Language of document : ECLI:EU:T:2015:44

URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

22. Januar 2015(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Internationale Registrierung, in der die Europäische Gemeinschaft benannt wird – Bildmarke H – Ältere nationale Bildmarke H – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Begründungsmangel – Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑193/12

MIP Metro Group Intellectual Property GmbH & Co. KG mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J.‑C. Plate und R. Kaase,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

Holsten-Brauerei AG mit Sitz in Hamburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte N. Hebeis und M. R. Douglas,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 23. Februar 2012 (Sache R 2340/2010‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Holsten-Brauerei AG und der MIP Metro Group Intellectual Property GmbH & Co. KG

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude, der Richterin I. Wiszniewska-Białecka und des Richters I. Ulloa Rubio (Berichterstatter),

Kanzler: J. Weychert, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 8. Mai 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 23. August 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 31. Juli 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der am 23. November 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung,

aufgrund der am 25. Februar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Gegenerwiderung des HABM,

aufgrund der am 25. Februar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Gegenerwiderung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2014

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 29. Mai 2008 stellte die Klägerin, die MIP METRO Group Intellectual Property GmbH & Co. KG, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) einen Antrag auf internationale Registrierung mit Wirkung in der Europäischen Union.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um folgendes Bildzeichen:

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3        Der Antrag auf Registrierung bezog sich auf Waren und Dienstleistungen der Klassen 1 bis 12, 14, 16 bis 27 und 29 bis 35 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind jedoch allein die folgenden Waren, die zur Klasse 32 gehören: „Biere“.

4        Die internationale Registrierung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 50/2008 vom 15. Dezember 2008 veröffentlicht.

5        Am 4. September 2009 erhob die Streithelferin, die Holsten-Brauerei AG, Widerspruch nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren.

6        Der Widerspruch wurde auf die nachfolgend wiedergegebene, in Deutschland für „Bier“ (Klasse 32) eingetragene Bildmarke gestützt:

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7        Für den Widerspruch wurden die Widerspruchsgründe von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 geltend gemacht.

8        Am 23. November 2010 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch statt.

9        Am 25. November 2010 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde ein.

10      Mit Entscheidung vom 23. Februar 2012 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück.

11      Zur Begründung führte sie insbesondere aus, dass Verwechslungsgefahr bestehe, weil die in Rede stehenden Waren identisch und die zu vergleichenden Zeichen bildlich ähnlich und klanglich, soweit der Verbraucher allein den Buchstaben „H“ benenne, identisch seien und auch eine begriffliche Ähnlichkeit aufwiesen.

 Verfahren und Anträge der Parteien

12      Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 8. Mai 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

13      Die Klägerin beantragt,

–        die Klage zusammen mit den eingereichten Unterlagen für zulässig zu erklären;

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten, einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens, aufzuerlegen.

14      Das HABM und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung 

 Zur Zulässigkeit der erstmals im Verfahren vor dem Gericht vorgelegten Schriftstücke

15      In der Anlage zur Klageschrift hat die Klägerin u. a. Auszüge aus Internetseiten vorgelegt, die von ihr im Verfahren vor dem HABM nicht vorgelegt worden waren. Diese Auszüge sollen belegen, dass die Verwendung heraldischer Zeichen für Bier in Deutschland sehr gebräuchlich ist. Ferner hat die Klägerin in der Anlage zur Erwiderung Auszüge vorgelegt, mit denen dargetan werden soll, dass der Buchstabe „H“ in Form eines heraldischen Zeichens in Deutschland oft für Lebensmittel verwendet wird.

16      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass eine beim Gericht erhobene Klage nach ständiger Rechtsprechung auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Beschwerdekammern im Sinne des Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 gerichtet ist und dass bei einer Aufhebungsklage die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Rechtsakts anhand des Sachverhalts und der Rechtslage zu beurteilen ist, die zur Zeit des Erlasses des Rechtsakts bestanden. Es ist daher nicht Aufgabe des Gerichts, im Licht erstmals bei ihm eingereichter Beweismittel eine erneute Prüfung des Sachverhalts vorzunehmen. Die Zulassung solcher Beweismittel verstieße nämlich gegen Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts, wonach die Schriftsätze der Parteien den vor der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand nicht ändern können (vgl. Urteil des Gerichts vom 27. Juni 2013, MOL/HABM – Banco Bilbao Vizcaya Argentaria [MOL Blue Card], T‑367/12, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

17      Daher sind die betreffenden Schriftstücke für unzulässig zu erklären.

 Zur Begründetheit 

18      Die Klägerin rügt mit zwei Klagegründen erstens einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 und zweitens einen Verstoß gegen Art. 75 dieser Verordnung.

 Zum Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

19      Zur Stützung dieses Klagegrundes macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer des HABM habe zu Unrecht festgestellt, dass eine bildliche, klangliche und begriffliche Ähnlichkeit zwischen den Zeichen bestehe.

20      Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009 sind unter älteren Marken u. a. in einem Mitgliedstaat eingetragene Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke zu verstehen.

21      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr umfassend gemäß der Wahrnehmung der betreffenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22      Für die Anwendung des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine Verwechslungsgefahr im Übrigen voraus, dass gleichzeitig eine Identität oder Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken und eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil des Gerichts vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, Slg. 2009, II‑43, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin die Feststellungen der Beschwerdekammer betreffend die Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise, wonach es sich dabei um die normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen deutschen Durchschnittsverbraucher handelt, nicht rügt.

24      Ferner ist unstreitig, dass die in Rede stehenden Waren identisch sind.

–       Zum Zeichenvergleich

25      Nach ständiger Rechtsprechung sind zwei Marken ähnlich, wenn sie aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise hinsichtlich eines oder mehrerer relevanter Aspekte mindestens teilweise übereinstimmen (Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2002, Matratzen Concord/HABM – Hukla Germany [MATRATZEN], T‑6/01, Slg. 2002, II‑4335, Rn. 30). Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der visuellen, klanglichen oder begrifflichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere die kennzeichnungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marken auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirken. Der Durchschnittsverbraucher nimmt dabei eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Außerdem darf sich die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken nicht darauf beschränken, dass nur ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke berücksichtigt und mit einer anderen Marke verglichen wird. Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind. Das ist dann der Fall, wenn dieser Bestandteil allein schon geeignet ist, das Bild dieser Marke, das die angesprochenen Verkehrskreise im Gedächtnis behalten, so zu prägen, dass alle übrigen Bestandteile der Marke in dem durch diese hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen sind (Urteil des Gerichts vom 6. September 2013, Eurocool Logistik/HABM – Lenger [EUROCOOL], T‑599/10, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 99).

27      Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgebracht hat, dass es sich bei der bildlichen Darstellung auf dem Schild in der älteren Marke nicht um den Buchstaben „H“ handle, sondern um ein grafisches Element, das diesem Buchstaben ähnele und von zwei Punkten umgeben sei. Dieses Vorbringen ist gemäß Art. 48 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung für unzulässig zu erklären, da es verspätet ist.

28      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe sich nicht auf den von den einander gegenüberstehenden Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck gestützt. So habe sie dem Schild mit dem Buchstaben „H“ in der älteren Marke zu große Bedeutung beigemessen und die übrigen Bestandteile dieser Marke vernachlässigt.

29      Es ist jedoch festzustellen, dass die Beschwerdekammer, nachdem sie sowohl auf die Ähnlichkeit zwischen den beiden Zeichen schaffenden als auch auf die sie unterscheidenden Bestandteile hingewiesen hat, zu dem Schluss gelangt ist, dass in Anbetracht der weitgehenden Übereinstimmungen des zentralen Bildbestandteils der älteren Marke, der aus einem Schild mit dem Großbuchstaben „H“ bestehe, und der angemeldeten Marke mit Ausnahme der Darstellung der kleinen Krone insgesamt von einer bildlichen Ähnlichkeit der Zeichen auszugehen sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die angemeldete Marke gerade den Bildbestandteil der älteren Marke aufgreife, der einen Wortbestandteil aufweise. Auch wenn es sich dabei nur um einen einzelnen Buchstaben handle, sei davon auszugehen, dass dieser übereinstimmende Buchstabe „H“ den Gesamteindruck beider Zeichen jedenfalls mitbestimme.

30      Die Beschwerdekammer hat somit die beiden Marken geprüft, indem sie sowohl auf übereinstimmende Bestandteile, nämlich den Schild mit dem Buchstaben „H“, als auch auf unterscheidende Bestandteile, nämlich auf der einen Seite den Ritter zu Pferd und auf der anderen Seite die Krone, hingewiesen hat.

31      Das Hauptargument der Klägerin beruht somit auf einem unzutreffenden Verständnis der angefochtenen Entscheidung.

32      Des Weiteren macht die Klägerin geltend, dass ein Bestandteil, wie der Schild mit dem Buchstaben „H“ in der älteren Marke, nur dann isoliert betrachtet werden könne, wenn zum einen eine zusammengesetzte Marke vorliege, während aber die ältere Marke ein einheitliches Zeichen sei, und wenn zum anderen dieser Bestandteil den Gesamteindruck beherrsche, während aber die zentrale Positionierung des Schildes diesem keine beherrschende Stellung verleihen könne.

33      Hierzu ist festzustellen, dass in der angefochtenen Entscheidung der Schild mit dem Buchstaben „H“ nicht isoliert betrachtet, sondern nur darauf hingewiesen wird, dass diese Schildform in beiden Zeichen zu finden sei (siehe oben, Rn. 30). Im Übrigen ist auch festzustellen, dass die Beschwerdekammer nicht von dem Grundsatz ausgegangen ist, dass der zentrale Bestandteil der älteren Marke, d. h. dieser Schild, ein beherrschender Bestandteil sei, sondern ausgeführt hat, dass der zentrale Bildbestandteil der älteren Marke zahlreiche Übereinstimmungen mit der angemeldeten Marke aufweise (siehe oben, Rn. 29).

34      Auch dieses Vorbringen der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

35      Was erstens den Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher Hinsicht betrifft, ist mit der Beschwerdekammer festzustellen, dass diese Zeichen als einzigen Wortbestandteil den Großbuchstaben „H“ aufweisen, der sich jeweils etwa in der Mitte der Darstellung in Weiß auf einem schildförmigen schwarzen Hintergrund befindet. Zudem ähneln die Zeichen einander entgegen dem Vorbringen der Klägerin auch in der Art der Darstellung, da beide schwarze Bildelemente ohne Relief aufweisen, deren Details aufgrund von Aussparungen in der Färbung erkennbar sind.

36      Somit stellt das Vorhandensein des in ähnlicher Konfiguration und mit übereinstimmenden physischen Merkmalen wiedergegebenen Buchstabens „H“ auf einem Schild in Anbetracht der nicht zu vernachlässigenden Rolle, die dieser Bestandteil aufgrund seiner Größe und seiner zentralen Positionierung bei der Wahrnehmung jeder der einander gegenüberstehenden Marken spielt, einen Faktor bildlicher Ähnlichkeit dar.

37      Daher ist festzustellen, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen eine gewisse bildliche Ähnlichkeit besteht, auch wenn die angemeldete Marke eine Krone aufweist und die ältere Marke einen Ritter in Rüstung auf einem Pferd zeigt.

38      Diese Schlussfolgerung kann auch nicht in Frage gestellt werden, wenn, wie die Klägerin meint, in dem Bildbestandteil der angemeldeten Marke nicht zwingend ein Schild, sondern ein Wappen zu sehen sein sollte. In diesem Fall könnte dieser Bestandteil nämlich wie eine vereinfachte Variante des Bildbestandteils der älteren Marke erscheinen.

39      Die Beschwerdekammer hat daher zu Recht festgestellt, dass die Zeichen bildlich ähnlich sind.

40      Zweitens ist die Klägerin in Bezug auf den klanglichen Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen der Auffassung, dass die Beschwerdekammer ebenfalls zu Unrecht klangliche Identität zwischen den Zeichen festgestellt habe. Sie macht geltend, dass Einzelbuchstaben von Verbrauchern zumeist als reines Bildelement aufgefasst und daher nicht klanglich benannt würden. Im vorliegenden Fall würden die Verbraucher die ältere Marke deshalb als „Reiter bzw. Ritter auf Ross“ und die angemeldete Marke als „H“ auf Wappen mit Krone oder „königliches H“ aussprechen.

41      Der Beschwerdekammer folgend ist festzustellen, dass zwei Fälle denkbar sind.

42      Ein Teil der maßgeblichen Verkehrskreise könnte die Zeichen, um sich mündlich in Bezug auf sie verständlich zu machen, beschreiben und würde dann nicht nur den Buchstaben „H“ in der Beschreibung erwähnen, sondern auch die übrigen Bestandteile der Bildzeichen. In diesem Fall ist ein klanglicher Vergleich der Zeichen ausgeschlossen.

43      Der andere Teil der maßgeblichen Verkehrskreise könnte für jedes der Zeichen nur den Buchstaben „H“ benennen. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass Einzelbuchstaben zur Bezeichnung einer Marke vom Verbraucher ausgesprochen werden (zur Aussprache der Buchstaben „E“ und „C“ Urteil des Gerichts vom 10. November 2011, Esprit International/HABM – Marc O’Polo International [Darstellung eines Buchstabens auf einer Hosentasche], T‑22/10, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 94 bis 97). Bei diesen Verkehrskreisen würden die Zeichen dann in identischer Weise ausgesprochen (vgl. entsprechend in Bezug auf die Aussprache des Buchstabens „X“ Urteil des Gerichts vom 5. November 2013, Capitalizaciones Mercantiles/HABM – Leineweber [X], T‑378/12, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 60).

44      Somit hat die Beschwerdekammer zu Recht angenommen, dass für die Verkehrskreise, die nur den Buchstaben „H“ benennen, eine klangliche Identität zwischen den beiden Zeichen bestehe.

45      Was schließlich drittens den begrifflichen Zeichenvergleich betrifft, tritt die Klägerin auch der Beurteilung der Beschwerdekammer entgegen, dass in dieser Hinsicht Ähnlichkeit bestehe. Zum einen habe die Beschwerdekammer bei der Ermittlung des Begriffsinhalts der älteren Marke nur auf eines ihrer Elemente, nämlich den bedruckten Schild, abgestellt, anstatt den Gesamteindruck zu würdigen, den beide Marken hervorriefen. Dabei habe sie verkannt, dass die fraglichen Marken bei ganzheitlicher Betrachtung erhebliche begriffliche Unterschiede aufwiesen, da die eine einen „Ritter auf Ross“ darstelle und die andere ein „königliches Wappen“. Zum anderen habe die Beschwerdekammer zu Unrecht eine begriffliche Ähnlichkeit aufgrund eines „heraldischen Bezugs“ angenommen.

46      Es ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer zunächst ausgeführt hat, dass beide Zeichen als einziges Wortelement den Buchstaben „H“ aufwiesen, den sie auf einem schildförmigen Element zeigten. Sodann verwendeten beide Zeichen Bildelemente, die einen deutlichen heraldischen Bezug hätten. Die Beschwerdekammer gelangte schließlich zu dem Ergebnis, dass zwar die angemeldete Marke eine Krone und die ältere Marke einen Ritter auf einem Pferd zeige, dass aber trotz dieser Unterschiede der Gesamteindruck der Zeichen in begrifflicher Hinsicht ähnlich sei.

47      Entgegen der Auffassung der Klägerin hat sich die Beschwerdekammer somit sehr wohl auf den von den Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck gestützt, indem sie „trotz dieser Unterschiede“ auf eine begriffliche Ähnlichkeit geschlossen hat.

48      Insoweit ist nämlich festzustellen, dass der durch einen Schild geschützte Ritter in Rüstung auf einem Pferd genau wie die Krone auf einem Schild aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise, d. h. des deutschen Durchschnittsverbrauchers, unbestreitbar auf dieselbe Vorstellung von einer „Ritterzeit“ verweisen.

49      Außerdem ist, was die Frage des Vorliegens eines „heraldischen Bezugs“ betrifft, festzustellen, dass das Vorhandensein von Schilden in den beiden Zeichen offenkundig einen solchen Bezug darstellt. Es ist nämlich beim angesprochenen Publikum allgemein bekannt, dass die Schilde der Ritter deren Wappen trugen, die nicht nur als Dekoration dienten, sondern auch zur Identifizierung, weshalb Wappen im Allgemeinen auf einem schildförmigen Hintergrund dargestellt werden, der weitere Merkmale umfassen kann, beispielsweise Kronen.

50      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Beschwerdekammer die Ähnlichkeiten zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen fehlerfrei beurteilt hat.

–       Zur Verwechslungsgefahr

51      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung der berücksichtigten Faktoren, insbesondere zwischen der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit den Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg. 1998, I‑5507, Rn. 17, und Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Mast Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.), T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, Slg. 2006, II‑5409, Rn. 74).

52      Nach Auffassung der Beschwerdekammer sind die mit den einander gegenüberstehenden Marken gekennzeichneten Waren identisch, die zu vergleichenden Zeichen bildlich ähnlich, klanglich für einen Teil der Verkehrskreise identisch und weisen auch eine begriffliche Ähnlichkeit auf. Daher hat die Beschwerdekammer auf eine Verwechslungsgefahr geschlossen.

53      Die Klägerin ist der Auffassung, die Beschwerdekammer habe nicht berücksichtigt, dass Einzelbuchstaben von Haus aus keine Kennzeichnungskraft hätten und ihnen daher keine prägende Bedeutung zukommen könne. Einzelbuchstaben seien grundsätzlich nicht geeignet, im geschäftlichen Verkehr die Waren eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

54      Zudem werde die Verwechslungsgefahr noch dadurch vermindert, dass die Verwendung heraldischer Zeichen für alkoholische Getränke, insbesondere für Biere in Deutschland, weithin üblich sei.

55      Zum ersten Argument der Klägerin ist darauf hinzuweisen, dass ein Buchstabe als solcher einer Marke Unterscheidungskraft verleihen kann (Urteil des Gerichts vom 8. Mai 2012, Mizuno/HABM – Golfino [G], T‑101/11, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 50). Dies gilt umso mehr, wenn der Buchstabe wie im vorliegenden Fall im Zentrum eines ausgearbeiteten Bildbestandteils angebracht ist, der im Rahmen der Gesamtbeurteilung tatsächlich berücksichtigt worden ist.

56      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer keinen beherrschenden Bestandteil festgestellt hat (siehe oben, Rn. 33).

57      Was das zweite Argument der Klägerin betrifft, der angesprochene Verbraucher sei an die Verwendung heraldischer Motive zur Kennzeichnung von Bier in Deutschland gewöhnt, erscheint es im Gegenteil logisch, dass der Verbraucher zweifellos gerade deswegen der auf dem Wappen angebrachten Illustration, d. h. im vorliegenden Fall demselben Buchstaben „H“, umso größere Aufmerksamkeit widmet. Diese Gewöhnung erhöht somit eher noch die Verwechslungsgefahr.

58      Aus dem Vorstehenden ergibt sich zum einen, dass zwischen den Vergleichszeichen eine gewisse bildliche Ähnlichkeit, eine klangliche Identität für einen Teil des Publikums und eine begriffliche Ähnlichkeit besteht, und zum anderen, dass die Waren, nämlich jeweils Bier, identisch sind. Die Beschwerdekammer hat damit zu Recht festgestellt, dass eine Verwechslungsgefahr besteht.

 Zum Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009

59      Die Klägerin macht geltend, die Begründung der Entscheidung der Beschwerdekammer sei lückenhaft und pauschal. Insbesondere lasse die angefochtene Entscheidung nicht erkennen, aus welchen Gründen die Beschwerdekammer den Ritterschild in der Widerspruchsmarke als dominierenden Bestandteil angesehen habe.

60      Nach ständiger Rechtsprechung hat die Begründungspflicht nach Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 den gleichen Umfang wie die nach Art. 296 AEUV (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 21. Oktober 2004, KWS Saat/HABM, C‑447/02 P, Slg. 2004, I‑10107, Rn. 64, und Beschluss des Gerichtshofs vom 9. Dezember 2008, Enercon/HABM, C‑20/08 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 29). Im Übrigen muss die nach Art. 296 AEUV erforderliche Begründung die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrolle ausüben kann. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Anforderungen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil KWS Saat/HABM, Rn. 65). Es reicht aus, dass die Beschwerdekammer die Tatsachen und die rechtlichen Erwägungen darlegt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. Urteil des Gerichts vom 29. September 2011, New Yorker SHK Jeans/HABM – Vallis K. – Vallis A. [FISHBONE], T‑415/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

61      Im vorliegenden Fall ist erneut darauf hinzuweisen, dass den Überlegungen der Klägerin ein fehlerhaftes Verständnis der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegt, da diese nicht auf das Vorliegen eines möglicherweise beherrschenden Bestandteils in der älteren Marke gestützt ist, sondern auf den Gesamteindruck der beiden Zeichen.

62      Außerdem hat die Beschwerdekammer, wie bereits festgestellt worden ist, eine Würdigung aller erforderlichen Gesichtspunkte vorgenommen, d. h. einen Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher (siehe oben, Rn. 27 ff.), klanglicher (siehe oben, Rn. 40 ff.) und begrifflicher (siehe oben, Rn. 45 ff.) Hinsicht, wobei die Definition der angesprochenen Verkehrskreise und die Warenidentität unstreitig sind.

63      Somit ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer die tatsächlichen Gründe und Umstände, die ihre Entscheidung tragen, summarisch, aber klar dargelegt hat.

64      Ferner ist hervorzuheben, dass diese Begründung es der Klägerin erlaubt hat, die angefochtene Entscheidung zu verstehen und eine Klage zu erheben, mit der sie deren Begründetheit rügt. Wie aus der vorstehenden Prüfung hervorgeht, hat auch das Gericht seine Kontrolle ausüben können.

65      Folglich ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen und die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

66      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die MIP Metro Group Intellectual Property GmbH & Co. KG trägt die Kosten.

Van der Woude

Wiszniewska-Białecka

Ulloa Rubio

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 22. Januar 2015.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.