Language of document : ECLI:EU:T:2006:384

Rechtssache T‑228/02

Organisation des Modjahedines du peuple d’Iran

gegen

Rat der Europäischen Union

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus – Einfrieren von Geldern – Nichtigkeitsklage – Verteidigungsrechte – Begründung – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Schadensersatzklage“

Leitsätze des Urteils

1.      Verfahren – Beschluss, der den angefochtenen Beschluss während des laufenden Verfahrens ersetzt

2.      Nichtigkeitsklage – Befugnisse des Gemeinschaftsrichters – Klage gegen einen nach den Titeln V und VI des Vertrages über die Europäische Union angenommenen Gemeinsamen Standpunkt

(Artikel 230 EG; Artikel 15 EU, 34 EU, 35 EU und 46 EU)

3.      Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Beschluss über das Einfrieren von Geldern, der sich gegen bestimmte Personen und Organisationen richtet, die terroristischer Handlungen verdächtigt werden

(Artikel 249 EG; Verordnung Nr. 2580/2001 des Rates, Artikel 2 Absatz 3; Beschluss 2005/930 des Rates)

4.      Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, die restriktive Maßnahmen gegenüber nicht bezeichneten Personen und Organisationen verlangt, die terroristischer Handlungen verdächtigt werden – Durchführung durch die Gemeinschaft in Ausübung einer eigenen Befugnis

(Artikel 60 EG, 301 EG und 308 EG; Verordnung Nr. 2580/2001 des Rates)

5.      Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Beschluss über das Einfrieren von Geldern, der sich gegen bestimmte Personen und Organisationen richtet, die terroristischer Handlungen verdächtigt werden

(Gemeinsamer Standpunkt 2001/931, Artikel 1 Absatz 4; Verordnung Nr. 2580/2001 des Rates, Artikel 2 Absatz 3)

6.      Europäische Union – Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen – Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen

(Artikel 10 EG; Gemeinsamer Standpunkt 2001/931, Artikel 1 Absatz 4; Verordnung Nr. 2580/2001 des Rates, Artikel 2 Absatz 3)

7.      Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Beschluss über das Einfrieren von Geldern, der sich gegen bestimmte Personen und Organisationen richtet, die terroristischer Handlungen verdächtigt werden

(Gemeinsamer Standpunkt 2001/931; Artikel 1 Absätze 4 und 6)

8.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang

(Artikel 253 EG; Verordnung Nr. 2580/2001 des Rates)

9.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang

(Artikel 253 EG; Gemeinsamer Standpunkt 2001/931, Artikel 1 Absätze 4 und 6; Verordnung Nr. 2580/2001 des Rates)

10.    Europäische Gemeinschaften – Gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Handlungen der Organe

(Artikel 230 Absatz 2 EG; Gemeinsamer Standpunkt 2001/931, Artikel 1 Absätze 4 und 6; Verordnung Nr. 2580/2001 des Rates, Artikel 2 Absatz 3)

1.      Eine Entscheidung, die während des Verfahrens eine andere Entscheidung mit gleichem Gegenstand ersetzt, ist als neue Tatsache anzusehen, die den Kläger zur Anpassung seiner Anträge und Klagegründe berechtigt. Es wäre nämlich mit einer geordneten Rechtspflege und dem Erfordernis der Prozessökonomie unvereinbar, wenn der Kläger eine weitere Klage erheben müsste. Außerdem wäre es ungerecht, wenn das betreffende Gemeinschaftsorgan den Rügen in einer beim Gemeinschaftsrichter gegen eine Entscheidung eingereichten Klageschrift dadurch begegnen könnte, dass es die angefochtene Entscheidung anpasst oder durch eine andere ersetzt und sich im Verfahren auf diese Änderung oder Ersetzung beruft, um es der Gegenpartei unmöglich zu machen, ihre ursprünglichen Anträge und Klagegründe auf die spätere Entscheidung auszudehnen oder gegen diese ergänzende Anträge zu stellen und zusätzliche Angriffsmittel vorzubringen. Das gilt auch für den Fall, dass eine Verordnung, die einen Einzelnen unmittelbar und individuell betrifft, während des Verfahrens durch eine Verordnung mit gleichem Gegenstand ersetzt wird.

(vgl. Randnrn. 28-29)

2.      Das Gericht ist für die Entscheidung über eine Nichtigkeitsklage gegen einen Gemeinsamen Standpunkt, der auf der Grundlage der Artikel 15 EU (Titel V über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik [GASP]) und 34 EU (Titel VI über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen [JI]) angenommen wurde, nur dann zuständig, wenn zur Begründung einer solchen Klage eine Verkennung der Zuständigkeiten der Gemeinschaft geltend gemacht wird.

Weder im Titel V des EU-Vertrags über die GASP noch im Titel VI über den Bereich JI ist nämlich eine Klage vor dem Gemeinschaftsrichter auf Nichtigerklärung eines Gemeinsamen Standpunkts vorgesehen.

Im Rahmen des EU-Vertrags in der Fassung des Amsterdamer Vertrages sind die Zuständigkeiten des Gerichtshofes abschließend in Artikel 46 EU aufgeführt. Dieser sieht aber keine Zuständigkeit des Gerichtshofes für die Bestimmungen des Titels V des EU-Vertrags vor, und im Rahmen des Titels VI des EU-Vertrags ergibt sich aus den Artikeln 35 EU und 46 EU, dass nur Rechtsbehelfe zur Überprüfung der Gültigkeit oder zur Nichtigerklärung der in Artikel 34 Absatz 2 Buchstaben b, c und d EU vorgesehenen Rahmenbeschlüsse, Beschlüsse und Maßnahmen zur Durchführung von Übereinkommen zur Verfügung stehen; dazu gehören nicht die Gemeinsamen Standpunkte nach Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe a EU.

(vgl. Randnrn. 46-49, 52, 56)

3.      Den Betroffenen kann im Kontext des Erlasses eines Beschlusses über das Einfrieren von Geldern gemäß der Verordnung Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus die Gewährleistung der Verteidigungsrechte im engeren Sinne nicht allein aus dem Grund vorenthalten werden, dass weder die Europäische Menschenrechtskonvention noch die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts dem Einzelnen vor dem Erlass eines Rechtsakts einen Anspruch auf rechtliches Gehör verleihen.

Es ist zwar richtig, dass der Beschluss 2005/930, mit dem Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 durchgeführt wird, die gleiche allgemeine Geltung wie diese Verordnung hat und wie sie in jedem Mitgliedstaat unmittelbar gilt und dass er trotz seines Titels daher deren Normcharakter im Sinne von Artikel 249 EG teilt, doch hat er keinen rein normativen Charakter. Er entfaltet seine Wirkung zwar erga omnes, betrifft aber die im Übrigen namentlich aufgeführten Personen, die in die Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften aufzunehmen sind, deren Gelder nach dieser Verordnung einzufrieren sind, unmittelbar und individuell.

(vgl. Randnrn. 95, 97-98)

4.      Im Zusammenhang mit der Resolution 1373 (2001) des Sicherheitsrats obliegt es den Mitgliedern der Organisation der Vereinten Nationen – im vorliegenden Fall der Gemeinschaft, über die ihre Mitgliedstaaten zu handeln beschlossen haben – unter Einhaltung der Vorschriften ihrer eigenen Rechtsordnung konkret die Personen, Vereinigungen und Einrichtungen festzulegen, deren Gelder gemäß dieser Resolution einzufrieren sind.

In dieser Resolution werden nämlich zum einen nicht die Personen, Vereinigungen und Einrichtungen, die diesen Maßnahmen unterliegen sollen, einzeln bezeichnet, und es sind auch weder präzise Rechtsnormen für das Verfahren zum Einfrieren der Gelder vorgesehen noch Garantien oder Rechtsbehelfe, die sicherstellen, dass die von einem solchen Verfahren betroffenen Personen und Einrichtungen die von den Mitgliedstaaten gegen sie getroffenen Maßnahmen wirksam anfechten können.

Zum anderen wird die Gemeinschaft nicht aufgrund einer durch den Willen der Union oder ihrer Mitgliedstaaten gebundenen Befugnis tätig, wenn der Rat wirtschaftliche Sanktionen auf der Grundlage der Artikel 60 EG, 301 EG und 308 EG verhängt.

Da die Identifizierung der in der Resolution 1373 (2001) des Sicherheitsrats genannten Personen, Vereinigungen und Einrichtungen und das anschließende Einfrieren von Geldern in Ausübung einer eigenen Befugnis aufgrund einer Ermessensentscheidung der Gemeinschaft erfolgen, müssen die betreffenden Gemeinschaftsorgane, im vorliegenden Fall der Rat, grundsätzlich die Verteidigungsrechte der Betroffenen wahren, wenn sie tätig werden, um dieser Resolution nachzukommen. Daraus folgt, dass die Verteidigungsrechte im Kontext des Erlasses eines Beschlusses über das Einfrieren von Geldern nach der Verordnung Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus grundsätzlich in vollem Umfang zu gewährleisten sind.

(vgl. Randnrn. 101-102, 106-108)

5.      Im Kontext des Erlasses eines Beschlusses über das Einfrieren von Geldern nach Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus können die Verteidigungsrechte nur in Bezug auf die tatsächlichen und rechtlichen Umstände ausgeübt werden, von denen die Anwendung der betreffenden Maßnahme auf den Betroffenen gemäß dieser Regelung abhängt.

Die Frage nach der Wahrung der Verteidigungsrechte in diesem Zusammenhang kann sich jedoch auf zwei Ebenen stellen:

Zunächst sind die Verteidigungsrechte des Betroffenen im Rahmen des nationalen Verfahrens wirksam zu wahren, das zum Erlass des in Artikel 1 Absatz 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus vorgesehenen Beschlusses durch die zuständige nationale Behörde geführt hat. Insbesondere in diesem nationalen Rahmen muss der Betroffene zu den ihm zur Last gelegten Umständen, auf die der fragliche Beschluss gestützt ist, sachgerecht Stellung nehmen können, unbeschadet eventueller Beschränkungen der Verteidigungsrechte, die im nationalen Recht u. a. aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Aufrechterhaltung der internationalen Beziehungen gerechtfertigt sind.

Sodann sind die Verteidigungsrechte des Betroffenen im Rahmen des Gemeinschaftsverfahrens wirksam zu wahren, das zu einem Beschluss des Rates nach Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 führen soll, ihn in die streitige Liste aufzunehmen oder auf ihr zu belassen. Grundsätzlich muss der Betroffene in diesem Rahmen nur zu den rechtlichen Voraussetzungen für die Anwendung der betreffenden Gemeinschaftsmaßnahme sachgerecht Stellung nehmen können, d. h., wenn es sich um einen Ausgangsbeschluss über das Einfrieren von Geldern handelt, zum Vorliegen genauer Informationen oder einschlägiger Akten, aus denen sich ergibt, dass eine zuständige nationale Behörde ihm gegenüber einen Beschluss gefasst hat, auf den die Definition in Artikel 1 Absatz 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 zutrifft, und, wenn es sich um einen Folgebeschluss über das Einfrieren von Geldern handelt, zu der Begründung für seinen Verbleib auf der streitigen Liste.

(vgl. Randnrn. 114-115, 118-120)

6.      Nach Artikel 10 EG wird das Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen durch die Verpflichtung zu beiderseitiger loyaler Zusammenarbeit bestimmt. Dieser Grundsatz ist allgemein anwendbar und gilt u. a. im Rahmen der in Titel VI des EU-Vertrags geregelten polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, die im Übrigen vollständig auf der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Organen beruht.

Im Fall der Anwendung des Artikels 1 Absatz 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus – Bestimmungen, die eine besondere Form der Zusammenarbeit zwischen dem Rat und den Mitgliedstaaten bei der gemeinsamen Bekämpfung des Terrorismus schaffen – folgt aus diesem Grundsatz die Verpflichtung für den Rat, sich zumindest dann, wenn es sich um eine Justizbehörde handelt, so weit wie möglich auf die Beurteilung durch die nationale Behörde zu verlassen, sowohl hinsichtlich des Vorliegens der „ernsthaften und schlüssigen Beweise oder Indizien“, auf die sie sich für ihren Beschluss stützt, als auch hinsichtlich der Anerkennung eventueller Beschränkungen des Zugangs zu diesen Beweisen oder Indizien, die im nationalen Recht aus zwingenden Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Aufrechterhaltung internationaler Beziehungen gerechtfertigt sind.

Diese Erwägungen gelten jedoch nur, soweit die betreffenden Beweise oder Indizien auch tatsächlich von der zuständigen nationalen Behörde geprüft worden sind. Stützt der Rat seinen Ausgangsbeschluss oder einen Folgebeschluss über das Einfrieren von Geldern im Laufe des bei ihm stattfindenden Verfahrens dagegen auf Informationen oder Beweisumstände, die ihm von den Vertretern der Mitgliedstaaten übermittelt worden sind, ohne dass sie der zuständigen nationalen Behörde zur Prüfung vorgelegen haben, so sind sie als neue zur Last gelegte Umstände anzusehen, die grundsätzlich Gegenstand einer Mitteilung und einer Anhörung auf Gemeinschaftsebene sein müssen, wenn dies noch nicht auf nationaler Ebene geschehen ist.

(vgl. Randnrn. 123-125)

7.      Der allgemeine Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte verlangt, dass dem Betroffenen die zur Last gelegten Umstände so weit wie möglich mitgeteilt werden, entweder gleichzeitig mit dem Erlass eines Ausgangsbeschlusses über das Einfrieren von Geldern oder so früh wie möglich im Anschluss daran, es sei denn, dem stehen zwingende Erwägungen der Sicherheit der Gemeinschaft oder ihrer Mitgliedstaaten oder der Gestaltung ihrer internationalen Beziehungen entgegen. Unter denselben Einschränkungen müssen jedem Folgebeschluss über das Einfrieren von Geldern grundsätzlich eine Mitteilung der neuen zur Last gelegten Umstände und eine Anhörung vorausgehen. Für die Wahrung der Verteidigungsrechte ist es hingegen weder erforderlich, dass dem Betroffenen die zur Last gelegten Umstände vor dem Erlass einer Maßnahme zum erstmaligen Einfrieren von Geldern mitgeteilt werden, noch, dass er in einem solchen Zusammenhang im Nachhinein von Amts wegen angehört wird.

Im Fall eines Ausgangsbeschlusses über das Einfrieren von Geldern ist es für die Mitteilung der zur Last gelegten Umstände zum einen grundsätzlich erforderlich, dass der Rat dem Betroffenen die genauen Informationen bzw. die einschlägigen Akten mitteilt, aus denen sich ergibt, dass eine zuständige Behörde eines Mitgliedstaats ihm gegenüber einen Beschluss gefasst hat, auf den die Definition in Artikel 1 Absatz 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus zutrifft, sowie gegebenenfalls die neuen Umstände, die sich aus den Informationen oder Beweisumständen ergeben, die dem Rat von den Vertretern der Mitgliedstaaten übermittelt worden sind, ohne dass sie der zuständigen nationalen Behörde zur Prüfung vorgelegen haben, und zum anderen, dass er zu diesen Informationen oder Akten sachgerecht Stellung nehmen kann.

Im Fall eines Folgebeschlusses über das Einfrieren von Geldern ist es zur Wahrung der Verteidigungsrechte ebenfalls erforderlich, dass dem Betroffenen die Informationen oder Akten mitgeteilt werden, die nach Ansicht des Rates seinen Verbleib auf den streitigen Listen rechtfertigen, sowie gegebenenfalls die oben erwähnten neuen Umstände, und außerdem, dass er hierzu sachgerecht Stellung nehmen kann.

(vgl. Randnrn. 125-126, 137)

8.      Die in Artikel 253 EG vorgesehene Begründungspflicht ist im Kontext des Erlasses eines Beschlusses über das Einfrieren von Geldern nach der Verordnung Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus in vollem Umfang zu gewährleisten.

Die Begründung einer Maßnahme zum Einfrieren von Geldern nach der Verordnung Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus muss sich grundsätzlich nicht nur auf die rechtlichen Voraussetzungen der Anwendung dieser Verordnung beziehen, sondern auch auf die Gründe, aus denen der Rat in Ausübung seines Ermessens annimmt, dass der Betroffene einer solchen Maßnahme zu unterwerfen ist.

Zwingende Erwägungen der Sicherheit der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten oder der Gestaltung ihrer internationalen Beziehungen können der Offenlegung gegenüber den Betroffenen der genauen und vollständigen Gründe des Ausgangs- oder Folgebeschlusses über das Einfrieren ihrer Gelder jedoch entgegenstehen, so wie sie auch der Mitteilung der zur Last gelegten Umstände an diese im Laufe des Verwaltungsverfahrens entgegenstehen können.

(vgl. Randnrn. 109, 146, 148)

9.      Soweit dem keine zwingenden Erwägungen der Sicherheit der Gemeinschaft oder ihrer Mitgliedstaaten oder der Gestaltung ihrer internationalen Beziehungen entgegenstehen und vorbehaltlich auch der Möglichkeit, dass in der im Amtsblatt veröffentlichten Fassung des Beschlusses nur der Tenor und eine allgemeine Begründung erscheinen, muss sich die Begründung eines Ausgangsbeschlusses über das Einfrieren von Geldern im Sinne von Artikel 1 Absatz 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus in spezifischer und konkreter Weise zumindest auf genaue Informationen oder Akten beziehen, aus denen sich ergibt, dass eine zuständige Behörde eines Mitgliedstaats diesen Beschluss gegenüber dem Betroffenen gefasst hat. Die Begründung eines solchen Beschlusses muss ferner die Gründe nennen, aus denen der Rat in Ausübung seines Ermessens annimmt, dass der Betroffene einer solchen Maßnahme zu unterwerfen ist. Außerdem sind in der Begründung eines Folgebeschlusses über das Einfrieren von Geldern im Sinne von Artikel 1 Absatz 6 dieses Gemeinsamen Standpunkts unter denselben Einschränkungen die spezifischen und konkreten Gründe anzugeben, aus denen der Rat nach der Überprüfung – gegebenenfalls auf der Grundlage neuer Informationen oder Beweise – zu der Auffassung gelangt, dass das Einfrieren der Gelder des Betroffenen nach wie vor gerechtfertigt ist.

(vgl. Randnrn. 116, 125-126, 147, 151)

10.    Die gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines nach Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus gefassten Beschlusses über das Einfrieren von Geldern ist die Kontrolle, die in Artikel 230 Absatz 2 EG vorgesehen ist, wonach der Gemeinschaftsrichter für Klagen wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung des EG-Vertrags oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs zuständig ist.

Im Rahmen dieser Kontrolle ist es Sache des Gerichts, unter Berücksichtigung der vom Betroffenen geltend gemachten oder von Amts wegen festgestellten Nichtigkeitsgründe u. a. zu überprüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Anwendung der Verordnung Nr. 2580/2001 auf einen Einzelfall vorliegen, wie sie in deren Artikel 2 Absatz 3 und – durch Bezugnahme – entweder in Artikel 1 Absatz 4 oder in Artikel 1 Absatz 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus genannt sind, je nachdem, ob es sich um einen Ausgangsbeschluss oder einen Folgebeschluss über das Einfrieren von Geldern handelt. Dazu gehört, dass sich die gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit des fraglichen Beschlusses auf die Beurteilung der Tatsachen und Umstände erstreckt, die zu seiner Begründung herangezogen wurden, sowie auf die Prüfung der Beweismittel und Informationen, auf die sich diese Beurteilung stützt. Das Gericht muss sich auch von der Wahrung der Verteidigungsrechte und von der Erfüllung des insoweit bestehenden Begründungserfordernisses sowie gegebenenfalls von der Berechtigung der zwingenden Erwägungen überzeugen, auf die sich der Rat ausnahmsweise beruft, um hiervon abweichen zu können.

Diese Kontrolle erweist sich umso mehr als unverzichtbar, als sie die einzige Verfahrensgarantie darstellt, die einen gerechten Ausgleich zwischen den Erfordernissen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus und dem Grundrechtsschutz schaffen kann. Da die Beschränkungen, denen die Verteidigungsrechte der Betroffenen vom Rat unterworfen werden, durch eine genaue, unabhängige und unparteiische gerichtliche Kontrolle auszugleichen sind, muss der Gemeinschaftsrichter die Rechtmäßigkeit und die Begründetheit der Maßnahmen zum Einfrieren von Geldern kontrollieren können, ohne dass ihm die Geheimhaltungsbedürftigkeit oder die Vertraulichkeit der vom Rat herangezogenen Beweise und Informationen entgegengehalten werden könnte.

(vgl. Randnrn. 153-155)