Language of document : ECLI:EU:C:2024:56

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)

18. Januar 2024(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Landwirtschaft – Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) – Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) – Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums – Verordnung (EG) Nr. 1974/2006 – Miet- oder Pachtvertrag – Zwischen einer Gemeindeverwaltung und dem Beihilfeempfänger geschlossener Mietvertrag – Verpflichtungen über fünf Jahre – Kündigung des Mietvertrags infolge einer Gesetzesänderung – Pflicht zur vollständigen oder teilweisen Rückerstattung der empfangenen Beihilfe – Unmöglichkeit der Anpassung von Verpflichtungen an eine neue Lage des Betriebs – Begriffe ‚höhere Gewalt‘ und ‚außergewöhnliche Umstände‘ – Begriff ‚Enteignung des Betriebs‘“

In der Rechtssache C‑656/22

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Varhoven administrativen sad (Oberstes Verwaltungsgericht, Bulgarien) mit Entscheidung vom 28. September 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Oktober 2022, in dem Verfahren

Askos Properties EOOD

gegen

Zamestnik izpalnitelen direktor na Darzhaven fond „Zemedelie“

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters M. Safjan in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten sowie der Richter N. Jääskinen und M. Gavalec (Berichterstatter),

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        des Zamestnik izpalnitelen direktor na Darzhaven fond „Zemedelie“, vertreten durch Y. Kancheva,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Koleva und A. Sauka als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. f der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates (ABl. 2013, L 347, S. 549) sowie von Art. 47 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates (ABl. 2013, L 347, S. 487).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Askos Properties EOOD, einer Gesellschaft bulgarischen Rechts, und dem Zamestnik izpalnitelen direktor na Darzhaven fond „Zemedelie“ (stellvertretender Exekutivdirektor des Staatlichen Landwirtschaftsfonds, Bulgarien) wegen eines Bescheids, mit dem diese Gesellschaft zur Rückzahlung von 50 % einer Subvention verpflichtet wurde, die sie im Rahmen der Maßnahme 211 des Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums 2007–2013 erhalten hatte.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Verordnung Nr. 1698/2005

3        Die Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) (ABl. 2005, L 277, S. 1) wurde durch die Verordnung Nr. 1305/2013 aufgehoben. Jedoch galt nach Art. 88 der Verordnung Nr. 1305/2013 die Verordnung Nr. 1698/2005 weiterhin für Vorhaben, die gemäß von der Europäischen Kommission im Rahmen dieser Verordnung vor dem 1. Januar 2014 genehmigten Programmen durchgeführt worden waren.

4        Art. 36 („Maßnahmen“) der Verordnung Nr. 1698/2005 bestimmte:

„Die Beihilfen dieses Abschnitts betreffen folgende Maßnahmen:

a)      Maßnahmen zur Förderung der nachhaltigen Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen:

i)      Ausgleichszahlungen für naturbedingte Nachteile zugunsten von Landwirten in Berggebieten,

ii)      Zahlungen zugunsten von Landwirten in benachteiligten Gebieten, die nicht Berggebiete sind,

…“

5        Art. 37 („Zahlungen für naturbedingte Nachteile in Berggebieten und Zahlungen in anderen Gebieten mit Benachteiligungen“) der Verordnung Nr. 1698/2005 sah vor:

„(1)      Die Zahlungen gemäß Artikel 36 Buchstabe a Ziffern i und ii werden jährlich je Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche im Sinne der Entscheidung 2000/115/EG der Kommission vom 24. November 1999 über die Definitionen der Erhebungsmerkmale, die Liste der landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die Ausnahmen von den Definitionen sowie die Regionen und Bezirke im Hinblick auf die Erhebungen über die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe [(ABl. 2000, L 38, S. 1)] gewährt.

Die Zahlungen dienen zum Ausgleich der zusätzlichen Kosten und der Einkommensverluste der Landwirte im Zusammenhang mit den Nachteilen für die landwirtschaftliche Erzeugung in dem betreffenden Gebiet.

(2)      Die Zahlungen werden Landwirten gewährt, die sich verpflichten, ihre landwirtschaftliche Tätigkeit in den gemäß Artikel 50 Absätze 2 und 3 ausgewiesenen Gebieten vom Zeitpunkt der ersten Zahlung an noch mindestens fünf Jahre auszuüben.

…“

 Verordnung Nr. 1974/2006

6        Die Verordnung (EG) Nr. 1974/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) (ABl. 2006, L 368, S. 15) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 434/2007 der Kommission vom 20. April 2007 (ABl. 2007, L 104, S. 8) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1974/2006) wurde durch die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 807/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Einführung von Übergangsvorschriften (ABl. 2014, L 227, S. 1) aufgehoben. Nach Art. 19 der Delegierten Verordnung Nr. 807/2014 galt die Verordnung Nr. 1974/2006 jedoch weiterhin für Vorhaben, die gemäß von der Kommission im Rahmen der Verordnung Nr. 1698/2005 vor dem 1. Januar 2014 genehmigten Programmen durchgeführt worden waren.

7        Der 37. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1974/2006 lautete:

„Es sollten allgemeine Bestimmungen für verschiedene Maßnahmen festgelegt werden, insbesondere hinsichtlich folgender Punkte, Durchführung von integrierten Maßnahmen, Investitionsmaßnahmen, Übertragung eines Betriebs während der Laufzeit der als Voraussetzung für die Gewährung der Beihilfe eingegangenen Verpflichtung, Aufstockung der Betriebsfläche und Definition der verschiedenen Kategorien von Fällen höherer Gewalt und außergewöhnlichen Umständen.“

8        Diese Verordnung enthielt ein Kapitel III („Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums“), dessen Abschnitt 2 („Gemeinsame Bestimmungen für mehrere Maßnahmen“) die Art. 42 bis 47 beinhaltete.

9        Art. 45 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1974/2006 bestimmte:

„Ist der Begünstigte infolge von Flurbereinigungsverfahren oder anderweitigen, öffentlichen oder von den zuständigen Behörden anerkannten Bodenordnungsverfahren an der Erfüllung seiner eingegangenen Verpflichtungen gehindert, so treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Vorkehrungen, um die Verpflichtungen an die neue Lage des Betriebs anzupassen. Erweist sich eine solche Anpassung als unmöglich, so endet die Verpflichtung, ohne dass für den tatsächlichen Verpflichtungszeitraum eine Rückzahlung gefordert wird.“

10      Art. 47 der Verordnung Nr. 1974/2006 lautete:

„(1)      Die Mitgliedstaaten können insbesondere folgende Kategorien von Fällen höherer Gewalt und außergewöhnlichen Umständen anerkennen und in den betreffenden Fällen ganz oder teilweise auf die Rückzahlung der vom Begünstigten erhaltenen Beihilfe verzichten:

a)      Tod des Begünstigten,

b)      länger andauernde Berufsunfähigkeit des Begünstigten,

c)      Enteignung eines wesentlichen Teils des Betriebs, soweit sie am Tag des Eingangs der Verpflichtung nicht vorherzusehen war,

d)      schwere Naturkatastrophe, die die landwirtschaftliche Fläche des Betriebs erheblich in Mitleidenschaft zieht,

e)      unfallbedingte Zerstörung von Stallgebäuden des Betriebs,

f)      Seuchenbefall des ganzen oder eines Teils des Tierbestands des Betriebsinhabers.

(2)      Fälle höherer Gewalt oder außergewöhnliche Umstände sind vom Begünstigten oder dem Anspruchsberechtigten der zuständigen Behörde mit den von ihr anerkannten Nachweisen innerhalb von zehn Arbeitstagen nach dem Zeitpunkt, ab dem der Begünstigte oder der Anspruchsberechtigte hierzu in der Lage ist, schriftlich mitzuteilen.“

 Verordnung Nr. 1305/2013

11      Der 36. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1305/2013 lautet:

„Bestimmte flächenbezogene Maßnahmen im Rahmen dieser Verordnung erfordern es, dass die Begünstigten Verpflichtungen für eine Dauer von mindestens fünf Jahren eingehen. Während dieses Zeitraums ist es möglich, dass sich die Lage des Betriebs oder des Begünstigten verändert. Daher sollten Vorschriften für das Vorgehen in solchen Fällen erlassen werden.“

12      Art. 47 („Vorschriften für flächenbezogene Zahlungen“) der Verordnung Nr. 1305/2013 sieht in den Abs. 3 und 4 vor:

„(3)      Ist der Begünstigte an der weiteren Erfüllung seiner eingegangenen Verpflichtungen gehindert, weil der Betrieb oder ein Teil des Betriebs neu parzelliert wurde, Gegenstand von Flurbereinigungsverfahren oder von den zuständigen öffentlichen Behörden gebilligten Bodenordnungsverfahren ist, so treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Vorkehrungen, um die Verpflichtungen an die neue Lage des Betriebs anzupassen. Erweist sich eine solche Anpassung als unmöglich, so endet die Verpflichtung, ohne dass für den tatsächlichen Verpflichtungszeitraum eine Rückzahlung gefordert wird.

(4)      Im Falle höherer Gewalt und außergewöhnlicher Umstände gemäß Artikel 2 der Verordnung … Nr. 1306/2013 wird keine Rückzahlung der erhaltenen Förderung gefordert.“

 Verordnung Nr. 1306/2013

13      Der fünfte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1306/2013 lautet:

„Um für Kohärenz zwischen den Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten und der harmonisierten Anwendung der Bestimmung über höhere Gewalt durch die Mitgliedstaaten zu sorgen, sollte diese Verordnung gegebenenfalls Ausnahmen für Fälle höherer Gewalt und außergewöhnliche Umstände sowie eine nicht erschöpfende Liste möglicher Fälle höherer Gewalt und möglicher außergewöhnlicher Umstände vorsehen, die von den nationalen zuständigen Behörden anzuerkennen sind. Diese Behörden sollten das Vorliegen von Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände auf Einzelfallbasis auf der Grundlage einschlägiger Nachweise feststellen und sollten dabei den Begriff der höheren Gewalt im Lichte des Landwirtschaftsrechts der Union einschließlich der Rechtsprechung des Gerichtshofs auslegen.“

14      Art. 2 („In dieser Verordnung verwendete Begriffe“) Abs. 2 der Verordnung Nr. 1306/2013 bestimmt:

„Für die Zwecke der Finanzierung, der Verwaltung und Überwachung der [Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)], werden als Fälle ‚höherer Gewalt‘ und ‚außergewöhnliche Umstände‘ insbesondere folgende Fälle bzw. Umstände anerkannt:

a)      Tod des Begünstigten;

b)      länger andauernde Berufsunfähigkeit des Begünstigten;

c)      eine schwere Naturkatastrophe, die den Betrieb erheblich in Mitleidenschaft zieht;

d)      unfallbedingte Zerstörung von Stallgebäuden des Betriebs;

e)      eine Seuche oder Pflanzenkrankheit, die den ganzen Tier- bzw. Pflanzenbestand des Begünstigten oder einen Teil davon befällt;

f)      Enteignung des gesamten Betriebes oder eines wesentlichen Teils davon, soweit diese Enteignung am Tag des Eingangs der Verpflichtung nicht vorherzusehen war.“

15      Art. 121 der Verordnung Nr. 1306/2013 bestimmt:

„(1)      Diese Verordnung tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab 1. Januar 2014.

(2)      Jedoch gelten

a)      die Artikel 7, 8, 16, 25, 26 und 43 ab dem 16. Oktober 2013;

b)      die Artikel 18 und 40 für die ab dem 16. Oktober 2013 getätigten Ausgaben;

c)      Artikel 52 ab dem 1. Januar 2015.“

 Bulgarisches Recht

 ZSPZZ

16      Art. 37i des Zakon za sobstvenostta i polzvaneto na zemedelskite zemi (Gesetz über das Eigentum an landwirtschaftlichen Nutzflächen und über deren Nutzung) (DV Nr. 17 vom 1. März 1991, im Folgenden: ZSPZZ) bestimmt:

„(1)      Weiden, Wiesen und Grünland aus dem Grundstücksfonds des Staates und dem Grundstücksfonds der Gemeinden werden gemäß Art. 24a Abs. 2 an die Eigentümer oder Nutzer von Zuchtbetrieben, die im integrierten Informationssystem der Balgarska agentsia po bezopasnost na hranite [bulgarische Lebensmittelsicherheitsagentur] registrierte Weidetiere halten, je nach Zahl und Art der von ihnen registrierten Tiere zu einem durch einen Marktmechanismus bestimmten Preis vermietet oder verpachtet. Weiden, Wiesen und Grünland aus dem Grundstücksfonds des Staates und dem Grundstücksfonds der Gemeinden werden an Personen vermietet oder verpachtet, die weder Steuerschulden noch Schulden gegenüber dem Nationalen Landwirtschaftsfonds, dem staatlichen Grundstücksfonds oder dem Grundstücksfonds der Gemeinden noch grundstücksbezogene Verpflichtungen nach Art. 37c Abs. 3 Nr. 2 haben.

(4)      Weiden, Wiesen und Grünland werden unter den Berechtigten, die auf dem jeweiligen Grundstücksgebiet registrierte Tierzüchtungen haben, entsprechend der Zahl und der Art der registrierten Weidetiere aufgeteilt, je nachdem, welche Weiden, Wiesen und welches Grünland rechtmäßig besessen oder genutzt werden, jedoch bis zu einer Obergrenze von 15 Dekar pro Großvieheinheit bei Eigentum der ersten bis siebten Kategorie und/oder von 30 Dekar pro Großvieheinheit bei Eigentum der achten bis zehnten Kategorie. Berechtigten Personen, die Rinder für die Fleischerzeugung und Tiere einheimischer (autochthoner) Rassen halten, werden bis zu 20 Dekar je Tiereinheit bei Eigentum der ersten bis siebten Kategorie und bis zu 40 Dekar je Tiereinheit bei Eigentum der achten bis zehnten Kategorie zugeteilt. Berechtigten, die Rinder für Milch oder zur Mast, Schafe und/oder Ziegen halten, die zur Förderung im Rahmen der in der Komponente ‚ökologische/biologische Tierzucht‘ enthaltenen Teilmaßnahmen ‚Zahlungen für die Umstellung auf den ökologischen/biologischen Landbau‘ und ‚Zahlungen für die Erhaltung des ökologischen/biologischen Landbaus‘ zugelassen sind, werden unabhängig von der Eigentumskategorie Flächen von bis zu 0,15 Großvieheinheiten je Hektar zugewiesen.“

 Gesetz zur Änderung des ZSPZZ

17      Art. 15 der Übergangs- und Schlussbestimmungen des Gesetzes zur Änderung des ZSPZZ bestimmt:

„(1)      Begünstigte, die vor dem 24. Februar 2015 Verträge über die Vermietung oder Verpachtung von Weiden, Wiesen und Grünland aus dem Grundstücksfonds des Staates und dem Grundstücksfonds der Gemeinden geschlossen haben, sind verpflichtet, die Verträge vor dem 1. Februar 2016 mit den Anforderungen des Art. 37i Abs. 1 und 4 in Einklang zu bringen.

(2)      Begünstigte, die im Rahmen der in Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 4 vom 24. Februar 2015 über die Durchführung der Maßnahme 11 ‚Ökologischer/biologischer Landbau‘ des Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums 2014–2020 … genannten Komponente zugelassen wurden und vor dem 24. Februar 2015 Verträge über die Vermietung oder Verpachtung von Weiden, Wiesen und Grünland aus dem Grundstücksfonds des Staates und dem Grundstücksfonds der Gemeinden geschlossen haben und bei denen alle Weidetiere und die Weiden zur Förderung zugelassen sind, sind verpflichtet, die Verträge vor dem 1. Februar 2016 mit den Anforderungen des Art. 37i Abs. 1 in Einklang zu bringen, wobei das Verhältnis von mindestens 0,15 Tiereinheiten je Hektar unabhängig von der Kategorie einzuhalten ist.

(3)      Verträge über die Vermietung oder Verpachtung von Weiden, Wiesen und Grünland aus dem Grundstücksfonds des Staates und dem Grundstücksfonds der Gemeinden, die nicht innerhalb der in Abs. 1 oder 2 vorgesehenen Frist in Einklang gebracht werden, werden vom Bürgermeister der Gemeinde oder vom Direktor der Regionaldirektion ‚Landwirtschaft‘ gekündigt.“

 Verordnung Nr. 11/2008

18      Die Naredba Nr. 11 za usloviata i reda za prilagane na myarka 211 „Plashtania na zemedelski stopani za prirodni ogranichenia v planinskite rayoni“ i myarka 212 „Plashtania na zemedelski stopani v rayoni s ogranichenia, razlichni ot planinskite rayoni“ ot Programata za razvitie na selskite rayoni za perioda 2007–2013 (Verordnung Nr. 11 über die Voraussetzungen und die Durchführungsmodalitäten der Maßnahme 211 „Zahlungen an Landwirte in Berggebieten, die aus naturbedingten Gründen benachteiligt sind“ und der Maßnahme 212 „Zahlungen an Landwirte in benachteiligten Gebieten, die nicht Berggebiete sind“ im Rahmen des Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums für den Zeitraum 2007–2013) vom 3. April 2008 (DV Nr. 40 vom 18. April 2008, im Folgenden: Verordnung Nr. 11/2008), erlassen vom Minister für Landwirtschaft und Ernährung, sieht in Art. 1 Abs. 1 vor:

„Diese Verordnung regelt die Voraussetzungen und die Modalitäten für die Durchführung der folgenden Maßnahmen des aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums finanzierten Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums 2007–2013:

1.      ‚Ausgleichszahlungen für naturbedingte Nachteile zugunsten von Landwirten in Berggebieten‘;

2.      ‚Ausgleichszahlungen für naturbedingte Nachteile zugunsten von Landwirten in Gebieten, die nicht Berggebiete sind‘.“

19      Nach Art. 2 dieser Verordnung müssen Landwirte, die einen Antrag auf Förderung einer der in Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung genannten Maßnahmen gestellt haben, während der gesamten Förderungsdauer eine landwirtschaftliche Tätigkeit in Berggebieten oder in benachteiligten Gebieten ausüben, die nicht Berggebiete sind.

20      In Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung heißt es:

„… Antragsteller, die eine Förderung nach dieser Verordnung beantragen, sind verpflichtet:

3.      jedes Jahr nach der ersten Ausgleichszahlung einen Antrag auf Förderung zu stellen und darin Flächen in dem betreffenden benachteiligten Gebiet anzugeben;

…“

21      Art. 14 der Verordnung Nr. 11/2008 bestimmt:

„(1)      Ein Landwirt, der während des fünfjährigen Verpflichtungszeitraums keinen Antrag auf finanzielle Förderung stellt, wird von der Gewährung der Beihilfe nach dieser Verordnung ausgeschlossen und muss die Beträge, die er bis zu diesem Zeitpunkt als Ausgleichszahlungen für benachteiligte Gebiete erhalten hat, oder einen Teil dieser Beträge je nach dem Jahr, in dem er seine Teilnahme an den Maßnahmen beendet hat, wie folgt zurückerstatten:

1.      nach dem ersten Jahr zu 100 %;

2.      nach dem zweiten Jahr zu 75 %;

3.      nach dem dritten Jahr zu 50 %;

4.      nach dem vierten Jahr zu 25 %.

(3)      Die in Abs. 1 genannten Mittel werden nebst gesetzlichen Zinsen ab dem Zeitpunkt der Mitteilung an den Landwirt über die Verpflichtung zur Rückzahlung dieses Betrags bis zur tatsächlichen Rückzahlung oder bis zum tatsächlichen Abzug des Betrags eingezogen.“

22      Art. 15 der Verordnung Nr. 11/2008 bestimmt:

„(1)      In Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände findet Art. 14 keine Anwendung, die Verpflichtung wird gekündigt und eine teilweise oder vollständige Rückzahlung der Beihilfe, die der Landwirt erhalten hat, wird nicht verlangt.

(2)      Fälle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände sowie die entsprechenden Nachweise (von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgestellte Dokumente) werden dem Nationalen Landwirtschaftsfonds – Zahlstelle – schriftlich von dem Landwirt oder einer anderen von ihm bevollmächtigten Person oder von seinem Rechtsnachfolger innerhalb von zehn Arbeitstagen nach dem Zeitpunkt gemeldet, ab dem der Landwirt, sein Bevollmächtigter oder sein Rechtsnachfolger hierzu in der Lage ist.“

23      Nach den ergänzenden Bestimmungen bezeichnet „höhere Gewalt“ bzw. „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne der Verordnung Nr. 11/2008:

„a)      Tod des Begünstigten;

b)      länger andauernde Berufsunfähigkeit des Begünstigten;

c)      Enteignung eines großen Teils des Betriebs, soweit dies an dem Tag nicht vorherzusehen war, an dem die Verpflichtung eingegangen wurde;

d)      eine schwere Naturkatastrophe, die die Flächen des Betriebs erheblich in Mitleidenschaft zieht;

…“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

24      Von 2013 bis 2015 stellte Askos Properties mehrere Anträge auf finanzielle Förderung aus dem Nationalen Landwirtschaftsfonds im Rahmen der Maßnahme 211 des Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums 2007–2013.

25      In diesem Rahmen verpflichtete sie sich, die im Lauf des Jahres 2012 auf der Grundlage von auf fünf Jahre mit zwei bulgarischen Gemeinden geschlossenen Mietverträgen gemieteten landwirtschaftlichen Flächen der Gemeinden in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand zu erhalten und in dem betreffenden benachteiligten Gebiet mindestens fünf aufeinanderfolgende Jahre lang eine landwirtschaftliche Tätigkeit auszuüben.

26      Für das Jahr 2013 erhielt Askos Properties keine Subvention. Für die Jahre 2014 und 2015 beliefen sich die ihr zugeteilten Beträge auf 15 866 bulgarische Leva (BGN) (etwa 8 112 Euro) und 21 796 BGN (etwa 11 144 Euro).

27      Im Jahr 2015 wurde Art. 37i Abs. 1 und 4 ZSPZZ dahin geändert, dass Weiden, Wiesen und Grünland aus den Grundstücksfonds des Staates oder der Gemeinden ausschließlich an die Eigentümer oder Nutzer von Betrieben vermietet oder verteilt werden, die Pflanzenfresser halten, je nach Zahl und Art der von ihnen gemeldeten Tiere.

28      Den Nutzern von Flächen, die vor dem 24. Februar 2015 einen Miet- oder Pachtvertrag über im Eigentum von Grundstücksfonds des Staates oder der Gemeinden stehende Weiden, Wiesen und Grünland geschlossen hatten, wurde eine Frist bis zum 1. Februar 2016 eingeräumt, um den Vertrag mit den in dieser Änderung vorgesehenen neuen Anforderungen in Einklang zu bringen.

29      Da Askos Properties diese Anforderungen nicht erfüllt hatte, kündigten die beiden betreffenden Gemeinden im Jahr 2016 die mit ihr geschlossenen Mietverträge über landwirtschaftliche Flächen.

30      Der stellvertretende Exekutivdirektor des Staatlichen Landwirtschaftsfonds erließ am 23. Januar 2020 einen Bescheid, mit dem eine öffentliche Staatsforderung gegenüber Askos Properties in Höhe von 18 831 BGN (etwa 9 628 Euro) festgestellt wurde, was 50 % des Gesamtbetrags entspricht, der ihr im Rahmen der Maßnahme 211 für Kampagnen zur Entwicklung des ländlichen Raums 2013 bis 2015 gezahlt worden war.

31      Nachdem die gegen diesen Bescheid erhobene Klage durch das Urteil des Administrativen sad Sofia-grad (Verwaltungsgericht der Stadt Sofia, Bulgarien) abgewiesen worden war, legte Askos Properties gegen dieses Urteil Kassationsbeschwerde beim Varhoven administrativen sad (Oberstes Verwaltungsgericht, Bulgarien), dem vorlegenden Gericht, ein.

32      Mit ihrer Beschwerde macht Askos Properties geltend, dass die Kündigung der Mietverträge durch die betroffenen Gemeinden einen „Fall höherer Gewalt“ und/oder einen „außergewöhnlichen Umstand“ im Sinne von Art. 15 der Verordnung Nr. 11/2008 darstelle, so dass sie nicht verpflichtet sei, die erhaltene Subvention zurückzuzahlen.

33      Das vorlegende Gericht fragt zum einen, ob Kündigungen von Mietverträgen, die infolge einer Änderung der nationalen Rechtsvorschriften erfolgt sind, die der Begünstigte zum Zeitpunkt des Eingehens seiner Verpflichtung nicht vorhersehen konnte, als „Fälle höherer Gewalt“ oder „außergewöhnliche Umstände“ oder sogar als „Enteignung“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1306/2013 eingestuft werden können.

34      Es fragt zum anderen, ob solche Kündigungen von Mietverträgen unter Art. 47 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1305/2013 fallen.

35      Vor diesem Hintergrund hat der Varhoven administrativen sad (Oberstes Verwaltungsgericht) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Wie ist Art. 2 Abs. 2 Buchst. f der Verordnung Nr. 1306/2013 auszulegen, wonach für die Zwecke der Finanzierung, Verwaltung und Überwachung der GAP insbesondere die Enteignung des gesamten Betriebs oder eines wesentlichen Teils davon als Fall höherer Gewalt bzw. als außergewöhnlicher Umstand anerkannt wird, soweit sie am Tag des Eingangs der Verpflichtung nicht vorherzusehen war? Stellt genauer gesagt die Kündigung eines zwischen einer Gemeindeverwaltung und einem Begünstigten der Maßnahme 211 „Zahlungen an Landwirte in Berggebieten, die aus naturbedingten Gründen benachteiligt sind“ im Rahmen des Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums 2007–2013 über die Nutzung landwirtschaftlicher Gemeindegrundstücke (Weiden, Wiesen und Grünland) geschlossenen Vertrags einen Fall höherer Gewalt, einen außergewöhnlichen Umstand bzw. eine Enteignung des gesamten Betriebs oder eines wesentlichen Teils davon dar, wenn die Kündigung infolge einer Änderung bulgarischer Rechtsvorschriften erfolgte, die vom Begünstigten zum Zeitpunkt des Eingangs der Verpflichtung nicht vorhergesehen werden konnte?

2.      Tritt die in Art. 47 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1305/2013 genannte Lage im Fall der Kündigung eines Mietvertrags über Gemeindeflächen ein, der mit einem Begünstigten im Rahmen der Maßnahme 211 „Zahlungen an Landwirte in Berggebieten, die aus naturbedingten Gründen benachteiligt sind“ geschlossen wurde, wenn die Kündigung infolge der Änderung nationaler Rechtsvorschriften erfolgte, wobei durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des ZSPZZ eine Verpflichtung für Landwirte eingeführt wurde, eine Zuchtstätte zu besitzen und eine bestimmte Zahl an Zuchttieren bei der Bulgarischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Balgarska agentsia po bezopasnost na hranite) nach Maßgabe von Art. 37i Abs. 4 ZSPZZ zu registrieren, damit sie landwirtschaftliche Flächen mieten oder pachten können, und wenn am Tag des Eingangs der Verpflichtung weder der Begünstigte noch die Verwaltungsbehörde diese Änderung vorhersehen konnte?

 Zu den Vorlagefragen

 Vorbemerkungen

36      Nach ständiger Rechtsprechung ist es im Rahmen des durch Art. 267 AEUV eingeführten Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof Aufgabe des Gerichtshofs, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung des bei diesem anhängigen Rechtsstreits sachdienliche Antwort zu geben. Hierzu hat er die ihm vorgelegten Fragen gegebenenfalls umzuformulieren. Außerdem kann der Gerichtshof veranlasst sein, unionsrechtliche Vorschriften zu berücksichtigen, die das nationale Gericht in seiner Frage nicht angeführt hat (Urteil vom 7. September 2023, Groenland Poultry, C‑169/22, EU:C:2023:638, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Aus dem Vorabentscheidungsersuchen geht hervor, dass die Anwendung der Verordnung Nr. 11/2008 auf den beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit unstreitig ist. Nach deren Art. 1 Abs. 1 regelt sie die Voraussetzungen und die Modalitäten für die Durchführung der Maßnahmen des aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) finanzierten Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums 2007–2013.

38      Nach Art. 88 der Verordnung Nr. 1305/2013, mit der die Verordnung Nr. 1698/2005 aufgehoben wurde, gilt letztere Verordnung weiterhin für Vorhaben, die gemäß von der Kommission im Rahmen dieser Verordnung vor dem 1. Januar 2014 genehmigten Programmen durchgeführt wurden. Ebenso gilt nach Art. 19 der Delegierten Verordnung Nr. 807/2014, mit der die Verordnung Nr. 1974/2006 aufgehoben wurde, letztere Verordnung weiterhin für Vorhaben, die gemäß von der Kommission im Rahmen der Verordnung Nr. 1698/2005 vor dem 1. Januar 2014 genehmigten Programmen durchgeführt wurden.

39      Da die Maßnahme 211 des Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums 2007–2013 ein solches Vorhaben darstellt und im Ausgangsverfahren Verpflichtungen zur Erhaltung landwirtschaftlicher Flächen und zur Ausübung landwirtschaftlicher Tätigkeiten in einem benachteiligten Gebiet über mindestens fünf aufeinanderfolgende Jahre in Rede stehen, sind die Umstände der Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen anhand der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1698/2005 und der Verordnung Nr. 1974/2006 zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Mai 2019, Järvelaev, C‑580/17, EU:C:2019:391, Rn. 37, 38 und 42).

40      Hinzu kommt, dass die Wiedereinziehung von Beträgen, die im Rahmen eines für den Programmplanungszeitraum 2007–2013 bewilligten und aus dem ELER kofinanzierten Beihilfeprogramms zu Unrecht gezahlt wurden, auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1306/2013 vorzunehmen ist, wenn sie nach Ende dieses Programmplanungszeitraums, d. h. nach dem 1. Januar 2014, erfolgt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Mai 2019, Järvelaev, C‑580/17, EU:C:2019:391, Rn. 42). Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft jedoch nicht die Wiedereinziehungsmodalitäten der Beträge, die Askos Properties für die Wirtschaftsjahre 2014 und 2015 gewährt wurden.

41      Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass sich die dem Gerichtshof in der vorliegenden Rechtssache zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen auf die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1974/2006 beziehen.

 Zur ersten Frage

42      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 47 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1974/2006 dahin auszulegen ist, dass im Fall eines Miet- oder Pachtvertrags über eine landwirtschaftliche Fläche, der auf fünf Jahre mit dem Empfänger einer im Rahmen von Entwicklungsprogrammen eines Mitgliedstaats für den ländlichen Raum gewährten landwirtschaftlichen Beihilfe geschlossen wurde, zu deren Finanzierung der ELER beigetragen hat, die von einer Gemeindeverwaltung infolge einer Änderung der nationalen Rechtsvorschriften zur Einführung neuer Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung solcher Verträge erklärte Kündigung unter den Begriff „Fälle höherer Gewalt“ bzw. unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne von Art. 47 Abs. 1 fällt und insbesondere einen Fall der „Enteignung des Betriebs“ im Sinne von Art. 47 Abs. 1 Buchst. c darstellt.

43      Nach Art. 47 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1974/2006 können die Mitgliedstaaten insbesondere die in Art. 47 Abs. 1 Buchst. a bis f genannten Kategorien von Fällen höherer Gewalt und außergewöhnlichen Umständen anerkennen und in den betreffenden Fällen ganz oder teilweise auf die Rückzahlung der vom Begünstigten erhaltenen Beihilfe verzichten.

44      Diese Bestimmung sieht eine fakultative Ausnahme vom Grundsatz der Rückzahlung der Beihilfe durch den Begünstigten im Fall der Nichteinhaltung der Verpflichtung vor, die dieser als Voraussetzung für die Gewährung der Beihilfe während der Laufzeit dieser Verpflichtung eingegangen ist.

45      Im vorliegenden Fall lässt sich anhand der in der Vorlageentscheidung enthaltenen Informationen nicht eindeutig feststellen, ob nach dem, was aus Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 11/2008 hervorgeht, die in Art. 47 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1974/2006 vorgesehene Ausnahme so in das bulgarische Recht übernommen wird, dass alle Fälle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände im Sinne von Art. 47 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1974/2006 darunter fallen, oder ob der Geltungsbereich dieser Ausnahme allein auf die in den ergänzenden Bestimmungen der Verordnung Nr. 11/2008 genannten Fälle beschränkt ist, zu denen die „Enteignung des Betriebs“ gehört.

46      Um dem vorlegenden Gericht in jedem Fall eine sachdienliche Antwort zu geben, ist die Frage sowohl im Hinblick auf den Begriff „Fälle höherer Gewalt“ bzw. den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne von Art. 47 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1974/2006 als auch auf die besondere Kategorie der „Enteignung des Betriebs“ in Buchst. c dieser Bestimmung zu beantworten, wobei es Sache des vorlegenden Gerichts ist, die genaue Tragweite der Übernahme von Art. 47 Abs. 1 in sein nationales Recht zu prüfen.

47      Was als Erstes die Frage betrifft, ob die Kündigung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Mietverträge einen „Fall höherer Gewalt“ bzw. einen „außergewöhnlichen Umstand“ im Sinne von Art. 47 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1974/2006 darstellen kann, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Kontext des ELER bereits entschieden hat, dass jedes Ereignis, das auf außerhalb der Sphäre des Wirtschaftsteilnehmers liegenden, ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Umständen beruht, deren Folgen trotz aller von ihm aufgewandten Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können, einen Fall höherer Gewalt darstellt (Urteile vom 17. Dezember 2015, Szemerey, C‑330/14, EU:C:2015:826, Rn. 58, vom 16. Februar 2023, Zamestnik izpalnitelen direktor na Darzhaven fond „Zemedelie“, C‑343/21, EU:C:2023:111, Rn. 58, und vom 7. September 2023, Groenland Poultry, C‑169/22, EU:C:2023:638, Rn. 39).

48      Aus dem 37. Erwägungsgrund und Art. 47 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1974/2006 ergibt sich, dass die in der letztgenannten Bestimmung enthaltene Liste nicht abschließend ist und dass der Begriff „Fälle höherer Gewalt“ bzw. der Begriff „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne dieser Bestimmung daher Fälle erfassen kann, die nicht in dieser Liste aufgeführt sind. Je nach den Umständen des Ausgangsverfahrens kann somit auch das Verhalten von Behörden einen „Fall höherer Gewalt“ bzw. einen „außergewöhnlichen Umstand“ darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Dezember 1993, Huygen u. a., C‑12/92, EU:C:1993:914, Rn. 31).

49      Auch wenn diese Liste nur objektive Anknüpfungspunkte enthält, muss der Betroffene, der sich auf das Vorliegen eines „Falls höherer Gewalt“ oder „außergewöhnlicher Umstände“ beruft, zusätzlich nachweisen können, dass er sich nach der in Rn. 47 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung gegen die Folgen ungewöhnlicher Ereignisse gewappnet hat, indem er, ohne übermäßige Opfer zu bringen, geeignete Maßnahmen getroffen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juni 2019, RF/Kommission, C‑660/17 P, EU:C:2019:509, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50      Folglich ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob zum einen die Änderung der nationalen Rechtsvorschriften, mit denen in Art. 37i ZSPZZ neue Anforderungen eingeführt werden, deren Erfüllung eine Voraussetzung für die Aufrechterhaltung von Miet- oder Pachtverträgen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden ist, sowie die Kündigung der mit Askos Properties geschlossenen Mietverträge durch die beiden betreffenden Gemeinden aus Sicht von Askos Properties außerhalb ihrer Sphäre liegende, ungewöhnliche und unvorhersehbare Ereignisse darstellen und ob zum anderen Askos Properties alle Maßnahmen getroffen hat, die sie, ohne sich einem übermäßigen Opfer auszusetzen, ergreifen konnte, um diese Verträge mit den neuen Anforderungen in Einklang zu bringen.

51      In diesem Rahmen ist u. a. zu prüfen, ob die Frist für die Erfüllung der mit der Änderung von Art. 37i ZSPZZ eingeführten neuen Anforderungen hinreichend lang war. Es ist auch zu prüfen, ob Askos Properties im Hinblick auf die Erfüllung dieser neuen Anforderungen tatsächlich die Möglichkeit hatte, eine Zuchtstätte zu erwerben und die erforderliche Zahl von Tieren bei den zuständigen Behörden zu registrieren. Das Gleiche gilt für die Frage, ob Askos Properties zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen die Möglichkeit hatte, andere Flächen als die ihr von den betreffenden Gemeinden zur Verfügung gestellten zu nutzen, und ob es ihr möglich war, sich Flächen, die für die Maßnahme 211 des Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums 2007–2013 in Betracht kamen, von natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts zu beschaffen.

52      Was als Zweites die Frage betrifft, ob die Kündigung von Verträgen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden unter den Begriff „Enteignung des Betriebs“ im Sinne von Art. 47 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1974/2006 fallen kann, ist festzustellen, dass dieser Begriff weder in dieser Verordnung noch mittelbar durch Verweisung auf das nationale Recht der Mitgliedstaaten definiert wird. Folglich ist dieser Begriff als autonomer Begriff des Unionsrechts anzusehen, der im gesamten Unionsgebiet einheitlich auszulegen ist, wobei nicht nur der Wortlaut dieser Bestimmung, sondern auch der Zusammenhang, in den sie sich einfügt, und die Ziele zu berücksichtigen sind, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 2021, Venezuela/Rat [Betroffenheit eines Drittstaats], C‑872/19 P, EU:C:2021:507, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53      Was erstens den Wortlaut von Art. 47 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1974/2006 anbelangt, beschränkt sich dieser auf den Hinweis, dass die Mitgliedstaaten u. a. die „Enteignung eines wesentlichen Teils des Betriebs“, wenn diese „am Tag des Eingangs der Verpflichtung nicht vorherzusehen war“, als eine Kategorie von Fällen höherer Gewalt und außergewöhnlichen Umständen anerkennen und in den betreffenden Fällen ganz oder teilweise auf die Rückzahlung der vom Begünstigten erhaltenen Beihilfe verzichten können. Der Wortlaut von Art. 47 Abs. 1 Buchst. c bietet somit keinen brauchbaren Anhaltspunkt für die Definition des Begriffs „Enteignung des Betriebs“ im Sinne dieser Bestimmung.

54      Zweitens ist zum Kontext, in den sich Art. 47 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1974/2006 einfügt, festzustellen, dass keine andere Bestimmung dieser Verordnung eine Definition des Begriffs „Enteignung des Betriebs“ im Sinne dieser Verordnung enthält. Außerdem sollen mit der Klarstellung, dass die „Enteignung eines erheblichen Teils des Betriebs … am Tag des Eingangs der Verpflichtung nicht vorherzusehen“ sein darf, die Situationen festgelegt werden, in denen keine Rückzahlung der Beihilfe erfolgt, und nicht die Bedeutung dieses Begriffs geklärt werden. Auch die übrigen Kategorien in Art. 47 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1974/2006 enthalten keine weiteren Anhaltspunkte zur Definition dieses Begriffs.

55      Was drittens das mit dieser Verordnung verfolgte Ziel betrifft, enthält diese, wie aus ihrem Titel hervorgeht, Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1698/2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den ELER. Nach Art. 37 der Verordnung Nr. 1698/2005 werden Zahlungen zum Ausgleich naturbedingter Nachteile in Berggebieten und Zahlungen in anderen Gebieten mit Benachteiligungen grundsätzlich Landwirten gewährt, die sich verpflichten, ihre landwirtschaftliche Tätigkeit in den betreffenden Gebieten vom Zeitpunkt der ersten Zahlung an noch mindestens fünf Jahre auszuüben. Die Verwirklichung dieses Ziels setzt somit voraus, dass Landwirte, die für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren Mietverträge geschlossen haben, um über die in diesen Gebieten befindlichen Flächen zu dem Zweck zu verfügen, ihre landwirtschaftliche Tätigkeit auszuüben und die Erträge daraus zu vereinnahmen, diese Flächen während dieses Zeitraums nutzen können.

56      Insoweit lässt sich der Rechtsprechung des Gerichtshofs entnehmen, dass der Begriff „Enteignung“ im Sinne von Art. 47 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1974/2006 eigentumsbeschränkende Maßnahmen und Maßnahmen, die diesen gleichgestellt werden können, umfasst (vgl. entsprechend Urteil vom 12. Dezember 1990, van der Laan-Velzeboer, C‑285/89, EU:C:1990:460, Rn. 14 und 15).

57      Außerdem hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die zwangsweise, vollständige und endgültige Aufhebung eines Nießbrauchsrechts, soweit es sich um einen abgespaltenen Teil des Eigentums handelt, eine Entziehung von Eigentum im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) darstellt, da dieses Nießbrauchsrecht seinem Inhaber zwei wesentliche Merkmale des Eigentumsrechts verleiht, nämlich das Recht, die betreffende Sache zu nutzen, und das Recht, die Erträge daraus zu vereinnahmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Mai 2019, Kommission/Ungarn [Nießbrauchsrechte an landwirtschaftlichen Flächen], C‑235/17, EU:C:2019:432, Rn. 81 und 82).

58      Wenn folglich eine nationale Regelung aufgrund ihres Inhalts oder ihrer Umsetzung durch eine nationale Behörde die Rechte eines Betriebsinhabers, der einen Mietvertrag geschlossen hat, um über die betreffenden Flächen während des für eine Förderfähigkeit durch den ELER erforderlichen Mehrjahreszeitraums zu verfügen, auf Nutzung der Flächen und auf Vereinnahmung der Erträge dieser Flächen zwangsweise, vollständig und endgültig aufhebt, so stellt diese Regelung eine Entziehung des Eigentumsrechts im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Charta und somit eine „Enteignung des Betriebs“ im Sinne von Art. 47 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1974/2006 dar.

59      Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht hervor, dass Art. 15 der Übergangs- und Schlussbestimmungen des Gesetzes zur Änderung des ZSPZZ die Kündigung von Miet- oder Pachtverträgen nur unter der Voraussetzung vorschreibt, dass diese nicht innerhalb der dafür gesetzten Frist mit den neuen Anforderungen von Art. 37i ZSPZZ in Einklang gebracht worden sind. Vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Prüfungen führt die Kündigung eines Miet- oder Pachtvertrags auf der Grundlage einer solchen Regelung somit nicht dazu, dass die Rechte, die dem Mieter aus einem solchen Vertrag erwachsen, zwangsweise, vollständig und endgültig entzogen werden.

60      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist jedoch für die Feststellung, ob eine Entziehung des Eigentums im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Charta vorliegt, nicht nur zu prüfen, ob eine förmliche Enteignung stattgefunden hat, sondern auch, ob der streitige Sachverhalt einer De-facto-Enteignung gleichkommt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Mai 2022, BPC Lux 2 u. a., C‑83/20, EU:C:2022:346, Rn. 44).

61      Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, das keine Angaben zu der Frage macht, ob Askos Properties die Möglichkeit hatte, Maßnahmen zu treffen, um den neuen Anforderungen von Art. 37i ZSPZZ nachzukommen, und ob sie insoweit Maßnahmen getroffen hat, die konkreten Auswirkungen und die tatsächlichen Folgen der Einführung dieser Anforderungen für die Lage von Askos Properties sowie alle Gesichtspunkte zu prüfen, die für die Feststellung relevant sind, ob im Ausgangsverfahren eine Entziehung des Eigentums stattgefunden hat. In diesem Zusammenhang ist es Sache des vorlegenden Gerichts, u. a. die in Rn. 51 des vorliegenden Urteils angeführten Beurteilungen vorzunehmen.

62      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 47 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1974/2006 dahin auszulegen ist, dass im Fall eines Miet- oder Pachtvertrags über eine landwirtschaftliche Fläche, der auf fünf Jahre mit dem Empfänger einer im Rahmen von Entwicklungsprogrammen eines Mitgliedstaats für den ländlichen Raum gewährten landwirtschaftlichen Beihilfe geschlossen wurde, zu deren Finanzierung der ELER beigetragen hat, die von einer Gemeindeverwaltung infolge einer Änderung der nationalen Rechtsvorschriften zur Einführung neuer Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung eines solchen Vertrags erklärte Kündigung

–        einen „Fall höherer Gewalt“ bzw. einen „außergewöhnlichen Umstand“ im Sinne von Art. 47 Abs. 1 darstellen kann, wenn die Kündigung ein außerhalb der Sphäre des Begünstigten liegendes, ungewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis für den Begünstigten darstellt und er alle Maßnahmen getroffen hat, die er, ohne sich einem übermäßigen Opfer auszusetzen, treffen konnte, um den betreffenden Mietvertrag mit den neu eingeführten Anforderungen in Einklang zu bringen;

–        einen Fall der „Enteignung des Betriebs“ im Sinne von Art. 47 Abs. 1 Buchst. c darstellen kann, wenn es sich bei der Kündigung um eine eigentumsbeschränkende Maßnahme handelt, die dem Begünstigten das Recht entzieht, die gemieteten landwirtschaftlichen Flächen zu nutzen und die Erträge daraus zu vereinnahmen.

 Zur zweiten Frage

63      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 45 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1974/2006 dahin auszulegen ist, dass er auf eine Lage anwendbar ist, in der es dem Empfänger einer landwirtschaftlichen Beihilfe nicht möglich ist, die von ihm eingegangenen Verpflichtungen weiterhin zu erfüllen, weil eine Gemeindeverwaltung den mit ihm auf fünf Jahre geschlossenen Miet- oder Pachtvertrag über eine landwirtschaftliche Fläche infolge einer Änderung der nationalen Rechtsvorschriften gekündigt hat, mit der neue Anforderungen eingeführt wurden, nach denen der Begünstigte eine Zuchtstätte besitzen sowie eine bestimmte Zahl an Zuchttieren bei den zuständigen nationalen Behörden registrieren muss und deren Einhaltung eine Voraussetzung für die Aufrechterhaltung des Vertrags ist.

64      Zur Beantwortung dieser Frage ist darauf hinzuweisen, dass Art. 45 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1974/2006 den Fall erfasst, dass der Begünstigte infolge von Flurbereinigungsverfahren oder anderweitigen, öffentlichen oder von den zuständigen Behörden anerkannten Bodenordnungsverfahren an der Erfüllung seiner eingegangenen Verpflichtungen gehindert ist.

65      Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass unter die Wendung „Flurbereinigungsverfahren oder anderweitige, öffentliche oder von den zuständigen Behörden anerkannte Bodenordnungsverfahren“ jeder Vorgang fallen kann, der auf die Neueinteilung oder Umgestaltung landwirtschaftlicher Parzellen gerichtet ist, um landwirtschaftliche Betriebe zu bilden, die bei der Bodennutzung wirtschaftlicher sind, und bei dem es sich um einen öffentlichen oder von den zuständigen Behörden anerkannten Vorgang handelt (Urteil vom 16. Februar 2023, Zamestnik izpalnitelen direktor na Darzhaven fond „Zemedelie“, C‑343/21, EU:C:2023:111, Rn. 39).

66      Diese Bestimmung ist nicht anwendbar, wenn sich die Unmöglichkeit der weiteren Erfüllung der vom Empfänger einer landwirtschaftlichen Beihilfe eingegangenen Verpflichtungen daraus ergibt, dass die Gemeindeverwaltung den mit dem Begünstigten auf fünf Jahre geschlossenen Miet- oder Pachtvertrag über die für seinen Betrieb erforderlichen Flächen gemäß den nationalen Rechtsvorschriften kündigen muss, da der Begünstigte nicht die neuen Anforderungen erfüllt, nach denen er über eine Zuchtstätte verfügen und eine bestimmte Zahl an Zuchttieren bei den zuständigen nationalen Behörden registrieren muss.

67      In einem solchen Fall beruht nämlich der Umstand, dass es dem betreffenden Begünstigten nicht möglich ist, seine Verpflichtungen weiterhin zu erfüllen, weil er das Recht verliert, die für seinen Betrieb erforderlichen Flächen während der Laufzeit dieser Verpflichtungen zu nutzen, nicht auf einer Maßnahme zur Bodenumstrukturierung, sondern auf einer Änderung der Voraussetzungen für die Gewährung der landwirtschaftlichen Beihilfe.

68      Daher ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 45 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1974/2006 dahin auszulegen ist, dass er nicht auf eine Lage anwendbar ist, in der es dem Empfänger einer landwirtschaftlichen Beihilfe nicht möglich ist, die von ihm eingegangenen Verpflichtungen weiterhin zu erfüllen, weil eine Gemeindeverwaltung den mit ihm auf fünf Jahre geschlossenen Miet- oder Pachtvertrag über eine landwirtschaftliche Fläche infolge einer Änderung der nationalen Rechtsvorschriften gekündigt hat, mit der neue Anforderungen eingeführt wurden, nach denen der Begünstigte eine Zuchtstätte besitzen sowie eine bestimmte Zahl an Zuchttieren bei den zuständigen nationalen Behörden registrieren muss und deren Einhaltung eine Voraussetzung für die Aufrechterhaltung des Vertrags ist.

 Kosten

69      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 47 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1974/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 434/2007 der Kommission vom 20. April 2007 geänderten Fassung

ist dahin auszulegen, dass

im Fall eines Miet- oder Pachtvertrags über eine landwirtschaftliche Fläche, der auf fünf Jahre mit dem Empfänger einer im Rahmen von Entwicklungsprogrammen eines Mitgliedstaats für den ländlichen Raum gewährten landwirtschaftlichen Beihilfe geschlossen wurde, zu deren Finanzierung der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) beigetragen hat, die von einer Gemeindeverwaltung infolge einer Änderung der nationalen Rechtsvorschriften zur Einführung neuer Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung eines solchen Vertrags erklärte Kündigung

–        einen „Fall höherer Gewalt“ bzw. einen „außergewöhnlichen Umstand“ im Sinne von Art. 47 Abs. 1 darstellen kann, wenn die Kündigung ein außerhalb der Sphäre des Begünstigten liegendes, ungewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis für den Begünstigten darstellt und er alle Maßnahmen getroffen hat, die er, ohne sich einem übermäßigen Opfer auszusetzen, treffen konnte, um den betreffenden Mietvertrag mit den neu eingeführten Anforderungen in Einklang zu bringen;

–        einen Fall der „Enteignung des Betriebs“ im Sinne von Art. 47 Abs. 1 Buchst. c darstellen kann, wenn es sich bei der Kündigung um eine eigentumsbeschränkende Maßnahme handelt, die dem Begünstigten das Recht entzieht, die gemieteten landwirtschaftlichen Flächen zu nutzen und die Erträge daraus zu vereinnahmen.

2.      Art. 45 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1974/2006 in der durch die Verordnung Nr. 434/2007 geänderten Fassung

ist dahin auszulegen, dass

er nicht auf eine Lage anwendbar ist, in der es dem Empfänger einer landwirtschaftlichen Beihilfe nicht möglich ist, die von ihm eingegangenen Verpflichtungen weiterhin zu erfüllen, weil eine Gemeindeverwaltung den mit ihm auf fünf Jahre geschlossenen Miet- oder Pachtvertrag über eine landwirtschaftliche Fläche infolge einer Änderung der nationalen Rechtsvorschriften gekündigt hat, mit der neue Anforderungen eingeführt wurden, nach denen der Begünstigte eine Zuchtstätte besitzen sowie eine bestimmte Zahl an Zuchttieren bei den zuständigen nationalen Behörden registrieren muss und deren Einhaltung eine Voraussetzung für die Aufrechterhaltung des Vertrags ist.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Bulgarisch.