Language of document : ECLI:EU:T:2009:492

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

10. Dezember 2009(*)

„Gemeinschaftsmarke – Verfahren der Erklärung des Verfalls – Gemeinschaftswortmarke Stella – Früher eingeleitetes Widerspruchsverfahren, in dem diese Marke geltend gemacht wird – Zulässigkeit – Art. 50 Abs. 1 und Art. 55 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 51 Abs. 1 und Art. 56 Abs. 1 der Verordnung [EG] Nr. 207/2009)“

In der Rechtssache T‑27/09

Stella Kunststofftechnik GmbH mit Sitz in Eltville (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin M. Beckensträter,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. Führer und G. Schneider als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

Stella Pack S.A. mit Sitz in Lubartów (Polen), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt O. Bischof,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 13. November 2008 (Sache R 693/2008‑4) zu einem Verfallsverfahren zwischen der Stella Kunststofftechnik GmbH und der Stella Pack sp. z o.o.

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Vilaras (Berichterstatter) sowie der Richter M. Prek und V. M. Ciucă,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 19. Januar 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 30. April 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 17. April 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund des Umstands, dass keiner der Verfahrensbeteiligten binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 29. Februar 1996 meldete die Klägerin, die Stella Kunststofftechnik GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an. Nach Behebung formeller Mängel wurde der Anmeldetag nach Art. 27 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 27 der Verordnung Nr. 207/2009) und Regel 9 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. L 303, S. 1) auf den 22. Juli 1996 festgesetzt.

2        Bei der angemeldeten Marke handelte es sich um das Wortzeichen Stella.

3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 6, 8, 16, 20 und 21 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 6: „Waren aus Metall, soweit in Klasse 6 enthalten, insbesondere Behälter, Flaschen, Verpackungen und Verschlüsse und Verpackungsfolien, Behälter und Flaschenverschlüsse, Verschlusskappen, Metallkappen, Dosen und Gefäße“;

–        Klasse 8: „Handbetätigte Werkzeuge und Geräte, insbesondere Handhebelpressen“;

–        Klasse 16: „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, insbesondere Behälter und Verpackungen; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten, Behälter und Verpackungen aus Papier und Kunststoff sowie aus Pappe und Kunststoff“; 

–        Klasse 20: „Waren, soweit in Klasse 20 enthalten, aus Kunststoffen, Flaschen, Behälter, Verpackungen und Verschlüsse, Flaschen- und Behälterverschlüsse, Verschlusskappen“;

–        Klasse 21: „Behälter und Flaschen aus Glas, aus Kunststoff und/oder aus einer Kombination von Glas und Kunststoff“.

4        Die Marke wurde am 19. September 2001 als Gemeinschaftsmarke eingetragen (im Folgenden: streitige Marke).

5        Am 11. Mai 2004 meldete die Streithelferin, die Stella Pack S.A. (vormals Stella Pack sp. z o.o.), nach der Verordnung Nr. 40/94 beim HABM ihrerseits eine Gemeinschaftsmarke an.

6        Dabei handelte es sich um eine Bildmarke mit dem Bestandteil „Stella pack“.

7        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 4, 6, 16, 20 und 21 des Abkommens von Nizza angemeldet:

–        Klasse 4: „Kerzen“;

–        Klasse 6: „Folien aus Metall zum Wickeln und Verpacken“;

–        Klasse 16: „Folien, große und kleine Kunststofftaschen zum Verpacken (Beutel oder Tragetaschen); Papier; große und kleine Papiertaschen zum Verpacken; Mülltaschen aus Papier oder Kunststoff; Kaffeefilter aus Papier; Tischdecken aus Papier“;

–        Klasse 20: „Trinkhalme aus Kunststoff“;

–        Klasse 21: „Handschuhe für Hausarbeiten; Gartenhandschuhe; Tischgeschirr aus Kunststoff, darin Becher, Teller, Schalen; Kunststoffbesteck; nicht elektrische Kaffeefilter; Zahnstocher; Schaschlik-Spieße; Rührbesteck; Eisbecher (darin speziell geformte); Wäscheklammern; Tücher, Lappen; Schwämme; Moppe“.

8        Am 27. Juni 2005 erhob die Klägerin nach Art. 42 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch gegen die von der Streithelferin angemeldete Bildmarke.

9        Der auf die streitige Marke gestützte Widerspruch richtet sich gegen die von der Streithelferin beantragte Eintragung der Marke für folgende Waren der Klassen 6, 16 und 21 des Abkommens von Nizza:

–        Klasse 6: „Folien aus Metall zum Wickeln und Verpacken“;

–        Klasse 16: alle Waren dieser Klasse mit Ausnahme von „Tischdecken aus Papier“;

–        Klasse 21: „Tischgeschirr aus Kunststoff, darin Becher, Teller, Schalen; Kaffeefilter; Kunststoffbesteck; Schaschlik-Spieße; Rührbesteck; Eisbecher“.

10      Am 22. Dezember 2006 beantragte die Streithelferin, die streitige Marke gemäß Art. 50 Abs. 1 Buchst. a und Art. 55 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 51 Abs. 1 Buchst. a und Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009) für verfallen zu erklären.

11      Am 27. Februar 2008 erklärte die Nichtigkeitsabteilung, da sie der Auffassung war, die streitige Marke sei für bestimmte Waren nicht ernsthaft benutzt worden, diese mit Wirkung ab 22. Dezember 2006 für folgende Waren für verfallen: „Waren aus Metall, soweit in Klasse 6 enthalten (Klasse 6); handbetätigte Werkzeuge und Geräte, insbesondere Handhebelpressen (Klasse 8); Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten (Klasse 16); Waren, soweit in Klasse 20 enthalten, aus Kunststoffen (Klasse 20)“. Dagegen erhielt sie die Eintragung der streitigen Marke für die anderen von dieser erfassten Waren aufrecht.

12      Am 28. April 2008 legte die Klägerin beim HABM gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung gemäß den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) in vollem Umfang Beschwerde ein. Sie trug vor, die streitige Marke sei benutzt worden, und im Übrigen hätte der Verfallsantrag der Streithelferin gegen diese Marke als unzulässig zurückgewiesen werden müssen, weil sie selbst auf der Grundlage dieser Marke vor dem HABM bereits ein Widerspruchsverfahren gegen die Bildmarke Stella pack eingeleitet habe und dieses noch anhängig sei.

13      Mit Entscheidung vom 13. November 2008, der Klägerin zugestellt am 18. November 2008 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM diese Beschwerde zurück.

14      Zur Frage der Zulässigkeit entschied die Beschwerdekammer, dass die Beschwerde teilweise unzulässig sei, da die Klägerin die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung insgesamt angefochten habe, obwohl die Nichtigkeitsabteilung den Antrag auf Erklärung des Verfalls der streitigen Marke für bestimmte Waren zurückgewiesen habe und ihre Entscheidung daher insoweit nicht zu Ungunsten der Klägerin ausgefallen sei.

15      Zur Begründetheit führte die Beschwerdekammer aus, dass sich die Klägerin, da die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung den Verfallsantrag nach ausführlicher Begründung teilweise zurückgewiesen und im Grundsatz die rechtserhaltende Benutzung der streitigen Marke für bestimmte eingetragene Waren bejaht habe, nicht darauf hätte beschränken dürfen, erneut die Benutzung dieser Marke zu betonen, sondern substantiiert hätte darlegen müssen, warum die von ihr vorgelegten Benutzungsnachweise auch für die Waren, für die der Verfall der streitigen Marke erklärt worden sei, rechtserhaltend gewesen sein solle. Dazu habe die Klägerin jedoch nichts vorgetragen. Die Ausführungen der Klägerin zu dem Widerspruchsverfahren, das sie am 27. Juni 2005 beim HABM eingeleitet habe, lägen neben der Sache. Allenfalls dieses Widerspruchsverfahren habe ausgesetzt werden können, nicht aber das Verfallsverfahren.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

16      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        festzustellen, dass der Verfallsantrag als unzulässig zurückzuweisen war, hilfsweise, unter Aufhebung der Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung vom 27. Februar 2008 die Entscheidung über den Verfallsantrag vom 22. Dezember 2006 auszusetzen, bis das von ihr eingeleitete Widerspruchsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist;

–        die Kosten einschließlich der des Ausgangsverfahrens sowie die Kosten des Beklagten der Streithelferin aufzuerlegen.

17      Das HABM und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

18      Zur Stützung ihrer Klage macht die Klägerin zwei Klagegründe geltend. Der erste Klagegrund betrifft einen Rechtsirrtum, der darin liege, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht ihre Ausführungen zurückgewiesen habe, mit denen sie die ernsthafte Benutzung der streitigen Marke dargelegt habe. Der zweite Klagegrund bezieht sich auf die angebliche Rechtsmissbräuchlichkeit des Verfallsantrags, den die Beschwerdekammer nach Auffassung der Klägerin für unzulässig hätte erachten müssen oder in dessen Ansehung sie ihre Entscheidung zumindest hätte aussetzen müssen, da er eine Marke betreffe, die bereits zur Begründung eines beim HABM eingeleiteten und noch anhängigen Widerspruchsverfahrens geltend gemacht worden sei.

 Zum ersten Klagegrund: Rechtsirrtum hinsichtlich der ernsthaften Benutzung der streitigen Marke

19      Es ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts, der auf dem Gebiet des geistigen Eigentums gemäß Art. 130 § 1 und Art. 132 § 1 der Verfahrensordnung anwendbar ist, die Klageschrift eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Klageschrift zwar zu bestimmten Punkten durch Bezugnahme auf in der Anlage beigefügte Aktenauszüge untermauert und ergänzt werden, doch kann eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der Rechtsausführungen ausgleichen, die nach den genannten Bestimmungen in der Klageschrift selbst enthalten sein müssen (Urteile des Gerichts vom 14. September 2004, Applied Molecular Evolution/HABM [APPLIED MOLECULAR EVOLUTION], T‑183/03, Slg. 2004, II‑3113, Randnr. 11, und vom 19. Oktober 2006, Bitburger Brauerei/HABM – Anheuser-Busch [BUD, American Bud und Anheuser Busch Bud], T‑350/04 bis T‑352/04, Slg. 2006, II‑4255, Randnr. 33).

20      Im vorliegenden Fall führt die Klägerin im Rahmen des ersten Klagegrundes lediglich verschiedene Artikel der Verordnung Nr. 40/94 und bestimmte Vorschriften von internen Richtlinien des HABM an und verweist nur in globaler Weise auf ihren Schriftsatz vom 2. April 2007 und dessen Anlagen, die sie im Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung eingereicht hatte, um die ernsthafte Benutzung der streitigen Marke für die Waren nachzuweisen, für die die Nichtigkeitsabteilung diese Marke für verfallen erklärt hatte. Daher ist unter Berücksichtigung der in der vorigen Randnummer angeführten Rechtsprechung dieser Klagegrund als unzulässig zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Angebliche Rechtsmissbräuchlichkeit des Verfallsantrags

21      Die Klägerin macht geltend, dass sie, bevor die Streithelferin den Antrag auf Erklärung des Verfalls der streitigen Marke eingereicht habe, am 27. Juni 2005 selbst ein Widerspruchsverfahren beim HABM eingeleitet und dabei diese Marke gegen eine Anmeldung der Streithelferin angeführt habe. Da dieses Widerspruchsverfahren bei Einreichung des Verfallsantrags noch anhängig gewesen sei, hätte die Nichtigkeitsabteilung diesen Antrag als unzulässig zurückweisen oder andernfalls die Entscheidung bis zum rechtskräftigen Abschluss des früheren Widerspruchsverfahrens aussetzen müssen.

22      Nach Art. 50 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 wird die Gemeinschaftsmarke auf Antrag beim HABM oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt, wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Gemeinschaft für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen. Nach dieser Bestimmung kann der Verfall der Rechte des Inhabers jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Antragstellung oder vor Erhebung der Widerklage die Benutzung der Marke ernsthaft begonnen oder wieder aufgenommen worden ist. Wird die Benutzung jedoch innerhalb eines nicht vor Ablauf des ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren der Nichtbenutzung beginnenden Zeitraums von drei Monaten vor Antragstellung oder vor Erhebung der Widerklage begonnen oder wieder aufgenommen, so bleibt sie unberücksichtigt, sofern die Vorbereitungen für die erstmalige oder die erneute Benutzung erst stattgefunden haben, nachdem der Inhaber Kenntnis davon erhalten hat, dass der Antrag gestellt oder die Widerklage erhoben werden könnte.

23      Art. 55 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 über den Antrag auf Erklärung des Verfalls sieht vor, dass ein Antrag auf Erklärung des Verfalls von jeder natürlichen oder juristischen Person sowie jedem Interessenverband von Herstellern, Erzeugern, Dienstleistungsunternehmern, Händlern oder Verbrauchern, der nach dem für ihn maßgebenden Recht prozessfähig ist, beim HABM gestellt werden kann.

24      Erstens ist zu diesen Bestimmungen, auf die die Klägerin ihren Klagegrund stützt, festzustellen, dass ihrem Wortlaut, wie das HABM zutreffend ausgeführt hat, nicht zu entnehmen ist, dass ein auf eine Marke gestütztes und weiterhin anhängiges Widerspruchsverfahren irgendeinen Einfluss auf die Zulässigkeit oder gar den Ablauf eines gegen diese Marke gerichteten Verfallsverfahrens hätte.

25      In diesen Bestimmungen werden nur die Verfallsgründe und die Voraussetzungen, unter denen der Antrag beim HABM gestellt werden kann, unabhängig von der Einleitung jedes anderen Verfahrens geregelt.

26      Ferner beruft sich die Klägerin zur Stützung ihres Klagegrundes auf die Bestimmungen der Verordnung Nr. 2868/95 sowie auf die der internen Richtlinien des HABM in ihrer Fassung von November 2007, die das Verfahren zur Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit und den Nachweis der Benutzung im Widerspruchsverfahren betreffen.

27      Selbst wenn man unterstellt, dass diese Bestimmungen und Richtlinien den in der Verordnung Nr. 40/94 aufgestellten Voraussetzungen ergänzende hinzufügen könnten, ist festzustellen, dass sie nicht vorsehen, dass ein Antrag auf Erklärung des Verfalls einer Marke deshalb unzulässig wäre, weil weiterhin ein Widerspruchsverfahren aufgrund dieser Marke anhängig ist.

28      In Regel 37 der Verordnung Nr. 2868/95 über den Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit werden nur die Voraussetzungen, unter denen ein solcher Antrag statthaft ist, und insbesondere die in ihn aufzunehmenden Angaben näher festgelegt.

29      Ebenso wenig ist dem Wortlaut der internen Richtlinien des HABM in ihrer Fassung von November 2007 über das Löschungsverfahren, d. h. ihrem Teil D Kapitel 2, zu entnehmen, dass das Verfahren über die Erklärung des Verfalls einer Marke unzulässig oder es auszusetzen wäre, weil ein Widerspruchsverfahren aufgrund der Marke, deren Verfall beantragt wird, vorher eingeleitet wurde und weiterhin anhängig ist. Im Einzelnen wird in dem von der Klägerin angeführten Punkt 3.1.2 („Ernsthafte Benutzung“) dieser Richtlinien nur ausgeführt, dass die Mittel zur Beurteilung der ernsthaften Benutzung bei Löschungsverfahren dieselben seien wie bei der Beurteilung des Nachweises der Benutzung einer Gemeinschaftsmarke in Widerspruchsverfahren und dass die detaillierten Erwägungen in Teil 6 der internen Richtlinien zum Widerspruchsverfahren zu befolgen seien.

30      In diesem den Benutzungsnachweis betreffenden Teil 6 der internen Richtlinien, insbesondere in seinem von der Klägerin angeführten Punkt II.4 („Dauer der Benutzung“), wird nur daran erinnert, dass nach Art. 43 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 42 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009), der das Widerspruchsverfahren betrifft, die Verpflichtung zum Nachweis der Benutzung voraussetzt, dass die ältere Marke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke seit mindestens fünf Jahren eingetragen ist. In keiner Weise wird eine mögliche Auswirkung des Widerspruchsverfahrens auf das Verfallsverfahren erwähnt, die zur Unzulässigkeit dieses Verfahrens führte oder dazu verpflichtete, es bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens auszusetzen.

31      Zweitens läuft das Vorbringen der Klägerin, wonach der Antrag auf Erklärung des Verfalls einer Marke nicht vor dem Abschluss eines vorher aufgrund dieser Marke eingeleiteten Widerspruchsverfahrens behandelt werden dürfe, der allgemeinen Systematik der Verordnung Nr. 40/94 zuwider.

32      Aus der Verordnung ergibt sich nämlich, dass das Widerspruchs- und das Verfallsverfahren spezifische und eigenständige Verfahren mit jeweils eigenen Wirkungen sind und dass ein Verfallsverfahren durchgeführt werden kann, obwohl vorher aufgrund der von dem Verfallsantrag betroffenen Marke ein Widerspruch erhoben wurde und dieser weiterhin anhängig ist.

33      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die fraglichen Verfahren in zwei unterschiedlichen Titeln der Verordnung Nr. 40/94 geregelt sind. Der Widerspruch ist in Titel IV Abschnitt 4 der Verordnung geregelt (jetzt Titel IV Abschnitt 4 der Verordnung Nr. 207/2009), während das Verfallsverfahren in Titel VI Abschnitte 2 und 4 der Verordnung (jetzt Titel VI Abschnitte 2 und 4 der Verordnung Nr. 207/2009) geregelt ist.

34      Beide Verfahren haben jeweils ein Ziel und Wirkungen, die ihnen eigen sind. Der Widerspruch soll unter bestimmten Voraussetzungen eine Anmeldung wegen des Bestehens einer älteren Marke vereiteln, und die Zurückweisung dieses Widerspruchs führt nicht zum Verfall der älteren Marke. Ein solcher Verfall kann nur durch die Einleitung eines Verfahrens erreicht werden, das diesem Ziel dient.

35      Dieser Unterschied in Ziel und Wirkungen erklärt, dass jedes Verfahren seinen eigenen Regeln folgt. Während so zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des Widerspruchs nach Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 und Regel 18 der Verordnung Nr. 2868/95 insbesondere das Rechtsschutzinteresse des Widersprechenden und eine dreimonatige Frist für die Widerspruchserhebung gehören (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Juni 2002, Chef Revival USA/HABM – Massagué Marín [Chef], T‑232/00, Slg. 2002, II‑2749, Randnr. 32), enthält der für das Verfallsverfahren geltende Art. 55 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung, wie das HABM hervorhebt, keinerlei Bezugnahme auf ein Rechtsschutzinteresse.

36      Ebenso wenig ist die Einleitung eines Verfallsverfahrens einer Frist unterworfen, sondern muss, um die Erklärung des Verfalls einer Marke zu erwirken, nach Art. 50 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94, der mit der für den Widerspruch geltenden Regelung des Art. 43 Abs. 2 der Verordnung übereinstimmt, nur geltend gemacht werden können, dass die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Gemeinschaft für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

37      Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen hat die Beschwerdekammer in Randnr. 14 der angefochtenen Entscheidung zu Recht die Auffassung eingenommen, dass die jedermann eröffnete Möglichkeit, einen Verfallsantrag wegen Nichtbenutzung einer Marke zu stellen, von etwaig parallel geführten Widerspruchsverfahren, die die angegriffene Gemeinschaftsmarke betreffen, gänzlich unabhängig ist. Das Vorbringen der Klägerin, wonach der gegen eine Marke gerichtete Verfallsantrag wegen der früheren Einleitung eines auf diese Marke gestützten und im Zeitpunkt der Einreichung des Verfallsantrags weiterhin anhängigen Widerspruchsverfahrens unzulässig sei, ist daher zurückzuweisen.

38      Die Beschwerdekammer hat auch keinen Rechtsfehler begangen, soweit sie, ebenfalls in Randnr. 14 der angefochtenen Entscheidung, davon ausging, dass ein nach einem Widerspruch eingeleitetes Verfallsverfahren allenfalls zu einer Aussetzung des Widerspruchsverfahrens Anlass geben könne. Denn falls die ältere Marke für verfallen erklärt würde, wäre das Widerspruchsverfahren gegenstandslos.

39      Hingegen brächte die Fortführung des Widerspruchsverfahrens, ohne den Ausgang des Verfallsverfahrens abzuwarten, dem Inhaber der von dem Verfallsantrag betroffenen älteren Widerspruchsmarke keinen Vorteil. Selbst wenn das Widerspruchsverfahren zur Zurückweisung der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke führte, stünde nämlich deren erneuter Anmeldung, sobald die ältere Marke für verfallen erklärt worden ist, nichts entgegen.

40      Aus alledem ergibt sich, dass das Vorbringen der Klägerin, die Einreichung eines Antrags auf Erklärung des Verfalls der streitigen Marke durch die Streithelferin sei rechtsmissbräuchlich gewesen, weil das Widerspruchsverfahren noch anhängig gewesen sei, nicht durchgreifen kann.

41      Abschließend ist hinzuzufügen, dass die Klägerin die Durchführung eines Verfallsverfahrens gegen eine Marke vor dem Abschluss eines vorher aufgrund derselben Marke eingeleiteten Widerspruchsverfahrens auch nicht, wie sie es in der Klageschrift getan hat, erfolgreich mit der Begründung beanstanden kann, dass ihr Recht auf Gleichbehandlung als Inhaberin einer Gemeinschaftsmarke und ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden seien.

42      Zum einen ist die von der Klägerin insoweit erhobene Rüge zu allgemein formuliert, als dass sie klar und eindeutig verstanden werden könnte. Ohne eine wirkliche Erläuterung verweist sie im Rahmen dieser Rüge auf mehrere Artikel der Verordnung Nr. 40/94, nämlich die Art. 15 (jetzt Art. 15 der Verordnung Nr. 207/2009), 43 sowie 77 und 79 (jetzt Art. 79 und 83 der Verordnung Nr. 207/2009), die sich auf die Benutzung der Gemeinschaftsmarke, die Prüfung des Widerspruchs, die Zustellung der Entscheidungen des HABM und die Heranziehung allgemeiner Grundsätze beziehen. Gleiches gilt für die Verweisung auf Regel 69 der Verordnung Nr. 2868/95, die die Zustellung von Schriftstücken in Verfahren mit mehreren Beteiligten betrifft.

43      Zum anderen ist für den Fall, dass die Klägerin mit ihrer Rüge eine Verletzung von Art. 73 Satz 2 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009) geltend machen sollte, wonach die Entscheidungen des HABM nur auf Gründe gestützt werden dürfen, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten, daran zu erinnern, dass eine Beschwerdekammer des HABM ihre Entscheidung nach dieser Vorschrift nur auf tatsächliche oder rechtliche Erwägungen stützen darf, zu denen die Beteiligten Stellung nehmen konnten (Urteil des Gerichtshofs vom 21. Oktober 2004, KWS Saat/HABM, C‑447/02 P, Slg. 2004, I‑10107, Randnr. 42; Urteile des Gerichts vom 13. Juli 2005, Sunrider/HABM [TOP], T‑242/02, Slg. 2005, II‑2793, Randnr. 59, und vom 7. September 2006, L & D/HABM – Sämann [Aire Limpio], T‑168/04, Slg. 2006, II‑2699, Randnr. 115).

44      Diese Vorschrift gewährleistet im Rahmen des Gemeinschaftsmarkenrechts den allgemeinen Grundsatz des Schutzes der Rechte der Verteidigung (Urteile des Gerichts vom 15. September 2005, Citicorp/HABM [LIVE RICHLY], T‑320/03, Slg. 2005, II‑3411, Randnr. 21, und vom 7. Februar 2007, Kustom Musical Amplification/HABM [Form einer Gitarre], T‑317/05, Slg. 2007, II‑427, Randnr. 26). Nach diesem allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts muss der Adressat einer amtlichen Entscheidung, die seine Interessen spürbar berührt, Gelegenheit erhalten, seinen Standpunkt gebührend darzulegen (Urteil des Gerichtshofs vom 23. Oktober 1974, Transocean Marine Paint Association/Kommission, 17/74, Slg. 1974, 1063, Randnr. 15; Urteile des Gerichts vom 27. Februar 2002, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], T‑34/00, Slg. 2002, II‑683, Randnr. 21, und LIVE RICHLY, Randnr. 22).

45      Im Übrigen erstreckt sich der Anspruch auf rechtliches Gehör nach der Rechtsprechung auf alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte, die die Grundlage für die Entscheidung bilden, nicht aber auf den endgültigen Standpunkt, den die Verwaltung einnehmen will (Urteile Aire Limpio, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 116, und Form einer Gitarre, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnr. 27). Daher ist die Beschwerdekammer nicht verpflichtet, einen Beschwerdeführer zu einer Sachverhaltswürdigung zu hören, die zu ihrem endgültigen Standpunkt gehört (Urteil des Gerichts vom 20. November 2007, Tegometall International/HABM – Wuppermann [TEK], T‑458/05, Slg. 2007, II‑4721, Randnr. 45).

46      Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass die Klägerin nicht in der Lage gewesen wäre, ihre Erklärungen zu allen tatsächlichen und rechtlichen Punkten darzutun, die die Grundlage für die angefochtene Entscheidung bilden.

47      Wie sich aus Randnr. 7 der angefochtenen Entscheidung ergibt, die von der Klägerin nicht beanstandet worden ist, war diese nämlich in der Lage, ihr Vorbringen sowohl vor der Nichtigkeitsabteilung als auch vor der Beschwerdekammer geltend zu machen.

48      Folglich ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

49      Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen, ohne dass es erforderlich wäre, über die vom HABM bestrittene Zulässigkeit des zweiten und dritten Klageantrags zu entscheiden.

 Kosten

50      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

51      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Stella Kunststofftechnik GmbH trägt die Kosten.

Vilaras Prek Ciucă

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 10. Dezember 2009.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.