praxis entgegensteht, die darin besteht, die Entscheidung eines Steuerpflichtigen, eine wirtschaftliche Tätigkeit in der Form auszuüben, die ihm eine Senkung seiner wirtschaftlichen Kosten ermöglicht, als ‚bestimmungswidrige Rechtspraxis‘ zu werten und ihm aus diesem Grund das Recht auf Vorsteuerabzug zu versagen“. Dies gelte, „wenn nicht feststeht, dass eine rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltung vorliegt, die allein oder zumindest im Wesentlichen zu dem Zweck erfolgt, einen Steuervorteil zu erlangen, dessen Gewährung den Zielen der Richtlinie zuwiderliefe.“(6)

30.      Dies zeigt, dass im Mehrwertsteuerrecht der allgemeine Grundsatz des Missbrauchsverbots als Auslegungsprinzip verstanden wird.(7) Die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen ist ein Ziel, das von der Mehrwertsteuerrichtlinie anerkannt und gefördert wird.(8) Entsprechend sind die Vorschriften der Mehrwertsteuerrichtlinie so auszulegen, dass sich Steuerpflichtige nicht betrügerisch oder missbräuchlich hierauf berufen können.

31.      Im vorliegenden Fall kommen als auszulegende Rechtsvorschriften nur Art. 287 der Mehrwertsteuerrichtlinie sowie das kroatische Umsetzungsrecht in Art. 90 Abs. 1 des Zakon o PDV in Betracht. Da Art. 287 der Mehrwertsteuerrichtlinie den Mitgliedstaaten nur die Möglichkeit einräumt, eine Befreiung von Steuerpflichtigen vorzusehen, die gewisse Umsatzgrenzen unterschreiten (sogenannte Kleinunternehmerbefreiung), ist diese Vorschrift nicht unmittelbar dem Einzelnen gegenüber anwendbar. Nur Art. 90 Abs. 1 des Zakon o PDV entfaltet eine unmittelbare Wirkung gegenüber dem Steuerpflichtigen.

32.      Die nationalen Gerichte sind verpflichtet, das nationale Umsetzungsrecht so weit wie möglich im Licht des Wortlauts und der Zielsetzung der Richtlinienbestimmung auszulegen. Die Voraussetzungen des mitgliedstaatlichen Rechts für die Kleinunternehmerbefreiung (Art. 90 Abs. 1 des Zakon o PDV) sind dem Wortlaut nach offenbar erfüllt. Dies legt jedenfalls das Vorabentscheidungsersuchen nahe. Eine abweichende Auslegung scheint hier nicht möglich zu sein. Die Beteiligten gehen auch übereinstimmend davon aus, dass im kroatischen Recht keine Vorschrift existiert, die eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung verhindern könnte.

b)      Sachverhaltswürdigung versus Auslegung einer Rechtsnorm

33.      Nach Auffassung des Gerichtshofs kann der Grundsatz des Verbots missbräuchlichen Verhaltens (kurz: Missbrauchsverbot) einem Steuerpflichtigen aber auch dann entgegengehalten werden, wenn das nationale Recht keine Vorschriften zur Versagung einer betrügerischen oder missbräuchlichen Inanspruchnahme der Rechte aus der Mehrwertsteuerrichtlinie enthält.(9)

34.      Der Gerichtshof stützt seine Argumentation u. a. darauf, dass die Versagung einer betrügerischen oder missbräuchlichen Inanspruchnahme der Vorteile aus der Mehrwertsteuerrichtlinie als dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem inhärent anzusehen sei.(10) Insbesondere seien in einem solchen Fall die objektiven Voraussetzungen für die Erlangung des angestrebten Vorteils in Wirklichkeit nicht erfüllt.(11)

1)      Unproblematisch: Erfassung des wirtschaftlichen Sachverhaltes

35.      In der Tat ist bei der Ermittlung des relevanten Sachverhalts der Vorgang so zu beurteilen, wie ihn die Parteien wirklich wollten, mithin anhand der tatsächlichen wirtschaftlichen Umstände. Entscheidend ist nicht die gewählte zivilrechtliche Gestaltung, also die „äußere Rechtsform“ des Vorgangs, sondern das von den Parteien nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich Gewollte. Das ist allerdings keine Frage der Auslegung des Unionsrechts (oder des nationalen Rechts), sondern eine Frage der Sachverhaltswürdigung.

36.      Im Verfahren nach Art. 267 AEUV, das auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, ist jedoch allein das nationale Gericht für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits zuständig.(12) Der Gerichtshof kann insofern allenfalls Hinweise geben. Kommt das vorlegende Gericht zum Ergebnis, dass die Gründung der Klägerin rechtlich nur zum Schein erfolgte, um wirtschaftlich das Unternehmen der früheren Gesellschaft fortzusetzen, dann kann es z. B. im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise die „äußere Rechtsform“ ignorieren und auf den richtigen, wirtschaftlich eigentlich gewollten Sachverhalt abstellen.

37.      Dies folgt schon daraus, dass das Steuerrecht letztendlich versucht, wirtschaftliche Sachverhalte gleichmäßig zu besteuern. Deshalb ist zunächst der wirtschaftliche Gehalt des Sachverhalts zutreffend zu erfassen. Eine Gestaltung, die diesen wirtschaftlichen Gehalt mittels der zivilrechtlichen Gestaltungsfreiheit künstlich zu umgehen oder zu verdecken versucht, kann den eigentlichen, dahinterstehenden Sachverhalt nicht verändern. Bereits im Hinblick auf den Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung sind in wirtschaftlicher Hinsicht vergleichbare Sachverhalte (unabhängig von ihren zivilrechtlichen Konstruktionen) auch gleich zu besteuern. Möglicherweise ist eine solche Sachverhaltswürdigung auf Grundlage des von der Kommission angeführten Art. 11 des Opći porezni zakon hier sogar vorstellbar. Denn diese Vorschrift erfordert anscheinend eine Ermittlung des steuerlichen Sachverhalts anhand seiner wirtschaftlichen Substanz.

2)      Problematisch: Ergänzung des Unionsrechts um ungeschriebene Tatbestandsmerkmale

38.      Sofern die in Nr. 33 zitierte Rechtsprechung darüber hinaus im Sinne einer Ergänzung des Unionsrechts um ungeschriebene Tatbestandsmerkmale im Wege einer Auslegung zu verstehen wäre, kommt dieser sehr weitgehende (und dogmatisch umstrittene(13)) Ansatz – der nun Gegenstand eines Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist(14) – hier jedenfalls nicht zum Tragen.

39.      Im vorliegendem Fall sind die Voraussetzungen für die Erlangung des angestrebten Vorteils, hier die Kleinunternehmerbefreiung, nämlich – anders als z. B. der Vorsteuerabzug – gerade nicht in der Mehrwertsteuerrichtlinie geregelt. Vielmehr können nur die Mitgliedstaaten die Kleinunternehmerbefreiung bis zu gewissen Umsatzgrenzen gewähren und die konkreten Voraussetzungen ihrer Gewährung regeln. Die konkreten Voraussetzungen für die Kleinunternehmerbefreiung folgen also nicht aus der Mehrwertsteuerrichtlinie, sondern allein aus dem kroatischen Recht. Folglich kann jedenfalls im vorliegenden Fall gerade nicht davon gesprochen werden, dass die unionsrechtlichen Voraussetzungen für die Erlangung der Kleinunternehmerbefreiung nicht erfüllt seien.

40.      Die Voraussetzungen der Kleinunternehmerbefreiung nach kroatischem Recht sind dem Wortlaut nach offenbar (siehe Nr. 32) erfüllt. Eine abweichende Auslegung anhand des unionsrechtlichen Missbrauchsverbots scheint hier nicht möglich. Denn der aus dem Wortlaut abgeleitete Wortsinn bildet die Grenze jeder Auslegung, selbst wenn sie der Missbrauchsvermeidung dient. Auch der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts unterliegt bestimmten Schranken. So findet die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt einer Richtlinie heranzuziehen, in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen ihre Schranken und darf nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem dieses innerstaatlichen Rechts dienen.(15)

41.      Damit geht es hier – wie das vorlegende Gericht betont – nicht darum, wie bisher eine unionsrechtlich vorgesehene Steuerbefreiung oder den unionsrechtlich vorgesehenen Vorsteuerabzug zu versagen. Vielmehr geht es darum, den Steuerpflichtigen über ein allgemeines ungeschriebenes unionsrechtliches Missbrauchsverbot trotz national bestehender Steuerbefreiung – mithin ohne gesetzliche Grundlage – zu besteuern.

42.      Dies würde jedoch dem ebenfalls unionsrechtlich anerkannten allgemeinen Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung widersprechen, den die Große Kammer des Gerichtshofs in jüngerer Zeit mehrfach betont hat.(16) Steuerrecht ist klassisches Eingriffsrecht. Folglich müssen die dem Staat möglichen Eingriffe in die Grundrechte des Steuerpflichtigen durch eine Besteuerung hinreichend bestimmt in einem dem Steuerpflichtigen gegenüber unmittelbar geltenden Gesetz geregelt sein.

43.      Daher – so der Gerichtshof – „verlangt der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung, der als allgemeiner Rechtsgrundsatz Teil der Unionsrechtsordnung ist, dass jede Pflicht zur Entrichtung einer Steuer sowie alle wesentlichen Elemente, die die materiell-rechtlichen Aspekte der Steuer ausmachen, vom Gesetz vorgesehen sein müssen, denn der Steuerpflichtige muss in der Lage sein, die Höhe der geschuldeten Steuer vorherzusehen und zu berechnen und den Fälligkeitszeitpunkt der Steuer zu bestimmen“.(17) Eine unmittelbare Anwendbarkeit eines allgemeinen und ungeschriebenen unionsrechtlichen Missbrauchsverbots ist damit aber nicht zu vereinbaren.

c)      Zwischenergebnis

44.      Wenn der Mitgliedstaat keine Vorschrift vorsieht, die missbräuchliche Verhaltensweisen seiner Steuerpflichtigen verhindert, mag er gegen seine Verpflichtung verstoßen haben, Regelungen zur Vermeidung von Missbräuchen im Bereich des Mehrwertsteuerrechts vorzusehen. Ein Versäumnis des Mitgliedstaats kann aber nicht dem Steuerpflichtigen entgegengehalten werden, der die Voraussetzungen, die das nationale Recht aufstellt, erfüllt. Es bleibt dann nur eine unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts, die allerdings gewissen Grenzen unterliegt. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob eine solche hier in Betracht kommt. Sollte dies nicht der Fall sein, scheidet hier eine unmittelbare Anwendung des allgemeinen Grundsatzes des Missbrauchsverbots zur Begründung einer Steuerpflicht der Klägerin aus.

45.      Denkbar ist allerdings, dass sich bei der dem vorlegenden Gericht obliegenden Ermittlung des wirtschaftlichen Gehalts des Vorgangs (Sachverhaltsermittlung und Sachverhaltswürdigung) ergibt, dass es trotz Änderung des rechtlichen Gewandes zu keiner wirtschaftlichen Änderung des Sachverhaltes kam. Dann ist der wahre wirtschaftliche Sachverhalt der Besteuerung zugrunde zu legen. Für die zutreffende Ermittlung des zu besteuernden, wirtschaftlich relevanten Sachverhaltes im Rahmen einer sogenannten wirtschaftlichen Betrachtungsweise bedarf es keiner speziellen Rechtsgrundlage.

46.      Ob bei einer neuen Gesellschaft mit geänderter Gesellschafterstruktur tatsächlich bloß formell ein neuer Steuerpflichtiger agiert hat, um künstlich in den Genuss der Kleinunternehmerbefreiung zu gelangen, kann im Hinblick auf die dürftige Sachverhaltsschilderung nicht beurteilt werden. Das ist auch nicht Aufgabe des Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren. Vielmehr obliegt es dem vorlegenden Gericht oder den Steuerbehörden, diese Sachverhaltsfeststellung vorzunehmen. Möglicherweise erleichtern die nachfolgenden (hilfsweisen) Erläuterungen zum Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs diese Aufgabe.

2.      Hilfsweise: zu den Voraussetzungen eines Rechtsmissbrauchs

47.      Für den Fall, dass der Gerichtshof obiger Argumentation nicht folgen sollte und hier von einer unmittelbaren Anwendung des allgemeinen unionsrechtlichen Missbrauchsverbots ausgeht, ist auf die Tatbestandsvoraussetzungen eines Rechtsmissbrauchs näher einzugehen.

48.      Nach ständiger Rechtsprechung erfordert die Feststellung eines Missbrauchs im Mehrwertsteuerrecht das kumulative Vorliegen eines objektiven (dazu unter a) und eines subjektiven Tatbestands (dazu unter b). Zudem darf die Anwendung des allgemeinen Grundsatzes des Missbrauchsverbots im Einzelfall nicht gegen die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstoßen (dazu unter c).

49.      Die Feststellung eines Missbrauchs hängt dabei von einer Gesamtwürdigung aller Umstände des jeweiligen konkreten Falles ab. Die Beweislast hierfür liegt bei der zuständigen Finanzbehörde.(18) Die gerichtliche Überprüfung der Gesamtwürdigung hat das vorlegende Gericht vorzunehmen.

a)      Objektiver Tatbestand

50.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs setzt die Feststellung eines Missbrauchs zunächst voraus, dass das Ziel der geltend gemachten Vorschrift trotz ihrer formalen Erfüllung nicht erreicht wird.(19) Ob ein Missbrauch vorliegt, lässt sich daher immer nur anhand des spezifischen Zwecks der in Rede stehenden Vorschrift bestimmen.

51.      Im Ausgangsverfahren hat die Klägerin offensichtlich formal die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung erfüllt. Insbesondere wurden aufgrund der Neugründung der Klägerin die maßgeblichen Umsatzschwellen des Vorjahres oder des laufenden Jahres nicht überschritten.

52.      Allerdings könnte die Inanspruchnahme der kroatischen Kleinunternehmerregelung zweckwidrig gewesen sein. Dies setzt die Bestimmung ihres Zweckes voraus. Der Gerichtshof geht bezüglich Art. 287 der Mehrwertsteuerrichtlinie, welcher den Mitgliedstaaten die Einräumung einer solchen Steuerbefreiung ermöglicht, davon aus, dass dies die Gründung und Tätigkeit von Kleinunternehmen fördern und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken soll.(20) Dies ist zweifelhaft, da ihnen zugleich der Vorsteuerabzug versagt wird und die Befreiung nur den Jahresumsatz umfasst, den ein Unternehmen in einem Jahr in dem Mitgliedstaat erzielt, in dem es ansässig ist.(21) Auch die Ausgestaltung der Umsatzschwelle als Freigrenze und nicht als Freibetrag spricht gegen diesen Zweck, denn sie benachteiligt gerade besonders erfolgreiche Existenzgründer.(22)

53.      Vielmehr liegt der Zweck dieser Steuerbefreiung primär in einer Verwaltungsvereinfachung (Bagatellregelung). Ohne die Festlegung einer Umsatzschwelle müsste die Finanzverwaltung jede Person mit noch so geringer wirtschaftlicher Tätigkeit als Steuerpflichtigen behandeln. Damit wäre erheblicher Verwaltungsaufwand auf Seiten der Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung verbunden, ohne dass dem Aufwand ein entsprechendes Steueraufkommen gegenüberstünde.(23)

54.      Ausgehend vom Zweck der Verwaltungsvereinfachung wirkt die Vorschrift zumindest gleichermaßen zugunsten der Mitgliedstaaten.(24) Vor diesem Hintergrund habe ich Zweifel, ob eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Kleinunternehmerbefreiung durch einen Steuerpflichtigen möglich ist. Bekräftigt wird dieses Verständnis dadurch, dass Steuerpflichtige, welche die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, nach Art. 289 der Mehrwertsteuerrichtlinie kein Recht auf Vorsteuerabzug haben. In der Gesamtschau muss sich für den Steuerpflichtigen also nicht zwingend ein Steuervorteil ergeben.

55.      Umgekehrt ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass sich im Einzelfall ein nicht bezweckter Steuervorteil ergeben kann. Der in Art. 287 der Mehrwertsteuerrichtlinie genannte Jahresumsatz bezieht sich auf den jeweils handelnden Steuerpflichtigen.(25) Eine zweckwidrige Inanspruchnahme der Vorschrift kommt daher u. a. in Betracht, wenn ein einheitlicher Geschäftsbetrieb auf mehrere „selbstgeschaffene“ Steuerpflichtige aufgespalten wird, damit die relevanten Umsatzschwellen nicht überschritten werden.

56.      Das gilt jedenfalls dann, wenn die verschiedenen Steuerpflichtigen für Zwecke von Art. 287 der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht als ein Steuerpflichtiger angesehen werden können.(26) Wie die Republik Kroatien vorgetragen hat, wurde die fakultative Vorschrift von Art. 11 der Mehrwertsteuerrichtlinie über die Behandlung mehrerer Personen als ein Steuerpflichtiger nicht im nationalen Recht umgesetzt. Daher scheidet eine Behandlung der Klägerin und der früheren Gesellschaft als ein Steuerpflichtiger aus.

57.      Im Ergebnis halte ich es zwar nicht für ausgeschlossen, dass auch im Zusammenhang mit der Kleinunternehmerregelung von Art. 287 der Mehrwertsteuerrichtlinie eine missbräuchliche Inanspruchnahme in Betracht kommt. Da die Vorschrift aber zumindest gleichermaßen eine Verwaltungsvereinfachung zugunsten der Mitgliedstaaten bezweckt, wird eine missbräuchliche Inanspruchnahme nur in Ausnahmefällen angenommen werden können.

b)      Subjektiver Tatbestand

58.      Neben dem objektiven Tatbestand setzt die Feststellung eines Missbrauchs einen subjektiven Tatbestand voraus. Aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte muss ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird. Das Missbrauchsverbot findet keine Anwendung, wenn die fraglichen Umsätze eine andere Erklärung haben können als nur die Erlangung von Steuervorteilen.(27)

59.      Der Steuerpflichtige hat dabei grundsätzlich das Recht, seine Tätigkeit so zu gestalten, dass er seine Steuerschuld in Grenzen hält.(28) Daher kann er im Grundsatz die Organisationsstruktur und das Geschäftsmodell frei wählen, das nach seiner Auffassung für seine wirtschaftliche Tätigkeit und zur Begrenzung seiner Steuerlast am besten geeignet ist.(29) Verboten sind nur rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen, die allein zu dem Zweck erfolgen, einen Steuervorteil zu erlangen.(30) Im Umkehrschluss liegt keine rein künstliche Gestaltung vor, wenn sachliche Gründe für die gewählte Gestaltung sprechen.

60.      Die Beklagte hat darauf abgestellt, dass die Klägerin den Geschäftsbetrieb in den Räumlichkeiten und mit den Arbeitnehmern und Lieferanten der früheren Gesellschaft fortgeführt hat. Diese Indizien können für eine rein künstliche Gestaltung sprechen. Umgekehrt scheinen hinter der Klägerin und der früheren Gesellschaft nicht dieselben Personen zu stehen. Die Beteiligung unterschiedlicher Personen kann ein gewichtiges Indiz dafür sein, dass es wirtschaftliche Gründe für die Gründung der Klägerin unter Fortführung des Geschäftsbetriebs der früheren Gesellschaft gab.

61.      Es ist die Aufgabe des vorlegenden Gerichts, anhand der Gesamtumstände des konkreten Einzelfalls zu entscheiden, ob mit der gewählten Gestaltung im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wurde. Die bisher vom vorlegenden Gericht mitgeteilten Tatsachen alleine rechtfertigen jedenfalls nicht die Annahme, dass die Gründung der Klägerin durch einen Dritten und Übernahme der Geschäftstätigkeit der früheren Gesellschaft eine rein künstliche Gestaltung wäre.

c)      Kein Verstoß gegen die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes

62.      Die Klägerin des Ausgangsverfahrens macht zudem die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Rechtssicherheit geltend.

63.      Der Gerichtshof ist in einigen älteren Entscheidungen im Mehrwertsteuerrecht jedoch davon ausgegangen, dass sich Steuerpflichtige, die die Voraussetzungen für die Gewährung eines Rechts missbräuchlich oder betrügerisch geschaffen haben, nicht auf diese Grundsätze berufen können.(31)

64.      Diese Aussage halte ich unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten und unter Berücksichtigung der jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den gemeinsamen Werten, auf die sich die Union gründet, in dieser pauschalen Art und Weise für problematisch. Sie stimmt auch nicht mit der jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit überein.

65.      So betont der Gerichtshof in jüngerer Rechtsprechung zunehmend, dass die Union aus Staaten besteht, die die in Art. 2 EUV genannten Werte achten und teilen.(32) Zu den in Art. 2 EUV genannten Werten, auf die sich die Union gründet, gehört insbesondere die Rechtsstaatlichkeit. Diese verlangt zum einen, dass Eingriffe des Staates nur aufgrund einer gesetzlichen Grundlage erfolgen. Dieser Gesetzesvorbehalt wird im Steuerrecht durch den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung(33) ebenso ausgedrückt wie im Strafrecht durch den Grundsatz nulla poene sine lege certa (Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen) und vom Gerichtshof als eine besondere Ausformung des allgemeinen Grundsatzes der Rechtssicherheit verstanden.(34)

66.      Der Grundsatz der Rechtssicherheit, von dem sich der Grundsatz des Vertrauensschutzes ableitet und der damit auch auf das Rechtsstaatsprinzip zurückgeht, gebietet es u. a., dass Rechtsvorschriften – vor allem dann, wenn sie nachteilige Folgen für Einzelne und Unternehmen haben können – klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen voraussehbar sein müssen.(35) Die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes müssen dabei sowohl von den Organen der Europäischen Union als auch von den Mitgliedstaaten bei der Ausübung der Befugnisse, die ihnen die Unionsrichtlinien einräumen, beachtet werden.(36)

67.      Die Große Kammer des Gerichtshofs hat bereits herausgearbeitet, dass aus dem Bestimmtheitsgebot als einer Ausprägung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit (dort im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen) folgt, dass das Gesetz die Rechtsfolgen klar definieren muss. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Bürger anhand des Wortlauts der einschlägigen Bestimmung und nötigenfalls mit Hilfe ihrer Auslegung durch die Gerichte erkennen kann, welche Handlungen und Unterlassungen seine (dort strafrechtliche) Verantwortung begründen.(37) Nichts anderes gilt für anderes Eingriffsrecht wie das Steuerrecht und die dort vorgesehene steuerrechtliche Verantwortung. Daher hat der Gerichtshof die besondere Bedeutung des Gesetzesvorbehaltes für das Steuerrecht ebenfalls bereits anerkannt und ihn als allgemeinen Rechtsgrundsatz, der Teil der Unionsrechtsordnung ist, bezeichnet.(38)

68.      Steuerrechtliche Vorschriften müssen daher, wenn sie Verpflichtungen des Einzelnen begründen, eindeutig und ihre Anwendung für den Betroffenen vorhersehbar sein. Dies gilt – so der Gerichtshof – in besonderem Maße, wenn es sich um Vorschriften handelt, die finanzielle Konsequenzen haben können.(39) Insofern müssen jede Pflicht zur Entrichtung einer Steuer sowie alle wesentlichen Elemente, die die materiell-rechtlichen Aspekte der Steuer ausmachen, vom Gesetz vorgesehen sein. Der Steuerpflichtige muss in der Lage sein, die Höhe der geschuldeten Steuer vorherzusehen.(40)

69.      Das (unionsrechtliche) Verbot missbräuchlichen Verhaltens kann sich hingegen nicht auf geschriebenes Primärrecht und schon gar nicht auf die in Art. 2 EUV genannten Werte stützen. Dies spricht in Situationen, in denen sowohl das Rechtsstaatsprinzip als auch der Grundsatz des Missbrauchsverbots betroffen sind, für eine sehr sorgfältige und restriktive Anwendung von Letzterem.

70.      Davon ausgehend darf der Klägerin ein Berufen auf Vertrauensschutz hier nicht pauschal versagt werden. Das gilt umso mehr, als es im Ausgangsverfahren – worauf auch die Republik Kroatien hinweist – nicht um den Vorwurf einer Mehrwertsteuerhinterziehung geht, sondern „nur“ eines Rechtsmissbrauchs. Dies ist ein wesentlicher Unterschied, der auch eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigt.

71.      Steuerhinterziehung bezeichnet die strafbare Erlangung eines Steuervorteils. Missbräuchliche Gestaltungen zeichnen sich dagegen dadurch aus, dass sie trotz Einhaltung der einschlägigen Rechtsvorschriften (mithin eines legalen Verhaltens) ausschließlich einen gesetzlich nicht bezweckten Steuervorteil zur Folge haben. Die Grenze zwischen bereits missbräuchlichem und noch nicht missbräuchlichem „normalen“ Verhalten eines Steuerpflichtigen bei dem Versuch, seine Steuerlasten zu minimieren, kann fließend und erheblich vom jeweiligen Einzelfall abhängig sein. Dies gilt umso mehr, als der Gerichtshof anerkennt, dass der Steuerpflichtige bei einer Wahlmöglichkeit zwischen zwei Umsätzen nicht verpflichtet ist, den Umsatz zu wählen, der die höhere Mehrwertsteuerzahlung nach sich zieht, sondern das Recht hat, seine Tätigkeit so zu gestalten, dass er seine Steuerschuld in Grenzen hält. Die Steuerpflichtigen können folglich die Organisationsstrukturen und die Geschäftsmodelle, die sie als für ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten und zur Begrenzung ihrer Steuerlast am besten geeignet erachten, im Allgemeinen frei wählen.(41)

72.      Dies verlangt aber auch, dass sich der Steuerpflichtige auf die gesetzliche Rechtslage im jeweiligen Mitgliedstaat verlassen kann. Existiert dort – wie im Ausgangsverfahren – keine gesetzliche Missbrauchsverbotsvorschrift und lässt sich das nationale Recht auch nicht so auslegen, dass eine Inanspruchnahme einer Steuerbefreiungsvorschrift allein mit dem Ziel der Steuerminimierung unzulässig ist, kann die gesetzlich vorgesehene Rechtsfolge der Steuerfreiheit daher nicht pauschal versagt werden.

73.      Vielmehr ist es immer die Aufgabe des vorlegenden Gerichts, anhand der Gesamtumstände des konkreten Einzelfalls zu entscheiden, ob die Klägerin hier ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Rechtslage haben konnte. Bejaht das vorlegende Gericht diese Frage, kann sich die beklagte Finanzbehörde auch nicht auf ein allgemeines ungeschriebenes unionsrechtliches Missbrauchsverbot gegenüber der Klägerin berufen, wenn der Mitgliedstaat dieses bislang nicht in nationales Recht umgesetzt hat.

3.      Zur Rechtsfolge eines Rechtsmissbrauchs

74.      Sollte das vorlegende Gericht dabei zu dem Ergebnis kommen, dass alle Voraussetzungen für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs (inklusive des fehlenden schutzwürdigen Vertrauens) vorliegen, wäre der Besteuerung der Sachverhalt zugrunde zu legen, der ohne das missbräuchliche Verhalten bestanden hätte.(42)

75.      Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit darf die Besteuerung jedoch nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die genaue Erhebung der Mehrwertsteuer sicherzustellen.(43) Daraus folgt, dass die beklagte Finanzbehörde zwar berechtigt wäre, der Klägerin eine Berufung auf die Kleinunternehmerregelung zu versagen. Gleichzeitig stünde der Klägerin in diesem Fall – wie von der kroatischen Finanzverwaltung auch berücksichtigt – aber ein Recht auf Vorsteuerabzug für den fraglichen Besteuerungszeitraum zu.

VI.    Ergebnis

76.      Somit schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Upravni sud u Zagrebu (Verwaltungsgericht Zagreb, Kroatien) wie folgt zu antworten:

Der allgemeine Grundsatz des Missbrauchsverbots verpflichtet die nationalen Behörden und Gerichte nicht dazu, die auf Grundlage von Art. 287 der Mehrwertsteuerrichtlinie erlassene nationale Befreiung eines Kleinunternehmers entgegen dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung zu ignorieren, wenn eine unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts nicht in Betracht kommt und das nationale Gesetz keine Rechtsgrundlage für eine Versagung der Steuerbefreiung enthält. Die Finanzverwaltung kann aber bei der Ermittlung des zu besteuernden Sachverhaltes auf den wirtschaftlich gewollten Sachverhalt abstellen und einen nur zum Schein verwirklichten Sachverhalt ignorieren (sogenannte wirtschaftliche Betrachtungsweise).


1      Originalsprache: Deutsch.


2      Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 (ABl. 2006, L 347, S. 1) in der für das Streitjahr (2018) geltenden Fassung; insoweit zuletzt geändert durch Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG und der Richtlinie 2009/132/EG in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen (ABl. 2017, L 348, S. 7).


3      Durchführungsbeschluss (EU) 2017/1768 des Rates vom 25. September 2017 zur Ermächtigung der Republik Kroatien, eine von Artikel 287 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Sondermaßnahme einzuführen (ABl. 2017, L 250, S. 71).


4      Grundlegend Urteil vom 5. Juli 2007, Kofoed (C‑321/05, EU:C:2007:408, Rn. 38).


5      Urteil vom 18. Dezember 2014, Schoenimport „Italmoda“ Mariano Previti (C‑131/13, C‑163/13 und C‑164/13, EU:C:2014:2455, Rn. 49 und 62).


6      Beschluss vom 9. Januar 2023, A.T.S. 2003 (C‑289/22, EU:C:2023:26, Rn. 42).


7      Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro in der Rechtssache Halifax u. a. (C‑255/02, EU:C:2005:200, Nr. 69) sowie des Generalanwalts Szpunar in den verbundenen Rechtssachen Schoenimport „Italmoda“ Mariano Previti u. a. (C‑131/13, C‑163/13 und C‑164/13, EU:C:2014:2217, Nr. 63). Vgl. auch Urteil vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 85).


8      Urteil vom 18. Dezember 2014, Schoenimport „Italmoda“ Mariano Previti (C‑131/13, C‑163/13 und C‑164/13, EU:C:2014:2455, Rn. 42 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).


9      Urteile vom 22. November 2017, Cussens u. a. (C‑251/16, EU:C:2017:881, Rn. 33), und vom 18. Dezember 2014, Schoenimport „Italmoda“ Mariano Previti (C‑131/13, C‑163/13 und C‑164/13, EU:C:2014:2455, Rn. 62).


10      Urteil vom 18. Dezember 2014, Schoenimport „Italmoda“ Mariano Previti (C‑131/13, C‑163/13 und C‑164/13, EU:C:2014:2455, Rn. 59).


11      Urteile vom 22. November 2017, Cussens u. a. (C‑251/16, EU:C:2017:881, Rn. 32), und vom 18. Dezember 2014, Schoenimport „Italmoda“ Mariano Previti (C‑131/13, C‑163/13 und C‑164/13, EU:C:2014:2455, Rn. 57); grundlegend bereits Urteil vom 14. Dezember 2000, Emsland-Stärke (C‑110/99, EU:C:2000:695, Rn. 56).


12      Urteile vom 16. Juni 2022, DuoDecad (C‑596/20, EU:C:2022:474, Rn. 37), vom 6. Oktober 2021, W. Ż. (Kammer für außerordentliche Überprüfung und öffentliche Angelegenheiten des Obersten Gerichts – Ernennung) (C‑487/19, EU:C:2021:798, Rn. 78 und 132), und vom 26. April 2017, Farkas (C‑564/15, EU:C:2017:302, Rn. 37).


13      Vgl. beispielhaft nur die deutliche Kritik von zwei in Deutschland sehr renommierten Spezialisten im Mehrwertsteuerrecht: Stadie, H., in Rau/Dürrwächter, UStG, Einf. Rn. 615 (Stand: Januar 2024): „Die vom EuGH getroffenen Aussagen sind zwar im Ergebnis zutreffend, zeigen jedoch keinen dogmatischen Ansatz“, und Reiß, W., Umsatzsteuerrecht, 20. Aufl. 2022, Rn. 303: „Für den EuGH gilt unionsrechtlich in diesem Kontext, dass er – ungeachtet seiner Kompetenz zur maßgeblichen Auslegung des Unionsrechtes – an die Richtlinie unter Beachtung allgemeiner Rechtsgrundsätze des Unionsrechtes gebunden ist. Er hat aber nicht die Aufgabe, selbst als Richtliniengeber zu fungieren und den Mitgliedstaaten, respektive deren Gerichten und Behörden, sich nicht aus der Richtlinie ergebende Vorgaben zu machen.“


14      Das Verfahren wird dort unter dem Aktenzeichen 16395/18 – ITALMODA MARIANO PREVITI and Others against the Netherlands geführt.


15      Zuletzt Urteil vom 20. Februar 2024, X (Keine Angabe von Kündigungsgründen) (C‑715/20, EU:C:2024:139, Rn. 70 und die dort zitierte Rechtsprechung).


16      Urteile vom 5. Dezember 2023, Luxemburg u. a./Kommission (C‑451/21 P und C‑454/21 P, EU:C:2023:948, Rn. 119), und vom 8. November 2022, Fiat Chrysler Finance Europe/Kommission (C‑885/19 P und C‑898/19 P, EU:C:2022:859, Rn. 97).


17      Urteile vom 5. Dezember 2023, Luxemburg u. a./Kommission (C‑451/21 P und C‑454/21 P, EU:C:2023:948, Rn. 119), und vom 8. November 2022, Fiat Chrysler Finance Europe/Kommission (C‑885/19 P und C‑898/19 P, EU:C:2022:859, Rn. 97). Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 8. Mai 2019, Związek Gmin Zagłębia Miedziowego (C‑566/17, EU:C:2019:390, Rn. 39).


18      Vgl. Urteil vom 26. Februar 2019, T Danmark und Y Denmark (C‑116/16 und C‑117/16, EU:C:2019:135, Rn. 117).


19      Grundlegend Urteil vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 74); zuletzt auch Urteil vom 26. Februar 2019, T Danmark und Y Denmark (C‑116/16 und C‑117/16, EU:C:2019:135, Rn. 97).


20      Vgl. Urteile vom 9. Juli 2020, AJPF Caraş-Severin und DiGRFP Timişoara (C‑716/18, EU:C:2020:540, Rn. 40), vom 2. Mai 2019, Jarmuškienė (C‑265/18, EU:C:2019:348, Rn. 37), und vom 26. Oktober 2010, Schmelz (C‑97/09, EU:C:2010:632, Rn. 63), sowie meine Schlussanträge in der Rechtssache Schmelz (C‑97/09, EU:C:2010:354, Rn. 33).


21      Urteil vom 26. Oktober 2010, Schmelz (C‑97/09, EU:C:2010:632, Rn. 77).


22      Vgl. meine Schlussanträge in der Administraţia Judeţeană a Finanţelor Publice Caraş-Severin – Serviciul Inspecţie Persoane Fizice und Direcţia Generală Regională a Finanţelor Publice Timişoara – Serviciul Soluţionare Contestaţii 1 (C‑716/18, EU:C:2020:82, Nr. 27).


23      Urteile vom 9. Juli 2020, AJPF Caraş-Severin und DiGRFP Timişoara (C‑716/18, EU:C:2020:540, Rn. 40), vom 2. Mai 2019, Jarmuškienė (C‑265/18, EU:C:2019:348, Rn. 37), und vom 26. Oktober 2010, Schmelz (C‑97/09, EU:C:2010:632, Rn. 63 und 68).


24      Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Administraţia Judeţeană a Finanţelor Publice Caraş-Severin – Serviciul Inspecţie Persoane Fizice und Direcţia Generală Regională a Finanţelor Publice Timişoara – Serviciul Soluţionare Contestaţii 1 (C‑716/18, EU:C:2020:82, Nr. 28).


25      Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Valstybinė mokesčių inspekcija prie Lietuvos Respublikos finansų ministerijos u. a. (Vereinbarung über eine gemeinsame Tätigkeit) (C‑312/19, EU:C:2020:310, Nr. 67).


26      Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Valstybinė mokesčių inspekcija prie Lietuvos Respublikos finansų ministerijos u. a. (Vereinbarung über eine gemeinsame Tätigkeit) (C‑312/19, EU:C:2020:310, Nr. 65).


27      Urteil vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 75).


28      Beschluss vom 9. Januar 2023, A.T.S. 2003 (C‑289/22, EU:C:2023:26, Rn. 40), und Urteil vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 73).


29      Vgl. Beschluss vom 9. Januar 2023, A.T.S. 2003 (C‑289/22, EU:C:2023:26, Rn. 40).


30      Urteile vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses (C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 35), und vom 20. Juni 2013, Newey (C‑653/11, EU:C:2013:409, Rn. 46).


31      Urteile vom 22. November 2017, Cussens u. a. (C‑251/16, EU:C:2017:881, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung), vom 18. Dezember 2014, Schoenimport „Italmoda“ Mariano Previti (C‑131/13, C‑163/13 und C‑164/13, EU:C:2014:2455, Rn. 60), sowie andeutungsweise vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 84).


32      Urteile vom 24. Juni 2019, Kommission/Polen (Unabhängigkeit des Obersten Gerichts) (C‑619/18, EU:C:2019:531, Rn. 42 und 43), vom 10. Dezember 2018, Wightman u. a. (C‑621/18, EU:C:2018:999, Rn. 63), und vom 25. Juli 2018, Minister for Justice and Equality (Mängel des Justizsystems) (C‑216/18 PPU, EU:C:2018:586, Rn. 35). Zur Berücksichtigung der dort genannten Werte bei der Auslegung von Richtlinien siehe auch Urteil vom 9. März 2010, Kommission/Deutschland (C‑518/07, EU:C:2010:125, Rn. 41).


33      Urteile vom 5. Dezember 2023, Luxemburg u. a./Kommission (C‑451/21 P und C‑454/21 P, EU:C:2023:948, Rn. 119), vom 8. November 2022, Fiat Chrysler Finance Europe/Kommission (C‑885/19 P und C‑898/19 P, EU:C:2022:859, Rn. 97), und vom 8. Mai 2019, Związek Gmin Zagłębia Miedziowego (C‑566/17, EU:C:2019:390, Rn. 39).


34      Vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts Emiliou in der Rechtssache Belgian Association of Tax Lawyers u. a. (C‑623/22, EU:C:2024:189, Nr. 42), und Urteil vom 20. Dezember 2017, Vaditrans (C‑102/16, EU:C:2017:1012, Rn. 50).


35      Urteile vom 11. Juni 2015, Berlington Hungary u. a. (C‑98/14, EU:C:2015:386, Rn. 77), vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft (C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 127), und vom 12. Dezember 2013, Test Claimants in the Franked Investment Income Group Litigation (C‑362/12, EU:C:2013:834, Rn. 44). Siehe auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Banco de Portugal u. a. (C‑504/19, EU:C:2020:943, Nr. 79).


36      Vgl. nur im mehrwertsteuerrechtlichen Kontext Urteil vom 9. Juli 2015, Salomie und Oltean (C‑183/14, EU:C:2015:454, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).


37      Urteile vom 5. Dezember 2017, M. A. S. und M. B. (C‑42/17, EU:C:2017:936, Rn. 56), und vom 28. März 2017, Rosneft (C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 162).


38      Urteile vom 5. Dezember 2023, Luxemburg u. a./Kommission (C‑451/21 P und C‑454/21 P, EU:C:2023:948, Rn. 119), vom 8. November 2022, Fiat Chrysler Finance Europe/Kommission (C‑885/19 P und C‑898/19 P, EU:C:2022:859, Rn. 97), und vom 8. Mai 2019, Związek Gmin Zagłębia Miedziowego (C‑566/17, EU:C:2019:390, Rn. 39).


39      Urteil vom 9. Juli 2015, Salomie und Oltean (C‑183/14, EU:C:2015:454, Rn. 31).


40      Urteile vom 5. Dezember 2023, Luxemburg u. a./Kommission (C‑451/21 P und C‑454/21 P, EU:C:2023:948, Rn. 119), vom 8. November 2022, Fiat Chrysler Finance Europe/Kommission (C‑885/19 P und C‑898/19 P, EU:C:2022:859, Rn. 97), und vom 8. Mai 2019, Związek Gmin Zagłębia Miedziowego (C‑566/17, EU:C:2019:390, Rn. 39).


41      Beschluss vom 9. Januar 2023, A.T.S. 2003 (C‑289/22, EU:C:2023:26, Rn. 40), sowie Urteile vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 73), und vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses (C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 42).


42      Vgl. Urteile vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses (C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 52), und vom 20. Juni 2013, Newey (C‑653/11, EU:C:2013:409, Rn. 50).


43      Urteil vom 22. November 2017, Cussens u. a. (C‑251/16, EU:C:2017:881, Rn. 46).