Language of document : ECLI:EU:C:2023:521

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

29. Juni 2023(*)

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Umwelt – Richtlinie 2008/50/EG – Luftqualität – Systematische und andauernde Überschreitung des Jahresgrenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) – Geeignete Maßnahmen – So kurz wie möglich gehaltener Zeitraum der Nichteinhaltung“

In der Rechtssache C‑220/22

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 25. März 2022,

Europäische Kommission, vertreten durch I. Melo Sampaio und M. Noll-Ehlers als Bevollmächtigte,

Klägerin,

gegen

Portugiesische Republik, vertreten durch H. Almeida, P. Barros da Costa und J. Reis Silva als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. G. Xuereb sowie der Richter T. von Danwitz (Berichterstatter) und A. Kumin,

Generalanwalt: A. Rantos,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen,

–        dass die Portugiesische Republik dadurch, dass sie seit dem 1. Januar 2010 in den Gebieten Lisboa Norte (PT‑3001), Porto Litoral (PT‑1004) und Entre Douro e Minho (PT‑1009) den Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) systematisch und andauernd überschritten hat, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. 2008, L 152, S. 1) in Verbindung mit Anhang XI Abschnitt B dieser Richtlinie verstoßen hat,

–        dass die Portugiesische Republik in Bezug auf alle diese Gebiete gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50, allein und in Verbindung mit Anhang XV Abschnitt A dieser Richtlinie, und insbesondere gegen ihre Verpflichtung aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie verstoßen hat, geeignete Maßnahmen zu treffen, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung des für den betreffenden Schadstoff festgelegten Jahresgrenzwerts so kurz wie möglich gehalten wird.

 Rechtlicher Rahmen

2        Die Erwägungsgründe 2, 17 und 18 der Richtlinie 2008/50 sehen vor:

„(2)      Zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt insgesamt ist es von besonderer Bedeutung, den Ausstoß von Schadstoffen an der Quelle zu bekämpfen und die effizientesten Maßnahmen zur Emissionsminderung zu ermitteln und auf lokaler, nationaler und gemeinschaftlicher Ebene anzuwenden. Deshalb sind Emissionen von Luftschadstoffen zu vermeiden, zu verhindern oder zu verringern und angemessene Luftqualitätsziele festzulegen, wobei die einschlägigen Normen, Leitlinien und Programme der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu berücksichtigen sind.

(17)      Die zur Verringerung der Emissionen an der Quelle notwendigen Gemeinschaftsmaßnahmen, insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung der Wirksamkeit der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über Industrieemissionen, zur Begrenzung der Abgase von Schwerfahrzeugmotoren, zur zusätzlichen Senkung der zulässigen einzelstaatlichen Emissionsmengen entscheidender Schadstoffe und der Emissionsmengen, die durch das Betanken von Fahrzeugen mit Ottomotor an Tankstellen bedingt sind, sowie die Maßnahmen zur Eindämmung des Schwefelgehalts von Kraftstoffen, einschließlich Schiffskraftstoffen, sollten von allen beteiligten Institutionen mit gebührendem Vorrang geprüft werden.

(18)      Für Gebiete und Ballungsräume, in denen die Schadstoffkonzentrationen in der Luft die einschlägigen Luftqualitätszielwerte oder ‑grenzwerte gegebenenfalls zuzüglich zeitlich befristeter Toleranzmargen überschreiten, sollten Luftqualitätspläne erstellt werden. Luftschadstoffe werden durch viele verschiedene Quellen und Tätigkeiten verursacht. Damit die Kohärenz zwischen verschiedenen Strategien gewährleistet ist, sollten solche Luftqualitätspläne soweit möglich aufeinander abgestimmt und in die Pläne und Programme gemäß der Richtlinie 2001/80/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeuerungsanlagen in die Luft [(ABl. 2001, L 309, S. 1)], der Richtlinie 2001/81/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe (ABl. 2001, L 309, S. 22)] und der Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm [(ABl. 2002, L 189, S. 12)] einbezogen werden. Die in dieser Richtlinie enthaltenen Luftqualitätsziele werden auch in den Fällen uneingeschränkt berücksichtigt, in denen auf Grund der Richtlinie 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung [(ABl. 2008, L 24, S. 8)] Genehmigungen für industrielle Tätigkeiten erteilt werden.“

3        Art. 1 („Gegenstand“) der Richtlinie 2008/50 bestimmt in den Nrn. 1 bis 3:

„Die in dieser Richtlinie festgelegten Maßnahmen dienen folgenden Zielen:

1.      Definition und Festlegung von Luftqualitätszielen zur Vermeidung, Verhütung oder Verringerung schädlicher Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt;

2.      Beurteilung der Luftqualität in den Mitgliedstaaten anhand einheitlicher Methoden und Kriterien;

3.      Gewinnung von Informationen über die Luftqualität als Beitrag zur Bekämpfung von Luftverschmutzungen und ‑belastungen und zur Überwachung der langfristigen Tendenzen und der Verbesserungen, die aufgrund einzelstaatlicher und gemeinschaftlicher Maßnahmen erzielt werden“.

4        Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) dieser Richtlinie sieht in den Nrn. 5, 7, 8, 16, 18 und 24 vor:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

5.      ‚Grenzwert‘ ist ein Wert, der aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse mit dem Ziel festgelegt wird, schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt insgesamt zu vermeiden, zu verhüten oder zu verringern, und der innerhalb eines bestimmten Zeitraums eingehalten werden muss und danach nicht überschritten werden darf;

7.      ,Toleranzmarge‘ ist der Prozentsatz des Grenzwerts, um den dieser unter den in dieser Richtlinie festgelegten Bedingungen überschritten werden darf;

8.      ,Luftqualitätspläne‘ sind Pläne, in denen Maßnahmen zur Erreichung der Grenzwerte oder Zielwerte festgelegt sind;

16.      ‚Gebiet‘ ist ein Teil des Hoheitsgebiets eines Mitgliedstaats, das dieser Mitgliedstaat für die Beurteilung und Kontrolle der Luftqualität abgegrenzt hat;

18.      ,PM10‘ sind die Partikel, die einen größenselektierenden Lufteinlass gemäß der Referenzmethode für die Probenahme und Messung von PM10, EN 12341, passieren, der für einen aerodynamischen Durchmesser von 10 μm eine Abscheidewirksamkeit von 50 % aufweist;

24.      ‚Stickstoffoxide‘ sind die Summe der Volumenmischungsverhältnisse (ppbv) von Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid, ausgedrückt in der Einheit der Massenkonzentration von Stickstoffdioxid (μg/m3)“.

5        Art. 13 („Grenzwerte und Alarmschwellen für den Schutz der menschlichen Gesundheit“) dieser Richtlinie bestimmt in Abs. 1:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass überall in ihren Gebieten und Ballungsräumen die Werte für Schwefeldioxid, PM10, Blei und Kohlenmonoxid in der Luft die in Anhang XI festgelegten Grenzwerte nicht überschreiten.

Die in Anhang XI festgelegten Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Benzol dürfen von dem dort festgelegten Zeitpunkt an nicht mehr überschritten werden.

Die Einhaltung dieser Anforderungen wird nach Anhang III beurteilt.

Die in Anhang XI festgelegten Toleranzmargen sind gemäß Artikel 22 Absatz 3 und Artikel 23 Absatz 1 anzuwenden.“

6        In Art. 23 („Luftqualitätspläne“) Abs. 1 dieser Richtlinie heißt es:

„Überschreiten in bestimmten Gebieten oder Ballungsräumen die Schadstoffwerte in der Luft einen Grenzwert oder Zielwert zuzüglich einer jeweils dafür geltenden Toleranzmarge, sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass für diese Gebiete oder Ballungsräume Luftqualitätspläne erstellt werden, um die entsprechenden in den Anhängen XI und XIV festgelegten Grenzwerte oder Zielwerte einzuhalten.

Im Falle der Überschreitung dieser Grenzwerte, für die die Frist für die Erreichung bereits verstrichen ist, enthalten die Luftqualitätspläne geeignete Maßnahmen, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten werden kann. Die genannten Pläne können zusätzlich gezielte Maßnahmen zum Schutz empfindlicher Bevölkerungsgruppen, einschließlich Maßnahmen zum Schutz von Kindern, vorsehen.

Diese Luftqualitätspläne müssen mindestens die in Anhang XV Abschnitt A aufgeführten Angaben umfassen und können Maßnahmen gemäß Artikel 24 umfassen. Diese Pläne sind der Kommission unverzüglich, spätestens jedoch zwei Jahre nach Ende des Jahres, in dem die erste Überschreitung festgestellt wurde, zu übermitteln.

Müssen für mehrere Schadstoffe Luftqualitätspläne ausgearbeitet oder durchgeführt werden, so arbeiten die Mitgliedstaaten gegebenenfalls für alle betreffenden Schadstoffe integrierte Luftqualitätspläne aus und führen sie durch.“

7        Art. 27 der Richtlinie 2008/50 enthält Pflichten hinsichtlich der Vorlage der von den nationalen Behörden übermittelten Jahresberichte über die Luftqualität. Er bestimmt, dass die Mitgliedstaaten der Kommission spätestens neun Monate nach Ablauf jedes Jahres Informationen über die Luftqualität übermitteln müssen, einschließlich in Bezug auf die Gebiete und Ballungsräume, in denen die Werte eines oder mehrerer Schadstoffe die in dieser Richtlinie festgelegten Grenzwerte, zuzüglich einer etwaigen Toleranzmarge, überschreiten.

8        Anhang XI („Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit“) dieser Richtlinie legt in Abschnitt B folgende Grenzwerte für NO2 fest:

„…

Mitteilungszeitraum

Grenzwert

Toleranzmarge

Frist für die Einhaltung des Grenzwerts


Stickstoffdioxid

Stunde

200 μg/m3 dürfen nicht öfter als 18-mal im Kalenderjahr überschritten werden

… 0 % am 1. Januar 2010

1. Januar 2010

Kalenderjahr

40 μg/m3

… 0 % am 1. Januar 2010

1. Januar 2010


…“

9        In Anhang XV dieser Richtlinie sind die in den örtlichen, regionalen oder einzelstaatlichen Luftqualitätsplänen zu berücksichtigenden Informationen aufgeführt. Nach Abschnitt A Nr. 8 dieses Anhangs sind Angaben zu den zur Verminderung der Verschmutzung beschlossenen Maßnahmen oder Vorhaben einschließlich der Auflistung und Beschreibung aller in dem betreffenden Vorhaben genannten Maßnahmen, des Zeitplans für die Durchführung dieser Maßnahmen sowie der Schätzung der angestrebten Verbesserung der Luftqualität und des für die Verwirklichung dieser Ziele veranschlagten Zeitraums erforderlich.

 Vorverfahren

10      Am 28. Mai 2015 richtete die Kommission an die Portugiesische Republik ein Mahnschreiben wegen der Nichteinhaltung des in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwerts für ΝΟ2 in der Luft in den Gebieten Lisboa Norte (PT‑3001), Porto Litoral (PT‑1004) und Entre Douro e Minho (PT‑1009), vormals Gebiet Braga (PT‑1001). In diesem Mahnschreiben wies die Kommission darauf hin, dass die andauernde und systematische Nichteinhaltung des in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwerts einen Verstoß gegen die in Art. 13 Abs. 1 dieser Richtlinie in Verbindung mit deren Anhang XI Abschnitt B vorgesehene Verpflichtung darstelle, diesen Grenzwert nicht zu überschreiten. Des Weiteren wies die Kommission darauf hin, dass die Portugiesische Republik auch gegen die Verpflichtung verstoßen habe, die in Art. 23 Abs. 1 dieser Richtlinie – nach dem die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen erlassen müssten, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung des für den betreffenden Schadstoff festgelegten Jahresgrenzwerts so kurz wie möglich gehalten werden könne –, allein und in Verbindung mit deren Anhang XV Abschnitt A, vorgesehen sei.

11      Mit Schreiben vom 17. Juli 2015, 16. Oktober 2015 und 20. September 2017 antwortete die Portugiesische Republik auf dieses Mahnschreiben. In diesen Schreiben führte sie eine Reihe von Maßnahmen an, die in jedem der betroffenen Gebiete erlassen worden seien oder gerade erlassen würden, um der Überschreitung des in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwerts für NO2 in der Luft ein Ende zu setzen.

12      Die Kommission überwachte weiterhin die Entwicklung der Situation und kam nach einer Prüfung der verschiedenen Antworten auf das Mahnschreiben sowie der Bewertung der von den portugiesischen Behörden gemäß Art. 27 der Richtlinie 2008/50 übermittelten Jahresberichte über die Luftqualität zu dem Ergebnis, dass der Verstoß andauere.

13      In diesem Kontext richtete die Kommission am 13. Februar 2020 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die Portugiesische Republik wegen ihres Verstoßes gegen die Verpflichtungen aus der Richtlinie 2008/50. In dieser Stellungnahme kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Portugiesische Republik dadurch andauernd und systematisch gegen Art. 13 dieser Richtlinie in Verbindung mit deren Anhang XI verstoßen habe, dass sie von 2010 bis einschließlich 2018 in den betreffenden Gebieten nicht für die Einhaltung des in dieser Richtlinie festgelegten Jahresgrenzwerts für NO2 in der Luft gesorgt habe. Des Weiteren stellte die Kommission fest, dass die Portugiesische Republik dadurch, dass sie keine angemessenen und ausreichenden Maßnahmen ergriffen habe, um die Einhaltung des Jahresgrenzwerts für NO2 in der Luft sicherzustellen, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung dieses für den betroffenen Schadstoff festgelegten Grenzwerts in diesen Gebieten so kurz wie möglich gehalten werde, in Bezug auf diese Gebiete gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 23 Abs. 1 dieser Richtlinie, allein oder in Verbindung mit deren Anhang XV Abschnitt A, und insbesondere gegen die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass dieser Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten werde, verstoßen habe.

14      Die Frist, die der Portugiesischen Republik von der Kommission zur Ergreifung der notwendigen Maßnahmen gesetzt wurde, um der mit Gründen versehenen Stellungnahme nachzukommen, wurde zunächst auf zwei Monate ab Erhalt dieser Stellungnahme festgelegt. Angesichts der außergewöhnlichen Umstände im Zusammenhang mit der Covid‑19-Pandemie wurden jedoch alle in Vertragsverletzungsverfahren laufenden Fristen verlängert. Das Ende der diesem Mitgliedstaat für die Antwort auf die Stellungnahme gesetzten Frist wurde daher auf den 15. Juni 2020 verschoben.

15      Die Portugiesische Republik antwortete auf die Stellungnahme mit Schreiben vom 24. Juni 2020. Darin bestritt sie nicht die Nichteinhaltung des betreffenden Jahresgrenzwerts, wiederholte und vervollständigte aber die in ihren Antworten auf das Mahnschreiben übermittelten Informationen.

16      Am 25. März 2022 war die Kommission, nachdem sie diese zusätzlichen Informationen geprüft hatte, der Auffassung, dass die Portugiesische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2008/50 verstoßen habe, und erhob eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV.

 Zur Klage

 Zur ersten Rüge: systematischer und andauernder Verstoß gegen Art. 13 Abs. 1 und Anhang XI der Richtlinie 2008/50

 Vorbringen der Parteien

17      Mit ihrer ersten Rüge trägt die Kommission vor, dass die Portugiesische Republik dadurch, dass sie seit dem 1. Januar 2010 in den Gebieten Lisboa Norte (PT‑3001), Porto Litoral (PT‑1004) und Entre Douro e Minho (PT‑1009) systematisch und andauernd den in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwert für NO2 in der Luft überschritten habe, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 1 dieser Richtlinie in Verbindung mit deren Anhang XI Abschnitt B verstoßen habe.

18      Einleitend führt die Kommission aus, dass nach ständiger Rechtsprechung die Überschreitung der Grenzwerte für Schadstoffe in der Luft für sich genommen ausreiche, um einen Verstoß gegen Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit deren Anhang XI feststellen zu können. Sie verweist u. a. auf das Urteil vom 3. Juni 2021, Kommission/Deutschland (Grenzwerte – ΝΟ2) (C‑635/18, EU:C:2021:437, Rn. 78).

19      Die Kommission weist ferner darauf hin, dass das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen sei, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befunden habe, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt worden sei, hier also am 15. Juni 2020.

20      Im vorliegenden Fall hätten die von der Portugiesischen Republik übermittelten Jahresberichte über die Luftqualität gezeigt, dass der in der Richtlinie 2008/50 vorgesehene Jahresgrenzwert für NO2 in der Luft in den Gebieten Lisboa Norte (PT‑3001), Porto Litoral (PT‑1004) und Entre Douro e Minho (PT‑1009) seit dem Jahr 2010 systematisch und andauernd überschritten worden sei. Zudem gebe es keine stetige abnehmende Tendenz der NO2-Konzentration in der Luft in diesen drei Gebieten.

21      Im Gebiet Lisboa Norte (PT‑3001) seien folgende Jahreswerte für NO2-Konzentrationen in der Luft in μg/m³ gemessen worden: 65 im Jahr 2010, 61 im Jahr 2011, 58 im Jahr 2012, 53 im Jahr 2013, 53 im Jahr 2014, 59 im Jahr 2015, 57 im Jahr 2016, 60 im Jahr 2017, 61 im Jahr 2018, 55 im Jahr 2019 und 40 im Jahr 2020. Überschreitungen des in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwerts für NO2 in der Luft seien somit von 2010 bis 2019 jedes Jahr – mit tendenziell steigenden NO2-Konzentrationen in der Luft von 2016 bis 2018 – festgestellt worden. Der 2019 erreichte Wert dieser Konzentrationen von 55 μg/m³ habe 37 % über diesem Jahresgrenzwert gelegen. Nur 2020 sei der Jahresgrenzwert eingehalten worden.

22      Im Gebiet Porto Litoral (PT‑1004) seien folgende Jahreswerte für NO2-Konzentrationen in der Luft in μg/m³ gemessen worden: 51 im Jahr 2010, 48 im Jahr 2011, 47 im Jahr 2012, weniger als 40 im Jahr 2013, 47 im Jahr 2014, 65 im Jahr 2015, 75 im Jahr 2016, 54 im Jahr 2017, 62 im Jahr 2018, 48 im Jahr 2019 und 40 im Jahr 2020. Überschreitungen des in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwerts für NO2 in der Luft seien somit außer 2013 und 2020 jedes Jahr festgestellt worden, wobei die NO2-Konzentrationen in der Luft von 2014 bis 2016 stark zugenommen, 2017 abgenommen, 2018 erneut zugenommen und 2019 wieder leicht abgenommen hätten. Der 2019 erreichte Wert von 48 μg/m³ habe 20 % über diesem Jahresgrenzwert gelegen.

23      Im Gebiet Entre Douro e Minho (PT‑1009) seien folgende Jahreswerte für NO2-Konzentrationen in der Luft in μg/m³ gemessen worden: 48 im Jahr 2010, weniger als 40 in den Jahren 2011 und 2012, 50 im Jahr 2013, 44 im Jahr 2014, 46 im Jahr 2015, 55 im Jahr 2016, 55 im Jahr 2017, 50 im Jahr 2018, 57 im Jahr 2019 und 32 im Jahr 2020. Überschreitungen des in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwerts für NO2 in der Luft seien somit 2010 und von 2013 bis 2019 festgestellt worden. Die registrierten NO2-Konzentrationen in der Luft hätten von 2013 bis 2014 leicht abgenommen, von 2016 bis 2017 zugenommen, 2018 wieder leicht abgenommen und 2019 schließlich noch einmal zugenommen und einen Wert von 57 μg/m³ erreicht, also einen Wert, der 42 % über diesem Jahresgrenzwert liege.

24      In Bezug auf die Daten für das Jahr 2020 erklärt die Kommission, dass diese stark durch die im Frühjahr 2020 eingeführten Beschränkungen im Zusammenhang mit der Covid‑19-Pandemie beeinflusst worden seien und daher in Anbetracht dieses sehr besonderen Kontexts beurteilt werden müssten. Sie verweist auf mehrere wissenschaftliche Studien, die den Kausalzusammenhang zwischen diesen Beschränkungen und ihren Auswirkungen auf den Straßenverkehr einerseits und der beträchtlichen Abnahme der NO2-Konzentrationen in der Luft andererseits bestätigten. Die Kommission schließt daraus, dass es wenig wahrscheinlich sei, dass diese Abnahme nach der Aufhebung dieser Beschränkungen zeitlich andauern werde. Die Tatsache, dass die Portugiesische Republik erklärt habe, 2020 den in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwert für NO2 eingehalten zu haben, lasse daher keinesfalls den Schluss zu, dass der zuvor festgestellten systematischen und andauernden Überschreitung ein Ende gesetzt worden sei.

25      Insbesondere in Bezug auf die Gebiete Porto Litoral (PT‑1004) und Entre Douro e Minho (PT‑1009) trägt die Kommission noch vor, dass die Portugiesische Republik für das Jahr 2020 keine Daten bezüglich der Probenahmestellen vorgelegt habe, an denen Überschreitungen des in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwerts für NO2 in der Luft in den Vorjahren festgestellt worden seien, und zwar der Probenahmestelle João Gomes Laranjo-S. Hora (PT 01030) und der Probenahmestelle Fr Bartolomeu Mártires-S. Vítor (PT 01041).

26      Für die Feststellung einer Überschreitung eines in Anhang XI der Richtlinie 2008/50 festgelegten Grenzwerts im Mittelungszeitraum eines Kalenderjahrs genüge es, wenn an nur einer Probenahmestelle ein über diesem Wert liegender Verschmutzungsgrad gemessen werde. Die Kommission verweist insoweit auf das Urteil vom 24. Oktober 2019, Kommission/Frankreich (Überschreitung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid) (C‑636/18, EU:C:2019:900, Rn. 44). Deshalb lasse die fehlende Mitteilung der Daten zur Luftqualität für eine Probenahmestelle, an der zuvor Überschreitungen festgestellt worden seien, ohne dass dafür eine angemessene Rechtfertigung gegeben worden sei, Zweifel an der Einhaltung des Jahresgrenzwerts in den beiden fraglichen Gebieten aufkommen.

27      Ferner führt die Kommission aus, dass die Portugiesische Republik die Nichteinhaltung des in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwerts für NO2 in der Luft für die drei betroffenen Gebiete jedenfalls nicht bestritten habe, so dass dieser Mitgliedstaat das Vorliegen eines Verstoßes insoweit eingeräumt habe.

28      In ihrer Klagebeantwortung trägt die Portugiesische Republik vor, dass für das Gebiet Lisboa Norte (PT‑3001) eine andauernde Überschreitung des in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwerts für NO2 in der Luft nur an der Messstation Avenida da Liberdade festgestellt worden sei, wobei sich diese im Zentrum Lissabons (Portugal) in einem dicht bebauten Gebiet an einer der Hauptverkehrsachsen befinde.

29      Was die Gebiete Porto Litoral (PT‑1004) und Entre Douro e Minho (PT‑1009) betrifft, räumt die Portugiesische Republik zwar eine fortdauernde Nichteinhaltung des in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwerts für NO2 in der Luft bis einschließlich 2019 ein, weist aber darauf hin, dass sich das Fehlen von Daten im Jahr 2020 für die Probenahmestellen João Gomes Laranjo-S. Hora (PT 01030) und Fr Bartolomeu Mártires-S. Vítor (PT 01041) durch funktionelle Probleme der NO2-Analysatoren erkläre, die die Ungültigerklärung der durchgeführten Messungen sowie den Austausch dieser Analysatoren nach sich gezogen hätten. Diese Probleme seien ab 2017 festgestellt worden, spezielle Maßnahmen zur Lösung hätten jedoch erst 2021 ergriffen werden können.

30      In Anbetracht des sehr besonderen Kontexts des Jahres 2020, in dem die Probenahmen durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid‑19-Pandemie beeinträchtigt worden seien, und trotz Zweifeln an der Einhaltung des in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwerts für NO2 in der Luft an diesen beiden Probenahmestellen sei es gleichwohl wahrscheinlich, dass dieser Grenzwert eingehalten worden sei.

31      Des Weiteren trägt die Portugiesische Republik vor, dass sich die festgestellten Überschreitungen auch durch die 2015 im Rahmen des „Dieselskandals“ ans Licht gekommene begrenzte Wirksamkeit der Vorschriften der Europäischen Union zur Reduzierung der Abgasemissionen erklären könnten. Die auf Unionsebene ergriffenen Maßnahmen zur Verbesserung dieser Wirksamkeit hätten noch nicht die erhofften Wirkungen gezeigt.

32      Ferner führt die Portugiesische Republik aus, dass eine negative Auswirkung der Covid‑19-Pandemie die verstärkte Nutzung individueller privater Verkehrsmittel gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln gewesen sei, während die Nutzung Letzterer vor dem Jahr 2020 tendenziell zugenommen habe.

33      In ihrer Erwiderung weist die Kommission darauf hin, dass im Gebiet Lisboa Norte (PT‑3001) eine andauernde Überschreitung an nur einer Probenahmestelle genüge, um die Nichteinhaltung der in Anhang XI der Richtlinie 2008/50 festgelegten Grenzwerte festzustellen. Selbst wenn eine Überschreitung nur an der Messstation Avenida da Liberdade festgestellt worden sei, genüge diese infolgedessen für den Nachweis der Nichteinhaltung dieses Anhangs für das Gebiet Lisboa Norte.

34      Zum Fehlen von Daten im Jahr 2020 für die Probenahmestellen João Gomes Laranjo-S. Hora (PT 01030) und Fr Bartolomeu Mártires-S. Vítor (PT 01041) führt die Kommission im Wesentlichen aus, dass ein Mitgliedstaat sich von der Pflicht, den Anforderungen der Richtlinie 2008/50 genügende Daten zu sammeln und mitzuteilen, nicht dadurch befreien könne, dass er sich auf Mängel berufe, für die er im Übrigen allein verantwortlich sei. Die Behauptung der Portugiesischen Republik, es sei trotz fehlender zuverlässiger Daten wahrscheinlich, dass der Jahresgrenzwert im Jahr 2020 an den betreffenden Probenahmestellen eingehalten worden sei, werde durch nichts gestützt.

35      Zum Vorbringen der Portugiesischen Republik bezüglich der Auswirkungen des Dieselskandals auf die Erreichung der Ziele der Verringerung der NO2-Konzentrationen in der Luft weist die Kommission außerdem darauf hin, dass der Gerichtshof ähnliche Argumente in den Urteilen vom 24. Oktober 2019, Kommission/Frankreich (Überschreitung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid) (C‑636/18, EU:C:2019:900, Rn. 48), und vom 10. November 2020, Kommission/Italien (Grenzwerte für PM10) (C‑644/18, EU:C:2020:895, Rn. 88), zurückgewiesen habe.

36      Schließlich bemerkt die Kommission, dass das Vorbringen der Portugiesischen Republik zur verstärkten Nutzung individueller Verkehrsmittel gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln im Jahr 2020 nicht bewiesen sei und nicht den Schluss zulasse, dass die NO2-Emissionen in der Luft im Jahr 2020 anormal hoch gewesen seien.

37      In ihrer Gegenerwiderung geht die Portugiesische Republik auf das Vorbringen der Kommission ein, wonach sie es versäumt habe, die Daten der Probenahmestellen PT 01030 und PT 01041 für 2020 zu sammeln und zu übermitteln. Sie führt aus, dass der Austausch der mangelhaften Analysatoren gerade darauf abgezielt habe, die Einhaltung der in der Richtlinie 2008/50 vorgesehenen Anforderungen an die Qualität der Daten zu gewährleisten, und dass die Ausschreibung für den Erwerb der neuen Analysatoren wegen finanzieller Zwänge erst im Juni 2021 habe eingeleitet werden können. Diese Analysatoren seien inzwischen installiert worden und seien nunmehr in Betrieb.

38      Zur Stützung ihres Vorbringens zur verstärkten Nutzung individueller Verkehrsmittel gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln im Jahr 2020 zitiert die Portugiesische Republik einen Folgenabschätzungsbericht, der vom Instituto da Mobilidade e dos Transportes (Institut für Mobilität und Verkehr, Portugal), erstellt worden sei. Ihr Vorbringen ziele nicht darauf ab, irgendeine anormale Steigerung der NO2-Emissionen in der Luft für das Jahr 2020 zu rechtfertigen, sondern vielmehr darauf, zu erklären, dass der Erlass zusätzlicher Maßnahmen erforderlich sei, damit sich die Tendenz zugunsten einer verstärkten Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, die vor der Covid‑19-Pandemie vorgeherrscht habe, wieder einstelle.

 Würdigung durch den Gerichtshof

39      Nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50 dürfen die in deren Anhang XI festgelegten Grenzwerte für NO2 von dem dort festgelegten Zeitpunkt an nicht mehr überschritten werden.

40      Anhang XI Abschnitt B dieser Richtlinie sieht vor, dass der Grenzwert pro Kalenderjahr für NO2 am 1. Januar 2010 auf 40 μg/m3 festgelegt ist.

41      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die auf einen Verstoß gegen Art. 13 dieser Richtlinie gestützte Rüge anhand der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs zu würdigen ist, wonach das in Art. 258 AEUV vorgesehene Verfahren auf der objektiven Feststellung des Verstoßes eines Mitgliedstaats gegen seine Verpflichtungen aus dem AEU-Vertrag oder einem sekundären Rechtsakt beruht (Urteil vom 16. Februar 2023, Kommission/Griechenland [Grenzwerte – ΝΟ2], C‑633/21, EU:C:2023:112 Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Nach ständiger Rechtsprechung genügt die bloße Überschreitung der in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Grenzwerte für Schadstoffe in der Luft, um eine Verletzung von Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang XI dieser Richtlinie bejahen zu können (Urteil vom 16. Februar 2023, Kommission/Griechenland [Grenzwerte – ΝΟ2], C‑633/21, EU:C:2023:112, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Verstöße gegen diese Bestimmungen sind in diesem Zusammenhang auf der Ebene der Gebiete und Ballungsräume zu untersuchen, wobei die betreffende Überschreitung für jedes Gebiet oder jeden Ballungsraum auf der Grundlage der Messwerte jeder Messstation zu prüfen ist. Für die Feststellung einer Überschreitung eines in Anhang XI der Richtlinie 2008/50 festgelegten Grenzwerts im Mittelungszeitraum eines Kalenderjahrs genügt es, wenn an nur einer Probenahmestelle ein über diesem Grenzwert liegender Verschmutzungsgrad gemessen wird. Demzufolge gibt es keine De-minimis-Schwelle für die Zahl der Gebiete, in denen eine Überschreitung festgestellt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juni 2021, Kommission/Deutschland [Grenzwerte – ΝΟ2], C‑635/18, EU:C:2021:437, Rn. 86 und 87 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Insoweit kann die Tatsache, dass in bestimmten Jahren des von der Klage erfassten Zeitraums die in Art. 13 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit deren Anhang XI genannten Grenzwerte nicht überschritten wurden, nicht genügen, um die Feststellung eines systematischen und andauernden Verstoßes gegen diese Bestimmungen zu verneinen. Wie nämlich bereits aus der Definition von „Grenzwert“ in Art. 2 Nr. 5 der Richtlinie 2008/50 hervorgeht, muss dieser, um schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt insgesamt zu vermeiden, zu verhüten oder zu verringern, innerhalb eines bestimmten Zeitraums eingehalten werden und darf danach nicht überschritten werden (Urteil vom 10. November 2020, Kommission/Italien [Grenzwerte für PM10], C‑644/18, EU:C:2020:895 Rn. 75).

45      Im vorliegenden Fall geht aus dem Vorbringen der Kommission hervor, dass ihre erste Rüge den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis einschließlich 2020 betrifft, während die in Rn. 13 des vorliegenden Urteils genannte mit Gründen versehene Stellungnahme vom 13. Februar 2020 nur den Zeitraum von 2010 bis einschließlich 2018 betraf.

46      In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass der Gegenstand einer Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV zwar durch die mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission festgelegt wird, so dass die Klage auf die gleichen Gründe und das gleiche Vorbringen gestützt sein muss wie diese Stellungnahme, der Gerichtshof jedoch entschieden hat, dass es in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem mit einer solchen Klage die Feststellung eines systematischen und anhaltenden Verstoßes gegen Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit deren Anhang XI begehrt wird, die Vorlage ergänzender Beweise, mit denen der generelle und anhaltende Charakter des gerügten Verstoßes im Stadium des Verfahrens vor dem Gerichtshof untermauert werden soll, nicht grundsätzlich unzulässig ist. Der Gegenstand einer Klage wegen einer mutmaßlich anhaltenden Vertragsverletzung kann somit auch auf Tatsachen erstreckt werden, die nach Abgabe der mit Gründen versehenen Stellungnahme eingetreten sind, sofern sie von derselben Art sind wie die in dieser Stellungnahme erwähnten und ein und demselben Verhalten zuzurechnen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juni 2021, Kommission/Deutschland [Grenzwerte – NO2], C‑635/18, EU:C:2021:437, Rn. 47, 54 und 55 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Hinsichtlich der im vorliegenden Fall behaupteten Vertragsverletzung ist festzustellen, dass die Daten zu den Jahren 2019 und 2020 Tatsachen darstellen, die nach Abgabe der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 13. Februar 2020 eingetreten sind, aber von derselben Art sind wie die in dieser Stellungnahme erwähnten und ein und demselben Verhalten zuzurechnen sind, so dass sich der Klagegegenstand auf sie erstrecken kann (vgl. entsprechend Urteil vom 3. Juni 2021, Kommission/Deutschland [Grenzwerte – ΝΟ2], C‑635/18, EU:C:2021:437, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48      Insoweit geht aus den in den Rn. 20 bis 23 des vorliegenden Urteils genannten Angaben hervor, dass die NO2-Konzentrationen in der Luft den Jahresgrenzwert von 40 μg/m3 in den drei in Rede stehenden Gebieten vom 1. Januar 2010 bis einschließlich 2019 erheblich und regelmäßig überschritten haben. Diese Daten sind von den portugiesischen Behörden selbst übermittelt und daher nicht bestritten worden.

49      Im Gebiet Lisboa Norte (PT‑3001) wurde der in der Richtlinie 2008/50 festgelegte Jahresgrenzwert für ΝΟ2 in der Luft während dieses Zeitraums nie eingehalten. Mit anderen Worten wurde dieser Jahresgrenzwert von 2010 bis 2019 permanent überschritten. Im Gebiet Porto Litoral (PT‑1004) wurde dieser Jahresgrenzwert in diesem Zeitraum nur 2013 und 2020 eingehalten. Mit anderen Worten dauerte die Überschreitung von 2010 bis 2012 sowie von 2014 bis 2019 an. Im Gebiet Entre Douro e Minho (PT‑1009) wurde dieser Jahresgrenzwert während dieses Zeitraums nur 2011 und 2012 eingehalten. Mit anderen Worten wurde die Überschreitung 2010 festgestellt und dauerte von 2013 bis 2019 ununterbrochen an.

50      In Anbetracht der in Rn. 44 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung sind die festgestellten Überschreitungen folglich für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis einschließlich 2019 als anhaltend und systematisch zu betrachten, ohne dass die Kommission insoweit ergänzende Nachweise zu erbringen braucht (vgl. entsprechend Urteil vom 3. Juni 2021, Kommission/Deutschland [Grenzwerte – ΝΟ2], C‑635/18, EU:C:2021:437, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Der Umstand, dass der in der Richtlinie 2008/50 festgelegte Jahresgrenzwert für ΝΟ2 in der Luft in diesen Gebieten 2020 vereinzelt eingehalten werden konnte, bedeutet nicht, dass diese andauernden und systematischen Überschreitungen in diesem Jahr endeten.

52      Was als Erstes das Gebiet Lisboa Norte (PT‑3001) angeht, trägt die Portugiesische Republik vor, dass die Überschreitung auf eine einzige Probenahmestelle begrenzt sei. In Anbetracht der in Rn. 43 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung genügt es jedoch, dass an nur einer Probenahmestelle ein über dem betreffenden Grenzwert liegender Verschmutzungsgrad gemessen wird, damit ein Verstoß gegen die Pflichten aus der Richtlinie 2008/50 festgestellt werden kann. Die Tatsache, dass sich diese Probenahmestelle an einem Ort befindet, der durch dichte Bebauung und dichten Straßenverkehr gekennzeichnet ist, ist insoweit ohne Belang.

53      Was als Zweites die Gebiete Porto Litoral (PT‑1004) und Entre Douro e Minho (PT‑1009) betrifft, gehen aus den von den portugiesischen Behörden mitgeteilten Daten zwar keine Überschreitungen im Jahr 2020 hervor, es ist jedoch festzustellen, dass es sich zum einen, wie die Portugiesische Republik anerkannt hat, um ein atypisches Jahr handelte, das von den Auswirkungen der Maßnahmen zur Eindämmung der Covid‑19-Pandemie gekennzeichnet war, so dass die festgestellte Abnahme der NO2-Konzentrationen in der Luft konjunkturbedingt war, und dass es in Anbetracht der in Rn. 44 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, um die Feststellung eines systematischen und andauernden Verstoßes gegen Art. 13 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit deren Anhang XI zu verhindern, nicht genügen kann, dass die dort genannten Grenzwerte während eines solchen atypischen Jahres nicht überschritten wurden.

54      Zum anderen enthalten diese Daten für das Jahr 2020 wegen funktioneller Probleme, die die NO2-Analysatoren in diesen Gebieten betrafen, für zwei Probenahmestellen, an denen in den Vorjahren Überschreitungen dieses Grenzwerts festgestellt wurden, keine Ergebnisse. Da die Portugiesische Republik anerkannt hat, dass diese Probleme bereits 2017 erkannt worden waren, ohne dass rechtzeitig Maßnahmen zu ihrer Lösung ergriffen wurden, wird in diesem Kontext ihr Vorbringen, wonach es wahrscheinlich sei, dass der Jahresgrenzwert an diesen beiden Probenahmestellen im Jahr 2020 eingehalten worden sei, durch nichts gestützt.

55      Was schließlich das Vorbringen der Portugiesischen Republik zur angeblichen mangelnden Wirksamkeit der Unionsvorschriften im Bereich der Reduzierung von Abgasemissionen betrifft, die im Rahmen des Dieselskandals im Jahr 2015 ans Licht gekommen sei, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die für die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen geltende Unionsregelung die Mitgliedstaaten nicht von ihrer Verpflichtung befreien kann, die durch die Richtlinie 2008/50 auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und der Erfahrung der Mitgliedstaaten festgelegten Grenzwerte einzuhalten, um den Wert widerzuspiegeln, den die Union und die Mitgliedstaaten zur Vermeidung, Verhinderung oder Verringerung schädlicher Auswirkungen der Luftschadstoffe auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt für angemessen halten (vgl. u. a. Urteil vom 12. Mai 2022, Kommission/Italien [Grenzwerte – NO2], C‑573/19, EU:C:2022:380, Rn. 106 und die dort angeführte Rechtsprechung).

56      Folglich ist der ersten Rüge stattzugeben.

 Zur zweiten Rüge: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 und Anhang XV der Richtlinie 2008/50

 Vorbringen der Parteien

57      Mit ihrer zweiten Rüge trägt die Kommission vor, dass die Portugiesische Republik in Bezug auf die Gebiete Lisboa Norte (PT‑3001), Porto Litoral (PT‑1004) und Entre Douro e Minho (PT‑1009) gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50, allein und in Verbindung mit Anhang XV Abschnitt A dieser Richtlinie, und insbesondere gegen ihre Verpflichtung aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 dieser Richtlinie verstoßen habe, geeignete Maßnahmen zu treffen, damit der Zeitraum der Überschreitung der für den betreffenden Schadstoff festgelegten Grenzwerte so kurz wie möglich gehalten werde.

58      Die Kommission weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50 verpflichtet seien, Luftqualitätspläne zu erstellen, wenn die in Anhang XI dieser Richtlinie festgelegten Grenzwerte überschritten würden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs verfügten die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen zwar über einen gewissen Handlungsspielraum, diese Maßnahmen müssten es jedenfalls aber ermöglichen, dass der Zeitraum der Nichteinhaltung der für den betreffenden Schadstoff festgelegten Grenzwerte so kurz wie möglich gehalten werde. Die Kommission verweist insoweit auf das Urteil vom 3. Juni 2021, Kommission/Deutschland (Grenzwerte – NO2) (C‑635/18, EU:C:2021:437, Rn. 142).

59      Die Portugiesische Republik sei daher verpflichtet gewesen, unverzüglich hierfür geeignete Maßnahmen zu erlassen und umzusetzen. Unter Berücksichtigung der systematischen und andauernden beträchtlichen Überschreitungen, die während des betreffenden Zeitraums registriert worden seien, habe dieser Mitgliedstaat offensichtlich gegen diese Pflicht verstoßen.

60      Was das Gebiet Lisboa Norte (PT‑3001) betreffe, habe der Luftqualitätsplan für die Region Lisboa e Vale do Tejo, der im Februar 2019 angenommen und bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist, d. h. am 15. Juni 2020, in Kraft gewesen sei, nicht den Anforderungen von Anhang XV Abschnitt A Nr. 8 Buchst. b und c der Richtlinie 2008/50 entsprochen.

61      Dieser Plan, der bis 2020 umzusetzende Politiken und Maßnahmen enthalten habe, die hauptsächlich auf den Verkehrssektor ausgerichtet gewesen seien, sei auf Daten von 2014 und auf ein wenig realistisches Modellierungssystem gestützt gewesen, das trotz der nach dem Jahr 2014 festgestellten Zunahme der NO2-Konzentrationen in der Luft nie aktualisiert worden sei. Außerdem hätte auf diesen Plan die Genehmigung eines Programms zur Umsetzung folgen müssen, das am 15. Juni 2020 noch nicht genehmigt gewesen sei. Die Kommission führt ferner aus, dass dieser Plan in Bezug auf den konkreten Inhalt bestimmter Maßnahmen und hinsichtlich des Zeitplans für die Durchführung der Maßnahmen unklar sei.

62      Über die Unzulänglichkeiten des Luftqualitätsplans für die Region Lisboa e Vale do Tejo als solchen hinaus nennt die Kommission Verstöße in Bezug auf die effektive Umsetzung der von diesem Plan vorgesehenen Maßnahmen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sollte im Fall der Feststellung einer Überschreitung der Grenzwerte diese Situation den betreffenden Mitgliedstaat so schnell wie möglich dazu veranlassen, geeignete Maßnahmen nicht nur zu erlassen, sondern auch in einem Luftqualitätsplan durchzuführen, so dass der Handlungsspielraum, über den dieser Mitgliedstaat im Fall einer Überschreitung dieser Grenzwerte verfüge, in diesem Zusammenhang durch diese Anforderung begrenzt werde. Die Kommission verweist insoweit auf das Urteil vom 10. November 2020, Kommission/Italien (Grenzwerte für PM10) (C‑644/18, EU:C:2020:895, Rn. 150).

63      Im vorliegenden Fall habe die Portugiesische Republik gegen ihre Verpflichtungen verstoßen, da selbst dann, wenn dieser Plan eine bestimmte Frist für die Umsetzung einer Maßnahme vorgesehen habe, diese Frist in zahlreichen Fällen nicht eingehalten worden sei. Die Kommission führt mehrere Beispiele für Maßnahmen an, die nicht oder nur teilweise umgesetzt worden seien.

64      Was die Maßnahmen betrifft, die nicht umgesetzt worden seien, führt die Kommission u. a. die Maßnahme E 2 (Regelung über den Verkehr von Fahrzeugen, die für touristische Tätigkeiten in der Stadt Lissabon verwendet werden) an, die eine Frist von 180 Tagen für den Erlass einer kommunalen Durchführungsverordnung vorgesehen habe. Diese kommunale Verordnung sei am 15. Juni 2020 immer noch nicht erlassen worden. Die Kommission führt auch die Maßnahme E 3.5 (Busspuren) an, die die Schaffung von zusätzlichen 8 Kilometern (km) öffentlichen Verkehrsmitteln vorbehaltener Spuren vorgesehen habe und die nicht umgesetzt worden sei. Die Kommission führt auch die fehlende tatsächliche Umsetzung der Maßnahmen P 1 (Verstärkte Anforderung an die emissionsarme Zone der Stadt Lissabon) und E 1 (Verstärkte Überwachung der emissionsarmen Zone der Stadt Lissabon) an, hinsichtlich deren die portugiesischen Behörden selbst anerkannt hätten, dass sie für die Einhaltung der NO2-Grenzwerte wesentlich seien. Was die teilweise umgesetzten Maßnahmen betrifft, führt die Kommission u. a. die Maßnahme E 3.3 (Erweiterung des Radwegenetzes) an, die eine Erweiterung des Radwegenetzes von 60 km auf 200 km vorgesehen habe und die nur teilweise umgesetzt worden sei (106 km im Jahr 2020).

65      In Bezug auf die Gebiete Porto Litoral (PT‑1004) und Entre Douro e Minho (PT‑1009) führt die Kommission aus, dass der letzte Luftqualitätsplan für die Region Norte, der im Juni 2014 angenommen worden sei und dem ein im September 2015 genehmigtes Programm zur Umsetzung beigefügt gewesen sei, den Zeitraum 2015 bis 2017 abgedeckt habe und seit 2018 nicht mehr in Kraft sei. Die oben genannten Gebiete würden daher derzeit von keinem Luftqualitätsplan erfasst. Dies stelle bereits für sich genommen einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 dar.

66      Zudem habe der Luftqualitätsplan für den Zeitraum 2015 bis 2017, wie er von den portugiesischen Behörden umgesetzt worden sei, nicht den Anforderungen von Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie in Verbindung mit deren Anhang XV Abschnitt A Nr. 8 entsprochen.

67      Zum einen seien nämlich die von diesem Plan vorgesehenen Maßnahmen unzureichend gewesen, da diese Maßnahmen nach den eigenen Schätzungen der portugiesischen Behörden nur zu einer Senkung des jährlichen Durchschnitts der NO2-Konzentrationen in der Luft um 4 μg/m³ bis 5 μg/m³ hätten führen können. In Anbetracht der in den genannten Gebieten registrierten Überschreitungen wäre eine solche Senkung nicht ausreichend gewesen, um den in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwert für ΝΟ2 in der Luft einzuhalten. Außerdem seien mehrere beabsichtigte Maßnahmen unspezifisch und nicht Gegenstand einer genauen Quantifizierung im Hinblick auf die beabsichtigten Auswirkungen gewesen. Die Kommission nennt die Maßnahme M 3 (Fahrgemeinschaften/Car-pooling), deren Inhalt nicht genau erläutert und deren Auswirkungen nicht quantifiziert worden seien. Eine der im Rahmen dieser Maßnahme angeblich umgesetzten Aktionen sei eine bloße Sensibilisierung der Bevölkerung gewesen, die nur mittels einer Veröffentlichung in dem sozialen Netzwerk Facebook durchgeführt worden sei.

68      Zum anderen seien diese Maßnahmen nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden. Die Portugiesische Republik habe nämlich eine teilweise Umsetzung dieser Maßnahmen – in Höhe von 59 % – anerkannt. Die Kommission führt eine ganze Reihe von Maßnahmen an, die nicht oder mit erheblicher Verzögerung umgesetzt worden seien.

69      In Bezug auf die Maßnahmen, die nicht umgesetzt worden seien, nennt die Kommission u. a. das Beispiel der Maßnahme M 8 (Emissionsarme Zone), die einen Teil von Matosinhos, Leça da Palmeira, Senhora da Hora und S. Mameda De Infesta habe abdecken sollen und die am 15. Juni 2020 überhaupt nicht umgesetzt gewesen sei. In Bezug auf die Maßnahmen, die mit erheblicher Verzögerung umgesetzt worden seien, führt die Kommission u. a. die Maßnahme M 2 (Verbesserung des Nahverkehrsnetzes) an, für die die Portugiesische Republik im Übrigen keine genaue Angabe zu den angestrebten spezifischen Zielen und den erzielten Ergebnissen gemacht habe.

70      Hilfsweise legt die Kommission eine Analyse weiterer Maßnahmen vor, die, ohne Luftqualitätspläne im Sinne von Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 darzustellen, von der Portugiesischen Republik gleichwohl als Maßnahmen vorgelegt worden seien, die zur Senkung der NO2-Konzentrationen in der Luft beitrügen.

71      Die Kommission führt aus, dass die genannten Maßnahmen nationale Tragweite hätten und daher nicht zum Ziel hätten, die NO2-Konzentrationen speziell in den Gebieten zu senken, auf die sich die vorliegende Vertragsverletzungsklage beziehe.

72      Hinsichtlich der Estratégia Nacional do Ar 2020 (Nationale Luftstrategie 2020, im Folgenden: ENAR 2020) trägt die Kommission vor, dass diese eine Liste unspezifischer Maßnahmen darstelle, die nicht unmittelbar umgesetzt werden könnten und für deren Umsetzung im Übrigen keine Frist vorgesehen sei. Außerdem sei die ENAR 2020 seit ihrem Erlass 2016 nicht überarbeitet worden, und wenn sie zum Erlass ambitionierterer Luftqualitätspläne für die fraglichen Gebiete führen sollte, kämen diese angesichts der seit 2010 anhaltend festgestellten Überschreitungen des in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwerts für NO2 in der Luft jedenfalls zu spät.

73      Was schließlich die über den Fundo Ambiental (Umweltfonds, Portugal) finanzierten Programme betrifft, nämlich ein Unterstützungsprogramm zur Senkung der Tarife öffentlicher Verkehrsmittel, ein Anreizprogramm für den Kauf emissionsarmer Fahrzeuge und ein Programm zur Unterstützung elektrischer Mobilität in der öffentlichen Verwaltung, führt die Kommission aus, dass der Umfang dieser Programme nicht quantifiziert worden sei und dass sie keine Unterstützungsmaßnahmen darstellten. Gleiches gelte für das im Juni 2020 erlassene Programm zur wirtschaftlichen und sozialen Stabilisierung, das Telearbeit fördern solle und dessen Auswirkungen nicht quantifiziert würden, und für die nationale Kampagne „Por um pais com bom ar“ (Für ein Land mit guter Luft), das Bürger und Unternehmen schulen und mit umweltschonenden Handlungsweisen vertraut machen solle.

74      In ihrer Klagebeantwortung bestreitet die Portugiesische Republik das Vorliegen eines Verstoßes gegen die in Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 vorgesehene Verpflichtung. Sie macht u. a. geltend, dass verschiedene Maßnahmen sowohl auf der Ebene der betreffenden Gebiete als auch auf nationaler Ebene umgesetzt worden seien. Die geltend gemachten Verstöße beträfen sehr dicht besiedelte Gebiete mit NO2-Emissionen in der Luft, die mit dem Straßenverkehr und den Mobilitätsgewohnheiten zusammenhingen.

75      In Bezug auf das Gebiet Lisboa Norte (PT‑3001) trägt die Portugiesische Republik vor, dass der Luftqualitätsplan für die Region Lisboa e Vale do Tejo verschiedene Maßnahmen vorsehe, die in acht Politiktypen gebündelt und gemäß zwei Szenarien strukturiert seien, nämlich einem „Basisszenario“, das Maßnahmen umfasse, die sich bis 2023 in Umsetzung befänden, und einem „geplanten Szenario“, das Maßnahmen umfasse, die zu den Maßnahmen des Basisszenarios hinzutreten könnten und noch nicht genehmigt worden seien.

76      Die fehlende Genehmigung des Programms zur Umsetzung der Maßnahmen verhindere nicht, dass einige von ihnen bereits angewendet würden.

77      In diesem Kontext führt die Portugiesische Republik aus, dass die Maßnahmen des Basisszenarios zu einer Senkung der NO2-Emissionen in der Luft um 19 % in der gesamten Stadt Lissabon führen könnten. Rechne man die Maßnahmen des geplanten Szenarios hinzu, sei es möglich, diese Emissionen in der gesamten Stadt Lissabon um ca. 23 % zu senken. Die bedeutendste Maßnahme sei die Erneuerung der Flotte des Nahverkehrsunternehmens Carris. Wenn sämtliche Maßnahmen umgesetzt würden, wäre es möglich, den in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwert für NO2 in der Luft 2023 einzuhalten.

78      In Bezug auf die Gebiete Porto Litoral (PT‑1004) und Entre Douro e Minho (PT‑1009) erkennt die Portugiesische Republik an, dass es derzeit keinen neuen Luftqualitätsplan für diese Gebiete gebe. Sie räumt ebenfalls ein, dass der Luftqualitätsplan für den Zeitraum 2015 bis 2017 hinsichtlich der Verringerung der NO2-Emissionen in der Luft nicht die erhoffte Wirkung gehabt habe.

79      Die Portugiesische Republik macht allerdings geltend, dass die regionalen Behörden zusätzliche Maßnahmen bestimmen wollten, die zu einer solchen Verringerung beitragen könnten, und sich mit den lokalen Gebietskörperschaften von Porto, Matosinhos und Braga abstimmen wollten, um deren Fähigkeit zur Umsetzung solcher Maßnahmen zu bewerten. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Covid‑19-Pandemie die Bemühungen verzögert hätten, die unternommen worden seien, um die festgestellten Überschreitungen zu reduzieren.

80      In ihrer Erwiderung führt die Kommission allgemein aus, dass die Portugiesische Republik keine neuen Gesichtspunkte zur Stützung ihres Standpunkts vortrage.

81      In Bezug auf das Gebiet Lisboa Norte (PT‑3001) macht die Kommission geltend, dass u. a. in Anbetracht der Tatsache, dass die betreffenden Behörden immer noch kein Programm zur Umsetzung des 2019 genehmigten Luftqualitätsplans erlassen hätten, und der bisher festgestellten sehr schleppenden Umsetzung die von der Portugiesischen Republik ergriffenen und umgesetzten Maßnahmen nicht gewährleisten könnten, dass der Zeitraum der Überschreitung der für den betreffenden Schadstoff festgelegten Grenzwerte so kurz wie möglich gehalten werde, so dass ein Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 dargetan sei.

82      In Bezug auf die Gebiete Porto Litoral (PT‑1004) und Entre Douro e Minho (PT‑1009) kommt die Kommission angesichts fehlender in Kraft befindlicher Luftqualitätspläne und der bisher festgestellten sehr schleppenden Umsetzung ebenfalls zu dem Ergebnis, dass gegen diese Bestimmung verstoßen worden sei.

83      Ferner führt die Kommission aus, dass die Unzulänglichkeit der Maßnahmen, die die Portugiesische Republik seit 2010 erlassen und durchgeführt habe, um dafür zu sorgen, dass der Zeitraum der Überschreitung der für den betreffenden Schadstoff festgelegten Grenzwerte so kurz wie möglich gehalten werde, nicht mit einer 2020 aufgetretenen Pandemie gerechtfertigt werden könne.

84      In ihrer Gegenerwiderung wiederholt die Portugiesische Republik in Bezug auf das Gebiet Lisboa Norte (PT‑3001) ihr Vorbringen, wonach die fehlende förmliche Genehmigung des Programms zur Umsetzung des Luftqualitätsplans nicht die Wirkung gehabt habe, die Durchführung der im Rahmen des Basisszenarios beabsichtigten Maßnahmen zu verhindern. Manche dieser Maßnahmen seien über den Umweltfonds oder über Finanzierungsprogramme der lokalen Körperschaften durchgeführt worden.

85      Dies sei u. a. bei der Maßnahme zur Erneuerung der Busflotte des Nahverkehrsunternehmens Carris der Fall, die dazu beitragen könne, die NO2-Emissionen in der Luft in der Stadt Lissabon bis 2023 um 8 % zu senken. Diese Maßnahmen, die bereits in der Umsetzung seien, könnten durch eine zusätzliche Maßnahme ergänzt werden, die darin bestehe, Personen unter 23 Jahren und über 65 Jahren Gratisfahrscheine für den öffentlichen Nahverkehr anzubieten.

86      Ferner führt die Portugiesische Republik die im Rahmen der ENAR 2020 und des Umweltfonds auf nationaler Ebene eingeleiteten Initiativen an wie das Anreizprogramm für den Kauf emissionsarmer Fahrzeuge und das Programm zur Unterstützung elektrischer Mobilität in der öffentlichen Verwaltung. Diese Initiativen aus dem Jahr 2017 kämen u. a. den Gebieten Lisboa Norte (PT‑3001), Porto Litoral (PT‑1004) und Entre Douro e Minho (PT‑1009) zugute.

 Würdigung durch den Gerichtshof

87      Überschreiten in bestimmten Gebieten die Schadstoffwerte in der Luft einen Grenzwert, sorgen die Mitgliedstaaten gemäß Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 1 bis 3 der Richtlinie 2008/50 dafür, dass für diese Gebiete Luftqualitätspläne erstellt werden, um die entsprechenden in Anhang XI dieser Richtlinie festgelegten Grenzwerte einzuhalten. Im Fall der Überschreitung dieser Grenzwerte, für die die Frist für die Erreichung bereits verstrichen ist, enthalten diese Pläne geeignete Maßnahmen, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten werden kann.

88      Diese Pläne müssen mindestens die in Anhang XV Abschnitt A dieser Richtlinie aufgeführten Angaben umfassen. Nach Abschnitt A Nr. 8 dieses Anhangs sind Angaben zu den zur Verminderung der Verschmutzung beschlossenen Maßnahmen einschließlich der Auflistung und Beschreibung aller in dem betreffenden Vorhaben genannten Maßnahmen, des Zeitplans für die Durchführung dieser Maßnahmen sowie der Schätzung der angestrebten Verbesserung der Luftqualität und des für die Verwirklichung dieser Ziele veranschlagten Zeitraums erforderlich.

89      Nach ständiger Rechtsprechung hat Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 allgemeine Bedeutung, da er ohne zeitliche Beschränkung auf Überschreitungen jeglicher in der Richtlinie festgelegter Grenzwerte für Schadstoffe anwendbar ist, zu denen es nach Ablauf der in der Richtlinie oder von der Kommission nach ihrem Art. 22 festgelegten Frist für ihre Einhaltung kommt (Urteil vom 12. Mai 2022, Kommission/Italien [Grenzwerte – NO2], C‑573/19, EU:C:2022:380, Rn. 152 und die dort angeführte Rechtsprechung).

90      Ferner schafft Art. 23 der Richtlinie 2008/50 eine unmittelbare Verknüpfung zwischen der Überschreitung der in ihrem Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang XI vorgesehenen Grenzwerte für NO2 und der Erstellung von Luftqualitätsplänen (Urteil vom 12. Mai 2022, Kommission/Italien [Grenzwerte – NO2], C‑573/19, EU:C:2022:380, Rn. 153 und die dort angeführte Rechtsprechung).

91      Luftqualitätspläne können nur auf der Grundlage eines Ausgleichs zwischen dem Ziel einer Verringerung der Gefahr der Verschmutzung und den verschiedenen betroffenen öffentlichen und privaten Interessen erstellt werden (Urteil vom 12. Mai 2022, Kommission/Italien – [Grenzwerte – NO2], C‑573/19, EU:C:2022:380, Rn. 154 und die dort angeführte Rechtsprechung).

92      Daher ist der Umstand, dass ein Mitgliedstaat die Grenzwerte für NO2 überschreitet, für sich allein nicht ausreichend, um festzustellen, dass dieser Mitgliedstaat gegen die Verpflichtungen aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50 verstoßen hat (Urteil vom 12. Mai 2022, Kommission/Italien [Grenzwerte – NO2], C‑573/19, EU:C:2022:380, Rn. 155 und die dort angeführte Rechtsprechung).

93      Allerdings ergibt sich aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50, dass die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen zwar über einen gewissen Handlungsspielraum verfügen, diese Maßnahmen es jedenfalls aber ermöglichen müssen, dass der Zeitraum der Nichteinhaltung der für den betreffenden Schadstoff festgelegten Grenzwerte so kurz wie möglich gehalten wird (Urteil vom 12. Mai 2022, Kommission/Italien [Grenzwerte – NO2], C‑573/19, EU:C:2022:380, Rn. 156 und die dort angeführte Rechtsprechung).

94      Infolgedessen ist anhand einer Analyse des Einzelfalls zu prüfen, ob die vom betroffenen Mitgliedstaat erstellten Luftqualitätspläne mit Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50 im Einklang stehen (Urteil vom 12. Mai 2022, Kommission/Italien [Grenzwerte – NO2], C‑573/19, EU:C:2022:380, Rn. 157 und die dort angeführte Rechtsprechung).

95      Eine solche Analyse des Einzelfalls muss auch die Frage betreffen, ob die erlassenen Maßnahmen tatsächlich umgesetzt wurden. Nach der Rechtsprechung sollte nämlich im Fall der Feststellung einer Überschreitung der Grenzwerte diese Situation den betreffenden Mitgliedstaat so schnell wie möglich dazu veranlassen, geeignete Maßnahmen nicht nur zu erlassen, sondern auch in einem Luftqualitätsplan durchzuführen, so dass der Handlungsspielraum, über den dieser Mitgliedstaat im Fall einer Überschreitung dieser Grenzwerte verfügt, in diesem Zusammenhang durch diese Anforderung begrenzt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. November 2020, Kommission/Italien [Grenzwerte für PM10], C‑644/18, EU:C:2020:895, Rn. 150).

96      Was das Gebiet Lisboa Norte (PT‑3001) betrifft, wies der am 15. Juni 2020 geltende Luftqualitätsplan offenbar Mängel auf, da er auf nicht aktualisierten Daten aus dem Jahr 2014 beruhte und hinsichtlich des konkreten Inhalts bestimmter Maßnahmen sowie des Zeitplans für die Umsetzung dieser Maßnahmen lückenhaft war.

97      Außerdem musste diesem Plan ein Umsetzungsprogramm beigefügt werden, das bis zum 15. Juni 2020 nicht förmlich genehmigt worden war. Selbst wenn, wie die Portugiesische Republik geltend macht, diese fehlende Genehmigung den Erlass einer Reihe von Maßnahmen nicht verhindert haben sollte, geht aus den von der Kommission vorgelegten und von der Portugiesischen Republik nicht bestrittenen Informationen hervor, dass diese Maßnahmen verspätet und nur teilweise umgesetzt wurden. Außerdem geht aus den Angaben der Portugiesischen Republik hervor, dass der Erlass und die Umsetzung aller beabsichtigten Maßnahmen frühestens 2023 zur Einhaltung des in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwerts für ΝΟ2 in der Luft führen könnte.

98      Da die Überschreitung des in der Richtlinie 2008/50 festgelegten Jahresgrenzwerts für ΝΟ2 in der Luft von 2010 bis einschließlich 2020 angedauert hat, ist jedenfalls festzustellen, dass die von den portugiesischen Behörden erlassenen und umgesetzten Maßnahmen es offensichtlich nicht ermöglicht haben, dafür zu sorgen, dass der Zeitraum der Überschreitung der für den betreffenden Schadstoff festgelegten Grenzwerte so kurz wie möglich gehalten wird, so dass die Nichteinhaltung von Art. 23 Abs. 1 dieser Richtlinie, allein und in Verbindung mit deren Anhang XV Abschnitt A, dargetan ist.

99      In Bezug auf die Gebiete Porto Litoral (PT‑1004) und Entre Douro e Minho (PT‑1009) ist festzustellen, dass die Portugiesische Republik anerkennt, dass es seit 2017 keinen Luftqualitätsplan gibt. Wie die Kommission zutreffend vorgetragen hat, stellt dies in Anbetracht der in diesen Gebieten festgestellten Überschreitungen für sich genommen einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 dar.

100    In Bezug auf den Luftqualitätsplan für den Zeitraum 2015 bis 2017 ist festzustellen, dass die erlassenen Maßnahmen in Anbetracht der eigenen Einschätzungen der portugiesischen Behörden ihrer Art nach unzureichend waren. Des Weiteren wurden diese gemäß den von der Kommission vorgelegten und von der Portugiesischen Republik nicht bestrittenen Informationen verspätet und nur teilweise umgesetzt. Die Portugiesische Republik räumt selbst ein, dass dieser Plan nicht die erhoffte Wirkung hatte, was die Senkung der NO2-Konzentrationen in der Luft betrifft, und dass trotz dieser Feststellung nach 2017 kein neuer Plan erlassen wurde.

101    Insofern kann dem auf die Auswirkungen der Covid‑19-Pandemie auf den Erlass und die Umsetzung der geeigneten Maßnahmen gestützten Vorbringen der Portugiesischen Republik nicht gefolgt werden. Wie die Kommission vorgetragen hat, kann nämlich die Unzulänglichkeit der Maßnahmen, die seit 2010 hätten erlassen und umgesetzt werden müssen, um dafür zu sorgen, dass der Zeitraum der Nichteinhaltung der für den betreffenden Schadstoff festgelegten Grenzwerte so kurz wie möglich gehalten wird, nicht mit einer 2020 aufgetretenen Pandemie gerechtfertigt werden.

102    Des Weiteren können auf nationaler Ebene ergriffene Initiativen, die indirekt die Luftqualität in den betreffenden Gebieten verbessern könnten, nicht den Unzulänglichkeiten und noch weniger dem Fehlen von Luftqualitätsplänen für diese Gebiete abhelfen. Es geht nämlich eindeutig aus Art. 23 und Anhang XV der Richtlinie 2008/50 hervor, dass der betreffende Mitgliedstaat einen Luftqualitätsplan erstellen muss, der für jedes betroffene Gebiet geeignete Maßnahmen enthält. Unter diesen Umständen kann dem Vorbringen der Portugiesischen Republik zu den im Rahmen der ENAR 2020 und des Umweltfonds ergriffenen Initiativen und ihren Auswirkungen auf die NO2-Konzentrationen in der Luft in diesen Gebieten nicht gefolgt werden.

103    Der Verstoß gegen die Anforderungen von Art. 23 Abs. 1 und Anhang XV der Richtlinie 2008/50 ist damit für die Gebiete Porto Litoral (PT‑1004) und Entre Douro e Minho (PT‑1009) ebenfalls dargetan.

104    Infolgedessen ist der zweiten Rüge stattzugeben.

105    Nach alledem ist festzustellen, dass die Portugiesische Republik

–        dadurch, dass sie vom 1. Januar 2010 bis einschließlich 2020 in den Gebieten Lisboa Norte (PT‑3001), Porto Litoral (PT‑1004) und Entre Douro e Minho (PT‑1009) den Jahresgrenzwert für NO2 systematisch und andauernd überschritten hat, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 in Verbindung mit Anhang XI Abschnitt B dieser Richtlinie verstoßen hat, und

–        in Bezug auf alle diese Gebiete gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50, allein und in Verbindung mit Anhang XV Abschnitt A dieser Richtlinie, und insbesondere gegen ihre Verpflichtung aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 dieser Richtlinie verstoßen hat, geeignete Maßnahmen zu treffen, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten wird.

 Kosten

106    Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Portugiesische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Portugiesische Republik

–        hat dadurch, dass sie vom 1. Januar 2010 bis einschließlich 2020 in den Gebieten Lisboa Norte (PT3001), Porto Litoral (PT1004) und Entre Douro e Minho (PT1009) den Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) systematisch und andauernd überschritten hat, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa in Verbindung mit Anhang XI Abschnitt B dieser Richtlinie verstoßen;

–        hat in Bezug auf alle diese Gebiete gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50, allein und in Verbindung mit Anhang XV Abschnitt A dieser Richtlinie, und insbesondere gegen ihre Verpflichtung aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 dieser Richtlinie verstoßen, geeignete Maßnahmen zu treffen, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten wird.

2.      Die Portugiesische Republik trägt die Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Portugiesisch.