Language of document : ECLI:EU:C:2022:818

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MACIEJ SZPUNAR

vom 20. Oktober 2022(1)

Rechtssache C423/21

Grand Production d.o.o.

gegen

GO4YU GmbH,

DH,

GO4YU d.o.o,

MTEL Austria GmbH

(Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshofs [Österreich])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Geistiges Eigentum – Richtlinie 2001/29/EG – Urheberrecht in der Informationsgesellschaft – Art. 3 Abs. 1 – Öffentliche Wiedergabe – Streamingplattform – Zugang zu Inhalten, die durch ein virtuelles privates Netzwerk (VPN) geschützt sind – Verordnung (EU) Nr. 1215/12 – Art. 7 Nr. 2 – Zuständigkeit in Verfahren, die eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung betreffen, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist“






 Einleitung

1.        Aus technischer Sicht ist das Internet ein Kommunikationsmittel mit globaler Reichweite: Von jedem Ort der Erde aus kann auf eine beliebige Internetseite zugegriffen werden oder eine Nachricht an eine Person übermittelt werden, die sich an einem anderen beliebigen Ort befindet. Aus rechtlicher Sicht stellen sich die Dinge jedoch anders dar. Das Internet unterliegt – wie jede Erscheinungsform menschlichen Handels – rechtlichen Regelungen, wobei diese Regelungen naturgemäß räumlich begrenzt sind, d. h., sie gelten nur so weit, wie die räumliche Zuständigkeit des Hoheitsträgers reicht, der diese Regelungen aufstellt. Zudem können bestimmte Erscheinungsformen der Betätigung im Internet Gegenstand von subjektiven Vermögens- oder Persönlichkeitsrechten sein, wobei diese Rechte -– bzw. ihre Ausübung – ebenfalls einer gebietsbezogenen Beschränkung unterliegen können.

2.        Es besteht mithin ein grundlegender Widerspruch zwischen dem grenzüberschreitenden und weltweiten Charakter des Internets einerseits und den räumlich beschränkten Rechten und Pflichten, die durch verschiedene Aktivitäten im Internet begründet werden, andererseits. Dieser Widerspruch kann auf zweierlei Art und Weise gelöst werden: Entweder man „territorialisiert“ das Internet mittels „geografischer Zugangssperren“ (engl. geoblocking), oder die räumliche Zuständigkeit der Hoheitsträger wird auf eine größere Anzahl von Staaten ausgeweitet, was es ihnen ermöglicht, die Internetaktivitäten global zu regeln.

3.        In der vorliegenden Rechtssache wird der Gerichtshof über Fragen zu entscheiden haben, die mit beiden der vorstehend angeführten Möglichkeiten der Auflösung dieses Widerspruchs im Zusammenhang stehen.

 Rechtlicher Rahmen

4.        Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen(2) bestimmt:

„Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.“

5.        In Art. 6 Abs. 1 dieser Verordnung heißt es:

„Hat der Beklagte keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, so bestimmt sich … die Zuständigkeit der Gerichte eines jeden Mitgliedstaats nach dessen eigenem Recht.“

6.        Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 lautet:

„Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:

2)      wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht;

…“

7.        Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft(3) bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.“

 Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

8.        Die Grand Production d.o.o. ist eine Gesellschaft nach serbischem Recht und produziert audiovisuelle Unterhaltungssendungen, die in Serbien durch den serbischen Fernsehanbieter Prva Srpska Televizija ausgestrahlt werden.

9.        Die GO4YU d.o.o. Beograd ist ebenfalls eine Gesellschaft serbischen Rechts und betreibt eine Streamingplattform, auf der das Fernsehprogramm der Prva Srpska Televizija auf der Grundlage von Verträgen mit diesem Fernsehanbieter weiterverbreitet wird. Diese Plattform ist sowohl in Serbien als auch außerhalb seines Gebiets verfügbar.

10.      Die GO4YU GmbH (im Folgenden: GO4YU [Österreich]) und die MTEL Austria GmbH sind Gesellschaften österreichischen Rechts, die Werbedienstleistungen für die Streamingplattform von GO4YU Beograd in Österreich erbringen und sich um die Kundenpflege kümmern, insbesondere Verträge abschließen und Zahlungen entgegennehmen. MTEL Austria ist eine Tochtergesellschaft von GO4YU Beograd. DH ist Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter von GO4YU (Österreich).

11.      GO4YU Beograd ist nicht berechtigt, die von Grand Production produzierten Unterhaltungssendungen außerhalb von Serbien und Montenegro im Internet weiterzuverbreiten. Sie ist daher verpflichtet, den Zugang zu diesen Sendungen für Internetnutzer außerhalb dieser beiden Länder zu sperren. Diese Nutzer können die Sperrung jedoch mittels eines sogenannten virtuellen privaten Netzwerks (VPN) umgehen. Dieser Dienst erlaubt es dem Nutzer, sich mit dem Internet über einen besonderen Server (VPN-Server) zu verbinden, der die IP-Adresse und damit auch den tatsächlichen Standort des Nutzers verschleiert(4). Mithilfe dieses Dienstes können Nutzer außerhalb Serbiens und Montenegros „vortäuschen“, dass sie sich in diesen Ländern befinden, und so die von GO4YU Beograd verwendete Zugangssperre umgehen.

12.      Nach Ansicht von Grand Production ist sich GO4YU Beograd der Möglichkeit bewusst, die von ihr verwendete geografische Zugangssperre mittels des VPN-Dienstes zu umgehen. Zudem hätten die Unterhaltungssendungen der Klägerin im Zeitraum vom 30. April 2020 bis zum 15. Juni 2020 über die Streamingplattform von GO4YU Beograd ohne Zugangssperre in Österreich angeschaut werden können.

13.      Auf Antrag von Grand Production erließ das Handelsgericht Wien (Österreich) am 28. September 2020 eine einstweilige Verfügung gegen GO4YU Beograd und MTEL Austria, mit der es ihnen untersagte, die von Grand Production produzierten Unterhaltungssendungen in Österreich öffentlich wiederzugeben. Den Antrag auf Erlass einer ähnlich lautenden Verfügung gegen diese beiden Gesellschaften, soweit es um Tathandlungen außerhalb Österreichs ging, sowie gegen die beiden anderen Beklagten (d. h. DH und GO4YU [Österreich]) wies dieses Gericht hingegen im Ganzen ab.

14.      Dieser Beschluss wurde teilweise durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien (Österreich) vom 28. Januar 2021 abgeändert, das den Antrag von Grand Production, soweit er gegen MTEL Austria gerichtet war, im Ganzen abwies. Damit blieb nur die gegen GO4YU Beograd erlassene und auf Österreich beschränkte einstweilige Verfügung in Kraft.

15.      Grand Production hat einen Revisionsrekurs beim vorlegenden Gericht gegen diese letztgenannte Entscheidung eingelegt und beantragt, allen Beklagten durch eine einstweilige Verfügung zu verbieten, die durch diese Gesellschaft produzierten Sendungen weltweit öffentlich wiederzugeben.

16.      Unter diesen Umständen hat der Oberste Gerichtshof (Österreich) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist der Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen, dass diese vom (hier nicht in der Union ansässigen) unmittelbaren Betreiber einer Streamingplattform vorgenommen wird, der

–        allein über den Inhalt und die Abdunkelung von von ihm verbreiteten TV-Sendungen entscheidet und diese technisch durchführt,

–        die alleinigen Administratorenrechte für die Streamingplattform hat,

–        Einfluss darauf nehmen kann, welche TV-Programme vom Endnutzer über den Dienst empfangen werden können, jedoch ohne Einfluss auf den Inhalt der Programme nehmen zu können,

–        und alleiniger Kontrollpunkt dafür ist, welche Programme und Inhalte wann auf welchen Territorien zu sehen sind,

wenn dabei jeweils

–        dem Nutzer Zugriff nicht nur auf Sendungsinhalte vermittelt wird, deren Online-Nutzung die jeweiligen Rechtsinhaber erlaubt haben, sondern auch auf solche geschützten Inhalte, bei denen eine entsprechende Rechteklärung unterblieben ist, und

–        der unmittelbare Betreiber der Streamingplattform weiß, dass sein Dienst auch den Empfang von geschützten Sendungsinhalten ohne Zustimmung der Rechteinhaber ermöglicht, indem die Endkunden VPN-Dienste verwenden, die suggerieren, die IP-Adresse und das Gerät der Endkunden befänden sich in Gebieten, für die eine Zustimmung des Rechteinhabers vorliegt, jedoch

–        der Empfang von geschützten Sendungsinhalten über die Streamingplattform ohne Zustimmung der Rechteinhaber auch ohne VPN-Tunnelung für mehrere Wochen tatsächlich möglich war?

2.      Im Fall der Bejahung der Frage 1:

Ist der Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen, dass diese auch von mit dem in Frage 1 beschriebenen Betreiber einer Plattform vertraglich und/oder gesellschaftsrechtlich verbundenen Dritten (hier mit Sitz in der Union) vorgenommen wird, die, ohne selbst Einfluss auf die Abdunkelungen und auf die Programme und Inhalte der auf der Streamingplattform gebrachten Sendungen zu haben,

–        die Streamingplattform des Betreibers und deren Dienstleistungen bewerben und/oder

–        mit den Kunden nach 15 Tagen automatisch endende Testabonnements abschließen und/oder

–        die Kunden der Streamingplattform als Kundendienst betreuen und/oder

–        auf ihrer Website kostenpflichtige Abonnements für die Streamingplattform des unmittelbaren Betreibers anbieten und dann als Vertragspartner der Kunden und als Zahlungsempfänger agieren, wobei die kostenpflichtigen Abonnements derart erstellt werden, dass ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass gewisse Programme nicht zur Verfügung stehen, nur dann erfolgt, wenn ein Kunde bei Vertragsabschluss explizit angibt, diese Programme sehen zu wollen, jedoch dann, wenn solches von Kunden nicht angegeben bzw. konkret nachgefragt wird, die Kunden nicht im Vorhinein darauf hingewiesen werden?

3.      Sind Art. 2 Buchst. a und Buchst. e sowie Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 in Verbindung mit Art. 7 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 dahin auszulegen, dass im Fall der Geltendmachung einer Verletzung von Urheber- und verwandten Schutzrechten, die vom Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts gewährleistet werden, dieses Gericht – weil das Territorialitätsprinzip der Kognitionsbefugnis inländischer Gerichte in Bezug auf ausländische Verletzungshandlungen entgegensteht – nur für die Entscheidung über den Schaden zuständig ist, der im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verursacht worden ist, zu dem es gehört, oder kann oder muss dieses Gericht auch über nach den Behauptungen des verletzten Urhebers außerhalb dieses Hoheitsgebiets (weltweit) begangene Tathandlungen absprechen?

17.      Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 12. Juli 2021 beim Gerichtshof eingegangen. In der Antwort auf das Ersuchen um Klarstellung, die am 11. Juli 2022 beim Gerichtshof eingegangen ist, änderte das vorlegende Gericht die erste Vorlagefrage dahin ab, dass im vorletzten Gedankenstrich dieser Frage das Wort „jedoch“ durch das Wort „oder“ ersetzt wurde. Die endgültige Fassung der ersten Vorlagefrage lautet daher:

Ist der Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen, dass diese vom (hier nicht in der Union ansässigen) unmittelbaren Betreiber einer Streamingplattform vorgenommen wird, der

–        allein über den Inhalt und die Abdunkelung von von ihm verbreiteten TV-Sendungen entscheidet und diese technisch durchführt,

–        die alleinigen Administratorenrechte für die Streamingplattform hat,

–        Einfluss darauf nehmen kann, welche TV-Programme vom Endnutzer über den Dienst empfangen werden können, jedoch ohne Einfluss auf den Inhalt der Programme nehmen zu können,

–        und alleiniger Kontrollpunkt dafür ist, welche Programme und Inhalte wann auf welchen Territorien zu sehen sind,

wenn dabei jeweils

–        dem Nutzer Zugriff nicht nur auf Sendungsinhalte vermittelt wird, deren Online-Nutzung die jeweiligen Rechtsinhaber erlaubt haben, sondern auch auf solche geschützten Inhalte, bei denen eine entsprechende Rechteklärung unterblieben ist, und

–        der direkte Betreiber einer Streaming-Plattform weiß, dass sein Dienst den Empfang von geschützten Inhalten ermöglicht, die ohne Zustimmung der Berechtigten übermittelt werden, weil die Endkunden die VPN-Dienste nutzen, die den Eindruck erwecken, dass sich die IP-Adresse und die Ausrüstung der Endkunden in Gebieten befinden, für die die Zustimmung des zugelassenen Betreibers vorliegt, oder[(5)]

–        der Empfang von geschützten Sendungsinhalten über die Streamingplattform ohne Zustimmung der Rechteinhaber auch ohne VPN-Tunnelung für mehrere Wochen tatsächlich möglich war?

18.      Die Parteien des Ausgangsverfahrens und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Die Parteien haben zudem schriftliche Antworten auf die Fragen des Gerichtshofs erteilt. Der Gerichtshof hat beschlossen, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

 Würdigung

19.      Das vorlegende Gericht hat dem Gerichtshof in der vorliegenden Rechtssache drei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die erste davon betrifft den Umfang der Haftung des Betreibers einer Streamingplattform(6) für die öffentliche Wiedergabe von urheberrechtlich geschützten Inhalten auf dieser Plattform ohne Erlaubnis der Rechtsinhaber. Die zweite Frage betrifft die etwaige Haftung der Wirtschaftsteilnehmer, die mit diesem Betreiber zusammenarbeiten. In der dritten Frage geht es schließlich um die Reichweite der Zuständigkeit der mitgliedstaatlichen Gerichte in Bezug auf Urheberrechtsverletzungen. Ich werde auf diese Fragen in der Reihenfolge eingehen, in der sie gestellt worden sind.

 Zur ersten Vorlagefrage

20.      Mit der ersten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass ein Betreiber einer Streamingplattform, der eine Fernsehsendung im Internet weiterverbreitet, gegen das in dieser Bestimmung verankerte ausschließliche Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken verstößt, wenn

a)      die Nutzer die gebietsgezogene Zugangssperre mittels eines VPN-Dienstes umgehen, was zur Folge hat, dass die geschützten Werke in der Europäischen Union verfügbar sind, wofür der Betreiber der oben genannten Plattform keine Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers hat, oder

b)      die geschützten Werke ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers auf der genannten Plattform ohne Beschränkungen in der Europäischen Union verfügbar waren.

21.      Diese Problematik berührt zwei grundlegende Fragen, nämlich erstens, ob der Betreiber einer Streamingplattform, auf der eine Fernsehsendung weiterverbreitet wird, eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 vornimmt, und zweitens, ob der Betreiber einer solchen Plattform dafür haftet, dass die Nutzer Zugang zu geschützten Inhalten erhalten, indem sie die von diesem Betreiber eingesetzten Zugangsbeschränkungen umgehen. Ich werde zunächst auf die erste Frage eingehen.

 Weiterverbreitung einer Fernsehsendung im Internet als öffentliche Wiedergabe

22.      Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass „[d]er Begriff ‚öffentliche Wiedergabe‘ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie [2001/29] dahin auszulegen [ist], dass er einer Weiterverbreitung der in eine terrestrische Fernsehsendung integrierten Werke erfasst,

–        die von einer anderen Einrichtung als dem ursprünglichen Sendeunternehmen

–        mittels eines Internetstreamings vorgenommen wird, das den Abonnenten dieser Einrichtung zugänglich gemacht wird, die diese Weiterverbreitung dadurch empfangen können, dass sie sich mit dem Server dieser Einrichtung verbinden,

–        obwohl sich diese Abonnenten im Sendegebiet dieser terrestrischen Fernsehsendung befinden und diese rechtmäßig mittels eines Empfangsgeräts empfangen können“(7).

23.      In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass der Vorbehalt im letzten Gedankenstrich dieser Nummer des Tenors des Urteils vom 7. März 2013, ITV Broadcasting u. a. (C‑607/11, EU:C:2013:147), der den Fall betrifft, dass sich die Abonnenten des Anbieters der Weiterverbreitung im Internet im Sendegebiet dieser terrestrischen Fernsehsendung befinden, nicht bedeutet, dass diese Entscheidung nur in diesen Fällen gilt. Dieser Vorbehalt war erforderlich, um das Argument zu entkräften, dass es an einem sogenannten neuen Publikum fehle, d. h. einem anderen Publikum als dem, an das die ursprüngliche Fernsehsendung gerichtet war. Der Gerichtshof hat angenommen, dass dieser Umstand ohne Bedeutung ist, da die Weiterverbreitung im Internet unter Zuhilfenahme anderer technischer Mittel erfolgt als die ursprüngliche Fernsehübertragung(8). Wenn hingegen die Weiterverbreitung im Internet auch außerhalb des Sendegebiets der ursprünglichen Fernsehübertragung zugänglich ist(9), ist sie zwangsläufig an ein breiteres Publikum gerichtet als die angeführte Fernsehübertragung. Eine solche Weiterverbreitung stellt folglich erst recht eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 dar.

24.      Es spielt auch keine Rolle, ob die Weiterverbreitung im Internet zeitgleich und ohne Änderungen gegenüber der ursprünglichen Fernsehübertragung stattfindet („live streaming“), wie es in der Rechtssache der Fall war, in der das Urteil vom 7. März 2013, ITV Broadcasting u. a. (C‑607/11, EU:C:2013:147), erging, oder ob sie zeitlich verschoben erfolgt. Die Kriterien für die Einstufung einer solchen Weiterverbreitung als öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 sind nämlich das technische Mittel, mit dessen Hilfe sie erfolgt, sowie der Umstand, dass sie durch einen anderen Wirtschaftsteilnehmer vorgenommen wird als den ursprünglichen Fernsehanbieter.

25.      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei jeder Weiterverbreitung einer ursprünglichen Fernsehübertragung im Internet zwar aus technischer Sicht um eine Wiederholung handelt, die von dieser Übertragung abhängig ist, doch aus rechtlicher Sicht die öffentliche Wiedergabe, die diese Weiterverbreitung darstellt, von der Übertragung getrennt und unabhängig ist. Folglich steht der Umstand, dass die ursprüngliche Fernsehübertragung auf ein Gebiet außerhalb der Europäischen Union ausgerichtet war, d. h. außerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie 2001/29, der Annahme nicht entgegen, dass es sich bei der Weiterverbreitung dieser Übertragung im Internet um eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie handelt, soweit diese Weiterverbreitung in einem Gebiet zugänglich ist, in dem diese Richtlinie zur Anwendung kommt.

26.      Die vorstehenden Erwägungen führen zu dem Schluss, dass in der in Nr. 20 Buchst. b der vorliegenden Schlussanträge beschriebenen Situation, d. h., wenn geschützte Werke, die die ursprüngliche Fernsehübertragung außerhalb der Europäischen Union zum Gegenstand hatte, ohne Beschränkungen in der Europäischen Union auf einer Streamingplattform zugänglich sind, auf der diese Übertragung weiterverbreitet wird, der Betreiber dieser Plattform eine öffentliche Wiedergabe dieser Werke vornimmt, wobei diese Wiedergabe dem ausschließlichen Recht in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 unterliegt. Eine solche öffentliche Wiedergabe von Werken stellt mithin, wenn sie ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers erfolgt, eine Verletzung dieses ausschließlichen Rechts dar.

 Haftung für die Umgehung der Zugangsbeschränkungen zu urheberrechtlich geschützten Werken im Internet durch die Nutzer

27.      Ich werde nun auf eine kompliziertere Frage eingehen, und zwar die Haftung des Betreibers der Streamingplattform in der in Nr. 20 Buchst. a der vorliegenden Schlussanträge beschriebenen Situation. In dieser Situation wendet der Betreiber der Streamingplattform zur Wahrung der Rechte des Urheberrechtsinhabers eine geografische Zugangssperre in dem Gebiet an, für das er keine Erlaubnis zur öffentlichen Wiedergabe der geschützten Werke hat, im vorliegenden Fall in der gesamten Europäischen Union, wobei die Nutzer jedoch diese Sperre mittels eines VPN-Dienstes umgehen, der es ihnen ermöglicht, Zugang zu den Werken zu erhalten, als ob sie sich in dem Gebiet aufhielten, das von der Erlaubnis zur öffentlichen Wiedergabe umfasst ist, d. h. in Serbien oder Montenegro.

28.      Geografische Zugangssperren gehören zu den Instrumenten der sogenannten digitalen Rechteverwaltung („digital rights management“)(10). Es handelt sich dabei um verschiedenartige Sicherungsmechanismen, die darauf abzielen, die Nutzung digitaler (elektronischer) Inhalte in einer Weise, die dem Willen des Anbieters dieser Inhalte zuwiderläuft, zu verhindern. Diese Sicherungsmechanismen dienen dazu, Eigenschaften des digitalen Datenformats zu „korrigieren“, die aus der Sicht der Anbieter der Inhalte unerwünscht sind, und zwar die Möglichkeit der praktisch kostenlosen Herstellung einer beliebigen Anzahl vollkommener Kopien und ihrer Übermittlung (insbesondere im Internet) über beliebige Entfernungen. In Bezug auf Inhalte, die im Internet verbreitet werden, können die Instrumente der digitalen Rechteverwaltung, z. B. in Gestalt von geografischen Zugangssperren, auch dazu dienen, den globalen Charakter dieses Mediums aufzuheben und seine virtuelle Aufteilung auf geografische Gebiete zu ermöglichen, worauf ich bereits in der Einleitung zu diesen Schlussanträgen hingewiesen habe.

29.      Die Instrumente der digitalen Rechteverwaltung werden allgemein dazu verwendet, Urheberrechte zu schützen, indem sie die illegale – oder einfach durch die Rechtsinhaber unerwünschte – Nutzung der geschützten Werke, die in digitaler Form vertrieben werden, verhindern. Sie werden auch als Werkzeuge der Verwaltung von Urheberrechten an diesen Werken verwendet, da sie die Erhebung einer gesonderten Gebühr für unterschiedliche Formen der Verbreitung desselben Werks, eine Marktaufteilung nebst sogenannter Preisdiskriminierung zwischen den jeweiligen Marktsegmenten oder die Erhebung von Gebühren für Inhalte ermöglichen, die auf Internetseiten zugänglich gemacht werden.

30.      Die Instrumente der digitalen Rechteverwaltung, die dem Schutz und der Verwaltung von Urheberrechten dienen, stehen ihrerseits unter dem Schutz des Unionsrechts. Art. 6 der Richtlinie 2001/29 verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, „wirksame technische Maßnahmen“, zu denen nach der Begriffsbestimmung in Abs. 3 dieses Artikels Instrumente der digitalen Rechteverwaltung zählen, rechtlich zu schützen.

31.      Auch der Gerichtshof hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die Instrumente der digitalen Rechteverwaltung rechtliche Wirkungen im Unionsrecht entfalten können, u. a., was insbesondere im Hinblick auf die vorliegende Rechtssache von Interesse ist, in Bezug auf die Definition des Begriffs „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29.

32.      Im Urteil vom 13. Februar 2014, Svensson u. a. (C‑466/12, EU:C:2014:76), hat der Gerichtshof entschieden, dass „keine Handlung der öffentlichen Wiedergabe im Sinne dieser Bestimmung vorliegt, wenn auf einer Internetseite anklickbare Links zu Werken bereitgestellt werden, die auf einer anderen Internetseite frei zugänglich sind“(11). Der Gerichtshof hat erläutert, dass eine allgemein zugängliche Internetseite sich an alle Internetnutzer richtet, so dass eine Verlinkung auf ein Werk auf dieser Seite es keinem neuen Publikum zugänglich macht(12).

33.      Eine durch eine Zugangsbeschränkung(13) gesicherte Internetseite richtet sich hingegen nur an ihre Kunden, d. h. Personen, die in legaler Weise Zugang zu ihr erhalten haben. Indem diese Beschränkung umgangen wird und die darauf gespeicherten geschützten Werke anderen Personen zugänglich gemacht werden, sei es auch durch einen Link auf einer anderen Internetseite, wird der Zugang für ein neues Publikum eröffnet, was eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 darstellt(14). Nach Ansicht des Gerichtshofs kann die Anwendung von Instrumenten der digitalen Rechteverwaltung im Internet mithin dazu verwendet werden, den Kreis der Personen (Publikum) zu bestimmen, an den sich die öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 richtet(15).

34.      In der Rechtssache, in der das Urteil von 10. November 2016, Vereniging Openbare Bibliotheken (C‑174/15, EU:C:2016:856), ergangen ist, hat der Gerichtshof entschieden, dass der Verleih von digitalen Bücherkopien von der Ausnahmeregelung für öffentliche Bibliotheken in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2006/115/EG(16) erfasst ist. Voraussetzung dafür war die Anwendung von Instrumenten der digitalen Rechteverwaltung, die den Verleih der digitalen Kopien mit dem Verleih von körperlichen Kopien vergleichbar machte(17).

35.      Im Urteil vom 9. März 2021, VG Bild-Kunst (C‑392/19, EU:C:2021:181), hat der Gerichtshof entschieden, dass „die Einbettung in die Website eines Dritten im Wege der Framing-Technik von urheberrechtlich geschützten und der Öffentlichkeit mit Erlaubnis des Inhabers des Urheberrechts auf einer anderen Website frei zugänglich gemachten Werken eine öffentliche Wiedergabe im Sinne [von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29] darstellt, wenn sie unter Umgehung von Schutzmaßnahmen gegen Framing erfolgt, die der Rechtsinhaber getroffen oder veranlasst hat“(18). Der Gerichtshof hat nämlich angenommen, dass der Urheberrechtsinhaber durch den Einsatz eines technischen Sicherungsmechanismus gegen Framing eines geschützten Werks, das im Internet zugänglich gemacht wurde, den Kreis der Personen, denen dieses Werk zugänglich gemacht werden soll, auf die Nutzer der Internetseite beschränken will, auf der die ursprüngliche Zugänglichmachung erfolgte(19).

36.      Meines Erachtens kann in Bezug auf die geografischen Zugangssperren, um die es in der vorliegenden Rechtssache geht, ähnlich argumentiert werden. Hat der Urheberrechtsinhaber (oder sein Lizenznehmer) eine solche Sperre installiert, richtet er seine Sendung ausschließlich an Personen, die Zugang zu den geschützten Inhalten von einem Gebiet aus erhalten, das durch diesen Rechtsinhaber bestimmt wurde (d. h. einem Gebiet, in dem der Zugang nicht gesperrt ist). Der Rechtsinhaber nimmt folglich keine öffentliche Wiedergabe im übrigen Gebiet vor.

37.      Wenn also auf der Streamingplattform, die GO4YU Beograd gehört, von Grand Production produzierte Unterhaltungssendungen in der Weise mit einer geografischen Zugangssperre versehen werden, dass der Zugang dazu grundsätzlich nur von Serbien und Montenegro aus möglich ist, dann nimmt GO4YU Beograd keine öffentliche Wiedergabe dieser Sendungen in der Europäischen Union vor.

38.      Wie allgemein bekannt, gibt es jedoch weder in der virtuellen noch in der realen Welt Sicherungsmechanismen, die nicht umgangen oder überwunden werden können. Es ist nur manchmal leichter und manchmal schwerer. Dies gilt auch für geografische Zugangssperren. Verschiedenartige technische Mittel, u. a. VPN-Dienste, erlauben die Umgehung dieser Sperren, insbesondere durch eine virtuelle Standortänderung des Nutzers. Es gibt zwar technische Mittel, um solchen Praktiken entgegenzuwirken, doch sind sie niemals unfehlbar und werden dies wahrscheinlich auch nie sein, da die Techniken zu ihrer Überwindung den Sicherungsmechanismen immer einen Schritt voraus sind.

39.      Daraus folgt aber nicht, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, dessen geografische Zugangssperre zu einem geschützten Werk durch die Nutzer umgangen wird, eine öffentliche Wiedergabe dieses Werks in einem Gebiet vornimmt, in dem der Zugang dazu gesperrt ist. Eine solche Schlussfolgerung würde jegliche gebietsbezogene Verwaltung von Urheberrechten im Internet unmöglich machen, da jede öffentliche Wiedergabe eines Werks im Internet grundsätzlich weltweit erfolgen müsste.

40.      Meines Erachtens muss diese Frage ähnlich angegangen werden, wie es der Gerichtshof in den Rechtssachen betreffend Hyperlinks getan hat. Bewirkt ein Hyperlink, dass eine Zugangsbeschränkung zu urheberrechtlich geschützten Inhalten umgangen wird, haftet die Person, die den Hyperlink gesetzt hat, dafür, dass diese Inhalte einem neuen Publikum zugänglich gemacht wurden, und nicht der Betreiber der Internetseite, auf der die ursprüngliche Zugänglichmachung erfolgte und deren Zugangsbeschränkungen überwunden wurden.

41.      Eine Besonderheit der vorliegenden Rechtssache ist darin zu sehen, dass es keinen Dritten gibt, der die Sendungen, die von Grand Production produziert wurden, Nutzern unter Verletzung der geografischen Zugangssperre zugänglich macht, die von GO4YU Beograd verwendet wird. Es sind die Nutzer selbst, die diese Sperre umgehen und Zugang zu den angeführten Sendungen ohne irgendwelche Vermittler erhalten(20).

42.      Dies scheint mir jedoch kein hinreichender Grund zu sein, um GO4YU Beograd für diesen Umstand haftbar zu machen. Grand Production hat vermutlich recht, wenn sie behauptet, dass GO4YU Beograd sich dessen bewusst ist, dass ihre geografische Zugangssperre mittels VPN-Diensten umgangen wird. Grand Production ist sich dessen jedoch in gleicher Weise bewusst. Die Umgehung unterschiedlicher Sicherungsmechanismen stellt ein Risiko dar, das mit der Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Werken in digitaler Form, insbesondere im Internet, untrennbar verbunden ist. Als sie GO4YU Beograd die Erlaubnis erteilt hat, ihre Sendungen auf einer Streamingplattform in einem bestimmten Gebiet öffentlich wiederzugeben, muss sich Grand Production bewusst gewesen sein, dass eine gewisse Anzahl an Nutzern darauf von außerhalb dieses Gebiets wird zugreifen können.

43.      Daraus folgt jedoch nicht, dass GO4YU Beograd dafür verantwortlich gemacht werden kann, dass diese Sendungen diesen Nutzern öffentlich zugänglich gemacht wurden. Nach der vorstehend dargelegten Logik der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestimmt der Wille des Wirtschaftsteilnehmers, der die öffentliche Wiedergabe vornimmt, den Kreis der Personen, an die diese Wiedergabe gerichtet ist, wobei sich dieser Wille aus den verwendeten technischen Sicherungsmechanismen ergibt.

44.      Anders verhielte es sich nur, wenn GO4YU Beograd absichtlich eine unwirksame geografische Zugangssperre anwenden würde, um es in Wirklichkeit Personen außerhalb des Gebiets, in dem sie zur öffentlichen Wiedergabe der von Grand Production produzierten Sendungen berechtigt ist, zu ermöglichen, leichter auf diese Sendungen zuzugreifen, als dies im Internet objektiv möglich ist, insbesondere im Vergleich zu den allgemein zugänglichen VPN-Diensten. In einer solchen Situation müsste angenommen werden, dass GO4YU Beograd Handlungen – im vollen Bewusstsein ihrer Konsequenzen – unternimmt, die darauf abzielen, ihren Kunden den Zugang zu einem geschützten Werk zu eröffnen, auf das ihre Kunden grundsätzlich nicht zugreifen könnten, wenn sie diese Handlungen unterließe(21). Dies festzustellen, ist Sache des vorlegenden Gerichts. Die Parteien eines Lizenzvertrags können jedoch in diesem Vertrag weiter gehende Verpflichtungen des Lizenznehmers vereinbaren, was die Zugangsbeschränkungen zu Inhalten angeht, die Gegenstand dieses Vertrags sind.

 Antwort auf die erste Vorlagefrage

45.      In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen schlage ich vor, die erste Vorlagefrage in der Weise zu beantworten, dass Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass ein Betreiber einer Streamingplattform, der eine Fernsehübertragung im Internet weiterverbreitet, das in dieser Bestimmung verankerte ausschließliche Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken nicht verletzt, wenn die Nutzer mittels eines VPN-Dienstes die geografische Zugangssperre in der Weise umgehen, dass die geschützten Werke in der Europäischen Union zugänglich sind, wofür der Betreiber dieser Plattform keine Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers hat. Ein solcher Betreiber verletzt jedoch dieses Recht, wenn die geschützten Werke auf der genannten Plattform ohne Beschränkungen in der Europäischen Union zugänglich sind, ohne dass der Urheberrechtsinhaber die Erlaubnis dazu erteilt hat.

 Zur zweiten Vorlagefrage

46.      Mit seiner zweiten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der mit dem Betreiber einer Streamingplattform, auf der urheberrechtlich geschützte Werke wiedergegeben werden, in Verbindung steht, der Werbung für diese Plattform macht, mit Kunden Verträge über die von ihrem Betreiber erbrachten Dienstleistungen schließt und sich um die Kundenpflege kümmert, jedoch weder auf die Inhalte Einfluss hat, die auf der Plattform zugänglich gemacht werden, noch auf die dort angewendeten Zugangsbeschränkungen, die darauf abzielen, die Urheberrechte Dritter zu schützen, ebenfalls eine öffentliche Wiedergabe im Sinne dieser Bestimmung vornimmt.

47.      Die Antwort auf diese Frage kann meines Erachtens der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs zur öffentlichen Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 entnommen werden.

48.      In meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Stim und SAMI (C‑753/18, EU:C:2020:4) hatte ich bereits Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung zwar das Vorliegen einer öffentlichen Wiedergabehandlung unter zahlreichen Umständen festgestellt hat, die über den Rahmen einer einfachen direkten Verbreitung eines Werkes hinausgehen, diese Situationen aber alle eine Gemeinsamkeit haben, und zwar den unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Tätigwerden des Nutzers und den öffentlich wiedergegebenen urheberrechtlich geschützten Werken. Dieser unmittelbare Zusammenhang ist das zentrale Element, ohne das man nicht von einer Wiedergabehandlung in Bezug auf diese Werke sprechen kann(22). Der Gerichtshof ist meinem Vorschlag zur Beantwortung der Vorlagefrage in jener Rechtssache gefolgt und hat entschieden, dass die Vermietung von mit einem Radioempfangsgerät ausgestatteten Fahrzeugen keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von insbesondere Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 darstellt(23).

49.      Die spätere Rechtsprechung des Gerichtshofs zur öffentlichen Wiedergabe von urheberrechtlich geschützten Werken im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 ändert daran nichts. Insbesondere hat der Gerichtshof im Urteil vom 22. Juni 2021, YouTube und Cyando (C‑682/18 und C‑683/18, EU:C:2021:503), entschieden, dass seitens des Betreibers einer Video-Sharing- oder Sharehosting-Plattform nur dann eine (urheberrechtswidrige) „öffentliche Wiedergabe“ dieser geschützten Werke erfolgt, wenn der Betreiber von der rechtsverletzenden Zugänglichmachung eines geschützten Inhalts auf seiner Plattform konkret Kenntnis hat und diesen Inhalt nicht unverzüglich löscht oder den Zugang zu ihm sperrt oder wenn er, obwohl er weiß oder wissen müsste, dass über seine Plattform im Allgemeinen durch Nutzer derselben geschützte Inhalte rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden, nicht die geeigneten technischen Maßnahmen ergreift, die von einem die übliche Sorgfalt beachtenden Wirtschaftsteilnehmer in seiner Situation erwartet werden können, um Urheberrechtsverletzungen auf dieser Plattform glaubwürdig und wirksam zu bekämpfen, oder auch, wenn er an der Auswahl geschützter Inhalte, die rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden, beteiligt ist, auf seiner Plattform Hilfsmittel anbietet, die speziell zum unerlaubten Teilen solcher Inhalte bestimmt sind, oder ein solches Teilen wissentlich fördert(24). Die bloße Bereitstellung einer Internetplattform, auf der urheberrechtlich geschützte Werke verbreitet werden können, genügt hingegen nicht zur Feststellung, dass der Betreiber einer solchen Plattform eine öffentliche Wiedergabe dieser Werke im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 vornimmt, und zwar selbst dann nicht, wenn ohne eine solche Plattform die Nutzer nicht in der Lage wären, diese Werke zu verbreiten(25).

50.      In der vorliegenden Rechtssache fehlt es an einem solchen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Tätigkeit der Wirtschaftsteilnehmer, auf die sich die zweite Vorlagefrage bezieht, und den Werken, die auf der Streamingplattform von GO4YU Beograd öffentlich wiedergegeben werden und zu denen auch die von Grand Production produzierten Unterhaltungssendungen zählen. Diese Wirtschaftsteilnehmer tragen ohne Zweifel dazu bei, dass diese Plattform funktionieren kann, indem sie zwischen der Plattform und ihren Kunden vermitteln. Man könnte sogar sagen, dass ihre Tätigkeit unentbehrlich ist, damit diese Kunden Zugang zu den Inhalten erhalten, die auf dieser Plattform verbreitet werden, weil dazu ein Dauerbezugsvertrag geschlossen werden muss. Diese Wirtschaftsteilnehmer haben jedoch weder Einfluss auf die Inhalte, die auf dieser Plattform verbreitet werden, noch Möglichkeiten, etwaigen Urheberrechtsverletzungen vorzubeugen.

51.      Der vom vorlegenden Gericht in der zweiten Frage angeführte Umstand, dass die Kunden zu Beginn nicht darüber informiert werden, dass bestimmte Inhalte auf der Plattform nicht verfügbar sind, u. a. die Unterhaltungssendungen von Grand Production, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die fehlende Unterrichtung der Kunden über die Nichtverfügbarkeit bestimmter Inhalte ändert nichts an dieser Nichtverfügbarkeit als solcher. Meines Erachtens besteht auch kein offensichtlicher Kausalzusammenhang zwischen der fehlenden Unterrichtung der Kunden über die Nichtverfügbarkeit dieser Inhalte und der Neigung dieser Kunden, die geografische Zugangssperre zu umgehen, die zu dieser Nichtverfügbarkeit führt. Zudem tragen nach meiner Ansicht, wie ich bereits vorstehend ausgeführt habe, der Betreiber einer Streamingplattform und erst recht die mit ihm verbundenen Wirtschaftsteilnehmer keine Verantwortung dafür, dass die Nutzer die technischen Zugangsbeschränkungen zu urheberrechtlich geschützten Werken umgehen.

52.      Die mit dem Betreiber einer solchen Plattform verbundenen Wirtschaftsteilnehmer setzen sich möglicherweise akzessorischer Haftung wegen der Erleichterung oder des Zusammenwirkens bei der Urheberrechtsverletzung aus, wenn eine Verletzung dieser Rechte festgestellt wird. Diese Haftung ist jedoch im Unionsrecht nicht harmonisiert und unterliegt ausschließlich dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten.

53.      In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen schlage ich vor, auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der mit dem Betreiber einer Streamingplattform verbunden ist, auf der urheberrechtlich geschützte Werke zugänglich gemacht werden, der Werbung für diese Plattform macht, Verträge mit Kunden über die von ihrem Betreiber erbrachten Dienstleistungen abschließt und sich um die Kundenpflege kümmert, jedoch weder auf die Inhalte Einfluss hat, die auf der Plattform zugänglich gemacht werden, noch auf die dort angewendeten Zugangsbeschränkungen, die darauf abzielen, die Urheberrechte Dritter zu schützen, keine öffentliche Wiedergabe im Sinne dieser Bestimmung vornimmt.

 Zur dritten Vorlagefrage

54.      In der dritten Vorlagefrage geht es um die Reichweite der Zuständigkeit der Gerichte der Mitgliedstaaten für Klagen, die auf einer unerlaubten Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, beruhen und Urheberrechtsverletzungen betreffen. Nach dem Wortlaut dieser Frage, wie ihn das vorlegende Gericht formuliert hat, geht es um die Auslegung von Art. 2 Buchst. a und e sowie Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 in Verbindung mit Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012.

55.      Das vorlegende Gericht führt aus, dass dieser Frage Zweifel zugrunde lägen, die ihm in Anbetracht der Rechtsprechung des Gerichtshofs gekommen seien. Einerseits habe der Gerichtshof nämlich entschieden, dass im Fall der Geltendmachung einer Verletzung von Urheberrechten, die vom Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts gewährleistet würden, dieses Gericht – in Anknüpfung an den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (Erfolgsort) – für eine Klage auf Schadensersatz wegen Verletzung dieser Rechte durch die Veröffentlichung von geschützten Werken auf einer in seinem Bezirk zugänglichen Website zuständig sei, allerdings nur, soweit der Schaden im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats verursacht worden sei(26).

56.      Andererseits habe der Gerichtshof auch entschieden, dass eine Person, deren Persönlichkeitsrechte durch die Veröffentlichung unrichtiger Angaben über sie im Internet und durch das Unterlassen der Entfernung sie betreffender Kommentare verletzt worden sein sollten, Klage auf Richtigstellung der Angaben, auf Verpflichtung zur Entfernung der Kommentare und auf Ersatz des gesamten entstandenen Schadens bei den Gerichten des Mitgliedstaats erheben könne, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Interessen befinde. Diese Person könne jedoch nicht vor den Gerichten jedes Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die im Internet veröffentlichten Informationen zugänglich seien oder gewesen seien, eine Klage auf Richtigstellung der Angaben und Entfernung der Kommentare erheben(27).

57.      In der vorliegenden Rechtssache möchte das vorlegende Gericht wissen, ob in Anbetracht des Gegenstands des Ausgangsverfahrens, in dem es nicht um einen Schadensersatzanspruch geht, sondern die Anwendung vorläufigen Rechtsschutzes durch ein Verbot der öffentlichen Wiedergabe von Werken der Klägerin im Internet, die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts anhand des erstgenannten Urteils zu bestimmten ist, diese Zuständigkeit also auf Österreich begrenzt wäre, oder anhand des zweitgenannten Urteils, was zur Folge hätte, dass die österreichischen Gerichte für die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen mit weltweiter Wirkung zuständig wären.

58.      Ich habe allerdings Bedenken, ob diese Vorlagefrage zulässig ist, da meines Erachtens der Gerichtshof nicht in der Lage ist, dem vorlegenden Gericht eine Antwort zu erteilen, die für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits dienlich wäre. Diese Bedenken scheinen auch die Parteien des Ausgangsverfahrens zu teilen.

59.      Erstens erging die vorstehend angeführte Rechtsprechung des Gerichtshofs nämlich zu Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012(28), auf den das vorlegende Gericht auch in seiner Frage verweist. Diese Bestimmung begründet in Fällen, in denen eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, den Gegenstand des Verfahrens bilden, die Zuständigkeit des Gerichts des Orts, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist. Es ist dieser Kontext, in dem der Gerichtshof in der angeführten Rechtsprechung die Grenzen der Zuständigkeit der mitgliedstaatlichen Gerichte festgelegt hat. Im Ausgangsverfahren in der vorliegenden Rechtssache kommt diese Bestimmung jedoch nicht zur Anwendung.

60.      Was GO4YU Beograd angeht, so hat sie ihren Sitz in Serbien, d. h. außerhalb des Hoheitsgebiets der Union, wohingegen der Anwendungsbereich von Art. 7 der Verordnung Nr. 1215/2012 auf Beklagte beschränkt ist, deren Wohnsitz (Sitz) sich in den Mitgliedstaaten befindet. Hat der Beklagte jedoch keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, so bestimmt sich die Zuständigkeit der Gerichte eines jeden Mitgliedstaats gemäß Art. 6 Abs. 1 der angeführten Verordnung nach dessen eigenem Recht.

61.      Die übrigen Beklagten im Ausgangsverfahren haben ihren Sitz bzw. Wohnsitz in Österreich, d. h. im Mitgliedstaat des vorlegenden Gerichts. Die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte in Verfahren gegen diese Beklagten wird nicht durch Art. 7 Abs. 2 bestimmt, da diese Vorschrift auf Beklagte Anwendung findet, die vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats als des ihres Wohnsitzes verklagt werden, sondern durch Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012, wonach eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, vor einem Gericht dieses Mitgliedstaats verklagt werden kann. Die Zuständigkeit der Gerichte dieses Mitgliedstaats hat allgemeinen Charakter und gilt grundsätzlich ohne Einschränkungen, insbesondere kann sie nicht durch Zuständigkeitsvorschriften begrenzt werden(29). Die in den Nrn. 55 und 56 der vorliegenden Schlussanträge angeführte Rechtsprechung des Gerichtshofs kann folglich nicht zur Anwendung kommen.

62.      Diese Rechtsprechung kann ebenso wenig zur Anwendung kommen, wenn die österreichischen Gerichte aufgrund österreichischer Rechtsvorschriften gemäß Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 zur Entscheidung über die Klage gegen GO4YU Beograd berufen sind, weil diese Klage im Zusammenhang mit der Klage gegen die übrigen Beklagten steht(30). Die insoweit bestehende Zuständigkeit muss nämlich ihrer Reichweite nach derjenigen entsprechen, die sich aus Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung ergibt. Es handelt sich dabei jedenfalls um eine Frage des nationalen Rechts(31).

63.      Zweitens erläutert das vorlegende Gericht nicht, inwiefern die Erwägungen des Gerichtshofs im Urteil vom 17. Oktober 2017, Bolagsupplysningen und Ilsjan (C‑194/16, EU:C:2017:766), eine unbeschränkte Zuständigkeit der österreichischen Gerichte begründen sollten.

64.      Es deutet nämlich zum einen nichts darauf hin, dass der Interessenschwerpunkt von Grand Production in Österreich und nicht in Serbien liegt, wo diese Gesellschaft ihren Sitz hat. Die Parteien des Ausgangsverfahrens stellen im Übrigen in Beantwortung der Frage des Gerichtshofs selbst fest, dass die Lehre vom Interessenschwerpunkt in der vorliegenden Rechtssache nicht zur Anwendung kommt.

65.      Wenn man zum anderen einen Analogieschluss zu den Ausführungen des Gerichtshofs ziehen wollte, wonach in Anbetracht der Allgegenwärtigkeit der Informationen und Inhalte, die im Internet veröffentlicht werden, und des Umstands, dass diese grundsätzlich weltweit verbreitet werden, die Forderung nach einer Berichtigung der Informationen und Entfernung der Inhalte einheitlich gesehen werden muss und nicht geteilt werden kann, so dass sie nur vor einem Gericht erhoben werden kann, das für den gesamten Schadensersatzanspruch zuständig ist(32), wäre die dritte Vorlagefrage in der vorliegenden Rechtssache gegenstandslos. Nach diesen Ausführungen sind nämlich alle Forderungen nach einer Berichtigung oder Entfernung von Inhalten im Internet(33) vor einem Gericht mit unbeschränkter örtlicher Zuständigkeit geltend zu machen, das zunächst auf der Grundlage der anwendbaren Rechtsvorschriften zu bestimmen ist, wobei in der vorliegenden Rechtssache die österreichischen Zuständigkeitsvorschriften in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 zur Anwendung kommen. Es ist daher nicht mehr erforderlich, die Reichweite der Zuständigkeit dieses Gerichts zu prüfen.

66.      In Anbetracht dieser Erwägungen schlage ich vor, die dritte Vorlagefrage für unzulässig zu erklären.

 Ergebnis

67.      Nach alledem schlage ich vor, die Vorlagefragen des Obersten Gerichtshofs (Österreich) wie folgt zu beantworten:

1.      Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft

ist dahin auszulegen,

dass ein Betreiber einer Streamingplattform, der eine Fernsehübertragung im Internet weiterverbreitet, das in dieser Bestimmung verankerte ausschließliche Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken nicht verletzt, wenn die Nutzer mittels eines virtuellen privaten Netzwerks (VPN) die geografische Zugangssperre in der Weise umgehen, dass die geschützten Werke in der Europäischen Union zugänglich sind, wofür der Betreiber dieser Plattform keine Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers hat; ein solcher Betreiber verletzt jedoch dieses Recht, wenn die geschützten Werke auf seiner Plattform ohne Beschränkungen in der Europäischen Union zugänglich sind, ohne dass der Urheberrechtsinhaber die Erlaubnis dazu erteilt hat.

2.      Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29

ist zudem dahin auszulegen,

dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der mit dem Betreiber einer Streamingplattform verbunden ist, auf der urheberrechtlich geschützte Werke zugänglich gemacht werden, der Werbung für diese Plattform macht, Verträge mit Kunden über die von ihrem Betreiber erbrachten Dienstleistungen abschließt und sich um die Kundenpflege kümmert, jedoch weder auf die Inhalte Einfluss hat, die auf der Plattform zugänglich gemacht werden, noch auf die dort angewendeten Zugangsbeschränkungen, die darauf abzielen, die Urheberrechte Dritter zu schützen, keine öffentliche Wiedergabe im Sinne dieser Bestimmung vornimmt.


1      Originalsprache: Polnisch.


2      ABl. 2012, L 351, S. 1.


3      ABl. 2001, L 167, S. 10.


4      Der Nutzer tritt im Internet unter der IP-Adresse und dem Standort des VPN-Servers auf.


5      Hervorhebung nur hier. Im Original „oder“.


6      An dieser Stelle ist zu betonen, worauf die Kommission zutreffend hinweist, dass es sich hierbei nicht um eine Plattform handelt, auf der Inhalte durch die Nutzer veröffentlicht werden, sondern um eine Internetseite, deren Betreiber vollumfänglich über die dort zugänglich gemachten Inhalte entscheidet.


7      Urteil vom 7. März 2013, ITV Broadcasting u. a. (C‑607/11, EU:C:2013:147, Nr. 1 des Tenors).


8      Urteil vom 7. März 2013, ITV Broadcasting u. a. (C‑607/11, EU:C:2013:147, Rn. 39).


9      Wie es in der vorliegenden Rechtssache der Fall ist, in der eine auf Serbien ausgerichtete Fernsehsendung über das Internet auch außerhalb seines Gebiets zugänglich ist, insbesondere in der Europäischen Union.


10      Ausführlicher zu gebietsbezogenen Zugangssperren und den rechtlichen Folgen ihrer Umgehung vgl.: Kra-Oz, T., „Geoblocking and the Legality of Circumvention“, IDEA – The Journal of the Franklin Pierce Center for Intellectual Property, Bd. 57 (2017), S. 385 bis 430; Trimble, M., „Copyright and Geoblocking: The Consequences of Eliminating Geoblocking“, Boston University Journal of Science & Technology Law, Bd. 25 (2019), S. 476 bis 502.


11      Nr. 1 des Tenors. Hervorhebung nur hier.


12      Urteil vom 13. Februar 2014, Svensson u. a. (C‑466/12, EU:C:2014:76, Rn. 27 und 28).


13      Also eine bestimmte Art von Instrument der digitalen Rechteverwaltung.


14      Urteil vom 13. Februar 2014, Svensson u. a. (C‑466/12, EU:C:2014:76, Rn. 27 und 31).


15      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. November 2016, Soulier und Doke (C‑301/15, EU:C:2016:878, Rn. 36).


16      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl. 2006, L 376, S. 28).


17      Urteil vom 10. November 2016, Vereniging Openbare Bibliotheken (C‑174/15, EU:C:2016:856, Rn. 51 bis 53 und Nr. 1 des Tenors).


18      Tenor. Hervorhebung nur hier.


19      Urteil vom 9. März 2021, VG Bild-Kunst (C‑392/19, EU:C:2021:181, Rn. 42 und 43).


20      Es treten dabei natürlich Vermittler in Gestalt der Betreiber der VPN-Dienste auf. Ihre Vermittlung beschränkt sich jedoch auf den Zugang zum Internet und umfasst nicht die Zugänglichmachung der konkreten urheberrechtlich geschützten Werke. Es dürfte sich dabei um Vermittler im Sinne von Art. 12 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ABl. 2000, L 178, S. 1) handeln.


21      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. April 2017, Stichting Brein (C‑527/15, EU:C:2017:300, Rn. 31).


22      Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Stim und SAMI (C‑753/18, EU:C:2020:4, Nrn. 24 bis 35).


23      Urteil vom 2. April 2020, Stim und SAMI (C‑753/18, EU:C:2020:268, Tenor).


24      Urteil vom 22. Juni 2021, YouTube und Cyando (C‑682/18 und C‑683/18, EU:C:2021:503, Nr. 1 des Tenors).


25      Urteil vom 22. Juni 2021, YouTube und Cyando (C‑682/18 und C‑683/18, EU:C:2021:503, Rn. 77 bis 79).


26      Urteil vom 22. Januar 2015, Hejduk (C‑441/13, EU:C:2015:28, Tenor).


27      Urteil vom 17. Oktober 2017, Bolagsupplysningen und Ilsjan (C‑194/16, EU:C:2017:766, Tenor).


28      Beziehungsweise auf (den ihm entsprechenden) Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1), die aufgehoben und durch die Verordnung Nr. 1215/2012 ersetzt wurde.


29      Vgl. ähnlich meine Schlussanträge in der Rechtssache Glawischnig-Piesczek (C‑18/18, EU:C:2019:458, Nrn. 85 und 86 sowie Fn. 42 und die dort angeführte Literatur).


30      In seinem Ersuchen erläutert das vorlegende Gericht nicht, auf welcher Grundlage die österreichischen Gerichte ihre Zuständigkeit für die Entscheidung über die Klage gegen GO4YU Beograd gestützt haben. Das österreichische Recht scheint jedoch die Möglichkeit vorzusehen, den Streit einer Person zu verkünden, die ihren Sitz in einem Drittstaat hat (vgl. Petz, T., in: Toshiyuki, K., Intellectual Property and Private International Law: Comparative Perspectives, Bloomsbury Publishing (UK), 2012, S. 310 ff.)


31      Art. 8 Nr. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 kommt in der vorliegenden Rechtssache nicht zur Anwendung, da dieser Artikel ähnlich wie Art. 7 dieser Verordnung nur auf Beklagte Anwendung findet, die ihren Wohnsitz (Sitz) im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben (vgl. entsprechend Urteil vom 11. April 2013, Sapir u. a., C‑645/11, EU:C:2013:228, Nr. 3 des Tenors).


32      Urteil vom 17. Oktober 2017, Bolagsupplysningen und Ilsjan (C‑194/16, EU:C:2017:766, Rn. 48).


33      Entsprechendes gilt für den Antrag auf Untersagung der Zugänglichmachung von urheberrechtlich geschützten Werken im Internet.