Language of document : ECLI:EU:T:2011:102

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

22. März 2011(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Sammel- und Verwertungssystem für gebrauchte Verpackungen in Österreich – Sammel- und Sortiervereinbarungen, die Ausschließlichkeitsbindungen enthalten – Einzelfreistellung – Auflagen – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache T‑419/03

Altstoff Recycling Austria AG, vormals Altstoff Recycling Austria AG und ARGEV Verpackungsverwertungs-Gesellschaft mbH, mit Sitz in Wien (Österreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Wollmann,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, zunächst vertreten durch W. Mölls, dann durch W. Mölls und H. Gading und schließlich durch W. Mölls und R. Sauer als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

EVA Erfassen und Verwerten von Altstoffen GmbH mit Sitz in Wien, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Reidlinger und I. Hartung,

und durch

Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte mit Sitz in Wien, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin K. Wessely,

Streithelferinnen,

wegen Nichtigerklärung der Art. 2 und 3 der Entscheidung 2004/208/EG der Kommission vom 16. Oktober 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sachen COMP D3/35470 – ARA und COMP D3/35473 – ARGEV, ARO) (ABl. 2004, L 75, S. 59)

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová, der Richterin K. Jürimäe und des Richters S. Soldevila Fragoso (Berichterstatter),

Kanzler: K. Andová,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2010

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Altstoff Recycling Austria AG (ARA) ist eine privatwirtschaftlich geführte Aktiengesellschaft, die 1993 gegründet wurde und deren Eigentümer und Alleinaktionär der Altstoff Recycling Austria Verein (ARA-Verein) ist. Der ARA-Verein setzt sich aus Unternehmen der Bereiche Verpackungswirtschaft, Abfüller, Abpacker und Handel zusammen.

2        Die ARA organisiert in Österreich ein flächendeckendes Sammel- und Verwertungssystem für Verpackungen. Im streitgegenständlichen Zeitraum schloss sie im Rahmen dieses Systems Abfallentsorgungsverträge mit wirtschaftlich selbständigen Branchenrecyclinggesellschaften (BRG), mit denen ihnen die Organisation der Sammlung, der Sortierung, des Transports und der Verwertung der Verpackungen übertragen wurde. Jede BRG war für bestimmte Packstoffe oder Packstoffgruppen zuständig. Sie schlossen ihrerseits Dienstleistungsverträge mit Regionalpartnern, d. h. mit Unternehmen oder Gebietskörperschaften, die die tatsächliche Sammlung und Sortierung, den Transport und die Verwertung der Verpackungen übernahmen (im Folgenden: Partnervereinbarungen). Gemeinsam bildeten die ARA und die BRG das „ARA-System“.

3        Dem ARA-System angegliedert waren zur streitgegenständlichen Zeit acht BRG, und zwar die für die Sammlung, Sortierung und Konditionierung von Verpackungen aus Metall (Ferro-Metalle, Aluminium) und Leichtverpackungen (Holz, Keramik, Kunststoff, Materialverbunde, textile Faserstoffe) zuständige ARGEV Verpackungsverwertungs-Gesellschaft mbH (ARGEV), die für die Verwertung von Kunststoff- und Textilverpackungen zuständige Österreichischer Kunststoff Kreislauf AG (ÖKK), die für die Verwertung der von der ARGEV gesammelten Aluminiumverpackungen zuständige Aluminium-Recycling GmbH (Alurec), die für die Verwertung von Verpackungen aus Materialverbunden mit Ausnahme von Getränkeverbundkartons zuständige Arbeitsgemeinschaft Verbundmaterialien GmbH, der für die Verwertung und teilweise auch die Sammlung von Verpackungen aus Holz zuständige Verein für Holzpackmittel (VHP), die für die Verwertung der von der ARGEV gesammelten Verpackungen aus Ferro-Metallen zuständige Ferropack Recycling GmbH (im Folgenden: Ferropack), die für die Sammlung und Verwertung von Verpackungen aus Papier, Karton, Pappe und Wellpappe zuständige Altpapier-Recycling-Organisationsgesellschaft mbH (ARO) und schließlich die für die Sammlung und Verwertung von Verpackungen aus Glas zuständige Austria Glas Recycling GmbH (AGR). Am 14. September 2009 übernahm die ARA die ARGEV und die übrigen BRG des ARA-Systems mit Ausnahme der AGR.

4        Zum streitgegenständlichen Zeitpunkt verwaltete die ARGEV drei Sammelsysteme, und zwar ein Haushaltssystem für Leichtverpackungen, ein Haushaltssystem für Metallverpackungen und ein Gewerbesystem für Leicht- und Metallverpackungen. Gesellschafter der ARGEV waren zu dieser Zeit die ARA mit einer Beteiligung von 11 % und der ARGEV-Verein, der etwa 100 Mitglieder hatte, darunter Hersteller und Importeure, Handelsunternehmen, Unternehmen der Verpackungswirtschaft sowie Entsorgungs- und Verwertungsunternehmen.

5        Die ARA bietet ihre Dienstleistungen allen österreichischen und ausländischen Unternehmen an, die von der am 1. Dezember 1996 in Kraft getretenen Verordnung des österreichischen Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen und bestimmten Warenresten und die Einrichtung von Sammel- und Verwertungssystemen (BGBl. 648/1996, im Folgenden: VerpackVO) unmittelbar betroffen sind. Die Verordnung gründet auf dem österreichischen Abfallwirtschaftsgesetz (BGBl. 434/1996) in geänderter Fassung (BGBl. 102/2002) (im Folgenden: AWG) und dient zur Umsetzung der Richtlinie 94/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 1994 über Verpackungen und Verpackungsabfälle (ABl. L 365, S. 10). Darüber hinaus nimmt die ARA die Rechte der Lizenzpartner gegenüber den BRG als Treuhänderin wahr.

6        Am 24. März 1994 legte die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte (BAA) bei der Überwachungsbehörde der Europäischen Freihandelsassoziation (im Folgenden: EFTA-Behörde) Beschwerde gegen das ARA-System ein. Diese Beschwerde wurde sodann an die Europäische Kommission weitergeleitet.

7        Am 30. Juni 1994 meldeten die ARA und die ARGEV einige Vereinbarungen bei der EFTA-Behörde an und beantragten die Erteilung eines Negativattests oder gegebenenfalls den Erlass einer Gruppenfreistellungsentscheidung. Mit Schreiben vom 21. März 1995 wurde die Zuständigkeit für die Prüfung der angemeldeten Vereinbarungen auf die Kommission übertragen.

8        Am 8. Mai 1996 legten die FRS Folien-Rücknahme-Service GmbH & Co. KG (im Folgenden: FRS) und die Raiffeisen Umweltgesellschaft mbH bei der Kommission eine Beschwerde wegen der geplanten Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens zum Aufbau eines Sammel- und Verwertungssystems für Verpackungen ein. Diese Beschwerde wurde von den Beschwerdeführerinnen jedoch nicht weiterbetrieben.

9        Mit Schreiben vom 28. August 2001 meldete die ARA weitere Vereinbarungen bei der Kommission an; darüber hinaus beantragte sie zusammen mit der ARGEV die Zusammenlegung ihrer Anmeldeverfahren, um ein Negativattest oder gegebenenfalls eine Freistellungsentscheidung nach Art. 81 Abs. 3 EG zu erlangen. Zugleich teilte die ARO mit, dass sie der bestehenden Anmeldung als Anmelderin beitrete. Dieses Verfahren betraf Vereinbarungen, die sämtlich der Funktionsweise des ARA-Systems zugrunde liegen, und zwar

–        die Entpflichtungs- und Lizenzvereinbarungen zwischen der ARA und den aus der VerpackVO verpflichteten Unternehmen (ohne Tarifblatt);

–        den Entsorgungsvertrag zwischen der ARA und der ARGEV als Muster der Entsorgungsverträge, die zwischen der ARA und den anderen BRG (Arbeitsgemeinschaft Verbundmaterialien GmbH, ARO, AGR, Alurec, VHP, Ferropack und ÖKK) geschlossen wurden;

–        den Entsorgungs- bzw. Kooperationsvertrag zwischen der ARGEV und der ÖKK sowie zwischen der ARGEV und der Alurec als Muster der von der ARGEV mit ÖKK, Alurec, Ferropack und VHP geschlossenen Verträge;

–        die von der ARGEV und der ARO mit ihren jeweiligen Regionalpartnern geschlossenen Verträge.

10      Mit Schreiben vom 19. Februar 1996 und vom 22. März 2002 nahm die BAA unter Bezugnahme auf die Beschwerde, die sie am 24. März 1994 bei der EFTA-Behörde eingereicht hatte, gegenüber der Kommission Stellung zum ARA-System. Die EVA Erfassen und Verwerten von Altstoffen GmbH (EVA) reichte mit Schreiben vom 27. April 2000 ebenfalls eine Beschwerde gegen die Gesellschaften des ARA-Systems ein, mit der die von der FRS und der Raiffeisen Umweltgesellschaft ursprünglich am 8. Mai 1996 eingereichte Beschwerde wieder aufgenommen und ergänzt wurde.

11      Am 24. Juli 2002 beschloss die Kommission, in der vorliegenden Sache ein Verfahren einzuleiten.

12      Durch Mitteilung vom 19. Oktober 2002 (ABl. C 252, S. 2) gab die Kommission betroffenen Dritten nach Art. 19 Abs. 3 der geänderten Fassung der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), Gelegenheit, ihren Standpunkt mitzuteilen.

13      Im Anschluss an die Ausführungen der Kommission in der genannten Mitteilung erteilten die ARA und die ARGEV vier Zusagen, von denen folgende hervorzuheben sind:

–        Zusage Nr. 1: Die ARGEV und die ARO verzichten ab dem 29. November 2000 auf die Anwendung der mit den Sammelunternehmen vereinbarten Meistbegünstigungsklauseln.

–        Zusage Nr. 3: Die ARGEV hindert die Regionalpartner weder daran, für Wettbewerber des ARA-Systems tätig zu werden, noch daran, mit ihnen Verträge über die Mitbenutzung von Behältern oder sonstigen Einrichtungen zur Sammlung und/oder Sortierung gebrauchter Verpackungen aus Haushalten abzuschließen und zu erfüllen. Gleichwohl schränkt diese Zusage das Recht der ARGEV nicht ein, ihre vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten für das mitbenutzte Sammel- und Verwertungssystem durchzusetzen und alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um ihre Verpflichtungen nach dem AWG und der Genehmigungsentscheidung erfüllen zu können.

–        Zusage Nr. 4: Die ARGEV und die ARO werden ihre Verträge mit den Regionalpartnern zum Ablauf einer Vertragsdauer von drei Jahren kündigen, sofern sich die Vertragsparteien nicht einvernehmlich auf eine Verlängerung des Vertragsverhältnisses um höchstens zwei Jahre einigen. Spätestens nach Ablauf einer Vertragsdauer von fünf Jahren werden die ARGEV und die ARO die Leistungsverträge erneut in einem wettbewerblichen, transparenten und objektiven Verfahren (Ausschreibungen aller Art, Angebotseinholung etc.) vergeben.

14      Am 16. Oktober 2003 erließ die Kommission die Entscheidung 2004/208/EG in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sachen COMP D3/35470 – ARA, COMP D3/35473 – ARGEV, ARO) (ABl. 2004, L 75, S. 59, im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

15      Im Rahmen der Anwendung von Art. 81 Abs. 1 EG wurden in der angefochtenen Entscheidung die verschiedenen relevanten Märkte ermittelt. Zunächst wird der Markt, auf dem die Sammelsysteme und Selbstentsorger- und ‑verwerterlösungen tätig sind, als „Systemmarkt“ bezeichnet. Die Sammelsysteme zielten auf die durch die VerpackVO verpflichteten Unternehmen ab und entlasteten sie durch die Einrichtung eines gemeinsamen Sammel- und Verwertungsdienstes von diesen Pflichten. Die Selbstentsorgerlösungen stellten individuelle Sammel- und Verwertungsdienste für Unternehmen bereit, die sich nicht den bestehenden Sammelsystemen anschließen wollten. Angesichts der Verpflichtungen aus der VerpackVO sei der relevante Markt auf Verpackungsabfälle beschränkt.

16      In der angefochtenen Entscheidung heißt es, da die Leistungen nicht funktionell austauschbar seien, müsse innerhalb der Systemmärkte zwischen dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen und dem Markt der Systeme für Verpackungen aus dem Bereich des Großgewerbes und der Industrie unterschieden werden.

17      Da die BRG die Entsorgung gebrauchter Verpackungen nicht selbst vornehmen, wird in der angefochtenen Entscheidung eine zweite Ebene von Märkten behandelt, und zwar die Märkte für die Sammlung und Sortierung gebrauchter Verpackungen, auf denen die BRG als Nachfrager von Sammel- und Sortierleistungen aufträten und die Unternehmen und kommunalen Körperschaften als Anbieter dieser Leistungen. Da die fraglichen Leistungen nicht funktionell austauschbar seien, müsse anhand des Orts, an dem die Abfälle anfielen, zwischen den Märkten für die Sammlung und Sortierung gebrauchter Haushaltsverpackungen einerseits und gebrauchter Verpackungen aus dem Bereich der Industrie andererseits unterschieden werden. Desgleichen könnten im Haushaltsbereich anhand der Besonderheiten bestimmter Materialien drei Märkte unterschieden werden, und zwar der Markt für die Sammlung von Altpapier, der Markt für die Sammlung von Altglas und der Markt für die Sammlung und Sortierung von Leichtverpackungen.

18      Schließlich wird in der angefochtenen Entscheidung zwischen dem Markt für die Sammlung und Sortierung und dem Markt für Dienste zur Verwertung der gesammelten Materialien und für Sekundärrohstoffe unterschieden, da es sich bei der Organisation der Verwertung gesammelter Materialien und dem Angebot von Sekundärrohstoffen um verschiedene Ebenen desselben Produktmarkts handele. Es gebe ebenso viele Märkte für Verwertungsdienste und Sekundärrohstoffe wie Materialkategorien. Zudem könne innerhalb derselben Materialkategorie keine Differenzierung zwischen Haushalts- und Industrieverpackungen vorgenommen werden.

19      In geografischer Hinsicht sei für den Systemmarkt und den Sammlungs- und Sortierungsmarkt das Gebiet Österreichs zugrunde zu legen. Dagegen sei hinsichtlich der Märkte für Verwertungsdienste und für Sekundärrohstoffe auf das Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) abzustellen.

20      Nach der Definition der relevanten Märkte prüfte die Kommission die Partnervereinbarungen und kam zu dem Ergebnis, dass sie zum einen auf den Märkten für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen, mit Ausnahme des Vertrags zwischen ARO und den Gebietskörperschaften, und zum anderen auf den Märkten für die Sammlung und Sortierung gewerblicher Verpackungen zu einer spürbaren Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG führten. Diese Beschränkung rühre daher, dass es eine territoriale Ausschließlichkeitsbindung zugunsten jedes Regionalpartners der ARGEV oder der ARO gebe. Angesichts der überragenden Stellung der ARGEV und der ARO auf dem Nachfragemarkt während der Laufzeit der Verträge würden nämlich allen übrigen Anbietern von Sammel- und Sortierdiensten für Haushaltsverpackungen und gewerbliche Verpackungen der Zutritt zu bedeutenden Märkten oder nicht unbedeutende Absatzmöglichkeiten entzogen.

21      Bezüglich der Haushaltsverpackungen sei die festgestellte Beschränkung spürbar im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG. Da die ARGEV zur maßgeblichen Zeit der wichtigste Nachfrager nach Sammel- und Sortierleistungen gewesen sei, habe das Netz der Leistungsverträge, die eine Ausschließlichkeitsbindung enthalten hätten, auf dem gesamten geografischen Markt zur kumulativen Wirkung der Schließung des Markts für ausgeschlossene Sammel- und Sortierunternehmen geführt. Auf der Angebotsseite stünden der Errichtung einer zweiten Erfassungsinfrastruktur raumökonomische und entsorgungslogistische Gründe entgegen. Daher sei die Annahme realistisch, dass jedes mit dem ARA-System konkurrierende Sammelsystem mit den Regionalpartnern des ARA-Systems zusammenarbeiten müsste, so dass es unwahrscheinlich sei, dass sich die ausgeschlossenen Sammel- und Sortierunternehmen auf dem Markt ansiedeln könnten. Infolgedessen seien wichtige Absatzmärkte für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren, der maximalen Laufzeit der Verträge, verschlossen.

22      Zu den gewerblichen Verpackungen wird in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die ARGEV und die ARO dort zur maßgebenden Zeit nicht die Hauptnachfrager nach Sammel- und Sortierleistungen gewesen seien. In diesem Bereich gebe es auf dem Nachfragemarkt nach Entsorgungsleistungen andere Systeme, und die Entsorgungsunternehmen könnten ihre Dienste auch Großanfallstellen anbieten. Gleichwohl seien die konkurrierenden Systeme und die Großanfallstellen in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung nicht mit dem ARA-System vergleichbar, und die in diesem Zusammenhang festgestellte Beschränkung habe den ausgeschlossenen Unternehmen während der Laufzeit der Verträge nicht unbedeutende Absatzmärkte entzogen und sich folglich spürbar auf den Wettbewerb ausgewirkt.

23      Die Ausschließlichkeitsbindung in den Leistungsverträgen sei allerdings für das Funktionieren und die Einrichtung der Sammel- und Sortierinfrastrukturen erforderlich gewesen, die erhebliche Investitionen der Regionalpartner erfordert und die unmittelbare Umsetzung umweltpolitischer Vorgaben ermöglicht hätten. Zudem habe die Beauftragung eines einzigen Unternehmens mit der gesamten Sammlung innerhalb eines Gebiets für maximal fünf Jahre den Parteien erlaubt, zum einen die zu erbringenden Leistungen langfristig zu planen und zu organisieren und zum anderen Größen- und Verbundvorteile zu realisieren, was zu Effizienzgewinnen geführt habe. Die Exklusivbindung zugunsten der Regionalpartner habe folglich zur Verbesserung der Warenerzeugung und zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beigetragen und sei den Verbrauchern zugutegekommen, die im Sinne von Art. 81 Abs. 3 EG am entstehenden Gewinn angemessen beteiligt worden seien. Ferner habe sich eine Ausschließlichkeitsbindung von mindestens drei Jahren aus wirtschaftlichen Gründen als unerlässlich erwiesen, um eine dauerhafte und zuverlässige Erbringung der Sammel- und Sortierleistungen zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die Regionalpartner die für die Umsetzung der Sammel- und Sortiervereinbarungen erforderlichen Investitionen tätigten.

24      In der angefochtenen Entscheidung heißt es, die festgestellte Beschränkung sei nicht geeignet gewesen, den Wettbewerb auf den betreffenden Märkten auszuschalten. Zu den Sammel- und Sortierdiensten bei Haushaltsabfällen führte die Kommission jedoch ergänzend Folgendes aus.

25      Erstens gewährleiste im Bereich der Sammlung von Haushaltsabfällen die Tatsache, dass nach spätestens fünf Jahren eine Ausschreibung zum Abschluss neuer Leistungsverträge durchgeführt werde, einen freien Wettbewerb um die Entsorgungsgebiete. In der Praxis sei es indes aufgrund von Platzmangel, rechtlicher Probleme in Zusammenhang mit dem Umwelt- und Landschaftsschutz und der Entsorgungstraditionen der Verbraucher nicht möglich, eine zweite Sammelinfrastruktur für Haushaltsabfälle einzurichten. In Anbetracht dieser besonderen Angebotsbedingungen auf dem relevanten Markt seien die haushaltsnah aufgestellten Behältnisse für gebrauchte Verpackungen ein Element, hinsichtlich dessen jeder Wettbewerb unmöglich sei.

26      Nach alledem sei ein freier und ungehinderter Zugang zu der bereitgestellten Erfassungsinfrastruktur eine unabdingbare Voraussetzung für die Intensivierung des Nachfragewettbewerbs sowohl im Bereich der Sammeldienstleistungen bei Haushaltsverpackungen als auch auf dem vertikal vorgelagerten Markt für die Organisation der Rücknahme und Verwertung beim privaten Endverbraucher anfallender gebrauchter Verpackungen gewesen. Demnach sei ein Nachfragewettbewerb bei Sammeldienstleistungen nur dann möglich, wenn die ARGEV den Regionalpartnern nicht verbiete, mit Wettbewerbern des ARA-Systems Verträge über die Mitbenutzung der Erfassungsbehälter abzuschließen.

27      In der Zusage Nr. 3 wolle die ARGEV diese Mitbenutzung aber an erhebliche Einschränkungen knüpfen. Daher habe die Kommission bestimmte Auflagen für notwendig erachtet, um sicherzustellen, dass die Freistellungsvoraussetzungen von Art. 81 Abs. 3 EG erfüllt würden. Zum einen habe die ARGEV die Entsorger nicht daran hindern dürfen, mit Wettbewerbern der ARA und der ARGEV Verträge über die Mitbenutzung von Behältern oder sonstigen Einrichtungen zum Sammeln und Sortieren gebrauchter Verkaufsverpackungen abzuschließen und zu erfüllen. Ferner habe die ARGEV, um zu verhindern, dass sie die Gesamtmenge der gesammelten Verpackungen an sich binde und so die Erfüllung der vorgeschriebenen Quoten durch die Wettbewerber unmöglich mache, von den Regionalpartnern nur Nachweise über die Verpackungsmengen verlangen dürfen, die dem Anteil des ARA-Systems an den insgesamt durch die verschiedenen Sammelsysteme lizenzierten Verpackungsmengen entsprochen hätten. Diese zweite Auflage habe sich auf alle Entsorgungsunternehmen bezogen, mit denen die ARGEV eine Sammelpartnervereinbarung abgeschlossen habe; sie habe gegolten, soweit ein konkurrierendes System eine Mitbenutzung in der betreffenden Sammelregion beantragt habe, und ab dem Zeitpunkt, zu dem dem fraglichen System die Zusage erteilt worden sei.

28      Zweitens habe bei der Sortierung von Haushaltsabfällen die Trennung der Verpackungen nach Wertstoffen technisch anspruchsvolle Verfahren und Investitionen erfordert, die nur begrenzt für andere Sortiervorgänge nutzbar gemacht werden könnten. Die hohen Investitionen für neue Sortiereinrichtungen stellten für Wettbewerber des ARA-Systems eine nicht unerhebliche Marktzutrittsschranke dar.

29      Die ARGEV habe zwar erklärt, dass die Entsorger nicht daran gehindert seien, die Sortiereinrichtungen konkurrierenden Systemen zur Verfügung zu stellen, habe aber die Mitbenutzung in der Zusage Nr. 3 an erhebliche Einschränkungen geknüpft. Angesichts der Bedeutung, die dem ungehinderten Zugang zu den Sortieranlagen für die Entfaltung von Wettbewerb zukomme, sei es daher erforderlich gewesen, die Freistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG mit der Auflage zu verknüpfen, dass die ARGEV die Entsorger nicht daran hindern dürfe, Verträge über eine Mitbenutzung von Sortieranlagen abzuschließen und zu erfüllen.

30      Die angefochtene Entscheidung enthält u. a. folgende Bestimmungen:

„Artikel 2

Die Bestimmungen von Artikel 81 Absatz 1 [EG] und von Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen werden gemäß Artikel 81 Absatz 3 [EG] und Artikel 53 Absatz 3 EWR-Abkommen für nicht anwendbar erklärt auf individuelle Sammel- und Sortierverträge der ARGEV und der ARO mit ihren jeweiligen regionalen Entsorgungspartnern, die eine Ausschließlichkeitsbindung vorsehen und deren Laufzeit spätestens am 31. Dezember 2006 endet.

Die Freistellung gilt vom 30. Juni 1994 bis zum 31. Dezember 2006.

Artikel 3

Die Freistellung des Artikels 2 ist an folgende Auflagen gebunden:

a)      [Die] ARGEV hindert die Entsorger nicht daran, mit Wettbewerbern des ARA-Systems Verträge über die Mitbenutzung von Behältern oder sonstigen Einrichtungen zum Sammeln und Sortieren gebrauchter, bei Haushalten anfallender Verkaufsverpackungen abzuschließen und solche Verträge zu erfüllen.

b)      [Die] ARGEV darf von den Entsorgern nur den Nachweis der Verpackungsmengen verlangen, die dem Anteil des ARA-Systems an den insgesamt durch Systeme im Haushaltsbereich für bestimmte Materialfraktionen lizenzierten Verpackungsmengen entsprechen. In diesem Fall kann [die] ARGEV das Entgelt nach Ziffer 3.1.1 der Sammelpartnervereinbarung in dem in Satz 1 dieses Absatzes genannten Verhältnis verringern. Für die Entgelte nach Ziffer 3.1.2 und 3.1.3 der Sammelpartnervereinbarung sind die der ARGEV nachgewiesenen Mengen maßgeblich. Diese Auflage bezieht sich auf alle Entsorger, mit denen [die] ARGEV eine Sammelpartnervereinbarung abgeschlossen hat.“

 Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

31      Mit Klageschrift, die am 22. Dezember 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die ARA und die ARGEV die vorliegende Klage erhoben.

32      Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die ARA und die ARGEV einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs von Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung gestellt (Rechtssache T‑419/03 R). Mit Schreiben vom 11. März 2004 haben sie diesen Antrag zurückgenommen. Durch Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 26. März 2004 ist die Rechtssache T‑419/03 R im Register des Gerichts gestrichen worden; die Kostenentscheidung ist vorbehalten worden.

33      Mit Schriftsätzen, die am 19. Februar und am 23. April 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die EVA und die BAA beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferinnen zur Unterstützung der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 20. Januar 2005 hat der Präsident der Ersten Kammer des Gerichts diesen Anträgen stattgegeben. Die Streithelferinnen haben ihre Schriftsätze am 17. Mai 2005 eingereicht.

34      Am 16. September 2007 ist die Rechtssache im Anschluss an eine teilweise Neubesetzung des Gerichts der Zweiten Kammer zugewiesen worden, und es ist ein neuer Berichterstatter bestimmt worden.

35      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Zweite Kammer) am 8. Juli 2009 beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Am 12. August 2009 ist der Sitzungsbericht den Verfahrensbeteiligten zugestellt worden; die mündliche Verhandlung ist auf den 29. September 2009 terminiert worden.

36      Am 14. September 2009 hat die ARA (im Folgenden: Klägerin) dem Gericht mitgeteilt, dass sie die ARGEV und die übrigen BRG des ARA-Systems mit Ausnahme der AGR übernommen habe.

37      Am 21. September 2009 hat die Klägerin beim Gericht einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gemäß Art. 77 der Verfahrensordnung des Gerichts gestellt. Durch Beschluss vom 22. September 2009 hat das Gericht das Verfahren für einen Zeitraum von sechs Monaten ausgesetzt.

38      Das Verfahren ist am 23. März 2010 wieder aufgenommen worden, und die mündliche Verhandlung hat am 15. Juni 2010 stattgefunden.

39      Die Klägerin beantragt,

–        die Art. 2 und 3 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, Art. 3 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

40      Die Kommission, die EVA und die BAA beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

41      In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission ihren Verzicht auf die Einrede der Unzulässigkeit der von der ARA erhobenen Klage erklärt; dies ist im Sitzungsprotokoll vermerkt worden.

42      Die Klägerin stützt ihre Klage auf sechs Gründe. Mit dem ersten Klagegrund wird die Verletzung von Art. 81 EG und Art. 2 der Verordnung Nr. 17 gerügt. Der zweite Klagegrund betrifft die Vereinbarkeit der Leistungsverträge mit den Voraussetzungen der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 [EG] auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen (ABl. L 336, S. 21). Mit dem dritten Klagegrund wird geltend gemacht, dass die Art. 2 und 3 der angefochtenen Entscheidung nicht den Anforderungen der „Essential-Facilities-Doktrin“ genügten. Der vierte Klagegrund stützt sich darauf, dass die in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Auflagen nicht durchführbar seien. Mit dem fünften Klagegrund wird gerügt, dass die in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Auflagen unverhältnismäßig seien, und der sechste Klagegrund geht dahin, dass Widersprüche zwischen dem verfügenden Teil und den Gründen der angefochtenen Entscheidung bestünden.

43      Die Kommission ist zunächst der Ansicht, bei dem Vorbringen zur fehlenden Verbindung zwischen der Wettbewerbsbeschränkung und den getroffenen Auflagen, zum Recht der Klägerin, ihr System zu gestalten, und zur mangelnden Genauigkeit der angefochtenen Entscheidung handele es sich um neue, in der Erwiderung vorgebrachte Angriffsmittel, die daher unzulässig seien. Ferner ist sie der Ansicht, das Vorbringen der Klägerin zur Kostenverteilung sei ein neues, in der mündlichen Verhandlung vorgebrachtes Angriffsmittel und daher unzulässig.

44      Nach Art. 48 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das eine Erweiterung eines bereits vorher – unmittelbar oder implizit – vorgetragenen Angriffs- oder Verteidigungsmittels darstellt und einen engen Zusammenhang mit diesem aufweist, ist jedoch zulässig (Urteile des Gerichts vom 10. April 2003, Travelex Global and Financial Services und Interpayment Services/Kommission, T‑195/00, Slg. 2003, II‑1677, Randnrn. 33 und 34, und vom 24. Mai 2007, Duales System Deutschland/Kommission, T‑151/01, Slg. 2007, II‑1607, Randnr. 71).

45      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die als neu eingestuften Angriffsmittel eine Erweiterung des Vorbringens darstellen, mit dem die Klägerin auf die Ausführungen geantwortet hat, die die Kommission in ihrer Klagebeantwortung zum vierten, die Erfüllbarkeit der Auflagen betreffenden Klagegrund, zum fünften, die Verhältnismäßigkeit der Auflagen betreffenden Klagegrund und zum sechsten, die Existenz von Widersprüchen zwischen dem verfügenden Teil und den Gründen der angefochtenen Entscheidung betreffenden Klagegrund gemacht hat.

46      Daher ist die Rüge der Kommission, dass es sich um unzulässige neue Angriffsmittel handele, zurückzuweisen.

 Erster Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 EG und Art. 2 der Verordnung Nr. 17

 Vorbringen der Parteien

47      Die Klägerin trägt vor, die Partnervereinbarungen enthielten keine Bestimmung, aus der sich explizit oder implizit eine Ausschließlichkeitsbindung zu ihren Lasten ergebe. Obwohl sie sich selbst beschränkt und entschieden habe, in jeder Sammelregion mit einem einzigen Regionalpartner zusammenzuarbeiten, sei sie frei darin, in jedem Vertragsgebiet andere Unternehmen mit dem Sammeln und/oder Sortieren von Verpackungen zu beauftragen. Die gerügten wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen resultierten somit aus dem Bestehen eines Austauschvertrags, mit dem ein privater oder kommerzieller Verbraucher seinen Bedarf decke, und fielen deshalb nicht in den Geltungsbereich von Art. 81 Abs. 1 EG.

48      Die Selbstbeschränkung der Klägerin führe auch nicht dazu, dass nur ein einziger Partner pro Sammelgebiet verbliebe, der im Rahmen eines alternativen Sammelsystems tätig werden könnte. Die Auswahl an potenziellen Vertragspartnern werde in der Praxis dadurch vergrößert, dass bei der Entsorgung gewerblicher Verpackungen der Abfallerzeuger frei wählen könne, welches Entsorgungsunternehmen die Verpackungen zu den Übernahmestellen des ARA-Systems transportiere. Dies bedeute, dass in den verschiedenen Sammelregionen neben dem Regionalpartner der Klägerin für die Haushaltssammlung noch eine Vielzahl weiterer Entsorgungsunternehmen tätig sei. Zudem betrieben die AGR und die ARO zur Entsorgung von Haushaltsabfällen in jedem Sammelgebiet Sammelsysteme, die sich oft anderer Regionalpartner bedienten. Daher existierten keine „lokalen Entsorgermonopole“, so dass die Kommission diesen Verträgen ein Negativattest nach Art. 2 der Verordnung Nr. 17 hätte erteilen müssen.

49      Die Kommission und die Streithelferinnen treten dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

50      Die Klägerin führt aus, die Partnervereinbarungen enthielten keine Bestimmung, aus der sich explizit oder implizit eine Ausschließlichkeitsbindung zu ihren Lasten ergebe. Dieses Vorbringen ist zunächst zu prüfen.

51      Wie aus der Prüfung der Partnervereinbarungen hervorgeht, enthalten sie keine förmliche territoriale Ausschließlichkeitsbindung zugunsten der Sammel- und/oder Sortierpartner. Es gab nämlich keine Bestimmung, die die Klägerin verpflichtet hätte, sich in jeder Region nur an einen einzigen Sammel- und/oder Sortierpartner zu binden. Das Gericht hat daher zu prüfen, ob die Kommission unter den besonderen Umständen des relevanten Markts hinreichend dargetan hat, dass diese für einen bestimmten Zeitraum mit einem einzigen Sammel- und/oder Sortierpartner geschlossenen Verträge in Wirklichkeit wie eine Ausschließlichkeitsbindung wirken, die zu einer Wettbewerbsbeschränkung führt. Sodann ist gegebenenfalls zu prüfen, ob die festgestellte Wettbewerbsbeschränkung bedeutsam genug ist, um einen Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG darzustellen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich nach der Rechtsprechung die richterliche Kontrolle von Handlungen der Kommission, bei denen komplexe wirtschaftliche Gegebenheiten zu würdigen sind, darauf beschränken muss, ob die Verfahrensvorschriften und die Begründungspflicht eingehalten worden sind, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (vgl. Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2003, Van den Bergh Foods/Kommission T‑65/98, Slg. 2003, II‑4653, Randnr. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Die Prüfung dieser Vereinbarungen durch die Kommission ergab, dass sich die Klägerin während eines Zeitraums von drei bis fünf Jahren nur an einen Sammel- und/oder Sortierpartner je Sammelregion binden will (vgl. Randnrn. 95, 111 und 220 der angefochtenen Entscheidung); dies erklärt die Klägerin damit, dass ihr Bedarf an den fraglichen Leistungen durch einen einzigen Partner hinreichend gedeckt werde.

53      Aus den Partnervereinbarungen ergibt sich der Wille der Klägerin, während eines Zeitraums von drei bis fünf Jahren nur einen Partner je Sammelregion mit der Erbringung der Sammel- und Sortierleistungen bei Haushaltsverpackungen zu betrauen. Es gibt in diesen Vereinbarungen keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin während dieses Zeitraums von der selbst auferlegten Beschränkung abgehen und andere Sammel- und Sortierunternehmen auffordern könnte, ihr die genannten Leistungen in der fraglichen Sammelregion ebenfalls zu erbringen, um z. B. eine Erhöhung der lizenzierten Verpackungsmengen zu bewältigen.

54      Überdies lassen andere die Partnervereinbarungen betreffende Gesichtspunkte den Schluss zu, dass die Beteiligung eines zusätzlichen Partners im fraglichen Gebiet ausgeschlossen ist. So ist eine Änderung des Entgelts der Regionalpartner vorgesehen, wenn das Sammelsystem oder der Mengenrahmen geändert wird, aber für den Fall des Eintritts eines neuen Sammelpartners sind keine Vorkehrungen getroffen. Desgleichen müssen sich die von den Unternehmen, die Vertragspartner werden wollen, vorzulegenden Standardangebote stets auf die gesamte in Rede stehende Sammelregion beziehen.

55      Aus dem Vorstehenden folgt, dass die ausgeschlossenen Unternehmen während der Laufzeit der Vereinbarungen der Klägerin keine Angebote machen können (vgl. Randnrn. 221 bis 223, 228 und 236 der angefochtenen Entscheidung). Folglich haben die Partnervereinbarungen, auch wenn sie keine dahin gehende förmliche Klausel enthalten, dieselben Wirkungen wie die Aufnahme einer territorialen Ausschließlichkeitsbindung zugunsten jedes Sammel- und/oder Sortierpartners. Das Argument der Klägerin, es gebe keine Ausschließlichkeitspflicht, entbehrt daher der Grundlage.

56      Was die Analyse der wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen der Partnervereinbarungen angeht, so darf das Gericht nach der Rechtsprechung, wenn es die Stichhaltigkeit der Beurteilung des Vorliegens einer spürbaren Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG durch die Kommission prüft, nicht nur die Wirkungen der Ausschließlichkeit für sich allein und lediglich unter Bezugnahme auf die durch die Partnervereinbarungen in den verschiedenen Sammelregionen auferlegten Beschränkungen betrachten (vgl. in diesem Sinne Urteil Van den Bergh Foods/Kommission, Randnr. 82). In Bezug auf die Frage, ob die Partnervereinbarungen der Klägerin unter das Verbot in Art. 81 Abs. 1 EG fallen, ist nämlich nach der Rechtsprechung zu prüfen, ob sich aus der Gesamtheit aller auf dem relevanten Markt bestehenden gleichartigen Vereinbarungen und aus den übrigen wirtschaftlichen und rechtlichen Begleitumständen der fraglichen Vereinbarungen ergibt, dass sie die kumulative Wirkung haben, neuen Wettbewerbern den Zugang zu diesem Markt zu verschließen. Ergibt die Prüfung, dass dies nicht der Fall ist, dann können die einzelnen Vereinbarungen, aus denen das Bündel der Vereinbarungen besteht, den Wettbewerb nicht im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG beschränken. Ergibt die Prüfung hingegen, dass der Markt schwer zugänglich ist, so ist anschließend zu untersuchen, inwieweit die streitigen Vereinbarungen zu der kumulativen Wirkung beitragen, wobei nur solche Verträge verboten sind, die zu einer etwaigen Abschottung des Markts in erheblichem Maß beitragen (Urteil des Gerichtshofs vom 28. Februar 1991, Delimitis, C‑234/89, Slg. 1991, I‑935, Randnrn. 23 und 24, und Urteil Van den Bergh Foods/Kommission, Randnr. 83).

57      Die Kommission hat in Randnr. 176 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass das ARA-System im Bereich der Haushaltsverpackungen das einzige flächendeckende und alle Materialfraktionen, mit Ausnahme von Getränkeverbundkartons, umfassende Sammel- und Verwertungssystem in Österreich darstelle. Wie sich aus den – von der Klägerin nicht bestrittenen – Angaben in Randnr. 182 der angefochtenen Entscheidung ergibt, ist das ARA-System der wichtigste Nachfrager nach Entsorgungsleistungen.

58      Da die Partnervereinbarungen vom wichtigsten Nachfrager nach Entsorgungsleistungen – der Klägerin – geschlossen werden, besteht die praktische Konsequenz der Schaffung dieses Netzes von Vereinbarungen in der Abschottung des Marktzugangs für die ausgeschlossenen Sammel- und Sortierunternehmen und darin, dass auf der Angebotsseite der Wettbewerb auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen während der Laufzeit der Vereinbarung, d. h. für drei bis fünf Jahre, eingeschränkt wird.

59      Im Hinblick darauf, dass das von der Klägerin geschaffene Netz von Partnervereinbarungen ganz Österreich abdeckt, kann diese Wettbewerbsbeschränkung nicht auf eine Sammelregion begrenzt bleiben. Sie wird sich auf dieses gesamte Gebiet auswirken und damit auf den gesamten räumlich relevanten Markt für Sammel- und Sortierleistungen (vgl. Randnr. 226 der angefochtenen Entscheidung). Den ausgeschlossenen Unternehmen werden daher sowohl die Umgehung des Netzes von Vereinbarungen und der Zugang zum österreichischen Markt für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen als auch das Überleben auf dem genannten Markt Schwierigkeiten bereiten.

60      Diese Situation wird durch zusätzliche Hindernisse für den Zugang zum Markt für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen verschärft. Raumökonomische und entsorgungslogistische Gründe stehen nämlich der Errichtung weiterer Sammelinfrastrukturen für Haushaltsabfälle entgegen (vgl. Randnr. 227 der angefochtenen Entscheidung), was durch die hierzu abgegebene Stellungnahme der österreichischen Behörden bestätigt wird (vgl. Randnr. 285 der angefochtenen Entscheidung). Somit könnten etwaige Konkurrenten des ARA-Systems, um sich die Erbringung von Sammel- und Sortierleistungen von Beginn ihrer Tätigkeit an zu sichern, keine Vereinbarungen mit anderen Entsorgern über die Errichtung zusätzlicher Sammelinfrastrukturen neben den bereits vorhandenen Behältnissen schließen und wären deshalb gezwungen, sich mit den Sammelpartnern der Klägerin zusammenzuschließen. Beispielsweise muss das Konkurrenzsystem Öko-Box einen Teil der Sammelinfrastruktur der Klägerin nutzen, um seine Tätigkeit der Sammlung und Verwertung von Getränkeverbundkartons auszubauen (vgl. Randnrn. 177 und 227 der angefochtenen Entscheidung); dies wird von der Klägerin nicht bestritten.

61      In Bezug auf die Sortierinfrastrukturen wird die Feststellung der Kommission, dass der Marktzugang dadurch behindert werde, dass die Errichtung neuer Sortiereinrichtungen hohe Investitionen erfordere, was eine nicht unerhebliche Zutrittsschranke zum Markt für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen darstelle (vgl. Randnr. 318 der angefochtenen Entscheidung), von der Klägerin nicht in Abrede gestellt.

62      Aus all diesen Umständen hat die Kommission in Randnr. 227 der angefochtenen Entscheidung geschlossen, dass „es als unwahrscheinlich angesehen werden [muss], dass sich während der Laufzeit der Sammelpartnervereinbarung in den jeweiligen Vertragsgebieten in spürbarem, d. h. erheblichem Umfang, neue Angebotsmöglichkeiten auf dem relevanten Markt für ausgeschlossene Sammeldienstleister ergeben“. Nach Randnr. 236 der angefochtenen Entscheidung gilt dies auch für die Sortierdienstleister.

63      Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Beschränkung, die sich die Klägerin auferlegt, nicht nur ihre eigene Handlungsfreiheit betrifft. Sie schränkt nämlich auf der Angebotsseite für die ausgeschlossenen Sammel- und Sortierunternehmen den Zugang zum Markt für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen ein, da sie die Möglichkeiten dieser Unternehmen beschneidet, auf dem genannten Markt tätig zu werden. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin gehen diese Wirkungen somit über die Wirkungen eines Austauschvertrags, mit dem ein privater oder kommerzieller Verbraucher seinen Bedarf deckt, hinaus. Die Kommission hat daher keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie die Ansicht vertrat, dass den genannten Unternehmen durch das Netz von Partnervereinbarungen der relevante Markt verschlossen werde und dass dies zu einer spürbaren Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG führe. Für das der Kommission gemeldete Netz von Partnervereinbarungen kann daher kein Negativattest gemäß Art. 2 der Verordnung Nr. 17 erteilt werden.

64      Im Anschluss an die Feststellung des Vorliegens einer spürbaren Einschränkung des Wettbewerbs hat die Kommission in den Randnrn. 275, 276 und 316 der angefochtenen Entscheidung anerkannt, dass die Partnervereinbarungen unter dem Aspekt der Organisation der Sammel- und Sortiertätigkeiten aus Management- und Effizienzgründen zur Sicherstellung zuverlässiger Sammeldienstleistungen sowie aufgrund des Erfordernisses der Planungs- und Investitionssicherheit für die zur Erfüllung der Sammel- und Sortiervereinbarung vorzunehmenden Investitionen gerechtfertigt seien. Nach Ansicht der Kommission handelt es sich bei dieser Ausschließlichkeitspflicht daher um eine Beschränkung, die zur Verwirklichung des Ziels einer rationellen Organisation der Sammel- und Sortiertätigkeiten auf dem österreichischen Markt im Sinne von Art. 81 Abs. 3 EG unerlässlich ist (vgl. Randnrn. 268 bis 287 und 316 der angefochtenen Entscheidung).

65      Die Kommission war allerdings der Auffassung, dass diese Einschränkung des Wettbewerbs auf dem Sammel- und Sortiermarkt für Haushaltsverpackungen zu einer Einschränkung des Wettbewerbs auf dem vorgelagerten Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen führen könnte, wenn es der Klägerin gelänge, ihren Partnern eine De-facto-Ausschließlichkeit bei der Erbringung der Sammel- und Sortierleistungen aufzuerlegen (vgl. Randnrn. 230, 234 und 286 der angefochtenen Entscheidung). Diese Ausschließlichkeit würde es ihr nämlich ermöglichen, ihren potenziellen Wettbewerbern den Zugang zu den vorhandenen Sammel- und Sortierinfrastrukturen zu verwehren. In einer solchen Situation hätten die Wettbewerber keine reale und konkrete Möglichkeit, das von der Klägerin geschaffene Netz von Vereinbarungen zu umgehen, denn es gebe auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen kein anderes Sammel- und Sortierunternehmen, das ihnen diese Dienste von Beginn ihrer Tätigkeit an zu wettbewerbsfähigen Bedingungen anbieten könnte. Die Zusage der Klägerin, sich an nur einen Sammel- und/oder Sortierpartner je Sammelregion zu binden, könnte daher zu einer Einschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen führen, die sich unmittelbar in einer geringeren Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen äußern würde (vgl. Randnr. 287 der angefochtenen Entscheidung).

66      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin besteht das Problem somit nicht darin, dass die Partnervereinbarungen zu „lokalen Entsorgermonopolen“ führen, die gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoßen, sondern darin, dass die Einschränkung des Wettbewerbs auf dem Sammel- und Sortiermarkt für Haushaltsverpackungen es unter den in Randnr. 65 genannten Umständen ermöglichen würde, den Wettbewerb auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen zu beseitigen und dadurch die Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen zu verringern.

67      Im vorliegenden Fall hat die Kommission in den Randnrn. 231, 234 und 236 der angefochtenen Entscheidung anerkannt, dass die Klägerin die Mitbenutzung der Sammel- und Sortierinfrastrukturen nicht verbietet. Gleichwohl hat die Kommission die Ansicht vertreten, dass bestimmte Befugnisse, die sich die Klägerin in der Zusage Nr. 3 vorbehalten habe, genutzt werden könnten, um ihren potenziellen Wettbewerbern den Marktzugang zu erschweren. Um dieser Gefahr zu begegnen, hat die Kommission beschlossen, der Klägerin gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 die beiden in Art. 3 der angefochtenen Entscheidung vorgesehenen, oben in Randnr. 27 angeführten Auflagen zu machen (vgl. Randnrn. 287, 288 und 318 der angefochtenen Entscheidung).

68      Nach Ansicht der Kommission rechtfertigte die Möglichkeit, dass die Klägerin die Existenz nur eines Partners je Sammelregion und die Befugnisse, die sie sich in der Zusage Nr. 3 vorbehalten habe, nutzen könnte, um den Wettbewerb auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen auszuschalten, die in Art. 3 der angefochtenen Entscheidung erwähnten Auflagen. Mit diesen Auflagen, die die Klägerin im Wesentlichen daran hindern sollten, die Mitbenutzung der Sammel- und Sortierinfrastrukturen zu verbieten und sich in den Fällen der Mitbenutzung den ihr nicht zustehenden Teil der gesammelten Verpackungen zuzueignen, könne verhindert werden, dass die Klägerin konkurrierenden Systemen den Zugang zu den bereits vorhandenen Sammel- und Sortierinfrastrukturen versperre und dadurch den Wettbewerb auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen einschränken und die Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen beschneiden könnte.

69      Die Klägerin hält dem entgegen, es gebe eine breite Auswahl potenzieller Partner, denn im Bereich der Entsorgung gewerblicher Verpackungen wählten die Abfallerzeuger ihre Regionalpartner frei aus, und im Bereich der Entsorgung von Haushaltsverpackungen organisierten die AGR und die ARO in jeder Sammelregion Sammelsysteme, bei denen sie häufig auf andere Regionalpartner zurückgriffen.

70      Erstens ist in Bezug auf den Markt für die Sammlung gewerblicher Verpackungen zum einen hervorzuheben, dass es nach den Akten und entgegen dem Vorbringen der Klägerin eine einheitliche Partnervereinbarung für die Sammlung von gewerblichen und Haushaltsverpackungen gab, durch die ein einziger Partner der Klägerin mit der Sammlung beider Verpackungsarten betraut wurde. Nach dieser Vereinbarung konnten beide Verpackungsarten sogar gleichzeitig eingesammelt werden. Dass ein einziger Partner die Sammlung beider Verpackungsarten gewährleisten muss, schließt damit für Unternehmen, die auf die Sammlung nur einer dieser Verpackungsarten spezialisiert sind, jede Möglichkeit aus, Sammelpartner zu werden. Dies würde sie nach Ansicht der Klägerin gleichwohl nicht am Marktzutritt hindern, da sie den Erzeugern gewerblicher Verpackungsabfälle unter den nachstehend in Randnr. 75 genannten Bedingungen Leistungen in Zusammenhang mit dem Transport oder der Sammlung solcher Abfälle anbieten könnten.

71      Zum anderen ist festzustellen, dass die Unterschiede zwischen den Märkten für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen und von gewerblichen Verpackungen so bedeutsam sind, dass die Leistungen der Sammel- und Sortierunternehmen, die sich auf einen dieser beiden Märkte spezialisiert haben, nicht austauschbar sind, und dass die genannten Unternehmen ihre Leistungen nicht auf dem anderen Markt erbringen können. Nach den von der Klägerin nicht durch einen gegenteiligen Nachweis widerlegten Ausführungen der Kommission müssen die Sammel- und Sortierleistungen in Anbetracht der verschiedenen speziellen Anforderungen an Sammlung und Sortierung unterschiedlich ausgestaltet sein (vgl. Randnr. 161 der angefochtenen Entscheidung).

72      Was nämlich die Sortierung anbelangt, fallen bei großen Unternehmen größere Verpackungsmengen an, die an den Orten, an denen sie anfallen, nach Materialfraktionen sortiert und dann gelagert werden. Aus diesem Grund bedarf es bei gewerblichen Verpackungen, anders als bei Haushaltsverpackungen, keiner Sortierinfrastruktur; im Übrigen gestattet es die Partnervereinbarung dem Sammelpartner, Anlieferern gemischter Verpackungen den Mehraufwand in Rechnung zu stellen.

73      Auch in Bezug auf die Sammlung weisen die gewerblichen Verpackungen, wie aus der Partnervereinbarung hervorgeht, einige Besonderheiten gegenüber den Haushaltsverpackungen auf. So ist der Sammelpartner im Fall der gewerblichen Verpackungen als Betreiber der regionalen Übernahmestelle tätig. Seine Haupttätigkeit besteht darin, das von den großen Erzeugern gewerblicher Abfälle, die als Abfalllieferanten auftreten, gelieferte Material in Empfang zu nehmen und sämtliche Wiegescheine des im Einklang mit den österreichischen Rechtsvorschriften gelieferten Materials zu erfassen, damit geprüft werden kann, ob die Mindestmengen erreicht wurden (vgl. auch Randnr. 166 der angefochtenen Entscheidung). Die Abfallerzeuger sind daher verpflichtet, das sortierte Material bis zur Übernahmestelle zu befördern. Als Zusatzleistung bietet der Sammelpartner in stark industrialisierten Gebieten auch das Einsammeln lizenzierter Verpackungen an den Anfallorten an, wobei die Abfallerzeuger dies nach Angaben der Klägerin ablehnen können. Dagegen ergibt sich für die Haushaltsverpackungen aus der Partnervereinbarung, dass die Sammelleistung die planmäßige Entleerung der Sammelbehälter und die Abholung der vom Sammelpartner gestellten Sammelsäcke nach einem von ihm aufgestellten genauen Plan der Abholtage sowie den Transport der in den Haushalten gesammelten Abfälle zur Sortieranlage umfasst, wobei der Sammelpartner gegenüber der ARA für die Qualität der gesammelten Verpackungen verantwortlich ist.

74      Es gibt folglich starke Unterschiede zwischen den Sammel- und Sortierleistungen bei Haushaltsverpackungen und bei gewerblichen Verpackungen. Daher ist, wie in der angefochtenen Entscheidung festgestellt wird, eine funktionale Austauschbarkeit der Sammel- und Sortierleistungen bei Haushaltsverpackungen und bei gewerblichen Verpackungen nicht gegeben (vgl. Randnr. 162 der angefochtenen Entscheidung).

75      Die Klägerin ist zwar der Ansicht, die ausgeschlossenen Sammelunternehmen könnten ihre Dienste auf dem Sammel- und Sortiermarkt für gewerbliche Verpackungen den Abfallerzeugern anbieten, die ihre Abfälle bis zur Übernahmestelle transportieren müssten, und in stark industrialisierten Gebieten könnten sie ihnen sogar das Einsammeln der Verpackungen in Wettbewerb zu den vom Sammelpartner angebotenen Leistungen anbieten. Mangels funktionaler Austauschbarkeit der Sammlung von Haushaltsverpackungen und von gewerblichen Verpackungen ist gleichwohl davon auszugehen, dass die auf den Haushaltssektor spezialisierten Unternehmen grundsätzlich nicht in der Lage sein werden, Sammelleistungen bei gewerblichen Verpackungen zu erbringen. Deshalb ist es im vorliegenden Fall irrelevant, dass die Erzeuger gewerblicher Abfälle ihren Partner frei wählen können.

76      Zweitens hat die Kommission in Bezug auf die Entsorgung von Altpapier aus Haushalten in Randnr. 157 der angefochtenen Entscheidung unwidersprochen festgestellt, dass die ARO „lediglich bestimmte Mengen bei der kommunalen Altpapiersammlung ein[kauft]“, die bereits vor Schaffung des ARA-Systems bestanden habe. Nach Randnr. 158 der angefochtenen Entscheidung gilt das Gleiche für die Entsorgung von Altglas.

77      Aus dem Vorstehenden folgt, dass es nicht denkbar ist, dass die ausgeschlossenen Unternehmen, die im Bereich der Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen tätig sind, ohne Weiteres Zugang zum Markt für die Sammlung und Sortierung gewerblicher Verpackungen erlangen können oder dass sie ihre Leistungen auf den Märkten für die Sammlung von Altpapier und Altglas erbringen können, da diese Märkte auf kommunalen Sammelsystemen beruhen und daher dem Zutritt etwaiger Konkurrenten verschlossen sind. Folglich ist die Existenz dieser Märkte entgegen dem Vorbringen der Klägerin für die Vergrößerung der Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen bei Haushaltsverpackungen und für die Sicherung des Überlebens der mit den Sammelpartnern der Klägerin konkurrierenden Unternehmen nicht relevant.

78      An diesem Ergebnis ändert auch das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nichts, dass das Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung zweifelhaft erscheinen könnte, wenn sich eine Vereinbarung für das Eindringen eines Unternehmens in ein Gebiet, in dem es bisher nicht tätig gewesen sei, als notwendig erweise (Urteil des Gerichts vom 2. Mai 2006, O2 [Germany]/Kommission, T‑328/03, Slg. 2006, II‑1231, Randnr. 68).

79      Insoweit ist hervorzuheben, dass im vorliegenden Fall – anders als in der Rechtssache, in der das Urteil O2 (Germany)/Kommission ergangen ist – nicht erwiesen ist, dass das von der Klägerin errichtete Netz von Partnervereinbarungen den Eintritt eines Konkurrenzunternehmens in den Markt gestattete. Vielmehr war, wie oben in Randnr. 65 ausgeführt, die kumulative Wirkung dieses Netzes geeignet, den Wettbewerbern des ARA-Systems den Zugang zum Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen zu verschließen. Dieses Argument ist daher zurückzuweisen.

80      Die Kommission konnte daher ohne offensichtlichen Beurteilungsfehler zu dem Ergebnis kommen, dass es zum einen eine Wettbewerbsbeschränkung auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung leichter Haushaltsverpackungen gebe, für die aufgrund ihrer positiven Auswirkungen auf die Organisation der Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen eine individuelle Freistellung gewährt werden könne, und dass diese Beschränkung zum anderen Auswirkungen auf den Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen und damit auf die Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen auf dem Markt der Haushaltsverpackungen haben könnte. Die Kommission hat auch keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie die Ansicht vertrat, dass an die Freistellung die beiden oben in Randnr. 27 angeführten Auflagen zu knüpfen seien, um zu verhindern, dass die Klägerin den Wettbewerb auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen ausschalten könne. Daher ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

 Zweiter Klagegrund: Vereinbarkeit der Partnervereinbarungen mit den Voraussetzungen der Verordnung Nr. 2790/1999

 Vorbringen der Parteien

81      Die Klägerin ist der Ansicht, selbst wenn die Partnervereinbarungen eine Ausschließlichkeitsbindung zu ihren Lasten enthielten, sei diese nach Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2790/1999, die im Übrigen nicht die Festsetzung von Auflagen für die von der Freistellung Begünstigten gestatte, von der Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EG freigestellt. Folge man nämlich der von der Kommission in den Randnrn. 155 ff. der angefochtenen Entscheidung vorgenommenen Definition des relevanten Markts, so verfüge kein Regionalpartner der Klägerin in Österreich über einen Anteil von mehr als 30 % am Markt für die Sammlung und/oder Sortierung von Leichtverpackungen. Zudem gewähre die Verordnung Nr. 2790/1999 Vertriebssystemen, die bestimmten Händlern exklusive Absatzgebiete zuwiesen, eine Freistellung; nichts anderes könne im Rahmen eines Netzwerks von Partnervereinbarungen gelten, in dem der Auftraggeber seinen Vertragspartnern exklusive Betreuungsgebiete zuweise.

82      Die Kommission habe auch den geografisch relevanten Markt nicht richtig bestimmt; die Sammelregionen entsprächen keinem der Wirtschaftsräume, denn sie seien von der Klägerin anlässlich ihrer Ausschreibungen definiert worden. Außerdem sei das entscheidende Kriterium für die Ermittlung des Marktanteils eines Lieferanten die Situation vor und nicht nach Abschluss der Partnervereinbarungen.

83      Schließlich bestehe der Grund dafür, dass die Klägerin nicht schon vor Einreichung der Klageschrift auf die Verordnung Nr. 2790/1999 hingewiesen habe, darin, dass die Kommission keine Mitteilung der Beschwerdepunkte veröffentlicht habe.

84      Die Kommission und die Streithelferinnen treten dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

85      Zunächst ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, dass sie nicht die Möglichkeit gehabt habe, die auf die Verordnung Nr. 2790/1999 gestützten Argumente früher geltend zu machen.

86      Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass die ARA und die ARGEV mit Schreiben vom 28. August 2001 für die angemeldeten Vereinbarungen ein Negativattest oder gegebenenfalls eine Freistellungsentscheidung nach Art. 81 Abs. 3 EG beantragten. Dieser Antrag wurde im Einklang mit den Anforderungen von Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 3385/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 über die Form, den Inhalt und die anderen Einzelheiten der Anträge und Anmeldungen nach der Verordnung Nr. 17 (ABl. L 377, S. 28) und dem ihr beigefügten Formblatt A/B gestellt, ohne dass sich die Kommission dazu geäußert hätte.

87      Zweitens heißt es in Randnr. 139 der Mitteilung vom 19. Oktober 2002 (siehe oben, Randnr. 12), dass die Kommission beabsichtige, gegen die angemeldeten Vereinbarungen keine Einwände auf der Grundlage von Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen zu erheben oder den Parteien eine Einzelfreistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG und Art. 53 Abs. 3 EWR-Abkommen zu gewähren, möglicherweise verbunden mit Auflagen.

88      Drittens richtete die Kommission am 1. April 2003 ein Schreiben an die Klägerin, in dem sie ankündigte, dass sie beabsichtige, eine positive Entscheidung nach Art. 81 EG zu erlassen und diese gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 mit bestimmten Auflagen in Bezug auf die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen zu verknüpfen. In dem mit „Begründung“ überschriebenen Teil erläuterte die Kommission eingehend, aus welchen Gründen es möglich sei, eine Einzelfreistellung für die Partnervereinbarung zu gewähren, und aus welchen Gründen sie der Ansicht war, dass bestimmte Vereinbarungen des ARA-Systems eine den Wettbewerb ausschaltende Wirkung haben könnten, die die Auferlegung der genannten Auflagen rechtfertige. Schließlich wurde die Klägerin in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass sie sich innerhalb einer Frist von einem Monat ab Zugang des Schreibens äußern könne. In einem zweiten Schreiben vom 6. Juni 2003 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass die vorgesehenen Auflagen geändert worden seien, um den von ihr und den österreichischen Behörden geäußerten Bedenken Rechnung zu tragen.

89      Unter diesen Umständen kann nicht bestritten werden, dass die Klägerin während des Verwaltungsverfahrens von den möglichen wettbewerbsausschließenden Wirkungen der angemeldeten Vereinbarungen und den Auflagen, die die Kommission an eine Einzelfreistellung knüpfen wollte, Kenntnis erlangen konnte. Wie sich aus den Schreiben vom 16. Mai und vom 25. Juni 2003 ergibt, mit denen die Klägerin auf die Schreiben der Kommission vom 1. April und vom 6. Juni 2003 antwortete, beantragte sie jedoch nicht ausdrücklich die Anwendung der Verordnung Nr. 2790/1999 und erhob auch keine Einwände gegen die Nichtanwendung von Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung im vorliegenden Fall oder gegen die Definition des insoweit relevanten Markts. Wie die Kommission ausgeführt hat, erklärt dies, weshalb in der angefochtenen Entscheidung nicht auf die aus der Verordnung Nr. 2790/1999 hergeleiteten Argumente eingegangen wurde. Das Fehlen jeder Bezugnahme auf diese Argumente in der angefochtenen Entscheidung kann deren Rechtmäßigkeit daher nicht in Frage stellen.

90      Selbst wenn man unterstellt, dass die Klägerin durch ihren Antrag auf Erteilung einer Freistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG implizit die Anwendung der Verordnung Nr. 2790/1999 beantragt hätte, kann der im Wesentlichen auf die Nichtanwendung dieser Verordnung gestützte Klagegrund jedenfalls nicht dazu führen, dass die angefochtene Entscheidung als rechtswidrig anzusehen wäre.

91      Die Partnervereinbarungen sind nämlich Dienstleistungsverträge, die die Klägerin für jede Sammelregion exklusiv an einen Sammel- und/oder Sortierpartner binden, wobei jeder von ihnen auf einer anderen Ebene der Entsorgungskette für Haushaltsverpackungen tätig ist. Mit diesen Verträgen schaffen die Parteien die Voraussetzungen, unter denen die der Klägerin in jeder Sammelregion obliegende Sammlung und Sortierung der Haushaltsverpackungen stattzufinden hat. Es handelt sich somit um Subunternehmervereinbarungen zwischen nicht miteinander konkurrierenden Unternehmen, die in den Anwendungsbereich von Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2790/1999 fallen.

92      Nach den Angaben in Randnr. 173 der angefochtenen Entscheidung, denen die Klägerin nicht widersprochen hat, ist der geografisch relevante Markt für die Beurteilung des Vorliegens einer spürbaren Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG in den Fällen des Systemmarkts und der Märkte für die Sammlung und Sortierung das gesamte Gebiet Österreichs, da sich die objektiven Nachfrage- und Angebotsbedingungen auf diesem Markt deutlich von den Bedingungen in anderen Gebieten des Binnenmarkts unterscheiden. Die oben in Randnr. 5 angeführten österreichischen Rechtsvorschriften über die Entsorgung von Verpackungen regeln nämlich, unter welchen Bedingungen diese Tätigkeit im gesamten Gebiet Österreichs zu entfalten ist, und diese Bedingungen stellen daher im Vergleich zu den Bedingungen in anderen Gebieten des Binnenmarkts besondere Bedingungen dar. Im Übrigen errichtet die Klägerin in diesem gesamten Gebiet ihr Netz von Partnervereinbarungen, das aufgrund der kumulativen Wirkung der Verträge über jede Sammelregion geeignet ist, den Wettbewerb sowohl auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen als auch auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung dieser Verpackungen zu beeinträchtigen.

93      Dagegen ist das relevante Gebiet für die Beurteilung der Frage, ob im vorliegenden Fall die in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2790/1999 vorgesehene Schwelle von 30 % überschritten ist, das Sammelgebiet als das Gebiet, in dem die Sammel- und/oder Sortierpartner eine Bindung mit der Klägerin eingegangen sind, und als der Ort, an dem sie ihre Leistungen erbringen. Die Klägerin führt nämlich ihre Ausschreibungen für jedes dieser Gebiete durch, und die Partner bieten ihre Leistungen durch die Organisation von Sammel- und Sortierinfrastrukturen in jedem dieser Gebiete an. Zudem gibt es nach Punkt 7 der Standardausschreibung Besonderheiten der Sammelregionen, die in einem Dokument mit dem Titel „Select Regional (Teil L)“ beschrieben werden. Überdies wird im Leistungsbericht der Klägerin für das Jahr 2002 näher ausgeführt, dass die Bezirke und Gemeinden in Sammelregionen zusammengefasst würden, für die die Klägerin ein geeignetes und ganz spezifisches Sammelkonzept erarbeitet habe.

94      Aus dem Vorstehenden folgt, dass jede Sammelregion, im Einklang mit den in Randnr. 90 der Mitteilung 2000/C 291/01 der Kommission – Leitlinien für vertikale Beschränkungen (ABl. 2000, C 291, S. 1) festgelegten Kriterien, homogene Bedingungen für die Leistungserbringung aufweist und von den Nachbarregionen aufgrund ihrer Besonderheiten und den Bedingungen der Leistungserbringung unterschieden werden kann, um den relevanten geografischen Markt zur Berechnung der in der Verordnung Nr. 2790/1999 vorgesehenen Schwelle zu ermitteln.

95      Dass die Kommission das gesamte Gebiet Österreichs als das zur Prüfung der wettbewerbswidrigen Wirkungen der angemeldeten Vereinbarungen relevante geografische Gebiet angesehen hat, ändert daran nichts. Dieser Umstand hindert nämlich nicht daran, innerhalb des genannten Gebiets Märkte zu finden, die aus der Sicht der Erbringer von Sammel- und Sortierleistungen geografisch enger begrenzt sind und in denen die Bedingungen für die Leistungserbringung homogen sind und sich von den Bedingungen in den Nachbarregionen unterscheiden. Daher sind es, wie oben in Randnr. 93 ausgeführt, die Sammelregionen, die die relevanten Märkte für die Klärung der Frage darstellen, ob die Klägerin in den Genuss der in der Verordnung Nr. 2790/1999 vorgesehenen Gruppenfreistellung kommen kann.

96      Zum Vorbringen der Klägerin, dass der entscheidende Gesichtspunkt für die Ermittlung des Marktanteils eines Lieferanten die Situation vor und nicht nach Abschluss der Partnervereinbarungen sei, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 2790/1999 der Marktanteil für die Anwendung von Art. 3 „anhand der Angaben für das vorhergehende Kalenderjahr ermittelt [wird]“. Außerdem ist, wie die Kommission ausgeführt hat, in Fällen neuer Märkte auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der Markt geschaffen wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt kann festgestellt werden, in welchem Umfang der Lieferant über Marktmacht verfügt, indem gemäß Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 2790/1999 der auf ihn entfallende Marktanteil ermittelt wird.

97      Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass bei der Ermittlung des Marktanteils jedes Sammel- und/oder Sortierpartners die Situation nach Abschluss der Vereinbarungen über die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen zu berücksichtigen ist und nicht, entgegen dem Vorbringen der Klägerin, die Situation vor ihrem Abschluss.

98      Als Erbringer von Sammel- und Sortierleistungen, an die sich die Klägerin exklusiv bindet, überschreiten die Sammel- und Sortierpartner deutlich die in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2790/1999 festgelegte Marktanteilsschwelle von 30 %. Zum einen hat nach den Angaben in Randnr. 225 der angefochtenen Entscheidung, denen die Klägerin nicht widersprochen hat, im Bereich der Haushaltsleichtverpackungen nur Öko-Box ein Wettbewerbssystem installiert, und zwar für Getränkeverbundkartons. Zum anderen hat Öko-Box, wie die Klägerin in ihren Schriftsätzen anerkannt hat, ein System entwickelt, das Sammelinfrastrukturen nur für einen Teil der Verpackungen nutzt, wobei insoweit die Sammelpartner der Klägerin in Anspruch genommen werden. Der Marktanteil der regionalen Sammel- und/oder Sortierpartner kann daher ohne Weiteres 100 % erreichen, und Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2790/1999 erlaubt es somit nicht, für die angemeldeten Vereinbarungen eine Gruppenfreistellung ohne jede Auflage zu gewähren.

99      Nach alledem ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

 Dritter Klagegrund: Verstoß der Art. 2 und 3 der angefochtenen Entscheidung gegen die „Essential-Facilities-Doktrin“

 Vorbringen der Parteien

100    Die Klägerin ist der Ansicht, die Kommission messe dem freien und ungehinderten Zugang alternativer Sammelsysteme zu ihrer Erfassungsinfrastruktur große Bedeutung für die Intensivierung des Wettbewerbs zu; Art. 2 und vor allem Art. 3 der angefochtenen Entscheidung seien ein Versuch, dem ARA-System eine Verpflichtung aufzuerlegen, ohne den Anforderungen der „Essential-Facilities-Doktrin“ zu genügen.

101    Zur Stützung dieses Klagegrundes führt die Klägerin zum einen aus, ihre Partnervereinbarungen stünden einer Mitbenutzung der Sammelbehälter im Prinzip nicht entgegen, so dass aus diesen Verträgen keine Behälterexklusivität zu ihren Gunsten resultiere. Unter diesen Umständen gebe es keine tatbestandsmäßigen Wettbewerbsbeschränkungen, und die Auflagen der Kommission könnten nicht auf Art. 81 Abs. 3 EG und Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 gestützt werden.

102    Zum anderen verpflichte die angefochtene Entscheidung sie in Wirklichkeit dazu, Wettbewerbern Kapazitäten „abzutreten“, was in den Anwendungsbereich von Art. 82 EG falle. Eine derartige Verpflichtung könne nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nur dann legitim sein, wenn es sich bei den für sie betriebenen Sammeleinrichtungen um wesentliche Einrichtungen handele (Urteil des Gerichtshofs vom 26. November 1998, Bronner, C‑7/97, Slg. 1998, I‑7791). Das sei hier aber nicht der Fall, denn es sei technisch möglich, die Strukturen ihres Sammelsystems zu duplizieren, indem konkurrierenden Sammelsystemen überall dort, wo sie ein Holsystem betreibe, die Einrichtung eines Bringsystems gestattet werde und umgekehrt.

103    Die Kommission tritt dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

104    Nach gefestigter Rechtsprechung ist es missbräuchlich, wenn sich ein Unternehmen, das auf einem bestimmten Markt eine beherrschende Stellung innehat, weigert, einem Unternehmen, mit dem es auf einem benachbarten Markt in Wettbewerb steht, die für die Ausübung seiner Tätigkeit unerlässlichen Rohstoffe oder Dienstleistungen zu liefern bzw. zu erbringen, sofern das betreffende Verhalten geeignet war, jeglichen Wettbewerb durch dieses Unternehmen auszuschalten (Urteil Bronner, Randnr. 38, und Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, IMS Health, C‑418/01, Slg. 2004, I‑5039, Randnrn. 40 bis 45). In diesen Fällen kann die Kommission, nachdem sie das Vorliegen einer Zuwiderhandlung, insbesondere den Missbrauch einer beherrschenden Stellung, festgestellt hat, gemäß Art. 3 der Verordnung Nr. 17 zur Wahrung der praktischen Wirksamkeit ihrer Entscheidung bestimmte Verpflichtungen auferlegen (Urteil des Gerichtshofs vom 6. April 1995, RTE und ITP/Kommission, C‑241/91 P und C‑242/91 P, Slg. 1995, I‑743, Randnrn. 90 und 91).

105    Nach den Partnervereinbarungen haben die Sammel- und Sortierpartner die für die Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen erforderlichen Infrastrukturen zu schaffen (vgl. Randnr. 98 der angefochtenen Entscheidung). Diese Infrastrukturen gehören den Sammel- und Sortierpartnern und nicht der Klägerin, die lediglich ihren Aufstellungsort mit den Gebietskörperschaften aushandelt. Daher macht die Klägerin geltend, ihr stehe kein Eigentums- oder Kontrollrecht in Bezug auf diese Einrichtungen zu, das es ihr ermöglichen würde, ihren Konkurrenten in missbräuchlicher Weise Sammelleistungen zu verweigern, um sie vom Entsorgungsmarkt für Verpackungen auszuschließen.

106    Aufgrund der Partnervereinbarungen und der Gestaltungsmöglichkeiten, die sie sich in der Zusage Nr. 3 vorbehalten hat, ist die Klägerin jedoch in der Lage, zusammen mit ihren Partnern den Zugang zu den in jeder Sammelregion geschaffenen Infrastrukturen zu kontrollieren. Dadurch ist sie in der Lage, den Zugang ihrer Konkurrenten zu den ihren Partnern gehörenden Sammel- und Sortierinfrastrukturen zu blockieren.

107    Wie die Kommission in Randnr. 234 der angefochtenen Entscheidung hervorgehoben hat, besteht das Problem, das sich im vorliegenden Fall stellt, nämlich darin, dass die Klägerin aufgrund der Gestaltungsmöglichkeiten, die sie sich in der Zusage Nr. 3 vorbehalten hat, die Mitbenutzung der Sammel- und Sortierinfrastrukturen verhindern kann. Durch Ausnutzung dieser Gestaltungsmöglichkeiten kann die Klägerin insbesondere die Sammelpartner, die ihre Infrastrukturen den Konkurrenten des ARA-Systems öffnen möchten, daran hindern und Letzeren damit den Zutritt zum Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen erschweren. Es besteht die Gefahr, dass dieses Verhalten zu einer Wettbewerbsbeschränkung auf dem genannten Markt führt und dadurch die Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen bei Haushaltsverpackungen begrenzt.

108    Wie oben in Randnr. 67 ausgeführt, hat die Kommission es, um dieser Gefahr zu begegnen, als erforderlich angesehen, die Einzelfreistellung gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 mit den in Art. 3 der angefochtenen Entscheidung vorgesehenen Auflagen zu verbinden.

109    Daher handelt es sich im vorliegenden Fall nicht um eine einseitige Weigerung der Klägerin, konkurrierenden Unternehmen eine für die Entwicklung eines benachbarten Markts erforderliche Leistung zu erbringen, was gegen Art. 82 EG verstoßen und daher die Anwendung der „Essential-Facilities-Doktrin“ rechtfertigen würde. Es handelt sich um einen Fall, in dem die Position, die sich die Klägerin aufgrund der Partnervereinbarungen mit den Sammel- und Sortierunternehmen vorbehält, zu einer Wettbewerbsbeschränkung auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen und damit zu einer Begrenzung der Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen führen kann. Die Kommission hat folglich im vorliegenden Fall die „Essential-Facilities-Doktrin“ und die zu ihr ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Recht nicht angewandt.

110    Daraus folgt zum einen, dass die Kommission nicht versucht hat, im vorliegenden Fall die „Essential-Facilities-Doktrin“ anzuwenden, und zum anderen, dass die „Essential-Facilities-Doktrin“ und die zu ihr ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs im vorliegenden Fall bei der Prüfung, ob die Auflagen rechtmäßig sind, mit der die der Klägerin von der Kommission gewährte Einzelfreistellung verbunden wurde, keine Anwendung finden. Daher ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

 Vierter Klagegrund: mangelnde Durchführbarkeit der in der angefochtenen Entscheidung vorgesehenen Auflagen

 Vorbringen der Parteien

111    Die Klägerin ist der Ansicht, die in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Auflagen entsprächen nicht der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da sie nicht geeignet seien, das angestrebte Ziel zu erreichen, und nicht die geringstmögliche Belastung darstellten.

112    Im Übrigen habe die Kommission die Besonderheiten des ARA-Systems nicht ausreichend berücksichtigt, denn im Unterschied zu dem in Deutschland bestehenden System der Abfallentsorgung werde die Sammlung, Sortierung und Verwertung überwiegend durch verschiedene Unternehmen durchgeführt, und diese Partner könnten die Menge an gesammelten, sortierten und verwerteten Verpackungen nachträglich nicht nachweisen, sondern müssten die gesammelten Verpackungen laufend den Übernahmestellen der Klägerin übergeben. Folglich bestehe das einzige Ziel der Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung darin, zu verhindern, dass die Klägerin einen höheren als den ihr zustehenden Anteil am Sammelgut einfordere. Diese Auflage setze somit voraus, dass der Klägerin zum Zeitpunkt der Übergabe der gesammelten Verpackungen der Marktanteil des ARA-Systems bekannt sei, was aus zwei Gründen nicht möglich sei. Erstens seien außenstehende Sammelsysteme, d. h. diejenigen, die keine Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen anstrebten, nicht verpflichtet, der Klägerin ihre Lizenzmengen mitzuteilen, was die Berechnung des Anteils der Klägerin an der Gesamtmenge der Haushaltsverpackungen unmöglich mache. Zweitens seien die Marktanteilsdaten nur im Nachhinein nach den periodischen Meldungen der Lizenzmengen durch Hersteller und Importeure verfügbar. Damit das Sammelgut auf die verschiedenen Systembetreiber verteilt werden könne, müssten Verteilungsschlüssel verwandt werden, die im Vorhinein ab dem Zeitpunkt der Übergabe einer bestimmten Verpackungsmenge bekannt seien.

113    Schließlich stünden die Beschränkung des Wettbewerbs und die Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung in keinerlei Zusammenhang. Die Klägerin habe der Kommission am 28. August 2003 einen Vorschlag für eine andere Aufteilungsmethode gemacht, nach der die verschiedenen Sammelsysteme jährlich im Vorhinein beim Entsorger eine bestimmte Übernahmekapazität bestellten, die sich an den erwarteten Lizenzmengen orientiere. Die Kommission habe dieses Modell jedoch nicht in Erwägung gezogen.

114    Die Kommission und die Streithelferinnen treten dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

115    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowohl zur Stützung ihres vierten Klagegrundes, der die Durchführbarkeit der in der angefochtenen Entscheidung vorgesehenen Auflagen betrifft, als auch als eigenständigen Klagegrund (fünfter Klagegrund) anführt. Daher ist im Rahmen des fünften Klagegrundes die Verhältnismäßigkeit der Auflagen und insbesondere der in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung vorgesehenen Auflage und im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes die Durchführbarkeit der fraglichen Auflage zu prüfen.

116    Zur Beantwortung des Vorbringens der Klägerin ist erstens festzustellen, dass nach den Akten die Lizenzmengen der außenstehenden Systeme im vorliegenden Fall keine Rolle für die Berechnung des Anteils der Klägerin an der Gesamtmenge der Haushaltsverpackungen spielen. Das Problem der Aufteilung der gesammelten Verpackungen stellt sich nämlich nur bei einer gemeinsamen Nutzung der Sammelinfrastrukturen. Da die Klägerin in diesem Fall keinen Anspruch auf sämtliche gesammelten Verpackungen erheben kann, muss berechnet werden, welcher Teil der Verpackungen auf jedes der Sammelsysteme entfällt, die sich die genannten Infrastrukturen teilen, damit die gesammelten Verpackungen unter ihnen aufgeteilt werden können. Folglich entbehrt das Vorbringen der Klägerin zur Verfügbarkeit von Angaben über die Lizenzmengen der außenstehenden Systeme jeder Grundlage.

117    Zweitens hat die Klägerin trotz ihrer dahin gehenden Ausführungen nicht zu begründen vermocht, dass es nicht möglich wäre, ihren Anteil an der Gesamtmenge von Haushaltsverpackungen zum Zeitpunkt der Übergabe der gesammelten Verpackungen an die Übernahmestellen zu ermitteln, weil dies eine im Vorhinein festgelegte und für ein Jahr geltende Methode zur Aufteilung der gesammelten Verpackungen erfordern würde. Vielmehr geht aus der Entpflichtungs- und Lizenzvereinbarung zwischen der Klägerin und den Abfallerzeugern hervor, dass die Abfallerzeuger zur Ermittlung des Betrags des der Klägerin geschuldeten jährlichen Entgelts die genauen in den Verkehr gebrachten Verpackungsmengen monatlich oder vierteljährlich – je nachdem, ob es sich um einen großen oder einen kleinen Abfallerzeuger handelt – bis zum zehnten Tag des zweiten auf den Abrechnungszeitraum folgenden Monats angeben müssen. Dies bedeutet, dass die Klägerin die von den Lizenz- und Entpflichtungsvereinbarungen erfassten Verpackungsmengen auf der Grundlage dieser Verträge und der Daten, die sie regelmäßig erhält, ermitteln kann.

118    Zwar sind die endgültigen Daten zum abgelaufenen Kalenderjahr erst in den ersten zehn Tagen des zweiten Monats nach dem Ende des letzten Monats oder Quartals des genannten Jahres verfügbar. Dies bedeutet jedoch entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht, dass die Aufteilung der Verpackungen erst 15 Monate nach Beginn des Geschäftsjahrs erfolgen kann, was die „laufende Aufteilung“ der gesammelten Verpackungen verhindern würde. Die Aufteilung der gesammelten Verpackungen kann nach Sammlungsfortschritt anhand der tatsächlichen lizenzierten Verpackungsmengen erfolgen, die in den vorangegangenen Monaten in den Verkehr gebracht wurden. Das Ergebnis dieser Aufteilung wird dann am Jahresende durch einen Ausgleich anhand der von den Abfallerzeugern gemeldeten endgültigen tatsächlichen Mengen korrigiert. Wie die Kommission ausgeführt hat, könnte bei der Aufteilung auch systematisch auf die zu erwartenden Mengen abgestellt und eine Anpassung nur zu bestimmten Zeitpunkten vorgenommen werden. Wie sich aus den Akten ergibt, wurde die letztgenannte Möglichkeit im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes, das vor dem Gericht stattgefunden hat, von der Klägerin vorgeschlagen und von der Kommission akzeptiert.

119    Drittens hat die mündliche Verhandlung ergeben, dass die angefochtene Entscheidung vorläufig in einer für die Parteien zufriedenstellenden Weise umgesetzt wurde.

120    Aus alledem folgt, dass die laufende Aufteilung der gesammelten Verpackungen der Durchführbarkeit der in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung vorgesehenen Auflage nicht entgegensteht und dass es entgegen dem Vorbringen der Klägerin somit nicht der Heranziehung einer im Vorhinein festgelegten und für ein Jahr geltenden Aufteilungsmethode bedarf.

121    Das übrige Vorbringen der Klägerin kann an dieser Schlussfolgerung nichts ändern.

122    Erstens entbehrt das Argument, es gebe keinen Zusammenhang zwischen der Wettbewerbsbeschränkung und der Auflage, jeder Grundlage. Wie aus den Randnrn. 290 und 293 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, besteht ein klarer Zusammenhang zwischen der Auflage einerseits und der Gefahr einer Abschottung des vertikal vorgelagerten Markts für die Konkurrenten der Klägerin und einer Verringerung der Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen andererseits. Diese Gefahr ergäbe sich aus der Gewährung einer Einzelfreistellung der Vereinbarungen, mit denen sich die Klägerin an nur einen Partner je Sammelregion bindet und sich Befugnisse vorbehält, die die Mitbenutzung der Sammel- und Sortierinfrastrukturen vereiteln könnten. Mit dieser Auflage soll somit verhindert werden, dass die Klägerin Nachweise oder Belege über die Verpackungsmengen konkurrierender Systeme erlangen kann, die mit ihr die Sammelinfrastrukturen teilen, und dass sie sich, insbesondere gegenüber der österreichischen Aufsichtsbehörde, Mengen zueignet, die diesen Systemen zustehen. Ein solches Verhalten der Klägerin würde die konkurrierenden Systeme daran hindern, ihre Quote einzuhalten, und ihr Verbleiben auf dem Markt erschweren. Ihr Verschwinden vom Markt würde zu einer Verringerung der Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen führen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin war die Kommission daher nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 zu der fraglichen Auflage berechtigt, um zu verhindern, dass die der Klägerin gewährte Einzelfreistellung zu einer Wettbewerbsbeschränkung auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen und damit zu einer Verringerung der Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen bei Haushaltsverpackungen führen könnte.

123    Zweitens entbehrt auch das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe einen Großteil des Textes der Auflage in Art. 3 Buchst. b aus der Entscheidung zum deutschen System der Abfallentsorgung übernommen, ohne den Besonderheiten des ARA-Systems Rechnung zu tragen, jeder Grundlage. Wie die Prüfung der beiden in Rede stehenden Entscheidungen erkennen lässt, stimmt ihr Wortlaut nicht überein. Außerdem zeigt die Prüfung der angefochtenen Entscheidung entgegen dem Vorbringen der Klägerin, dass die Nachweise oder Belege, auf die die Auflage in Art. 3 Buchst. b dieser Entscheidung Bezug nimmt, nicht dazu dienen, die physische Übergabe der gesammelten Verpackungen zu ersetzen, sondern bestätigen sollen, welcher Teil der gesammelten Verpackungen der Klägerin zusteht. Nach § 11 Abs. 8 VerpackVO und Auflage 2 der Genehmigung zur Errichtung bzw. zum Betreiben eines Sammel- und Verwertungssystems sollen diese Nachweise der österreichischen Aufsichtsbehörde die Feststellung ermöglichen, dass die Klägerin ihre Sammelquote erfüllt. Nach Randnr. 291 der angefochtenen Entscheidung können sie auch herangezogen werden, um das Entgelt der Partner im Fall der Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen herabzusetzen.

124    Aus alledem folgt, dass die von der Kommission vorgeschlagenen Aufteilungsmethoden auf Daten wie den zu erwartenden Mengen oder den lizenzierten Mengen der vorangegangenen Monate beruhen, die der Klägerin zum Zeitpunkt der Aufteilung der gesammelten Verpackungen leicht zugänglich sind, und dass diese Methoden den Besonderheiten des ARA-Systems somit in gleicher Weise Rechnung tragen wie die von der Klägerin vorgeschlagene Methode. Der einzige Unterschied besteht darin, dass bei den von der Kommission vorgeschlagenen Methoden die zu erwartenden Mengen oder die lizenzierten Mengen der vorangegangenen Monate nachträglich korrigiert werden können, z. B. anhand der tatsächlichen und endgültigen Mengen in den Verkehr gebrachter und von den Abfallerzeugern gemeldeter lizenzierter Verpackungen. Wie oben in Randnr. 118 ausgeführt, ist diese nachträgliche Korrektur nicht mit einer laufenden Aufteilung der gesammelten Verpackungen unter den Sammelsystemen unvereinbar, die sich die Sammelinfrastrukturen teilen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist die Auflage daher nicht undurchführbar.

125    Dieser Klagegrund ist folglich zurückzuweisen.

 Fünfter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

 Vorbringen der Parteien

126    Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung unverhältnismäßig sei, da sie ihr Pflichten auferlege, die sie an der Erfüllung der vorgeschriebenen Quoten hindern könnten und damit ihre Existenz gefährdeten. Die Auflage reduziere nämlich ihren Zugriff auf die ihr zur Verfügung stehenden Sammelkapazitäten. Deswegen habe sie sich das Gestaltungsrecht für ihr System vorbehalten und den die Sammlung durchführenden Unternehmen vertraglich untersagt, eigenmächtig vorzugehen. Die Unverhältnismäßigkeit sei in zwei Fällen besonders offensichtlich: wenn ein anderes Sammelsystem zusätzliche Lizenzmengen akquiriere und wenn andere Sammelsysteme ganz oder teilweise eigene Sammeleinrichtungen installierten.

127    Im ersten Fall verringere der Eintritt eines weiteren Sammelsystems in den Markt den Anteil des ARA-Systems an der Gesamtmenge der haushaltsnah anfallenden Verpackungen und damit seinen Marktanteil. Die Wettbewerber würden sich nämlich nicht darauf beschränken, dem ARA-System Kunden wegzunehmen, sondern würden auf dem Markt darüber hinaus zusätzliche Verpackungsmengen lizenzieren, die derzeit weder von den Herstellern noch von den Vertreibern zurückgenommen würden, d. h. Verpackungsmengen von „Trittbrettfahrern“. Infolgedessen würde sich der von ihr zu beanspruchende Teil des Sammelguts der Regionalpartner verringern, so dass sie die vorgeschriebenen Quoten nicht einhalten könnte und das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie ihr die Genehmigung entziehen könnte. Somit reduziere die Auflage der Kommission den Zugriff der Klägerin auf die Sammelkapazitäten.

128    Die von der Kommission vorgeschlagene Lösung, die Behältervolumen anzupassen, damit sie größere Sammelmengen aufnehmen könnten, sei nicht zufriedenstellend. So würde die Klägerin erst im Nachhinein erfahren, dass die Sammelkapazitäten nicht ausreichten, und Anpassungsmaßnahmen könnten frühestens nach zwei Jahren greifen. Aus diesem Grund sei sie der Ansicht, dass alternative Sammelsysteme, um die Behälter mitbenutzen zu dürfen, das benötigte Behältervolumen und die damit korrespondierenden Sammelmengen jährlich im Vorhinein bestellen müssten.

129    Bei der Bereitstellung von Sammelkapazitäten und dem Zugriff auf die gesammelten Mengen handele es sich um dasselbe Problem; wenn die fragliche Auflage die Klägerin dazu zwänge, Sammelmengen an Wettbewerber abzutreten, würde das ihre gesamte Kapazitätsplanung zu Makulatur machen.

130    Im zweiten Fall handele es sich bei den konkurrierenden Systemen vor allem um Anbieter, die auf ganz bestimmte Verpackungsarten spezialisiert und in der Lage seien, alternative Sammeleinrichtungen aufzubauen, so dass sie die für die Klägerin betriebenen Einrichtungen allenfalls ergänzend in Anspruch nehmen würden. Dies sei insbesondere bei den Systemen Öko-Box und Bonus der Fall. Ein solches Verhalten der konkurrierenden Systeme sei absolut vorhersehbar, da die Mitbenutzung von Sammelinfrastrukturen keinen wirklichen Preiswettbewerb schaffe; dieser könne nur durch die Einrichtung eigener Sammelinfrastrukturen entstehen. Auch bei einer nur teilweisen Mitbenutzung von Sammelinfrastrukturen wäre die Klägerin aufgrund der Auflage verpflichtet, auf die Übernahme gesammelter Mengen in einem größeren Umfang zu verzichten, als es dem Bedarf des Konkurrenzsystems entspreche, was offenkundig unangemessen wäre.

131    Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, dass die Kommission keine Lösung des Problems der teilweisen Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen aufgezeigt und den vorgelegten Kompromissvorschlag nicht einmal in Erwägung gezogen habe.

132    Schließlich würde die Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung die Klägerin zwingen, die Sammlung von Verpackungen neu zu organisieren, was die Sammelkosten erhöhen und infolgedessen die Effizienz des ARA-Systems vermindern würde. Diese Kosten müssten daher auf die Nutznießer der Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen abgewälzt werden, d. h. auf die konkurrierenden Systeme und die Sammelpartner. Auch die Betriebskosten des Systems (oder Systemkosten) müssten auf die konkurrierenden Systeme abgewälzt werden.

133    Die Kommission und die Streithelferinnen treten dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

134    Nach ständiger Rechtsprechung dürfen Handlungen der Organe nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts gehört, nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich ist; dabei ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen (Urteile des Gerichtshofs vom 11. Juli 2002, Käserei Champignon Hofmeister, C‑210/00, Slg. 2002, I‑6453, Randnr. 59, vom 9. September 2004, Spanien und Finnland/Parlament und Rat, C‑184/02 und C‑223/02, Slg. 2004, I‑7789, Randnr. 57, und vom 7. Juli 2009, S.P.C.M. u. a., C‑558/07, Slg. 2009, I‑5783, Randnr. 41).

135    Im vorliegenden Fall besteht das von der Kommission mit der Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung angestrebte Ziel darin, die Ausschaltung des Wettbewerbs auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen zu verhindern, die eintreten könnte, wenn für die von der Klägerin mitgeteilten Sammel- und Sortiervereinbarungen eine Einzelfreistellung gewährt würde, durch die sich die Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen verringern würde. Wie nämlich den Randnrn. 290 und 292 der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen ist, könnte die Klägerin in den Fällen der Mitbenutzung von Sammelinfrastrukturen versuchen, sich die Gesamtmenge der gesammelten Verpackungen zuzueignen und damit die konkurrierenden Systeme an der Einhaltung ihrer Quote zu hindern. Wie oben in Randnr. 122 ausgeführt, kann durch das Verbot für die Klägerin, Nachweise oder Belege über den ihren Konkurrenten zustehenden Teil der Gesamtmenge an Haushaltsverpackungen zu verlangen, verhindert werden, dass sie sich, insbesondere gegenüber der österreichischen Aufsichtsbehörde, der sie Nachweise für die Erfüllung ihrer Quote vorlegen muss, alle gesammelten Verpackungen zueignet. Wie sich ferner aus Randnr. 123 ergibt, ist dieses Verbot mit den Besonderheiten des ARA-Systems vereinbar.

136    Um zu verhindern, dass die Klägerin versucht, sich alle gesammelten Verpackungen zuzueignen, bedarf es einer Aufteilung dieser Verpackungen. Hierfür hat die Kommission Aufteilungsmethoden vorgeschlagen, bei denen die Anteile genau den lizenzierten Mengen jedes Systems entsprechen, was die Gefahr einer Monopolisierung der gesammelten Verpackungen durch die Klägerin ausschließt. Diese Aufteilungsmethoden hindern die Klägerin nämlich an dem Versuch, die Position konkurrierender Systeme durch künstliche Erhöhung der den Sammelpartnern mitgeteilten Mengen zu schwächen. Sie erscheinen daher in Anbetracht des verfolgten Ziels, jede Ausschaltung des Wettbewerbs auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen und damit eine Verringerung der Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen auf dem Markt für die Sammlung und Sortierung von Haushaltsverpackungen zu verhindern, zufriedenstellend.

137    Daher ist die Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung im Licht des von der Kommission angestrebten Ziels nicht unangemessen (vgl. in diesem Sinne Urteil Käserei Champignon Hofmeister, Randnrn. 60 bis 64).

138    Diese Schlussfolgerung kann durch das Vorbringen der Klägerin zum Erwerb zusätzlicher Lizenzmengen durch ein anderes Sammelsystem und zur Mitbenutzung der von ihr errichteten Sammeleinrichtungen nicht entkräftet werden.

139    Erstens ist in Bezug auf das Argument, ein anderes Sammelsystem könnte zusätzliche Lizenzmengen erwerben, zum einen hervorzuheben, dass nach § 11 Abs. 7 VerpackVO in der hier relevanten Fassung die Prozentsätze so festzulegen sind, dass zumindest 50 % der Menge jedes Verpackungsmaterials, hinsichtlich der eine Teilnahme am System erfolgt, gesammelt werden. Zum anderen sind nach Auflage 1 der Genehmigung zur Errichtung bzw. zum Betreiben eines Sammel- und Verwertungssystems die Mindesterfassungs- und ‑verwertungsquoten im Fall der Klägerin „bezogen auf die pro Kalenderjahr jeweils kontrahierte Verpackungsmenge gemäß § 11 Abs. 7 VerpackVO“ zu berechnen. Somit hätten Verpackungsmengen von „Trittbrettfahrern“, d. h. Verpackungen, die bislang von keinem Entsorgungssystem angenommen wurden, keinen Einfluss auf die Sammelquoten der Klägerin, die weiterhin in der oben angegebenen Weise berechnet würden. Im Übrigen trifft es zwar zu, dass die Tatsache, dass Verpackungsmengen von „Trittbrettfahrern“ zu lizenzierten Verpackungen der mit der Klägerin konkurrierenden Systeme werden können, zur Folge hat, dass diese Verpackungen ihr zur Erreichung ihrer Sammelquote nicht zur Verfügung stehen. Nach der Systematik der einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften dürfen sich die Systeme im Fall einer Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen bei der Sammlung der zur Erreichung ihrer Sammelquote erforderlichen Verpackungsmengen jedoch nicht auf Verpackungsmengen von „Trittbrettfahrern“ stützen, sondern müssen ihre Sammelkapazitäten erhöhen, z. B. durch häufigere Leerung der Sammelbehälter.

140    Das Vorbringen der Klägerin, sie würde erst im Nachhinein erfahren, dass die vorgesehenen Sammelkapazitäten nicht ausreichten, kann an diesem Ergebnis nichts ändern. Denn wie oben in Randnr. 118 ausgeführt, kann die Klägerin die Menge lizenzierter Verpackungen im Vorhinein schätzen und anhand dieser Zahl ihren Sammelbedarf ermitteln und entscheiden, ob die Sammelkapazitäten erhöht werden müssen. Desgleichen kann sie die vorgesehenen Sammelkapazitäten anhand der Verpackungsmengen korrigieren, die von den Lizenznehmern tatsächlich in den Verkehr gebracht und laufend mitgeteilt werden.

141    Schließlich stellt die Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen entgegen dem Vorbringen der Klägerin keine für sie nachteilige tatsächliche Abtretung von Sammelkapazitäten an neue Wettbewerber dar. In Wirklichkeit verringern sich durch die Mitbenutzung ihre Sammelkapazitäten nicht, da diese von den lizenzierten Verpackungsmengen abhängen, die jedes Sammelsystem den Sammelpartnern mitteilt, und somit der Erhöhung der lizenzierten Verpackungsmengen in jedem Sammelgebiet Rechnung tragen. Wie bereits oben in Randnr. 139 ausgeführt, muss die Klägerin daher, um die Einhaltung der Sammelquoten zu gewährleisten, die Sammlung an neuen Bedarf anpassen, indem sie z. B. ihre Partner auffordert, die Kapazität der Behälter zu vergrößern, oder indem sie häufigere Leerungen vornimmt.

142    Folglich ist das Argument, das sich auf den Erwerb zusätzlicher Lizenzmengen durch ein konkurrierendes Sammelsystem stützt, zurückzuweisen.

143    Zweitens kann das Argument, das die teilweise Nutzung der von der Klägerin geschaffenen Sammelinfrastrukturen durch Systeme betrifft, die ihre eigenen Sammelinfrastrukturen haben, die Verhältnismäßigkeit der fraglichen Auflage nicht in Frage stellen. Wie aus den Akten hervorgeht, gibt die Auflage, die der Klägerin in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung gemacht wird, konkurrierenden Systemen, die eine teilweise Nutzung der Sammelinfrastrukturen verlangen, nicht das Recht, eine Verpackungsmenge in Anspruch zu nehmen, die der ihnen zustehenden Gesamtmenge in den Verkehr gebrachter lizenzierter Verpackungen entspricht. Die konkurrierenden Systeme müssen vielmehr im Vorhinein mitteilen, für welchen Teil der ihnen zustehenden Menge lizenzierter Verpackungen sie die Mitbenutzung in Anspruch nehmen wollen, und nur dieser Teil wird bei der Aufteilung der gesammelten Verpackungen berücksichtigt. Überdies ist hervorzuheben, dass diese Möglichkeit im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, das vor dem Gericht stattgefunden hat, von der Klägerin vorgeschlagen und von der Kommission akzeptiert worden ist.

144    Zum Vorbringen der Klägerin, die vollständige oder teilweise Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen würde keinen wirklichen Preiswettbewerb schaffen, ist darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Entscheidung der Klägerin gestattet, das in den Partnervereinbarungen vorgesehene Entgelt herabzusetzen. Ihre Konkurrenten tragen somit sowohl die Kosten für die Bereitstellung der Sammelbehälter und ‑säcke als auch die Kosten für die Sammlung bei den Haushalten und Nutzern mit einer vergleichbaren Verpackungsmenge und den Transport der ihnen zustehenden lizenzierten Verpackungen. Dies bringt sie zwar bei bestimmten Kosten in die gleiche Situation wie die Klägerin. Angesichts der möglichen Unterschiede in Bezug auf die Organisation und Gestaltung des Systems, die rentable Verwertung und Vermarktung der Wertstoffe sowie die Geschäftspolitik der verschiedenen Unternehmen kann ein Preiswettbewerb gleichwohl nicht ausgeschlossen werden.

145    Zur Erforderlichkeit der fraglichen Auflage geht aus den Randnrn. 290 und 293 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Klägerin ohne diese Auflage versuchen könnte, die Aufteilung der gesammelten Verpackungen zu kontrollieren, indem sie sich einen Teil der Verpackungen zueignet, der ihr in Wirklichkeit nicht zusteht. Die Klägerin hat zwar eine andere Aufteilungsmethode vorgeschlagen, die auf einer bestimmten, jährlich im Vorhinein festgelegten und an den erwarteten Lizenzmengen orientierten Übernahmekapazität beruht, doch hat sie nicht nachzuweisen vermocht, dass es andere Maßnahmen gibt, die die fragliche Auflage überflüssig machen würden. Angesichts der starken Marktstellung der Klägerin würde sie die von ihr vorgeschlagene Aufteilungsmethode nämlich nicht daran hindern, die jährlich nachgefragten Mengen durch künstliche Erhöhung der erwarteten Lizenzmengen zu verändern, um die Position der konkurrierenden Systeme zu schwächen und damit den für die Konkurrenten verfügbaren Teil der Behälter zu verringern. Wie die Kommission in ihren Schriftsätzen ausgeführt hat, ohne dass es der Klägerin gelungen wäre, ihr Vorbringen zu widerlegen, würden die konkurrierenden Systeme daraufhin versuchen, ihrerseits die nachgefragten Mengen zu erhöhen, so dass es zu einem Wettlauf zwischen den konkurrierenden Systemen käme, und zwar insbesondere in den wirtschaftlich attraktivsten Regionen, in denen die Klägerin angesichts ihrer starken Marktstellung eine sehr gute Ausgangsposition hätte. Dagegen beruht die in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung vorgesehene Aufteilung auf geeigneten, objektiven und nachprüfbaren Methoden, die die Interessen der neuen Wettbewerber schützen und zugleich die Marktstellung der Klägerin respektieren.

146    Folglich gibt es keine andere Maßnahme, mit der die Ausschaltung des Wettbewerbs auf dem vertikal vorgelagerten Markt in ebenso wirksamer Weise verhindert werden könnte. Daher ist die Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich (vgl. in diesem Sinne Urteil Käserei Champignon Hofmeister, Randnr. 66, und Urteil des Gerichtshofs vom 10. Dezember 2002, British American Tobacco [Investments] und Imperial Tobacco, C‑491/01, Slg. 2002, I‑11453, Randnr. 139).

147    Aus alledem folgt, dass die fragliche Auflage nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, da sie eine geeignete Maßnahme zur Erreichung des mit der angefochtenen Entscheidung verfolgten Ziels, die Einschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt der Systeme zur Entsorgung von Haushaltsverpackungen und die daraus resultierende Verringerung der Nachfrage nach Sammel- und Sortierleistungen bei Haushaltsverpackungen zu verhindern, darstellt und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

148    Das auf den Effizienzverlust des ARA-Systems – der sich daraus ergeben soll, dass die Klägerin in den Fällen der Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen nicht berechtigt sei, bestimmte Kosten auf die konkurrierenden Systeme und auf die Sammelpartner abzuwälzen – gestützte Argument kann diese Schlussfolgerung nicht in Frage stellen. Zum einen resultieren die Systemkosten nach den Angaben in den Randnrn. 139 und 304 der angefochtenen Entscheidung aus der Errichtung des ARA-Systems und beruhen auf den Besonderheiten dieses Systems. Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass im Fall einer Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen die diese in Anspruch nehmenden Konkurrenten auch vom gesamten ARA-System für den Ausbau ihrer Tätigkeit im Bereich der Abfallentsorgung profitieren. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Konkurrenten auf der Grundlage einer Mitbenutzung allein der Sammelinfrastrukturen ihre eigene Technologie zur Abfallentsorgung schaffen werden. Dass die Klägerin diese Kosten tragen muss, führt daher nicht zu einem Effizienzverlust für das ARA-System, so dass es nicht gerechtfertigt ist, sie auf Dritte abzuwälzen. Zum anderen ist in Bezug auf die Kosten für die Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen hervorzuheben, dass die Klägerin nicht nachzuweisen vermocht hat, in welchem Maß sich die Kosten pro Kilo gesammelter Verpackungen durch die Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen verändern würden. Daher ist nicht feststellbar, in welchem Umfang die Mitbenutzung die Effizienz des ARA-Systems verringern könnte, wenn die Klägerin nicht berechtigt wäre, die Kosten auf Dritte abzuwälzen.

149    Folglich ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

 Sechster Klagegrund: Widersprüche zwischen dem verfügenden Teil und den Gründen der angefochtenen Entscheidung

 Vorbringen der Parteien

150    Die Klägerin ist der Ansicht, es bestehe ein Widerspruch zwischen den Randnrn. 301 und 313 der angefochtenen Entscheidung und ihrem verfügenden Teil, insbesondere Art. 3 Buchst. b. In diesem Artikel werde nicht die Möglichkeit berücksichtigt, die Auflage nicht in Fällen anzuwenden, in denen konkurrierende Systeme keine Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen anstrebten, und er enthalte keine Angaben zu dem Zeitpunkt, ab dem die Auflage anzuwenden sei. Der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung sei in der Weise zu berichtigen, dass sein Wortlaut den bestehenden Zusammenhang zwischen der Auflage, der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen und dem Zeitpunkt deutlich mache, ab dem die Auflage wirksam werde. Im Ergebnis sei die angefochtene Entscheidung weder hinreichend präzise noch in sich schlüssig.

151    Die Kommission tritt dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

152    Es trifft zwar zu, dass die Klägerin nach Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung „von den Entsorgern nur den Nachweis der Verpackungsmengen verlangen [darf], die dem Anteil des ARA-Systems an den insgesamt durch Systeme im Haushaltsbereich für bestimmte Materialfraktionen lizenzierten Verpackungsmengen entsprechen“, doch ist nach der Rechtsprechung der verfügende Teil einer Entscheidung im Licht der ihn stützenden Gründe auszulegen, d. h. im vorliegenden Fall der Randnrn. 301 und 313 der angefochtenen Entscheidung (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. September 1998, European Night Services u. a./Kommission, T‑374/94, T‑375/94, T‑384/94 und T‑388/94, Slg. 1998, II‑3141, Randnr. 211). In Randnr. 301 der angefochtenen Entscheidung heißt es aber: „Sofern und soweit ein Wettbewerbssystem eine Mitbenutzung nicht anstrebt, sondern eigene Sammeleinrichtungen installiert, finden die Auflagen keine Anwendung.“ Und in Randnr. 313 wird hinzugefügt: „Zu einer Entgeltreduzierung kommt es nur, sofern und soweit das Wettbewerbssystem in der jeweiligen Sammelregion eine Mitbenutzung anstrebt und erst ab dem Zeitpunkt der Systemzulassung …“

153    Ferner trifft es zwar zu, dass sich die Auflage nach Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung „auf alle Entsorger [bezieht], mit denen [die] ARGEV eine Sammelpartnervereinbarung abgeschlossen hat“, doch ist nach der oben in Randnr. 152 angeführten Rechtsprechung dieser Teil von Art. 3 wiederum im Licht von Randnr. 292 der angefochtenen Entscheidung zu sehen. In dieser Randnummer heißt es zum einen, dass sich die Auflage auf alle Unternehmen beziehe, mit denen die Klägerin eine Sammelpartnervereinbarung abgeschlossen habe, unabhängig davon, ob darin eine Mitbenutzung der Infrastruktur gestattet werde, wobei dies den Sammelpartnern einen Anreiz zum Abschluss von Vereinbarungen mit konkurrierenden Systemen geben solle, und zum anderen, dass die Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung nur gelte, sofern und soweit ein konkurrierendes System in der jeweiligen Sammelregion eine Mitbenutzung nach der Auflage in Art. 3 Buchst. a der angefochtenen Entscheidung anstrebe.

154    Folglich geht entgegen dem Vorbringen der Klägerin aus dem verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung, liest man ihn im Licht ihrer Gründe, klar und eindeutig hervor, dass die fragliche Auflage nur gilt, wenn ein konkurrierendes System die Mitbenutzung der Sammelinfrastrukturen anstrebt, und dass sie ab dem Zeitpunkt der Zulassung des Systems anzuwenden ist. Daher ist dieser Klagegrund zurückzuweisen, und die Klage ist insgesamt abzuweisen.

 Kosten

155    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen der Kommission, der EVA und der BAA ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission, der EVA und der BAA einschließlich der durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Altstoff Recycling Austria AG trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission, der EVA Erfassen und Verwerten von Altstoffen GmbH und der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte einschließlich der durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten.

Pelikánová

Jürimäe

Soldevila Fragoso

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 22. März 2011.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Vorgeschichte des Rechtsstreits

Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

Rechtliche Würdigung

Erster Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 EG und Art. 2 der Verordnung Nr. 17

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zweiter Klagegrund: Vereinbarkeit der Partnervereinbarungen mit den Voraussetzungen der Verordnung Nr. 2790/1999

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Dritter Klagegrund: Verstoß der Art. 2 und 3 der angefochtenen Entscheidung gegen die „Essential-Facilities-Doktrin“

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Vierter Klagegrund: mangelnde Durchführbarkeit der in der angefochtenen Entscheidung vorgesehenen Auflagen

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Fünfter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Sechster Klagegrund: Widersprüche zwischen dem verfügenden Teil und den Gründen der angefochtenen Entscheidung

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Kosten


* Verfahrenssprache: Deutsch.