Language of document : ECLI:EU:F:2007:128

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION (Plenum)

11. Juli 2007(*)

„Öffentlicher Dienst – Beamte – Ruhegehalt –Anhebung des Beitragssatzes zum Versorgungssystem nach den Vorschriften des Statuts in der seit dem 1. Mai 2004 geltenden Fassung“

In der Rechtssache F‑105/05

betreffend eine Klage nach Art. 236 EG und Art. 152 EAG-Vertrag,

Dieter Wils, Beamter des Europäischen Parlaments, wohnhaft in Altrier (Luxemburg), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte G. Vandersanden und C. Ronzi,

Kläger,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten durch J. F. De Wachter und M. Mustapha Pacha als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Arpio Santacruz und M. Simm als Bevollmächtigte,

und durch

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Currall und D. Martin als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

erlässt

DAS GERICHT (Plenum)

unter Mitwirkung des Präsidenten P. Mahoney, der Kammerpräsidenten H. Kreppel und S. Van Raepenbusch, der Richterin I. Boruta sowie der Richter H. Kanninen, H. Tagaras und S. Gervasoni (Berichterstatter),

Kanzlerin: W. Hakenberg,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2007

folgendes

Urteil

1        Mit Klageschrift, die am 21. Oktober 2005 per Telekopie bei der Kanzlei des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften eingegangen ist (der Eingang der Urschrift ist am 28. Oktober 2005 erfolgt), beantragt Herr Wils die Aufhebung seiner Gehaltsabrechnung vom Januar 2005, soweit darin gemäß dem Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften in der seit dem 1. Mai 2004 geltenden Fassung (im Folgenden: Statut oder neues Statut) der Beitragssatz zum Versorgungssystem rückwirkend zum 1. Juli 2004 auf 9,75 % angehoben wird.

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 83 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften bestimmte in seiner vor dem 1. Mai 2004 geltenden Fassung (im Folgenden: altes Statut):

„1. Die Versorgungsleistungen werden aus dem Haushalt der Gemeinschaften gezahlt. Die Mitgliedstaaten gewährleisten die Zahlung dieser Leistungen gemeinsam nach dem für die Finanzierung dieser Ausgaben festgelegten Aufbringungsschlüssel.

2. Die Beamten tragen zu einem Drittel zur Finanzierung dieser Versorgung bei. Der Beitrag wird auf 8,25 v.H. des Grundgehalts festgesetzt, wobei die Berichtigungskoeffizienten (Art. 64) außer Betracht bleiben. Der Beitrag wird monatlich vom Gehalt des Beamten einbehalten.

4. Ergibt eine versicherungsmathematische Bewertung des Versorgungssystems, die auf Veranlassung des Rates [der Europäischen Union] von einem oder mehreren sachverständigen Gutachtern durchgeführt wird, dass der Beitrag der Beamten nicht ausreicht, ein Drittel der vorgesehenen Versorgungsleistungen zu finanzieren, so beschließen die für die Feststellung des Haushaltsplans zuständigen Organe unter Einhaltung des Verfahrens für die Feststellung des Haushaltsplans und nach Stellungnahme des Statutsbeirats (Art. 10), welche Änderungen der Beitragssätze oder des Alters für die Versetzung in den Ruhestand vorzunehmen sind.“

3        Die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 723/2004 des Rates vom 22. März 2004 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften (ABl. L 124, S. 1) ist am 1. Mai 2004 in Kraft getreten. Art. 83 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften bestimmt seither in seiner seit dem 1. Mai 2004 geltenden Fassung:

„1. Die Versorgungsleistungen werden aus dem Haushalt der Gemeinschaften gezahlt. Die Mitgliedstaaten gewährleisten die Zahlung dieser Leistungen gemeinsam nach dem für die Finanzierung dieser Ausgaben festgelegten Aufbringungsschlüssel.

2. Die Beamten tragen zu einem Drittel zur Finanzierung dieser Versorgung bei. Der Beitrag wird auf 9,25 v.H. des Grundgehalts festgesetzt, wobei die Berichtigungskoeffizienten (Art. 64) außer Betracht bleiben. Der Beitrag wird monatlich vom Gehalt des Beamten einbehalten. Der Beitrag wird gemäß den Vorschriften des Anhangs XII angepasst.

3. Die Einzelheiten für die Feststellung der Ruhegehälter der Beamten, die ihren Dienst zum Teil bei der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl ausgeübt haben oder den gemeinsamen Organen oder Einrichtungen der Gemeinschaften angehören, sowie die Aufteilung der aus der Zahlung dieser Ruhegehälter entstehenden Lasten auf den Versorgungsfonds der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und die Haushaltspläne der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft werden aufgrund einer von den Räten und dem Ausschuss der Präsidenten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl im gegenseitigen Einvernehmen nach Stellungnahme des Statutsbeirats erlassenen Verordnung geregelt.“

4        Außerdem wurde durch die Verordnung Nr. 723/2004 ein neuer Art. 83a in das Statut eingefügt, der bestimmt:

„1. Das Gleichgewicht des Versorgungssystems wird nach den Modalitäten des Anhangs XII gewährleistet.

2. Agenturen nach Artikel 1a, die keine Finanzhilfen aus dem Gesamthaushalt der Europäischen Union erhalten, überweisen die Gesamtheit der für die Finanzierung des Versorgungssystems erforderlichen Beiträge an den Gesamthaushalt der Europäischen Union.

3. Im Rahmen der fünfjährlichen versicherungsmathematischen Bewertungen gemäß Anhang XII setzt der Rat zur Sicherstellung des Gleichgewichts des Versorgungssystems den Beitragssatz fest und beschließt über eine etwaige Änderung des Alters für den Eintritt in den Ruhestand.

4. Alljährlich legt die Kommission [der Europäischen Gemeinschaften] dem Rat eine aktualisierte Fassung der versicherungsmathematischen Bewertung gemäß Anhang XII Artikel 1 Absatz 2 vor. Ergibt sich hieraus, dass der geltende Beitragssatz um wenigstens 0,25 Punkte von dem für die Sicherstellung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts erforderlichen Beitragssatz abweicht, so prüft der Rat, ob der Beitragssatz gemäß den vorgesehenen Modalitäten des Anhangs XII geändert werden muss.

5. Bei Anwendung der Absätze 3 und 4 beschließt der Rat auf Vorschlag der Kommission mit der qualifizierten Mehrheit gemäß Artikel 205 Absatz 2 erster Gedankenstrich des EG-Vertrags. Bei Anwendung von Absatz 3 legt die Kommission ihren Vorschlag nach Stellungnahme des Statutsbeirats vor.“

5        Anhang XII des Statuts enthält Anwendungsmodalitäten zu Art. 83a und bestimmt in Art. 1:

„1. Zur Festsetzung des Beitrags der Beamten zur Versorgung nach Artikel 83 Absatz 2 des Statuts nimmt die Kommission alle fünf Jahre und erstmals 2004 eine versicherungsmathematische Bewertung des Gleichgewichts des Versorgungssystems nach Artikel 83a Absatz 3 des Statuts vor. Aus dieser Bewertung soll hervorgehen, ob der Beitrag der Beamten ausreicht, um ein Drittel der Kosten des Versorgungssystems abzudecken.

2. Zur Vorbereitung der Prüfung nach Artikel 83a Absatz 4 des Statuts aktualisiert die Kommission diese versicherungsmathematische Bewertung jedes Jahr unter Berücksichtigung der Entwicklung der Teilnehmerpopulation im Sinne von Artikel 9 dieses Anhangs, des Zinssatzes im Sinne von Artikel 10 dieses Anhangs und der auf die Gehaltstabelle der EG-Beamten anzuwendenden jährlichen Änderungsrate im Sinne von Artikel 11 dieses Anhangs.

3. Die Bewertung und die Aktualisierungen werden in jedem Jahr n unter Bezugnahme auf die Population der am 31. Dezember des Vorjahres (n-1) im aktiven Dienst stehenden Teilnehmer am Versorgungssystem durchgeführt.“

6        Art. 2 des Anhangs XII des Statuts bestimmt:

„1. Eine etwaige Anpassung des Beitragssatzes wird zusammen mit der alljährlichen Angleichung der Bezüge nach Artikel 65 des Statuts am 1. Juli wirksam. Bei einer Anpassung wird der Beitragssatz um höchstens einen Prozentpunkt gegenüber dem Beitragssatz des Vorjahres herauf- oder herabgesetzt.

2. Die am 1. Juli 2004 wirksam werdende Anpassung führt zu einem Beitragssatz, der 9,75 % nicht übersteigt. Die am 1. Juli 2005 wirksam werdende Anpassung führt zu einem Beitragssatz, der 10,25 % nicht übersteigt.

3. Besteht zwischen der Beitragssatzänderung, wie sie sich aus der versicherungsmathematischen Berechnung ergeben hätte, und der Anpassung, die sich aus der Änderung nach Absatz 2 ergibt, eine Differenz, so wird diese zu keinem Zeitpunkt nachverrechnet und folglich auch bei späteren versicherungsmathematischen Berechnungen nicht berücksichtigt. Der Beitragssatz, wie er sich aus der versicherungsmathematischen Berechnung ergeben hätte, wird in den Bewertungsbericht gemäß Artikel 1 dieses Anhangs aufgenommen.“

7        Art. 4 des Anhangs XII des Statuts bestimmt:

„1. Das versicherungsmathematische Gleichgewicht wird auf der Grundlage der in diesem Kapitel dargestellten Berechnungsmethode bewertet.

2. Nach dieser Methode stellt der ‚versicherungsmathematische Gegenwert‘ der bis zum Zeitpunkt der Berechnung erworbenen Versorgungsansprüche Verpflichtungen aus vergangener Dienstzeit dar; der versicherungsmathematische Gegenwert der Versorgungsansprüche, die in dem zum Zeitpunkt der Berechnung beginnenden Dienstjahr erworben werden, wird als ‚Dienstzeitaufwand‘ bezeichnet.

3. Es wird von der Annahme ausgegangen, dass der Ruhestand (außer bei Invalidität) stets zu einem festen Durchschnittsalter (r) angetreten wird. Das durchschnittliche Ruhestandeintrittsalter wird erst im Zuge der fünfjährlichen versicherungsmathematischen Bewertung nach Artikel 1 dieses Anhangs aktualisiert und kann für verschiedene Personalkategorien unterschiedlich sein.

4. Bei der Bestimmung der versicherungsmathematischen Gegenwerte wird wie folgt vorgegangen:

a) Der Entwicklung des Grundgehalts der einzelnen Beamten zwischen dem Zeitpunkt der Berechnung und dem angenommenen Ruhestandeintrittsalter wird Rechnung getragen.

b) Die bis zum Berechnungszeitpunkt erworbenen Versorgungsansprüche (Verpflichtungen aus vergangener Dienstzeit) werden nicht berücksichtigt.

5. Alle einschlägigen Bestimmungen dieses Statuts (und insbesondere der Anhänge VIII und XIII) werden bei der versicherungsmathematischen Bewertung des Dienstzeitaufwands berücksichtigt.

6. Bei der Bestimmung des realen Abzinsungssatzes und der jährlichen Änderungsrate, die auf die Gehaltstabellen für die Beamten der Gemeinschaften anzuwenden sind, wird eine Glättung vorgenommen. Die Glättung wird durch die Verwendung eines gleitenden Zwölfjahresschnitts für den Zinssatz und für die auf die Gehaltstabellen anzuwendende Änderungsrate bewirkt.“

8        Art. 10 des Anhangs XII des Statuts bestimmt:

„1. Den Zinssätzen, die bei den versicherungsmathematischen Berechnungen heranzuziehen sind, liegen die durchschnittlichen jährlichen Zinssätze zugrunde, die für die langfristige Staatsschuld der Mitgliedstaaten festgestellt und von der Kommission veröffentlicht werden. Zur Berechnung des entsprechenden, für die versicherungsmathematischen Berechnungen erforderlichen inflationsbereinigten Zinssatzes wird ein geeigneter Verbraucherpreisindex verwendet.

2. Der bei den versicherungsmathematischen Berechnungen effektiv zu verwendende Jahreszinssatz ist der Mittelwert, der sich aus den durchschnittlichen realen Zinssätzen der letzten 12 Jahre vor dem jeweiligen laufenden Jahr ergibt.“

9        Die technische Durchführung des Anhangs XII des Statuts wird Eurostat übertragen. Eurostat wird bei der versicherungsmathematischen Bewertung von einem oder mehreren unabhängigen qualifizierten Experten unterstützt. Art. 13 des Anhangs XII des Statuts bestimmt:

„…

3. Eurostat legt jedes Jahr am 1. September einen Bericht über die Bewertungen und Aktualisierungen nach Artikel 1 dieses Anhangs vor.

4. Sollten sich bei der Durchführung dieses Anhangs methodische Fragen stellen, so werden diese von Eurostat in Zusammenarbeit mit den nationalen Experten der zuständigen Dienststellen der Mitgliedstaaten und dem oder den unabhängigen qualifizierten Experten behandelt. Hierzu beruft Eurostat wenigstens einmal pro Jahr eine Sitzung dieser Personengruppe ein. Sollte Eurostat dies für erforderlich halten, so kann das Amt jedoch auch häufiger eine Sitzung einberufen.“

10      Der Beschluss des Rates vom 23. Juni 1981 zur Schaffung eines Dreiparteien-Konzertierungsverfahrens im Bereich der Beziehungen zu den Bediensteten (im Folgenden: Beschluss vom 23. Juni 1981) bestimmt:

„I.      Konzertationen im Rahmen des Konzertierungsausschusses

1.      Grundlage für die Beziehungen zwischen dem Rat und dem Personal, das durch die Gewerkschaften und Berufsverbände vertreten wird, ist ein Konzertierungsverfahren, an dem die Verwaltungen der Organe und gleichgestellten Einrichtungen beteiligt sind und in dessen Verlauf alle verfügbaren Informationen sowie die Standpunkte der Parteien überprüft werden, um soweit irgend möglich eine Annäherung der Standpunkte zu erleichtern und um sicherzustellen, dass die Auffassungen des Personals und der Verwaltungen den Vertretern der Mitgliedstaaten bekannt sind, bevor diese feste Stellungen beziehen.

2.       a) Die Konzertation findet in einem Ausschuss statt, der sich zusammensetzt aus

–        einem Vertreter jedes Mitgliedstaats,

–        einer gleichen Anzahl von Vertretern des Personals, die durch die Gewerkschaften und Berufsverbände bestimmt werden,

–        dem Chef der Verwaltung jedes Organs (d. h. dem Kanzler des Gerichtshofs [der Europäischen Gemeinschaften] und dem Generalsekretär jedes der anderen Organe) oder einer von ihm als sein Vertreter benannten Person.

3.      Das Konzertierungsverfahren kann nur für Vorschläge der Kommission an den Rat Anwendung finden, die die Änderung des Statuts … oder der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften betreffen oder sich auf die Anwendung von Besoldungs- oder Pensionsvorschriften des Statuts oder der Beschäftigungsbedingungen beziehen. Es hat bei einem jeden derartigen Vorschlag Anwendung zu finden, wenn ein Mitglied des Konzertierungsausschusses dies beantragt.

7.       Der Konzertierungsausschuss erstellt einen Bericht über die Ergebnisse, zu denen er bei der Prüfung des Vorschlags gelangt ist, und übermittelt ihn … dem Ausschuss der Ständigen Vertreter zur Vorlage an den Rat.“

 Sachverhalt

11      Der Kläger ist Beamter des Europäischen Parlaments, für das er seit 1991 arbeitet. Bevor er dem Referat „Beförderung und Umzüge“ zugewiesen wurde, war er Leiter der Dienststelle „Ruhestandsbezüge“ des Parlaments.

12      Nach dem Inkrafttreten des neuen Statuts stellte der Kläger fest, dass die Reform des Statuts zu einer Anhebung seines Beitrags zur Finanzierung des gemeinschaftlichen Versorgungssystems führen könnte.

13      Mit Schreiben vom 23. Juli 2004 richtete der Kläger 41 Fragen u. a. zur Rechtmäßigkeit des neuen Statuts und seines Anhangs XII an den Generalsekretär des Parlaments.

14      Mit Schreiben vom 30. November 2004 beantwortete das Parlament einen Teil der Fragen des Klägers, einigen seiner Fragen wurde jedoch ausgewichen, oder sie wurden nicht hinreichend beantwortet.

15      Nach Erhalt des vorgenannten Schreibens vom 30. November 2004 stellte der Kläger fest, dass seine Gehaltsabrechnung vom Januar 2005 einen Hinweis auf die Anhebung seines Beitrags zum Versorgungssystem rückwirkend zum 1. Juli 2004 enthielt und dieser sich fortan auf 9,75 % belief.

16      Mit Schreiben vom 28. Februar 2005 legte der Kläger gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts Beschwerde ein, mit der er sich gegen die Antworten wandte, die das Parlament in seinem vorgenannten Schreiben vom 30. November 2004 gegeben hatte, und die Aufhebung seiner Gehaltsabrechnung vom Januar 2005 beantragte.

17      Mit Schreiben vom 13. Juli 2005 wies der Präsident des Parlaments die Beschwerde des Klägers zurück.

 Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

18      Die vorliegende Klage ist ursprünglich in das Register der Kanzlei des Gerichts erster Instanz unter dem Aktenzeichen T‑399/05 eingetragen worden.

19      Mit Beschluss vom 15. Dezember 2005 hat das Gericht erster Instanz gemäß Art. 3 Abs. 3 des Beschlusses 2004/752/EG, Euratom des Rates vom 2. November 2004 zur Errichtung des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (ABl. L 333, S. 7) die vorliegende Rechtssache an das Gericht verwiesen. Die Klage ist in das Register der Kanzlei des Gerichts unter dem Aktenzeichen F‑105/05 eingetragen worden.

20      Mit Schriftsatz, der am 1. Dezember 2005 bei der Kanzlei des Gerichts erster Instanz per Telekopie eingegangen ist (der Eingang der Urschrift ist am 5. Dezember 2005 erfolgt), hat der Rat beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Parlaments zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 22. Februar 2006 hat der Präsident der ersten Kammer des Gerichts den Rat als Streithelfer zugelassen.

21      Mit besonderem Schriftsatz, der am 3. April 2006 per Telekopie bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist (der Eingang der Urschrift ist am 5. April 2006 erfolgt), hat der Rat gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz, der gemäß Art. 3 Abs. 4 des Beschlusses 2004/752 bis zum Inkrafttreten der Verfahrensordnung des Gerichts auf das Gericht entsprechend anwendbar ist, eine Einrede erhoben. Mit diesem Schriftsatz ist beantragt worden, die Stellungnahme des Juristischen Dienstes des Rates vom 10. April 2003, die der Kläger als Anlage zur Klageschrift vorgelegt hat, aus der Akte der vorliegenden Rechtssache zu entfernen.

22      Mit Beschluss vom 20. Juni 2006 hat das Gericht dem Antrag des Rates stattgegeben und die Stellungnahme des Juristischen Dienstes vom 10. April 2003 aus der Akte entfernt sowie die Kostenentscheidung vorbehalten.

23      Gemäß Art. 51 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz hat das Gericht am 4. Oktober 2006 nach Anhörung der Parteien entschieden, die Rechtssache an das Plenum zu verweisen.

24      Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Art. 64 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz hat das Gericht die Parteien, den Streithelfer und die Kommission, die zum damaligen Zeitpunkt nicht am Verfahren beteiligt war, aufgefordert, schriftliche Fragen zu beantworten und dem Gericht Dokumente zu übermitteln.

25      Mit am 7. Dezember 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Kommission beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Parlaments zugelassen zu werden. Gemäß Art. 115 § 1 und Art. 116 § 6 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz hat der Präsident des Gerichts mit Beschluss vom 10. Januar 2007 die Kommission als Streithelferin zur mündlichen Verhandlung zugelassen.

26      Mit Telekopie, die am 8. Februar 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission im Namen der drei am Verfahren beteiligten Organe beantragt, einen Eurostat-Beamten in der mündlichen Verhandlung bestimmte technische Aspekte darlegen zu lassen. Angesichts des technischen Charakters der im Rechtsstreit aufgeworfenen Fragen hat das Gericht zugestimmt, dass die Bevollmächtigten der Organe in der mündlichen Verhandlung für die Zwecke der Verteidigung von einem Eurostat-Beamten unterstützt werden. Der Vertreter des Klägers, der vom Gericht mit Telekopie vom 9. Februar 2007 auf die Anwesenheit des genannten Beamten in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden ist, hat – insbesondere am Tag der Sitzung – keinen Einwand dagegen erhoben, dass der Beamte technische Fragen des Gerichts beantworten darf.

27      In der Sitzung vom 13. Februar 2007 haben die Verfahrensbeteiligten mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.

28      Der Kläger beantragt,

–        seine Gehaltsabrechnung vom Januar 2005 mit Rückwirkung zum 1. Juli 2004 aufzuheben;

–        dem Parlament die Kosten aufzuerlegen.

29      Das Parlament beantragt,

–        die Klage als teilweise unzulässig und im Übrigen als unbegründet abzuweisen;

–        über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden.

30      Der Rat und die Kommission unterstützen als Streithelfer die Anträge des Parlaments.

 Rechtliche Würdigung

31      Der Kläger ist der Auffassung, dass es für die in seiner Gehaltsabrechnung vom Januar 2005 enthaltene Anhebung des Beitragssatzes zum Versorgungssystem auf 9,75 % keine Rechtsgrundlage gebe, da der genannte Beitragssatz nach Anhang XII des Statuts festgelegt worden sei und der Kläger gegen Anhang XII die Einrede der Rechtswidrigkeit erhebe.

32      Die Einrede der Rechtswidrigkeit, die der Kläger gegen Anhang XII des Statuts erhebt, stützt sich im Wesentlichen auf fünf Gründe. Mit dem ersten Grund wird geltend gemacht, dass die Verordnung Nr. 723/2004 gegen das Konzertierungsverfahren nach dem Beschluss vom 23. Juni 1981 verstoße. Mit dem zweiten Grund wird geltend gemacht, dass Anhang XII des Statuts auf einer offensichtlich fehlerhaften Tatsachenbeurteilung beruhe, die einen Rechtsfehler zur Folge habe. Der dritte Grund stützt sich auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der vierte Grund stützt sich auf einen Ermessensmissbrauch. Der fünfte Grund stützt sich auf einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

1.     Zum Rechtsschutzinteresse

33      Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass die Klageschrift an keiner Stelle auf die persönliche Situation des Klägers verweise, sondern nur institutionelle, politische und gewerkschaftsbezogene Fragen aufwerfe. Die Klage sei ausschließlich im Interesse des Gesetzes erhoben worden und müsse aus diesem Grund als unzulässig abgewiesen werden.

34      Erstens trifft es zwar zu, dass sich alle Klagegründe auf die Rechtswidrigkeit von Anhang XII des Statuts beziehen, der den Kläger nicht individuell betrifft, da er ihn nicht wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt, sondern ihn nur ebenso wie jeden anderen Beamten betrifft. Deshalb wäre ein unmittelbarer Antrag des Klägers auf Aufhebung von Anhang XII nach Art. 230 Abs. 4 EG unzulässig (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, Slg. 1963, 197, 223; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 29. November 2006, Agne-Dapper u. a./Parlament, Rat, Kommission, Rechnungshof und EWSA, T‑35/05, T‑61/05, T‑107/05, T‑108/05 und T‑139/05, Slg. ÖD 2006, I‑A‑2‑0000 und II‑A‑2‑0000, Randnr. 58).

35      Der Kläger kann jedoch gemäß Art. 241 EG die Rechtswidrigkeit ihn nicht individuell betreffender Gemeinschaftshandlungen mit allgemeiner Geltung, insbesondere des Statuts, im Wege der Einrede geltend machen, und zwar in seiner Eigenschaft als Beamter. Nach Auffassung des Gerichts ist diese Möglichkeit sogar Voraussetzung für die Wahrung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 25. Juli 2002, Unión de Pequeños Agricultores/Rat, C‑50/00 P, Slg. 2002, I‑6677, Randnr. 40). Daher kann das Erfordernis einer unmittelbaren und individuellen Verbindung zwischen dem Kläger und der von ihm angefochtenen Handlung mit allgemeiner Geltung einer inzidenten Klage gemäß Art. 241 EG nicht entgegengehalten werden.

36      Die Zulässigkeit der inzidenten Beanstandung einer Gemeinschaftshandlung mit allgemeiner Geltung unterliegt lediglich der doppelten Voraussetzung, dass die angefochtene individuelle Handlung in unmittelbarer Anwendung der Handlung mit allgemeiner Geltung vorgenommen wurde (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 5. Oktober 2000, Rat/Chvatal u. a., C‑432/98 P und C‑433/98 P, Slg. 2000, I‑8535, Randnr. 33) und dass der Kläger ein Interesse an der Anfechtung der individuellen Entscheidung hat, die den Gegenstand des Hauptverfahrens bildet (Urteil Agne-Dapper u. a./Parlament, Rat, Kommission, Rechnungshof und EWSA, Randnrn. 42 und 43).

37      In der vorliegenden Rechtssache wird jedoch nicht bestritten, dass die Anhebung des Beitragssatzes zur Versorgung, die in der Gehaltsabrechnung des Klägers vom Januar 2005 enthalten ist, in unmittelbarer Anwendung von Anhang XII des Statuts vorgenommen wurde und dass der Kläger ein Interesse an der Anfechtung der Anhebung hat.

38      Zweitens ist der Kläger nach ständiger Rechtsprechung nicht befugt, im Interesse des Gesetzes oder der Organe tätig zu werden, und er kann zur Begründung einer Anfechtungsklage nur die Beschwerdepunkte geltend machen, die ihn persönlich betreffen (Urteil des Gerichtshofs vom 30. Juni 1983, Schloh/Rat, 85/82, Slg. 1983, 2105, Randnr. 14). Dieses Erfordernis darf jedoch nicht so verstanden werden, dass der Gemeinschaftsrichter einen Beschwerdepunkt nur unter der Voraussetzung zulässt, dass er mit der persönlichen Situation allein des Klägers verbunden ist. Ebenso wie die Klage nur zulässig ist, wenn der Kläger ein persönliches Interesse an der Aufhebung der angefochtenen Handlung hat (vgl. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 28. September 2004, MCI/Kommission, T‑310/00, Slg. 2004, II‑3253, Randnr. 44, und im Umkehrschluss Beschluss des Gerichts erster Instanz vom 24. Januar 2000, Cuenda Guijarro u. a./Rat, T‑179/98, Slg. ÖD 2000, I‑A‑1 und II‑1, Randnr. 60), sind die Beschwerdepunkte des Klägers nur zulässig, wenn sie eine Aufhebung begründen können, die dem Kläger nützen könnte, d. h. an der er ein persönliches Interesse hat (Urteile des Gerichtshofs vom 15. März 1973, Marcato/Kommission, 37/72, Slg. 1973, 361, Randnr. 7, und vom 16. Dezember 1976, Perinciolo/Rat, 124/75, Slg. 1976, 1953, Randnr. 26). Ebenso ist die Einrede der Rechtswidrigkeit nur zulässig, wenn sie der Partei, die die Einrede erhebt, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 29. November 2006, Campoli/Kommission, T‑135/05, Slg. ÖD 2006, I‑A‑2‑0000 und II‑A‑2‑0000, Randnr. 132).

39      So hat der Gerichtshof festgestellt, dass ein Beamter des Rates kein Interesse daran hat, sich zu beklagen, dass die im Streit befindliche freie Stelle dem Personal der anderen Gemeinschaftsorgane als dem Rat nicht zur Kenntnis gegeben worden ist, da es sich dabei um eine Unterlassung handelt, die ihn nicht beschwert (Urteil Schloh/Rat, Randnrn. 13 und 14). Darüber hinaus hat das Gericht erster Instanz in seinem Urteil Campoli/Kommission (Randnr. 133) festgestellt, dass die im Rahmen einer Einrede der Rechtswidrigkeit gegen Art. 20 des Anhangs XIII des Statuts erhobene Rüge des Klägers unzulässig war, da der Kläger nicht nachgewiesen hatte, dass er von einem Urteil, mit dem dieses Gericht die Einführung eines auf die Ruhegehälter anzuwendenden Berichtigungskoeffizienten von mindestens 100 % für die Mitgliedstaaten mit den niedrigsten Lebenshaltungskosten für rechtswidrig erklärt, finanziell profitieren könnte.

40      In der vorliegenden Rechtssache betreffen die Klagegründe, auf die der Kläger die Einrede der Rechtswidrigkeit von Anhang XII des Statuts stützt, zwar nicht die alleinige persönliche Situation des Klägers. Sie stützen sich jedoch alle auf Unregelmäßigkeiten, die dem Kläger einen Schaden zugefügt haben könnten. Der Kläger hat nämlich ein Interesse daran, inzident vor Gericht geltend zu machen, dass bei Erlass des genannten Anhangs die vom Rat festgelegten Konzertierungsvorschriften nicht eingehalten worden seien, dass die Methode für die Berechnung seines Versorgungsbeitrags offensichtlich falsch und ungeeignet sei, um das Ziel eines versicherungsmathematischen Gleichgewichts des Versorgungssystems zu erreichen, oder auf einem Ermessensmissbrauch beruhe und dass das berechtigte Vertrauen des Klägers in die Einhaltung der Vorschriften zur Finanzierung des genannten Systems angemessen geschützt werden müsse.

41      Somit ist der Umstand, dass die Beschwerdepunkte des Klägers sich auf institutionelle, politische und gewerkschaftsbezogene Erwägungen stützen und nicht die alleinige persönliche Situation des Klägers betreffen, nicht als Beweis für die Unzulässigkeit dieser Beschwerdepunkte geeignet.

42      Aus alledem folgt, dass die Unzulässigkeitseinrede der Kommission zurückzuweisen ist.

2.     Zur Begründetheit

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen das Konzertierungsverfahren

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

43      In seiner Klageschrift (Nr. 31 und Fn. 9) macht der Kläger geltend, dass das Verfahren zum Erlass der Reform des gemeinschaftlichen Versorgungssystems fehlerhaft sei, da keine Konzertation im Sinne des Beschlusses vom 23. Juni 1981 auf der Grundlage eines förmlichen Vorschlags der Kommission stattgefunden habe.

44      Das Parlament macht in seiner Klagebeantwortung geltend, der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass der Konzertierungsausschuss nur zu einem förmlichen Vorschlag der Kommission an den Rat konsultiert werden könne. Ein solches Erfordernis sei in dem Beschluss vom 23. Juni 1981 an keiner Stelle enthalten.

45      Der Kläger bekräftigt in seiner Erwiderung, dass Anhang XII des Statuts unter Verstoß gegen das Konzertierungsverfahren nach dem Beschluss vom 23. Juni 1981 erlassen worden sei. Obwohl der Konzertierungsausschuss nämlich gemäß Art. 3 des Beschlusses vom 23. Juni 1981 zu jedem Vorschlag der Kommission an den Rat hätte angerufen werden müssen, sei er nur zum ursprünglich von der Kommission vorgeschlagenen Anhang XII konsultiert worden und nicht zum zweiten Vorschlag der Kommission, der die Leitlinien des Rates vom 19. Mai 2003 (Kompromiss der griechischen Präsidentschaft) berücksichtigt habe. Der Konzertierungsausschuss sei vom Rat unmittelbar zum Kompromiss der Präsidentschaft konsultiert worden. Da die Kommission ihren geänderten Vorschlag erst im November 2003 vorgelegt habe, sei die endgültige Fassung von Anhang XII dem Konzertierungsausschuss nicht von der Kommission vorgelegt worden, und daher sei sie nicht durch die das Personal vertretenden Organisationen genehmigt worden.

46      Der Rat macht in seinem Streithilfeschriftsatz geltend, dass er die Verordnung Nr. 723/2004 als Gemeinschaftsbehörde, die für die Änderung des Statuts zuständig sei, auf Vorschlag der Kommission in der durch das Dokument KOM(2003) 721 vom 18. November 2003 geänderten Fassung und nach Anhörung der beteiligten Organe gemäß Art. 283 EG erlassen habe. Außerdem habe der ursprüngliche Vorschlag der Kommission vom 26. November 2002 bereits einen neuen Anhang XII des Statuts enthalten, der eine Methode zur Sicherstellung des Gleichgewichts des Versorgungssystems vorgesehen habe. Aus Gründen der Dringlichkeit habe die Kommission in diesem ursprünglichen Vorschlag die Einzelheiten der Berechnungsmethode nicht aufgeführt. Nach den Verhandlungen sei diese Methode allerdings im zweiten Vorschlag der Kommission vom 18. November 2003 dargelegt worden. Anhang XII des Statuts sei daher sehr wohl aufgrund eines förmlichen Vorschlags der Kommission und nach förmlicher Anhörung des Konzertierungsausschusses erlassen worden. Der Erwägungsgrund 38 der Verordnung Nr. 723/2004 verweise im Übrigen auf die Annahme der neuen Vorschriften durch die „das Personal vertretenden Organisationen …, die in dem mit Beschluss … vom 23. Juni 1981 eingesetzten Konzertierungsausschuss konsultiert worden sind“.

47      In seiner Gegenerwiderung trägt das Parlament in erster Linie vor, dass der Kläger den Verstoß gegen das Konzertierungsverfahren erst im Stadium der Erwiderung förmlich als Klagegrund geltend gemacht habe und dieser Klagegrund folglich für unzulässig erklärt werden müsse. Hilfsweise ruft das Parlament in Erinnerung, dass ein Verfahrensfehler nur dann zur Aufhebung einer Entscheidung führe, wenn nachgewiesen werde, dass die angefochtene Entscheidung ohne diesen Verfahrensfehler einen anderen Inhalt hätte haben können. In der vorliegenden Rechtssache habe der Kläger jedoch nichts vorgetragen, was die Annahme zuließe, dass der Inhalt von Anhang XII des Statuts hätte anders lauten können, wenn der Konzertierungsausschuss förmlich mit dem zweiten Verordnungsvorschlag vom 18. November 2003 befasst worden wäre. Schließlich schreibe der Beschluss vom 23. Juni 1981 nicht vor, dass der Konzertierungsausschuss bei einem Vorschlag zur Änderung der Verordnung angehört werden müsse und die erlassene Verordnung andernfalls rechtswidrig wäre.

48      Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Kläger kein persönliches Interesse an der Beanstandung der Rechtmäßigkeit des Konzertierungsverfahrens habe und dieser Beschwerdepunkt daher unzulässig sei.

 Würdigung durch das Gericht

49      Aus den Akten geht hervor, dass die Kommission im April 2002 einen ersten Verordnungsvorschlag des Rates zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften vorgelegt hat. Dieser Vorschlag enthielt keine bedeutenden Änderungen des Versorgungssystems. Mit Beschluss vom 19. Mai 2003 hat der Rat die Leitlinien der Reform des Versorgungssystems festgelegt und beschlossen, diese Reform mit der des Statuts zu verbinden. Das Konzertierungsverfahren fand zwischen Juni und September 2003 auf der Grundlage des ersten Vorschlags der Kommission und der Leitlinien des Rates statt. Am 18. November 2003 hat die Kommission einen zweiten Vorschlag zur Verordnung des Rates vorgelegt, der die Leitlinien des Rates vom 19. Mai 2003 und die Ergebnisse des Konzertierungsverfahrens berücksichtigte.

50      Das Vorbringen des Klägers zum fehlerhaften Konzertierungsverfahren besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil stützt sich darauf, dass die Konzertation entgegen den Bestimmungen des Beschlusses vom 23. Juni 1981 nicht auf der Grundlage eines förmlichen Vorschlags der Kommission, sondern auf Initiative des Rates und auf der Grundlage eines unmittelbar vom Rat verfassten Dokuments stattgefunden habe. Mit dem zweiten Teil wird geltend gemacht, dass der zweite Vorschlag der Kommission, der die neue Fassung von Anhang XII des Statuts enthalte, nicht dem Konzertierungsausschuss vorgelegt worden sei.

51      Erstens, gemäß Ziff. I Nr. 3 des Beschlusses vom 23. Juni 1981 kann das Konzertierungsverfahren nur für Vorschläge der Kommission an den Rat Anwendung finden, die die Änderung des Statuts oder der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften betreffen oder sich auf die Anwendung von Besoldungs- oder Pensionsvorschriften des Statuts oder der Beschäftigungsbedingungen beziehen. Nach diesen Bestimmungen ist die Einleitung eines Konzertierungsverfahrens an zwei Voraussetzungen geknüpft, einen Vorschlag der Kommission an den Rat in dem betreffenden Bereich und einen Antrag eines Mitglieds des Konzertierungsausschusses. Ziel dieser Bestimmungen ist es hingegen nicht, und dies würde im Übrigen dem Zweck des Verfahrens zuwiderlaufen, dem Konzertierungsausschuss zu untersagen, die Konzertation auf andere Elemente als diejenigen des Vorschlags der Kommission auszudehnen und alle maßgeblichen Elemente zu berücksichtigen, die von den Gewerkschaften oder Berufsverbänden, den Mitgliedstaaten oder Organen beigebracht werden, um zu gewährleisten, dass die Aufgabe der Konzertation zwischen den drei Parteien erfüllt wird. Entgegen dem Vorbringen des Klägers im ersten Teil seiner Argumentation stand in der vorliegenden Rechtssache folglich der Beschluss vom 23. Juni 1981 einer Prüfung der Änderungen, die die Kommission auf Ersuchen des Rates in ihrem ersten Vorschlag vornehmen sollte, durch den Konzertierungsausschuss nicht entgegen.

52      Zweitens wird das Konzertierungsverfahren, wie vorstehend erwähnt, nur dann auf Vorschläge der Kommission angewandt, wenn ein Mitglied des Konzertierungsausschusses dies beantragt. Mit dieser Bestimmung soll vermieden werden, dass das Konzertierungsverfahren eingeleitet wird, obwohl es denjenigen, die für seine Durchführung verantwortlich sind, nicht von Nutzen erscheint. Die genannte Bestimmung ermöglicht es dem Konzertierungsausschuss insbesondere, auf eine Prüfung der Änderungsvorschläge der Kommission zu verzichten, wenn zum ersten Vorschlag bereits eine Konzertation stattgefunden hat, die als ausreichend beurteilt wird.

53      In der vorliegenden Rechtssache hat der Rat in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen erklärt, dass keines der Mitglieder des Konzertierungsausschusses die Anwendung des Konzertierungsverfahrens auf den zweiten Änderungsvorschlag der Kommission vom 18. November 2003 beantragt habe. Folglich bestand entgegen dem zweiten Teil des klägerischen Vorbringens keine rechtliche Verpflichtung, zu diesem Vorschlag das Konzertierungsverfahren einzuleiten.

54      Schließlich kann ein Verfahrensfehler nach ständiger Rechtsprechung nur dann zur Fehlerhaftigkeit einer Handlung führen, wenn nachgewiesen wird, dass diese Handlung ohne den Verfahrensfehler einen anderen Inhalt hätte haben können (vgl. u. a. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 5. März 2003, Staelen/Parlament, T‑24/01, Slg. ÖD 2003, I‑A‑79 und II‑423, Randnr. 53).

55      Aus den Akten geht jedoch nicht hervor, dass die fehlende Einbeziehung des zweiten Vorschlags der Kommission vom 18. November 2003 in das Konzertierungsverfahren sich auf den Inhalt von Anhang XII des Statuts ausgewirkt haben kann. Auch wenn der Kläger nämlich in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, dass sich die Konzertation nicht auf die neue Fassung des Anhangs XII, die im zweiten Vorschlag der Kommission formalisiert worden sei, bezogen haben könne, hat er nicht genau dargelegt, welche Elemente aufgrund dieses Umstands dem Konzertierungsverfahren entzogen worden sein sollen. Vielmehr ergibt sich aus Nr. 18 der Ergebnisse des Konzertierungsausschusses, die dem Gericht per Telefax am 8. Dezember 2006 durch den Rat in Beantwortung der schriftlichen Fragen des Gerichts vom 26. Oktober 2006 übermittelt worden sind, dass der Konzertierungsausschuss die versicherungsmathematische Methode genehmigt hat, die schließlich in Anhang XII des Statuts aufgenommen worden ist und auf einer in drei Punkten abgeänderten Eurostat-Studie vom September 2003 beruhte. Wie der Rat in der mündlichen Verhandlung in Erinnerung gerufen hat, war die Mehrheit der Gewerkschaften mit der Reform einverstanden.

56      Folglich ist nicht nachgewiesen, dass der Inhalt von Anhang XII des Statuts anders hätte lauten können, wenn das Konzertierungsverfahren auf den zweiten Vorschlag der Kommission angewandt worden wäre. Selbst wenn man in diesem Zusammenhang einen Verfahrensfehler beim Erlass von Anhang XII des Statuts unterstellt, könnte ein solcher Fehler jedenfalls nicht zur Fehlerhaftigkeit dieses Anhangs führen.

57      Aus alledem folgt, dass der Klagegrund, der sich auf einen Verstoß gegen das Konzertierungsverfahren stützt, zurückzuweisen ist, ohne dass über die Zulässigkeit des Klagegrundes entschieden werden müsste.

 Zum zweiten und zum dritten Klagegrund: offensichtlicher Beurteilungsfehler und Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

58      Aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen diesen beiden Rügen sind sie in der vorliegenden Rechtssache zusammen zu prüfen.

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

59      Was erstens den Klagegrund eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers betrifft, liegt der in Art. 10 Abs. 2 des Anhangs XII des Statuts getroffenen Entscheidung, den durchschnittlichen realen Zinssatz anhand des Zeitraums der letzten zwölf Jahre vor dem jeweiligen laufenden Jahr zu berechnen, nach Auffassung des Klägers ein solcher Fehler zugrunde. Bei der versicherungsmathematischen Bewertung im Jahr 2003 hätten sich nämlich Eurostat und die Gruppe nationaler Experten auf den Zeitraum der letzten zwanzig Jahre vor dem jeweiligen laufenden Jahr geeinigt. Der Referenzzeitraum von zwölf Jahren sei gewählt worden, damit die Berechnung zu einem höheren Beitragssatz der Beamten führe. Im Protokoll der Sitzung vom 7. Juni 2004 mit der Expertengruppe, die Eurostat gemäß Art. 13 Abs. 4 des Anhangs XII des Statuts bei der technischen Durchführung des genannten Anhangs unterstütze (im Folgenden: Arbeitsgruppe „Artikel 83“), werde darauf hingewiesen, dass man den Referenzzeitraum von zwanzig Jahren, auch wenn er gemäß den internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen „International Accounting Standards“ (IAS) Nr. 19 in der versicherungsmathematischen Studie von KPMG im Jahr 1998 empfohlen und im Eurostat-Bericht 2003 beibehalten worden sei, nach politischen Verhandlungen durch einen Referenzzeitraum von zwölf Jahren ersetzt habe. Dieser Parameter sei daher nicht mit dem Ziel gewählt worden, das versicherungsmathematische Gleichgewicht des Systems zu gewährleisten. Es obliege dem Parlament oder dem Rat, die Gründe für diese Entscheidung darzulegen.

60      Das Parlament macht geltend, dass der Klagegrund eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers und eines daraus folgenden Rechtsfehlers nicht in der Beschwerde erhoben worden und folglich unzulässig sei. Was die Begründetheit betreffe, könne aufgrund des Wertungsspielraums, der dem Rat als Gesetzgeber im Bereich der Statutsbestimmungen zukomme, nur ein offensichtlicher Beurteilungsfehler vom Gericht beanstandet werden, und die Festlegung eines Referenzzeitraums von zwölf Jahren sei kein solcher Fehler. Ein unabhängiger Experte, die Prüfungsgesellschaft Ernst & Young, habe im Übrigen die Angemessenheit und Zuverlässigkeit der angewandten versicherungsmathematischen Verfahren und Annahmen bestätigt.

61      In seinem Streithilfeschriftsatz trägt der Rat vor, auch wenn die Reduzierung des Referenzzeitraums von zwanzig auf zwölf Jahre zu einer Reduzierung des Abzinsungssatzes, der für die versicherungsmathematische Bewertung am 31. Dezember 2003 angewandt worden sei, geführt habe (3,9 % statt 4,7 %) und die Erhöhung des Beitragssatzes (in Höhe von 10,43 % vor Anwendung der Obergrenze in Höhe von 9,75 % gemäß Art. 2 Abs. 2 des Anhangs XII des Statuts) teilweise auf der Senkung des Abzinsungssatzes beruhe, lasse dies nicht den Schluss zu, dass die erlassene Maßnahme nicht geeignet sei, das versicherungsmathematische Gleichgewicht des Versorgungssystems zu gewährleisten.

62      Die Verringerung der Zahl der Jahre, die bei der Berechnung des realen Zinssatzes zu berücksichtigen seien, erhöhe zwar die Volatilität des realen Zinssatzes und des Beitragssatzes, doch diese Maßnahme wirke sich langfristig nicht auf das Gleichgewicht des Versorgungssystems aus, da die Zinssätze jedes Jahr neu berechnet würden, so dass der Beitragssatz für die Gewährleistung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts jährlich angepasst werden könne. Nichts lasse den Schluss zu, dass der durchschnittliche reale Zinssatz, der auf der Grundlage von zwölf Jahren berechnet werde, künftig systematisch unter dem durchschnittlichen realen Zinssatz liegen werde, der auf der Grundlage von zwanzig Jahren berechnet werde. Außerdem sei in Art. 4 Abs. 6 des Anhangs XII des Statuts auch für die Bestimmung der allgemeinen Gehaltssteigerung, die bei den versicherungsmathematischen Berechnungen zu berücksichtigen sei, ein Zeitraum von zwölf Jahren festgelegt worden.

63      Die Analyse des versicherungsmathematischen Gleichgewichts setze eine langfristige Betrachtung voraus. Allein aus dem Umstand, dass die versicherungsmathematischen Berechnungen in einem bestimmten Jahr zu einer Erhöhung des Versorgungsbeitragssatzes führten, lasse sich nicht folgern, dass die Bestimmungen in Anhang XII des Statuts ungeeignet seien.

64      Was zweitens den Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit betrifft, ergibt sich dieser nach Auffassung des Klägers daraus, dass die Erhöhung des Versorgungsbeitrags der Beamten für die Sicherung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts weder notwendig noch geeignet sei. Angesichts der Elemente, die dem Gesetzgeber zur Verfügung gestanden hätten, u. a. der Eurostat-Bericht vom September 2003, sei die Erhöhung des Beitragssatzes offensichtlich unverhältnismäßig. Der genannte Eurostat-Bericht habe dargelegt, dass eine Erhöhung des Beitragssatzes auf 8,7 % ausreiche, um das versicherungsmathematische Gleichgewicht zu gewährleisten. Da für die Berechnung des durchschnittlichen realen Zinssatzes ein Zeitraum von zwölf statt von zwanzig Jahren festgelegt worden sei, habe sich ein deutlich höherer Beitragssatz errechnet. In dem versicherungsmathematischen Bericht der EIS Belgium, den der Kläger in Auftrag gegeben habe, werde festgestellt, dass die Dauer von zwölf Jahren weniger angemessen sei.

65      Nach Auffassung des Parlaments ist der Klagegrund, der sich auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stützt, unzulässig, weil er in der zunächst erhobenen Beschwerde nicht ausdrücklich geltend gemacht worden sei und die Beschwerde keine Informationen enthalten habe, aus denen das Parlament habe schließen können, dass der Kläger beabsichtige, diesen Klagegrund geltend zu machen.

66      Hilfsweise ruft das Parlament in Erinnerung, dass der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung im Wirtschaftsbereich über ein weites Ermessen verfüge. Diese Rechtsprechung sei auch auf den Bereich des Statuts und die Beurteilung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts des Versorgungssystems anwendbar. Folglich könne die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme nur dann beeinträchtigt sein, wenn die Maßnahme im Hinblick auf das Ziel, das die zuständigen Organe verfolgten, offensichtlich ungeeignet sei. Die Methode in Anhang XII des Statuts und deren Parameter, insbesondere die Festlegung eines Referenzzeitraums von zwölf Jahren für die Berechnung des durchschnittlichen realen Zinssatzes, seien jedoch im Hinblick auf das verfolgte Ziel, das versicherungsmathematische Gleichgewicht zu gewährleisten, nicht offensichtlich ungeeignet.

 Würdigung durch das Gericht

–       Zum Umfang der gerichtlichen Kontrollbefugnis hinsichtlich der Bestimmungen in Anhang XII des Statuts

67      Grundsätzlich nimmt der Gemeinschaftsrichter eine umfassende Kontrolle der materiellen Rechtmäßigkeit einer Handlung vor, d. h. eine Kontrolle, die sich sowohl auf die rechtlichen und tatsächlichen Gründe der Handlung als auch auf ihren Inhalt erstreckt. In diesem Fall prüft der Gemeinschaftsrichter insbesondere die Gültigkeit der Tatsachenbewertungen, die der Urheber der Handlung vorgenommen hat.

68      In Bereichen, in denen komplexe Beurteilungen vorzunehmen sind, u. a. bei wirtschaftlichen Sachverhalten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 19. November 1998, Vereinigtes Königreich/Rat, C‑150/94, Slg. 1998, I‑7235, Randnr. 54) oder Statistikmethoden (vgl. zur Anpassung der Berichtigungskoeffizienten für Dienstbezüge Urteile des Gerichts erster Instanz vom 8. November 2000, Bareyt u. a./Kommission, T‑158/98, Slg. ÖD 2000, I‑A‑235 und II‑1085, Randnr. 57, und vom 25. September 2002, Ajour u. a./Kommission, T‑201/00 und T‑384/00, Slg. ÖD 2002, I‑A‑167 und II‑885, Randnr. 48) sowie bei der Ausübung der durch die Verträge übertragenen politischen Verantwortung (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 7. September 2006, Spanien/Rat, C‑310/04, Slg. 2006, I‑7285, Randnr. 96; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 1. Dezember 1999, Boehringer/Rat und Kommission, T‑125/96 und T‑152/96, Slg. 1999, II‑3427, Randnr. 74), räumt der Gemeinschaftsrichter den Organen jedoch ein weites Ermessen ein.

69      Wenn der Richter die Ausübung solcher Befugnisse kontrolliert, muss er sich daher auf die Frage beschränken, ob die seiner Kontrolle unterliegende Handlung einen offensichtlichen Irrtum oder Ermessensmissbrauch aufweist oder ob das Organ die Grenzen seines Ermessens offensichtlich überschritten hat (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 25. Januar 1979, Racke, 98/78, Slg. 1979, 69, Randnr. 5, vom 17. Januar 1985, Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, 11/82, Slg. 1985, 207, Randnr. 40, und vom 25. Oktober 2001, Italien/Rat, C‑120/99, Slg. 2001, I‑7997, Randnrn. 44 und 45).

70      In der vorliegenden Rechtssache setzt das versicherungsmathematische Gleichgewicht des gemeinschaftlichen Versorgungssystems, dessen Modalitäten in Anhang XII des Statuts festgelegt sind, die langfristige Berücksichtigung der wirtschaftlichen Entwicklungen und Finanzvariablen voraus und verlangt komplexe statistische Berechnungen. Aus diesem Grund verfügt der gemeinschaftliche Gesetzgeber über ein weites Ermessen, um die Modalitäten des versicherungsmathematischen Gleichgewichts des Versorgungssystems festzulegen. Das Gericht erster Instanz hat außerdem festgestellt, dass der Rat bei der Einführung des neuen gemeinschaftlichen Versorgungssystems über ein weites Ermessen verfügt, das der politischen Verantwortung entspricht, die der Vertrag ihm überträgt (Urteil Campoli/Kommission, Randnrn. 143 und 144).

71      Aus alledem ergibt sich, dass das Gericht die Bestimmungen in Anhang XII des Statuts, die der Kläger im Wege der Einrede in Frage stellt, insbesondere Art. 10 Abs. 2, nur auf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler überprüfen darf.

72      Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit setzt die Rechtmäßigkeit einer Gemeinschaftsregelung voraus, dass die gewählten Mittel zur Erreichung des mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziels geeignet sind und das Maß des hierzu Erforderlichen nicht übersteigen, wobei von mehreren geeigneten Maßnahmen grundsätzlich die am wenigsten belastende zu wählen ist (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 5. Juni 1996, NMB Frankreich u. a./Kommission, T‑162/94, Slg. 1996, II‑427, Randnr. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Nach ständiger Rechtsprechung ist jedoch die Kontrolle der Verhältnismäßigkeit einer erlassenen Maßnahme in einem Bereich, in dem der Gemeinschaftsgesetzgeber, wie in der vorliegenden Rechtssache, über ein weites Ermessen verfügt, das der politischen Verantwortung entspricht, die ihm der Vertrag zuweist, auf die Frage beschränkt, ob die fragliche Maßnahme zur Erreichung des Ziels, mit dessen Verfolgung das zuständige Organ betraut ist, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Italien/Rat, Randnrn. 44 und 45; Urteile NMB Frankreich u. a./Kommission, Randnr. 70, und Campoli/Kommission, Randnr. 143).

74      Angesichts der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle der fraglichen Rechtsvorschriften hat sich die Kommission in der mündlichen Verhandlung besorgt über die Genauigkeit und Fachbezogenheit der schriftlichen Fragen sowie über den Umfang der Akten geäußert, die das Gericht bei den Parteien und Streithelfern angefordert hat, und sie hat darauf hingewiesen, dass der Kläger nicht den ihm obliegenden Nachweis erbracht habe, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber in der vorliegenden Rechtssache ein höherrangiges Recht verletzt habe. Die vom Gericht getroffenen prozessleitenden Maßnahmen seien sogar geeignet, den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte zu verletzen, da das Gericht Gefahr laufe, über die Argumente der Parteien hinauszugehen und selbst die Entscheidung des Rechtsstreits auszuarbeiten.

75      Dieses Argument greift nicht durch. Für die in der vorliegenden Rechtssache auszuübende gerichtliche Kontrolle, auch wenn sie begrenzt ist, ist es nämlich erforderlich, dass der Rat, der den in Rede stehenden Rechtsakt erlassen hat, in der Lage ist, vor dem Gemeinschaftsrichter zu belegen, dass er beim Erlass des Rechtsakts sein Ermessen tatsächlich ausgeübt hat, was voraussetzt, dass alle erheblichen Faktoren und Umstände der Situation, die mit diesem Rechtsakt geregelt werden sollte, berücksichtigt worden sind (Urteil vom 7. September 2006, Spanien/Rat, Randnr. 122).

76      Daraus folgt, dass der Rat zumindest in der Lage sein muss, die Grunddaten, die zur Begründung der angefochtenen Maßnahmen zu berücksichtigen waren und von denen die Ausübung seines Ermessens abhing, beizubringen und klar und eindeutig darzulegen (Urteil vom 7. September 2006, Spanien/Rat, Randnr. 123).

77      Der Kläger hingegen hat zur Stützung der Klagegründe, mit denen er einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geltend macht, hinreichend objektive, schlüssige und übereinstimmende Anhaltspunkte vorgetragen, die es rechtfertigen, dass das Gericht unmittelbar eine Beweiserhebung veranlasst (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 6. März 2001, Connolly/Kommission, C‑274/99 P, Slg. 2001, I‑1611, Randnr. 113), um zu prüfen, ob der Rat sein weites Ermessen nicht offensichtlich fehlerhaft oder ungeeignet ausgeübt hat.

78      Der Kläger hat seine Argumentation durch zahlreiche Unterlagen belegt (insgesamt hat er seinen Schriftsätzen 47 Aktenstücke beigelegt), und er hat darüber hinaus von einem Versicherungsmathematiker, der EIS Belgium, eine vergleichende Studie zu den versicherungsmathematischen Methoden, die in den Eurostat-Berichten vom September 2003 und September 2004 angewandt wurden, in Auftrag gegeben. Somit hat er ein Maximum an Elementen, die ihm zur Verfügung standen, beigebracht und sogar ein Dokument vorgelegt, zu dessen Vorlage er nicht berechtigt war und dessen Entfernung aus den Akten das Gericht mit Beschluss vom 20. Juni 2006 angeordnet hat.

79      Die Organe haben hingegen spontan nur wenige oder gar keine Dokumente vorgelegt: Das Parlament hat keine Anlagen eingereicht, und der Rat hat seinem Streithilfeschriftsatz zwei Aktenstücke beigefügt.

80      Zwei der drei versicherungsmathematischen Studien, auf deren Grundlage die Reform des Versorgungssystems ausgearbeitet wurde, und zwar die KPMG-Studie vom Dezember 1998 und eine Studie der Versicherungsmathematiker Watson Wyatt Brans & Co vom Dezember 2002, waren jedoch nicht in der Akte enthalten, obwohl die Verfahrensbeteiligten mehrfach auf sie verwiesen haben und der Rat sie in seinem Streithilfeschriftsatz zur Veranschaulichung angeführt hat. Ebenso haben die Verfahrensbeteiligten die Verpflichtungen diskutiert, die sich für den Rat aus dem Beschluss vom 23. Juni 1981 und dem International Accounting Standard IAS Nr. 19 ergeben, ohne dass diese Texte übermittelt worden wären. Daher hat das Gericht angeordnet, dass diese Dokumente zu den Akten zu reichen sind.

81      Da außerdem weder das Parlament noch der Rat in ihren Schriftsätzen die Gründe dafür angegeben haben, dass der Gesetzgeber sich für einen Referenzzeitraum von zwölf Jahren entschieden hat, und sie sich ausschließlich auf das weite Ermessen des Rates berufen haben, war das Gericht der Auffassung, dass es diese Gründe in den vorbereitenden Arbeiten zu Anhang XII des Statuts suchen und folglich die Übermittlung dieser Dokumente anfordern müsse, um die Begründetheit der Rüge, der gewählte Referenzzeitraum sei offensichtlich falsch oder ungeeignet, in Kenntnis der Sachlage beurteilen zu können.

82      Der Umstand, dass das Gericht im Interesse einer geordneten Rechtspflege entschieden hat, mehrere schriftliche Fragen an das Parlament und den Rat zu richten, da es sich in bestimmten Punkten für nicht ausreichend informiert hielt, kann im Übrigen nicht als Verstoß gegen die Verteidigungsrechte angesehen werden.

83      Schließlich hat es das Gericht aus den gleichen Gründen angesichts der Rolle, die der Kommission und insbesondere Eurostat bei der Ausarbeitung von Anhang XII des Statuts zugekommen ist, für notwendig gehalten, auch an dieses Organ Fragen zu richten.

–       Zum Referenzzeitraum von zwölf Jahren

84      Wie aus Art. 83a Abs. 1 des Statuts in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 des Anhangs XII des Statuts hervorgeht, ist das Ziel der in diesem Anhang dargestellten Berechnungsmethode die Gewährleistung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts des gemeinschaftlichen Versorgungssystems. Gemäß Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 5 des Anhangs XII des Statuts muss der Beitragssatz der Beamten auf eine Höhe festgelegt werden, die ausreicht, um ein Drittel der auf versicherungsmathematischer Grundlage berechneten Kosten des Versorgungssystems abzudecken.

85      Bei den sogenannten „Umlagesystemen“ ist das haushaltstechnisch definierte Gleichgewicht erreicht, wenn der Gesamtbetrag der Finanzmittel, die sich aus den Jahresbeiträgen des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer zusammensetzen, den Gesamtbetrag der Leistungen abdeckt, die im selben Jahr an die Versorgungsempfänger gezahlt werden. Dagegen ist das versicherungsmathematische Gleichgewicht des gemeinschaftlichen Versorgungssystems im Sinne von Anhang XII des Statuts erreicht, wenn sich anhand der Höhe der Beiträge, die jährlich von den aktiven Beamten zu zahlen sind, der künftige Betrag der Ansprüche, die diese Beamten im gleichen Jahr erworben haben, finanzieren lässt. Im Gegensatz zum haushaltstechnischen Ansatz basiert der versicherungsmathematische Ansatz folglich auf einer langfristigen Finanzierung des Versorgungssystems. Gemäß Art. 83 Abs. 2 des Statuts tragen die Beamten zu einem Drittel zur Finanzierung des Versorgungssystems bei, die anderen zwei Drittel werden von den Organen getragen.

86      Anhang XII des Statuts wendet die sogenannte „Methode der laufenden Einmalprämien“ an, die im International Accounting Standard IAS Nr. 19 empfohlen wird. Nach dieser Methode wird die von den Versicherungsmathematikern als „Dienstzeitaufwand“ bezeichnete Summe der versicherungsmathematischen Gegenwerte der Versorgungsansprüche, die in einem Jahr von allen aktiven Beamten erworben werden, auf den Gesamtbetrag ihres jährlichen Grundgehalts bezogen. Nach dem Aufbringungsschlüssel, der in Art. 83 Abs. 2 des Statuts für die Finanzierung festgelegt ist, beträgt der Beitragssatz der Beamten ein Drittel dieser Bezugsgröße. Für die Berechnung des Dienstzeitaufwands müssen versicherungsmathematische Annahmen, d. h. Schätzungen zum künftigen Wert verschiedener Parameter (Zinssatz, Sterblichkeitsrate, Gehaltsentwicklung usw.), getroffen werden. Um die tatsächliche Höhe der Werte zu berücksichtigen, ist es für die Wahrung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts erforderlich, die genannten Annahmen in regelmäßigen Abständen anzupassen. Art. 1 Abs. 2 des Anhangs XII sieht jährliche Anpassungen vor.

87      Wie alle Parteien und Streithelfer hervorgehoben haben, reagiert der Beitragssatz zur Versorgung besonders empfindlich auf Änderungen der realen Zinssätze, die für die versicherungsmathematischen Berechnungen festgelegt werden. Werden die realen Zinssätze niedrig angesetzt, führt dies zu einem deutlichen Anstieg der Beitragssätze zur Versorgung. Werden dagegen die realen Zinssätze für die versicherungsmathematische Berechnung hoch angesetzt, führt dies zu einer deutlichen Senkung des Beitragssatzes. Da der Beitragssatz so empfindlich auf schwankende reale Zinssätze reagiert und häufige Anpassungen und vor allem unerwartet harte Änderungen des Beitragssatzes vermieden werden sollen, empfehlen Versicherungsmathematiker die Anwendung eines langfristig berechneten durchschnittlichen realen Zinssatzes.

88      Aus diesem Grund definiert Art. 10 Abs. 2 des Anhangs XII des Statuts den bei den versicherungsmathematischen Berechnungen zu verwendenden Zinssatz als den Mittelwert, der sich aus den durchschnittlichen realen Zinssätzen der letzten zwölf Jahre vor dem jeweiligen laufenden Jahr ergibt.

89      Der Kläger beanstandet den festgelegten Zeitraum. Er macht zutreffend geltend, dass alle versicherungsmathematischen Studien, die dem Rat bei der Festlegung der Methode in Anhang XII des Statuts zur Verfügung gestanden hätten, einen längeren Zeitraum von zwanzig Jahren für die Berechnung des durchschnittlichen realen Zinssatzes angesetzt hätten. Dies trifft auf die KPMG-Studie vom Dezember 1998, die Studie der Versicherungsmathematiker Watson Wyatt Brans & Co vom Dezember 2002 und auch auf die Eurostat-Studie vom September 2003 zu. Offensichtlich weicht Anhang XII des Statuts in diesem Punkt von der üblichen versicherungsmathematischen Praxis ab.

90      Darüber hinaus hat sich durch die vom Gericht angeordneten prozessleitenden Maßnahmen gezeigt, dass dem Rat beim Erlass von Anhang XII des Statuts keine versicherungsmathematische Studie zum gemeinschaftlichen Versorgungssystem vorlag, der ein Zeitraum von zwölf Jahren zugrunde lag. Aus dem Protokoll der Sitzung der Arbeitsgruppe „Artikel 83“ vom 7. Juni 2004, das der Erwiderung beigefügt wurde, geht hervor, dass der Zeitraum „nach politischen Verhandlungen“ von zwanzig auf zwölf Jahre gekürzt wurde.

91      Nachdem der Rat in seinem Streithilfeschriftsatz nur vorgetragen hatte, dass der Referenzzeitraum von zwölf Jahren auf seinem weiten Ermessen beruhe, hat er in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts die Gründe dargelegt, die ihn dazu bewogen haben, von der versicherungsmathematischen Praxis der drei ihm vorliegenden Studien abzuweichen: Die Festlegung eines Zeitraums von zwölf Jahren sei das Ergebnis eines von den Personalvertretungsorganisationen gebilligten Kompromisses zwischen einem Zeitraum von zwanzig Jahren, den die Kommission vorgeschlagen habe, und einem Zeitraum von fünf Jahren, der von bestimmten Mitgliedstaaten gefordert worden sei.

92      Durch die Aktenstücke und insbesondere das „Non-Paper“ des Vorsitzes des Ausschusses der Ständigen Vertreter (AStV) vom 23. September 2003, das der Rat vorgelegt hat, nachdem das Gericht Unterlagen angefordert hat, lassen sich diese Erklärungen vervollständigen. Da die jährlichen Zinssätze in den Jahren vor 2004 besonders niedrig waren, wäre der durchschnittliche reale Zinssatz niedrig gewesen, wenn er anhand eines kurzen Zeitraums vor dem genannten Jahr berechnet worden wäre. Da der künftige Wert der Beiträge, die die Beamten im laufenden Jahr zahlen, anhand dieses Zinssatzes berechnet wird, müssen die Beiträge der Beamten für die Gewährleistung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts des Versorgungssystems umso höher liegen, je niedriger der durchschnittliche reale Zinssatz ist. Aus dem „Non-Paper“ vom 23. September 2003 geht hervor, dass bei einem im Übrigen gleichen Sachverhalt die Festlegung eines Zeitraums von fünf Jahren für die Berechnung des durchschnittlichen realen Zinssatzes am 1. Januar 2004 zu einem Beitragssatz in Höhe von 12,4 % anstelle von 8,9 % im Fall eines Zeitraums von zwanzig Jahren geführt hätte. Aus diesem Vergleich ergibt sich, dass die Kürzung des Referenzzeitraums auf schließlich zwölf Jahre im Hinblick auf eine sofortige, deutlich höhere Anhebung des Beitragssatzes der Beamten beschlossen wurde.

93      Diese Feststellung ist jedoch nicht geeignet, den Zeitraum von zwölf Jahren als einen Parameter anzusehen, der für die Zwecke der versicherungsmathematischen Berechnung offensichtlich falsch oder ungeeignet ist.

94      Auch wenn die Versicherungsmathematiker eine Dauer von zwanzig Jahren festlegen, hat nämlich erstens ihre Praxis nicht die Bedeutung einer rechtsverbindlichen Vorschrift. Insbesondere der International Accounting Standard IAS Nr. 19, auf den sich der Kläger beruft und der für den Gemeinschaftsgesetzgeber nicht verbindlich ist, empfiehlt keine Glättung des durchschnittlichen realen Zinssatzes anhand eines bestimmten Zeitraums.

95      Zweitens, wie bereits in Randnr. 87 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, soll mit der Berechnung des Mittelwerts des Zinssatzes anhand eines bestimmten Zeitraums vor dem jeweiligen laufenden Jahr verhindert werden, dass sich der Beitragssatz jedes Jahr nach Maßgabe des jährlichen Zinssatzes ändert. Die Anwendung eines Mittelwerts, der sich auf zwölf Jahre statt auf zwanzig Jahre bezieht, stellt jedoch nicht das versicherungsmathematische Gleichgewicht in Frage.

96      Zwar räumt der Rat selbst in seinem Streithilfeschriftsatz ein, dass die Verringerung der Zahl der Jahre, die bei der Berechnung des durchschnittlichen realen Zinssatzes zu berücksichtigen seien, zu einer „höheren Volatilität“ des durchschnittlichen realen Zinssatzes und des Beitragssatzes zur Versorgung führe. Da es gerade Ziel der Festlegung des Referenzzeitraums ist, die Volatilität des Beitragssatzes zu begrenzen, erscheint ein Zeitraum von zwanzig Jahren folglich angemessener als ein Zeitraum von zwölf Jahren, wie in der versicherungsmathematischen Studie der EIS Belgium, die der Kläger zu den Akten gereicht hat, hervorgehoben wird.

97      Die Wahl eines Referenzzeitraums von zwölf Jahren beeinträchtigt die Gültigkeit der vom Rat festgelegten versicherungsmathematischen Methode jedoch nicht. Zum einen ist der voraussichtliche Wert eines durchschnittlichen realen Zinssatzes, der unter Anwendung eines vergangenen Zeitraums berechnet wird, in jedem Fall unabhängig von der Dauer des Zeitraums nur ein Näherungswert. Zum anderen kann die Dauer des Referenzzeitraums, wie bereits dargelegt, das versicherungsmathematische Gleichgewicht nicht beeinträchtigen, vorausgesetzt, der Parameter wird langfristig nicht geändert. Wie der Eurostat-Beamte in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, kann die Objektivität der Berechnungsmethode nur dann in Zweifel gezogen und das Ziel der Gewährleistung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts anhand transparenter und unbestreitbarer Grundlagen nur dann beeinträchtigt sein, wenn die Dauer dieses Zeitraums künftig unter Berücksichtigung der Zinsentwicklung verlängert oder verkürzt würde, um den durchschnittlichen realen Zinssatz, der bei der versicherungsmathematischen Berechnung angewandt wird, auf einem niedrigen Niveau und folglich den Beitragssatz der Beamten auf einem hohen Niveau zu halten.

98      Aus alledem ergibt sich, dass der Zeitraum von zwölf Jahren, der in Art. 10 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 6 des Anhangs XII des Statuts festgelegt wird, weder offensichtlich falsch noch offensichtlich ungeeignet ist. Die Klagegründe, die sich darauf stützen, dass die versicherungsmathematische Methode in Anhang XII des Statuts in diesem Punkt einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aufweise, sind daher zurückzuweisen, ohne dass die gegenüber diesen Klagegründen erhobenen Unzulässigkeitseinreden geprüft werden müssen.

 Zum vierten Klagegrund: Ermessensmissbrauch

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

99      Nach Auffassung des Klägers ist die Berechnungsmethode in Anhang XII des Statuts, die angeblich im Hinblick auf die Gewährleistung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts des gemeinschaftlichen Versorgungssystems ausgearbeitet worden sei, in Wirklichkeit aufgestellt worden, um eine Anhebung des Beitragssatzes der Beamten zum Versorgungssystem zu rechtfertigen. Ziel dieser Anhebung sei es zum einen, das Defizit des Versorgungssystems, das entstanden sei, weil die Mitgliedstaaten ihre Beiträge zum Versorgungssystem lange Zeit nicht entrichtet hätten, den Beamten aufzuerlegen, und zum anderen, das Gemeinschaftssystem mit den weniger vorteilhaften nationalen Systemen in Einklang zu bringen.

100    Anhang XII des Statuts verstoße gegen Art. 83 Abs. 4 des alten Statuts, wonach der Beitrag der Beamten zur Versorgung nur im Hinblick auf die Gewährleistung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts des Versorgungssystems angehoben werden könne, und stelle außerdem einen Verfahrensmissbrauch dar.

101    Die Mitgliedstaaten hätten sich das Defizit des Versorgungssystems durch die Beamten finanzieren lassen wollen, obwohl das Defizit nicht durch die Beamten verschuldet sei. Aus dem Bericht der Generalberichterstatterin im Haushaltsausschuss des Parlaments, Frau Dührkop Dührkop, zum Entwurf des Gesamthaushalts der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 1999 (im Folgenden: Bericht Dührkop Dührkop) gehe hervor, dass vor der Reform des Statuts ein Defizit vorgelegen habe, das am 31. Dezember 1997 auf 14,3 Mrd. Euro beziffert worden sei. In diesem Bericht sei festgestellt worden, dass die Mitgliedstaaten bis 1997 den Arbeitgeberbeitrag zum Versorgungssystem nicht oder nicht vollständig entrichtet hätten. Bis 1982 sei der Arbeitgeberbeitrag zum Versorgungssystem überhaupt nicht gezahlt worden, und zwischen 1982 und 1998 sei dieser Beitrag nur teilweise entrichtet worden. In dem Bericht Dührkop Dührkop wird ausgeführt: „Da die Zahl der Gemeinschaftsbeamten im Zuge der Ausweitung der Zuständigkeiten der Gemeinschaft und der Erweiterung der Union kontinuierlich zugenommen hat …, war der ‚biologische Ertrag‘ des Systems bis vor kurzem mehr als ausreichend, um das System ‚im Gleichgewicht‘ zu halten, d. h., die Gesamtheit der im Rahmen der Versorgungsordnung geleisteten Zahlungen lag nicht über der Summe des Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteils. Bis 1982 reichte schon der Beitrag der Beamten in Höhe von einem Drittel aus, um sämtliche Zahlungen im Rahmen der Versorgungsordnung abzudecken. Im Jahre 1998 [haben] die Zahlungen insgesamt den theoretischen Gesamtbetrag der … [Beiträge der Beamten] für die Ruhegehälter der Beamten, … den hypothetischen bzw. nominalen Arbeitgeberanteil und … das Aufkommen aus der Übernahme nationaler Ruhegehaltsansprüche [überstiegen].“

102    Die in Anhang XII des Statuts festgelegte Methode sei das Ergebnis eines „politischen Kuhhandels“, nachdem mehrere Mitgliedstaaten gefordert hätten, dass die übersteigenden Ausgaben des Versorgungssystems von den Beamten zu tragen seien. In dem ursprünglich vorgeschlagenen Anhang XII des Statuts, den die Kommission dem Rat unterbreitet habe, seien nur einige wichtige Grundsätze enthalten gewesen, doch nachdem festgestellt worden sei, dass die 2003 definierte Methode nicht dem vorrangigen Ziel einer Anhebung des Beitragssatzes diene, sei beschlossen worden, eine neue detaillierte Methode mit willkürlichen Parametern in diesen Anhang XII aufzunehmen. Daher ließen sich die in der Satzung vorgesehenen Anhebungen der Beitragssätze der Beamten nicht aus den Studien ableiten, die Eurostat 2003 nach dem International Accounting Standard IAS Nr. 19 durchgeführt habe, und ihnen liege nicht das alleinige Ziel zugrunde, das versicherungsmathematische Gleichgewicht des Versorgungssystems zu gewährleisten.

103    In seiner Klagebeantwortung macht das Parlament geltend, durch die Berufung auf eine angebliche Rechtswidrigkeit von Anhang XII des Statuts rüge der Kläger eine Verletzung der Verträge oder einer Vorschrift, die höherrangig sei als die Bestimmungen des Anhangs XII. Der Kläger habe jedoch nicht genau dargelegt, welche höherrangige Vorschrift der Anhang verletzt habe. Art. 83 Abs. 4 des alten Statuts sei nämlich rechtlich nicht höherrangig als die neuen Bestimmungen, die der Rat in Form von Anhang XII erlassen habe. Mangels einer bestimmten rechtlichen Grundlage sei dieser Klagegrund daher unzulässig. Falls der Klagegrund als Beanstandung eines Verfahrensmissbrauchs auszulegen sei, weise das Parlament darauf hin, dass dies nicht ausdrücklich im Stadium der zunächst erhobenen Beschwerde geltend gemacht worden sei und auch dieser Klagegrund daher als unzulässig zurückzuweisen sei.

104    Zur Begründetheit macht das Parlament geltend, dass die Anhebung des Beitragssatzes der Beamten notwendig gewesen sei, um das versicherungsmathematische Gleichgewicht des gemeinschaftlichen Versorgungssystems zu gewährleisten. Die vom Rat beschlossene Anhebung basiere auf einem Vorschlag der Kommission, der sich auf einen Bericht zur versicherungsmathematischen Bewertung des Versorgungssystems stütze. Der Bericht weise darauf hin, es sei „für die Gewährleistung des Gleichgewichts des Versorgungssystems notwendig, für die Finanzierung eines Drittels der durch das [gemeinschaftliche] Versorgungssystem vorgesehenen Leistungen einen Beitragssatz in Höhe von 10,43 % des Grundgehalts“ festzulegen. Der Anhebung des Beitragssatzes habe folglich eine versicherungsmathematische Studie zugrunde gelegen, die gemäß den Grundsätzen von Anhang XII des Statuts und der allgemein anerkannten versicherungsmathematischen Praxis erstellt worden sei.

105    Schließlich sei ein Ermessensmissbrauch nur dann gegeben, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen sei, dass die angefochtene Handlung ausschließlich oder zumindest hauptsächlich zu anderen als den angegebenen Zwecken erlassen worden sei. Der Kläger habe jedoch weder bewiesen, dass der Ausgleich des Haushaltsdefizits des Versorgungssystems der ausschließliche oder hauptsächliche Zweck von Anhang XII des Statuts gewesen sei, noch habe er nachgewiesen, dass der Erlass dieses Anhangs dem ausschließlichen oder hauptsächlichen Zweck gedient habe, das gemeinschaftliche Versorgungssystem nach unten hin anzupassen, um die nationalen Versorgungssysteme einander anzunähern. Die vom Kläger vorgelegten Dokumente seien keineswegs hinreichende Indizien, mit denen sich sicher beweisen lasse, dass Anhang XII des Statuts auf andere als die angegebenen Zwecke gerichtet sei. Selbst wenn man annähme, was das Parlament bestreite, dass es den vom Kläger behaupteten „politischen Kuhhandel“ gegeben habe, sei mit Anhang XII des Statuts hauptsächlich bezweckt worden, ein Verfahren festzulegen, mit dem das versicherungsmathematische Gleichgewicht des Versorgungssystems gewährleistet werden könne.

106    In seiner Erwiderung macht der Kläger geltend, er habe sich in der zunächst erhobenen Beschwerde implizit auf einen Verfahrensmissbrauch berufen, auch wenn seine Argumente nicht streng juristisch formuliert gewesen seien. Nach der Rechtsprechung könne nicht verlangt werden, dass die zur Stützung der zunächst erhobenen Beschwerde vorgetragenen Beschwerdepunkte streng juristisch formuliert seien.

107    Der Kläger verweist auf die versicherungsmathematische Studie, die er von der EIS Belgium habe anfertigen lassen. In der Studie seien die Änderungen, die zwischen 2003 und 2004 an der versicherungsmathematischen Methode vorgenommen worden seien, sowie die Abweichungen der Ergebnisse der beiden Methoden untersucht worden. Trotz der Nachfragen des Klägers habe das Parlament nicht erklärt, aus welchen Gründen die Methode geändert worden sei. Der Kläger schlägt vor, das Gericht solle die Vorlage von Dokumenten anordnen, die diese Kursänderung erläuterten.

108    Entgegen dem Vorbringen des Parlaments werde durch den Bericht, den die Prüfungsgesellschaft Ernst & Young im Jahr 2004 im Auftrag von Eurostat angefertigt habe, nicht bestätigt, dass die Methode in Anhang XII des Statuts der versicherungsmathematischen Praxis entspreche. In dem Bericht sei lediglich das versicherungsmathematische Gleichgewicht im Sinne von Anhang XII des Statuts auf der Grundlage der von Eurostat gelieferten Informationen geprüft worden.

109    Der Kläger ist der Auffassung, dass der Gesetzgeber die Methode zur Berechnung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts nicht willkürlich festlegen könne. Da sich der Gesetzgeber auf ein versicherungsmathematisches Gleichgewicht beziehe, habe er die Grundsätze einhalten müssen, die von den Spezialisten bei dessen Berechnung beachtet würden.

110    In seinem Streithilfeschriftsatz trägt der Rat vor, dass die Berechnungsmodalitäten in Anhang XII des Statuts ausschließlich dem Zweck, den sowohl das alte als auch das neue Statut verfolge, dienten, das versicherungsmathematische Gleichgewicht des Versorgungssystems zu gewährleisten.

111    Der Rat unterstützt das Vorbringen des Parlaments. Außerdem ist er der Auffassung, dass das Vorbringen des Klägers zu den angeblich unzureichenden Beiträgen der Mitgliedstaaten angesichts des Wesens des Versorgungssystems der Gemeinschaftsbeamten falsch sei. Es gebe keine „Beiträge“ der Mitgliedstaaten in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der gesamten Ruhegehälter, wie dies bei einem Versorgungsfonds der Fall sein könne. Vielmehr seien die Mitgliedstaaten verpflichtet, den Gemeinschaftshaushalt zu finanzieren, damit der Gemeinschaftshaushalt die Zahlung der Ruhegehälter unabhängig von deren Höhe gewährleisten könne.

112    Beim Erlass der Verordnung Nr. 723/2004 sei der Rat der Auffassung gewesen, dass das Statut eine Berechnungsmethode enthalten müsse, die das versicherungsmathematische Gleichgewicht des gemeinschaftlichen Versorgungssystems gewährleiste. Aufgrund der Veränderlichkeit der zu berücksichtigenden wirtschaftlichen Parameter verfüge der Rat bei der Festlegung dieser Methode jedoch über einen Wertungsspielraum. Der Kläger habe jedoch weder dargelegt, inwiefern die Methode in Anhang XII des Statuts diesen Wertungsspielraum überschreite, noch habe er dargetan, welche Bestimmung des Anhangs XII erlassen worden sei, um die Beiträge der Beamten zum Versorgungssystem für andere Zwecke als die Gewährleistung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts zu verwenden.

113    Der Kläger mache unter Berufung auf den Eurostat-Bericht vom September 2003, insbesondere die statistische Untersuchung unter Nr. 8.2.3.1, zu Unrecht geltend, dass der Beitragssatz der Beamten, der für die Gewährleistung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts anzuwenden sei, unter dem Beitragssatz hätte liegen müssen, der schließlich durch das Statut festgelegt worden sei, d. h. unter 9,25 %. Einige Maßnahmen des Statuts, z. B. die Senkung des Prozentsatzes der jährlich erworbenen Versorgungsansprüche (von 2 % auf 1,9 %), entfalteten ihre Wirkung im Sinne einer Senkung des Beitragssatzes nämlich erst auf lange Sicht. Ebenso zeigten viele der im Statut vorgenommenen Änderungen nur geringe sofortige Wirkungen, da sie nicht oder nur teilweise für Beamten gälten, die vor Inkrafttreten des Statuts eingestellt worden seien. Die Änderung der Vorschriften zu dem auf versicherungsmathematische Berechnungen anzuwendenden realen Zinssatz (Mittelwert von zwölf statt zwanzig Jahren) habe sich dagegen sofort auf den berechneten Beitragssatz ausgewirkt.

114    In seiner Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz des Rates macht der Kläger geltend, dass die Methode in Anhang XII des Statuts insgesamt entwickelt worden sei, um eine Anhebung des Beitragssatzes zu rechtfertigen. Der Beitragssatz sei auf 9,25 % festgelegt worden, obwohl die Eurostat-Studie vom September 2003 einen Beitragssatz in Höhe von 8,91 % eindeutig für ausreichend angesehen habe, um das versicherungsmathematische Gleichgewicht zu gewährleisten, und die Studie sogar prognostiziert habe, dass dieser Beitragssatz bei Inkrafttreten des neuen Statuts auf ca. 8,7 % gesenkt werden könne.

115    Willkürliches Vorgehen lasse sich mit dem Wertungsspielraum des Gemeinschaftsgesetzgebers nicht rechtfertigen. Der Rat habe nicht dargelegt, aus welchem Grund der Gesetzgeber beschlossen habe, den Referenzzeitraum für die Berechnung des durchschnittlichen realen Zinssatzes, der als Mittelwert der realen Zinssätze während des Referenzzeitraums definiert sei, von zwanzig auf zwölf Jahre zu verkürzen.

116    In seiner Gegenerwiderung macht das Parlament geltend, dass der Gemeinschaftsrichter bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer gemeinschaftlichen Rechtsnorm, die komplexe Beurteilungen voraussetze, auf offensichtliche oder schwere Fehler beschränkt sei. Die vom Kläger vorgelegte Studie der EIS Belgium habe jedoch keinen schweren oder offensichtlichen Fehler in Anhang XII des Statuts zutage gebracht. Was den Zeitraum von zwölf Jahren betreffe, der in dieser Anlage für die Berechnung des durchschnittlichen realen Zinssatzes festgelegt werde, habe sich der Verfasser der Studie auf den Hinweis beschränkt, dass ein Zeitraum von zwanzig Jahren geeigneter gewesen wäre. Es gebe nämlich keine Rechnungslegungsvorschrift, die es verbiete, für diese Berechnung einen Referenzzeitraum von zwölf Jahren festzulegen.

117    Es gebe einen einfachen Grund, weshalb man sich schließlich gegen die Methode entschieden habe, die im Eurostat-Bericht vom September 2003 verwendet worden sei: Der Gesetzgeber habe sich des Wertungsspielraums bedient, der ihm bei der Festlegung der Methode zur Berechnung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts zustehe.

 Würdigung durch das Gericht

118    Vorab ist das Vorbringen zurückzuweisen, wonach Anhang XII des Statuts gegen Art. 83 Abs. 4 des alten Statuts verstoßen soll. Da diese Bestimmungen durch das Inkrafttreten des Statuts aufgehoben wurden, kann sich der Kläger jedenfalls nicht auf sie berufen (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts erster Instanz vom 17. September 1997, Antillean Rice Mills/Kommission, T‑26/97, Slg. 1997, II‑1347, Randnrn. 14 bis 16).

119    Wie der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, ist eine Maßnahme nur dann ermessensmissbräuchlich, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest hauptsächlich zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlassen worden ist, ein Verfahren zu umgehen, das der Vertrag speziell vorsieht (vgl. Urteil vom 21. Juni 1958, Groupement des hauts fourneaux et aciéries belges/Hohe Behörde, 8/57, Slg. 1958, 231, 255; vgl. auch bezüglich Maßnahmen des Gemeinschaftsgesetzgebers Urteile vom 10. März 2005, Spanien/Rat, C‑342/03, Slg. 2005, I‑1975, Randnr. 64, und vom 7. September 2006, Spanien/Rat, Randnr. 69).

120    Wie in Randnr. 84 des vorliegenden Urteils dargelegt worden ist und darüber hinaus aus Erwägungsgrund 28 der Verordnung Nr. 723/2004 hervorgeht, besteht das Ziel von Anhang XII des Statuts darin, unter Einhaltung des Aufbringungsschlüssels, der für die Finanzierung dieses Versorgungssystems vorgesehen ist, das versicherungsmathematische Gleichgewicht des gemeinschaftlichen Versorgungssystems aufrechtzuerhalten, indem für die Beamten ein Beitragssatz berechnet wird, der für die Finanzierung eines Drittels des Dienstzeitaufwands ausreicht.

121    Der Kläger macht jedoch geltend, dass die Maßnahmen, die der Rat getroffen habe, insbesondere die Entscheidung, den durchschnittlichen realen Zinssatz anhand von zwölf statt zwanzig Jahren zu berechnen, in keinem Zusammenhang mit dem Ziel stünden, das dieses Organ nach eigenen Angaben verfolge, da die unmittelbaren Haushaltsschwierigkeiten das Anliegen, eine auf möglichst objektiven Grundlagen basierende Berechnung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts einzuführen, verdrängt hätten.

122    Auch wenn dies vom Rat in der mündlichen Verhandlung vehement bestritten worden ist, geht aus den Akten hervor, dass bei der Festlegung des Zeitraums von zwölf Jahren tatsächlich Haushaltserwägungen eine Rolle gespielt haben, wie bereits in Randnr. 92 des vorliegenden Urteils dargelegt worden ist.

123    Erstens wird mit dieser Entscheidung von einer üblichen Praxis im Bereich versicherungsmathematischer Berechnungen abgewichen, denn diese berechnet den Mittelwert der Zinssätze eines längeren Zeitraums von zwanzig Jahren, um eine bessere Glättung der Variablen zu erreichen. Zweitens besagt die Eurostat-Studie vom September 2003, dass eine Anhebung des Beitragssatzes auf 8,9 % und sogar 8,7 % angesichts der geplanten Änderungen des Statuts am 1. Januar 2004 ausreichend sei, um das versicherungsmathematische Gleichgewicht des Versorgungssystems zu gewährleisten, wenn der durchschnittliche reale Zinssatz für den Zeitraum der letzten zwanzig Jahre vor dem jeweiligen laufenden Jahr festgelegt werde. Drittens hat die versicherungsmathematische Studie der EIS Belgium gezeigt, dass es vor allem auf die Wahl des Referenzzeitraums zurückzuführen ist, wenn Eurostat in seinem Bericht vom September 2004 einen Beitragssatz in Höhe von 10,43 % berechnen konnte. Schließlich ergibt sich aus den Vorarbeiten zur Reform des Versorgungssystems, insbesondere aus dem der Klageschrift beigefügten Vermerk des Rates vom 7. März 2003, dass mehrere Mitgliedstaaten den Willen geäußert hatten, den Beitrag der Beamten zu erhöhen, um die Belastung des Haushalts durch das Versorgungssystem zu senken.

124    Dennoch haben die Haushaltserwägungen die Methode in Anhang XII des Statuts nicht maßgeblich beeinflusst. Indem nämlich im Statut eine versicherungsmathematische Methode festgelegt wird, wird verhindert, dass die Beiträge der Beamten je nach Haushaltslage geändert werden, denn die Beiträge des laufenden Jahres werden nunmehr in Bezug auf den künftigen, objektiv nach der genannten versicherungsmathematischen Methode definierten Finanzierungsbedarf des Versorgungssystems berechnet.

125    Die Berechnung des durchschnittlichen realen Zinssatzes anhand eines mehr oder weniger langen Zeitraums hat keine Auswirkungen auf das versicherungsmathematische Gleichgewicht, wie in den Randnrn. 95 bis 97 des vorliegenden Urteils dargelegt worden ist, da die Funktion dieses Zeitraums allein darin besteht, eine zeitliche Glättung des Zinssatzes und folglich des Beitragssatzes herbeizuführen. Außerdem stellt die Festlegung eines Zeitraums von zwölf Jahren nicht die Glättungsfunktion des Referenzzeitraums in Frage, wie dies bei der Festlegung eines wirklich kurzen Zeitraums von z. B. fünf Jahren, wie er von einigen Delegationen im Rat zur Erreichung eines höheren Beitragssatzes für 2004 vorgeschlagen worden war, hätte der Fall sein können. Bei seiner Entscheidung zwischen der Stabilität des Beitragssatzes, die durch einen hinreichend langen Referenzzeitraum gewährleistet wird, und einer sofortigen stärkeren Anhebung des Beitragssatzes hat der Rat somit dem erstgenannten Ziel den Vorzug gegeben. Folglich kann nicht geltend gemacht werden, dass der Zeitraum von zwölf Jahren ausschließlich oder auch nur maßgeblich aufgrund von Haushaltszielen festgelegt worden sei.

126    Schließlich lässt sich dem Statut nicht entnehmen, dass bei der Ausübung des weiten Ermessens, das dem Gesetzgeber bei der Gewährleistung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts des gemeinschaftlichen Versorgungssystems zukommt, die Berücksichtigung jeglicher Haushaltserwägungen durch den Rat rechtswidrig wäre. Eine solche Berücksichtigung ist sogar notwendig, da die Versorgungsleistungen in Ermangelung eines gemeinschaftlichen Versorgungsfonds gemäß Art. 83 Abs. 1 des Statuts aus dem Haushalt der Gemeinschaften gezahlt werden und die Beiträge der Beamten Haushaltseinnahmen darstellen. Im Übrigen kann der Rat gemäß Art. 14 Abs. 2 des Anhangs XII des Statuts die Bestimmungen dieses Anhangs zum Zeitpunkt der fünfjährlichen versicherungsmathematischen Bewertung überprüfen, und zwar nicht nur im Hinblick auf das versicherungsmathematische Gleichgewicht, sondern auch „unter Berücksichtigung ihrer Haushaltswirkung“.

127    Aus alledem folgt, dass der Klagegrund, der Rat habe mit dem Erlass von Anhang XII des Statuts hauptsächlich ein Haushaltsziel verfolgt und der genannte Anhang beruhe folglich auf einem Ermessensmissbrauch, zurückzuweisen ist, ohne dass über die Zulässigkeit dieses Klagegrundes entschieden werden müsste.

 Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

128    Der Kläger macht in seiner Klageschrift geltend, dass die Methode in Anhang XII des Statuts unter Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes festgelegt worden sei.

129    Obwohl das Parlament seinen Beamten und Bediensteten wiederholt versichert habe, dass ihr Beitrag nur so weit steigen werde, als dies für die Aufrechterhaltung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts unbedingt erforderlich sei, sei dieser Beitrag künstlich und unter Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes viel stärker erhöht worden. Das Parlament habe sich folglich nicht an die Zusagen gehalten, die es seinen Beamten und Bediensteten gegeben habe, und daher das Vertrauen verletzt, das diese berechtigterweise in das Parlament gesetzt hätten.

130    Im Übrigen habe der Arbeitgeber im Wege einer nicht gerechtfertigten Anhebung des Beitragssatzes den Beamten die Schulden des gemeinschaftlichen Versorgungssystems auferlegt, obwohl sie der Dienstherr zu begleichen habe. Viele Jahre lang hätten nämlich bereits die Bedienstetenbeiträge ausgereicht, um die Kosten des Versorgungssystems zu decken, während der Dienstherr die für die Finanzierung des Versorgungssystems erforderlichen Beiträge nicht gezahlt habe. In einem Schreiben aus dem Jahr 2001 habe der Präsident der Kommission das Bestehen bedeutender Ansprüche anerkannt, die entsprechend den in der Vergangenheit entrichteten Beiträgen für die künftig zu zahlenden Ruhegehälter erworben worden seien, und er habe versichert, dass „eine etwaige Beitragsanhebung ihre Ursache jedenfalls nicht in der Finanzierung dieser erworbenen Ansprüche haben dürfe“.

131    Das Parlament ruft in seiner Klagebeantwortung in Erinnerung, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes nur in Fällen denkbar sei, in denen präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen von autorisierten und zuverlässigen Quellen begründete Erwartungen beim Betroffenen hervorgerufen hätten. Dies sei in der vorliegenden Rechtssache jedoch nicht der Fall, da das Parlament, das für den Erlass der Statutsbestimmungen nicht zuständig sei und im Rahmen des Verfahrens zum Erlass der Verordnung Nr. 723/2004 lediglich angehört worden sei, in keinem Fall nicht an Bedingungen geknüpfte Zusicherungen anlässlich der Reform des Versorgungssystems habe erteilen können. Daher hätten etwaige Zusicherungen, die dem Kläger vom Parlament erteilt worden seien, bei diesem nicht die begründete Erwartung hervorrufen können, dass der Beitragssatz zum gemeinschaftlichen Versorgungssystem nicht angehoben werde.

132    Außerdem könnten sich die Beamten nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, um die Rechtmäßigkeit einer neuen Rechtsvorschrift in Frage zu stellen, insbesondere nicht auf einem Gebiet, das die laufende Anpassung an die Veränderungen der Wirtschaftslage zum Gegenstand habe.

133    In seiner Erwiderung macht der Kläger geltend, es sei unerheblich, dass nicht das Parlament, das nur angehört worden sei, sondern der Rat die Statutsbestimmungen erlassen habe. Die Stellungnahme des Parlaments sei nämlich ein wesentlicher und unerlässlicher Bestandteil des Verfahrens, ohne den das neue Statut nicht hätte erlassen werden können. Indem das Parlament in seiner Stellungnahme die Methode in Anhang XII befürwortet habe, habe es sich nicht an die Zusicherungen gehalten, die es seinen Beamten und Bediensteten gegeben habe.

134    Im Übrigen leite sich das berechtigte Vertrauen des Klägers nicht nur aus den Zusicherungen ab, die ihm leitende Stellen des Parlaments hätten erteilen können, sondern auch aus dem Wortlaut des Statuts.

135    In seinem Streithilfeschriftsatz äußert sich der Rat zu den Bemerkungen des Klägers, wonach die Anhebung des Beitragssatzes zum Versorgungssystem ihre Ursache nicht in der Finanzierung der bereits erworbenen Versorgungsansprüche haben dürfe. Der Erlass des neuen Statuts und die Aufrechterhaltung der solidarischen Selbstverpflichtung der Mitgliedstaaten, die Ruhegehälter zu zahlen, legten de facto ein versicherungsmathematisches Gleichgewicht zum 30. April 2004 fest. Aufgrund des Wesens des gemeinschaftlichen Versorgungssystems seien die Versorgungsansprüche, die bis zu diesem Zeitpunkt von den Beamten und Bediensteten erworben worden seien, von den Beamten und dem Organ gedeckt worden. Das neue Statut sehe keine Nachverrechnung etwaiger positiver oder negativer Differenzbeträge aufgrund hypothetischer Abweichungen der Beitragssätze vor. Die in Anhang XII des Statuts festgelegte versicherungsmathematische Methode solle nur gewährleisten, dass die nach dem 1. Mai 2004 geltenden Beitragssätze ausreichten, um die Versorgungsansprüche zu decken, die von den Beamten ab diesem Zeitpunkt erworben würden.

136    In seiner Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz des Rates macht der Kläger geltend, alle Parteien erkennten an, dass die Beamten und Bediensteten nur ein Drittel der Beiträge zu zahlen hätten, die notwendig seien, um die künftige Zahlung der von ihnen derzeit erworbenen Ansprüche zu gewährleisten, und dass das Defizit aus der Vergangenheit folglich allein von den Mitgliedstaaten über den Gemeinschaftshaushalt zu finanzieren sei. Streitig sei die Durchführung dieses Grundsatzes. Entgegen dem Vorbringen des Rates habe die Methode in Anhang XII des Statuts zu einer künstlichen Anhebung des Beitrags der Beamten und Bediensteten geführt.

137    In seiner Gegenerwiderung macht das Parlament geltend, die Einhaltung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts sei komplex und habe die laufende Anpassung an die Veränderungen der Wirtschaftslage zum Gegenstand. Außerdem ergebe sich die Veränderlichkeit der Beitragshöhe eindeutig aus den Bestimmungen des Statuts, insbesondere aus Art. 83 Abs. 4 des alten Statuts. Daher könne sich der Kläger nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, um die Rechtmäßigkeit der neuen Bestimmungen über die Methode zur Berechnung des versicherungsmathematischen Gleichgewichts in Frage zu stellen.

 Würdigung durch das Gericht

138    Der Grundsatz des Vertrauensschutzes ist in der Rechtsprechung als „höherrangige Rechtsnorm“ (Urteil des Gerichtshofs vom 14. Mai 1975, CNTA/Kommission, 74/74, Slg. 1975, 533, Randnr. 44), als einer der „tragenden Grundsätze der Gemeinschaft“ (Urteile des Gerichtshofs vom 14. Oktober 1999, Atlanta/Europäische Gemeinschaft, C‑104/97 P, Slg. 1999, I‑6983, Randnr. 52, und vom 7. Juni 2005, VEMW u. a., C‑17/03, Slg. 2005, I‑4983, Randnr. 73) oder als allgemeiner Grundsatz (Urteil des Gerichtshofs vom 4. Oktober 2001, Italien/Kommission, C‑403/99, Slg. 2001, I‑6883, Randnr. 35) anerkannt worden.

139    Dieser Grundsatz folgt insofern zwingend aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit, wonach die Gemeinschaftsrechtsetzung bestimmt und ihre Anwendung für die Rechtssubjekte voraussehbar sein muss, als er bei einer Änderung der Rechtsvorschrift den Schutz der Situationen gewährleisten soll, in denen sich eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen berechtigterweise befinden (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 15. Februar 1996, Duff u. a., C‑63/93, Slg. 1996, I‑569, Randnr. 20, und vom 18. Mai 2000, Rombi & Arkopharma, C‑107/97, Slg. 2000, I‑3367, Randnr. 66; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 16. September 1999, Partex/Kommission, T‑182/96, Slg. 1999, II‑2673, Randnr. 191).

140    Nach ständiger Rechtsprechung steht das Recht, den Schutz des berechtigten Vertrauens zu verlangen, jedem zu, der sich in einer Situation befindet, aus der sich ergibt, dass die Gemeinschaftsverwaltung dadurch, dass sie ihm präzise Zusicherungen gegeben hat, bei ihm begründete Erwartungen geweckt hat (Urteile des Gerichts erster Instanz vom 5. Februar 1997, Petit-Laurent/Kommission, T‑211/95, Slg. ÖD 1997, I‑A‑21 und II‑57, Randnr. 72, und vom 5. November 2002, Ronsse/Kommission, T‑205/01, Slg. ÖD 2002, I‑A‑211 und II‑1065, Randnr. 54).

141    Im ersten Teil des Klagegrundes macht der Kläger geltend, dass das Parlament seinen Beamten zum Inhalt der künftigen Reform des Versorgungssystems Zusicherungen gegeben habe, die nicht eingehalten worden seien, was einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes darstelle.

142    Allerdings können nur präzise Zusicherungen der für die Gewährung des Versprochenen zuständigen Behörde ein schutzwürdiges Vertrauen bei dem betroffenen Beamten wecken (vgl. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 8. Dezember 2005, Reynolds/Parlament, T‑237/00, Slg. ÖD 2005, I‑A‑385 und II‑1731, Randnr. 146).

143    Im Verfahren zum Erlass oder zur Überarbeitung des Statuts nimmt das Parlament aber nur eine beratende Funktion ein. Art. 283 EG bestimmt nämlich: „Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der anderen beteiligten Organe mit qualifizierter Mehrheit das Statut … und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten [der Europäischen Gemeinschaften].“ Daher kann nicht geltend gemacht werden, dass das Parlament seinen Beamten Zusicherungen zur Reform des gemeinschaftlichen Versorgungssystems habe erteilen können, an die der Rat sodann gebunden gewesen sei, da dies den Vertragsbestimmungen über die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Organen zuwiderliefe.

144    Unter diesen Umständen konnten die Erklärungen des Parlaments zu der damals in Vorbereitung befindlichen Reform des gemeinschaftlichen Versorgungssystems beim Kläger keine begründeten Erwartungen hervorrufen.

145    Mit dem zweiten Teil des Klagegrundes macht der Kläger geltend, dass sich sein Vertrauen in eine viel geringere Anhebung des Versorgungsbeitrags der Beamten auf die Statutsbestimmungen, die diesen Beitrag auf ein Drittel des Finanzierungsbedarfs des gemeinschaftlichen Versorgungssystems beschränkten, und auf den Umstand, dass die Beiträge der Beamten in der Vergangenheit diese Obergrenze überschritten hätten, gestützt habe. Entgegen dem Vorbringen des Rates in der mündlichen Verhandlung stützt sich das vom Kläger geltend gemachte Vertrauen folglich nicht auf eine bloße Praxis.

146    Die Bestimmungen in Art. 83 Abs. 2 des alten Statuts, die im neuen Statut beibehalten worden sind, legten bereits fest, dass die Beamten zu einem Drittel zur Finanzierung des Versorgungssystems beitragen. Selbst vor dem Inkrafttreten des neuen Statuts war das gemeinschaftliche Versorgungssystem zu zwei Dritteln vom Gemeinschaftsdienstherrn und zum letzten Drittel durch die Beiträge der Beamten und sonstigen Bediensteten zu finanzieren.

147    Der Kläger ist jedoch der Auffassung, dass die Methode in Anhang XII des Statuts gegen diesen Aufbringungsschlüssel, der in der Vergangenheit für die Finanzierung vorgesehen war, verstoße.

148    Erstens, das Parlament wendet ein, der Kläger könne sich gegenüber den Bestimmungen von Anhang XII des Statuts nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen.

149    Nach gefestigter Rechtsprechung können sich die Beamten nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, um die Rechtmäßigkeit einer neuen Rechtsvorschrift in Frage zu stellen, insbesondere nicht auf einem Gebiet, das die laufende Anpassung an die Veränderungen der Wirtschaftslage zum Gegenstand hat (Urteile des Gerichts erster Instanz vom 22. Juni 1994, Di Marzio und Lebedef/Kommission, T‑98/92 und T‑99/92, Slg. ÖD 1994, I‑A‑167 und II‑541, Randnr. 68, und vom 11. Dezember 1996, Barraux u. a./Kommission, T‑177/95, Slg. ÖD 1996, I‑A‑541 und II‑1451, Randnr. 47). Dies gilt u. a. für die Anpassungen des gemeinschaftlichen Sozialversicherungssystems, für das dem Gesetzgeber außerdem ein weites Ermessen im Hinblick auf die Notwendigkeit von Reformen eingeräumt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Campoli/Kommission, Randnrn. 71 und 72).

150    Auch wenn es dem Gesetzgeber freisteht, an den Bestimmungen des Statuts jederzeit die Änderungen vorzunehmen, die er mit dem Allgemeininteresse für vereinbar hält, und Statutsbestimmungen zu erlassen, die für die betroffenen Beamten weniger vorteilhaft sind, soweit er gegebenenfalls eine Übergangsfrist von hinreichender Dauer festsetzt, ist er dabei jedoch an die Voraussetzung gebunden, Entscheidungen für die Zukunft zu treffen (vgl. Urteil Campoli/Kommission, Randnr. 85), d. h. an die Voraussetzung, dass die neue Regelung nur auf neue Sachverhalte und auf die künftigen Folgen von Sachverhalten, die unter der Geltung der früheren Regelung entstanden sind, angewandt wird (vgl. im Umkehrschluss Urteile des Gerichtshofs vom 16. Mai 1979, Tomadini, 84/78, Slg. 1979, 1801, Randnr. 21, und vom 5. Mai 1981, Dürbeck, 112/80, Slg. 1981, 1095, Randnr. 48, und auf dem Gebiet des öffentlichen Dienstes Urteil des Gerichts erster Instanz vom 26. Oktober 1993, Reinarz/Kommission, T‑6/92 und T‑52/92, Slg. 1993, II‑1047, Randnr. 85).

151    Die Einschränkung, die in dieser Weise für die Geltendmachung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes gegenüber einer neuen Rechtsvorschrift festgelegt ist, kann dem Kläger in der vorliegenden Rechtssache jedoch nicht entgegengehalten werden.

152    Der Kläger macht nämlich nicht geltend, dass unter Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes in Bezug auf die Zukunft gegen den Aufbringungsschlüssel des Art. 83 Abs. 2 des alten Statuts verstoßen worden sei. Wie in Randnr. 146 des vorliegenden Urteils dargelegt, sind die fraglichen Bestimmungen im Übrigen unverändert in Art. 83 Abs. 2 des neuen Statuts übernommen worden. Die Rüge, die der Kläger gegenüber Anhang XII des Statuts geltend macht, bezieht sich auf die – rein rückwirkende – Verletzung des Finanzierungsschlüssels für den Zeitraum vor Inkrafttreten dieses Anhangs.

153    Daher ist die angeführte Rechtsprechung zu neuen Rechtsvorschriften entgegen dem Vorbringen des Parlaments nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar, und sie kann folglich nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, um dem Kläger das Recht zu verwehren, sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes zu berufen. Vielmehr hat der Gerichtshof im Urteil vom 11. Juli 1991, Crispoltoni (C‑368/89, Slg. 1991, I‑3695, Randnr. 21), die Verletzung des berechtigten Vertrauens der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer durch zwei Gemeinschaftsverordnungen aufgrund ihrer Rückwirkung beanstandet.

154    Zweitens ist zu prüfen, ob Anhang XII des Statuts tatsächlich, wie der Kläger geltend macht, für den Zeitraum vor dem 1. Mai 2004 gegen die Finanzierungsregelung des gemeinschaftlichen Versorgungssystems verstößt.

155    Aus dem Bericht Dührkop Dührkop geht hervor, dass die Organe bis 1982 keine Beiträge zum gemeinschaftlichen Versorgungssystem entrichtet haben und erst ab 1998 den vollständigen Anteil des Gemeinschaftsdienstherrn gezahlt haben.

156    Wie der Rat in seinem Streithilfeschriftsatz dargelegt hat, soll die in Anhang XII des Statuts festgelegte versicherungsmathematische Methode nur gewährleisten, dass die nach dem 1. Mai 2004 geltenden Versorgungsbeitragssätze ausreichen, um die Versorgungsansprüche zu decken, die von den Beamten ab diesem Zeitpunkt erworben werden. Die fehlende Berücksichtigung früherer Versorgungsansprüche durch Anhang XII des Statuts hat zwei zwingende Folgen, die bei der Prüfung des Klägervorbringens zu unterscheiden sind.

157    Erstens werden die bis zum Berechnungszeitpunkt erworbenen Versorgungsansprüche beim versicherungsmathematischen Gleichgewicht gemäß Art. 4 Abs. 4 Buchst. b des Anhangs XII des Statuts nicht berücksichtigt. Diese Bestimmung gewährleistet, dass etwaige, bis zum 1. Mai 2004 aufgelaufene Defizite des gemeinschaftlichen Versorgungssystems nicht von den Beamten getragen werden und dass eine Anhebung des Beitragssatzes ihre Ursache somit, entgegen dem Vorbringen des Klägers, nicht in der Finanzierung der von den Beamten bereits erworbenen Versorgungsansprüche haben kann.

158    Zweitens sieht das Statut auch keine Nachverrechnung etwaiger positiver oder negativer Differenzbeträge vor, die darauf zurückzuführen wären, dass der Beitragssatz in der Vergangenheit inadäquat gewesen wäre. Mit anderen Worten lässt die Definition des versicherungsmathematischen Gleichgewichts im Sinne von Anhang XII des Statuts die Beiträge, die bis zum 30. April 2004 gezahlt wurden, außer Acht, und sie geht davon aus, dass die Versorgungsansprüche, die bis zu diesem Zeitpunkt erworben wurden, in Übereinstimmung mit dem Finanzierungsschlüssel gedeckt sind.

159    Der Kläger macht auf der Grundlage des Berichts Dührkop Dührkop geltend, dass der Gemeinschaftsdienstherr das Versorgungssystem erst seit 1998 zu zwei Dritteln finanziere und die Beamten in der Vergangenheit mehr als ein Drittel der Finanzierung des Systems übernommen hätten.

160    Der Bericht Dührkop Dührkop, der nicht auf einer versicherungsmathematischen Studie des Versorgungssystems basiert, beschränkt sich jedoch auf die Feststellung, dass der Jahresbeitrag der Beamten lange Zeit mehr als ein Drittel der jährlichen Belastung des Haushalts durch das gemeinschaftliche Versorgungssystem gedeckt habe. Bereits die Bestimmungen in Art. 83 Abs. 2 des alten Statuts, die gleichlautend wie das neue Statut vorsehen, dass die Beamten zu einem Drittel zur Finanzierung des Versorgungssystems beitragen, waren aber im versicherungsmathematischen und nicht im haushaltstechnischen Sinn zu verstehen, wie eindeutig aus Art. 83 Abs. 4 des alten Statuts hervorgeht. Nach diesen Bestimmungen war ein Drittel der Summe der versicherungsmathematischen Gegenwerte der Versorgungsansprüche, die in einem Jahr von allen aktiven Beamten erworben wurden, d. h. ein Drittel des Dienstzeitaufwands, von den Beamten zu finanzieren.

161    Aus der Feststellung, dass die Höhe der Beamtenbeiträge jahrzehntelang, als das gemeinschaftliche Versorgungssystem noch sehr wenige Versorgungsempfänger hatte, weit über einem Drittel der Haushaltsbelastung durch dieses System lag, lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass der Beitrag der Beamten auch ein Drittel des Dienstzeitaufwands überschritten habe.

162    Eine solche Schlussfolgerung kann nämlich nur aufgrund einer versicherungsmathematischen Studie getroffen werden. Die Kommission hat jedoch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, ohne dass dies bestritten worden wäre, dass vor 1998 keine versicherungsmathematische Studie zum gemeinschaftlichen Versorgungssystem durchgeführt worden sei. Sodann kann nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Beamten mit Beitragssätzen in Höhe von 6,75 % und später 8,25 % in der Vergangenheit mehr als ein Drittel des Dienstzeitaufwands getragen haben. Schließlich, selbst wenn man unterstellt, dass die Einhaltung des Aufbringungsschlüssels anhand von Haushaltsdaten überprüft werden könnte und dem Ergebnis des Berichts Dührkop Dührkop, wonach der Arbeitgeberbeitrag bis 1998 nur teilweise gezahlt worden sei, folglich zugestimmt werden könnte, bliebe zu prüfen, ob ein solcher bis zu diesem Zeitpunkt überschießender Beitrag der Beamten nicht durch überschießende Beiträge der Gemeinschaften zwischen 1998 und 2004 ausgeglichen wurde.

163    Folglich ist nicht erwiesen, dass die neue Regelung rückwirkend zu einer Verletzung des Finanzierungsschlüssels des gemeinschaftlichen Versorgungssystems geführt hat.

164    Unter der impliziten Annahme, dass diese Vorschrift vor Inkrafttreten von Anhang XII des Statuts eingehalten wurde, kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Rat das Vertrauen verletzt habe, das die Beamten berechtigterweise in die Einhaltung der Vorschrift hätten setzen können.

165    Aus alledem folgt, dass der Klagegrund, der sich auf einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes stützt, in allen Teilen zurückzuweisen ist.

166    Nach alledem ist die Klage als unbegründet abzuweisen.

 Kosten

167    Wie das Gericht im Urteil vom 26. April 2006, Falcione/Kommission (F‑16/05, Slg. ÖD 2006, I‑A‑2‑0000 und II‑A‑2‑0000, Randnrn. 77 bis 86), entschieden hat, ist, solange die Verfahrensordnung des Gerichts und insbesondere die besonderen Kostenbestimmungen noch nicht in Kraft getreten sind, im Interesse einer geordneten Rechtspflege und zur Gewährleistung einer hinreichenden Vorhersehbarkeit für den Rechtsuchenden bezüglich der Vorschriften über die Kosten des Verfahrens ausschließlich die Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz anzuwenden.

168    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. In den Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und deren Bediensteten tragen die Organe jedoch gemäß Art. 88 dieser Verfahrensordnung ihre Kosten selbst.

169    Darüber hinaus kann das Gericht gemäß Art. 87 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz die Kosten teilen, wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist.

170    In der vorliegenden Rechtssache hat das Parlament nur sehr partiell auf die Beschwerde geantwortet, es hat in seinen Ausführungen nicht dargelegt, warum ein Zeitraum von zwölf Jahren gewählt wurde, obwohl dies vom Kläger ernsthaft und substantiiert beanstandet worden ist, und es hat seinen Schriftsätzen bei der Beantwortung einer mit vielen Belegen versehenen Argumentation keine Belege beigefügt. Um die Akte aufzubereiten und die ratio legis der beanstandeten Bestimmungen erfassen zu können, musste das Gericht daher zahlreiche prozessleitende Maßnahmen anordnen.

171    Unter diesen Umständen sind dem Parlament außer seinen eigenen Kosten die Hälfte der Kosten des Klägers aufzuerlegen. Der Kläger trägt die Hälfte seiner eigenen Kosten.

172    Nach Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz tragen der Rat und die Kommission, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Plenum)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Das Europäische Parlament trägt seine eigenen Kosten und die Hälfte der Kosten von Herrn Wils.

3.      Herr Wils trägt die Hälfte seiner eigenen Kosten.

4.      Der Rat der Europäischen Union und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften tragen ihre eigenen Kosten.

Mahoney

Kreppel

Van Raepenbusch

Boruta

Kanninen Tagaras

Gervasoni

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. Juli 2007.

Die Kanzlerin

 

       Der Präsident

W. Hakenberg

 

      P. Mahoney

Der Text dieser Entscheidung sowie der darin angeführten und noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlichten Entscheidungen der Gemeinschaftsgerichte kann auf der Website des Gerichtshofs (www.curia.europa.eu) eingesehen werden.


* Verfahrenssprache: Französisch.