Language of document : ECLI:EU:T:2023:701





Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 6. Oktober 2015 –
Chyzh u. a./Rat

(Rechtssache T‑276/12)

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Belarus – Einfrieren von Geldern – Nichtigkeitsklage – Frist zur Anpassung der Anträge – Teilweise Unzulässigkeit – Organisation, die im Eigentum oder unter der Kontrolle einer unter die restriktiven Maßnahmen fallenden Person oder Organisation steht – Begründungspflicht – Beurteilungsfehler“

1.                     Nichtigkeitsklage – Anfechtbare Handlungen – Begriff – Noch nicht erlassene hypothetische Rechtsakte – Ausschluss (Art. 263 AEUV; Verfahrensordnung des Gerichts [1991], Art. 44 § 1 Buchst. c) (vgl. Rn. 60-63)

2.                     Gerichtliches Verfahren – Beschluss oder Verordnung, mit der die angefochtene Handlung während des Verfahrens ersetzt wird – Neue Tatsache – Erweiterung der ursprünglichen Anträge und des ursprünglichen Vorbringens – Antrag auf Anpassung der auf Nichtigerklärung gerichteten Anträge – Frist für die Stellung eines solchen Antrags – Beginn – Zeitpunkt der Übermittlung des neuen Rechtsakts an den Kläger (Art. 263 Abs. 6 AEUV; Verfahrensordnung des Gerichts [1991], Art. 101 und 102 § 2; Beschlüsse des Rates 2010/639/GASP, 2012/642/GASP, Art. 6 Abs. 2, und 2013/534/GASP; Verordnungen des Rates Nr. 765/2006, Art. 8a Abs. 2, Nr. 1017/2012 und Nr. 1054/2013) (vgl. Rn. 65, 68, 71-78)

3.                     Gerichtliches Verfahren – Beschluss oder Verordnung, mit der die angefochtene Handlung während des Verfahrens ersetzt wird – Neue Tatsache – Erweiterung der ursprünglichen Anträge und des ursprünglichen Vorbringens – Antrag auf Anpassung der auf Nichtigerklärung gerichteten Anträge – Frist für die Stellung eines solchen Antrags – Beginn – Zeitpunkt der Übermittlung des neuen Rechtsakts an den Kläger – Voraussetzung – Zustellung an den Bevollmächtigten ist ausdrücklich in den Vorschriften oder in einer Parteienvereinbarung vorgesehen (Art. 263 Abs. 6 AEUV; Beschlüsse des Rates 2012/642/GASP, Art. 6 Abs. 2, und 2013/534/GASP; Verordnungen des Rates Nr. 765/2006, Art. 8a Abs. 2, und Nr. 1054/2013) (vgl. Rn. 80-83)

4.                     Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Restriktive Maßnahmen gegen Belarus – Verordnung, mit der die Liste der erfassten Personen, Vereinigungen oder Organisationen überprüft und ergänzt, aber nicht aufgehoben wird – Klage einer Person, die in der Liste aufgeführt ist, in dieser Verordnung aber nicht genannt wird – Zulässigkeit (Art. 263 Abs. 4 AEUV; Verordnungen des Rates Nr. 765/2006 und Nr. 1159/2014) (vgl. Rn. 92-98)

5.                     Nichtigkeitsklage – Gründe – Fehlende oder unzureichende Begründung – Klagegrund, der sich von dem die materielle Rechtmäßigkeit betreffenden Klagegrund unterscheidet (Art. 263 AEUV und 296 AEUV) (vgl. Rn. 111, 112)

6.                     Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Restriktive Maßnahmen gegen Belarus – Einfrieren von Geldern bestimmter Personen und Organisationen angesichts der Lage in Belarus – Mindestanforderungen (Art. 296 AEUV) (vgl. Rn. 113-119)

7.                     Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Belarus – Einfrieren von Geldern bestimmter Personen und Organisationen angesichts der Lage in Belarus – Pflicht zur Erstreckung dieser Maßnahme auf Organisationen, die im Eigentum oder unter der Kontrolle einer solchen Organisation stehen – Voraussetzungen – Anwendung auf solche im Eigentum oder unter Kontrolle stehenden Organisationen ist in den Rechtsakten, mit denen die restriktiven Maßnahmen erlassen wurden, vorgesehen – Namen der Personen und Organisationen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle die betreffenden Organisationen stehen, die berechtigterweise auf der Liste der von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen aufgeführt werden müssen (Beschlüsse des Rates 2010/639/GASP, 2012/642/GASP, 2012/171/GASP und 2014/750/GASP; Verordnungen des Rates Nr. 765/2006, Nr. 265/2012, Nr. 1017/2012 und Nr. 1159/2014) (vgl. Rn. 133-137, 147, 148, 184, 185, 188)

8.                     Europäische Union – Gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Handlungen der Organe – Restriktive Maßnahmen gegen Belarus – Einfrieren von Geldern bestimmter Personen und Organisationen angesichts der Lage in Belarus – Umfang der Kontrolle – Verpflichtung der zuständigen Unionsbehörde, im Streitfall die Stichhaltigkeit der gegen die betroffenen Personen oder Organisationen vorliegenden Gründe nachzuweisen (Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 47; Beschlüsse des Rates 2010/639/GASP, 2012/171/GASP, 2012/642/GASP, 2013/534/GASP und 2014/750/GASP; Verordnungen des Rates Nr. 765/2006, Nr. 265/2012, Nr. 1017/2012, Nr. 1054/2013 und Nr. 1159/2014) (vgl. Rn. 164, 165)

Gegenstand

Klage auf Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses 2012/171/GASP des Rates vom 23. März 2012 zur Durchführung des Beschlusses 2010/639/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Belarus (ABl. L 87, S. 95), der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 265/2012 des Rates vom 23. März 2012 zur Durchführung des Artikels 8a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 über restriktive Maßnahmen gegen Belarus (ABl. L 87, S. 37), des Beschlusses 2012/642/GASP des Rates vom 15. Oktober 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Belarus (ABl. L 285, S. 1), der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1017/2012 des Rates vom 6. November 2012 zur Durchführung von Artikel 8a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 über restriktive Maßnahmen gegen Belarus (ABl. L 307, S. 7), des Beschlusses 2013/534/GASP des Rates vom 29. Oktober 2013 zur Änderung des Beschlusses 2012/642 (ABl. L 288, S. 69), der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1054/2013 des Rates vom 29. Oktober 2013 zur Durchführung von Artikel 8a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 über restriktive Maßnahmen gegen Belarus (ABl. L 288, S. 1), des Beschlusses 2014/750/GASP des Rates vom 30. Oktober 2014 zur Änderung des Beschlusses 2012/642 (ABl. L 311, S. 39) und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1159/2014 des Rates vom 30. Oktober 2014 zur Durchführung von Artikel 8a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 über restriktive Maßnahmen gegen Belarus (ABl. L 311, S. 2), soweit diese Rechtsakte die Kläger betreffen

Tenor

1.

Der Durchführungsbeschluss 2012/171/GASP des Rates vom 23. März 2012 zur Durchführung des Beschlusses 2010/639/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Belarus, die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 265/2012 des Rates vom 23. März 2012 zur Durchführung des Artikels 8a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 über restriktive Maßnahmen gegen Belarus, der Beschluss 2012/642/GASP des Rates vom 15. Oktober 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Belarus und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1017/2012 des Rates vom 6. November 2012 zur Durchführung von Artikel 8a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 über restriktive Maßnahmen gegen Belarus werden für nichtig erklärt, soweit sie Herrn Yury Aleksandrovich Chyzh, die Triple TAA, die NefteKhimTrading STAA, die Askargoterminal ZAT, die Bereza Silicate Products Plant AAT, die Variant TAA, die Triple-Dekor STAA, die KvartsMelProm SZAT, die Altersolutions SZAT, die Prostoremarket SZAT, die AquaTriple STAA, die Rakovsky brovar TAA, die TriplePharm STAA und die Triple-Veles TAA betreffen.

2.

Der Beschluss 2013/534/GASP des Rates vom 29. Oktober 2013 zur Änderung des Beschlusses 2012/642 und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1054/2013 des Rates vom 29. Oktober 2013 zur Durchführung von Artikel 8a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 über restriktive Maßnahmen gegen Belarus werden für nichtig erklärt, soweit sie NefteKhimTrading, Askargoterminal, Bereza Silicate Products Plant, Triple-Dekor, KvartsMelProm, Altersolutions, Prostoremarket, AquaTriple, Rakovsky brovar und Triple-Veles betreffen.

3.

Der Beschluss 2014/750/GASP des Rates vom 30. Oktober 2014 zur Änderung des Beschlusses 2012/642 und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1159/2014 des Rates vom 30. Oktober 2014 zur Durchführung von Artikel 8a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 über restriktive Maßnahmen gegen Belarus werden für nichtig erklärt, soweit sie Herrn Chyzh, Triple, Askargoterminal, Bereza Silicate Products Plant, Triple-Dekor, KvartsMelProm, Altersolutions, Prostoremarket, AquaTriple, Variant und Rakovsky brovar betreffen.

4.

Die auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2013/534 und der Durchführungsverordnung Nr. 1054/2013, soweit sie Herrn Chyzh, Triple, Variant und TriplePharm betreffen, gerichtete Klage wird als unzulässig abgewiesen.

5.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6.

Der Rat der Europäischen Union trägt seine eigenen Kosten und die Herrn Chyzh, Triple, NefteKhimTrading, Askargoterminal, Bereza Silicate Products Plant, Triple-Dekor, KvartsMelProm, Altersolutions, Prostoremarket, AquaTriple, Variant, Rakovsky brovar, TriplePharm und Triple-Veles entstandenen Kosten.