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Klage, eingereicht am 29. Dezember 2010 - Hellenische Republik/Kommission

(Rechtssache T-588/10)

Verfahrenssprache: Griechisch

Parteien

Klägerin: Hellenische Republik (Prozessbevollmächtigte: I. Chalkias, E. Lefteriotou und X. Basakou)

Beklagte: Europäische Kommission

Anträge

Die Klägerin beantragt,

der Klage stattzugeben;

den Beschluss der Kommission vom 4. November 2010 über den Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten zulasten des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Garantie, des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) getätigter Ausgaben von der Finanzierung durch die Europäische Union für nichtig zu erklären, soweit er finanzielle Berichtigungen zu Lasten der Hellenischen Republik vornimmt;

der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Mit ihrer Klage beantragt die Hellenische Republik die Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission vom 4. November 2010 über den Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten zulasten des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Garantie, des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) getätigter Ausgaben von der Finanzierung durch die Europäische Union, der unter dem Aktenzeichen K(2010) 7555 bekannt gegeben und im Amtsblatt der Europäischen Union unter der Nummer L 288 vom 5. November 2010, S. 24 (ABl. L 288, S. 24) veröffentlicht wurde, soweit er finanzielle Berichtigungen zu Lasten der Hellenischen Republik in den Bereichen a) Direktzahlungen - Ackerflächen, b) Tabaks, c) Cross-Compliance, d) getrocknete Weintrauben, e) Ägäische Inseln und f) Tierprämien vornimmt.

Bezüglich der Berichtigung bei den Direktzahlungen - Ackerflächen rügt die Klägerin erstens, dass keine Rechtsgrundlage für die Anwendung der alten Leitlinien auf die neue gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und auf die neue Betriebsprämienregelung bestehe und dass in dieser neuen Regelung die Begriffe der Schlüssel- und Zusatzkontrollen nicht definiert seien, so dass eine Anwendung der pauschalen Berichtigungsprozentsätze nicht möglich sei.

Zweitens verstoße die Anwendung der alten Leitlinien auf die neue GAP gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Drittens verstoße die Berichtigung, im vorliegenden Fall um den mehr als dreifachen Betrag, gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, da es aufgrund von gerichtlichen Entscheidungen nicht möglich gewesen sei, das System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen - geografisches Informationssystem (LPIS-GIS) zu erneuern bzw. fertig zu stellen, und Griechenland und die EU einen Aktionsplan für die Fertigstellung vereinbart hätten, der zur Gänze eingehalten worden sei.

Viertens trägt die Klägerin vor, dass a) der Sachverhalt schlecht und unrichtig beurteilt worden sei (in Bezug auf die angeblich verspätete Durchführung und schlechte Qualität der Vor-Ort-Kontrollen) und b) aus einem Vergleich der Daten des LPIS-GIS, die für das Antragsjahr 2006 verwendet worden seien, mit den vollständigen und zuverlässigen Daten des LPIS-GIS aus dem Jahr 2009 - wie die Kommission bei einer Vor-Ort-Kontrolle festgestellt habe - hervorgehe, dass die Unterschiede und die Fehler minimal seien und 2,5 % nicht überschritten.

Bezüglich der Berichtigung im Tabakbereich macht die Klägerin erstens geltend, dass Art. 31 der Verordnung (EG) Nr. 1290/20051 falsch ausgelegt und angewandt worden sei, weil die von der EU gerügten Mängel kein Risiko für den EAGFL bedeutet hätten.

Zweitens seien die Bedingungen für die Zahlung der Prämie abschließend und ausschließlich in Art. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 2075/922 definiert worden. Die Kommission habe daher in Art. 16 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2848/19983 als zusätzliche Bedingung für die Zahlung der Prämie unzulässigerweise vorgeschrieben, dass der Tabak bis spätestens 30. April des auf das Erntejahr folgenden Jahres an das Erstverarbeitungsunternehmen geliefert werden müsse (verspätete Tabaklieferungen).

Drittens verstoße Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2848/1998 gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da eine Verspätung von einigen Tagen bei der Tabaklieferung, die nicht den Tabakerzeugern, sondern den unternehmerischen Tabakkäufern zuzurechnen sei, dem Erzeugern das gesamte Jahreseinkommen nehme, ohne dass eine nötige Staffelung/Kürzung der Prämie vorgenommen werde, und auch gegen Art. 39 Abs. 1 Buchst. b AEUV sowie gegen Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2075/92.

Viertens sei es nicht rechtmäßig, dass den Erzeugern die Prämie wegen einer Verspätung der Tabaklieferung von einigen Tagen vorenthalten werde, zumal sich das Unternehmen auf außergewöhnliche Umstände berufen habe, die ihm nicht erlaubt hätten, die schriftlichen Garantien rechtzeitig vorzulegen und sich an den Tabaklieferungen zu beteiligen.

Fünftens trägt die Klägerin vor, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass die Übertragung der Anbauverträge nach der Verordnung Nr. 2075/92 und der Verordnung Nr. 2848/98 nicht zulässig gewesen sei.

Sechstens macht sie geltend, dass a) die Art. 5 und 6 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 2075/92 in Bezug auf die Zulassung der drei Erstverarbeitungsunternehmen, die nicht über eigene Ausrüstungen verfügten (nicht zulässige Unternehmen), falsch beurteilt und angewendet worden seien und b) die Kommission insbesondere die Angaben der Tabakverarbeitungsanlage von Zentralgriechenland, A.T.P.L., nicht berücksichtigt habe.

Hinsichtlich der Cross-Compliance rügt die Klägerin erstens, dass für eine Berichtigung in diesem Bereich eine gültige Rechtsgrundlage fehle.

Zweitens sei die rückwirkende Anwendung des Dokuments AGRI 64043 vom 9. Juni 2006 auf das Kontrolljahr 2005 unzulässig.

Drittens habe die Kommission gegen ihre Pflicht zur Zusammenarbeit aus dem Vertrag verstoßen, da das Jahr 2005 das erste Jahr gewesen sei, in dem die neue Regelung angewandt worden sei, wohingegen die Klägerin die Hinweise der EU unverzüglich und vollständig befolgt habe, so dass auch auf der Grundlage des Billigkeitsgrundsatzes Berichtigungen in Höhe von 10 % in einem neuen Bereich von Verpflichtungen nicht gerechtfertigt seien.

Viertens habe die Kommission einen Fehler bei der Beurteilung des Sachverhalts in Bezug auf die sechs von der EU geltend gemachten Punkte begangen.

Bezüglich der getrockneten Weintrauben macht die Klägerin erstens geltend, dass die rechtswidrigen und ungerechtfertigten Berichtigungen auf einem sachlichen Fehler sowie auf der fehlerhaften Beurteilung des Sachverhalts und von Art. 3 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 1621/19994 beruhten.

Zweitens sei die Verfünffachung der Berichtigung für getrocknete Weintrauben im Zeitraum 2002-2003 bis 2003-2004 von 2 % auf 10 % und der Umstand, dass sich diese Berichtigung im Zeitraum 2003-2004 bis 2004-2005 und 2005-2006 von 10 % auf 25 % mehr als verdoppelt habe, auf eine fehlerhafte Anwendung der Leitlinien für Pauschalberichtigungen und eine mangelhafte Sachverhaltsbeurteilung zurückzuführen. Außerdem sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit offensichtlich verletzt und die Befugnisse der EU überschritten worden.

Drittens macht die Klägerin geltend, dass a) die Verfünffachung der Berichtigung für getrocknete Weintrauben von Korinth von 5 % 2004-2005 auf 25 % 2005-2006 eine fehlerhafte Auslegung und Anwendung der Leitlinien für Pauschalberichtigungen, eine offenkundige Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und eine Überschreitung der Befugnisse der EU in Bezug auf die Anordnung der Berichtigung darstelle und dass b) die Anrechnung von 5 % für 2004-2005, einem Zeitraum, in dem keine Beihilfe für Anbauflächen gewährt worden sei, die den Mindestertrag nicht erreicht hätten, willkürlich und ungerechtfertigt sei.

Viertens sei der Sachverhalt in Bezug auf angebliche Mängel der Weinbaukartei sowie der Feststellung und Vermessung von Anbauflächen fehlerhaft beurteilt worden.

Fünftens sei der Sachverhalt in Bezug auf die angeblich mangelhaften Anforderungen im Bereich der Verwaltung und Kontrolle der Maßnahme fehlerhaft gewürdigt worden.

In Bezug auf die Ägäischen Inseln macht die Klägerin einen Verstoß gegen die Rechtskraft des Urteils des Gerichtshofs vom 27. Oktober 2005 (Griechenland/Kommission, C-175/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), in dem die finanzielle Berichtigung, die in diesem Bereich für dieselben Jahre auferlegt worden sei, für nichtig erklärt worden sei, hilfsweise gegen die Art. 264 und 265 AEUV geltend.

Zweitens sei Art. 7 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1258/19995 falsch ausgelegt und angewandt worden, der vorsehe, dass Berichtigungen nach der 24-Monate-Regelung vorgenommen würden, hilfsweise sei gegen eine wesentliche Formvorschrift verstoßen worden oder die EU in zeitlicher Hinsicht unzuständig gewesen, im Jahr 2010 eine Berichtigung vorzunehmen, die auf ein Schreiben vom 17. August 2000 gestützt sei; außerdem verstoße die Vornahme von Berichtigungen im Jahr 2010 wegen Mängel des Kontrollsystems in den Jahren 1999, 2000 und 2001 gegen die allgemeinen Grundsätze der Rechtssicherheit, der Angemessenheit von Fristen und des zeitnahen Tätigwerdens der EU, da das Verfahren ohne Rechtfertigung übermäßig lang gedauert habe.

Schließlich trägt die Klägerin zu den Tierprämien erstens vor, dass das Rechnungsabschlussverfahren ungültig sei, weil die Kommission zeitlich unzuständig gewesen sei, finanzielle Berichtigungen vorzunehmen, und rügt zweitens die fehlerhafte Beurteilung des Sachverhalts und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Bezug auf die Einschätzung des Risikos für den Fonds aufgrund der fraglichen Probleme.

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1 - Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik.

2 - Verordnung (EWG) Nr. 2075/92 des Rates vom 30. Juni 1992 über die gemeinsame Marktorganisation für Rohtabak.

3 - Verordnung (EG) Nr. 2848/98 der Kommission vom 22. Dezember 1998 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EWG) Nr. 2075/92 hinsichtlich der Prämienregelung, der Produktionsquoten und der Sonderbeihilfe für Erzeugergemeinschaften im Rohtabaksektor

4 - Verordnung (EG) Nr. 1621/1999 der Kommission vom 22. Juli 1999 mit Durchführungsvorschriften zur Festsetzung der Beihilfe für die Erzeugung von Weintrauben bestimmter Sorten zur Gewinnung getrockneter Weintrauben gemäß Verordnung (EG) Nr. 2201/96 des Rates.

5 - Verordnung (EG) Nr. 1258/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik.