Language of document : ECLI:EU:T:2016:505

Rechtssache T‑111/14

Unitec Bio SA

gegen

Rat der Europäischen Union

„Dumping – Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in Argentinien – Endgültiger Antidumpingzoll – Nichtigkeitsklage – Unmittelbare Betroffenheit – Individuelle Betroffenheit – Zulässigkeit – Art. 2 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 – Normalwert – Produktionskosten“

Leitsätze – Urteil des Gerichts (Neunte Kammer) vom 15. September 2016

1.      Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Individuelle Betroffenheit – Kriterien – Verordnung zur Einführung von Antidumpingzöllen – Klage eines Ausführers der mit diesem Zoll belasteten Ware, der in der Verordnung ausdrücklich genannt wird – Zulässigkeit

(Art. 263 Abs. 4 AEUV)

2.      Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Dumpingspanne – Bestimmung des Normalwerts – Rückgriff auf den rechnerisch ermittelten Wert – Berechnung der Produktionskosten anhand der Aufzeichnungen – Ausnahme – Mit der Produktion und dem Verkauf der untersuchten Ware verbundene Kosten, die nicht in angemessener Weise in diese Aufzeichnungen aufgenommen wurden – Den Organen obliegende Beweislast – Gerichtliche Nachprüfung – Umfang

(Verordnungen des Rates Nr. 1972/2002, vierter Gedankenstrich, und Nr. 1225/2009, Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 2 und Abs. 5 Unterabs. 1 und 2)

3.      Nichtigkeitsklage – Gegenstand – Teilnichtigerklärung – Voraussetzung – Abtrennbarkeit der angefochtenen Vorschriften – Bestimmung einer Verordnung, mit der endgültige Antidumpingzölle verhängt werden – Nichtigerklärung, die eine Änderung des Wesensgehalts der Verordnung zur Folge hätte

(Art. 263 AEUV; Verordnung Nr. 1194/2013 des Rates, Art. 1)

1.      Wird gegen den Kläger durch eine Verordnung ein endgültiger Antidumpingzoll verhängt und er darin ausdrücklich genannt, genügt bereits dieser Umstand für die Feststellung seiner individuellen Betroffenheit und die Zulässigkeit seiner Nichtigkeitsklage gegen diese Verordnung.

(vgl. Rn. 30-32)

2.      Mit Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 1225/2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern soll dafür gesorgt werden, dass die mit der Produktion und dem Verkauf der gleichartigen Ware verbundenen Kosten, die in die Berechnung des Normalwerts dieser Ware Eingang finden, die Kosten widerspiegeln, die einem Hersteller auf dem Inlandsmarkt des Ausfuhrlandes entstanden wären.

Zudem ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Antidumping-Grundverordnung, dass die Aufzeichnungen der von der Untersuchung betroffenen Partei die vorrangige Informationsquelle für die Festlegung der Produktionskosten der gleichartigen Ware darstellen und die Verwendung der Daten aus diesen Aufzeichnungen die Regel und ihre Berichtigung oder Ersetzung durch eine andere angemessene Grundlage die Ausnahme darstellt. Diese Ausnahmeregelung ist eng auszulegen.

Im vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1972/2002 zur Änderung der früheren Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96, mit der die Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 der Antidumping-Grundverordnung entsprechende Bestimmung in die frühere Antidumping-Grundverordnung eingefügt wurde, ist die Möglichkeit vorgesehen, insbesondere dann auf Art. 2 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung zurückzugreifen, wenn die Verkäufe der gleichartigen Ware wegen einer Verzerrung keinen angemessenen Vergleich zulassen. Daraus ergibt sich auch, dass eine solche Situation insbesondere dann eintreten kann, wenn eine besondere Marktlage wie die in Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 2 der Antidumping-Grundverordnung genannte vorliegt, in der die Preise der betreffenden Ware künstlich niedrig sind, ohne dass aber eine derartige Situation auf Fälle beschränkt wäre, in denen der Ausfuhrstaat die Preise der gleichartigen Ware oder der wichtigsten Rohstoffe für diese Ware unmittelbar reguliert.

Eine Maßnahme der Behörden des Ausfuhrstaats kann die Organe hingegen nur dann veranlassen, bei der Berechnung des Normalwerts der gleichartigen Ware von den Rohstoffpreisen abzuweichen, die in den Aufzeichnungen der von der Untersuchung betroffenen Parteien angegeben sind, wenn sie zu einer erheblichen Verzerrung der Rohstoffpreise führt. Eine andere Auslegung der in Art. 2 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung vorgesehenen Ausnahmeregelung könnte in unverhältnismäßiger Weise gegen den Grundsatz verstoßen, dass diese Aufzeichnungen die vorrangige Informationsquelle für die Ermittlung der Produktionskosten der gleichartigen Ware darstellen.

Was ferner die Beweislast für das Vorliegen von Umständen, die die Anwendung von Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Antidumping-Grundverordnung rechtfertigen, angeht, so müssen sich die Organe, wenn sie der Ansicht sind, die in den Aufzeichnungen der von der Untersuchung betroffenen Partei enthaltenen Produktionskosten unberücksichtigt lassen zu müssen, um sie durch einen anderen für angemessen gehaltenen Preis zu ersetzen, auf Beweise oder zumindest auf Anhaltspunkte stützen, die die Existenz des Faktors belegen, auf dessen Grundlage die Berichtigung vorgenommen wird. Da die Vorgehensweise, die Produktionskosten der gleichartigen Ware, die in den Aufzeichnungen der von der Untersuchung betroffenen Parteien angegeben sind, bei der Berechnung des Normalwerts dieser Ware unberücksichtigt zu lassen, zu einer Ausnahmeregelung gehört, müssen die Organe, wenn die von ihnen geltend gemachte Verzerrung nicht eine unmittelbare Folge der sie hervorrufenden staatlichen Maßnahme, sondern die Folge der Auswirkungen ist, die diese Maßnahme auf den Markt haben soll, dafür Sorge tragen, dass sie die Funktionsweise des betreffenden Marktes erläutern, und die konkreten Auswirkungen der Maßnahme auf diesen Markt nachweisen, ohne sich dabei auf bloße Vermutungen zu stützen.

Eine Nachprüfung durch das Gericht, die sich darauf beschränkt, zu klären, ob die Gesichtspunkte, die die Unionsorgane ihren Feststellungen zugrunde legen, die aus ihnen gezogenen Schlüsse stützen können, greift insoweit nicht in ihr weites Ermessen im Bereich der Handelspolitik ein.

(vgl. Rn. 42-44, 54, 56-58, 70)

3.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 74-76)