Language of document : ECLI:EU:C:2023:836

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

9. November 2023(*)

„Rechtsmittel – Wettbewerb – Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen – Verordnung (EG) Nr. 139/2004 – Einrede der Rechtswidrigkeit – Art. 4 Abs. 1 – Pflicht zur vorherigen Anmeldung von Zusammenschlüssen – Art. 7 Abs. 1 – Pflicht zum Aufschub des Vollzugs von Zusammenschlüssen – Anwendungsbereich – Begriff ‚Vollzug‘ eines Zusammenschlusses – Art. 14 Abs. 2 – Beschluss, mit dem Geldbußen verhängt werden, weil ein Zusammenschluss vor seiner Anmeldung und Genehmigung vollzogen wurde – Begründungspflicht – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“

In der Rechtssache C‑746/21 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 2. Dezember 2021,

Altice Group Lux Sàrl, ehemals New Altice Europe BV, in Liquidation, vertreten durch R. Allendesalazar Corcho und H. Brokelmann, Abogados,

Klägerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Europäische Kommission, vertreten zunächst durch M. Domecq, M. Farley und F. Jimeno Fernández, dann durch M. Domecq und M. Farley als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

Rat der Europäischen Union, vertreten durch A.‑L. Meyer und O. Segnana als Bevollmächtigte,

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin K. Jürimäe (Berichterstatterin) sowie der Richter N. Piçarra, M. Safjan, N. Jääskinen und M. Gavalec

Generalanwalt: A. M. Collins,

Kanzler: R. Stefanova-Kamisheva, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. Februar 2023,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. April 2023

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Altice Group Lux Sàrl, ehemals New Altice Europe BV, in Liquidation (im Folgenden: Altice) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 22. September 2021, Altice Europe/Kommission (T‑425/18, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:607), mit dem das Gericht die gegen Altice durch Art. 4 des Beschlusses C(2018) 2418 final der Kommission vom 24. April 2018 zur Verhängung einer Geldbuße wegen des Vollzugs eines Zusammenschlusses unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 (Sache M.7993 – Altice/PT Portugal) (im Folgenden: streitiger Beschluss) verhängte Geldbuße auf 56 025 000 Euro festgesetzt und die Klage im Übrigen abgewiesen hat.

 Rechtlicher Rahmen

 Verordnung (EG) Nr. 139/2004

2        Die Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 1989, L 395, S.1) wurde mit Wirkung vom 1. Mai 2004 durch die Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“) (ABl. 2004, L 24, S. 1) aufgehoben. In Anbetracht des Zeitraums, in den das Verhalten fällt, auf das sich der streitige Beschluss bezieht, ist die letztgenannte Verordnung zeitlich anwendbar.

3        In den Erwägungsgründen 5, 6, 8, 20 und 34 der Verordnung Nr. 139/2004 heißt es:

„(5)      Allerdings ist zu gewährleisten, dass der Umstrukturierungsprozess nicht eine dauerhafte Schädigung des Wettbewerbs verursacht. Das Gemeinschaftsrecht muss deshalb Vorschriften für solche Zusammenschlüsse enthalten, die geeignet sind, wirksamen Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich zu beeinträchtigen.

(6)      Daher ist ein besonderes Rechtsinstrument erforderlich, das eine wirksame Kontrolle sämtlicher Zusammenschlüsse im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Wettbewerbsstruktur in der Gemeinschaft ermöglicht und das zugleich das einzige auf derartige Zusammenschlüsse anwendbare Instrument ist. Mit der Verordnung [Nr. 4064/89] konnte eine Gemeinschaftspolitik in diesem Bereich entwickelt werden. Es ist jedoch nunmehr an der Zeit, vor dem Hintergrund der gewonnenen Erfahrung die genannte Verordnung neu zu fassen, um den Herausforderungen eines stärker integrierten Markts und der künftigen Erweiterung der Europäischen Union besser gerecht [zu] werden. Im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach Artikel 5 des [EG‑]Vertrags geht die vorliegende Verordnung nicht über das zur Erreichung ihres Ziels, der Gewährleistung eines unverfälschten Wettbewerbs im Gemeinsamen Markt entsprechend dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, erforderliche Maß hinaus.

(8)      Die Vorschriften dieser Verordnung sollten für bedeutsame Strukturveränderungen gelten, deren Auswirkungen auf den Markt die Grenzen eines Mitgliedstaats überschreiten. Solche Zusammenschlüsse sollten grundsätzlich nach dem Prinzip der einzigen Anlaufstelle und im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip ausschließlich auf Gemeinschaftsebene geprüft werden. Unternehmenszusammenschlüsse, die nicht im Anwendungsbereich dieser Verordnung liegen, fallen grundsätzlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.

(20)      Der Begriff des Zusammenschlusses ist so zu definieren, dass er Vorgänge erfasst, die zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle an den beteiligten Unternehmen und damit an der Marktstruktur führen. … Ferner sollten Erwerbsvorgänge, die eng miteinander verknüpft sind, weil sie durch eine Bedingung miteinander verbunden sind oder in Form einer Reihe von innerhalb eines gebührend kurzen Zeitraums getätigten Rechtsgeschäften mit Wertpapieren stattfinden, als ein einziger Zusammenschluss behandelt werden.

(34)      Um eine wirksame Überwachung zu gewährleisten, sind die Unternehmen zu verpflichten, Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung nach Vertragsabschluss, Veröffentlichung des Übernahmeangebots oder des Erwerbs einer die Kontrolle begründenden Beteiligung und vor ihrem Vollzug anzumelden. … Der Vollzug eines Zusammenschlusses sollte bis zum Erlass der abschließenden Entscheidung der Kommission ausgesetzt werden. Auf Antrag der beteiligten Unternehmen sollte es jedoch gegebenenfalls möglich sein, hiervon abzuweichen. …“

4        Art. 1 („Anwendungsbereich“) Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:

„Unbeschadet des Artikels 4 Absatz 5 und des Artikels 22 gilt diese Verordnung für alle Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne dieses Artikels.“

5        Art. 3 („Definition des Zusammenschlusses“) dieser Verordnung sieht in seinen Abs. 1 und 2 vor:

„(1)      Ein Zusammenschluss wird dadurch bewirkt, dass eine dauerhafte Veränderung der Kontrolle in der Weise stattfindet, dass

a)      zwei oder mehr bisher voneinander unabhängige Unternehmen oder Unternehmensteile fusionieren oder dass

b)      eine oder mehrere Personen, die bereits mindestens ein Unternehmen kontrollieren, oder ein oder mehrere Unternehmen durch den Erwerb von Anteilsrechten oder Vermögenswerten, durch Vertrag oder in sonstiger Weise die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle über die Gesamtheit oder über Teile eines oder mehrerer anderer Unternehmen erwerben.

(2)      Die Kontrolle wird durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründet, die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen oder rechtlichen Umstände die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben, insbesondere durch:

a)      Eigentums – oder Nutzungsrechte an der Gesamtheit oder an Teilen des Vermögens des Unternehmens;

b)      Rechte oder Verträge, die einen bestimmenden Einfluss auf die Zusammensetzung, die Beratungen oder Beschlüsse der Organe des Unternehmens gewähren.“

6        In Art. 4 („Vorherige Anmeldung von Zusammenschlüssen und Verweisung vor der Anmeldung auf Antrag der Anmelder“) Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Verordnung heißt es:

„Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne dieser Verordnung sind nach Vertragsabschluss, Veröffentlichung des Übernahmeangebots oder Erwerb einer die Kontrolle begründenden Beteiligung und vor ihrem Vollzug bei der [Europäischen] Kommission anzumelden.“

7        Art. 7 („Aufschub des Vollzugs von Zusammenschlüssen“) der Verordnung Nr. 139/2004 sieht in den Abs. 1 und 3 vor:

„(1)      Ein Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne des Artikels 1 oder ein Zusammenschluss, der von der Kommission gemäß Artikel 4 Absatz 5 geprüft werden soll, darf weder vor der Anmeldung noch so lange vollzogen werden, bis er aufgrund einer Entscheidung gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b) oder Artikel 8 Absätze 1 oder 2 oder einer Vermutung gemäß Artikel 10 Absatz 6 für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt worden ist.

(3)      Die Kommission kann auf Antrag eine Freistellung von den in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichneten Pflichten erteilen. Der Antrag auf Freistellung muss mit Gründen versehen sein. Die Kommission beschließt über den Antrag unter besonderer Berücksichtigung der möglichen Auswirkungen des Aufschubs des Vollzugs auf ein oder mehrere an dem Zusammenschluss beteiligte Unternehmen oder auf Dritte sowie der möglichen Gefährdung des Wettbewerbs durch den Zusammenschluss. Die Freistellung kann mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden, um die Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb zu sichern. Sie kann jederzeit, auch vor der Anmeldung oder nach Abschluss des Rechtsgeschäfts, beantragt und erteilt werden.“

8        Art. 8 („Entscheidungsbefugnisse der Kommission“) Abs. 4 dieser Verordnung bestimmt:

„Stellt die Kommission fest, dass ein Zusammenschluss

a)      bereits vollzogen wurde und dieser Zusammenschluss für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt worden ist oder

b)      unter Verstoß gegen eine Bedingung vollzogen wurde, unter der eine Entscheidung gemäß Absatz 2 ergangen ist, in der festgestellt wird, dass der Zusammenschluss bei Nichteinhaltung der Bedingung das Kriterium des Artikels 2 Absatz 3 erfüllen würde oder – in den in Artikel 2 Absatz 4 genannten Fällen – die Kriterien des Artikels [101 Absatz 3 AEUV] nicht erfüllen würde,

kann sie die folgenden Maßnahmen ergreifen:

–        Sie kann den beteiligten Unternehmen aufgeben, den Zusammenschluss rückgängig zu machen, insbesondere durch die Auflösung der Fusion oder die Veräußerung aller erworbenen Anteile oder Vermögensgegenstände, um den Zustand vor dem Vollzug des Zusammenschlusses wiederherzustellen. Ist es nicht möglich, den Zustand vor dem Vollzug des Zusammenschlusses dadurch wiederherzustellen, dass der Zusammenschluss rückgängig gemacht wird, so kann die Kommission jede andere geeignete Maßnahme treffen, um diesen Zustand soweit wie möglich wiederherzustellen.

–        Sie kann jede andere geeignete Maßnahme anordnen, um sicherzustellen, dass die beteiligten Unternehmen den Zusammenschluss rückgängig machen oder andere Maßnahmen zur Wiederherstellung des früheren Zustands nach Maßgabe ihrer Entscheidung ergreifen.

In den in Unterabsatz 1 Buchstabe a) genannten Fällen können die dort genannten Maßnahmen entweder durch eine Entscheidung nach Absatz 3 oder durch eine gesonderte Entscheidung auferlegt werden.“

9        Art. 14 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 139/2004 sieht vor:

„(2)      Die Kommission kann gegen die in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b) bezeichneten Personen oder die beteiligten Unternehmen durch Entscheidung Geldbußen in Höhe von bis zu 10 % des von den beteiligten Unternehmen erzielten Gesamtumsatzes im Sinne von Artikel 5 festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig

a)      einen Zusammenschluss vor seinem Vollzug nicht gemäß Artikel 4 oder gemäß Artikel 22 Absatz 3 anmelden, es sei denn, dies ist ausdrücklich gemäß Artikel 7 Absatz 2 oder aufgrund einer Entscheidung gemäß Artikel 7 Absatz 3 zulässig,

b)      einen Zusammenschluss unter Verstoß gegen Artikel 7 vollziehen,

(3)      Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist die Art, die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.“

10      Art. 16 („Kontrolle durch den Gerichtshof“) dieser Verordnung bestimmt:

„Bei Klagen gegen Entscheidungen der Kommission, in denen eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt ist, hat der Gerichtshof die Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung der Entscheidung im Sinne von Artikel [261 AEUV]; er kann die Geldbuße oder das Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen.“

 Konsolidierte Mitteilung zu Zuständigkeitsfragen

11      In den Nrn. 18 und 54 der Konsolidierten Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 2008, C 95, S. 1, Berichtigung in ABl. 2009, C 43, S. 10) (im Folgenden: konsolidierte Mitteilung zu Zuständigkeitsfragen) heißt es:

„(18)      Kontrolle kann auch auf vertraglicher Grundlage erlangt werden. Damit tatsächlich ein Kontrollerwerb vorliegt, muss der Vertrag eine ähnliche Kontrolle über Unternehmensleitung und Ressourcen des anderen Unternehmens bewirken wie der Erwerb von Anteilsrechten oder Vermögenswerten. Der Vertrag muss nicht nur die Kontrolle über Leitung und Ressourcen des anderen Unternehmens begründen, sondern auch sehr langfristig angelegt sein (in der Regel ohne die Möglichkeit der Kündigung durch die Partei, die die vertraglichen Rechte gewährt). … Solche Verträge können zu einer gemeinsamen Kontrolle führen, wenn sowohl der Eigentümer der Vermögenswerte als auch das Unternehmen, das die Unternehmensleitung kontrolliert, bei strategischen Unternehmensentscheidungen über ein Vetorecht verfügen.

(54)      Die alleinige Kontrolle wird erworben, wenn ein Unternehmen alleine bestimmenden Einfluss auf ein Unternehmen ausüben kann. Es gibt zwei allgemeine Szenarios, in denen ein Unternehmen die alleinige Kontrolle hat. Im einen Fall kann das Unternehmen, das die alleinige Kontrolle hat, über das strategische Wirtschaftsverhalten des anderen Unternehmens bestimmen. Diese Befugnis wird typischerweise durch die Übernahme der Stimmrechtsmehrheit in einem Unternehmen erworben. Ein Erwerb der alleinigen Kontrolle liegt auch dann vor, wenn ein Gesellschafter allein strategische Entscheidungen in einem Unternehmen durch Veto verhindern, nicht aber derartige Entscheidungen allein durchsetzen kann (so genannte negative alleinige Kontrolle). Unter diesen Umständen besitzt ein einzelner Gesellschafter genauso viel Einfluss wie normalerweise ein Gesellschafter, der gemeinsam mit anderen ein Unternehmen kontrolliert, d. h. er kann die Annahme strategischer Entscheidungen blockieren. Im Unterschied zu der Situation in einem gemeinsam kontrollierten Unternehmen gibt es keine anderen Gesellschafter mit derselben Möglichkeit der Einflussnahme und der Gesellschafter, der die negative alleinige Kontrolle ausübt, muss bei der Festlegung des strategischen Verhaltens des kontrollierten Unternehmens nicht unbedingt mit bestimmten anderen Gesellschaftern zusammenarbeiten. Da er aber Entscheidungen blockieren kann, erwirbt er bestimmenden Einfluss im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 und somit die Kontrolle im Sinne der Fusionskontrollverordnung…“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

12      Die Vorgeschichte des Rechtsstreits ist in den Rn. 1 bis 29 des angefochtenen Urteils dargestellt. Für die Zwecke des vorliegenden Rechtsmittels lassen sie sich wie folgt zusammenfassen.

 Erwerb von PT Portugal durch Altice

13      Am 9. Dezember 2014 schloss Altice, ein multinationales Telekommunikations- und Kabelfernsehunternehmen mit Sitz in den Niederlanden, mit dem brasilianischen Telekommunikationsunternehmen Oi SA einen Aktienkaufvertrag (Share Purchase Agreement, im Folgenden: SPA). Dieser Vertrag sah vor, dass Altice über ihr Tochterunternehmen Altice Portugal SA die alleinige Kontrolle im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 139/2004 über die PT Portugal SGPS SA (im Folgenden: PT Portugal), ein in sämtlichen Telekommunikationssparten in Portugal tätiges Telekommunikations- und Multimediaunternehmen, übernehmen sollte.

14      Für den Vollzug dieses Erwerbs war u. a. die Erteilung der Genehmigung durch die Kommission nach der Verordnung Nr. 139/2004 erforderlich.

15      Am 2. Juni 2015 gab Altice öffentlich bekannt, dass die Transaktion abgeschlossen worden sei und dass das Eigentum an den Aktien von PT Portugal auf sie übertragen worden sei.

 Voranmeldephase

16      Am 31. Oktober 2014 nahm Altice Kontakt zur Kommission auf, um sie über ihr Vorhaben zu informieren, die alleinige Kontrolle über PT Portugal zu erwerben. Am 5. Dezember 2014 fand ein Treffen zwischen Altice und den Dienststellen der Kommission statt.

17      Am 12. Dezember 2014 beantragte Altice bei der Kommission die Bestimmung eines mit der Bearbeitung ihres Dossiers beauftragten Teams, und am 18. Dezember 2014 begannen die Kontakte vor der Anmeldung.

18      Am 26. Januar 2015 übermittelte Altice der Kommission ein Verpflichtungsangebot, das die Veräußerung ihrer Tochtergesellschaften in Portugal, Cabovisão und ONI, betraf.

19      Am 3. Februar 2015 legte Altice der Kommission einen Entwurf des Anmeldeformulars vor, dessen Anlagen ein Exemplar des SPA enthielten.

 Anmeldung und Beschluss, mit dem der Zusammenschluss unter Vorbehalt genehmigt wurde

20      Am 25. Februar 2015 wurde das Vorhaben bei der Kommission förmlich angemeldet.

21      Am 20. April 2015 erließ die Kommission einen Beschluss (im Folgenden: Genehmigungsbeschluss), mit dem sie das Vorhaben vorbehaltlich der Einhaltung der diesem Beschluss beigefügten Verpflichtungszusagen, u. a. der Verpflichtung von Altice, ihre Tochtergesellschaften Cabovisão und ONI zu veräußern, für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärte.

 Streitiger Beschluss und Verfahren bis zu dessen Erlass

22      Am 13. April 2015 richtete die Kommission ein Auskunftsverlangen an Altice, das deren Austausch mit PT Portugal bei einem Treffen ihrer jeweiligen Führungskräfte betraf, das vor dem Erlass des Genehmigungsbeschlusses stattgefunden und von dem die Kommission durch die Presse erfahren hatte. Am 17. April 2015 reichte Altice ihre Stellungnahme bei der Kommission ein.

23      Nach mehreren Auskunftsverlangen, die Altice beantwortete, teilte die Kommission Altice mit Schreiben vom 11. März 2016 mit, dass sie eine Untersuchung eingeleitet habe, um festzustellen, ob Altice gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verstoßen habe.

24      Nach einer Aufforderung zur Vorlage von Dokumenten und weiteren Auskunftsverlangen, die Altice beantwortete, und einem Treffen zwischen Altice und den Dienststellen der Kommission richtete die Kommission am 17. Mai 2017 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an Altice, in der sie zunächst feststellte, dass Altice gegen diese Vorschriften verstoßen habe. Am 18. August 2017 reichte Altice eine schriftliche Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte ein.

25      Am 24. April 2018 erließ die Kommission den streitigen Beschluss.

26      Darin stellte die Kommission fest, dass Altice, unter Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 bzw. Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 vor dem Erlass des Genehmigungsbeschlusses und in einigen Fällen vor der Anmeldung die Möglichkeit gehabt habe, bestimmenden Einfluss auszuüben oder Kontrolle auf PT Portugal ausgeübt habe.

27      In Abschnitt 4 des streitigen Beschlusses wird dargelegt, weshalb die Kommission zu dem Ergebnis gelangte, dass Altice das SPA unter Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 vor der Genehmigung des Zusammenschlusses durchgeführt habe. Insbesondere heißt es in Unterabschnitt 4.1, dass bestimmte Klauseln des SPA Altice ein Vetorecht gegen geschäftspolitische Entscheidungen von PT Portugal verschafften (im Folgenden: vor dem Vollzug geschlossene Vereinbarungen). Unterabschnitt 4.2 beschreibt die Fälle, in denen Altice in den täglichen Betrieb von PT Portugal einbezogen gewesen sei. Insoweit stellte die Kommission fest, dass Altice in sieben Fällen tatsächlich bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit von PT Portugal ausgeübt habe und dass zwischen PT Portugal und Altice sensible Informationen ausgetauscht worden seien, was zu dem Nachweis beitrage, dass Altice einen bestimmenden Einfluss auf PT Portugal ausgeübt habe. Unterabschnitt 4.3 enthält die Schlussfolgerungen der Kommission zu den Gründen, aus denen die Bestimmungen des SPA, wie sie in Unterabschnitt 4.1 beschrieben seien, und das Verhalten der Beteiligten, wie in Unterabschnitt 4.2 dargelegt, eine Durchführung des SPA darstellten, bevor die Kommission den Zusammenschluss für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt habe.

28      In Abschnitt 5 des streitigen Beschlusses wird erläutert, aus welchen Gründen die Kommission zu dem Schluss gelangte, dass Altice die Transaktion unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 vor der Anmeldung des Zusammenschlusses durchgeführt habe. Die vor dem Vollzug geschlossenen Vereinbarungen, die Ausübung von bestimmendem Einfluss in einigen der sieben Fälle und der Informationsaustausch in einigen Fällen hätten vor der Anmeldung stattgefunden.

29      Nach alledem stellte die Kommission in den Art. 1 und 2 des streitigen Beschlusses fest, dass Altice unter Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 zumindest fahrlässig einen Zusammenschluss vor seiner Genehmigung vollzogen habe und unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung zumindest fahrlässig einen Zusammenschluss vor seiner Anmeldung vollzogen habe.

30      Gemäß Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 erlegte die Kommission Altice in den Art. 3 und 4 dieses Beschlusses wegen der beiden festgestellten Verstöße zwei Geldbußen in Höhe von jeweils 62 250 000 Euro auf.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

31      Mit Klageschrift, die am 5. Juli 2018 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Altice eine Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses, hilfsweise auf Aufhebung oder Herabsetzung der ihr mit diesem Beschluss auferlegten Geldbußen.

32      Mit Beschluss vom 6. Dezember 2018 gab der Präsident der Siebten Kammer des Gerichts dem Antrag des Rates der Europäischen Union statt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.

33      Zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses erhob Altice eine Einrede der Rechtswidrigkeit und machte vier Klagegründe geltend, die das Gericht in drei Schritten prüfte. Zunächst wies das Gericht in den Rn. 54 bis 67 des angefochtenen Urteils die Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 139/2004 zurück. Anschließend wies das Gericht in den Rn. 68 bis 259 dieses Urteils die ersten drei Klagegründe zurück, die sich auf einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung bezogen. Schließlich wies das Gericht in den Rn. 260 bis 277 dieses Urteils den vierten Klagegrund zurück, insbesondere das Vorbringen, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und gegen den „Grundsatz des Verbots der Doppelbestrafung, das auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sein, zurückgeht“ geltend gemacht worden war. Infolgedessen wies es in dieser Rn. 277 des angefochtenen Urteils den Antrag auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses zurück.

34      Zur Stützung des Antrags, der die Höhe der Geldbußen betraf, machte Altice einen in fünf Teile gegliederten fünften Klagegrund geltend, mit dem die Rechtswidrigkeit der Geldbußen und ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerügt wurde. Das Gericht wies die ersten vier Teile zurück, insbesondere den dritten, mit dem geltend gemacht worden war, die Geldbußen seien wegen unzureichender Begründung der Festsetzung des ihres Betrags rechtswidrig. Im Rahmen des fünften Teils befand es in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, dass die gegen Altice wegen Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängte Geldbuße um 10 % herabzusetzen und auf 56 025 000 Euro festzusetzen sei. Hierzu wies das Gericht darauf hin, dass Altice die Kommission von sich aus über den Zusammenschluss informiert habe, bevor das SPA unterzeichnet worden sei, und beantragt habe, ein mit der Bearbeitung ihres Dossiers betrautes Team zu bestimmen.

 Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Beteiligten

35      Mit ihrem Rechtsmittel beantragt Altice,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        die Art. 1 bis 4 des streitigen Beschlusses für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, die Geldbußen herabzusetzen, die in den Art. 3 und 4 des streitigen Beschlusses, wie er vom Gericht abgeändert wurde, verhängt wurden;

–        weiter hilfsweise, die Sache an das Gericht zurückzuverweisen;

–        der Kommission die ihr im Rechtsmittelverfahren und im Verfahren vor dem Gericht entstandenen Kosten aufzuerlegen.

36      Die Kommission beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        Altice die Kosten aufzuerlegen.

37      Der Rat beantragt,

–        den ersten Rechtsmittelgrund zurückzuweisen und

–        Altice die ihm im Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.

 Rechtsmittel

38      Altice macht sechs Rechtsmittelgründe geltend.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

39      Mit dem ersten Rechtsmittelgrund wirft Altice dem Gericht vor, bei der Prüfung der Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 139/2004 Rechtsfehler begangen zu haben. Dieser Rechtsmittelgrund ist in drei Teile gegliedert.

 Zum ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes

–       Vorbringen der Parteien

40      Mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes macht Altice geltend, das Gericht habe in den Rn. 54 bis 58, 60 bis 64, 66, 264, 265 und 271 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft befunden, dass Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 „eigenständige Ziele“ verfolgten und zwei unterschiedliche Pflichten begründeten, nämlich eine Anmeldepflicht und eine Stillhaltepflicht, die Gegenstand spezieller Sanktionen sein könnten.

41      Erstens lasse sich die Anmeldepflicht seit dem Erlass der Verordnung Nr. 139/2004 nicht von der Stillhaltepflicht trennen und weder könne gegen sie in eigenständiger Weise verstoßen werden noch könne sie Gegenstand einer speziellen Sanktion sein. Obwohl nämlich ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung begangen werde, wenn ein Zusammenschluss vor seiner Anmeldung vollzogen werde, falle dieser Vollzug eben gerade unter Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung.

42      Somit verfolgten diese Vorschriften, anders als das Gericht in den Rn. 56, 60 bis 62 und 271 des angefochtenen Urteils entschieden habe, nicht „eigenständige Ziele“, sondern ein einziges Ziel und schützten damit ein und dasselbe rechtliche Interesse. Dieses Ziel sei, die Wirksamkeit der Vorabkontrolle von Zusammenschlüssen von gemeinschaftsweiter Bedeutung sicherzustellen. Diese Vorschriften verböten es insoweit beide, einen Zusammenschluss vor seiner Anmeldung durchzuführen. Das Gericht habe in Rn. 60 des angefochtenen Urteils nicht berücksichtigt, dass Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 es nicht bloß verbiete, einen Zusammenschluss vor seiner Genehmigung durch die Kommission zu vollziehen, sondern auch, ihn vor seiner Anmeldung bei der Kommission zu vollziehen.

43      Die vom Gericht in den Rn. 54, 55, 57 und 58 des angefochtenen Urteils getroffenen Differenzierungen hätten insoweit keine Auswirkungen, weil sie den Standpunkt von Altice nicht widerlegten, wonach diese beiden Vorschriften auf das gleiche Verhalten Anwendung fänden und dasselbe Ziel verfolgten, da sie die Durchführung eines Zusammenschlusses vor dessen Anmeldung verböten. Die Dauer der Zuwiderhandlungen sei nur für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Geldbußen relevant.

44      Außerdem habe das Gericht in den Rn. 56, 66 und 264 des angefochtenen Urteils zu Unrecht auf das im achten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 139/2004 genannte System der „einzigen Anlaufstelle“ verwiesen, um zu begründen, dass Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung „eigenständige Ziele“ verfolgten. Dieses System beschränke sich darauf, die Zuständigkeit der Kommission für die Kontrolle von Zusammenschlüssen von gemeinschaftsweiter Bedeutung festzulegen.

45      Zweitens sei die nach der Verordnung Nr. 139/2004 vorgesehene Regelung nur ein Relikt aus der Vergangenheit. Sie weist darauf hin, dass die Verordnung Nr. 1064/89 zwei unterschiedliche, eigenständige Pflichten enthalten habe, nämlich eine prozedurale Pflicht, einen Zusammenschluss innerhalb einer Woche ab dem Abschluss der Vereinbarung anzumelden, und eine materielle Stillhaltepflicht. Verstöße gegen diese Pflichten seien jeweils mit Geldbußen unterschiedlicher Höhe geahndet worden.

46      Mit dem Erlass der Verordnung Nr. 139/2004 habe der Unionsgesetzgeber jedoch in Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung die Frist für die Anmeldung eines Zusammenschlusses abgeschafft und eine Anmeldung vor dem Vollzug eines Zusammenschlusses eingeführt. Gleichzeitig habe er die Geldbuße erhöht, die gemäß Art. 14 Abs. 2 Buchst. a dieser Verordnung bei Verstößen gegen die Anmeldepflicht verhängt werden könne. Damit habe er diese Pflicht in eine materielle Pflicht umgewandelt, den Zusammenschluss nicht vor seiner Anmeldung zu vollziehen. Der rechtliche Rahmen, der sich aus diesem Versäumnis des Gesetzgebers ergebe, diese Vorschriften zu streichen oder anzupassen, sei „normwidrig“.

47      Drittens fügt sie im Rahmen einer systematischen Auslegung hinzu, dass Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 eine Ausnahme von Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung vorsehe und dass keine entsprechende Vorschrift für eine Ausnahme von Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung existiere. Der Grund hierfür sei, dass in dieser Ausnahme eine Ausnahme von der Anmeldepflicht nach der letztgenannten Vorschrift mitenthalten sei. Außerdem sehe Art. 14 Abs. 2 Buchst. a dieser Verordnung ausdrücklich vor, dass keine Geldbuße wegen Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung verhängt werden könne, wenn eine Ausnahme nach ihrem Art. 7 Abs. 3 gewährt werde.

48      Die Kommission und der Rat sind der Auffassung, dass dieser Teil des Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen sei.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

49      Mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes macht Altice im Wesentlichen geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft befunden, dass Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 eigenständige Ziele verfolgten. Nach ihrer Auffassung schützten sie vielmehr ein und dasselbe rechtliche Interesse und seien redundant.

50      Es ist darauf hinzuweisen, dass zwischen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004, der die Pflicht vorsieht, einen Zusammenschluss vor seinem Vollzug anzumelden, und Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung, der die Pflicht vorsieht, diesen Zusammenschluss vor seiner Anmeldung und Genehmigung nicht zu vollziehen, ein Zusammenhang besteht. Ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung hat nämlich automatisch einen Verstoß gegen deren Art. 7 Abs. 1 zur Folge, so dass ein Verstoß gegen die erstgenannte Vorschrift nicht unabhängig von einem Verstoß gegen die zweitgenannte Vorschrift denkbar ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 101 und 106).

51      In dem Fall, dass ein Unternehmen einen Zusammenschluss vor seinem Vollzug gemäß Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 anmeldet, bleibt es jedoch möglich, dass dieses Unternehmen Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung missachtet, falls es diesen Zusammenschluss vollzieht, bevor die Kommission ihn für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt (vgl. Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 102).

52      Daraus folgt, dass Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 im Rahmen des im achten Erwägungsgrund dieser Verordnung genannten Systems der „einzigen Anlaufstelle“ eigenständige Ziele verfolgen (Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 103).

53      Auf der einen Seite sieht Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung eine Handlungspflicht vor, nämlich die Pflicht, den Zusammenschluss vor seinem Vollzug anzumelden, auf der anderen Seite sieht Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung eine Unterlassungspflicht vor, nämlich diesen Zusammenschluss vor seiner Anmeldung und Genehmigung nicht zu vollziehen. Der Verstoß gegen die erstgenannte Vorschrift stellt eine einmalige Zuwiderhandlung dar, wohingegen der Verstoß gegen die letztgenannte eine dauerhafte Zuwiderhandlung darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 104 und 115).

54      Außerdem sieht die Verordnung Nr. 139/2004 in Art. 14 Abs. 2 Buchst. a und b für jeden dieser Verstöße getrennte Geldbußen vor, falls diese beiden Verstöße gleichzeitig durch den Vollzug eines Zusammenschlusses vor seiner Anmeldung bei der Kommission begangen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 105 und 106). Diese Möglichkeit ist durch das Ziel dieser Verordnung gerechtfertigt, das, wie aus ihrem 34. Erwägungsgrund hervorgeht, darin besteht, eine wirksame Kontrolle von Zusammenschlüssen mit gemeinschaftsweiter Bedeutung sicherzustellen, indem die Unternehmen verpflichtet werden, ihre Zusammenschlüsse zuvor anzumelden, und indem vorgesehen wird, dass deren Vollzug bis zum Erlass einer abschließenden Entscheidung ausgesetzt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 31. Mai 2018, Ernst & Young, C‑633/16, EU:C:2018:371, Rn. 42, und vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 108 und 109).

55      In Anbetracht dieses Ziels hat Gerichtshof die Auslegung, wonach die Kommission in dem Fall, dass ein Zusammenschluss vor seiner Anmeldung vollzogen wird, nur den Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 ahnden kann, bereits zurückgewiesen. Da der Kommission die Möglichkeit genommen würde, durch von ihr verhängte Geldbußen zwischen der Situation, in der das Unternehmen die Anmeldepflicht beachtet, aber gegen die Stillhaltepflicht verstößt, und der Situation, in der dieses Unternehmen gegen diese beiden Pflichten verstößt, zu unterscheiden, ließe sich bei dieser Auslegung dieses Ziel nicht erreichen, da der Verstoß gegen die Anmeldepflicht niemals Gegenstand einer speziellen Sanktion sein könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 107 bis 109).

56      Nach diesen Hinweisen ist erstens festzustellen, dass das Gericht in den Rn. 54 bis 58 und 63 des angefochtenen Urteils gerade auf die in den Rn. 50 bis 54 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung hingewiesen hat. Es hat daraus zutreffend den Schluss gezogen, dass Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 trotz einer gewissen Überschneidung, der es im Übrigen gebührend Rechnung getragen hat, eigenständige Ziele verfolgten, unterschiedliche Pflichten vorsähen und Zuwiderhandlungen unterschiedlicher Natur zur Folge hätten.

57      Zwar liegen diese beiden Ziele auf einer Linie mit dem Zweck der Verordnung Nr. 139/2004, der, wie in Rn. 54 des vorliegenden Urteils im Wesentlichen ausgeführt, darin besteht, die Wirksamkeit der Vorabkontrolle von Zusammenschlüssen zu wahren, doch stellen sie unterschiedliche Aspekte dieses Zwecks dar.

58      Ebenfalls zu Recht hat das Gericht in den Rn. 59 und 62 des angefochtenen Urteils das Vorbringen von Altice zurückgewiesen, Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 139/2004 seien rechtswidrig, weil Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung redundant seien und dasselbe rechtliche Interesse verfolgten.

59      Aus der in den Rn. 50 bis 53 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung geht zudem hervor, dass die Schlussfolgerung, dass diese Vorschriften eigenständige Ziele verfolgten entgegen dem Vorbringen von Altice nicht aus deren achtem Erwägungsgrund, sondern aus dem Norminhalt und den Zielen dieser beiden Vorschriften sowie der allgemeinen Systematik der Verordnung Nr. 139/2004 hergeleitet wird.

60      Zweitens lässt ein Vergleich zwischen den Vorschriften der Verordnung Nr. 4064/89 und der Verordnung Nr. 139/2004 keinen anderen Schluss zu. Auf den vorliegenden Fall ist nämlich nur die letztgenannte Verordnung zeitlich anwendbar.

61      Drittens kann das aus Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 hergeleitete Argument keinen Erfolg haben, ohne dass festgestellt werden müsste, ob diese Vorschrift, wie Altice vorträgt, über die Gewährung einer Ausnahme von der Stillhaltepflicht hinaus auch die Gewährung einer Ausnahme von der Anmeldepflicht erlaubt. Dieses Argument spiegelt nämlich lediglich die Zusammenhänge wider, die zwischen diesen beiden Pflichten bestehen und denen in der Rechtsprechung, auf die in den Rn. 50 und 55 des vorliegenden Urteils hingewiesen worden ist, gebührend Rechnung getragen wird.

62      Nach diesen Erwägungen ist der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes

–       Vorbringen der Parteien

63      Mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes wirft Altice dem Gericht vor, rechtsfehlerhaft befunden zu haben, dass die kumulative Verhängung zweier Geldbußen nach Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße.

64      Anders als das Gericht in den Rn. 65 und 273 des angefochtenen Urteils entschieden habe, laufe die Möglichkeit, wegen ein und desselben Verhaltens einer Person, mit dem gegen zwei Pflichten verstoßen werde, die dasselbe Ziel schützten, kumulativ zwei Geldbußen zu verhängen, als solche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit offenkundig zuwider, da eine solche Kumulierung von Sanktionen nicht erforderlich sei und überzogen sei.

65      Das Ziel der Wirksamkeit der Vorabkontrolle von Zusammenschlüssen werde durch eine weniger einschneidende Maßnahme vollends erreicht, nämlich durch die Verhängung einer einzigen Geldbuße gemäß Art. 14 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 139/2004, mit der gleichzeitig der Verstoß gegen die Anmeldepflicht und der Verstoß gegen die Stillhaltepflicht, die beide in Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung niedergelegt seien, geahndet werde. Indem die Kommission die Art, die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung berücksichtige, könne sie die wegen eines Verstoßes gegen diese Vorschrift verhängte Geldbuße danach anpassen, ob ein Unternehmen gegen beide oder nur gegen die zweite dieser Pflichten verstoßen habe.

66      Die Kommission und der Rat sind der Auffassung, dass dieser Teil des Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen sei.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

67      In Rn. 65 des angefochtenen Urteils, gegen die sich Altice mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes wendet, befand das Gericht, dass die Verhängung zweier Sanktionen wegen ein und desselben Verhaltens durch ein und dieselbe Behörde in ein und derselben Entscheidung als solche nicht als Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angesehen werden könne. Das Gericht wiederholte diese Erwägung in Rn. 273 des angefochtenen Urteils, die von Altice ebenfalls angefochten wird.

68      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass dieser Teil des ersten Rechtsmittelgrundes auf der Prämisse beruht, dass die in Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 vorgesehenen Pflichten denselben Schutzzweck verfolgten. Diese Prämisse ist jedoch im Rahmen der Prüfung des ersten Teils des vorliegenden Rechtsmittelgrundes widerlegt worden. Somit ist das Vorbringen von Altice zurückzuweisen.

69      Zweitens verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, dass die Handlungen der Unionsorgane zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung verfolgten legitimen Ziele geeignet sind und nicht über die Grenzen dessen hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist. Wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, ist die am wenigsten belastende zu wählen und die dadurch bedingten Nachteile dürfen nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Februar 2022, Ungarn/Parlament und Rat, C‑156/21, EU:C:2022:97, Rn. 340 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

70      Hier räumt Art. 14 Abs. 2 Buchst. a bzw. b der Verordnung Nr. 139/2004 der Kommission die Befugnis ein, durch Entscheidung Geldbußen wegen Verstößen von Unternehmen gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung zu verhängen, wobei jede dieser Geldbußen auf 10% des von diesen Unternehmen erzielten Gesamtumsatzes begrenzt ist. Gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 sind bei der Festsetzung einer Geldbuße die Art, die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.

71      Wie sich aus den Rn. 54 und 55 des vorliegenden Urteils ergibt, ist diese Möglichkeit, im Rahmen ein und derselben Entscheidung wegen des Verstoßes gegen zwei eigenständige Pflichten durch ein und dasselbe Verhalten zwei Geldbußen zu verhängen, sowohl geeignet, eine wirksame Kontrolle von Zusammenschlüssen von gemeinschaftsweiter Bedeutung zu gewährleisten, als auch hierfür erforderlich. Außerdem muss die Kommission, indem sie jede Geldbuße bis zur Obergrenze von 10% des Gesamtumsatzes der betreffenden Unternehmen unter Berücksichtigung der Art, der Schwere und der Dauer jeder Zuwiderhandlung festsetzt, dafür sorgen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Anwendung der Vorschriften der Verordnung Nr. 139/2004 eingehalten wird.

72      Daher hat das Gericht in den Rn. 65 und 273 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Verhängung zweier Sanktionen wegen ein und desselben Verhaltens durch ein und dieselbe Behörde in ein und derselben Entscheidung als solche nicht als Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angesehen werden kann. Diese Behörde hat sich jedoch zu vergewissern, dass die Geldbußen insgesamt in einem angemessenen Verhältnis zur Art des Verstoßes stehen (vgl. entsprechend Urteil vom 3. April 2019, Powszechny Zakład Ubezpieczeń na Życie (C‑617/17, EU:C:2019:283, Rn. 38).

73      Folglich ist der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes

–       Vorbringen der Parteien

74      Mit dem dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes macht Altice geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft entschieden, dass die kumulative Verhängung zweier Geldbußen gemäß Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstoße, das auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze zurückgehe, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Normenkonkurrenz gemeinsam seien.

75      Erstens habe das Gericht es zu Unrecht unterlassen, die Argumentation, die Altice aus diesem allgemeinen Grundsatz des Unionrechts herleite, im Rahmen der Einrede der Rechtswidrigkeit zu prüfen.

76      Zweitens habe das Gericht in Rn. 274 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen. Entgegen den Ausführungen des Gerichts habe der Gerichtshof in den Rn. 117 und 118 des Urteils vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission (C‑10/18 P, EU:C:2020:149), eine aus diesem Grundsatz hergeleitete Argumentation nicht zurückgewiesen, da er sich – weil bei ihm keine Einrede der Rechtswidrigkeit erhoben worden sei – nicht zur Vereinbarkeit von Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 139/2004 mit dem Doppelbestrafungsverbot geäußert habe.

77      Im Übrigen komme es nicht darauf an, ob der Gesetzgeber eine Zuwiderhandlung als schwerer als die andere oder eine Vorschrift als in erster Linie anwendbar eingestuft habe. Mit den Grundsätzen zur Konkurrenz von Straftaten, die entwickelt worden seien, um das Fehlen einer solchen Einstufung durch den Gesetzgeber auszugleichen, sei es nicht zu vereinbaren, wenn gegen denselben Zuwiderhandelnden zwei Geldbußen wegen desselben Verhaltens und zum Schutz desselben rechtlichen Interesses verhängt würden.

78      Hierzu habe das Gericht übrigens sechs von Altice vorgelegte Rechtsgutachten nicht berücksichtigt.

79      Drittens gehe der Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 im vorliegenden Fall gemäß dem „Grundsatz der Normenkonkurrenz“ und dem „Grundsatz der Konsumtion“ in dem Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung auf. Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 sei nämlich weiter und umfasse die durch Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung auferlegte Pflicht vollständig. Um die Verhängung einer unverhältnismäßigen Geldbuße zur vermeiden, sei daher ausschließlich Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung anzuwenden. Die fünfjährige Verjährungsfrist finde somit Anwendung.

80      Die Kommission und der Rat treten dem Vorbringen von Altice entgegen und sind der Auffassung, dass dieser Teil des ersten Rechtsmittelgrundes unbegründet sei.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

81      Erstens ist, soweit Altice dem Gericht vorwirft, im Rahmen der von ihr erhobenen Einrede der Rechtswidrigkeit nicht auf ihr Vorbringen in Bezug auf die „den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten betreffend die Normenkonkurrenz gemeinsamen allgemeinen Rechtsgrundsätze“ eingegangen zu sein, darauf hinzuweisen, dass das Gericht dieses Vorbringen in den Rn. 60 bis 62 des angefochtenen Urteils zurückgewiesen hat, indem es erläutert hat, dass Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 eigenständige Ziele verfolgen.

82      Aus der Klageschrift ergibt sich zudem, dass dieser Aspekt der von Altice erhobenen Einrede der Rechtswidrigkeit in ihrem Vorbringen mitenthalten ist, dass diese Vorschriften ein und dasselbe rechtliche Interesse schützten.

83      Somit kann dem Gericht nicht vorgeworfen werden, nicht ausdrücklich und im Einzelnen auf sämtliche Argumente eingegangen zu sein, die Altice im Rahmen des genannten Aspekts vorgetragen hat.

84      Zweitens hat das Gericht in Rn. 274 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass der Gerichtshof in den Rn. 117 und 118 des Urteils vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission (C‑10/18 P, EU:C:2020:149), ein entsprechendes Argument wie das von Altice, mit dem auf „das auf die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen allgemeinen Rechtsgrundsätze zurückgehende Verbot der Doppelbestrafung“ Bezug genommen wird, bereits zurückgewiesen hatte.

85      Diese Feststellung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

86      Im letztgenannten Urteil, insbesondere in den Rn. 117 und 118 hat der Gerichtshof entschieden, dass dieser Grundsatz – unter der Annahme, dass er relevant ist – der Verhängung zweier Geldbußen wegen des Verstoßes gegen diese Vorschriften durch ein und dasselbe Verhalten nicht entgegensteht, da es in der Verordnung Nr. 139/2004 keine Bestimmung gibt, die „vorrangig anwendbar“ ist und mit Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung eigenständige Ziele verfolgt werden. Das Gericht hat seine Würdigung des Vorbringens von Altice somit rechtsfehlerfrei auf das genannte Urteil gestützt, auch wenn der Gerichtshof in der Rechtssache, in der dieses Urteil erging, nicht mit einer Einrede der Rechtswidrigkeit befasst worden war.

87      Unter diesen Umständen brauchte das Gericht auch die verschiedenen von Altice vorgelegten Gutachten nicht ausdrücklich zu berücksichtigen.

88      Drittens ist der Argumentation von Altice, die in Rn. 79 des vorliegenden Urteils zusammengefasst ist, nicht zu folgen, da sie auf der Prämisse beruht, dass Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 ein und denselben Zweck verfolgten und redundant seien. Diese Prämisse ist jedoch im Rahmen der Prüfung des ersten Teils des vorliegenden Rechtsmittelgrundes widerlegt worden.

89      Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes und damit dieser Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen ist.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

90      Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund wendet sich Altice gegen die Rn. 260 bis 278 und 328 des angefochtenen Urteils.

91      Zunächst trägt Altice vor, dass Gericht habe einen Rechtsfehler begangen und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, indem es entschieden habe, dass dieser Grundsatz „als solcher“ auf die Verhängung zweier Geldbußen wegen Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht anwendbar sei, und sich nicht vergewissert habe, dass die beiden verhängten Geldbußen in einem angemessenen Verhältnis zu den begangenen Zuwiderhandlungen stünden.

92      Erstens verweist Altice, soweit das Gericht in den Rn. 264, 265 und 270 des angefochtenen Urteils auf die eigenständigen Ziele dieser beiden Vorschriften der Verordnung Nr. 139/2004 Bezug genommen habe, auf den ersten Rechtsmittelgrund.

93      Was zweitens den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angeht, weist Altice darauf hin, dass, wenn es schon nicht mit dem Doppelbestrafungsverbot unvereinbar sei, dass eine Wettbewerbsbehörde einem Unternehmen in einer einzigen Entscheidung zwei Geldbußen wegen desselben Sachverhalts auferlege, sich diese Behörde wenigstens vergewissern müsse, dass die Geldbußen insgesamt in einem angemessenen Verhältnis zur Art der Zuwiderhandlung stünden. Diese Prüfung habe das Gericht aber unterlassen. Als das Gericht die wegen des Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängte Geldbuße herabgesetzt habe, habe es damit im Übrigen nicht die Verhältnismäßigkeit der beiden verhängten Geldbußen sicherstellen wollen.

94      Die Verhängung einer zweiten Geldbuße wegen desselben Verhaltens und zum Schutz desselben rechtlichen Interesses sei per se nicht erforderlich und unverhältnismäßig.

95      Des Weiteren vertritt Altice die Auffassung, das Gericht habe gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstoßen, das in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen im Bereich der Normenkonkurrenz verankert sei, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam seien, indem es nicht anerkannt habe, dass die Verhängung zweier Geldbußen gegen dieses Verbot verstoße, das einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstelle.

96      Hierzu verweist Altice auf ihr Vorbringen im Rahmen des ersten Rechtsmittelgrundes. Sei davon auszugehen, dass Art. 4 Art. Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 unterschiedliche rechtliche Interessen verfolgten, handele es sich um einen Fall der Tateinheit. Daher sei das Anrechnungsprinzip heranzuziehen, das aus den im Rahmen des dritten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes genannten Gründen anwendbar sei, und daher der Betrag der ersten verhängten Geldbuße bei Festsetzung der zweiten zu berücksichtigen. Somit habe das Gericht in Rn. 328 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen, indem es die Anwendbarkeit dieses Prinzips auf der Grundlage eines falschen Verständnisses des Urteils vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission (T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 344), ausgeschlossen habe.

97      Die Kommission hält den vorliegenden Rechtsmittelgrund für nicht stichhaltig.

 Würdigung durch den Gerichtshof

98      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass zur Stützung des zweiten Rechtsmittelgrundes weitgehend auf Argumente verwiesen wird, die Altice bereits im Rahmen des ersten Rechtsmittelgrundes geltend gemacht hat. Soweit diese Argumente im Rahmen der Prüfung des ersten Rechtsmittelgrundes zurückgewiesen worden sind, kann der zweite Rechtsmittelgrund keinen Erfolg haben.

99      Darüber hinaus ist erstens das Vorbringen, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geltend gemacht wird, nicht hinreichend untermauert und daher als unzulässig zurückzuweisen.

100    Zweitens trägt Altice vor, das Anrechnungsprinzip sei aus den im Rahmen des dritten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes dargelegten Gründen im Fall des „Zusammentreffens von Zuwiderhandlungen“ anwendbar. Es handele sich um einen Fall, in dem Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 unterschiedliche rechtliche Interessen schützten. Während der dritte Teil jedoch auf der Prämisse beruht, dass diese Vorschriften dasselbe rechtliche Interesse schützten und es sich in der vorliegenden Rechtssache um einen Fall der Normenkonkurrenz handele, bleibt Altice eine Erklärung dafür schuldig, warum diese Gründe unter diesen Umständen übertragbar sein sollen.

101    Soweit Altice in diesem Zusammenhang auf die in Rn. 328 des angefochtenen Urteils angeführte Rn. 344 des Urteils vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission (T‑704/14, EU:T:2017:753), Bezug nimmt, beruht ihre Argumentation auf einem falschen Verständnis dieser Rn. 344. Darin hat das Gericht nämlich die Anwendbarkeit des Anrechnungsprinzips auf einen Fall klar verneint, in dem mit ein und derselben Entscheidung mehrere Sanktionen verhängt werden, selbst wenn mit diesen Sanktionen ein und dieselbe Tat geahndet wird. Diese Argumentation ist folglich nicht stichhaltig.

102    Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen.

 Dritter bis fünfter Rechtsmittelgrund

103    Mit den Rechtsmittelgründen drei bis fünf wendet sich Altice gegen die Beurteilungen des Gerichts in Bezug auf die Feststellung der Kommission, Altice habe den Zusammenschluss im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 vollzogen, bevor er bei der Kommission und von dieser genehmigt worden sei.

104    Die Kommission entgegnet, diese drei Rechtsmittelgründe gingen ins Leere und seien jedenfalls unbegründet.

 Zu der Frage, ob die Rechtsmittelgründe drei bis fünf ins Leere gehen

–       Vorbringen der Parteien

105    Die Kommission trägt vor, die Feststellung im streitigen Beschluss, dass Altice den Zusammenschluss im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 vollzogen habe, bevor er bei der Kommission angemeldet und von dieser genehmigt worden sei, sei auf drei Umstände gestützt. Dies seien erstens das Bestehen der vor dem Vollzug geschlossenen Vereinbarungen, zweitens das tatsächliche Eingreifen von Altice in die Tätigkeit von PT Portugal und drittens der Austausch von Informationen, der zum Nachweis beigetragen habe, dass Altice bestimmenden Einfluss auf PT Portugal ausgeübt habe.

106    Mit den Rechtsmittelgründen drei bis fünf greife Altice aber lediglich die Beurteilungen des Gerichts in Bezug auf ersten und den dritten dieser Umstände an. Was den zweiten Umstand betreffe, beschränke sich Altice auf das Vorbringen, dass die von der Kommission in Abschnitt 4.2.1 des streitigen Beschlusses gezogenen Schlussfolgerungen von der Annahme ausgingen, dass Altice hinsichtlich der fraglichen strategischen Entscheidungen von PT Portugal über ein Vetorecht verfüge; das Bestehen dieses Vetorechts bestreite Altice. Nach Ansicht der Kommission entbehrt dieses Vorbringen jeglicher Grundlage, da weder der streitige Beschluss noch das angefochtene Urteil die Schlussfolgerung, dass Altice tatsächlich bestimmenden Einfluss auf Aspekte der Geschäftsstrategie von PT Portugal ausgeübt habe, daran knüpfe, dass das SPA Altice ein solches Vetorecht einräume. Altice habe somit die Schlussfolgerungen des Gerichts zu dem in diesem Abschnitt 4.2.1 geschilderten und in den Rn. 170 bis 218 des angefochtenen Urteils geprüften Verhalten in der Sache nicht wirklich angegriffen.

107    Da diese Schlussfolgerungen für sich genommen die Feststellung, dass Altice den Zusammenschluss vollzogen habe, bereits begründeten, gingen die Rechtsmittelgründe drei bis fünf ins Leere.

108    In ihrer Erwiderung tritt Altice diesem Vorbringen insgesamt entgegen.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

109    Wie die Kommission zu Recht anmerkt und wie sich aus den Rn. 27 und 28 des vorliegenden Urteils ergibt, hat die Kommission ihre Feststellung, dass Altice den Zusammenschluss im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 vollzogen habe, bevor er bei ihr angemeldet und von ihr genehmigt worden sei, im streitigen Beschluss auf drei Umstände gestützt. Erstens hätten es die vor dem Vollzug geschlossenen Vereinbarungen Altice ermöglicht, bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit von PT Portugal auszuüben. Zweitens veranschaulichten sieben Fälle, dass Altice tatsächlich in die Tätigkeit von PT Portugal eingegriffen habe. Drittens habe ein Austausch von Informationen zu dem Nachweis beigetragen, dass Altice bestimmenden Einfluss auf PT Portugal ausgeübt habe.

110    Das Gericht hat im Rahmen der ersten drei von Altice geltend gemachten Klagegründe, die das Vorliegen einer Zuwiderhandlung nach Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 betreffen, geprüft, ob diese Beurteilungen zutreffen. In diesem Rahmen hat es sich insbesondere zu dem Begriff „Vollzug“ eines Zusammenschlusses im Sinne dieser Vorschriften (Rn. 76 bis 89 des angefochtenen Urteils), den vor dem Vollzug geschlossenen Vereinbarungen (Rn. 94 bis 105, 108 bis 133 und 136 bis 155 dieses Urteils), den sieben Fällen, in denen tatsächlich ein bestimmender Einfluss auf PT Portugal ausgeübt worden sein soll (Rn. 173 bis 218 des angefochtenen Urteils), sowie dem Austausch von Informationen (Rn. 221 bis 242 dieses Urteils) geäußert.

111    Mit den Rechtsmittelgründen drei bis fünf wendet sich Altice im Wesentlichen gegen die Beurteilungen des Gerichts in Bezug auf den Begriff „Vollzug“ eines Zusammenschlusses im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004, die vor dem Vollzug geschlossenen Vereinbarungen und den Austausch von Informationen.

112    Es trifft somit zu, dass Altice, wie die Kommission geltend macht, ihr Rechtsmittel nicht auf einen Grund stützt, der sich speziell gegen die Beurteilungen des Gerichts in Bezug auf die sieben Fälle richtet, in denen tatsächlich bestimmender Einfluss ausgeübt worden sein soll.

113    Mit dem dritten Teil des Rechtsmittelgrundes stellt Altice jedoch die Stichhaltigkeit des Kriteriums in Frage, das das Gericht angewandt hat, um nicht nur die vor dem Vollzug geschlossenen Vereinbarungen, auf die sich der dritte Rechtsmittelgrund bezieht, sondern auch die sieben Fälle der tatsächlichen Ausübung bestimmenden Einflusses auf PT Portugal zu beurteilen. In diesem Zusammenhang hat das Gericht insbesondere in den Rn. 190 und 201 des angefochtenen Urteils auf dieses Kriterium Bezug genommen.

114    Wie aus Rn. 91 der Rechtsmittelschrift hervorgeht, wendet sich der vierte Rechtsmittelgrund, der die Auslegung des Begriffs „Vetorecht“ durch das Gericht betrifft, zudem letztlich gegen die Prämisse, von der das Gericht bei seiner Überprüfung der Beurteilungen der Kommission in Bezug auf die sieben Fälle, in denen tatsächlich bestimmender Einfluss ausgeübt worden sein soll, ausgegangen ist.

115    Somit gehen die Rechtsmittelgründe drei bis fünf entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht ins Leere und sind nicht aus diesem Grund zurückzuweisen.

116    Daher ist ihre Begründetheit zu prüfen.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund

–       Vorbringen der Parteien

117    Mit dem dritten Rechtsmittelgrund trägt Altice im Wesentlichen vor, das Gericht sei rechtsfehlerhaft zu dem Schluss gekommen, dass die vor dem Vollzug geschlossenen Vereinbarungen einen „Vollzug“ eines Zusammenschlusses im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 darstellten. Dieser Rechtsmittelgrund ist in drei Teile gegliedert.

118    Mit dem ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes wendet sich Altice gegen die Rn. 69 bis 89, 96, 132 und 144 des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht befunden habe, dass die bloße Unterzeichnung des SPA ihr die „Möglichkeit gewährte, bestimmenden Einfluss [auf PT Portugal] auszuüben“, und dass diese Unterzeichnung dem Vollzug des Zusammenschlusses gleichkomme. Damit habe das Gericht den Begriff „Zusammenschluss“ in Art. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 mit dem Begriff „Vollzug“ in Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung vermengt und letzteren Begriff zu weit ausgelegt.

119    Erstens entspreche die „Möglichkeit, einen bestimmenden Einfluss auszuüben“, der Definition von „Kontrolle“ im Sinne von Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 und somit dem Begriff „Zusammenschluss“ im Sinne von Art. 3 dieser Verordnung. Der „Zusammenschluss“ sei aber weniger als der „Vollzug“ eines Zusammenschlusses, da Art. 3 den „Vollzug“ nicht nenne. Der Vollzug bedeute daher notwendigerweise mehr als die Möglichkeit, bestimmenden Einfluss auszuüben.

120    Der Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung impliziere ebenfalls einen Unterschied zwischen einer Vereinbarung, die zu einem „Zusammenschluss“ führe, der anzumelden sei, und dessen späterem „Vollzug“. Im vorliegenden Fall sei die Unterzeichnung des SPA bereits ein Zusammenschluss, der angemeldet werden müsse, aber noch kein „vollzogener“ Zusammenschluss gewesen. Der Vollzug sei zu dem Zeitpunkt geschehen, zu dem sämtliche Aktien von PT Portugal auf Altice übertragen worden seien.

121    In teleologischer Hinsicht habe unter den Umständen des vorliegenden Falls – der Zusammenschluss sei vorab angemeldet worden, es seien Korrekturmaßnahmen vorgeschlagen worden und die Veräußerung der Aktien sei erst nach der Genehmigung erfolgt – keine der vom Gericht im angefochtenen Urteil geprüften Handlungen die Kontrolle von Zusammenschlüssen beeinträchtigt.

122    Zweitens wirft Altice dem Gericht vor, den Begriff „Vollzug“ zu weit ausgelegt zu haben, indem es die bloße Unterzeichnung der vor dem Vollzug geschlossenen Vereinbarungen darunter gefasst habe. Der Zusammenschluss könne nicht wegen dieser Vereinbarungen und der vom Gericht geprüften Situationen als vollzogen angesehen werden, da die Kommission nicht gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 die Auflösung der Fusion oder die Veräußerung aller betreffenden Anteile oder Vermögensgegenstände habe anordnen können, um den Wettbewerbszustand vor der Unterzeichnung des SPA wiederherzustellen. Die Aktien und Vermögensgegenstände von PT Portugal seien bis zur Abschluss der Transaktion nach deren Genehmigung durch die Kommission unter der ausschließlichen Kontrolle von Oi verblieben. Das Gericht habe daher die von Altice in diesem Sinne vorgebrachten Argumente in den Rn. 69 bis 88 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft zurückgewiesen.

123    Außerdem habe das Gericht in Rn. 87 des angefochtenen Urteils ein von Altice in Rn. 47 der Klageschrift dargelegtes Argument verfälscht, indem es im Wesentlichen den von ihm verwendeten Begriff „Zusammenschluss“ und den von Altice verwendeten Begriff „Vollzug“ vermengt habe. Folglich sei Rn. 88 dieses Urteils nicht geeignet, das Vorbringen von Altice wirksam zu widerlegen.

124    Mit dem zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes wirft Altice dem Gericht vor, Rechtsfehler bei der Auslegung und Anwendung der Begriffe „teilweiser Vollzug“ und Beitrag zur „dauerhaften Veränderung der Kontrolle“ in den Rn. 95 bis 97 und 113 ff. des angefochtenen Urteils im Licht des Urteils vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), begangen zu haben.

125    Das Gericht habe aus Rn. 46 des angefochtenen Urteils den Schluss gezogen, dass Art. 7 der Verordnung Nr. 139/2004 auf den „teilweisen Vollzug“ eines Zusammenschlusses Anwendung finde, wenn die Parteien „Transaktionen durchführen, die dazu beitragen, die Kontrolle über das Zielunternehmen dauerhaft zu verändern“. Altice ist jedoch der Ansicht, dass in Anbetracht von Rn. 49 des genannten Urteils und der konsolidierten Mitteilung zu Zuständigkeitsfragen Transaktionen, die nicht erforderlich seien, um eine Veränderung der Kontrolle zu erreichen, nicht unter diesen Artikel fielen, da sie keinen unmittelbaren funktionalen Zusammenhang mit dem Vollzug des Zusammenschlusses aufwiesen.

126    Überdies ergebe sich aus den Rn. 43 bis 45 und 52 dieses Urteils, dass Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 nur auf Transaktionen anwendbar sei, die dazu beigetragen hätten, die Kontrolle dauerhaft zu verändern. In diesem Zusammenhang habe das Gericht in Rn. 95 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft entschieden, dass das Erfordernis einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle die Dauer der vor dem Vollzug geschlossenen Vereinbarungen nicht betreffe.

127    Das Gericht sei somit rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Vereinbarungen als solche zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle beigetragen hätten, obwohl sie nicht erforderlich gewesen seien, um zu dieser Veränderung durch die Übertragung der Aktien von PD Portugal zu gelangen, nicht zu dieser Veränderung beigetragen hätten und von kurzer Dauer gewesen seien.

128    Mit dem dritten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes wirft Altice dem Gericht vor, einen Rechtsfehler begangen zu haben, indem es in den Rn. 102 bis 105, 117, 120, 121, 130 und 131 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass die vor dem Vollzug geschlossenen Vereinbarungen nur dann als Nebenabreden, die nicht unter das Verbot in Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 fielen, angesehen werden könnten, wenn sie den Wert des Zielunternehmens erhielten.

129    Altice trägt vor, der Gerichtshof habe im Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), entschieden, dass das Verbot in Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 keine Anwendung auf eine vor dem Vollzug des Zusammenschlusses erfolgte Transaktion finde, die den Zusammenschluss begleite oder vorbereite. Der Gerichtshof habe in diesem Kontext keineswegs auf ein Kriterium Bezug genommen, das mit dem Erhalt des Werts des Zielunternehmens im Zusammenhang stehe; ein solches Kriterium ergebe sich auch nicht aus dieser Verordnung oder der Bekanntmachung der Kommission über Einschränkungen des Wettbewerbs, die mit der Durchführung von Unternehmenszusammenschlüssen unmittelbar verbunden und für diese notwendig sind (ABl. 2005, C 56, S. 24).

130    Überdies sei weltweit anerkannt, dass vor dem Vollzug geschlossene Vereinbarungen in der Praxis eine entscheidende Rolle für den Erhalt der Integrität des Zielunternehmens zwischen dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrags und dem Zeitpunkt des Vollzugs spielten. Es sei üblich, den Verkäufer zu verpflichten, den Käufer zu bestimmten Managementmaßnahmen in Bezug auf die übertragene Tätigkeit zu konsultieren, wenn sie in dem Zeitraum vor dem Vollzug getroffen würden, um sich zu vergewissern, dass der Käufer wegen dieser Maßnahmen keine Entschädigung verlange.

131    Die Kommission hält den dritten Rechtsmittelgrund für unbegründet.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

132    Mit dem dritten Rechtsmittelgrund, dessen drei Teile zusammen zu prüfen sind, beanstandet Altice im Wesentlichen die vom Gericht vorgenommene Auslegung des Begriffs „Vollzug“ eines Zusammenschlusses im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 sowie seine Anwendung im konkreten Fall in Bezug auf die vor dem Vollzug geschlossenen Vereinbarungen.

133    Zunächst ist zu präzisieren, dass der Rechtsmittelgrund zwar formal gegen zahlreiche Randnummern des angefochtenen Urteils gerichtet ist, einige von ihnen jedoch lediglich eine Zusammenfassung des Vorbringens von Altice enthalten. Die Auslegung des Begriffs „Vollzug“ durch das Gericht ist im Wesentlichen den Rn. 76, 77, 83 bis 85, 87, 95, 96, 102 bis 104, 117, 121, 130, 131 und 144 des angefochtenen Urteils zu entnehmen. Die Würdigung durch den Gerichtshof ist daher auf diese Randnummern, die von Altice beanstandet werden, zu konzentrieren.

134    Als Erstes wirft Altice dem Gericht vor, die Begriffe „Zusammenschluss“ und „Vollzug“ eines Zusammenschlusses vermengt und den letztgenannten zu weit ausgelegt zu haben.

135    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 die Pflicht vorsieht, Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung vor ihrem Vollzug bei der Kommission anzumelden. Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung darf ein Zusammenschluss weder vor der Anmeldung noch so lange vollzogen werden, bis er für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt worden ist.

136    Weder die eine noch die andere Bestimmung definiert, was unter „Vollzug“ eines Zusammenschlusses zu verstehen ist.

137    In Anbetracht erstens der Ziele, die mit der Verordnung Nr. 139/2004 verfolgt werden, die insbesondere darauf abzielt, die Wirksamkeit der Vorabkontrolle von Zusammenschlüssen zu gewährleisten, zweitens des Begriffs „Zusammenschluss“ im Sinne von Art. 3 dieser Verordnung und drittens der allgemeinen Systematik dieser Verordnung hat der Gerichtshof jedoch bereits entschieden, dass der Vollzug eines Zusammenschlusses im Sinne von Art. 7 dieser Verordnung eintritt, sobald die Parteien eines Zusammenschlusses Handlungen vornehmen, die dazu beitragen, die Kontrolle über das Zielunternehmen dauerhaft zu verändern. Dabei ergibt sich die Kontrolle aus der durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründeten Möglichkeit, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young, C‑633/16, EU:C:2018:371, Rn. 41 bis 46, 52, 53, 59 und 61).

138    So hat der Gerichtshof entschieden, dass jeder teilweise Vollzug eines Zusammenschlusses in den Anwendungsbereich von Art. 7 der Verordnung Nr. 139/2004 fällt. Wäre es den an einem Zusammenschluss Beteiligten nämlich verboten, einen Zusammenschluss mittels eines einzigen Vorgangs zu vollziehen, aber erlaubt, dasselbe Ergebnis mittels aufeinanderfolgender Teilvorgänge zu erreichen, würde dies die praktische Wirksamkeit des in Art. 7 der Verordnung Nr. 139/2004 aufgestellten Verbots verringern und so den in dieser Verordnung vorgesehenen Vorabcharakter der Kontrolle und die Verfolgung der Ziele der Verordnung gefährden (Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young, C‑633/16, EU:C:2018:371, Rn. 47).

139    Diese Auslegung gebietet sich aus denselben Gründen und in Anbetracht des Zusammenhangs zwischen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004, auf den in Rn. 50 des vorliegenden Urteils hingewiesen worden ist, auch in Bezug auf den in Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung enthaltenen Begriff „Vollzug“.

140    In den Rn. 76, 77, 83 und 84 des angefochtenen Urteils hat das Gericht diese Rechtsprechung, nachdem es die wichtigsten aus ihr gewonnenen Erkenntnisse in Erinnerung gerufen hatte, angewandt. Gemäß dieser Rechtsprechung hat es somit zu Recht – im Wesentlichen in den Rn. 77 und 84 dieses Urteils – in Erwägung gezogen, dass ein Zusammenschluss vollzogen sein kann, sobald eine Transaktion dem Erwerber die Möglichkeit einräumt, einen bestimmenden Einfluss auf das Zielunternehmen auszuüben, und in Rn. 83 dieses Urteils entschieden, dass jeder teilweise Vollzug eines Zusammenschlusses in den Anwendungsbereich von Art. 7 der Verordnung Nr. 139/2004 fällt.

141    Die Argumentation von Altice, das Gericht habe die Begriffe „Zusammenschluss“ und „Vollzug“ vermengt, indem es den letztgenannten zu weit ausgelegt habe, ist daher zurückzuweisen.

142    In diesem Zusammenhang hat Altice ebenfalls zu Unrecht auf Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 verwiesen, um daraus herzuleiten, dass der Vollzug eines Zusammenschlusses auf Fälle beschränkt sei, in denen die Kommission veranlasst sein könne, im Fall der Ablehnung der Genehmigung der Transaktion die Auflösung des Zusammenschlusses anzuordnen. Zum einen beschränkt sich diese Vorschrift, wie das Gericht in Rn. 87 des angefochtenen Urteils zu Recht und ohne die Schriftsätze von Altice zu verfälschen, festgestellt hat, darauf, die Befugnisse zu definieren, die der Kommission im Fall der Feststellung eines Verstoßes zustehen. Sie enthält jedoch keine Definition der Begriffe „Zusammenschluss“ und „Vollzug“. Zum anderen würde die von Altice vorgeschlagene Auslegung die Tragweite der in Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 niedergelegten Pflichten auf die Gefahr hin beschränken, die Wirksamkeit der Vorabkontrolle von Zusammenschlüssen zu beeinträchtigen.

143    Als Zweites beanstandet Altice die Erwägungen des Gerichts zum Begriff des „teilweisen Vollzugs“ eines Zusammenschlusses.

144    Was zunächst die Wendung „dauerhafte Veränderung der Kontrolle“ betrifft, hat das Gericht in den Rn. 85, 95 und 96 des angefochtenen Urteils präzisiert, dass auch ein zeitlich begrenztes Verhalten zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle beitragen könne, da diese Veränderung selbst und nicht die Handlungen, die zu ihr beitragen könnten, dauerhaft sein müsse, damit ein Zusammenschluss vorliege.

145    Entgegen dem Vorbringen von Altice lässt diese Erwägung keinen Rechtsfehler erkennen. Zum einen geht aus Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004, der bei der Bestimmung des Inhalts des Begriffs „Vollzug“ eines Zusammenschlusses im Sinne der Art. 4 und 7 dieser Verordnung zu berücksichtigen ist, eindeutig hervor, dass der Vollzug eines Zusammenschlusses eine „dauerhafte Veränderung der Kontrolle“ verlangt. Zum anderen ist, wie sich aus den Rn. 137 und 138 des vorliegenden Urteils ergibt, jede Handlung, die dazu beiträgt, die Kontrolle über das Zielunternehmen dauerhaft zu verändern, als zumindest teilweiser Vollzug des Zusammenschlusses anzusehen, der unter Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 fällt. Mit anderen Worten muss die Veränderung der Kontrolle und nicht die Handlung, die dazu beiträgt, dauerhaft sein, so dass Letztere zeitlich begrenzt sein kann.

146    Was sodann die Beantwortung der Frage betrifft, ob begleitende Maßnahmen, die für die Veränderung der Kontrolle nicht erforderlich sind, zum Vollzug eines Zusammenschlusses beitragen können, ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in den Rn. 98 und 99 des angefochtenen Urteils, die mit dem vorliegenden Rechtsmittelgrund nicht angegriffen werden, im Licht des Urteils vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371, Rn. 60), entschieden hat, dass begleitende und vorbereitende Maßnahmen als solche nicht vom Anwendungsbereich von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 ausgeschlossen seien. Hierzu hat das Gericht in Rn. 99 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass der Gerichtshof keine Kriterien für die Feststellung herausgearbeitet habe, ob die fragliche Maßnahme begleitend und vorbereitend sei. Außerdem hat es in den Rn. 102 und 103 dieses Urteils hinzugefügt, dass die in Rn. 129 des vorliegenden Urteils genannte Bekanntmachung der Kommission nicht erschöpfend auf ein Kriterium der Erhaltung des Werts des Zielunternehmens verweise und daher nicht die Möglichkeit ausschließe, andere Kriterien heranzuziehen. Es hat jedoch in Rn. 104 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass Altice keine Beweise dafür vorlegt habe, dass im vorliegenden Fall die Gefahr einer Beeinträchtigung der geschäftlichen Integrität von PT Portugal bestanden habe, und auf die Prüfung der nachfolgenden von Altice geltend gemachten Klagegründe verwiesen.

147    Schließlich hat das Gericht bei der Beurteilung der Frage, ob die vor dem Vollzug geschlossenen Vereinbarungen, wie die Kommission im streitigen Beschluss behauptet hat, zum Vollzug des Zusammenschlusses beigetragen haben, in den Rn. 109 bis 132 des angefochtenen Urteils, insbesondere in den Rn. 117, 121, 130 und 131 dieses Urteils dasselbe Kriterium angewandt wie die Kommission, um festzustellen, ob diese Vereinbarungen ausschließlich dazu dienten, den Wert des Zielunternehmens zu erhalten, oder ob sie über das hierfür Erforderliche hinausgingen.

148    Das Vorbringen von Altice ist nicht geeignet, nachzuweisen, dass das Gericht damit Rechtsfehler begangen hat.

149    Erstens beruht die Argumentation von Altice, wonach nur Maßnahmen, die für die dauerhafte Veränderung der Kontrolle erforderlich seien, unter den Begriff „Vollzug“ im Sinne dieser Vorschriften fallen könne, auf einem falschen Verständnis des Urteils vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371).

150    Insoweit wird zum einen, wie sich aus den Rn. 138 und 139 des angefochtenen Urteils ergibt, jeder teilweise Vollzug eines Zusammenschlusses vom Anwendungsbereich der Art. 4 und 7 der Verordnung Nr. 139/2044 erfasst, damit gewährleistet ist, dass die Kontrolle der Zusammenschlüsse vorab stattfindet.

151    Zum anderen hatte der Gerichtshof in der Rechtssache, in der das Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), ergangen ist, darüber zu befinden, ob es zum Vollzug eines Zusammenschlusses beitrug, dass ein an diesem Zusammenschluss Beteiligter einen mit einem diesem Zusammenschluss nicht beteiligten Dritten geschlossenen Kooperationsvertrag kündigte.

152    In diesem Kontext hat der Gerichtshof in Rn. 48 des Urteils vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), darauf hingewiesen, dass nach dem 20. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 139/2004 Erwerbsvorgänge, die eng miteinander verknüpft sind, weil sie durch eine Bedingung miteinander verbunden sind oder in Form einer Reihe von innerhalb eines gebührend kurzen Zeitraums getätigten Rechtsgeschäften mit Wertpapieren stattfinden, als ein „einziger Zusammenschluss“ behandelt werden sollten. In Rn. 49 dieses Urteils hat der Gerichtshof hinzugefügt, dass solche Vorgänge jedoch nicht unter Art. 7 der Verordnung Nr. 139/2004 fallen, wenn sie, obwohl sie im Rahmen eines Zusammenschlusses erfolgen, nicht erforderlich sind, um eine Veränderung der Kontrolle über eines der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen herbeizuführen. Diese Vorgänge weisen nämlich, auch wenn sie den Zusammenschluss vorbereiten oder begleiten mögen, keinen unmittelbaren funktionellen Zusammenhang mit dem Vollzug des Zusammenschlusses auf, so dass sie grundsätzlich nicht die Wirksamkeit der Fusionskontrolle beeinträchtigen können.

153    Daraus folgt, dass der Gerichtshof im Rahmen der Beurteilung, ob ein einziger Zusammenschluss vorliegt, auf den „unmittelbaren funktionellen Zusammenhang“ und den begleitenden oder vorbereitenden Charakter eines Vorgangs abgestellt hat. Hingegen kann aus dem Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), nicht hergeleitet werden, dass nur ein Vorgang, der für die dauerhafte Veränderung der Kontrolle erforderlich ist, zum Vollzug eines Zusammenschlusses beitragen kann. Bei einer solchen Auslegung bestünde außerdem die Gefahr, die Tragweite von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 unangemessen zu beschränken und damit die praktische Wirksamkeit der Vorabkontrolle von Zusammenschlüssen zu beeinträchtigen.

154    Was zweitens das Vorbringen zu Nebenabreden betrifft, ist zum einen festzustellen, dass das Gericht, anders als Altice offenbar geltend macht und wie aus der Darstellung der Rn. 102 und 103 des angefochtenen Urteils in Rn. 146 des vorliegenden Urteils hervorgeht, das Kriterium der Erhaltung des Werts des Zielunternehmens keineswegs als einziges Kriterium der Bewertung herangezogen hat, ob es sich bei einer Abrede um eine Nebenabrede handelt.

155    Zum anderen beruht die Argumentation von Altice, soweit sie sich auf eine weltweite Praxis beruft, auf bloßen nicht belegten Behauptungen. Sie kann somit keinen Erfolg haben.

156    Nach alledem ist der dritte Rechtsmittelgrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum vierten Rechtsmittelgrund

–       Vorbringen der Parteien

157    Mit dem vierten Rechtsmittelgrund wendet sich Altice gegen die Rn. 91 bis 169 des angefochtenen Urteils und begründet dies in erster Linie damit, dass das Gericht den Begriff „Vetorecht“ rechtsfehlerhaft ausgelegt habe, und hilfsweise damit, dass es das SPA verfälscht habe, indem es dieses dahin ausgelegt habe, dass es „Vetorechte“ einräume. Dieser Rechtsmittelgrund ist in zwei Teile gegliedert.

158    Mit dem ersten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes wirft Altice dem Gericht vor, den Begriff „Vetorecht“ unter Verkennung von Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung sowie der Konsolidierten Mitteilung zu Zuständigkeitsfragen rechtsfehlerhaft ausgelegt zu haben.

159    Im Licht von Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 trägt sie vor, dass der künftige Erwerber die Kontrolle, bevor er sie dadurch erwerbe, dass er die Mehrheit am Kapital des Zielunternehmens halte, vertraglich durch „Vetorechte“ erwerben könne. Diese Vetorechte beinhalteten, wie sich aus den Nrn. 18 und 54 der Konsolidierten Mitteilung zu Zuständigkeitsfragen ergebe, die Befugnis, die Annahme strategischer Geschäftsentscheidungen gegen den Willen eines anderen Beteiligten zu blockieren. Die Begriffe „Vetorechte“ und „Befugnis, zu blockieren“ seien daher eng zu verstehen, um zu gewährleisten, dass diese Verordnung nur auf Vereinbarungen Anwendung finde, die die Möglichkeit verliehen, einen „bestimmenden“ Einfluss auszuüben.

160    In den Rn. 103 bis 133 des angefochtenen Urteils habe das Gericht den Begriff „Vetorechte“ aber auf Situationen ausgedehnt, die nicht die Möglichkeit, strategische Entscheidungen zu blockieren, verliehen. Dadurch habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen.

161    Gemäß den Art. 6.1 und 7.1 des SPA habe Altice nämlich nicht über die Befugnis verfügt, gegen Entscheidungen von PT Portugal ein Veto einzulegen, da sie die Annahme strategischer Entscheidungen durch PT Portugal nicht habe blockieren und keine Blockadesituation habe schaffen können. Alle von PT Portugal oder Oi getroffenen strategischen Entscheidungen, die gegen vor dem Vollzug geschlossenen Vereinbarungen verstießen, seien gültig gewesen und hätten lediglich zu einer Entschädigung geführt. In diesem Kontext stelle das Recht, für etwaige Verluste entschädigt zu werden, entgegen der Feststellung des Gerichts in Rn. 126 des angefochtenen Urteils kein Vetorecht dar.

162    Mit dem hilfsweise vorgetragenen zweiten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes, macht Altice geltend, das Gericht habe in den Rn. 109 bis 132 des angefochtenen Urteils das SPA verfälscht, indem es angenommen habe, dass die darin vorgesehenen Vereinbarungen vor dem Vollzug Altice ein Vetorecht verliehen. Diese Auslegung stehe in offenkundigem Widerspruch zum Wortlaut nicht nur von Art. 6, sondern auch von Art. 7 des SPA, dessen Abs. 1 Buchst. c klar vorsehe, dass die Entschädigung „den einzigen Schadensersatzanspruch des Käufers gegen den Verkäufer darstellt, sofern nicht eine Täuschung durch den Verkäufer vorliegt“.

163    Insbesondere in ihrer Erwiderung vertritt Altice daher die Auffassung, der Umstand, dass PT Portugal sie in sieben Fällen zu bestimmten unter Art. 6 des SPA fallenden Fragen konsultiert habe, entgegen der Beurteilung der Kommission, die das Gericht in den Rn. 170 bis 215 des angefochtenen Urteils bestätigt habe, keinen „Vollzug“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 darstellen könne.

164    Die Kommission entgegnet, dass die in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils dargestellte Argumentation eine unzulässige, weil nachträgliche Erweiterung des Rechtsmittels darstelle und der vorliegende Rechtsmittelgrund in vollem Umfang unbegründet sei.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

165    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der vorliegende Rechtsmittelgrund, der sich auf den vom Gericht verwendeten Begriff „Vetorecht“ bezieht, formal zwar gegen zahlreiche Randnummern des angefochtenen Urteils gerichtet ist, einige von ihnen aber lediglich eine Zusammenfassung des Vorbringens von Altice enthalten, während andere im Rahmen dieses Rechtsmittelgrundes nicht speziell angegriffen werden. Die vom Gericht vorgenommene Auslegung dieses Begriffs „Vetorecht“ und seine Anwendung auf den vorliegenden Fall lassen sich im Wesentlichen einer Zusammenschau der Rn. 109 bis 133 des angefochtenen Urteils entnehmen. Die Würdigung durch den Gerichtshof ist daher auf diese Randnummern, die von Altice beanstandet werden, zu konzentrieren.

166    In diesen Randnummern hat das Gericht im Wesentlichen befunden, dass die vor dem Vollzug geschlossenen Vereinbarungen Altice entgegen deren Vorbringen die Möglichkeit gewährt hätten, einen bestimmenden Einfluss auf PT Portugal auszuüben. Nach Ansicht des Gerichts räumt der in Rn. 109 des angefochtenen Urteils angeführte Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA Altice ab dem Tag der Unterzeichnung des SPA die Möglichkeit ein, Kontrolle über PT Portugal auszuüben, indem er Oi verpflichte, die schriftliche Zustimmung von Altice einzuholen, um an einer Vielzahl von Verträgen teilzuhaben, sie zu beenden oder zu ändern, und Altice damit die Möglichkeit gebe, die Geschäftspolitik von PT Portugal zu bestimmen und eine Reihe von Entscheidungen zu blockieren, ohne dass nachgewiesen sei, dass diese Möglichkeit erforderlich sei, um den Wert von PT Portugal zu erhalten. Nach Auffassung des Gerichts besaß Altice somit ein Vetorecht gegen bestimmte Entscheidungen von PT Portugal, was dadurch bestätigt werde, dass Altice eine Entschädigung zustehe, wenn Oi dieser Verpflichtung nicht nachkomme.

167    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass, wie den Rn. 137 bis 139 des vorliegenden Urteils zu entnehmen ist, der Vollzug eines Zusammenschlusses im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 eintritt, sobald die Beteiligten eines Zusammenschlusses Handlungen vornehmen, die die Kontrolle über das Zielunternehmen dauerhaft verändern. Jeder teilweise Vollzug eines Zusammenschlusses fällt in den Anwendungsbereich dieser Vorschriften.

168    In diesem Zusammenhang wird die Kontrolle gemäß Art. 3 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründet, die die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben, insbesondere durch Rechte oder Verträge, die einen bestimmenden Einfluss auf die Zusammensetzung, die Beratungen oder Beschlüsse der Organe des Unternehmens gewähren.

169    Im vorliegenden Fall bestreitet Altice nicht, dass nach einer Klausel des in Rn. 109 des angefochtenen Urteils angeführten Art. 6 Abs. 1 des SPA viele Entscheidungen, die nicht nur die geschäftlichen Tätigkeiten und Strategien, sondern auch die Leitungsstruktur von PT Portugal betreffen, nur mit schriftlicher Zustimmung von Altice getroffen werden konnten. Sie bestreitet auch nicht, das Oi gemäß Art. 7 Abs. 1 des SPA verpflichtet war, sie für die ihr durch einen Verstoß gegen diese Klausel möglicherweise entstandenen Verluste zu entschädigen.

170    Somit ergibt sich erstens, dass das SPA eine vertragliche Verpflichtung von Oi vorsah, zu ihren Entscheidungen die schriftliche Zustimmung von Altice einzuholen, und diese Verpflichtung mit einer Vertragsstrafe, nämlich einer Entschädigungspflicht, bewehrte. Unter diesen Umständen hat das Gericht, soweit es befunden hat, dass diese Möglichkeit über das zur Wahrung des Werts von PT Portugal Erforderliche hinausgehe, rechtsfehlerfrei entschieden, dass das SPA Altice die Möglichkeit gewährt, auf die Tätigkeit von PT Portugal einen bestimmenden Einfluss auszuüben.

171    Insoweit kann die Argumentation von Altice keinen Erfolg haben, wonach nur die Möglichkeit, die Annahme wirksamer Entscheidungen des Zielunternehmens zu verhindern, das Bestehen eines Vetorechts widerspiegeln und damit das Bestehen eines bestimmenden Einflusses auf dieses Unternehmen belegen könne. Da diese Argumentation auf die Nrn. 18 und 54 der Konsolidierten Mitteilung zu Zuständigkeitsfragen gestützt wird, ist nämlich darauf hinzuweisen, dass diese Nummern die „gemeinsame Kontrolle“ und den „Erwerb der alleinigen Kontrolle“ betreffen und für die Zwecke der vorliegenden Rechtssache daher nicht einschlägig sind. Außerdem lässt nichts den Schluss zu, dass eine solche Bedingung von Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 139/2004 vorgeschrieben würde.

172    Was zweitens das Hilfsvorbringen betrifft, das SPA sei verfälscht worden, ist festzustellen, dass sich Altice damit in Wirklichkeit gegen die rechtliche Einstufung der in Rn. 169 des vorliegenden Urteils genannten vertraglichen Klauseln wendet, indem sie ihren Standpunkt wiederholt, dass kein „Vetorecht“ bestehe, wenn für bestimmte Entscheidungen lediglich eine vorherige Zustimmung einzuholen, anderenfalls eine Entschädigung zu leisten sei. Diese Argumentation vermag aus den Gründen, die bereits in den Rn. 170 und 171 des vorliegenden Urteils dargestellt worden sind, nicht zu überzeugen.

173    Drittens führt die in Rn. 163 des vorliegenden Urteils zusammengefasste Argumentation von Altice lediglich das in den Rn. 167 bis 171 des vorliegenden Urteils bereits geprüfte und zurückgewiesene Vorbringen fort und ist daher aus den gleichen Gründen wie die in diesen Randnummern wiedergegebene Argumentation zurückzuweisen, ohne dass ihre Zulässigkeit, die von der Kommission in Frage gestellt wird, geprüft zu werden braucht.

174    Folglich ist der vierte Rechtsmittelgrund in vollem Umfang als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum fünften Rechtsmittelgrund

–       Vorbringen der Parteien

175    Mit dem fünften Rechtsmittelgrund wendet sich Altice gegen die Schlussfolgerung des Gerichts, dass der Austausch von Informationen einen „Vollzug“ eines Zusammenschlusses im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 darstelle. Dieser Rechtsmittelgrund ist in zwei Teile gegliedert.

176    Mit dem ersten Teil des fünften Rechtsmittelgrundes macht Altice geltend, das Gericht habe in den Rn. 227 und 235 des angefochtenen Urteils den streitigen Beschluss verfälscht. In diesen Randnummern habe das Gericht nämlich ausgeführt, die Kommission habe festgestellt, dass der Austausch von Informationen bloß „zum Nachweis beitrug, dass [Altice] einen bestimmenden Einfluss auf bestimmte Aspekte der Tätigkeit von PT Portugal ausgeübt habe“. Im streitigen Beschluss, insbesondere in seinen Erwägungsgründen 470, 479 und 482 und seinem Abschnitt 4.2.2 werde aber klar ausgeführt, dass der Informationsaustausch für sich genommen einen Vollzug des Zusammenschlusses darstelle.

177    Mit dem zweiten Teil des fünften Rechtsmittelgrundes trägt Altice vor, das Gericht habe in Rn. 239 des angefochtenen Urteils Art. 1 der Verordnung Nr. 139/2004, die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) und Art. 101 AEUV verkannt, indem es befunden habe, dass der Informationsaustausch unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 erfolgt sei.

178    Im Wesentlichen wirft Altice dem Gericht vor, den Anwendungsbereich der letztgenannten Vorschriften so weit ausgedehnt zu haben, dass ein Informationsaustausch davon erfasst werde, der in den Anwendungsbereich von Art. 101 AEUV und der Verordnung Nr. 1/2003 fallen dürfte. Damit habe es das Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371, Rn. 57 und 59) verkannt. Indem das Gericht danach unterscheide, ob der Informationsaustausch im Rahmen eines Zusammenschlusses oder danach stattfinde, gelange es zu einem insofern widersinnigen Ergebnis, als dieser Austausch unter Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 falle, wenn er in Situationen erfolge, die zu einem Zusammenschluss führten, sich aber in eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV verwandle, wenn es letztlich zu keiner Veränderung der Kontrolle komme.

179    Außerdem habe das Gericht nicht erläutert, inwiefern der Informationsaustausch „erforderlich [war], um eine dauerhafte Veränderung der Kontrolle zu erreichen“ und inwiefern er „in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vollzug“ des Zusammenschlusses stehe, der erst mit dem Erwerb der Aktien von PT Portugal eingetreten sei. Somit falle er nicht unter Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004.

180    Die Kommission hält den vorliegenden Rechtsmittelgrund für nicht begründet.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

181    Erstens beruht das Vorbringen, mit dem eine Verfälschung des streitigen Beschlusses geltend gemacht wird, auf einer falschen und unvollständigen Betrachtung dieses Beschlusses.

182    Zwar hat die Kommission im streitigen Beschluss mehrdeutige Formulierungen verwendet, insbesondere im 470. Erwägungsgrund, wo von einer punktuellen Beurteilung die Rede ist, oder in den Erwägungsgründen 479 und 482, wo die getroffenen Feststellungen zusammengefasst werden. Diese Passagen sind jedoch im allgemeinen Kontext dieses Beschlusses zu betrachten. Aus den Erwägungsgründen 448, 473, 477 und 478 des streitigen Beschlusses geht jedoch eindeutig hervor, dass die Kommission den Informationsaustausch ausschließlich als Umstand berücksichtigt hat, der zu dem Nachweis beigetragen habe, dass Altice einen bestimmenden Einfluss auf PT Portugal ausgeübt habe.

183    Somit hat das Gericht den streitigen Beschluss nicht verfälscht, als es in den Rn. 227 und 235 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, dass die Kommission in diesem Beschluss zu dem Schluss gelangt sei, dass der Informationsaustausch zu dem Nachweis „beitrug“, dass Altice einen bestimmenden Einfluss ausgeübt habe.

184    Zweitens ist zu dem Vorbringen hinsichtlich der jeweiligen Anwendungsbereiche der Fusionskontrolle und des Kartellrechts darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus Art. 21 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 ergibt, diese Verordnung allein auf Zusammenschlüsse im Sinne ihres Art. 3 anwendbar ist, auf die die Verordnung Nr. 1/2003 grundsätzlich nicht anwendbar ist. Die letztgenannte Verordnung bleibt jedoch auf Verhaltensweisen von Unternehmen anwendbar, die zwar keinen Zusammenschluss im Sinne der Verordnung Nr. 139/2004 darstellen, aber gleichwohl zu einer gegen Art. 101 AEUV verstoßenden Koordinierung zwischen ihnen führen können und aus diesem Grund der Kontrolle durch die Kommission oder die nationalen Wettbewerbsbehörden unterliegen (Urteil vom 7. September 2017, Austria Asphalt, C‑248/16, EU:C:2017:643, Rn. 32 und 33, sowie vom 31. Mai 2018, Ernst & Young, C‑633/16, EU:C:2018:371, Rn. 56 und 57).

185    Folglich hat das Gericht, da – wie die Kommission und das Gericht festgestellt haben – nachgewiesen ist, dass der Informationsaustausch zum Vollzug des Zusammenschlusses beigetragen hat, in Rn. 239 des angefochtenen Urteils zutreffend entschieden, dass er in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 139/2004 fällt.

186    Drittens ist das Vorbringen, dass der Informationsaustausch für die Veränderung der Kontrolle nicht erforderlich sei bzw. ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Informationsaustausch und der Veränderung der Kontrolle fehle, aus den gleichen Gründen wie der dritte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

187    Folglich ist der fünfte Rechtsmittelgrund in vollem Umfang als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum sechsten Rechtsmittelgrund

188    Mit dem sechsten Rechtsmittelgrund wendet sich Altice im Wesentlichen gegen die Beurteilung der durch den streitigen Beschluss gegen sie verhängten Geldbußen durch das Gericht. Dieser Rechtsmittelgrund gliedert sich in vier Teile, von denen sich der zweite und der dritte teilweise überschneiden und daher zusammen zu prüfen sind.

 Erster Teil des Sechsten Rechtsmittelgrundes

–       Vorbringen der Parteien

189    Mit dem ersten Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes trägt Altice vor, dass die Rn. 155 und 279 bis 296 des angefochtenen Urteils mit einem Rechtsfehler behaftet seien, soweit darin zu Unrecht bestätigt werde, dass sie zumindest fahrlässig gehandelt habe, als sie gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verstoßen habe.

190    Altice ist der Ansicht, in der Rechtsprechung zu diesem Begriff „Fahrlässigkeit“ gebe es eine klare Wechselbeziehung zwischen Grad an Vorhersehbarkeit einer Verbotsvorschrift und der Verantwortlichkeit des Zuwiderhandelnden.

191    Erstens habe die Kommission mit dem streitigen Beschluss erstmals festgestellt, dass ein Zusammenschluss durch vor dem Vollzug geschlossene Vereinbarungen, die allerdings auf einer üblichen Praxis der Unternehmen beruhten, und einen Informationsaustausch im Zeitraum zwischen der Unterzeichnung des SPA und dem Vollzug der Transaktion vollzogen worden sei, obwohl keine Aktien des Zielunternehmens übertragen worden seien.

192    Zweitens sei, wie der Gerichtshof in den Rn. 38 und 39 des Urteils vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), anerkannt habe, die genaue Reichweite des Verbots des „Vollzugs“ eines Zusammenschlusses im Sinne von Art. 7 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht klar. Überdies habe das Gericht diesen Begriff vor diesem Urteil im Sinne von „vollständiger Vollzug des Zusammenschlusses“ ausgelegt.

193    Drittens habe Altice die Kommission bereits vor der Unterzeichnung des SPA von der Transaktion unterrichtet und Verpflichtungen angeboten, um Bedenken zu begegnen, durch diese Transaktion möglicherweise hervorgerufen würden.

194    Die Kommission hält dieses Vorbringen insgesamt für unbegründet.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

195    Gemäß Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 kann die Kommission Geldbußen wegen Zuwiderhandlungen auferlegen, die „vorsätzlich oder fahrlässig“ begangen worden sind.

196    Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn sich das betreffende Unternehmen über die Wettbewerbswidrigkeit seines Verhaltens nicht im Unklaren sein kann, gleichviel, ob ihm dabei bewusst ist, dass es gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstößt (vgl. entsprechend Urteile vom 18. Juni 2013, Schenker & Co. u. a., C‑681/11, EU:C:2013:404, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 156).

197    Erstens schließt entgegen dem Vorbringen von Altice und wie das Gericht in den Rn. 292 und 293 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden hat, der bloße Umstand, dass sich die Kommission und die Unionsgerichte zum Zeitpunkt einer Zuwiderhandlung noch nicht konkret zu einem bestimmten Verhalten geäußert haben, als solcher nicht aus, dass ein Unternehmen gegebenenfalls damit rechnen muss, dass sein Verhalten für mit den unionsrechtlichen Wettbewerbsregeln unvereinbar erklärt werden kann. Ein solcher Umstand ist somit nicht geeignet, das Unternehmen von seiner Verantwortung zu befreien (vgl. entsprechend Urteile vom 6. Dezember 2012, AstraZeneca/Kommission, C‑457/10 P, EU:C:2012:770, Rn. 164, und vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 43).

198    Zweitens kann sich Altice ebenso wenig auf den behaupteten Mangel an Klarheit der Bestimmungen in Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 berufen. Bestehen Zweifel in Bezug auf die Auslegung von Bestimmungen dieser Art, kann nämlich von einem umsichtigen Unternehmen verlangt werden, dass es die Kommission konsultiert, um sich der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens zu vergewissern, wie das Gericht in den Rn. 155 und 294 des angefochtenen Urteils entschieden hat. Dies gilt im vorliegenden Fall insofern erst recht, als sich aus den Tatsachenwürdigungen des Gerichts in Rn. 287 des angefochtenen Urteils, die vom Gerichtshof nicht zu überprüfen und im Übrigen auch nicht angegriffen worden sind, ergibt, dass Altice durchaus bewusst war, dass ihr Verhalten mit der Verordnung Nr. 139/2004 unvereinbar sein könnte.

199    Drittens wird mit dem Vorbringen, vor der Unterzeichnung des SPA habe es eine Unterrichtung ein Verpflichtungsangebot gegeben, vom Gerichtshof in Wirklichkeit eine erneute Beurteilung der tatsächlichen Frage erbeten, ob Altice fahrlässig gehandelt hat. Dieses Vorbringen ist daher im Rechtsmittelverfahren unzulässig.

200    Nach alledem ist der erste Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten und zum dritten Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes

–       Vorbringen der Parteien

201    Mit dem zweiten Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes macht Altice geltend, dass die Rn. 297 bis 362 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler aufwiesen sowie gegen Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstießen, soweit das Gericht darin zu dem Schluss gelangt sei, dass der streitige Beschluss hinreichend begründet sei, um zwei gesonderte kumulative Geldbußen von jeweils 62 250 000 Euro wegen Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 bzw. Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 zu verhängen.

202    Es sei rechtsfehlerhaft und widersprüchlich, einerseits anzunehmen, die Kommission dürfe zwei gesonderte Geldbußen verhängen, weil es sich um zwei gesonderte Zuwiderhandlungen handele, andererseits aber zuzulassen, dass die Kommission beide Geldbußen zusammen prüfe, da das geahndete Verhalten dasselbe sei. Dies führe zu einem Begründungsmangel bei der Festsetzung jeder der verhängten Geldbußen, was das Gericht hätte feststellen müssen.

203    Die Rn. 317 und 324 des angefochtenen Urteils erklärten nicht, warum die Verhängung zweier identischer Geldbußen wegen zweier angeblich gesonderter Zuwiderhandlungen aufgrund der Anwendung der in Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 vorgesehenen Kriterien verhältnismäßig sei.

204    Mit dem dritten Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes trägt Altice vor, das Gericht habe in den Rn. 320 bis 324 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft entschieden, dass Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 zur Verhängung zweier gesonderter Geldbußen in identischer Höhe wegen zweier Zuwiderhandlungen führen könne, die eigenständig sowie von unterschiedlicher Art, Schwere und Dauer seien.

205    Selbst unter der Annahme, dass Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 zwei unterschiedliche Pflichten begründeten – was nicht der Fall sei – sei festzustellen, dass Art und Schwere eines Verstoßes gegen die erstgenannte Vorschrift weniger schwerwiegend seien als eines Verstoßes gegen die letztgenannte Vorschrift. Die erstgenannte Vorschrift sehe nämlich eine einzige prozessuale Pflicht vor, deren Verletzung eine einmalige Zuwiderhandlung darstelle, während die letztgenannte Vorschrift weiter sei und zwei Pflichten enthalte, darunter die – wesentliche – Stillhaltepflicht, deren Verletzung fortgesetzt sei. Dieser Unterschied spiegele sich auch in den für die beiden Zuwiderhandlungen geltenden Verjährungsfristen wider.

206    Hinsichtlich der Dauer der Zuwiderhandlungen, die einmalig (ein Tag) bzw. fortgesetzt (vier Monate und elf Tage, d. h. 137) seien, habe das Gericht in den Rn. 324 und 343 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass zwischen ihnen kein Vergleich vorgenommen werden könne. Diese Schlussfolgerung sei jedoch nicht hinreichend begründet und weise außerdem einen Rechtsfehler auf, da sie durch keine Vorschrift der Verordnung Nr. 139/2004 untermauert werde.

207    Angesichts der unterschiedlichen Dauer ist Altice der Ansicht, dass unter der Annahme, dass eine Geldbuße von 62 250 000 Euro zu dem Verstoß gegen Art. 7 Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 in einem angemessenen Verhältnis stehe – was sie verneint –, eine Geldbuße, die in einem angemessenen Verhältnis zu dem Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung stehe, der nur einen Tag gedauert habe, 450 000 Euro nicht überschreiten dürfe.

208    Nach Ansicht der Kommission ist der zweite Teil unzulässig, da Altice ihre Argumentation nicht näher ausführe.

209    Jedenfalls sei dieser Teil auch unbegründet. Zum einen habe das Gericht in den Rn. 317 und 324 des angefochtenen Urteils klar und eindeutig erläutert, wie die Kommission der Art, der Schwere und der Dauer jeder dieser Zuwiderhandlungen gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 Rechnung getragen habe. Zum anderen habe die Kommission in der Rechtssache, in der das Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission (C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 98 bis 111), ergangen sei, bereits zwei gesonderte Geldbußen wegen Zuwiderhandlungen gegen Art. 4 Abs. 1 bzw. Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung verhängt und die Geldbußen zusammen geprüft. Weder das Gericht noch der Gerichtshof hätten gegen die gemeinsame Prüfung der Geldbußen Einwände gehabt. Jedenfalls gälten im vorliegenden Fall zahlreiche Gründe des streitigen Beschlusses für beide Geldbußen, während andere zwischen ihnen unterschieden.

210    Der dritte Teil ist nach Ansicht der Kommission unbegründet.

211    Erstens habe der Gerichtshof im Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission (C‑10/18 P, EU:C:2020:149), bereits anerkannt, dass die Verordnung Nr. 139/2004 als solche der Verhängung identischer Geldbußen für gleichzeitige Verstöße gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung nicht entgegenstehe.

212    Zweitens stellten diese Bestimmungen gleichermaßen grundlegende Pfeiler des Systems der Vorabkontrolle von Zusammenschlüssen der Union dar. Verstöße gegen die genannten Bestimmungen seien als ihrer Natur nach gleich schwer zu betrachten, da sie gemäß Art. 14 Abs. 2 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 139/2004 zu auf die gleiche Höhe begrenzte Geldbußen führen könnten, ohne dass der Gesetzgeber einen von ihnen als schwerer als den anderen eingestuft habe.

213    Drittens habe das Gericht in den Rn. 322 und 324 bis 343 des angefochtenen Urteils die Feststellung rechtlich hinreichend begründet, dass die Dauer der beiden Zuwiderhandlungen, von denen eine einmalig ohne Dauer und die andere fortgesetzt sei, nicht vergleichbar sei.

214    Viertens beruhe die von Altice berechnete Geldbuße von 450 000 Euro für den Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 auf der unzutreffenden Annahme, dass dieser Verstoß einen Tag gedauert habe. Da er keine Dauer habe und seiner Natur nach genauso schwer wiege wie ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung, spiegele eine Geldbuße dieser Höhe die Art und Schwere des Verstoßes nicht wider und habe keine ausreichende Abschreckungswirkung.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

215    Was die Zulässigkeit des zweiten Teils des sechsten Rechtsmittelgrundes betrifft, ist festzustellen, dass die Argumentation, auf die dieser Teil gestützt ist, zwar knapp ist, aus den Schriftsätzen von Altice aber gleichwohl klar hervorgeht und es der Kommission offenkundig ermöglicht hat, inhaltlich darauf zu antworten. Die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit ist daher zurückzuweisen.

216    In der Sache ist festzustellen, dass sich Altice mit dem zweiten und dem dritten Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes im Wesentlichen gegen die Rn. 314 bis 325 des angefochtenen Urteils wendet. Ihr Vorbringen bezieht sich zum einen auf die Würdigung durch das Gericht in Bezug auf die Begründungspflicht, der die Kommission unterliegt, wenn sie durch ein und denselben Beschluss zwei Geldbußen wegen Verstößen gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängt, und zum anderen auf die Möglichkeit der Kommission, beide Geldbußen in gleicher Höhe festzusetzen. Da diese beiden Fragen sich unterscheiden, sind sie nacheinander zu behandeln.

217    Was zum Ersten die Begründungspflicht betrifft, die im zweiten und im dritten Teil angeführt wird, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die in Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung von Rechtsakten der Unionsorgane der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrolle durchführen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, insbesondere des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses, das die Adressaten des Rechtsakts oder andere unmittelbar und individuell von ihm betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 63, sowie vom 10. März 2016, HeidelbergCement/Kommission, C‑247/14 P, EU:C:2016:149, Rn. 16).

218    Was insbesondere die Begründung einer Entscheidung anbelangt, mit der eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 oder Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängt wird, ist – wie bereits in Rn. 70 des vorliegenden Urteils ausgeführt – darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Art. 14 Abs. 3 dieser Verordnung bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße die Art, die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen hat.

219    In Ermangelung von Leitlinien, denen die Berechnungsmethode für die Festsetzung von Geldbußen nach Art. 14 der Verordnung Nr. 139/2004 zu entnehmen ist, genügt die Kommission außerdem ihrer Begründungspflicht, wenn sie die berücksichtigten Faktoren klar und eindeutig angibt; dabei ist sie jedoch nicht verpflichtet, bezifferte Angaben zur Berechnung der Geldbuße zu machen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).

220    In Anbetracht dieser Hinweise dürfte entgegen dem Vorbringen von Altice grundsätzlich nichts dagegensprechen, dass die Kommission die Geldbußen, die sie wegen Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 bzw. Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängt, in dem Sinne parallel prüft, dass sie sich gleichzeitig zur Art, Schwere und Dauer der beiden Verstöße äußert. Jedoch muss die Kommission in diesem Rahmen die Gründe, die die Geldbußen, die für den Verstoß gegen jede dieser Bestimmungen festgesetzt werden, rechtfertigen, unter Berücksichtigung der jeweiligen Art, Schwere und Dauer der festgestellten Zuwiderhandlungen darlegen.

221    Im vorliegenden Fall trifft es zu, dass die Kommission, wie das Gericht in den Rn. 319 bis 323 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, in den Erwägungsgründen 568 bis 599 des streitigen Beschlusses ihre Beurteilungen in Bezug auf Art, Schwere und Dauer der von Altice begangenen Zuwiderhandlungen und damit die bei der Festsetzung der Geldbußen berücksichtigten Umstände im Einzelnen dargestellt hat. In Anbetracht all dieser Umstände hat die Kommission, wie aus dem 621. Erwägungsgrund dieses Beschlusses hervorgeht, zwei Geldbußen in Höhe von jeweils 62 250 000 Euro festgesetzt.

222    Aus der Begründung des streitigen Beschlusses geht allerdings auch hervor, dass die Kommission zwar der Auffassung war, dass die beiden Zuwiderhandlungen von gleicher Art und Schwere seien, jedoch auch darauf hingewiesen hat, dass sie nach ihrer Dauer unterschiedlich seien, da eine von ihnen eine einmalige Zuwiderhandlung, die andere eine fortgesetzte Zuwiderhandlung sei. Festzustellen ist, dass die Kommission in keiner Weise erläutert hat, warum die beiden Zuwiderhandlungen trotz dieses Unterschieds mit Geldbußen in gleicher Höhe geahndet wurden. Mit anderen Worten hat sie nicht erläutert, warum dieser – gleichwohl bedeutende – Unterschied nicht zu einer Differenzierung der Höhe der beiden Geldbußen führte.

223    Unter diesen Umständen durfte das Gericht sich nicht darauf beschränken, in Rn. 324 des angefochtenen Urteils das Argument, die trotz ihrer unterschiedlichen Dauer identische Höhe der Geldbußen sei im angefochtenen Beschluss nicht hinreichend begründet worden, bloß deshalb zu verwerfen, weil „logischerweise kein Vergleich zwischen der Dauer einer fortgesetzten Zuwiderhandlung und einer einmaligen Zuwiderhandlung vorgenommen werden [kann], da die Letztere keine Dauer hat“, und anschließend in Rn. 325 dieses Urteils die Argumentation zur Verletzung der Begründungspflicht zurückzuweisen.

224    Das Gericht hat somit die Rüge der Verletzung der Begründungspflicht rechtsfehlerhaft zurückgewiesen.

225    Zu dem Gegenargument der Kommission, der Gerichtshof habe in der Rechtssache, in der das Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission (C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 98 bis 111), ergangen ist, eine ähnliche Begründung wie die des streitigen Beschlusses gutgeheißen, genügt der Hinweis, dass die Rechtsmittelführerin in dieser Rechtssache keine Rechtsmittelgründe geltend gemacht hatte, mit denen die Beurteilungen des Gerichts in Bezug auf die Berechnung der Geldbußen angegriffen wurden und somit weder diese Berechnung noch die Gründe dafür Gegenstand des Rechtsmittels beim Gerichtshof waren. Insbesondere war der Gerichtshof, wie sich aus Rn. 85 des genannten Urteils ergibt, nicht wirksam mit einem Rechtsmittelgrund befasst worden, der sich auf die Verhältnismäßigkeit der Geldbußen bezog.

226    Was zum Zweiten das Vorbringen betrifft, mit dem in Abrede gestellt wird, dass die Kommission überhaupt die Möglichkeit hat, für Verstöße gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 zwei Geldbußen in identischer Höhe zu verhängen, ist festzustellen, dass sich das Gericht in den Rn. 320 bis 324 des angefochtenen Urteils nicht speziell zu dieser Frage geäußert hat. Diese Frage betrifft nämlich die Stichhaltigkeit des streitigen Beschlusses, während die Rn. 320 bis 324 die Gründe betreffen, die zur Festsetzung des Betrags der verhängten Geldbußen führten.

227    Jedenfalls greift diese Argumentation nicht durch, da die Beurteilung der Höhe dieser Geldbußen im Rahmen einer Beurteilung anhand der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der in Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 genannten Kriterien der Schwere, der Art und der Dauer der Zuwiderhandlungen zu erfolgen hat. Daher kann nicht allgemein gesagt werden, dass Geldbußen, die durch ein und denselben Beschluss wegen gleichzeitiger Verstöße gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung verhängt werden, nie ihrer Höhe nach identisch sein könnten.

228    Allerdings ist erforderlich, dass es unter den besonderen Umständen eines Einzelfalls in Anbetracht der von der Kommission dargelegten Gründe gerechtfertigt ist, wegen solcher Verstöße zwei Geldbußen in gleicher Höhe zu verhängen.

229    Vor dem Gericht hat Altice konkret geltend gemacht, dass die Kommission für Zuwiderhandlungen unterschiedlicher Dauer nicht Geldbußen gleicher Höhe verhängen dürfe. Insoweit vermag der bloße Umstand, dass eine einmalige und eine fortgesetzte Zuwiderhandlung hinsichtlich ihrer Dauer nicht verglichen werden können – unter der Annahme, er trifft zu –, diese Argumentation nicht zu beantworten. In Anbetracht des Vorbringens von Altice hätte das Gericht überprüfen müssen, ob die verhängte Geldbuße unter Berücksichtigung der einmaligen Wirkung des Verstoßes gegen die Anmeldepflicht verhältnismäßig war. Das Gericht hat diese Beurteilung jedoch unterlassen, indem es sich in Rn. 343 des angefochtenen Urteils darauf beschränkte, auf die fehlende Vergleichbarkeit der beiden Zuwiderhandlungen zu verweisen.

230    Nach alledem ist dem zweiten und dem dritten Rechtsmittelgrund stattzugeben.

 Zum vierten Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes

231    Mit dem vierten Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes wirft Altice dem Gericht vor, nicht auf die Verhältnismäßigkeit der beiden Geldbußen geachtet zu haben, die unter Missachtung der aus Rn. 39 des Urteils vom 3. April 2019, Powszechny Zakład Ubezpieczeń na Życie (C‑617/17, EU:C:2019:283), hervorgegangen Rechtsprechung in ein und demselben Beschluss wegen desselben Sachverhalts gegen sie verhängt worden seien. Diese beiden Geldbußen seien auch nachdem das Gericht die wegen Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängte Geldbuße in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung herabgesetzt habe, in dem Maße überhöht, dass sie unverhältnismäßig seien.

232    Da in Rn. 230 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, dass das Gericht bei der Prüfung der von der Kommission wegen des Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängten Geldbuße Rechtsfehler begangen hat, die sich auf die Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auswirken konnten, braucht über den vorliegenden Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes nicht mehr entschieden zu werden.

233    Nach alledem ist dem zweiten und dem dritten Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes stattzugeben und dieser Rechtsmittelgrund im Übrigen zurückzuweisen.

234    Folglich ist das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit in Nr. 2 des Tenors die Klage auf Nichtigerklärung von Art. 4 des streitigen Beschlusses abgewiesen und in Nr. 1 des Tenors die durch diese Bestimmung verhängte Geldbuße neu festgesetzt wurde.

 Zur Klage vor dem Gericht

235    Nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof im Fall einer Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn er zur Entscheidung reif ist.

236    Dies ist in der vorliegenden Rechtssache der Fall, da der Gerichtshof über alle erforderlichen Angaben verfügt, um über die Klage zu entscheiden.

237    Zunächst ist hinsichtlich des Umfangs der Kontrolle durch den Gerichtshof darauf hinzuweisen, dass das angefochtene Urteil, wie sich aus Rn. 234 des vorliegenden Urteils ergibt, nur aufgehoben wird, soweit in Nr. 2 seines Tenors die Klage auf Nichtigerklärung von Art. 4 des streitigen Beschlusses abgewiesen und in Nr. 1 seines Tenors die durch diese Bestimmung verhängte Geldbuße neu festgesetzt wurde. Daher hat der Gerichtshof den Rechtsstreit nur zu prüfen, soweit er den Antrag auf Nichtigerklärung dieses Art. 4 des streitigen Beschlusses und den Antrag auf Herabsetzung der wegen des Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängten Geldbuße betrifft (vgl. entsprechend Urteil vom 18. März 2021, Pometon/Kommission, C‑440/19 P, EU:C:2021:214, Rn. 157).

238    Was als Erstes den Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 4 des streitigen Beschlusses betrifft, ergibt sich aus den in den Rn. 221 und 222 des vorliegenden Urteils ausgeführten Gründen, dass dieser Beschluss in Bezug auf den Betrag der wegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängten Geldbuße unzureichend begründet ist.

239    Somit ist dem Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 4 des streitigen Beschlusses stattzugeben.

240    Daher ist als Zweites gemäß der dem Gerichtshof durch Art. 261 AEUV und Art. 16 der Verordnung Nr. 139/2004 zuerkannten Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung über den Betrag der Geldbuße zur entscheiden, die Altice wegen der in Art. 2 des streitigen Beschlusses festgestellten Zuwiderhandlung, d. h. des Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 aufzuerlegen ist (vgl. entsprechend Urteile vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 87).

241    In dieser Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof, da er nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 seiner Satzung endgültig über den Rechtsstreit entscheidet, im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen kann (Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 88 und die dort angeführte Rechtsprechung).

242    Wie sich aus Rn. 70 des vorliegenden Urteils ergibt, kann ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 gemäß Art. 14 Abs. 2 Buchst. a und Abs. 3 dieser Verordnung mit einer Geldbuße geahndet werden, deren Höhe unter Berücksichtigung der Art, der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung bis zur Obergrenze von 10% des von dem Unternehmen erzielten Gesamtumsatzes festzusetzen ist.

243    Im vorliegenden Fall macht sich der Gerichtshof erstens die im 577. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses enthaltenen Beurteilungen der Kommission zu eigen, wonach der von Altice begangene Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 seiner Art nach schwerwiegend ist.

244    Was zweitens die Schwere dieser Zuwiderhandlung betrifft, steht im Licht der Rn. 195 bis 200 des vorliegenden Urteils fest, dass diese zumindest fahrlässig begangen wurde. Außerdem ist angesichts der Beurteilungen in den Erwägungsgründen 587 bis 593 des streitigen Beschlusses, die sich der Gerichtshof ebenfalls zu eigen macht, unstreitig, dass die fragliche Transaktion ernsthafte Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt aufwarf. Es ist jedoch der vom Gericht in den Rn. 364 bis 367 des angefochtenen Urteils hervorgehobene Umstand zu berücksichtigen, dass Altice die Kommission deutlich vor Unterzeichnung des SPA von sich aus über den Zusammenschluss unterrichtet hat und drei Tage nach der Unterzeichnung bei der Kommission beantragt hat, ein mit der Bearbeitung ihres Dossiers betrautes Team zu benennen.

245    Drittens ist zu der Dauer des Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 darauf hinzuweisen, dass dieser eine einmalige Zuwiderhandlung darstellt (Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 115), was im vorliegenden Fall nicht in Abrede gestellt wird.

246    Unter diesen Umständen ist die gegen Altice wegen des in Art. 2 des streitigen Beschlusses festgestellten Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängte Geldbuße nach einer angemessenen Würdigung sämtlicher Umstände des konkreten Falls auf 52 912 500 Euro festzusetzen. Dieser Betrag steht in einem angemessenen Verhältnis zu der Art, der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung und bleibt dabei hinreichend abschreckend.

247    Entgegen dem Vorbringen von Altice bleibt dieser Betrag verhältnismäßig, selbst wenn er mit der wegen des Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängten Geldbuße kumuliert wird. In Anbetracht der Feststellungen des Gerichts in Rn. 340 des angefochtenen Urteils, die vor dem Gerichtshof nicht in Frage gestellt worden sind, und des Umstands, dass sich Altice nicht auf aktualisierte Daten beruft, ist nämlich darauf hinzuweisen, dass die beiden Geldbußen zusammengerechnet unter 0,5% des Umsatzes von Altice für das Jahr 2017 bleiben.

248    Nach alledem wird die gegen Altice wegen der in Art. 2 des streitigen Beschlusses festgestellten Zuwiderhandlung verhängte Geldbuße auf 52 912 500 Euro festgesetzt.

 Kosten

249    Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet er über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.

250    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Ferner sieht Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 ebenfalls auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, vor, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Der Gerichtshof kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint.

251    Da im vorliegenden Fall ein einziger der sechs Rechtsmittelgründe und ein einziger der fünf Nichtigkeitsklagegründe – nur teilweise – Erfolg hat, ist zu entscheiden, dass Altice neben ihren eigenen Kosten fünf Sechstel der Kosten trägt, der Kommission in diesen beiden Verfahren entstanden sind.

252    Nach Art. 184 Abs. 4 der Verfahrensordnung können einer erstinstanzlichen Streithilfepartei, wenn sie das Rechtsmittel nicht selbst eingelegt hat, im Rechtsmittelverfahren nur dann Kosten auferlegt werden, wenn sie am schriftlichen oder mündlichen Verfahren vor dem Gerichtshof teilgenommen hat. Nimmt eine solche Partei am Verfahren teil, so kann der Gerichtshof ihr ihre eigenen Kosten auferlegen. Da der Rat als Streithelfer im ersten Rechtszug am schriftlichen Verfahren vor dem Gerichtshof teilgenommen hat, sind ihm seine eigenen durch das Rechtsmittelverfahren und das Verfahren im ersten Rechtszug entstandenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Nr. 1 des Tenors des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 22. September 2021, Altice Europe/Kommission (T425/18, EU:T:2021:607), wird aufgehoben.

2.      Nr. 2 des Tenors des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 22. September 2021, Altice Europe/Kommission (T425/18, EU:T:2021:607), wird aufgehoben, soweit der Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 4 des Beschlusses C(2018) 2418 final der Kommission vom 24. April 2018 zur Verhängung einer Geldbuße wegen des Vollzugs eines Zusammenschlusses unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 (Sache M.7993 – Altice/PT Portugal) zurückgewiesen wurde.

3.      Im Übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.

4.      Art. 4 des Beschlusses C(2018) 2418 final wird für nichtig erklärt.

5.      Die gegen die Altice Group Lux Sàrl wegen der in Art. 2 des Beschlusses C(2018) 2418 final festgestellten Zuwiderhandlung verhängte Geldbuße wird auf 52 912 500 Euro festgesetzt.

6.      Altice trägt neben ihren eigenen Kosten fünf Sechstel der Kosten, die der Europäischen Kommission im ersten Rechtszug und im Rechtsmittelverfahren entstanden sind.

7.      Die Europäische Kommission trägt ein Sechstel ihrer eigenen im ersten Rechtszug und im Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten.

8.      Der Rat der Europäischen Union trägt seine eigenen im ersten Rechtszug und im Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.