Language of document : ECLI:EU:T:2008:379

Rechtssache T-218/06

Neurim Pharmaceuticals (1991) Ltd

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftsbildmarke Neurim PHARMACEUTICALS – Ältere nationale Wortmarke und ältere Gemeinschaftswortmarke EURIM-PHARM – Sprache des Beschwerdeverfahrens – Fristen – Zulässigkeit der Beschwerde vor der Beschwerdekammer – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Weiterbehandlung – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – Art. 59, 78 und 78a der Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Regeln 48 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 2, 49 Abs. 1 und 96 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95“

Leitsätze des Urteils

1.      Gemeinschaftsmarke – Beschwerdeverfahren – Frist und Form der Beschwerde

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 59; Verordnung Nr. 2868/95 der Kommission, Art. 1, Regeln 48 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 2, 49 Abs. 1 und 96 Abs. 1)

2.      Handlungen der Organe – Rechtmäßigkeitsvermutung

(Art. 249 EG)

3.      Gemeinschaftsmarke – Sprachen des Amtes

(Verordnung Nr. 2868/95 der Kommission, Art. 1, Regel 96 Abs. 1)

4.      Gemeinschaftsmarke – Verfahrensvorschriften – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 78 Abs. 2)

1.      Aus Regel 48 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke ergibt sich, dass die Beschwerdeschrift eine Erklärung enthalten muss, in der angegeben wird, in welchem Umfang die Änderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung begehrt wird, und dass sie in der Verfahrenssprache eingereicht werden muss, in der diese Entscheidung ergangen ist.

Nach Regel 49 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 weist die Beschwerdekammer die Beschwerde, wenn diese u. a. Regel 48 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 2 dieser Verordnung nicht entspricht, als unzulässig zurück, sofern der Mangel nicht bis zum Ablauf der gemäß Art. 59 der Verordnung Nr. 40/94 festgelegten Frist, d. h. innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der streitigen Entscheidung, beseitigt worden ist.

Aus Regel 49 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 ergibt sich, dass die Nichtbeachtung von Regel 48 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 2 dieser Verordnung unmittelbar und ohne vorherige Mitteilung die Zurückweisung der Beschwerde als unzulässig zur Folge hat, und zwar gegebenenfalls nach Ablauf der Frist, die in Regel 96 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehen ist, nach der jeder Beteiligte, sofern in dieser Verordnung nichts anderes vorgesehen ist, eine Sprache des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle), die nicht Verfahrenssprache ist, benutzen kann, wenn er innerhalb eines Monats nach Vorlage des Originalschriftstücks eine Übersetzung in die Verfahrenssprache vorlegt. Weder aus den anwendbaren Verordnungen noch aus der Rechtsprechung geht hervor, dass das Amt verpflichtet wäre, etwaige Beschwerdeführer bei den Beschwerdekammern auf die Folgen einer Nichteinhaltung der Formvorschriften dieser Verordnungen hinzuweisen.

Eine etwaige Praxis des Amtes, die Beschwerdeführer über Formmängel ihrer Schriftsätze zu unterrichten, kann nicht den in Regel 96 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 vorgesehenen Fristbeginn verändern. Außerdem dienen die Vorschriften über die Fristen nach ständiger Rechtsprechung dem Zweck, Rechtssicherheit zu gewährleisten und jede Diskriminierung oder willkürliche Behandlung zu verhindern. Diese allgemeine Feststellung gilt auch für die in den Verordnungen über die Gemeinschaftsmarke vorgesehenen Fristen. Die Anwendung der in Regel 96 Abs. 1 vorgesehenen Frist verstößt deshalb nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.

(vgl. Randnrn. 37-39, 43-44)

2.      Die Nichtbefolgung der für die Zulässigkeit der Beschwerden maßgeblichen Regeln 96 Abs. 1, 49 Abs. 1 und 48 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke durch die Beschwerdekammer würde den Grundsatz der Rechtmäßigkeitsvermutung verletzen, wonach die Gemeinschaftsregelung so lange voll wirksam bleibt, wie ihre Rechtswidrigkeit nicht durch ein zuständiges Gericht festgestellt worden ist.

(vgl. Randnr. 52)

3.      Die Regeln 96 Abs. 1, 49 Abs. 1 und 48 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke sind Teil der mit der Verordnung Nr. 40/94 errichteten Sprachenregelung. Da diese Sprachenregelung nach der Rechtsprechung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang steht, kann in den genannten Regeln kein Verstoß gegen diesen Grundsatz gesehen werden.

(vgl. Randnr. 54)

4.      Die Zweimonatsfrist des Art. 78 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke für die Stellung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beginnt mit dem Wegfall des Hindernisses, aufgrund dessen der Antragsteller eine Frist gegenüber dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) nicht einhalten konnte, und nicht mit der etwaigen Mitteilung eines Verfahrensmangels durch das Amt.

(vgl. Randnr. 77)