Language of document : ECLI:EU:C:2023:967

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

ANTHONY COLLINS

vom 7. Dezember 2023(1)

Rechtssache C547/22

INGSTEEL spol. s. r. o.

gegen

Úrad pre verejné obstarávanie

(Vorabentscheidungsersuchen des Okresný súd Bratislava II [Bezirksgericht Bratislava II, Slowakei])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Öffentliches Auftragswesen – Nachprüfungsverfahren – Richtlinie 89/665/EWG – Außervertragliche Haftung der Mitgliedstaaten – Schadensersatzklage eines erfolglosen Bieters wegen Verstoßes gegen Unionsrecht – Quantifizierung – Entgangener Gewinn – Verlust einer Chance“






 I.      Einleitung

1.        Sind Mitgliedstaaten nach Unionsrecht verpflichtet, eine auf den Verlust einer Chance gestützte Schadensersatzklage eines rechtswidrig von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossenen Bieters zuzulassen, wenn dieses Verfahren abgeschlossen und ein Vertrag mit dem erfolgreichen Bieter geschlossen wurde? Bei der Beantwortung dieser Frage wird der Gerichtshof darüber befinden müssen, ob die Gewährung von Schadensersatz, die Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge(2) thematisiert, der Regelung durch Gesetze der Mitgliedstaaten unterliegt. Wird dies bejaht, wird der Gerichtshof prüfen müssen, welche Folgen sich daraus ergeben, dass diese Gesetze mit dem Effektivitätsgrundsatz vereinbar sein müssen.

 II.      Rechtlicher Rahmen

 A.      Unionsrecht

2.        Die Erwägungsgründe der Richtlinie 89/665 führen u. a. Folgendes aus:

„Der Umstand, dass in einigen Mitgliedstaaten keine wirksamen oder nur unzulängliche Nachprüfungsverfahren bestehen, hält die Unternehmen der Gemeinschaft davon ab, sich um Aufträge in dem Staat des jeweiligen öffentlichen Auftraggebers zu bewerben. Deshalb müssen die betreffenden Mitgliedstaaten Abhilfe schaffen.

In allen Mitgliedstaaten müssen geeignete Verfahren geschaffen werden, um die Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen und die Entschädigung der durch einen Verstoß Geschädigten zu ermöglichen.“

3.        Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 der Richtlinie 89/665 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass hinsichtlich der in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/24/EU beziehungsweise der Richtlinie 2014/23/EU fallenden Aufträge oder Konzessionen die Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber wirksam … überprüft werden können …“

4.        Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665 sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Nachprüfungsverfahren entsprechend den gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten festzulegenden Bedingungen zumindest jeder Person zur Verfügung stehen, die ein Interesse an einem bestimmten Auftrag hat oder hatte und der durch einen behaupteten Verstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht.“

5.        Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass für die in Artikel 1 genannten Nachprüfungsverfahren die erforderlichen Befugnisse vorgesehen werden, damit

c)      denjenigen, die durch den Verstoß geschädigt worden sind, Schadensersatz zuerkannt werden kann.“

 B.      Slowakisches Recht

6.        Nach § 3 Abs. 1 Buchst. a des Zákon č. 514/2003 Z. z. o zodpovednosti za škodu spôsobenú pri výkone verejnej moci (Gesetz Nr. 514/2003 über die Haftung für in Ausübung der öffentlichen Gewalt verursachte Schäden, im Folgenden: Gesetz Nr. 514/2003) haftet der Staat für Schäden, die durch eine rechtswidrige Entscheidung einer Behörde verursacht worden sind.

7.        Gemäß § 5 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 514/2003 hat die Partei eines Verfahrens, die durch die in diesem Verfahren getroffene rechtswidrige Entscheidung einen Schaden erlitten hat, Anspruch auf Schadensersatz.

8.        § 17 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 514/2003 bestimmt, dass der tatsächliche Schaden und der entgangene Gewinn zu ersetzen sind, soweit nicht eine besondere Regelung etwas anderes bestimmt.

9.        § 442 Abs. 1 des Zákon č. 40/1964 Zb. Občiansky zakonnik (Gesetz Nr. 40/1964, Bürgerliches Gesetzbuch) sieht vor, dass bei Schadensersatzklagen der tatsächliche Schaden und der entgangene Gewinn ersetzt werden.

10.      Der Zákon č. 25/2006 Z. z. o verejnom obstarávaní (Gesetz Nr. 25/2006 über das öffentliche Auftragswesen) enthält offenbar keine spezifischen Bestimmungen über Schadensersatzklagen, die im Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher Aufträge erhoben werden.

 III.      Ausgangsverfahren, Vorabentscheidungsersuchen und Verfahren vor dem Gerichtshof

11.      Im Jahr 2013 veröffentlichte der Slowakische Fußballverband eine Ausschreibung für die Vergabe eines Auftrags über den Bau, die Rekonstruktion und die Modernisierung von Fußballstadien. An diesem Vergabeverfahren beteiligte sich INGSTEEL spol s.r.o. (im Folgenden: Ingsteel), ein im Bausektor tätiges Unternehmen. Der Slowakische Fußballverband schloss Ingsteel mit der Begründung von diesem Verfahren aus, dass dieses Unternehmen nicht die Anforderungen an eine finanzielle und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Sinne der Ausschreibung erfülle. Ingsteel erhob daraufhin Klage, mit der sie die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung in Frage stellte. Im Lauf dieses Klageverfahrens richtete das Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberstes Gericht der Slowakischen Republik) an den Gerichtshof ein Ersuchen um Vorabentscheidung.

12.      In seinem Urteil vom 13. Juli 2017, Ingsteel und Metrostav (C‑76/16, EU:C:2017:549), entschied der Gerichtshof, dass die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge(3) dahin auszulegen ist, dass, wenn in einer Ausschreibung die Vorlage einer von einer Bank ausgestellten Bescheinigung verlangt wird, wonach diese sich verpflichtet, dem Bieter ein Darlehen zu gewähren, und die vom Bieter angesprochenen Banken die Vorlage einer solchen Bescheinigung ablehnen, dieser Bieter seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit auf andere geeignete Weise nachweisen kann. Angesichts dieses Urteils des Gerichtshofs kam der Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberstes Gericht der Slowakischen Republik) zu dem Schluss, dass die Entscheidung über den Ausschluss von Ingsteel rechtswidrig sei, und hob diese Entscheidung auf. Dieses Gericht verwies die Sache sodann an die Úrad pre verejné obstarávanie (Behörde für das öffentliche Auftragswesen, Slowakei) zur Vornahme geeigneter Maßnahmen.

13.      Da das Vergabeverfahren bereits beendet worden war und der öffentliche Auftraggeber mit dem erfolgreichen Bieter einen Rahmenvertrag geschlossen hatte, erhob Ingsteel gegen Úrad pre verejné obstarávanie (Behörde für das öffentliche Auftragswesen) Klage und begehrte u. a. Schadensersatz dafür, dass dem Unternehmen die Chance entgangen sei, sich in dem Vergabeverfahren als erfolgreicher Bieter zu behaupten. Ingsteel machte geltend, dass der Verlust einer Chance und der entgangene Gewinn zwei unterschiedliche Schadensposten seien. Nach slowakischem Recht sei der Beweismaßstab für den Nachweis der hinreichenden Vorhersehbarkeit eines Schadens bei auf den Verlust einer Chance gestützten Klagen offenbar niedriger als bei Klagen wegen entgangenen Gewinns.

14.      Die Úrad pre verejné obstarávanie (Behörde für das öffentliche Auftragswesen) vertritt die Auffassung, dass der Schadensersatzanspruch von Ingsteel hypothetischer Natur sei. Es habe keine Garantie dafür bestanden, dass Ingsteel als erfolgreicher Bieter ausgewählt worden wäre oder dass, wenn Ingsteel ausgewählt worden wäre, der öffentliche Auftraggeber mit Ingsteel einen Vertrag geschlossen hätte.

15.      Für das Okresný súd Bratislava II (Bezirksgericht Bratislava II, Slowakei) stellt sich die Frage, ob es gemäß der Richtlinie 89/665 verpflichtet ist, eine Klage eines Bieters auf Ersatz des wegen des Verlusts einer Chance entstandenen Schadens zuzulassen, wenn ein Gericht die Entscheidung, diesen Bieter von einem Verfahren auszuschließen, das zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags führte, aufgehoben und der öffentliche Auftraggeber den Auftrag an einen anderen Bieter vergeben hat. Es hat beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Kann davon ausgegangen werden, dass es mit Art. 2 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 2 Abs. 6 und 7 der Richtlinie 89/665 vereinbar ist, dass ein nationales Gericht, das über eine Klage auf Ersatz des Schadens entscheidet, der einem rechtswidrig von einem öffentlichen Vergabeverfahren ausgeschlossenen Bieter entstanden ist, in der Weise vorgeht, dass es die Gewährung von Schadensersatz für entgangene Chancen (loss of opportunity) ablehnt?

2.      Kann davon ausgegangen werden, dass es mit Art. 2 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 2 Abs. 6 und 7 der Richtlinie 89/665 vereinbar ist, dass ein nationales Gericht, das über eine Klage auf Ersatz des Schadens entscheidet, der einem rechtswidrig von einem öffentlichen Vergabeverfahren ausgeschlossenen Bieter entstanden ist, in der Weise vorgeht, dass es den aufgrund des Verlusts der Möglichkeit, an der öffentlichen Ausschreibung teilzunehmen, entgangenen Gewinn nicht als Bestandteil des Schadensersatzanspruchs betrachtet?

16.      Die Úrad pre verejné obstarávanie (Behörde für das öffentliche Auftragswesen), die tschechische, die französische und die slowakische Regierung und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen abgegeben. In der Sitzung vom 20. September 2023 haben die tschechische und die österreichische Regierung sowie die Kommission mündliche Ausführungen gemacht und Fragen des Gerichtshofs beantwortet.

 IV.      Würdigung

 A.      Zulässigkeit

17.      Die Úrad pre verejné obstarávanie (Behörde für das öffentliche Auftragswesen) macht zwei Gründe geltend, weshalb der Gerichtshof das Vorabentscheidungsersuchen für unzulässig erklären sollte. Erstens sei Ingsteel, da dieses Unternehmen zusammen mit Metrostav a.s., die nicht Partei des Verfahrens vor dem vorlegenden Gericht sei, an dem Vergabeverfahren teilgenommen habe, zur Erhebung einer Schadensersatzklage nicht klagebefugt. Zweitens könne Ingsteel, da dieses Unternehmen ursprünglich Klage auf Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns und nicht wegen des Verlusts einer Chance erhoben habe, in diesem Verfahrensabschnitt vor dem vorlegenden Gericht diesen Klageanspruch nicht geltend machen.

18.      Auch die slowakische Regierung hegt insoweit Zweifel an der Zulässigkeit der Fragen, als das vorlegende Gericht nach ihrer Ansicht den Gerichtshof offenbar um Beantwortung der Frage ersucht, ob der Schadensersatzklage von Ingsteel stattgegeben werden solle. Sowohl die Úrad pre verejné obstarávanie (Behörde für das öffentliche Auftragswesen) als auch die slowakische Regierung weisen darauf hin, dass es allein Sache des vorlegenden Gerichts sei, in der Sache über die Klage von Ingsteel zu entscheiden.

19.      Nach ständiger Rechtsprechung ist es im Rahmen der durch Art. 267 AEUV geschaffenen Zusammenarbeit allein Sache des nationalen Gerichts, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, anhand der Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm von einem nationalen Gericht vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Unionsrechts betreffen(4). Der Gerichtshof kann die Beantwortung einer Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur ablehnen, wenn die Auslegung des Unionsrechts, um die er ersucht wird, offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind(5).

20.      Mit den Fragen des vorlegenden Gerichts wird um eine Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 89/665 ersucht. In Anbetracht des Sachverhalts der Rechtssache ist es nicht ersichtlich, dass die Fragen hypothetisch wären, die das Vorabentscheidungsersuchen hinsichtlich der Zulässigkeit von Schadensersatzklagen wegen des Verlusts der Chance, einen öffentlichen Vertrag zu schließen, aufwirft. Es obliegt dem vorlegenden Gericht, darüber zu befinden, ob Ingsteel nach nationalem Recht zur Erhebung einer Schadensersatzklage wegen des Verlusts einer Chance befugt ist und ob sich aus der Art und Weise, mit der dieses Unternehmen seinen Klageanspruch geltend gemacht hat, gegebenenfalls Folgen ergeben. Ich schlage daher dem Gerichtshof vor, die Einwände gegen die Zulässigkeit der vorgelegten Fragen zurückzuweisen.

 B.      Beantwortung der Vorlagefragen

 1.      Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

21.      Die Úrad pre verejné obstarávanie (Behörde für das öffentliche Auftragswesen), die österreichische, die tschechische, die französische und die slowakische Regierung tragen vor, dass die Kriterien der Prüfung von Schäden, die sich aus der Verletzung von Unionsrecht in einem zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags führenden Verfahren ergäben, nach dem innerstaatlichen Recht eines jeden Mitgliedstaats zu bestimmen seien. Diese Verfahrensbeteiligten erkennen auch an, dass solche nationale Regeln dem Äquivalenz- und dem Effektivitätsgrundsatz entsprechen müssten. Da die Richtlinie 89/665 lediglich eine Mindestharmonisierung vorsehe, enthalte sie keine Richtschnur bezüglich der Kriterien, die nationale Gerichte hierbei zu berücksichtigen hätten. Deshalb verpflichte die Richtlinie 89/665 die Mitgliedstaaten nicht, für den Verlust der Chance der Vergabe eines öffentlichen Auftrags einen auf Schadensersatz gerichteten Rechtsbehelf vorzusehen.

22.      Die tschechische Regierung vertritt die Auffassung, der Begriff des Schadens im Sinne der Richtlinie 89/665 sei kein autonomer Begriff des Unionsrechts. Die französische Regierung schließt sich dieser Ansicht an. Sie trägt vor, die von ihr vertretene Lösung stehe mit der Rechtsprechung zur mitgliedstaatlichen außervertraglichen Haftung für einen Verstoß gegen Unionsrecht im Einklang, wonach der Umfang der Entschädigung und die Regelungen zur Beurteilung eines jeden durch einen solchen Verstoß entstandenen Verlusts oder Schadens von den Gesetzen eines jeden Mitgliedstaats bestimmt würden.

23.      Die Úrad pre verejné obstarávanie (Behörde für das öffentliche Auftragswesen) stimmt mit Ingsteel darin überein, dass entgangener Gewinn und entgangene Chance sich konzeptuell unterschieden, wobei Letztere in dem Verlust der Aussichten auf Erteilung des Zuschlags für einen öffentlichen Auftrag bestehe(6). Sie macht geltend, dass nach slowakischem Recht ein rechtswidrig ausgeschlossener Bieter, der nachweisen könne, dass er echte und hinreichend gute Aussichten auf die Erteilung des Zuschlags für einen öffentlichen Auftrag gehabt habe, Schadensersatz für diese entgangene Chance erlangen könne. Dagegen vertreten die tschechische und die slowakische Regierung die Auffassung, dass der Verlust einer Chance als eine besondere Form eines entgangenen Gewinns angesehen werden müsse. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Begriffen liege in den Anforderungen an das Beweismaß, das für den Nachweis des Vorliegens eines Schadens und bei dem zu gewährenden Schadensersatz zu beachten sei.

24.      Die österreichische, die tschechische und die slowakische Regierung tragen vor, dass sich die Rechtsprechung zur außervertraglichen Haftung der Europäischen Union im Bereich des öffentlichen Vergabewesens, obwohl sie eine gewisse Richtschnur vorgeben könne, nicht auf die Anwendung der Richtlinie 89/665 übertragen lasse. Während die Unionsgerichte in einigen Fällen Bietern, die von Unionsorganen rechtswidrig vom Vergabeverfahren ausgeschlossen worden seien, Schadensersatz für die entgangene Chance gewährt hätten, hätten die Unionsgerichte in den meisten Fällen solche Klagen mit der Begründung abgewiesen, dass die Gewährung von Schadensersatz voraussetze, dass jede entgangene Chance tatsächlich gegeben und nicht nur hypothetisch sei.

25.      Die Kommission trägt vor, dass Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 89/665, obwohl er die Mitgliedstaaten dazu verpflichte, vorzusehen, dass Personen, die durch einen Verstoß gegen Vorschriften des Unionsrechts für die öffentliche Auftragsvergabe einen Schaden erlitten hätten, Schadensersatz gewährt werde, nicht detailliert die Bedingungen regele, wie diesem Erfordernis zu entsprechen sei. Da die Richtlinie 89/665 eine Mindestharmonisierung vorsehe, bleibe es den Mitgliedstaaten unbenommen, denjenigen Personen in einem höheren Maß Schutz zu gewähren, die durch einen Verstoß gegen Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe einen Schaden erlitten hätten. Es sei Sache eines jeden Mitgliedstaats, im Einklang mit dem Grundsatz der Verfahrensautonomie detaillierte Regeln für Maßnahmen zur Wahrung von Rechten festzulegen, die Einzelnen aus dem Unionsrecht erwüchsen, vorausgesetzt, diese Regeln entsprächen den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität. Da die Richtlinie 89/665 zum Ziel habe, sicherzustellen, dass es wirksame Nachprüfungsverfahren gebe, um zu gewährleisten, dass die den Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe zugrunde liegenden Grundsätze beachtet würden und letztlich der Binnenmarkt gewahrt bleibe, sei der Effektivitätsgrundsatz bei der Antwort auf diese Vorlage von zentraler Bedeutung.

26.      Nach Ansicht der Kommission ist es im Verfahren vor dem vorlegenden Gericht nicht mehr möglich, die dem Vergabeverfahren anhaftende Rechtswidrigkeit zu beheben, da der öffentliche Auftraggeber bereits mit einem anderen Bieter einen Rahmenvertrag geschlossen habe. In einem solchen Fall stehe einem Bieter, der infolge dieser Rechtswidrigkeit einen Verlust erlitten habe, als einzig wirksame Abhilfe die Gewährung von Schadensersatz zur Verfügung. Nationale Gesetze, die nicht die Möglichkeit eröffneten, Schadensersatz dafür zu fordern, dass aufgrund dieser Rechtswidrigkeit keine Aussichten auf die Erteilung des Zuschlags mehr bestanden, verwehrten Ingsteel den Zugang zu einem wirksamen Rechtsbehelf, was der Richtlinie 89/665 zuwiderlaufe.

 2.      Würdigung

27.      Die am Verfahren vor dem Gerichtshof Beteiligten stimmen darin überein, dass die Fragen des vorlegenden Gerichts mit einer einzigen Antwort beantwortet werden sollten. Da einiges für diese Auffassung spricht, schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen des vorlegenden Gerichts in der Weise umzuformulieren, dass danach gefragt wird, ob es Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 89/665 entgegensteht, wenn ein nationales Gericht so verfährt, dass es einem Bieter, der rechtswidrig von einem von dieser Richtlinie erfassten Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossen wurde, verwehrt, für den Verlust der Aussichten auf Erteilung des Zuschlags für diesen Auftrag Schadensersatz zu beanspruchen. Obwohl das vorlegende Gericht in seiner an den Gerichtshof gerichteten Frage davon ausgeht, dass Art. 2 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art 2 Abs. 6 und 7 der Richtlinie 89/665 zu sehen sei, enthält das Vorabentscheidungsersuchen keinen Hinweis, welchen Einfluss diese letztgenannten Bestimmungen – wenn überhaupt ein solcher Einfluss bestehen sollte – auf die gestellten Fragen haben. Ebenso wenig wird in der Vorlageentscheidung ausgeführt, ob die Slowakische Republik von der in Art. 2 Abs. 6 der Richtlinie 89/665 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, wonach ein Gericht eine Entscheidung, deren Rechtswidrigkeit gerügt wird, erst aufheben muss, bevor die Gewährung von Schadensersatz beansprucht werden kann(7). Auch Art. 2 Abs. 7 der Richtlinie 89/665, wonach sich die Wirkungen der Ausübung der in Art. 2 Abs. 1 dieser Richtlinie genannten Befugnisse auf den nach der Zuschlagsentscheidung geschlossenen Vertrag nach dem einzelstaatlichen Recht richten, ist augenscheinlich nur am Rande von Bedeutung(8). Keine der Verfahrensbeteiligten, die vor dem Gerichtshof schriftliche oder mündliche Erklärungen abgegeben haben, haben auf Art. 2 Abs. 6 oder Abs. 7 der Richtlinie 89/665 Bezug genommen oder dazu Argumente vorgetragen. Deshalb vertrete ich die Auffassung, dass es der Relevanz der umformulierten Frage keinen Abbruch tut, wenn diese Bestimmungen nicht berücksichtigt werden.

28.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs folgt in der Regel aus dem Erfordernis einer einheitlichen Anwendung des Unionsrechts, dass ein bestimmter Begriff, außer wenn eine unionsrechtliche Bestimmung einen Rechtsbegriff unter Bezugnahme auf das Recht der Mitgliedstaaten beschreibt, einer autonomen und einheitlichen Auslegung zugeführt werden muss. Diese Auslegung muss unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Kontexts der in Rede stehenden Vorschrift sowie des mit der Regelung, zu der diese Vorschrift gehört, verfolgten Ziels ermittelt werden(9).

29.      In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass dieser Lösungsansatz nicht in allen Fällen Anwendung findet. Hierzu vertreten einige Mitgliedstaaten die Auffassung, dass der Begriff des Schadens im Sinne der Richtlinie 89/665 kein autonomer unionsrechtlicher Begriff sei. Ich stimme dieser Ansicht aus den nachfolgend dargestellten Gründen zu.

30.      Aus Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 89/665 geht klar hervor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass in Nachprüfungsverfahren Befugnisse vorgesehen werden, damit denjenigen, die durch einen Verstoß geschädigt worden sind, Schadensersatz zuerkannt werden kann. Diese Vorschrift beschreibt den Schadensersatz aber nicht inhaltlich und gibt auch keine Richtschnur vor, wie dieser geprüft werden sollte(10). Ebenso wenig regelt diese Vorschrift, unter welchen Voraussetzungen eine ausschreibende Behörde schadensersatzpflichtig sein kann, noch regelt sie, wie die Höhe des Schadensersatzes zu ermitteln ist(11).

31.      Zu dem Kontext, in den Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 89/665 eingebettet ist, gehören deren Erwägungsgründe, wonach es Sache der Mitgliedstaaten ist, jedwedem Fehlen oder jedweder Unzulänglichkeit abzuhelfen, die die in ihren Rechtssystemen zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe aufweisen. Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 dieser Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber wirksam nachgeprüft werden. Nach Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Nachprüfungsverfahren entsprechend den gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten festzulegenden Bedingungen zur Verfügung stehen. Aus diesen Vorschriften wird deutlich, dass die Richtlinie 89/665 ein System der Mindestharmonisierung begründet, in dessen Rahmen die Mitgliedstaaten für die Form und die Natur der Rechtsbehelfe verantwortlich sind, die im Kontext der Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge verfügbar sein müssen(12). Die Verfahrensbeteiligten, die Erklärungen abgegeben haben, stimmen darin überein, dass diese Schlussfolgerung der Rechtsprechung entspricht(13). Die Richtlinie 89/665 verlangt daher von den Mitgliedstaaten, bestimmte Rechtsbehelfe vorzusehen, die wirksam sein müssen, sie zielt aber nicht darauf ab, zu definieren, um welche Rechtsbehelfe es sich dabei handeln soll(14).

32.      Was die Ziele der Richtlinie 89/665 anbetrifft, bestimmt Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 in Verbindung mit deren Erwägungsgründen, dass diese Richtlinie die Verfügbarkeit von wirksamen Verfahren für die Nachprüfung von öffentlichen Vergabeentscheidungen sicherstellen soll. Personen, die von Verstößen gegen nationale Regelungen zur Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Union über das öffentliche Auftragswesen betroffen sind, müssen über wirksame Rechtsbehelfe des nationalen Rechts verfügen, so dass sich dies auf die Öffnung des unionsweiten Wettbewerbs für Verfahren der Vergabe von öffentlichen Aufträgen spürbar auswirkt.

33.      Deshalb ist die Gewährung von Schadensersatz im Sinne der Richtlinie 89/665 nicht als ein unabhängiger und einheitlicher Begriff des Unionsrechts, sondern vielmehr als Begriff konzipiert, der von den mitgliedstaatlichen Gesetzen definiert wird. Im Rahmen der Richtlinie 89/665 ist damit das Ergebnis von Bedeutung, das mit diesem Prozess erreicht werden soll, und nicht der Inhalt der zu diesem Zweck zu erlassenden Regelungen, die unvermeidbar von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich sein werden. In diesem Zusammenhang stelle ich fest, dass der Gesetzgeber der Europäischen Union von einer Änderung von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 abgesehen hat(15). Auch in der Rechtsprechung wurde kein Versuch unternommen, detaillierte Kriterien für die Bejahung eines Schadens und seiner Prüfung im Kontext von Verstößen gegen Vorschriften über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen festzulegen.

34.      In Ermangelung dahin gehender Unionsvorschriften ist es Sache jedes Mitgliedstaats, in seiner internen Rechtsordnung diejenigen Kriterien zu bestimmen, auf deren Grundlage der Schaden zu beurteilen ist, der durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht in Verfahren verursacht wurde, die zur Vergabe öffentlicher Aufträge führen(16). Wie einige Verfahrensbeteiligte des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens meiner Ansicht nach zutreffend ausgeführt haben, gilt für diese Aspekte die Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten(17). Nach einer gefestigten Auffassung dürfen die Verfahrensmodalitäten von Rechtsbehelfen, die den Schutz der aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nicht weniger günstig ausgestaltet sein als die für entsprechende Rechtsbehelfe, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität)(18).

35.      Für die Auffassung, dass die Prüfung der Zuerkennung von Schadensersatz nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 89/665 im Rahmen des Anwendungsbereichs der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten vorzunehmen ist, sprechen zwei weitere Argumente. Erstens ist diese Autonomie der praktische Ausdruck des Subsidiaritätsgrundsatzes im Sinne von Art. 5 EUV, nach dem die Europäische Union in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig wird, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können. Mit Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV, wonach die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechtsbehelfe schaffen, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist, wird implizit die Bedeutung dieses Grundsatzes anerkannt. Zweitens ist festzustellen, dass rechtliche Traditionen, Verfahren und Rechtsbehelfe in den verschiedenen Mitgliedstaaten erheblich voneinander abweichen können, was auch tatsächlich der Fall ist. Nach dem derzeitigen Stand des Unionsrechts ist es schwierig, sich eine einheitliche Regelung der Rechtsbehelfe vorzustellen, die im Bereich des öffentlichen Auftragswesen in allen Mitgliedstaaten gleich wirksam sein könnte(19). Es ist deshalb für mich keine Überraschung, dass, wie bereits in Nr. 33 der vorliegenden Schlussanträge festgestellt, der Unionsgesetzgeber bisher nicht den Versuch unternommen hat, ein solches System zu entwerfen.

36.      In ihren schriftlichen und mündlichen Erklärungen nahm die Kommission auf die Urteile des EFTA-Gerichtshofs in den Rechtssachen Fosen-Linjen I(20) und Fosen-Linjen II(21) Bezug, in denen die Natur der Zuerkennung von Schadensersatz nach der Richtlinie 89/665 im Kontext einer Klage wegen entgangenen Gewinns geprüft wurde. Der EFTA-Gerichtshof stellte fest, dass die nach der Richtlinie 89/665 erforderlichen Nachprüfungsverfahren, obwohl sie für alle Unternehmen im Binnenmarkt so einheitlich wie möglich sein sollten, weder gänzlich homogen noch identisch zu sein hätten, da die Richtlinie 89/665 eine Mindestharmonisierung vorsehe(22). Nach seiner Auffassung verfolgt die Zuerkennung von Schadensersatz ein dreifaches Ziel: (i) erlittene Verluste auszugleichen, (ii) das Vertrauen in die Wirksamkeit des anwendbaren Rechtsrahmens wiederherzustellen und (iii) öffentliche Auftraggeber von rechtswidrigem Handeln abzuhalten, um damit die Einhaltung von Regeln zu verbessern(23). Da die Richtlinie 89/665 keine Voraussetzungen für die Zuerkennung von Schadensersatz festlege, sei es grundsätzlich Sache der Rechtsordnung eines jeden EWR-Staates, Kriterien zu bestimmen, anhand deren ein durch einen Verstoß gegen das Vergaberecht verursachter Schaden geprüft werden könne(24). In diesem Kontext müssten im Rahmen der Rechtsordnung eines jeden EWR-Staats Regelungen u. a. zur Kausalität und zur Beweislast festgelegt werden(25). Solche nationale Regelungen müssten stets mit den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität übereinstimmen(26). Auch wenn es den Vorzug verdiene, Verstöße gegen das Vergaberecht vor der Auftragsvergabe zu beheben, gebe es Fälle, in denen allein die Zuerkennung von Schadensersatz Abhilfe bei solchen Verstößen schaffen könne(27). Obwohl in der Richtlinie 89/665 keine Feststellungen zu spezifischen Schadensposten getroffen würden, verpflichte daher diese Richtlinie die EWR-Staaten nach der Auslegung des EFTA-Gerichtshofs, Personen, die im Laufe eines Vergabeverfahrens aufgrund der Verletzung des öffentlichen Vergaberechts geschädigt worden seien, in die Lage zu versetzen, Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns geltend zu machen(28). Aus diesen Urteilen wird deutlich, dass der Effektivitätsgrundsatz verhindern kann, dass in Gesetzen von Mitgliedstaaten die Geltendmachung von bestimmten Schadensposten von vorneherein ausgeschlossen wird.

37.      Da der Gerichtshof festgestellt hat, dass in Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 89/665 der der Unionsrechtsordnung inhärente(29) Grundsatz einer Haftung für Schäden zum Ausdruck kommt, die Einzelnen durch Verstöße gegen das Unionsrecht entstehen, für die der Mitgliedstaat die Verantwortung trägt, muss, wie die französische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen zu bedenken gibt, auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den allgemeinen Voraussetzungen geprüft werden, unter denen die Mitgliedstaaten einer außervertraglichen Haftung für Verstöße gegen das Unionsrecht unterliegen.

38.      Seit dem wegweisenden Urteil in der Rechtssache Francovich entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass Einzelne, die durch den Verstoß eines Mitgliedstaats oder einer ihm zuzurechnenden Einrichtung gegen Unionsrecht geschädigt wurden, einen Entschädigungsanspruch haben, sofern drei Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich, (i) dass die Rechtsnorm des Unionsrechts, gegen die verstoßen worden ist, bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, (ii) dass der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und (iii) dass zwischen dem Verstoß und dem geltend gemachten Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht(30). Ferner entschied der Gerichtshof in diesem Urteil, dass, obwohl der Anspruch Einzelner auf Entschädigung unmittelbar auf Unionsrecht beruht, ein Mitgliedstaat die Folgen eines Schadens, der durch einen Unionsrechtsverstoß verursacht wurde, unter Heranziehung des nationalen Haftungsrechts behebt(31). Es ist Sache der nationalen Gesetze der Mitgliedstaaten, stets in Übereinstimmung mit dem Effektivitätsgrundsatz die materiellen und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen der Entschädigung festzulegen(32).

39.      Des Weiteren prüfte der Gerichtshof im Urteil in der Rechtssache Brasserie du pêcheur die Kriterien für eine Entschädigung(33). Er kam zu dem Schluss, dass das Unionsrecht für die verschiedenen vom vorlegenden Gericht genannten Schadensposten keine besonderen Kriterien aufstellt(34) und diese nach nationalem Recht unter Beachtung der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität beurteilt werden müssen(35). Außerdem stellte er fest, dass es nach Unionsrecht nicht zulässig sein kann, den entgangenen Gewinn vollständig vom ersatzfähigen Schaden auszuschließen, da ein solcher Ausschluss gegen den Effektivitätsgrundsatz verstieße(36). In einer anderen Rechtssache, die die außervertragliche Haftung von Mitgliedstaaten wegen Verstoßes gegen Unionsrecht zum Gegenstand hatte, vertrat der Generalanwalt Léger die Auffassung, dass der zu ersetzende Schaden nicht nur in einem entgangenen Gewinn, sondern auch in dem Verlust einer Gewinnmöglichkeit bestehen könne, falls dieser eine hinreichend sichere Folge des geltend gemachten Verstoßes sei(37). Für den Bereich des Arbeitsrechts hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Recht auf Geltendmachung von Schadensersatz für eine entgangene Chance geeignet sein kann, die Folgen eines Verstoßes gegen das Unionsrecht zu beseitigen, und mit dem Effektivitätsgrundsatz in Einklang stehen kann(38) Diese Erwägungen zeigen, dass die Reichweite der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten insofern ihre Grenzen hat, als der Gerichtshof spezifische Verpflichtungen aufstellen kann, um sicherzustellen, dass Einzelnen, die durch einen Verstoß gegen Unionsrecht Schaden erleiden, ein Mindeststandard an Schutz gewährt wird.

40.      Die österreichische, die tschechische und die slowakische Regierung tragen vor, dass die Rechtsprechung der Unionsgerichte zum Verlust einer Chance, der als Folge von Rechtsverstößen im Zusammenhang mit der Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Unionsorgane eingetreten ist, nicht ohne Weiteres auf Umstände wie jene anwendbar sei, die der Vorlage zur Vorabentscheidung zugrunde gelegen hätten. Ich stimme dieser Auffassung zu. Aus welchen Gründen auch immer: Die Regelungen über die Nachprüfung der Vergabe von öffentlichen Verträgen durch Unionsorgane und jene, die die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber regeln, unterscheiden sich voneinander(39). Zwar hat das Gericht entschieden, dass ein Bieter, der von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags durch ein Unionsorgan rechtswidrig ausgeschlossen wurde, Schadensersatz wegen des Verlusts einer Chance verlangen kann(40). Jedoch bezieht sich diese Rechtsprechung auf die außervertragliche Haftung der Europäischen Union und nicht auf jene von ihren Mitgliedstaaten(41). Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Rolle, die Unionsgerichte in diesen Fällen einnehmen, jener der Gerichte der Mitgliedstaaten ähnelt, wenn sie ihre jeweiligen nationalen Verfahrensvorschriften anwenden. In diesem spezifischen Kontext ist es Sache des Unionsrechts, alle Aspekte des Rechts der Vergabe öffentlicher Aufträge durch Unionsorgane, einschließlich einer möglichen außervertraglichen Haftung, zu regeln. Die Rechtsprechung zum Schadensersatz wegen des Verstoßes von Unionsorganen gegen Vorschriften über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen zeigt, dass entgangener Gewinn und entgangene Chance konzeptuell verschieden sind. Während der entgangene Gewinn als Entschädigung für den Verlust eines Auftrags geprüft wird, geht es bei der entgangenen Chance um die Entschädigung dafür, dass die Möglichkeit abhandenkam, einen Vertrag zu schließen(42). Der Begriff des Verlusts einer Chance wird augenscheinlich auch bei Schadensersatzklagen im Zusammenhang mit dem Statut der Beamten der Europäischen Union und der außervertraglichen Haftung der Europäischen Union anerkannt(43).

41.      Ausgehend vom Wortlaut von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 89/665 sowie von den mit dieser Richtlinie verfolgten Zielen kann mit Blick auf den Kontext der allgemeinen Grundsätze der außervertraglichen Haftung von Mitgliedstaaten wegen Verstößen gegen das Unionsrecht der Schluss gezogen werden, dass die Schadensposten, für die ein rechtswidrig von einem öffentlichen Vergabeverfahren ausgeschlossener Bieter Entschädigung beanspruchen kann, nach den Gesetzen der Mitgliedstaaten definiert werden müssen, vorausgesetzt, diese nationalen Regelungen sind mit den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität vereinbar.

42.      Es gibt in den dem Gerichtshof vorliegenden Unterlagen keinen Hinweis, dass im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen den Grundsatz der Äquivalenz vorläge. Es bleibt die Frage, ob eine richterliche Auslegung des nationalen Rechts, die die Zuerkennung von Schadensersatz wegen einer entgangenen Chance nicht in Betracht zieht, mit dem Grundsatz der Effektivität im Sinne der Definition in Nr. 34 der vorliegenden Schlussanträge in Einklang steht. Insoweit dürfen weder die Wirksamkeit der Richtlinie 89/665 noch der Schutz der Rechte, die sie Einzelnen einräumt, beeinträchtigt werden(44).Wie der Gerichtshof festgestellt hat, verstoßen nationale Vorschriften, die die Gewährung von Schadensersatz davon abhängig machen, dass ein Verschulden oder Arglist nachgewiesen wird, die den öffentlichen Auftraggebern zugerechnet werden können, gegen die Richtlinie 89/665, da diese Regelungen die volle Wirksamkeit der Politik der Europäischen Union im Bereich des öffentlichen Auftragswesens beeinträchtigen(45).

43.      Wenn gegen einen Bieter eine gerichtliche Entscheidung des Inhalts ergeht, dass er rechtswidrig von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossen worden ist, und der öffentliche Auftraggeber den Vertrag mit einem anderen Bieter geschlossen hat, verstößt es offensichtlich gegen den Effektivitätsgrundsatz, wenn jegliche Möglichkeit zur Geltendmachung von Schadensersatz für den Verlust der Aussichten auf Erteilung des Zuschlags für diesen Auftrag ausgeschlossen wird. Eine solche Sachlage läuft dem Ziel von Richtlinie 89/665 zuwider, wonach sicherzustellen ist, dass gegen Entscheidungen von öffentlichen Auftraggebern, die unter Verstoß gegen Unionsrecht erlassen wurden, wirksame Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, da eine auf diese Weise geschädigte Person der zusätzliche, von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 vorgesehene Rechtsbehelf, nämlich die Gewährung von Schadensersatz, vorenthalten würde. Es müssen nach den Gesetzen der Mitgliedstaaten die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines solchen Anspruchs, einschließlich der Beweislast und des Beweismaßstabs, der Kausalität und der jeweiligen Schadensbemessung, festgelegt werden(46).

44.      § 442 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sieht vor, dass bei Schadensersatzklagen der tatsächliche Schaden und der entgangene Gewinn ersetzt werden sollen. Die Vorlage zur Vorabentscheidung legt offenbar den Schluss nahe, dass nach der Rechtsprechung der nationalen Gerichte für den Verlust der Aussichten auf Erteilung des Zuschlags für diesen Auftrag kein Schadensersatz gewährt werden soll. Die slowakische Regierung hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass nach slowakischem Recht der Verlust einer Chance unter den Begriff des entgangenen Gewinns falle, der eine Zuerkennung von Schadensersatz begründen könne, vorausgesetzt, die geschädigte Person könne beweisen, dass sie sehr gute Aussichten gehabt habe, dass der öffentliche Auftrag an sie vergeben werde.

45.      Da allein das vorlegende Gericht für die Auslegung und die Anwendung der nationalen Vorschriften zuständig ist, ist es Sache dieses Gerichts, die Vorschriften über Schadensersatzklagen möglichst so auszulegen, dass die Beachtung des Effektivitätsgrundsatzes sichergestellt ist. Das nationale Gericht muss das nationale Recht, das es anzuwenden hat, so weit wie möglich in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Unionsrechts auslegen. Eine solche Auslegung muss innerhalb der anerkannten Grenzen, insbesondere des Verbots einer Contra-legem-Auslegung des nationalen Rechts, erfolgen. Wenn dem nationalen Gericht eine solche Anwendung nicht möglich ist, ist es verpflichtet, das Unionsrecht in vollem Umfang anzuwenden, um die Rechte, die dieses dem Einzelnen einräumt, zu schützen, indem es erforderlichenfalls jede Bestimmung insofern unangewendet lässt, als sie zu einem unionsrechtsrechtswidrigen Ergebnis führen würde, vorausgesetzt, der jeweiligen unionsrechtlichen Vorschrift kommt unmittelbare Wirkung zu(47). In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass das Erfordernis einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts die nationalen Gerichte dazu verpflichten kann, eine gefestigte Rechtsprechung gegebenenfalls abzuändern, wenn sie auf einer Auslegung beruht, die mit dem Unionsrecht nicht vereinbar ist(48).

 V.      Ergebnis

46.      Ich schlage vor, dass der Gerichtshof die vom Okresný súd Bratislava II (Bezirksgericht Bratislava II, Slowakei) zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt beantwortet:

Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge ist dahin auszulegen, dass

es Sache der Mitgliedstaaten ist, die Voraussetzungen festzulegen, unter denen ein nationales Gericht über eine Schadensersatzklage eines Bieters zu entscheiden hat, der rechtswidrig von einem von dieser Richtlinie erfassten Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Vertrags ausgeschlossen worden ist. Zu diesen Voraussetzungen gehören die Beweislast und der Beweismaßstab, die Kausalität und die Schadensbemessung. Die Gesetze der Mitgliedstaaten müssen hierbei mit den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität in Einklang stehen. Der Effektivitätsgrundsatz verlangt, dass sich ein nationales Gericht nicht auf eine Praxis stützen darf, nach der es einem rechtswidrig von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossenen Bieter verwehrt wird, Schadensersatz für den Verlust der Aussichten auf Erteilung des Zuschlags für diesen Auftrag zu beanspruchen.


1      Originalsprache: Englisch.


2      ABl. 1989, L 395, S. 33, in der durch die Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 (ABl. 2007, L 335, S. 31) und durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 (ABl. 2014, L 94, S. 1) geänderten Fassung.


3      ABL. 2004, L 134, S. 114.


4      Vgl. Urteil vom 13. Januar 2022, Regione Puglia (C‑110/20, EU:C:2022:5, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).


5      Ebd. (Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).


6      Vgl. insoweit Urteile vom 21. Mai 2008, Belfass/Rat (T‑495/04, EU:T:2008:160, Rn. 124), vom 20. September 2011, Evropaïki Dynamiki/EIB (T‑461/08, EU:T:2011:494, Rn. 210), und vom 28. Februar 2018, Vakakis kai Synergates/Kommission (T‑292/15, EU:T:2018:103, Rn. 187).


7      Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass der Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberstes Gericht der Slowakischen Republik) die Entscheidung über den Ausschluss von Ingsteel aus dem Verfahren der Vergabe des maßgeblichen öffentlichen Auftrags aufgehoben hat.


8      Mit Ausnahmen der in den Art. 2d, 2e und 2f der Richtlinie 89/665 geregelten Fälle, die für den vorliegenden Fall nicht von Bedeutung sind: Urteil vom 11. September 2014, Fastweb (C‑19/13, EU:C:2014:2194, Rn. 52). Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Campos Sánchez-Bordona in der Rechtssache Ingsteel und Metrostav (C‑76/16, EU:C:2017:226, Nr. 69).


9      Urteil vom 25. Oktober 2018, Anodiki Services EPE (C‑260/17, EU:C:2018:864, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).


10      Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón in der Rechtssache Combinatie Spijker Infrabouw/De Jonge Konstruktie u. a. (C‑568/08, EU:C:2010:515, Nr. 106).


11      Vgl. insoweit Urteil vom 9. Dezember 2010, Combinatie Spijker Infrabouw-De Jonge Konstruktie u. a. (C‑568/08, EU:C:2010:751, Rn. 86).


12      Vgl. insoweit Urteile vom 21. Oktober 2010, Symvoulio Apochetefseon Lefkosias (C‑570/08, EU:C:2010:621, Rn. 37), und vom 26. März 2020, Hungeod u. a. (C‑496/18 und C‑497/18, EU:C:2020:240, Rn. 73), sowie Schlussanträge des Generalanwalts Bobek in der Rechtssache Marina del Mediterráneo u. a. (C‑391/15, EU:C:2016:651, Nr. 38).


13      Vgl. insoweit Urteile vom 30. September 2010, Strabag u. a. (C‑314/09, EU:C:2010:567, Rn. 33), und vom 7. August 2018, Hochtief (C‑300/17, EU:C:2018:635, Rn. 35).


14      Urteil vom 18. Juni 2002, HI (C‑92/00, EU:C:2002:379, Rn. 58). Vgl. auch entsprechend Urteil vom 11. Juli 1985, Foreningen af Arbejdsledere i Danmark (105/84, EU:C:1985:331, Rn. 26), in dem der Gerichtshof feststellte, dass ein Begriff, der in einer Richtlinie enthalten ist, die nur eine teilweise Harmonisierung vornimmt, keinen eigenständigen unionsrechtlichen Begriff darstellen kann, da diese Richtlinie nicht aufgrund gemeinsamer Kriterien ein einheitliches Schutzniveau schaffen wollte.


15      Vgl. Richtlinie 2007/66 und Richtlinie 2014/23.


16      Urteil vom 9. Dezember 2010, Combinatie Spijker Infrabouw-De Jonge Konstruktie u. a. (C‑568/08, EU:C:2010:751, Rn. 90).


17      Urteil vom 30. September 2010, Strabag u. a. (C‑314/09, EU:C:2010:567, Rn. 34).


18      Urteile vom 9. Dezember 2010, Combinatie Spijker Infrabouw-De Jonge Konstruktie u. a. (C‑568/08, EU:C:2010:751, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 26. November 2015, MedEval (C‑166/14, EU:C:2015:779, Rn. 37).


19      Dieser Umstand mag teilweise erklären, weshalb die Regeln über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen in der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. 2018, L 193, S. 1, im Folgenden: Haushaltsordnung) nicht mit jenen in der Richtlinie 89/665 identisch sind. Vgl. insoweit Urteil vom 23. Mai 2014, European Dynamics Luxembourg/EZB (T‑553/11, EU:T:2014:275, Rn. 110), in dem das Gericht entschieden hat, dass die Regelungen der Richtlinie 89/665 nicht entsprechend auf die Vergaben öffentlicher Aufträge durch Unionsorgane übertragen werden können.


20      Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 31. Oktober 2017, Fosen-Linjen/AtB (E‑16/16, EFTA Court Report 2017, Rn. 90, im Folgenden: Urteil in der Rechtssache Fosen-Linjen I).


21      Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 1. August 2019, Fosen-Linjen/AtB (E‑7/18, EFTA Court Report 2019, im Folgenden: Urteil in der Rechtssache Fosen-Linjen II).


22      Vgl. insoweit Urteile des EFTA-Gerichtshofs vom 31. Oktober 2017, Fosen-Linjen/AtB (E‑16/16, EFTA Court Report 2017, Rn. 67), und vom 1. August 2019, Fosen-Linjen/AtB (E‑7/18, EFTA Court Report 2019, Rn. 109).


23      Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 31. Oktober 2017, Fosen-Linjen/AtB (E‑16/16, EFTA Court Report 2017, Rn. 76).


24      Ebd. (Rn. 69 und 70).


25      Vgl. insoweit ebd. (Rn. 89 und 108).


26      Urteile des EFTA-Gerichtshofs vom 31. Oktober 2017, Fosen-Linjen/AtB (E‑16/16, EFTA Court Report 2017, Rn. 70), und vom 1. August 2019, Fosen-Linjen/AtB (E‑7/18, EFTA Court Report 2019, Rn. 114).


27      Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 31. Oktober 2017, Fosen-Linjen/AtB (E‑16/16, EFTA Court Report 2017, Rn. 73).


28      Urteile des EFTA-Gerichtshofs vom 31. Oktober 2017, Fosen-Linjen/AtB (E‑16/16, EFTA Court Report 2017, Rn. 90), und vom 1. August 2019, Fosen-Linjen/AtB (E‑7/18, EFTA Court Report 2019, Rn. 115 und 116).


29      Urteil vom 9. Dezember 2010, Combinatie Spijker Infrabouw-De Jonge Konstruktie u. a. (C‑568/08, EU:C:2010:751, Rn. 87).


30      Urteil vom 19. November 1991, Francovich u. a. (C‑6/90 und C‑9/90, EU:C:1991:428, Rn. 40, im Folgenden: Urteil in der Rechtssache Francovich). Vgl. auch Urteil vom 5. März 1996, Brasserie du pêcheur und Factortame (C‑46/93 und C‑48/93, EU:C:1996:79, Rn. 51, im Folgenden: Urteil in der Rechtssache Brasserie du pêcheur).


31      Urteil vom 19. November 1991, Francovich u. a. (C‑6/90 und C‑9/90, EU:C:1991:428, Rn. 42). Vgl. auch Urteile vom 5. März 1996, Brasserie du pêcheur und Factortame (C‑46/93 und C‑48/93, EU:C:1996:79, Rn. 67), vom 30. September 2003, Köbler (C‑224/01, EU:C:2003:513, Rn. 58), und vom 13. März 2007, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation (C‑524/04, EU:C:2007:161, Rn. 123).


32      Urteil vom 19. November 1991, Francovich u. a. (C‑6/90 und C‑9/90, EU:C:1991:428, Rn. 43). Vgl. insoweit auch Urteil vom 17. April 2007, AGM-COS.MET (C‑470/03, EU:C:2007:213, Rn. 89), und Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed in der Rechtssache GAT (C‑315/01, EU:C:2002:573, Nr. 64).


33      Urteil vom 5. März 1996, Brasserie du pêcheur und Factortame (C‑46/93 und C‑48/93, EU:C:1996:79, Rn. 81).


34      Das nationale Gericht nannte in diesem Kontext ausdrücklich Ausgaben, Gewinneinbußen, Einkommensverluste und Verluste aus Verkäufen unter dem Verkehrswert (ebd., Rn. 14).


35      Ebd. (Rn. 83, 84 und 88).


      Im Schrifttum wird zur außervertraglichen Haftung der Mitgliedstaat wegen Verstoßes gegen das Unionsrecht offenbar einhellig die Auffassung vertreten, dass das Unionsrecht zwar ein Recht auf Entschädigung begründe, dass aber, vorbehaltlich der Beachtung der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität, der genaue Inhalt eines jeden Rechtsbehelfs der Regelung in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten unterliege. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass der Gerichtshof, da er den Begriff des Schadens nicht zu definieren versucht habe, diesen Bereich der Regelung durch die nationalen Gesetze überlassen habe. Vgl. Van Gerven, W., „Of Rights, Remedies and Procedures“, Common Market Law Review, Bd. 37, Nr. 3, 2000, S. 511 und 512. Vgl. auch Christ, H., „Compensation for Damage: The Non-Contractual Liability of Member States and EU Institutions for Breaches of EU Law“, in Colcelli, V., und Arnold, R. (Hrsg.), Europeanization Through Private Law Instruments, Universitätsverlag Regensburg, 2016, S. 213; Biondi, A., und Farley, M.,, The Right to Damages in European Law, Kluwer Law International, 2009, S. 76 bis 83; Gutman, K., „Liability for breach of EU law by the Union, Member States and individuals: damages, enforcement and effective judicial protection“, in Lazowski, A., und Blockmans, S. (Hrsg.), Research handbook on EU institutional law, Edward Elgar Law, 2016, S. 460.


      Verschiedene Autoren treffen zum Thema des Schadensersatzes im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe ähnliche Feststellungen, indem sie ausführen, dass die Definition des Schadens, basierend auf den Grundsatz der nationalen Verfahrensautonomie und vorbehaltlich der Beachtung der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität, am besten im Rahmen der Gesetze der Mitgliedstaaten erfolgen sollte. Vgl. Treumer, S., „Basis and Conditions for a Damages Claim for Breach of the EU Public Procurement Rules“, in Fairgrieve, D., und Lichère, F., Public Procurement Law: Damages as an Effective Remedy, Hart, 2011, S. 150. Vgl. auch Caranta, R., „Damages for Breaches of EU Public Procurement Law: Issues of Causation and Recoverable Losses“, in Fairgrieve, D., und Lichère, F., Public Procurement Law: Damages as an Effective Remedy, Hart, 2011, S. 167 bis 184; Schebesta, H., Damages in EU Public Procurement Law, Springer International Publishing Switzerland, 2016, S. 52 bis 60.


36      Urteil vom 5. März 1996, Brasserie du pêcheur und Factortame (C‑46/93 und C‑48/93, EU:C:1996:79, Rn. 87). Vgl. auch Urteil vom 17. April 2007, AGM-COS.MET (C‑470/03, EU:C:2007:213, Rn. 89). Der Gerichtshof kam in Bezug auf die außervertragliche Haftung von Einzelnen für Verstöße gegen Unionsrecht zu demselben Ergebnis (Urteil vom 13. Juli 2006, Manfredi u. a., C‑295/04 bis C‑298/04, EU:C:2006:461, Rn. 95 und 96).


      Einige Autoren vertreten die Auffassung, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur außervertragliche Haftung von Mitgliedstaaten das empfindliche Gleichgewicht (und das Spannungsfeld) widerspiegele, die zwischen Einheit und Vielfalt aufgrund der Wechselwirkung zwischen nationaler Verfahrensautonomie und den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität bestünden. Vgl. Gutman, K., „Liability for breach of EU law by the Union, Member States and individuals: damages, enforcement and effective judicial protection“, in Lazowski, A., und Blockmans, S. (Hrsg.), Research handbook on EU institutional law, Edward Elgar Law, 2016, S. 465.


37      Schlussanträge des Generalanwalts Léger in der Rechtssache Hedley Lomas (C‑5/94, EU:C:1995:193, Nr. 183).


38      Urteil vom 7. März 2018, Santoro (C‑494/16, EU:C:2018:166, Rn. 50).


39      Vgl. insoweit Urteile vom 21. Mai 2008, Belfass/Rat (T‑495/04, EU:T:2008:160, Rn. 43), vom 3. März 2011, Evropaïki Dynamiki/Kommission (T‑589/08, EU:T:2011:73, Rn. 22 und 23), und vom 12. Juli 2012, Evropaïki Dynamiki/Frontex (T‑476/07, EU:T:2012:366, Rn. 39 bis 41).


40      Vgl. z. B. Urteile vom 20. September 2011, Evropaïki Dynamiki/EIB (T‑461/08, EU:T:2011:494, Rn. 66), vom 28. Februar 2018, Vakakis kai Synergates/Kommission (T‑292/15, EU:T:2018:103, Rn. 186 bis 193), vom 14. Dezember 2018, East West Consulting/Kommission (T‑298/16, EU:T:2018:967, Rn. 176), und vom 12. Februar 2019, Vakakis kai Synergates/Kommission (T‑292/15, EU:T:2019:84, Rn. 53).


41      Die Haushaltsordnung regelt die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Unionsorgane. Sie findet keine Anwendung auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber von Mitgliedstaaten, die im Wesentlichen von der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. 2004, L 134, S 114) geregelt wird.


42      Urteil vom 28. Februar 2018, Vakakis kai Synergates/Kommission (T‑292/15, EU:T:2018:103, Rn. 188).


43      Zu beamtenrechtlichen Streitigkeiten vgl. Urteile vom 21. Februar 2008, Kommission/Girardot (C‑348/06 P, EU:C:2008:107, Rn. 55), und vom 27. Oktober 1994, C/Kommission (T‑47/93, EU:T:1994:262, Rn. 54 und 55). Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón in der Rechtssache Giordano/Kommission (C‑611/12 P, EU:C:2014:195), in denen ausgeführt wird, dass im Schadensersatzrecht ein Zusammenhang zwischen dem Begriff der verlorenen Chance und dem Aufkommen der „Risikotheorie“ bestehe, die es ermögliche, den Grad der Wahrscheinlichkeit von künftigen Ereignissen zu bemessen. Zur allgemeinen außervertraglichen Haftung der Europäischen Union für Verstöße gegen Unionsrecht vgl. Urteil vom 8. Mai 2007, Citymo/Kommission (T‑271/04, EU:T:2007:128, Rn. 180 bis 182).


44      Vgl. insoweit Urteil vom 7. August 2018, Hochtief (C‑300/17, EU:C:2018:635, Rn. 38).


45      Urteil vom 10. Januar 2008, Kommission/Portugal (C‑70/06, EU:C:2008:3, Rn. 42).


46      Wie Schebesta ausführt, könnte die Theorie der entgangenen Chance eine Lösung für das sich wiederholt stellende Problem bieten, dass die dem nicht erfolgreichen Bieter entstandenen Schäden ihrer Art nach hypothetisch sind. Schebesta, H., Damages in EU Public Procurement Law, Springer International Publishing Switzerland, 2016, S. 205.


47      Vgl. insoweit Urteile vom 27. Februar 2003, Santex (C‑327/00, EU:C:2003:109, Rn. 62 bis 64), und Urteil vom 11. Oktober 2007, Lämmerzahl (C‑241/06, EU:C:2007:597, Rn. 62 und 63). Vgl. auch Urteil vom 24. Juni 2019, Popławski (C‑573/17, EU:C:2019:530, Rn. 55, 61 und 62).


48      Urteil vom 24. Juni 2019, Popławski (C‑573/17, EU:C:2019:530, Rn. 78).