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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PRIIT PIKAMÄE

vom 17. Juni 2021(1)

Rechtssache C894/19 P

Europäisches Parlament

gegen

UZ

„Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Beamtin – Disziplinarverfahren – Mobbing – Disziplinarstrafe – Zurückstufung um eine Besoldungsgruppe – Ablehnung des Beistandsantrags der Klägerin – Aufhebungsklage – Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Erfordernis der objektiven Unparteilichkeit – Anspruch auf rechtliches Gehör“






I.      Einleitung

1.        Mit seinem Rechtsmittel beantragt das Europäische Parlament die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 20. September 2019, UZ/Parlament (T‑47/18, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2019:650), mit dem dieses die Entscheidung des Generalsekretärs des Parlaments vom 27. Februar 2017 über die Verhängung der Disziplinarstrafe der Zurückstufung von der Besoldungsgruppe AD 13, Dienstaltersstufe 3, in die Besoldungsgruppe AD 12, Dienstaltersstufe 3, unter Zurücksetzung der in der Besoldungsgruppe AD 13 erworbenen Verdienstpunkte auf null gegen UZ aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen hat.

2.        Mit ihrem Anschlussrechtsmittel beantragt UZ, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Gericht den Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Ablehnung ihres Beistandsantrags zurückgewiesen hat.

3.        Auf Wunsch des Gerichtshofs werden sich die vorliegenden Schlussanträge auf den ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes betreffend die behauptete fehlende Unparteilichkeit des Parlaments bei der Durchführung der Disziplinaruntersuchung gegen UZ konzentrieren. Das Parlament trägt vor, das Gericht habe zu Unrecht entschieden, dass die ernannten Untersuchungsbeauftragten keine hinreichenden Garantien geboten hätten, um jeden Zweifel an ihrer Unparteilichkeit auszuschließen. Diese Schlussfolgerung beruhe erstens auf einer Verfälschung des Sachverhalts und zweitens auf einer fehlerhaften rechtlichen Einordnung des Begriffs „objektive Unparteilichkeit“.

4.        Die vorliegende Rechtssache bietet dem Gerichtshof Gelegenheit, sich zur Anwendbarkeit der Grundsätze für diesen bereits in mehreren Bereichen der Unionsrechtsordnung bekannten Begriff „objektive Unparteilichkeit“ auf den öffentlichen Dienst, konkreter gesagt auf Verwaltungsuntersuchungen im Rahmen von Disziplinarverfahren, zu äußern.

II.    Rechtlicher Rahmen

5.        Art. 24 des Statuts der Beamten der Europäischen Union in seiner auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Statut) sieht vor:

„Die Union leistet ihren Beamten Beistand, insbesondere beim Vorgehen gegen die Urheber von Drohungen, Beleidigungen, übler Nachrede, Verleumdungen und Anschlägen auf die Person oder das Vermögen, die auf Grund ihrer Dienststellung oder ihres Amtes gegen sie oder ihre Familienangehörigen gerichtet werden.

Sie ersetzt solidarisch den erlittenen Schaden, soweit ihn der Beamte weder vorsätzlich noch grobfahrlässig herbeigeführt hat und soweit er keinen Schadenersatz von dem Urheber erlangen konnte.“

6.        Art. 86 dieses Statuts bestimmt:

„(1)      Gegen Beamte oder ehemalige Beamte, die vorsätzlich oder fahrlässig die ihnen durch das Statut auferlegten Pflichten verletzen, kann eine Disziplinarstrafe verhängt werden.

(2)      Werden der Anstellungsbehörde oder dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung [(OLAF)] Tatsachen zur Kenntnis gebracht, die auf eine Verletzung der Dienstpflichten im Sinne von Absatz 1 schließen lassen, so können diese eine Verwaltungsuntersuchung einleiten, um zu prüfen, ob eine solche Dienstpflichtverletzung vorliegt.

(3)      Die Disziplinarvorschriften und ‑verfahren sowie die für Verwaltungsuntersuchungen geltenden Vorschriften und Verfahren sind in Anhang IX des Statuts geregelt.“

7.        Anhang IX Art. 3 des genannten Statuts lautet:

„Auf der Grundlage des Untersuchungsberichts kann die Anstellungsbehörde nach Unterrichtung des betreffenden Beamten über alle in den Akten enthaltenen Beweismittel nach Anhörung des Beamten

a)      feststellen, dass keine belastende Tatsache gegen den Beamten vorliegt, wobei der Beamte darüber schriftlich unterrichtet wird, oder

b)      beschließen, obwohl eine Dienstpflichtverletzung vorliegt oder offensichtlich vorgelegen hat, gegen den Beamten keine Strafe zu verhängen und gegebenenfalls eine Ermahnung aussprechen, oder

c)      bei einer Dienstpflichtverletzung im Sinne von Artikel 86 des Statuts

i)      beschließen, das in Abschnitt 4 dieses Anhangs vorgesehene Disziplinarverfahren einzuleiten, oder

ii)      beschließen, ein Verfahren vor dem Disziplinarrat einzuleiten.“

8.        In Art. 16 Abs. 1 und 2 dieses Anhangs heißt es:

„(1)      Der betreffende Beamte wird vom Disziplinarrat gehört; dabei kann er sich schriftlich oder mündlich äußern, entweder persönlich oder durch einen von ihm bestimmten Vertreter. Er kann Zeugen benennen.

(2)      Das Organ ist vor dem Disziplinarrat durch einen von der Anstellungsbehörde beauftragten Beamten vertreten und hat den Rechten des betreffenden Beamten entsprechende Rechte.“

9.        Art. 22 dieses Anhangs hat folgenden Wortlaut:

„(1)      Innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Stellungnahme des Disziplinarrates erlässt die Anstellungsbehörde nach Anhörung des Beamten eine Verfügung gemäß den Artikeln 9 und 10 dieses Anhangs. Die Verfügung ist zu begründen.

(2)      Beschließt die Anstellungsbehörde, den Fall abzuschließen, ohne eine Disziplinarstrafe zu verhängen, so ist der betreffende Beamte unverzüglich schriftlich darüber zu unterrichten. Der Beamte kann beantragen, dass die Entscheidung in seine Personalakte aufgenommen wird.“

III. Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitige Entscheidung

10.      Die Vorgeschichte des Rechtsstreits geht aus den Rn. 1 bis 27 des angefochtenen Urteils hervor und lässt sich für die Zwecke des vorliegenden Rechtsmittels wie folgt zusammenfassen.

11.      UZ hatte seit dem 1. Januar 2009 den Dienstposten einer Referatsleiterin im Parlament inne. Sie war zuletzt in die Besoldungsgruppe AD 13, Dienstaltersstufe 3, eingestuft.

12.      Am 24. Januar 2014 richteten 14 der 15 Mitglieder ihres Referats (im Folgenden: Beschwerdeführer) gemäß Art. 24 des Statuts einen Antrag auf Beistand an den Generalsekretär des Parlaments, in dem sie sich auf Mobbing durch UZ beriefen.

13.      Auf diesen Antrag hin teilte der Generaldirektor der Generaldirektion Personal (im Folgenden: GD PERS) den Beschwerdeführern mit, dass vorläufige Maßnahmen erlassen worden seien. Insbesondere werde die Personalführung des betreffenden Referats auf eine andere Person übertragen und eine Verwaltungsuntersuchung eingeleitet.

14.      Im Anschluss an die Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung wurde UZ am 20. November 2014 vom Generaldirektor der GD PERS angehört.

15.      Nach Erstellung zweier Berichte am 3. März und 17. November 2015 wurde UZ am 17. Juni und am 2. Dezember 2015 vom Generaldirektor der GD PERS angehört.

16.      Mit Schreiben vom 6. Januar 2016 wurde UZ vom Generalsekretär des Parlaments darüber informiert, dass der Disziplinarrat wegen Verletzung der Dienstpflicht befasst werde. Der Disziplinarrat hörte UZ am 17. Februar, 9. März, 8. April und 26. Mai 2016 an.

17.      Am 25. Juli 2016 gab der Disziplinarrat einstimmig seine Stellungnahme ab, mit der er erstens der Anstellungsbehörde vorschlug, für das gesamte Fehlverhalten von UZ eine Gesamtstrafe zu bilden, die in einer Zurückstufung bestehe, und zweitens feststellte, dass die AIPN ernsthaft erwägen sollte, ihr im Generalsekretariat einen Dienstposten anderer Art zuzuweisen.

18.      Mit Beschluss vom 20. September 2016 ermächtigte der Generalsekretär des Parlaments den Generaldirektor der GD PERS, ihn in der in Anhang IX Art. 22 des Statuts vorgesehenen Anhörung von UZ zu vertreten, und beauftragte ihn, ihm deren eventuelle Erklärungen zu der am 7. September 2016 übermittelten Stellungnahme des Disziplinarrats zuzuleiten.

19.      Mit E‑Mail vom 4. Oktober 2016 forderte der Generaldirektor der GD PERS UZ auf, am 20. Oktober 2016 gemäß Art. 22 Abs. 1 des Statuts zu einer Anhörung zu erscheinen, um Bemerkungen zur Stellungnahme des Disziplinarrats abgeben zu können.

20.      Am 14. November 2016 wurde UZ vom Generaldirektor der GD PERS angehört. In dieser Anhörung legte sie einen Vermerk vor und beantragte den Beistand des Parlaments wegen Drohungen, die von Mitgliedern ihres Referats ihr gegenüber geäußert worden sein sollen.

21.      Auf Vorschlag des Generalsekretärs der GD PERS wurde UZ daraufhin vorübergehend einem anderen Referat zugewiesen.

22.      Mit Entscheidung vom 27. Februar 2017 verhängte der Generalsekretär des Parlaments gegen UZ die Disziplinarstrafe der Zurückstufung in derselben Funktionsgruppe von der Besoldungsgruppe AD 13, Dienstaltersstufe 3, in die Besoldungsgruppe AD 12, Dienstaltersstufe 3, unter Zurücksetzung der in der früheren Besoldungsgruppe AD 13 erworbenen Verdienstpunkte auf null (im Folgenden: streitige Entscheidung).

23.      Mit Schreiben vom 6. Juni 2017 reichte UZ bei der AIPN des Parlaments Beschwerde gegen die streitige Entscheidung ein.

24.      Mit Schreiben vom 14. Juni 2017 reichte UZ beim Generalsekretär des Parlaments Beschwerde gegen die implizite Ablehnung ihres Beistandsantrags ein. Mit Schreiben vom 20. Juli 2017 lehnte der Generaldirektor der GD PERS diesen Beistandsantrag ab.

25.      Mit Schreiben vom 6. Oktober 2017 wies der Präsident des Parlaments die von UZ in den Schreiben vom 6. und 14. Juni 2017 eingereichten Beschwerden zurück.

IV.    Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

26.      Mit Klageschrift, die am 29. Januar 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht wurde, erhob UZ Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung sowie auf Aufhebung der Entscheidung über die Ablehnung ihres Beistandsantrags.

27.      Das Parlament beantragte die Abweisung der Klage.

A.      Antrag auf Aufhebung der streitigen Entscheidung

28.      Zur Stützung ihres Antrags auf Aufhebung der streitigen Entscheidung machte UZ zwei Klagegründe geltend, mit denen erstens die Fehlerhaftigkeit der Verwaltungsuntersuchung und zweitens die Fehlerhaftigkeit der Arbeiten des Disziplinarrats und die fehlende Anhörung durch die zuständige Behörde am Ende dieser Arbeiten gerügt wurden.

1.      Erster Klagegrund: Fehlerhaftigkeit der Verwaltungsuntersuchung

29.      Im Rahmen dieses ersten Klagegrundes trug UZ u. a. vor, zwei der mit der Verwaltungsuntersuchung betrauten Untersuchungsbeauftragten, nämlich der für den „disziplinarrechtlichen“ Teil und der für den Teil „Mobbing“ zuständige Untersuchungsbeauftragte, hätten nicht die notwendige Unabhängigkeit und Unparteilichkeit besessen, um an dieser Untersuchung teilzunehmen.

30.      Als Erstes stellte das Gericht in Rn. 51 des angefochtenen Urteils in Bezug auf die behauptete fehlende Unparteilichkeit des Untersuchungsbeauftragten für den „disziplinarrechtlichen“ Teil fest, dass ein Mitglied der GD PERS, wie aus der Zeugenaussage eines der Beschwerdeführer hervorgehe, ihn vor der Einleitung der Untersuchung getroffen und er dem später zum Untersuchungsbeauftragten ernannten Mitglied bei diesem Treffen berichtet habe, dass er von UZ, genauer über ihren Mann, „aus Rache“ wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten beim OLAF angezeigt worden sei.

31.      Eine solche Aussage könne bei UZ einen berechtigten Zweifel an der Unparteilichkeit des Untersuchungsbeauftragten aufkommen lassen, der von der besonderen Bösartigkeit ihres angeblichen Verhaltens, wie es ihm berichtet worden sei, hätte beeinflusst werden können.

32.      In den Rn. 53 bis 55 des angefochtenen Urteils vertrat das Gericht die Auffassung, dass das Parlament, da es von UZ bei deren Anhörung vom 14. November 2016 über die fehlende Unparteilichkeit unterrichtet worden sei, in der Lage gewesen wäre, eine Person als Untersuchungsbeauftragten auszuwählen, die keine Vorkenntnisse über den Sachverhalt gehabt habe.

33.      Als Zweites stellte das Gericht in Rn. 57 dieses Urteils hinsichtlich der behaupteten fehlenden Unparteilichkeit des Untersuchungsbeauftragten für den Teil „Mobbing“ fest, dass dieser, wie sich aus den Erläuterungen des Parlaments in der mündlichen Verhandlung ergebe, vor seiner Ernennung zum Untersuchungsbeauftragten für den Bereich „Mobbing“ im Rahmen der Verwaltungsuntersuchung Vorsitzender des Beratenden Ausschusses für Mobbing und Mobbing-Prävention am Arbeitsplatz gewesen sei. Dieser Ausschuss sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Leitung des Referats von UZ einer anderen Person habe übertragen werden sollen.

34.      Angesichts des Ergebnisses des Ausschusses habe der Untersuchungsbeauftragte, als er als solcher für den Teil „Mobbing“ ernannt worden sei, bereits eine vorgefasste negative Meinung über UZ haben können. Dieser Umstand stelle seine objektive Unparteilichkeit in Frage.

35.      Daher entschied das Gericht in Rn. 59 des angefochtenen Urteils, dass das Parlament wegen der Ernennung der beiden Personen, die Vorkenntnisse über die Rechtssache hätten haben können, zu Untersuchungsbeauftragten keine hinreichenden Garantien geboten habe, um im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs jeden Zweifel auszuschließen.

36.      Als Drittes wies das Gericht in Rn. 60 des angefochtenen Urteils auf die ständige Rechtsprechung hin, wonach ein Verfahrensfehler nur dann die Aufhebung einer Maßnahme rechtfertigen kann, wenn das Verfahren ohne diesen Fehler zu einem anderen Ergebnis hätte führen können.

37.      Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die vorliegende Verwaltungsuntersuchung, wäre sie sorgfältig und unparteilich durchgeführt worden, zu einer anderen anfänglichen Bewertung des Sachverhalts, die nicht notwendigerweise auf die Verhängung der Disziplinarstrafe hinausgelaufen wäre, hätte führen können.

38.      Daher vertrat das Gericht in Rn. 65 des angefochtenen Urteils die Auffassung, dass dem Antrag von UZ auf Aufhebung der streitigen Entscheidung stattzugeben sei.

39.      Aus Gründen der geordneten Rechtspflege hielt es das Gericht jedoch für sinnvoll, den zweiten Klagegrund zu prüfen.

2.      Zweiter Klagegrund: Fehlerhaftigkeit der Arbeiten des Disziplinarrats und fehlende Anhörung durch die zuständige Behörde am Ende dieser Arbeiten

40.      Zur Stützung des zweiten Klagegrundes machte UZ erstens geltend, dass das Parlament bei einer seiner sechs Sitzungen nicht durch zwei Beamte habe vertreten sein dürfen und die Vertreter des Parlaments zu Unrecht im Sitzungssaal geblieben seien, um mit den Mitgliedern des Disziplinarrats zu beraten. Zweitens sei nur der Generalsekretär des Parlaments berechtigt, einen Beamten anzuhören, bevor er beschließe, gegen ihn eine Disziplinarstrafe zu verhängen. Eine solche Anhörung habe jedoch nicht stattgefunden.

41.      In Rn. 102 des angefochtenen Urteils gab das Gericht dem zweiten Klagegrund statt. Da eine Wiedergabe der Ausführungen des Gerichts zu den anlässlich dieses Klagegrundes aufgeworfenen Fragen für die Würdigung des Rechtsmittels im Rahmen der vorliegenden Schlussanträge nur von beschränktem Interesse ist, genügt insoweit ein Verweis auf die Rn. 68 bis 101 des angefochtenen Urteils.

B.      Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Ablehnung des Beistandsantrags

42.      Vor dem Gericht trug UZ im Wesentlichen vor, das Parlament habe ihren bei diesem Organ gestellten Beistandsantrag zu Unrecht abgelehnt.

43.      Da der besagte Klagegrund für die Zwecke der in den vorliegenden Schlussanträgen vorgenommenen Würdigung irrelevant ist, genügt die Feststellung, dass das Gericht den Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Ablehnung des Beistandsantrags aus den u. a. in den Rn. 107 bis 110 des angefochtenen Urteils genannten Gründen zurückwies.

44.      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen hob das Gericht die streitige Entscheidung mit dem angefochtenen Urteil auf und wies die Klage im Übrigen ab.

V.      Anträge der Parteien

A.      Rechtsmittelanträge

45.      Mit seinem Rechtsmittel beantragt das Parlament,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben,

–        infolgedessen die Klage abzuweisen,

–        zu entscheiden, dass jede Partei ihre eigenen im vorliegenden Rechtszug entstandenen Kosten trägt, und

–        UZ die Kosten des ersten Rechtszugs aufzuerlegen.

46.      Mit ihrer Rechtsmittelbeantwortung beantragt UZ,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen und

–        dem Parlament die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

B.      Anschlussrechtsmittelanträge

47.      Mit ihrem Anschlussrechtsmittel beantragt UZ,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit damit der Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Ablehnung ihres Beistandsantrags zurückgewiesen wird,

–        im Wege neuer Anordnungen die Entscheidung des Parlaments über die Ablehnung dieses Beistandsantrags aufzuheben und

–        dem Parlament die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

48.      Mit seiner Anschlussrechtsmittelbeantwortung beantragt das Parlament,

–        das Anschlussrechtsmittel in Bezug auf den zweiten Anschlussrechtsmittelgrund für teilweise unzulässig und insgesamt unbegründet zu erklären sowie

–        UZ die Kosten aufzuerlegen.

VI.    Rechtliche Würdigung

A.      Rechtsmittelgründe des Parlaments und Umfang der vorzunehmenden Prüfung

49.      Das Parlament stützt sein Rechtsmittel auf drei Gründe. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund, der sich auf die Rn. 54, 58 und 59 des angefochtenen Urteils bezieht, werden ein Rechtsfehler, eine Verfälschung des Sachverhalts und ein Begründungsmangel in der Feststellung des Gerichts gerügt, dass es den Untersuchungen des Parlaments an objektiver Unparteilichkeit gefehlt habe. Der zweite Rechtsmittelgrund, der sich gegen Rn. 72 dieses Urteils richtet, wird aus einem Rechtsfehler, einer Verfälschung des Sachverhalts und einem Begründungsmangel in der Feststellung des Gerichts hergeleitet, dass während der Arbeit des Disziplinarrats gegen den Grundsatz der Waffengleichheit verstoßen worden sei. Mit dem dritten Rechtsmittelgrund, der gegen die Rn. 90, 99 und 102 des genannten Urteils gerichtet ist, werden ein Rechtsfehler, eine Verfälschung des Sachverhalts und ein Begründungsmangel in der Feststellung des Gerichts geltend gemacht, dass der Anspruch von UZ auf rechtliches Gehör verletzt worden sei.

50.      Der erste Rechtsmittelgrund besteht aus vier Teilen. Wie bereits in der Einleitung ausgeführt worden ist, werden sich die vorliegenden Schlussanträge ausschließlich auf den ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes beziehen. Daher werde ich mich im Folgenden auf eine Darstellung des diesbezüglichen Vorbringens des Parlaments beschränken.

51.      Das Parlament trägt im Wesentlichen vor, das Gericht habe im Rahmen der Prüfung des Begriffs „objektive Unparteilichkeit“ den Sachverhalt verfälscht und sich auf falsche rechtliche Kriterien gestützt, als es in den Rn. 52, 58 und 59 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass zwei Untersuchungsbeauftragte, von denen der eine für den „disziplinarrechtlichen“ Teil der Verwaltungsuntersuchung und der andere für den Teil „Mobbing“ dieser Untersuchung zuständig gewesen sei, keine hinreichenden Garantien geboten hätten, um jeden Zweifel an ihrer objektiven Unparteilichkeit auszuschließen, und damit gegen Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verstoßen.

52.      Allein die Vorkenntnisse des für den „disziplinarrechtlichen“ Teil zuständigen Untersuchungsbeauftragten über den Sachverhalt, insbesondere wenn diese Kenntnisse – wie im vorliegenden Fall – begrenzt und punktuell oder sogar unvollständig seien, könnten als solche nicht automatisch zu berechtigten Zweifeln führen, die es rechtfertigten, auf eine andere Person zurückzugreifen, die keine Vorkenntnisse über den Sachverhalt habe. Außerdem habe das Gericht kaum untersucht, ob die geäußerten Bedenken von UZ tatsächlich geeignet gewesen seien, berechtigte Zweifel an der objektiven Unparteilichkeit der Untersuchungsbeauftragten aufkommen zu lassen. Im vorliegenden Fall hätten diese Bedenken nicht die Notwendigkeit begründet, andere Untersuchungsbeauftragte zu ernennen, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass zwischen den betreffenden Untersuchungsbeauftragten und dem Parlament kein Interessenkonflikt bestanden habe.

53.      Aus der vorstehenden Zusammenfassung des Vorbringens des Parlaments lässt sich ableiten, dass die Rechtsfragen, die sich im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits stellen, im Wesentlichen zwei Hauptaspekte betreffen: einerseits den Begriff der Unparteilichkeit und andererseits seine Anwendbarkeit auf einen Fall wie den vorliegenden. Um diese Rechtsfragen strukturiert und logisch analysieren zu können, muss in einem ersten Schritt geklärt werden, für welche Bereiche in der Rechtsordnung der Union dieser Begriff allgemein gilt, und in einem zweiten Schritt, ob der öffentliche Dienst dazu gehört. Erst nach Prüfung dieser Rechtsfragen wird festgestellt werden können, ob das Gericht Rechtsfehler begangen hat und die vom Parlament erhobene Rüge als begründet anzusehen ist. Die nachstehenden Erwägungen folgen dieser Analysestruktur.

B.      Der Begriff „Unparteilichkeit“ im Unionsrecht

1.      Vorüberlegungen

54.      Nach allgemeinem Sprachgebrauch bedeutet der Begriff „Unparteilichkeit“ „Neutralität“. Er bezieht sich auf die Eigenschaft oder den Charakter einer Person, die keine Partei auf Kosten einer anderen begünstigt, bzw. dessen, was objektiv, gerecht und billig ist(2). Abgesehen davon sei darauf hingewiesen, dass das Recht der Union der Unparteilichkeit derjenigen, die in ihrem organisatorischen Aufbau eine spezifische Funktion – in der Regel im Zusammenhang mit dem Erlass von Entscheidungen oder der Beilegung von Streitigkeiten – wahrnehmen sollen, besondere Bedeutung beimisst, unabhängig davon, ob es sich um Richter am und Generalanwälte(3) beim Gerichtshof oder um Beamte und sonstige Bedienstete bei den verschiedenen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen handelt. Dies ist u. a. darauf zurückzuführen, dass die Unionsrechtsordnung zahlreiche Grundsätze angenommen hat, die ihren Ursprung in den Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten der Union haben.

55.      Obwohl die Union als supranationale Organisation nicht selbst die Eigenschaft eines „Staates“ im Sinne der Konzepte der Politikwissenschaft besitzt, liegt nämlich auf der Hand, dass die Verträge sie mit Zuständigkeiten ausgestattet haben, die an eine Reihe von Merkmalen erinnern, die den Mitgliedstaaten eigen sind. Mit dem Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts, der sich aus Art. 13 Abs. 2 EUV ergibt, wonach „jedes Unionsorgan nach Maßgabe der ihm in den Verträgen zugewiesenen Befugnisse nach den Verfahren, Bedingungen und Zielen [handelt], die in den Verträgen festgelegt sind“(4), soll gerade die gegenseitige Achtung der den Organen übertragenen Befugnisse innerhalb der Union gewährleistet werden. Gleiches gilt für die Anerkennung der „unverletzlichen und unveräußerlichen Rechte des Menschen sowie [von] Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit“, wie in der Präambel des EU-Vertrags aufgeführt, als universelle Werte. Mehrere Bestimmungen in den Verträgen, insbesondere in der Charta der Grundrechte, stellen sicher, dass die Union diese Grundsätze bei der Ausübung ihrer Befugnisse wahren wird. Beim gegenwärtigen Stand ihrer Entwicklung weist die Rechtsordnung der Union bemerkenswerte Parallelen zur Rechtsordnung ihrer Mitgliedstaaten auf.

56.      Unter einem anderen Blickwinkel betrachtet ließe sich sagen, dass die Gewährleistung dieser Grundsätze und Werte eine unabdingbare Voraussetzung für die Übertragung von Befugnissen zugunsten der Union darstellt. Da die Union immer mehr Zuständigkeiten übernimmt, die früher den Mitgliedstaaten oblagen, wobei sie an deren Stelle tritt, hat sich ihre Rechtsordnung weiterentwickeln müssen, um die Werte und Grundsätze der Mitgliedstaaten widerzuspiegeln. In Anbetracht der Tatsache, dass das Unionsrecht häufig eine Durchführung auf nationaler Ebene erfordert, beispielsweise mittels Umsetzung einer Richtlinie durch die nationalen Gesetzgebungsorgane oder durch den Erlass von Verwaltungsakten durch die nationalen Behörden, hat sichergestellt werden müssen, dass Werte und Grundsätze homogen sind(5). Diese Homogenität ist für das reibungslose Funktionieren jedes Systems der Governance auf mehreren Ebenen, sei es ein Land mit föderaler Struktur oder ein System der regionalen Integration wie die Union, von grundlegender Bedeutung.

57.      Speziell in Bezug auf den Begriff „Unparteilichkeit“ ist zu bemerken, dass dieser in unterschiedlichen Facetten in allen Mitgliedstaaten anerkannt und deshalb logischerweise auch integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung ist. In diesem Kontext erhebt sich die Frage, welches die Bereiche sind, in denen er gilt, wobei den wertvollen Hinweisen aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs Rechnung zu tragen ist. In den vorliegenden Schlussanträgen werde ich einen Überblick über diese Rechtsprechung geben, um zu bestätigen, dass der Begriff „Unparteilichkeit“ als zentraler Grundsatz des Unionsrechts anerkannt ist.

2.      Anwendung auf das Rechtssystem

58.      Die Unabhängigkeit und die Unparteilichkeit sind die beiden grundlegenden Prinzipien jedes Rechtssystems(6). Diese Prinzipien garantieren dem Einzelnen, dass der Vorgang der Entscheidungsfindung nur durch die Argumente der juristischen Debatte – ohne Druck und vorurteilsfrei – bestimmt sein wird. Die Unparteilichkeit, die ein Schlüsselelement des in bedeutenden Texten wie beispielsweise Art. 10 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, Art. 14 Abs. 1 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und Art. 6 Abs. 1 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) verankerten Rechts auf ein faires Verfahren ist, bezeichnet die Vorurteilsfreiheit, die einen Richter auszeichnen muss. In diesem Sinne betrifft die Unabhängigkeit eher die Beziehungen des Richters zu den anderen Gewalten und stellt eine notwendige, wenn auch keineswegs hinreichende Voraussetzung für seine Unparteilichkeit in seinen Beziehungen zum Einzelnen dar.

59.      Die Verträge und die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union bilden die Grundlage für eine unabhängige Rechtsprechungstätigkeit auf supranationaler Ebene(7) und ermöglichen eine völlig unparteiische Behandlung der beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen. Sehen diese Rechtsakte keine spezifischen Vorschriften für eine angemessene Behandlung bestimmter Verfahrensfragen vor, orientiert sich der Gerichtshof häufig an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) als internationalem Rechtsprechungsorgan, das für die Auslegung der EMRK, welche die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten widerspiegelt, zuständig ist. Da diese Rechte und Verfassungsüberlieferungen gemäß Art. 6 Abs. 3 EUV als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts sind, hat die Rechtsprechung des EGMR bekanntermaßen Gewicht, wenn es darum geht, diese allgemeinen Grundsätze innerhalb der Union auszulegen.

60.      Das Urteil vom 19. Februar 2009, Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament (C‑308/07 P, im Folgenden: Urteil Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament, EU:C:2009:103), erweist sich im vorliegenden Kontext als besonders relevant, da der Gerichtshof darin auf die Bedeutung des im bereits erwähnten Art. 6 Abs. 1 EMRK niedergelegten Rechts auf ein faires Verfahren hingewiesen hat, das für jede Person den Zugang zu einem unabhängigen und unparteiischen Gericht beinhaltet. In Bezug auf seine Stellung in der Unionsrechtsordnung hat der Gerichtshof ausgeführt, dass das Recht auf ein faires Verfahren ein Grundrecht ist, das die Union als allgemeinen Grundsatz nach Art. 6 Abs. 2 EU achtet(8). In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass das in Rede stehende Urteil aus einer Zeit vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon stammt, wobei das besagte Recht derzeit in Art. 47 der Charta niedergelegt ist, der u. a. für jede Person den Zugang zu einem unabhängigen und unparteiischen Gericht vorsieht. Es zeigt sich, dass mit dem Unionsrecht ein Schutzniveau geboten werden soll, das mit dem durch die EMRK garantierten Schutzniveau vergleichbar oder ihm jedenfalls gleichwertig ist.

61.      Bei einer der Rechtsfragen, die dem Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels gegen einen Beschluss des Gerichts seinerzeit gestellt worden waren, ging es darum, ob der Umstand, dass ein oder mehrere Richter in zwei Spruchkörpern mitwirkten und in beiden dieselbe Aufgabe wahrnahmen, etwa die des Präsidenten oder des Berichterstatters, Zweifel an der Unparteilichkeit des Gerichts aufkommen lassen konnte. Zur Erinnerung: Der Rechtsmittelführer in der Rechtssache, in der das in Rede stehende Urteil ergangen ist, hatte geltend gemacht, derselbe Richter dürfe nach dem Grundsatz der Unparteilichkeit – auch in der gleichen Gerichtsinstanz – nicht über eine Sache entscheiden, die auf einem Sachverhalt beruhe, der mit demjenigen einer Sache, über die er zuvor entschieden habe, identisch sei oder in einem hinreichenden Zusammenhang stehe(9). Seiner Meinung nach hatte sich eine Verletzung des Rechts auf ein unparteiisches Gericht daraus ergeben, dass die Rechtssache, in der der angefochtene Beschluss ergangen ist, einem Spruchkörper zugewiesen worden war, der mit denjenigen Richtern – einschließlich des Präsidenten und des Berichterstatters – besetzt war, mit denen bereits der Spruchkörper besetzt war, der das Urteil in einer früheren Rechtssache, die sich teilweise auf den gleichen Sachverhalt bezog, erlassen hatte.

62.      Der Gerichtshof hat diese Argumentation zurückgewiesen und die ihm gestellte Rechtsfrage verneint. Auch wenn die Garantien, die die Zusammensetzung des Gerichts betreffen, so der Gerichtshof, der Grundpfeiler des Rechts auf ein faires Verfahren sind, kann der Umstand, dass Richter, die bereits einmal über eine Rechtssache zu entscheiden hatten, als Mitglieder eines anderen Spruchkörpers noch einmal über dieselbe Rechtssache zu entscheiden haben, für sich genommen nicht als mit den Erfordernissen eines fairen Verfahrens unvereinbar angesehen werden(10). Insbesondere sei der Umstand, dass ein oder mehrere Richter, die in beiden Spruchkörpern mitwirkten und in beiden dieselbe Aufgabe wahrnähmen, für sich genommen für die Beurteilung der Frage, ob das Unparteilichkeitsgebot gewahrt worden sei, unerheblich, weil diese Aufgabe in einem Spruchkörper mit mehreren Richtern wahrgenommen werde(11). Nach Meinung des Gerichtshofs gilt dies erst recht, wenn die beiden Spruchkörper nicht über dieselbe Rechtssache, sondern über zwei verschiedene Rechtssachen, die einen gewissen Zusammenhang aufweisen, zu entscheiden haben(12).

63.      Vor allem ist davon auszugehen, dass sich der Gerichtshof auf den in der Rechtsprechung des EGMR(13) entwickelten Unparteilichkeitsbegriff gestützt hat, um ihn auf das Rechtssystem der Union anzuwenden. Konkreter gesagt hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass das Unparteilichkeitsgebot zwei Aspekte abdeckt. Erstens muss das Gericht subjektiv unparteiisch sein, d. h., keines seiner Mitglieder darf Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile an den Tag legen, wobei die persönliche Unparteilichkeit bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird. Zweitens muss das Gericht objektiv unparteiisch sein, d. h., hinreichende Garantien bieten, um jeden berechtigten Zweifel in dieser Hinsicht auszuschließen(14).

64.      Zum Sachverhalt des ihm zur Entscheidung vorgelegten konkreten Falles hat der Gerichtshof zum einen festgestellt, dass der Rechtsmittelführer nichts vorgebracht hatte, was die persönliche Unabhängigkeit der Mitglieder des Gerichts hätte in Frage stellen können, und zum anderen, dass er keinen objektiven Grund angeführt hatte, der Zweifel an der Unparteilichkeit des Gerichts hätte aufkommen lassen können(15). Der Rechtsmittelführer habe vielmehr lediglich geltend gemacht, dass die beiden in Rede stehenden Spruchkörper mit denselben Richtern besetzt gewesen seien, was als solches mit den Erfordernissen des Rechts auf ein faires Verfahren nicht unvereinbar sei. Der Gerichtshof hat den vom Rechtsmittelführer geltend gemachten Rechtsmittelgrund einer angeblichen Verletzung des Rechts auf ein unparteiisches Gericht daher als unbegründet zurückgewiesen(16).

3.      Anwendung auf das Verwaltungsrecht im weiteren Sinne

65.      Obwohl das Erfordernis der Unparteilichkeit unter Berücksichtigung der zentralen Rolle, die die Judikative bei der Auslegung und Anwendung des Rechts traditionellerweise spielt, für jedes Rechtssystem von besonderer Bedeutung ist, beschränkt es sich nicht auf diesen Bereich. Da die Rechtsordnung den Organen der Verwaltung souveräne Befugnisse überträgt, die es ihnen ermöglichen, den Rechtsstatus natürlicher und juristischer Personen zu beeinflussen, ist es wichtig, die Ausübung dieser Befugnisse Voraussetzungen zu unterwerfen und ihr sogar gewisse Grenzen zu setzen, um die legitimen Interessen der besagten Personen zu schützen(17). Das muss auch in der Art und Weise zum Ausdruck kommen, in der die Organe der Verwaltung ihre Entscheidungen treffen, d. h. in verfahrensrechtlicher Hinsicht. Das Verfahrensrecht ist nämlich mindestens genauso wichtig wie die materiell-rechtlichen Vorschriften des Verwaltungsrechts, da es dem Einzelnen die Durchsetzung seiner Rechte ermöglicht. Die Festlegung der Voraussetzungen und Grenzen für die Ausübung der souveränen Befugnisse durch die Organe der Verwaltung, in der Regel auf der Ebene des Verfassungsrechts, zielt auf die Schaffung eines Legalitätsrahmens – eines wesentlichen Merkmals der Rechtsstaatlichkeit – ab(18).

66.      Die vorstehenden Erwägungen gelten erst recht für eine „Rechtsunion“ wie die Union, in der ihre Organe der Kontrolle daraufhin unterliegen, ob ihre Handlungen insbesondere mit den Verträgen und den allgemeinen Rechtsgrundsätzen in Einklang stehen(19). Zu den Grundsätzen, in deren Licht diese Rechtmäßigkeitskontrolle stattfindet, gehört das Recht auf eine gute Verwaltung, das in Art. 41 der Charta niedergelegt ist und u. a. den Anspruch jeder Person darauf garantiert, „dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden“ (Hervorhebung nur hier).

67.      Die Besonderheit von Art. 41 der Charta liegt in der Tatsache begründet, dass er einige Elemente des objektiven Legalitätsprinzips in ein subjektives Recht auf eine gute Verwaltung umwandelt. Als solcher ermächtigt er den Inhaber dieses Rechts dazu, von der Verwaltung zu verlangen, dass sie in einer bestimmten Art und Weise handelt oder eine Handlung unterlässt(20). Diese Vorschrift sieht für das Verwaltungsverfahren Garantien vor, die den in den Art. 47 und 48 der Charta für das Gerichtsverfahren vorgesehenen gleichwertig sind. Demnach können bestimmte Ansprüche wie beispielsweise der Anspruch auf rechtliches Gehör sowohl zum Recht auf eine gute Verwaltung, das in Art. 41 der Charta verankert ist, als auch zu der in den Art. 47 und 48 der Charta garantierten Beachtung der Verteidigungsrechte und des Rechts auf ein faires Verfahren gehören(21). Ihre Anwendbarkeit hängt daher davon ab, um welches Verfahren es geht. Die Entstehungsgeschichte von Art. 41 der Charta zeigt, dass diese Vorschrift auf nationalen und europäischen Rechtstraditionen(22) sowie insbesondere auf der Rechtsprechung des Gerichtshofs beruht, der sich gelegentlich auf den Begriff „gute Verwaltung“ berufen hat, um die Stellung des Einzelnen zu stärken(23).

68.      Da das Verwaltungsrecht der Union nicht in einem einzigen Legislativinstrument, sondern in einer Vielzahl von Rechtsakten kodifiziert ist, die jeweils einen bestimmten Bereich regeln(24), können auch die Verwaltungsverfahren erheblich variieren(25). Nichtsdestotrotz finden bestimmte für das Verwaltungsverfahren geltende Grundsätze zwingend Anwendung, darunter die in Art. 41 der Charta genannten Rechte, die insgesamt das Recht auf eine gute Verwaltung verankern. Aufgrund seines Verfassungsrangs in der Rechtsordnung der Union wird durch Art. 41 der Charta ein horizontales Recht auf eine gute Verwaltung geschaffen, das selbst dann auf jedes Verwaltungsverfahren Anwendung findet, wenn ein Gesetzgebungsakt zur Einführung eines solchen Verfahrens das nicht ausdrücklich vorsieht(26).

69.      Zur besseren Veranschaulichung der Tragweite dieses Rechts, speziell des Erfordernisses der Unparteilichkeit im Verwaltungsrecht der Union, werde ich im Folgenden einige Beispiele aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs in den Bereichen des Wettbewerbsrechts(27), der Zulassung von Arzneimitteln(28), der wirtschafts- und haushaltspolitischen Überwachung der Eurozone(29) sowie des Rechts des öffentlichen Dienstes(30) vorstellen. Die Analyse dieser Rechtsprechung wird der Ausgangspunkt für die anschließende Prüfung der Frage sein, ob das Erfordernis der Unparteilichkeit auf Untersuchungen im Rahmen eines Disziplinarverfahrens angewandt werden kann.

a)      Wettbewerbsrecht

70.      Das Urteil vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission (C‑439/11 P, im Folgenden: Urteil Ziegler/Kommission, EU:C:2013:513), liefert nützliche Hinweise für die Anwendung des Rechts auf eine gute Verwaltung auf wettbewerbsrechtliche Verfahren. In der in Rede stehenden Rechtssache, die sich auf die Beteiligung mehrerer Unternehmen an einem Kartell im Sektor für internationale Umzugsdienste bezog, hatte der Gerichtshof u. a. festzustellen, ob die Rechte der beteiligten Unternehmen von der Kommission als der für die Ahndung illegaler Kartelle zuständigen Behörde gewahrt worden waren. Nach Auffassung eines der beteiligten Unternehmen war die Entscheidung, mit der die Kommission ihm gegenüber eine Geldbuße verhängt hatte, durch das Fehlen objektiver Unparteilichkeit gekennzeichnet, weil die Kommission von der zur Last gelegten Zuwiderhandlung sowohl dadurch betroffen gewesen sei, dass sie zu deren Opfern gehört habe, als auch dadurch, dass Beamte der Kommission an den rechtswidrigen Tätigkeiten beteiligt gewesen seien. Die vorstehende Argumentation beruhte auf der Annahme, dass Opfer einer Zuwiderhandlung nicht dazu berufen sein könnten, über diese zu urteilen(31).

71.      Der Gerichtshof hat diese Argumentation untersucht und zunächst festgestellt, dass die Kommission zwar nicht als „Gericht“ im Sinne von Art. 6 EMRK eingestuft werden könne, sie gleichwohl aber verpflichtet sei, im Verwaltungsverfahren die Grundrechte der Union zu beachten, zu denen der in Art. 41 der Charta verankerte Grundsatz der guten Verwaltung gehört. Er hat klargestellt, dass das Verwaltungsverfahren vor der Kommission in Kartellsachen dieser Bestimmung und nicht Art. 47 der Charta unterliegt(32). Die vorstehende Feststellung führt eine wichtige Klärung in Bezug auf die jeweiligen Anwendungsbereiche und das Verhältnis zwischen diesen beiden Vorschriften herbei – Aspekte, auf die ich in den vorliegenden Schlussanträgen bereits aufmerksam gemacht habe(33).

72.      Unter Bezugnahme auf seine Rechtsprechung, insbesondere das Urteil Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament(34), hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass nach Art. 41 der Charta jede Person u. a. ein Recht darauf hat, dass ihre Angelegenheiten von den Organen der Union unparteiisch behandelt werden. Dieses Unparteilichkeitsgebot umfasst zum einen die subjektive Unparteilichkeit in dem Sinne, dass kein Mitglied des betroffenen Organs, das mit der Sache befasst ist, Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile an den Tag legen darf, und zum anderen die objektive Unparteilichkeit in dem Sinne, dass das Organ hinreichende Garantien bieten muss, um jeden berechtigten Zweifel in dieser Hinsicht auszuschließen(35).

73.      Unter Hinweis darauf, dass es in jenem Fall allein um den Begriff der objektiven Unparteilichkeit ging, hat der Gerichtshof im Hinblick auf die Argumentation des beteiligten Unternehmens die Auffassung vertreten, dass es der Kommission nicht bereits deshalb an objektiver Unparteilichkeit mangele, weil sie eine Untersuchung über ein Kartell zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union durchführt und es ahndet. Sonst würde die bloße Möglichkeit, dass die Kommission oder auch ein anderes Organ der Union Opfer eines wettbewerbswidrigen Verhaltens gewesen ist, so der Gerichtshof, dazu führen, dass sie die Zuständigkeit für die Untersuchung solcher Verhaltensweisen verlöre, was nicht hinnehmbar wäre. Insoweit sei insbesondere hervorzuheben, dass es nach Art. 105 AEUV zu den der Kommission durch die Verträge übertragenen Aufgaben gehöre, auf die Verwirklichung der in den Art. 101 AEUV und 102 AEUV niedergelegten Grundsätze zu achten(36).

74.      Der Gerichtshof ist sodann der Ansicht gewesen, dass auch die Tatsache, dass die für die Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union zuständigen Dienststellen der Kommission und diejenigen, die für die Umzüge von Beamten und Bediensteten dieses Organs zuständig sind, zu derselben Organisationsstruktur gehören, für sich genommen die objektive Unparteilichkeit dieses Organs nicht in Frage stellen kann, da diese Stellen zwangsläufig Teil der Struktur sind, zu der sie gehören(37). Schließlich hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass die Entscheidungen der Kommission der Kontrolle durch den Unionsrichter unterzogen werden können und dass das Unionsrecht für Kommissionsentscheidungen, insbesondere in Verfahren zur Anwendung von Art. 101 AEUV, ein System der gerichtlichen Kontrolle vorsieht, das sämtliche nach Art. 47 der Charta erforderlichen Garantien bietet(38).

75.      In Anbetracht all dieser Faktoren ist der Gerichtshof zu dem Schluss gelangt, dass es keine Anhaltspunkte für die Annahme gab, dass die Kommission ihre Unparteilichkeitspflicht verletzt hatte. Daher habe das Gericht den Klagegrund, mit dem das beteiligte Unternehmen eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren und einen Verstoß gegen den allgemeinen Grundsatz der guten Verwaltung gerügt hatte, rechtsfehlerfrei zurückgewiesen(39).

b)      Zulassung von Arzneimitteln

76.      Auch wenn das Wettbewerbsrecht unter Berücksichtigung der weitreichenden Kontrollbefugnisse der Kommission möglicherweise als ein besonderer Bereich im Verwaltungsrecht erscheinen mochte, der es rechtfertigen könnte, juristischen Personen, die unter diese rechtliche Regelung fallen, bestimmte Garantien zuzuerkennen(40), zeigt das Urteil vom 27. März 2019, August Wolff und Remedia/Kommission (C‑680/16 P, im Folgenden: Urteil Wolff/Kommission, EU:C:2019:257), eindeutig, dass das in Art. 41 der Charta verankerte Unparteilichkeitsgebot auf Verwaltungsverfahren vor den verschiedenen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union uneingeschränkt anwendbar ist. Überdies enthält dieses Urteil wertvolle Erläuterungen zum Umfang der Verpflichtungen, die den dort beschäftigten Beamten und Bediensteten obliegen.

77.      Dem Rechtsstreit, in dem jenes Urteil ergangen ist, lag ein von der Kommission erlassener Beschluss betreffend die nationalen Genehmigungen für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln zugrunde, der auf dem Gutachten eines mit der Ausarbeitung des Gutachtens der Europäischen Arzneimittelagentur (im Folgenden: EMA) zu Fragen der Beurteilung von Humanarzneimitteln beauftragten Ausschusses für Humanarzneimittel (im Folgenden: Ausschuss) beruhte. Die Rechtsmittelführerinnen, die die Nichtigerklärung dieses Beschlusses durch das Gericht beantragten, hatten die Tatsache hervorgehoben, dass die vom besagten Ausschuss für die Vorbereitung seines Gutachtens benannte Hauptberichterstatterin in doppelter Eigenschaft gehandelt habe, da sie auch Angestellte der nationalen Behörde gewesen sei, die das Verfahren zur Überprüfung der Genehmigung für das Inverkehrbringen vor dem Ausschuss eingeleitet habe. Dieser Umstand stelle eine Ämterkollision und einen Interessenkonflikt dar, durch den ein berechtigter Zweifel an der Unparteilichkeit des Verfahrens entstehe(41).

78.      Der Gerichtshof hat das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen geprüft und zunächst darauf hingewiesen, dass die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union zur Beachtung der von der Union garantierten Grundrechte verpflichtet sind, zu denen das in Art. 41 der Charta verankerte Recht auf eine gute Verwaltung gehört. Er hat darauf aufmerksam gemacht, dass nach Art. 41 Abs. 1 der Charta jede Person u. a. ein Recht darauf hat, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch behandelt werden(42).

79.      Hierzu hat der Gerichtshof festgestellt, dass das Erfordernis der Unparteilichkeit, das den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben auferlegt wird, darauf abzielt, die Gleichbehandlung zu gewährleisten, auf der die Union beruht. Diese Anforderung soll insbesondere dazu dienen, Situationen möglicher Interessenkonflikte von Beamten und sonstigen Bediensteten zu vermeiden, die im Namen der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen handeln. In Anbetracht der grundlegenden Bedeutung der Gewährleistung der Unabhängigkeit und Integrität sowohl für das interne Funktionieren als auch für das Außenbild der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union umfasst das Erfordernis der Unparteilichkeit alle Umstände, bei denen der Beamte oder Bedienstete, der aufgefordert wurde, über einen Fall zu entscheiden, vernünftigerweise erkennen muss, dass sie in den Augen Dritter seine Unabhängigkeit in diesem Bereich beeinträchtigen könnten(43).

80.      Nach Auffassung des Gerichtshofs obliegt es daher diesen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen, dem Unparteilichkeitsgebot in seinen beiden Ausprägungen nachzukommen, zum einen der subjektiven Unparteilichkeit, wonach kein Mitglied des befassten Organs Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile an den Tag legen darf, und zum anderen der objektiven Unparteilichkeit in dem Sinne, dass das Organ hinreichende Garantien bieten muss, um jeden berechtigten Zweifel im Hinblick auf etwaige Vorurteile auszuschließen(44). Speziell in Bezug auf die zweite Ausprägung des Grundsatzes der Unparteilichkeit hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, wenn mehreren von ihnen eigene und unterschiedliche Zuständigkeiten im Rahmen eines Verfahrens, das zu einer einen Rechtsunterworfenen beschwerenden Entscheidung führen kann, zukommen, verpflichtet sind, jeweils, soweit es sie angeht, das Gebot der objektiven Unparteilichkeit zu beachten. Folglich kann selbst in einem Fall, in dem nur eines von ihnen diesem Gebot nicht nachgekommen ist, die am Ende des betreffenden Verfahrens getroffene Entscheidung rechtswidrig sein(45).

81.      Der Gerichtshof hat die Ansicht der Rechtsmittelführerinnen geteilt, die davon ausgingen, dass die besonderen Umstände der konkreten Rechtssache geeignet seien, Zweifel an der Beachtung des Unparteilichkeitsgebots aufkommen zu lassen. Konkreter gesagt hat er die Auffassung vertreten, dass die objektive Unparteilichkeit des in Rede stehenden Ausschusses aufgrund des Interessenkonflikts, zu dem die Ämterkollision bei einem seiner Mitglieder geführt habe, habe beeinträchtigt sein können, und zwar unabhängig vom persönlichen Verhalten dieses Mitglieds(46). Der Gerichtshof hat die Rolle der Berichterstatterin innerhalb dieses Ausschusses und das Fehlen hinreichender Garantien zur Vermeidung jeder ungebührlichen Einflussnahme auf das Gutachten des Ausschusses als entscheidende Faktoren angesehen. Er hat nämlich ausgeführt, dass es Sache des Ausschusses gewesen sei, angesichts der eigenen Verantwortlichkeit der Berichterstatterin bei der Übertragung dieser Aufgabe besondere Aufmerksamkeit walten zu lassen, um jeden berechtigten Zweifel in Bezug auf etwaige Vorurteile auszuschließen(47).

82.      Der Gerichtshof hat darauf hingewiesen, dass es nicht erforderlich war, eine mangelnde Unparteilichkeit aufgrund besonderer Merkmale der Rolle der Berichterstatterin in den Verfahren vor dem Ausschuss darzutun, um nachzuweisen, dass die Organisation des Verwaltungsverfahrens keine hinreichenden Garantien bot, um jeden berechtigten Zweifel in Bezug auf etwaige Vorurteile auszuschließen. Es genüge, dass insoweit ein berechtigter Zweifel bestehe und nicht ausgeräumt werden könne(48). In Bezug auf den konkreten Fall hat der Gerichtshof im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass unbeteiligte Dritte berechtigterweise annehmen könnten, dass die nationale Behörde, die das Verfahren vor dem Ausschuss eingeleitet hatte, in der Lage war, dessen Entscheidungen zu beeinflussen(49). Der Wert dieses Urteils liegt in der Tatsache begründet, dass an die Beweisführung gewisse Anforderungen gestellt worden sind, mit denen sich feststellen lässt, ob die objektive Unparteilichkeit in einem bestimmten Fall beeinträchtigt worden ist. Darauf soll später zurückgekommen werden, sobald es darum gehen wird, die vorliegende Rechtssache im Licht der in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zu untersuchen.

83.      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist der Gerichtshof zu dem Schluss gelangt, dass dem Gericht mit seiner Feststellung, dass der Ausschuss hinreichende Garantien geboten habe, um jeden berechtigten Zweifel an der Beachtung der in Art. 41 der Charta verankerten Pflicht zur Unparteilichkeit auszuschließen, ein Rechtsfehler unterlaufen ist.

c)      Wirtschafts- und haushaltspolitische Überwachung der Eurozone

84.      Auch das Urteil vom 20. Dezember 2017, Spanien/Rat (C‑521/15, im Folgenden: Urteil Spanien/Rat, EU:C:2017:982), verdient es, in einem Überblick über die Rechtsprechung zum Unparteilichkeitsgebot im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens angeführt zu werden. Die Relevanz dieses Urteils ergibt sich daraus, dass das in Rede stehende Verwaltungsverfahren eine Phase der Untersuchung gegen die Mitgliedstaaten vorsieht, was die Frage aufwirft, ob sich diese auf das durch Art. 41 Abs. 1 der Charta garantierte Recht auf eine gute Verwaltung berufen können, um die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts geltend zu machen(50). Der Gerichtshof hat es ausdrücklich unterlassen, zu entscheiden, ob ein Mitgliedstaat als „Person“ im Sinne der genannten Bestimmung anzusehen ist oder einer solchen Person gleichgestellt werden kann und das darin enthaltene Recht deshalb für sich beanspruchen könnte. Er hat jedoch festgestellt, dass dieses Recht einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts widerspiegelt, der als solcher von den Mitgliedstaaten geltend gemacht werden kann und anhand dessen somit die Rechtmäßigkeit jedes von den Organen der Union erlassenen Verwaltungsakts zu prüfen ist.

85.      Die Rechtssache, in der das Urteil Spanien/Rat ergangen ist, fällt in den Bereich der wirtschafts- und haushaltspolitischen Überwachung der Eurozone und betraf konkret die Untersuchungsbefugnisse des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) gegenüber den Mitgliedstaaten. Dem Rechtsstreit lag ein Beschluss des Rates zugrunde, in dem dieser zu der Schlussfolgerung gelangt war, dass das Königreich Spanien aufgrund schwerwiegender Nachlässigkeit unrichtige Daten gemeldet habe, und deshalb eine Geldbuße gegen diesen Mitgliedstaat verhängt hatte. Der streitige Beschluss hatte sich auf Daten gestützt, die im Rahmen von Untersuchungen wegen der Manipulation von Statistiken in Spanien gewonnen worden waren.

86.      Das Königreich Spanien hatte sich gegen den streitigen Beschluss gewandt und eine Nichtigkeitsklage erhoben, mit der es u. a. eine Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung geltend machte, weil das Untersuchungsverfahren unter Bedingungen geführt worden sei, die die objektive Unparteilichkeit der Kommission nicht gewährleisteten(51). Konkreter gesagt hatte Spanien geltend gemacht, mehrere Bedienstete, die vor dem Erlass des Beschlusses über die Einleitung der Untersuchung an den Besuchen von Eurostat in Spanien teilgenommen hätten, hätten zu dem Team gehört, das später von der Kommission im Rahmen des Untersuchungsverfahrens eingesetzt worden sei.

87.      Wie oben ausgeführt worden ist, hat der Gerichtshof die behauptete Rechtswidrigkeit des streitigen Beschlusses des Rates unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Grundsatzes untersucht, den das in Art. 41 der Charta verankerte Recht auf eine gute Verwaltung widerspiegelt, und dabei seine Rechtsprechung in Erinnerung gerufen, wonach die Unionsorgane verpflichtet sind, diesen allgemeinen Rechtsgrundsatz im Rahmen von Verwaltungsverfahren zu beachten, die gegenüber Mitgliedstaaten eingeleitet werden und zu sie beschwerenden Entscheidungen führen können(52). Unter Bezugnahme auf das Urteil Ziegler/Kommission hat er darauf hingewiesen, dass es den Organen obliege, dem Unparteilichkeitsgebot in seinen beiden Ausprägungen nachzukommen, zum einen der subjektiven Unparteilichkeit, wonach kein Mitglied des befassten Organs Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile an den Tag legen darf, und zum anderen der objektiven Unparteilichkeit in dem Sinne, dass das Organ hinreichende Garantien bieten muss, um jeden berechtigten Zweifel im Hinblick auf etwaige Vorurteile auszuschließen(53).

88.      Der Gerichtshof hat den von Spanien erhobenen Vorwurf der Parteilichkeit zurückgewiesen und im Wesentlichen geltend gemacht, dass zum einen die Besuche und zum anderen das Verfahren unterschiedlichen rechtlichen Rahmen unterfielen und ein jeweils anderes Ziel hatten(54). Selbst dann, wenn sich die einerseits mit diesen Besuchen und andererseits durch dieses Untersuchungsverfahren überprüften Daten teilweise überschnitten, seien die Bewertungen, die Eurostat und die Kommission jeweils mit Blick auf diese Daten vorzunehmen hätten, dagegen notwendigerweise unterschiedlich. Folglich griffen die von Eurostat zur Qualität bestimmter dieser Daten nach Abschluss der Besuche in diesem Mitgliedstaat getroffenen Bewertungen nicht als solche dem Standpunkt vor, den die Kommission in Bezug auf eine Verfälschung der Darstellung dieser Daten einnehmen könnte, falls sie beschließe, hierzu später ein Untersuchungsverfahren einzuleiten(55).

89.      Der Gerichtshof hat daraus abgeleitet, dass der Umstand, dass die Ermittlung in einem auf eine bestimmte Rechtsgrundlage gestützten Untersuchungsverfahren auf ein zu einem großen Teil aus Bediensteten von Eurostat, die bereits an von diesem Dienst auf einer anderen Rechtsgrundlage in dem betreffenden Mitgliedstaat organisierten Besuchen teilgenommen hatten, bestehendes Team übertragen wurde, nicht als solcher die Schlussfolgerung zuließ, dass der am Ende dieses Verfahrens erlassene Beschluss aufgrund eines der Kommission anzulastenden Verstoßes gegen das Gebot der objektiven Unparteilichkeit rechtswidrig war(56).

90.      Zudem hat er ausgeführt, dass nicht Eurostat, sondern vielmehr die Kommission und somit die als Kollegium handelnden Kommissare befugt waren, die Einleitung eines Untersuchungsverfahrens zu beschließen, die Verantwortung für die Durchführung der Untersuchung zu übernehmen und letztlich dem Rat die Empfehlungen und Vorschläge zu unterbreiten, die am Ende dieser Untersuchung geboten erschienen. Da der einschlägige Rechtsrahmen den Bediensteten von Eurostat hinsichtlich der Führung des Untersuchungsverfahrens keine eigene Zuständigkeit übertrage, sei die den Bediensteten von Eurostat im Untersuchungsverfahren übertragene Rolle weder für den Ablauf noch für den Ausgang dieses Verfahrens als maßgeblich anzusehen. Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Umstand, dass die Ermittlung im Untersuchungsverfahren auf ein zu einem großen Teil aus Bediensteten von Eurostat, die bereits an den von diesem Dienst in Spanien organisierten Besuchen vor der Einleitung dieses Verfahrens teilgenommen hätten, bestehendes Team übertragen worden sei, dazu führe, dass der angefochtene Beschluss mit einem angeblichen Verstoß der Kommission gegen das Gebot der objektiven Unparteilichkeit behaftet sei. Demnach hat der Gerichtshof den von Spanien geltend gemachten Klagegrund einer Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung zurückgewiesen.

4.      Anwendung auf das Recht des öffentlichen Dienstes

91.      Die in den vorherigen Nummern vorgestellten Urteile veranschaulichen die Art und Weise, in der das Unparteilichkeitsgebot im Rahmen von Verwaltungsverfahren gilt, die vor den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union anhängig sind. Ein diesen Rechtssachen gemeinsamer Aspekt ist die Tatsache, dass an den in Rede stehenden Verfahren juristische Personen und Mitgliedstaaten beteiligt waren, d. h. Parteien, die als „außerhalb“ der Verwaltung der Union stehend betrachtet werden könnten. Gleichwohl denke ich, dass kein legitimer Grund den Ausschluss der Beamten und Bediensteten der Verwaltung aus dem Kreis der Personen rechtfertigt, die den durch Art. 41 der Charta garantierten Schutz genießen(57). Im Gegenteil: Ich möchte in diesem Zusammenhang feststellen, dass nach dieser Bestimmung erstens „jede Person“ ein Recht darauf hat, dass ihre Angelegenheiten unparteiisch behandelt werden, und sie zweitens nicht zwischen dem Verwaltungsrecht der Union im engeren Sinne und dem europäischen öffentlichen Dienst unterscheidet, zumal dieser unter das Verwaltungsrecht im weiteren Sinne fällt. Demnach ist das Unparteilichkeitsgebot als Grundsatz von allgemeiner Tragweite anzusehen, der auf jedes Verwaltungsverfahren anwendbar ist. Wie im Folgenden anhand von Beispielen erläutert werden soll, ist die vorstehende Auslegung durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs bestätigt worden.

a)      Verfahren zur Aufhebung der Immunität eines Beamten

92.      Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Recht auf eine gute Verwaltung, wie aus Art. 41 Abs. 2 der Charta hervorgeht, in Wirklichkeit ein Bündel von Rechten umfasst, das u. a. den Anspruch auf rechtliches Gehör einschließt. Im Urteil vom 18. Juni 2020, Kommission/RQ (C‑831/18 P, im Folgenden: Kommission/RQ, EU:C:2020:481), das ich anschließend vorstellen werde, hat sich der Gerichtshof zur Tragweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör(58) im Rahmen eines Verfahrens geäußert, das die Aufhebung der Immunität eines Beamten der Union zum Gegenstand hatte. Das in Rede stehende Urteil betraf mithin einen wesentlichen Aspekt des europäischen öffentlichen Dienstes, der durch das Protokoll (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union(59) mit dem Ziel garantiert wird, das reibungslose Funktionieren der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union zu gewährleisten. Die Relevanz dieses Urteils für die Prüfung der vorliegenden Rechtssache liegt in der Tatsache begründet, dass es allgemeine Erwägungen zur Auslegung von Art. 41 der Charta enthält, die mir aus Gründen, die ich weiter unten darlegen werde, auf das Unparteilichkeitsgebot übertragbar zu sein scheinen.

93.      Im einschlägigen Teil der Analyse hat der Gerichtshof zunächst darauf hingewiesen, dass die Wahrung der Verteidigungsrechte nach ständiger Rechtsprechung ein tragender Grundsatz des Unionsrechts ist(60). Was insbesondere das Recht auf Anhörung in jedem Verfahren angehe, so sei dieses Recht integraler Bestandteil dieses tragenden Grundsatzes und heute nicht nur in den Art. 47 und 48 der Charta verankert, die das Recht auf Wahrung der Verteidigungsrechte und das Recht auf ein faires Verfahren im Rahmen aller Gerichtsverfahren garantierten, sondern auch in Art. 41 der Charta, der das Recht auf eine gute Verwaltung gewährleiste(61). Nach Art. 41 Abs. 2 der Charta umfasse das Recht auf eine gute Verwaltung nämlich insbesondere das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen werde(62). In diesem Kontext ist zu bemerken, dass der Gerichtshof, wie in den vorliegenden Schlussanträgen im Zusammenhang mit dem Unparteilichkeitsgebot bereits ausgeführt worden ist, die Parallelen hervorhebt, die zwischen den durch die – jeweils auf einen spezifischen Verfahrenstyp anwendbaren – Art. 41 und 47 der Charta garantierten Rechten bestehen.

94.      Der Gerichtshof hat sodann darauf hingewiesen, dass Art. 41 Abs. 2 der Charta, wie sich bereits aus seinem Wortlaut ergibt, allgemein anwendbar ist. Er hat daraus abgeleitet, dass das Recht auf Anhörung in allen Verfahren gewahrt werden müsse, die zu einer beschwerenden Maßnahme führen könnten, auch wenn die anwendbare Regelung ein solches Verfahrensrecht nicht ausdrücklich vorsieht. Darüber hinaus garantiere dieses Recht jeder Person die Möglichkeit, im Verwaltungsverfahren, bevor ihr gegenüber eine für ihre Interessen nachteilige Entscheidung erlassen werde, sachdienlich und wirksam ihren Standpunkt vorzutragen(63). Da die vorstehenden Erwägungen mit den Beobachtungen übereinstimmen, die ich weiter oben zur Stützung der Auffassung dargelegt habe, wonach das Transparenzgebot als für jedes Verwaltungsverfahren geltender Grundsatz von allgemeiner Tragweite verstanden werden muss, scheint mir auf der Hand zu liegen, dass Art. 41 der Charta in Bezug auf dieses Gebot auch auf den europäischen öffentlichen Dienst Anwendung finden soll.

95.      Ein weiterer Grund für die besondere Bedeutung des Urteils Kommission/RQ ergibt sich daraus, dass es Hinweise zu bestimmten Aspekten des allgemeinen Verwaltungsrechts der Union enthält, die für die Prüfung der vorliegenden Rechtssache eine entscheidende Rolle spielen könnten und auf die ich später in den vorliegenden Schlussanträgen(64) zurückkommen werde, nämlich zu den Rechtsfolgen, die zu ziehen sind, wenn die Verwaltung eine Entscheidung unter Verletzung der Verfahrensrechte der betroffenen Person erlässt.

96.      Der Gerichtshof hat hierzu darauf hingewiesen, dass eine Verletzung der Verteidigungsrechte, insbesondere des Anspruchs auf rechtliches Gehör, nach seiner ständigen Rechtsprechung nur dann zur Nichtigerklärung bzw. Aufhebung der Entscheidung, die am Ende des fraglichen Verwaltungsverfahrens erlassen wird, führt, wenn das Verfahren ohne diese Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können(65). Insoweit dürfe von einem Rechtsmittelführer, der eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte rügt, nicht der Nachweis verlangt werden, dass die angefochtene Entscheidung des betreffenden Unionsorgans inhaltlich anders ausgefallen wäre, sondern lediglich, dass dies nicht völlig ausgeschlossen ist. Diese Frage sei anhand der speziellen tatsächlichen und rechtlichen Umstände des konkreten Falles zu beurteilen(66).

b)      Verfahren zur Abberufung eines Mitglieds der Kommission

97.      Zum Abschluss des vorliegenden Rechtsprechungsüberblicks ist das Urteil vom 25. Februar 2021, Dalli/Kommission (C‑615/19 P, im Folgenden: Urteil Dalli/Kommission, EU:C:2021:133), als Beispiel für die Anwendung des Unparteilichkeitsgebots im Bereich des öffentlichen Dienstes anzuführen. Der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, lag eine von einem ehemaligen Mitglied der Europäischen Kommission vor dem Gericht erhobene Klage auf Verurteilung der Kommission zum Ersatz des – insbesondere immateriellen – Schadens zugrunde, der ihm durch das rechtswidrige Verhalten der Kommission und des OLAF im Zusammenhang mit seinem Ausscheiden aus dem Amt entstanden sei. Der Rechtsmittelführer hatte seine Klage auf mehrere Rügen bezüglich der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Kommission und des OLAF gestützt, die gleichwohl allesamt vom Gericht zurückgewiesen worden sind.

98.      Mit seinem Rechtsmittel hatte der Rechtsmittelführer Rechtsfehler geltend gemacht, die das Gericht dadurch begangen haben soll, dass es im Rahmen der gegen ihn geführten Untersuchung keine Verletzung des Unparteilichkeitsgebots gemäß Art. 41 der Charta festgestellt hatte. Es habe aber Anhaltspunkte gegeben, die berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit der Untersuchung hätten aufkommen lassen können. Als Erstes hatte der Rechtsmittelführer die unmittelbare Teilnahme des Direktors des OLAF beanstandet, obwohl die geltende Regelung, so der Rechtsmittelführer, diesem lediglich eine Zuständigkeit für die Leitung der Untersuchung übertrage. Als Zweites hatte er dem Gericht vorgeworfen, zu Unrecht zu der Schlussfolgerung gelangt zu sein, dass die Teilnahme von Vertretern einer nationalen Behörde an der Untersuchung die objektive Unparteilichkeit des OLAF nicht beeinträchtige, obwohl einer dieser Vertreter auch Mitglied des Überwachungsausschusses gewesen sei(67).

99.      Der Gerichtshof hat die Ansicht des Rechtsmittelführers nicht geteilt und den Rechtsmittelgrund eines im Wesentlichen auf einer angeblichen Verletzung des Unparteilichkeitsgebots beruhenden Rechtsfehlers in der Folge zurückgewiesen. Genauer gesagt ist er zu der Schlussfolgerung gelangt, dass keiner der vom Rechtsmittelführer geltend gemachten Umstände geeignet war, die Beachtung des Unparteilichkeitsgebots in Frage zu stellen.

100. Als Erstes hat der Gerichtshof in Bezug auf den Rechtsfehler, den das Gericht bei seiner Entscheidung über die Teilnahme des Direktors des OLAF an der Untersuchung begangen haben soll, daran erinnert, dass Art. 41 Abs. 1 der Charta u. a. vorsieht, dass jede Person ein Recht darauf hat, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch behandelt werden(68). Er hat erläutert, dass es diesen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen obliege, dem Unparteilichkeitsgebot in seinen beiden Ausprägungen nachzukommen, zum einen der subjektiven Unparteilichkeit und zum anderen der objektiven Unparteilichkeit. Der Gerichtshof hat sodann die Zuständigkeiten des Direktors des OLAF präzisiert, wobei er auf die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung über die Untersuchungen dieser Dienststelle(69) hingewiesen hat, und ist zu dem Schluss gelangt, dass der Direktor eine aktive Rolle bei der Durchführung der Untersuchungen zu spielen hatte. Der Rechtsmittelführer habe nicht dargetan, dass die unmittelbare Teilnahme des Direktors des OLAF an bestimmten Untersuchungstätigkeiten geeignet wäre, seine objektive Unparteilichkeit zu beeinträchtigen. Außerdem habe er die Gültigkeit der Bestimmungen, mit denen ihm diese aktive Rolle übertragen werde, nicht bestritten. Demnach hat der Gerichtshof die Ansicht vertreten, dass die Beurteilung des Gerichts, wonach eine solche unmittelbare Teilnahme die Unparteilichkeit der Untersuchung nicht beeinträchtige, nicht mit einem Rechtsfehler behaftet war.

101. Als Zweites hat der Gerichtshof in Bezug auf die Teilnahme eines Vertreters einer nationalen Behörde, der auch Mitglied des Überwachungsausschusses war, an einer Anhörung die Ansicht vertreten, dass der Umstand, dass eines der Ausschussmitglieder unmittelbar an der Durchführung einer Untersuchungstätigkeit des OLAF beteiligt war, geeignet war, berechtigte Zweifel daran aufkommen zu lassen, ob seinerseits bei der Ausübung seiner Kontrollaufgaben in diesem Ausschuss nicht eine – positive oder negative – Voreingenommenheit über die Bedingungen der Durchführung der in Rede stehenden Untersuchungstätigkeit bestand(70). Auch wenn somit die objektive Unparteilichkeit eines Mitglieds des Überwachungsausschusses bei der Ausübung der von ihm in dieser Eigenschaft wahrgenommenen Kontrollfunktionen in Frage gestellt werden konnte, konnte der Umstand, dass diese Person später zur Ausübung einer solchen Kontrolle aufgerufen werden konnte, nach Auffassung des Gerichtshofs jedoch keinen berechtigten Zweifel an ihrer Unparteilichkeit bei ihrer Beteiligung an einer Untersuchungstätigkeit wecken. Der Gerichtshof hat daraus abgeleitet, dass, auch wenn die vom Rechtsmittelführer geltend gemachte fehlende objektive Unparteilichkeit gegebenenfalls in Bezug auf die Stellungnahme des Überwachungsausschusses zur Untersuchung des OLAF geltend gemacht werden konnte, sie nicht geeignet war, die Beachtung des Grundsatzes der Unparteilichkeit im Rahmen dieser Untersuchung und insbesondere bei der Anhörung, an der ein Mitglied dieses Ausschusses teilgenommen hatte, in Frage zu stellen. Er hat insoweit festgestellt, dass das Vorbringen des Rechtsmittelführers darauf abzielte, die Rechtmäßigkeit der Beweiserhebung durch das OLAF in Zweifel zu ziehen, und nicht die Rechtmäßigkeit der Stellungnahme des Überwachungsausschusses. Folglich sei das Vorbringen, mit dem ein Rechtsfehler in diesem Punkt gerügt werde, als unbegründet zurückzuweisen.

C.      Erkenntnisse aus der Rechtsprechung

102. Der vorstehende Rechtsprechungsüberblick veranlasst mich dazu, in einem ersten Schritt festzustellen, welche Erkenntnisse hinsichtlich des Begriffs „Unparteilichkeit“ im Unionsrecht zu ziehen sind, bevor ich mich in einem zweiten Schritt der Prüfung des vom Parlament in der vorliegenden Rechtssache eingelegten Rechtsmittels zuwende(71).

103. Erstens sprechen die Beispiele, die ich in dieser Rechtsprechungsübersicht vorgestellt habe, für eine Anwendung des Unparteilichkeitsgebots auf den Bereich des öffentlichen Dienstes. Diese Schlussfolgerung ergibt sich u. a. daraus, dass Art. 41 Abs. 1 der Charta, wie die Urteile Kommission/RQ(72) und Dalli/Kommission(73) eindeutig zeigen, für Verwaltungsverfahren gilt, die eine Untersuchungsphase vorsehen und sich auf den Rechtsstatus der Beamten und der Mitglieder der Kommission beziehen, unabhängig davon, ob sie deren Immunität oder Verbleib im Amt betreffen.

104. Zweitens geht aus dem Urteil Wolff/Kommission(74) hervor, dass das Erfordernis der Unparteilichkeit darauf abzielt, die Gleichbehandlung zu gewährleisten. Auch lässt sich aus diesem Urteil ableiten, dass, da sowohl das interne Funktionieren als auch das Außenbild der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen von der Beachtung des genannten Erfordernisses abhängen, sich dieses notwendigerweise auf alle Tätigkeitsbereiche der Verwaltung der Union, einschließlich der Aspekte im Zusammenhang mit der Verwaltung des öffentlichen Dienstes wie beispielsweise der Ernennung, Beförderung und Sanktionierung des Personals, erstrecken muss.

105. Drittens sei darauf hingewiesen, dass sich der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung(75) auf einen Unparteilichkeitsbegriff stützt, der zwei Ausprägungen aufweist. Zum einen die subjektive Unparteilichkeit, wonach kein Mitglied des befassten Organs Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile an den Tag legen darf, und zum anderen die objektive Unparteilichkeit in dem Sinne, dass das Organ hinreichende Garantien bieten muss, um jeden berechtigten Zweifel im Hinblick auf etwaige Vorurteile auszuschließen.

106. Viertens stellt, wie aus dem Urteil Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament(76) in Bezug auf diese zweite Ausprägung hervorgeht, die Tatsache, dass Personen, die aufgerufen sind, am Erlass einer Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung mitzuwirken, Vorkenntnisse über den Sachverhalt haben, als solche keinen Umstand dar, der dazu führen könnte, dass die Entscheidung mit einem Verfahrensmangel in Form fehlender Unparteilichkeit behaftet ist. Wie sich aus den Urteilen Wolff/Kommission(77) und Spanien/Rat(78) ergibt, sind solche Vorkenntnisse unter Berücksichtigung einer beruflichen Tätigkeit, die die betreffenden Personen früher ausgeübt haben oder gleichzeitig ausüben, nämlich häufig nicht zu vermeiden. Es ist vielmehr festzustellen, ob im konkreten Fall ein Interessenkonflikt bei für Rechnung der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen handelnden Beamten und Bediensteten besteht, der berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit des Verfahrens aufkommen lässt.

107. Fünftens geht aus den Urteilen Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament(79), Dalli/Kommission(80) und Wolff/Kommission(81) hervor, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs von der betreffenden Person in verfahrensrechtlicher Hinsicht verlangt, dass sie Argumente vorbringt, die die persönliche Unparteilichkeit der am Verwaltungsverfahren beteiligten Beamten oder Bediensteten in Frage stellen könnten. Der Gerichtshof kann die behauptete Verletzung der objektiven Unparteilichkeit nämlich nur anhand der von den betreffenden Personen vorgebrachten Argumente eingehend prüfen. Daher erfüllen allgemeine und abstrakte Behauptungen, die eindeutig einer Grundlage entbehren, dieses Erfordernis nicht in gehörigem Maße.

108. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es, wie der Gerichtshof im Urteil Wolff/Kommission(82) ausgeführt hat, nicht erforderlich ist, eine mangelnde Unparteilichkeit aufgrund besonderer Merkmale der Rolle der Berichterstatterin in den Verfahren vor dem Ausschuss darzutun, um nachzuweisen, dass die Organisation des Verwaltungsverfahrens keine hinreichenden Garantien bietet, um jeden berechtigten Zweifel in Bezug auf etwaige Vorurteile auszuschließen. Es genügt, dass insoweit ein berechtigter Zweifel besteht und nicht ausgeräumt werden kann. Demnach scheinen die Anforderungen an die Beweislast nicht übermäßig hoch zu sein.

109. Sechstens lässt sich aus den Urteilen Ziegler/Kommission(83) und Wolff/Kommission(84) ableiten, dass die Beachtung des Erfordernisses der subjektiven Unparteilichkeit in Fällen nicht geprüft zu werden braucht, in denen bereits eine Verletzung der objektiven Unparteilichkeit festgestellt worden ist. Eine Prüfung des Sachverhalts im Licht der zweiten Ausprägung des Unparteilichkeitsbegriffs genügt, wenn es keine Anhaltspunkte gibt, anhand deren sich das Vorhandensein von Vorurteilen bei den am Verwaltungsverfahren beteiligten Beamten oder Bediensteten mit Sicherheit feststellen lässt.

110. Siebtens ergibt sich aus den Urteilen Spanien/Rat(85) und Wolff/Kommission(86), dass die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, wenn mehreren von ihnen eigene und unterschiedliche Zuständigkeiten im Rahmen eines Verfahrens, das zu einer einen Rechtsunterworfenen beschwerenden Entscheidung führen kann, zukommen, verpflichtet sind, jeweils, soweit es sie angeht, das Gebot der objektiven Unparteilichkeit zu beachten. Folglich kann selbst in einem Fall, in dem nur eines von ihnen diesem Gebot nicht nachgekommen ist, die am Ende des betreffenden Verfahrens getroffene Entscheidung rechtswidrig sein.

111. Achtens folgt aus einem Vergleich zwischen dem Urteil Wolff/Kommission(87), in dem der Gerichtshof festgestellt hat, dass das Unparteilichkeitsgebot nicht beachtet worden war, einerseits, und dem Urteil Kommission/RQ(88), das sich auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bezog, andererseits, dass eine Verletzung der in Art. 41 der Charta genannten Rechte, die insgesamt das Recht auf eine gute Verwaltung verankern, dem Anschein nach unterschiedliche Folgen haben kann, je nachdem, welches Recht im konkreten Fall verletzt worden ist.

112. Im Urteil Kommission/RQ(89) hat der Gerichtshof nämlich darauf hingewiesen, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung „eine Verletzung der Verteidigungsrechte, insbesondere des Anspruchs auf rechtliches Gehör, nur dann zur Nichtigerklärung bzw. Aufhebung der Entscheidung, die am Ende des fraglichen Verwaltungsverfahrens erlassen wird, führt, wenn das Verfahren ohne diese Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können“. Eine solche Bezugnahme auf die Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen eines sich aus einer Verletzung der Verteidigungsrechte ergebenden Verfahrensfehlers findet sich im Urteil Wolff/Kommission an keiner Stelle. Dagegen hat der Gerichtshof in diesem Urteil im Einzelnen dargelegt, weshalb er die Ansicht vertreten hat, dass die Teilnahme eines bestimmten Sachverständigen am Beschlussfassungsverfahren geeignet war, bei unbeteiligten Dritten berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit des EMA-Ausschusses aufkommen zu lassen, und auf eine Verletzung des in Art. 41 der Charta verankerten Unparteilichkeitsgebots geschlossen.

113. Somit erhebt sich die Frage, ob eine solche Unterscheidung zwischen den in Rede stehenden Rechten aus rechtlicher Sicht gerechtfertigt erscheint. Nach meinem Dafürhalten bedarf diese Frage einer differenzierten Antwort, wie ich im Folgenden erläutern werde.

114. Auch wenn eine Verletzung der durch Art. 41 Abs. 2 der Charta garantierten Rechte selbstverständlich einen Verfahrensmangel darstellt, der zur „Rechtswidrigkeit“ einer Verwaltungsentscheidung führen kann, muss dennoch darauf hingewiesen werden, dass das Verwaltungsverfahrensrecht der Union und ihrer Mitgliedstaaten Heilungsmechanismen zur Behebung solcher Mängel vorsieht(90). Beispielsweise kann dem Betroffenen der Anspruch auf rechtliches Gehör in einem späteren Stadium des Verfahrens – vor dessen Abschluss und dem Erlass einer abschließenden Entscheidung – gewährt werden. Auch hat der Gerichtshof im Urteil Kommission/Di Bernardo(91) unlängst entschieden, dass die unzureichende Begründung eines Verwaltungsakts unter bestimmten strengen Auflagen ergänzt und dadurch eine Beeinträchtigung der Rechte des Adressaten dieses Verwaltungsakts vermieden werden kann(92).

115. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass nicht alle Verfahrensmängel geeignet sind, die Begründetheit einer Verwaltungsentscheidung zu beeinflussen. Mit anderen Worten kann sich ein Fehler der Verwaltung bei der Führung des Verfahrens im Hinblick auf die verschiedenen beteiligten Interessen als unschädlich erweisen. Aus Gründen u. a. der administrativen Effizienz, der Rechtssicherheit und der Verfahrensökonomie kann die Verwaltung nämlich von der Sanktion der „Nichtigkeit“ befreit sein, die jede Rechtsordnung normalerweise für die schwersten Fälle der Rechtswidrigkeit einer Verwaltungsentscheidung vorsieht. Nach diesem Modell wird die „formelle Rechtswidrigkeit“ des Rechtsakts, mit dem die genannte Entscheidung getroffen wird, hingenommen, sofern sie das „materielle Recht“ des Betroffenen nicht beeinträchtigt. Abgesehen davon ist sich der Gerichtshof meines Erachtens all dieser Aspekte bewusst und wendet das Modell, das ich soeben veranschaulicht habe, auf die Rechtsordnung der Union an, da er im Einklang mit der vorerwähnten Rechtsprechung verlangt, dass in jedem Einzelfall geprüft wird, welche Folgen eine Verletzung der Verteidigungsrechte, insbesondere des Anspruchs auf rechtliches Gehör, hat, bevor über das Schicksal der in Rede stehenden Verwaltungsentscheidung entschieden wird.

116. Was speziell die Verletzung des Unparteilichkeitsgebots angeht, die Gegenstand der vorliegenden Rechtssache ist, bin ich der Ansicht, dass der zu verfolgende Ansatz von der Schwere des Einzelfalls abhängt. In diesem Zusammenhang möchte ich die Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, dass der Unparteilichkeitsbegriff in der Rechtsprechung des Gerichtshofs sowie den verschiedenen von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union verwendeten Verhaltenskodizes nicht auf die gleiche Art und Weise definiert wird. Der Gerichtshof scheint sich auf einen eher allgemeinen, auslegungsbedürftigen Begriff zu stützen, während der Kodex für gute Verwaltungspraxis des Europäischen Bürgerbeauftragten auf besonders schwere Sonderfälle wie beispielsweise Interessenkonflikte aus persönlichen, familiären, politischen oder finanziellen Gründen abzielt(93). Wird eine Vielzahl von Fällen erfasst, müssen in jedem Einzelfall die konkreten Umstände ermittelt werden, die Zweifel im Hinblick auf die Unparteilichkeit der Verwaltung aufkommen lassen.

117. Einerseits trifft es zu, dass eine fehlende objektive Unparteilichkeit das Vertrauen des Rechtsunterworfenen in die Neutralität der Verwaltung erschüttern könnte. Der Verdacht, einer willkürlichen und damit ungerechten Behandlung unterworfen zu werden, kann sich schädlich auf die Wahrnehmung der Rechtsunterworfenen(94) und im Fall des öffentlichen Dienstes auf das Verhalten der betreffenden Beamten und Bediensteten gegenüber der sie beschäftigenden Stelle auswirken. Da sowohl für das interne Funktionieren als auch für das Außenbild der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union viel auf dem Spiel steht, liegt auf der Hand, dass eine Verletzung des Erfordernisses der objektiven Unparteilichkeit nicht ohne Weiteres geheilt werden kann(95). Eine solche Fallkonstellation scheint mir im Gegenteil geeignet zu sein, die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsverfahrens insgesamt zu beeinträchtigen. Vor diesem Hintergrund versteht man besser, weshalb der Gerichtshof im Urteil Wolff/Kommission(96) nicht geprüft hat, ob die Beteiligung eines bestimmten Sachverständigen die getroffene Entscheidung beeinflusst hatte, und sich auf die Feststellung beschränkt hat, dass ein berechtigter Zweifel an der objektiven Unparteilichkeit bestand, der nicht ausgeräumt werden konnte.

118. Andererseits kann dies jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass, da das Erfordernis der „Unparteilichkeit“ darauf abzielt, unterschiedliche Verhaltensweisen zu verbieten, die von Bagatelldelikten bis zu Straftaten reichen, die Rechtsfolgen einer Verletzung dieses Erfordernisses verhältnismäßig sein und den jeder Rechtsordnung inhärenten Interessen gebührend Rechnung tragen müssen. Den Interessen des Adressaten eines wegen eines Verfahrensmangels rechtswidrigen Verwaltungsakts stehen Grundsätze wie beispielsweise die der administrativen Effizienz, der Rechtssicherheit und der Verfahrensökonomie gegenüber. Aus diesem Grund gehe ich nicht davon aus, dass jeder berechtigte Zweifel an der Beachtung des Erfordernisses der objektiven Unparteilichkeit automatisch zur Nichtigkeit eines Verwaltungsakts führen kann. Wie in den vorliegenden Schlussanträgen(97) bereits erläutert worden ist, sollte eine solche Rechtsfolge den schwersten Rechtsverstößen, insbesondere solchen, bei denen ein Interessenkonflikt aus persönlichen, familiären, politischen oder finanziellen Gründen besteht, sowie Straftaten wie beispielsweise solchen im Zusammenhang mit Korruption im öffentlichen Dienst vorbehalten sein. Dagegen wäre es in anderen Fällen angebracht, die Möglichkeit, die Nichtigkeit des mit einem Verfahrensmangel im Zusammenhang mit einer Verletzung des besagten Erfordernisses behafteten Verwaltungsakts zu beantragen, von der Frage abhängig zu machen, ob das Verfahren ohne diese Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, wie der Gerichtshof im Urteil Kommission/RQ entschieden hat(98). Falls nein, sollte eine solche Möglichkeit ausgeschlossen werden.

D.      Prüfung des Rechtsmittels im Licht der Rechtsprechung

1.      Vorüberlegungen

119. Nachdem die Erkenntnisse aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Unparteilichkeitsgebot herausgearbeitet worden sind, müssen sie im Rahmen der Prüfung des Rechtsmittels sodann auf den konkreten Fall angewandt werden.

120. Soweit das Parlament eine Verfälschung der Tatsachen geltend macht, genügt der Hinweis darauf, dass das Rechtsmittel, wie sich aus Art. 256 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt, auf Rechtsfragen beschränkt ist. Für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie für die Würdigung der Beweise ist daher allein das Gericht zuständig. Die Würdigung der Tatsachen und Beweise ist daher, außer im Fall ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge. Eine solche Verfälschung muss sich in offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben, ohne dass es einer neuen Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf(99).

121. In diesem Zusammenhang möchte ich feststellen, dass das Parlament nicht dartut, inwiefern das Gericht die Tatsachen, auf deren Grundlage es in Rn. 59 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass das Parlament keine hinreichenden Garantien geboten habe, um jeden Zweifel an der objektiven Unparteilichkeit der betreffenden Untersuchungsbeauftragten auszuschließen, verfälscht haben soll. Es beschränkt sich vielmehr auf die Behauptung, dass die ernannten Untersuchungsbeauftragten nur „eine oberflächliche und unvollständige Kenntnis des Falls“ gehabt hätten, was nicht genüge, um auf eine fehlende objektive Unparteilichkeit zu schließen. Aus dem Wortlaut des angefochtenen Urteils geht jedoch hervor, dass das Gericht mehrere Aspekte im Zusammenhang mit den Beziehungen zwischen den Untersuchungsbeauftragten einerseits und UZ andererseits, die einen zwischenmenschlichen Konflikt oder jedenfalls die Möglichkeit einer negativen Meinung der Untersuchungsbeauftragten über UZ in einem Stadium vor der Einleitung der Verwaltungsuntersuchung erkennen lassen, eingehend geprüft hat.

122. Diese Fälle unterscheiden sich klar von dem Fall, den das Parlament anführt und der bloße „Vorkenntnisse“ über die im Rahmen des Verwaltungsverfahrens in Rede stehende Thematik betrifft. Es geht eher um die Gefahr vorgefasster Meinungen, die gegebenenfalls die Wahrnehmung der Realität verfälschen könnten. Entgegen dem Vorbringen des Parlaments scheint mir das Gericht daher zu Recht die Auffassung vertreten zu haben, dass Umstände vorlagen, die geeignet waren, die objektive Unparteilichkeit der Untersuchungsbeauftragten in Frage zu stellen.

2.      Anwendung des Unparteilichkeitsbegriffs auf das Untersuchungsverfahren

123. Der Vollständigkeit halber ist im Folgenden zu prüfen, ob das Gericht davon ausgehen durfte, dass das Parlament der ihm obliegenden Pflicht zur objektiven Unparteilichkeit nicht nachgekommen war, weil zwei Untersuchungsbeauftragte vor der Einleitung der Verwaltungsuntersuchung Vorkenntnisse über den Sachverhalt hatten, so dass sie eine negative Meinung über UZ haben konnten.

124. Zunächst hat das Gericht in Rn. 38 des angefochtenen Urteils korrekt erkannt, dass Art. 41 der Charta im Stadium der Verwaltungsuntersuchung im Rahmen eines Disziplinarverfahrens im Bereich des öffentlichen Dienstes Anwendung findet. Auch hat es korrekt auf den Unparteilichkeitsbegriff, wie er in der Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkannt worden ist, Bezug genommen, um in Rn. 39 des angefochtenen Urteils festzustellen, dass u. a. das Argument, mit dem geltend gemacht wurde, die vom Parlament ernannten Untersuchungsbeauftragten seien nicht unparteiisch gewesen, unter Berücksichtigung dieses Begriffs zu prüfen sei. Demnach ist festzuhalten, dass das Gericht einige der Erkenntnisse, die aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu ziehen sind, auf den konkreten Fall angewandt hat(100).

125. Es hat sodann eine Sachverhaltswürdigung vorgenommen und ist zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die Ernennung der in Rede stehenden Untersuchungsbeauftragten geeignet war, berechtigte Zweifel an deren objektiver Unparteilichkeit aufkommen zu lassen.

a)      Ernennung des Untersuchungsbeauftragten für den „disziplinarrechtlichen“ Teil

126. Konkreter gesagt hat das Gericht berücksichtigt, dass einer der für den „disziplinarrechtlichen“ Teil zuständigen Untersuchungsbeauftragten einen der Beschwerdeführer bereits vor Beginn der Verwaltungsuntersuchung gegen UZ getroffen hatte. Nach der Aussage dieses Beschwerdeführers war er nach Luxemburg (Luxemburg) gereist, um sich über eine eventuelle Untersuchung des OLAF gegen ihn zu erkundigen, da ihm Kollegen erklärt hätten, dass der Ehemann von UZ ihn auf ihre Initiative bei dieser Institution wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit einem Elternurlaub „aus Rache“ angezeigt habe, „weil der betreffende Kollege ihre Arbeit sabotiert [habe]“. Wie das Gericht in Rn. 48 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, hat das Parlament nicht bestritten, dass es vor der Einleitung der Verwaltungsuntersuchung dieses Treffen zwischen einem der Beschwerdeführer und dem zukünftigen Untersuchungsbeauftragten gegeben hat. Es hat gleichwohl vorgetragen, dass erstens dieser bei dem Treffen keine Angaben zu dem betreffenden Fall gemacht habe und dass zweitens niemand habe ahnen können, dass der zukünftige Untersuchungsbeauftragte in dieses Amt berufen werde.

127. Auf der Grundlage der verfügbaren Informationen lässt sich meiner Ansicht nach der Schluss ziehen, dass das Gericht der Argumentation des Parlaments zu Recht nicht gefolgt ist. Um das Verständnis der Gründe zu erleichtern, die zu dieser Schlussfolgerung geführt haben, sind die Ausführungen des Gerichts detaillierter zu prüfen.

128. Als Erstes hat das Gericht in Rn. 49 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass es keinerlei Unterlagen zum Inhalt des Gesprächs zwischen dem einen Beschwerdeführer und dem zukünftigen Untersuchungsbeauftragten gebe. Demnach konnte das Thema des Gesprächs zwischen den an diesem Treffen beteiligten Personen nicht in zufriedenstellender Weise nachgewiesen werden. Die Behauptung des Parlaments, dass keine Angaben zum Fall gemacht worden seien, konnte somit nicht bewiesen werden. Ohne stichhaltige Beweise konnte die fragliche Aussage nur ein Indiz sein, das allein die beteiligten Personen bestätigen konnten. Eine solche Aussage scheint mir jedoch Fragen zum Verhalten der genannten Personen gegenüber UZ aufwerfen zu können, vor allem, wenn sie in einer Anhörung ordnungsgemäß dokumentiert wird, wie es hier der Fall war. Dies bringt mich zu einem zentralen Aspekt der Rechtssache, den das Gericht anschließend untersucht hat.

129. Als Zweites hat das Gericht darauf hingewiesen, dass die objektive Unparteilichkeit erfordere, dass das Organ hinreichende Garantien biete, um jeden Zweifel auszuschließen. Wie in den vorliegenden Schlussanträgen(101) ausgeführt worden ist, hat der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung gerade das immer verlangt, um jeder kompromittierenden Situation vorzubeugen. Im Bewusstsein dieses Erfordernisses hat das Gericht festgestellt, dass eine solche Aussage einen berechtigten Zweifel von UZ an der Unparteilichkeit des Untersuchungsbeauftragten aufkommen lassen könne, der von der besonderen Bösartigkeit ihres angeblichen Verhaltens, wie es ihm berichtet worden sei, hätte beeinflusst werden können. Unabhängig von der Richtigkeit dieser Information drohte der in Rede stehende Untersuchungsbeauftragte meines Erachtens nämlich einen ziemlich ungünstigen Eindruck von UZ zu bekommen, bevor er überhaupt in das Amt des Untersuchungsbeauftragten berufen worden war. Daher kann UZ nicht vorgeworfen werden, die Unparteilichkeit des Verfahrens dem Parlament gegenüber in Zweifel gezogen zu haben, worauf das Gericht in Rn. 52 des angefochtenen Urteils hingewiesen hat. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs war das Gericht nicht verpflichtet, zu prüfen, ob der Untersuchungsbeauftragte tatsächlich Vorurteile gegenüber UZ hatte. Es genügte, dass insoweit ein berechtigter Zweifel bestand und nicht ausgeräumt werden konnte(102). Wie das Gericht zutreffend festgestellt hat, waren diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt.

130. Unter Berücksichtigung der oben beschriebenen Situation scheint mir das Gericht in Rn. 55 des angefochtenen Urteils insoweit rechtsfehlerfrei ausgeführt zu haben, dass das Parlament keinen Untersuchungsbeauftragten hätte benennen dürfen, der sich vor Beginn der Untersuchung mit einem der Beschwerdeführer getroffen habe. Da das Parlament im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs verpflichtet war, hinreichende Garantien zu bieten, um jeden Zweifel auszuschließen, hat das Gericht in Rn. 54 des angefochtenen Urteils nach meiner Einschätzung zu Recht festgestellt, dass es keinen Hinweis darauf gebe, dass es für das Parlament schwierig gewesen wäre, unter seinen Beamten eine Person auszuwählen, die keine Vorkenntnisse über den Sachverhalt gehabt habe und somit keine berechtigten Zweifel bei UZ hätte aufkommen lassen. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen hat das Gericht den Unparteilichkeitsbegriff in Bezug auf die Ernennung des für den „disziplinarrechtlichen“ Teil zuständigen Untersuchungsbeauftragten meiner Ansicht nach korrekt auf den vorliegenden Fall angewandt.

b)      Ernennung des Untersuchungsbeauftragten für den Teil „Mobbing“

131. Was die behauptete fehlende Unparteilichkeit des Untersuchungsbeauftragten für den Teil „Mobbing“ angeht, hat das Gericht in Rn. 57 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass dieser vor seiner Ernennung zum Untersuchungsbeauftragten Vorsitzender des Beratenden Ausschusses für Mobbing und Mobbing-Prävention am Arbeitsplatz gewesen sei, der auf den Beistandsantrag der Beschwerdeführer hin zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Leitung des von UZ geleiteten Referats einer anderen Person habe übertragen werden sollen. Das Gericht hat daraus geschlossen, dass der Untersuchungsbeauftragte, als er als solcher für den Teil „Mobbing“ ernannt worden sei, in Anbetracht des Ergebnisses des besagten Beratenden Ausschusses bereits eine negative Meinung über UZ habe haben können. Dieser Umstand könne die objektive Unparteilichkeit der Untersuchungsbeauftragten in Frage stellen.

132. Einerseits könnte argumentiert werden, wie das Parlament vorschlägt, dass die in der vorstehenden Nummer beschriebene Situation eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Fall aufweist, in dem Personen, die aufgerufen sind, am Erlass einer Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung mitzuwirken, „Vorkenntnisse“ über den Sachverhalt haben – ein Umstand, der nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs(103) als solcher nicht dazu führen kann, dass diese Entscheidung mit einem Verfahrensmangel in Form fehlender Unparteilichkeit behaftet ist. Andererseits zeigt eine eingehendere Prüfung, dass sich die in Rede stehende Situation in Wirklichkeit ganz anders darstellt, wenn berücksichtigt wird, dass der Beamte, der die Funktion eines Untersuchungsbeauftragten wahrnehmen sollte, zuvor am Erlass einer Entscheidung zur Ersetzung von UZ als Referatsleiterin – und das gerade wegen Mobbings – beteiligt gewesen war. Eine solche Situation erscheint mir besonders heikel, da sie eine aktive Beteiligung in mehreren Stadien eines Verwaltungsverfahrens voraussetzt, das zur Verhängung einer Disziplinarstrafe führen könnte(104). Unter diesen Umständen kann meines Erachtens schwerlich eine Behandlung erwartet werden, die vollkommen frei von Vorurteilen bei den beteiligten Beamten ist(105).

133. Entgegen dem Vorbringen des Parlaments geht es im vorliegenden Fall folglich nicht einfach um einen Fall von „Vorkenntnissen“ über den Sachverhalt, sondern vielmehr um eine „vorherige Beteiligung“ am Verwaltungsverfahren, die berechtigte Zweifel an der Haltung des Beamten gegenüber UZ aufkommen lässt. Daher bin ich der Ansicht, dass das Gericht die Möglichkeit einer analogen Anwendung der vorerwähnten Rechtsprechung in seinen Ausführungen zu Recht nicht einmal in Betracht gezogen hat und in Rn. 58 des angefochtenen Urteils vielmehr zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Ernennung des betreffenden Beamten die objektive Unparteilichkeit des Untersuchungsbeauftragten in Frage stellen könne, weil sich nicht ausschließen lasse, dass dieser bereits eine negative Meinung über UZ habe haben können. Dieses Ergebnis erscheint mir schlüssig und damit aus rechtlicher Sicht unangreifbar.

134. Unter den vorliegenden Umständen kann dem Gericht meines Erachtens vernünftigerweise nicht vorgeworfen werden, dass es die Kriterien des Begriffs „Unparteilichkeit“ übermäßig streng angewandt hätte. Da die Organe zum einen verpflichtet sind, hinreichende Garantien zu bieten, um jeden berechtigten Zweifel im Hinblick auf etwaige Vorurteile im Rahmen von Verwaltungsuntersuchungen auszuschließen, und zum anderen zu berücksichtigen ist, dass es im vorliegenden Fall um ein Verwaltungsverfahren geht, das zu einer Disziplinarstrafe mit schwerwiegenden Folgen für den betreffenden Beamten in beruflicher Hinsicht führen könnte, scheint mir ein vorsichtiger Ansatz geboten. Es darf nämlich nicht vergessen werden, dass die Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Berücksichtigung des Erfordernisses der objektiven Unparteilichkeit kein Selbstzweck ist, sondern ein Mittel, um zu gewährleisten, dass das Verwaltungsverfahren unter uneingeschränkter Wahrung der Rechte der betroffenen Person abläuft. Da das Erfordernis der objektiven Unparteilichkeit, worauf in den vorliegenden Schlussanträgen bereits hingewiesen worden ist, dem Schutz sowohl des internen Funktionierens als auch des Außenbilds der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union dient(106), bin ich überdies der Meinung, dass es falsch wäre, anzunehmen, dass die sich daraus ergebenden Verpflichtungen auf die leichte Schulter genommen werden können.

c)      Vorläufiges Ergebnis zur Ernennung der Untersuchungsbeauftragten

135. Die Ausführungen im angefochtenen Urteil zeigen, dass sich das Gericht der Herausforderungen bewusst war und die angemessenen Konsequenzen gezogen hat, als es die Ansicht vertreten hat, dass das Parlament den Verpflichtungen aus dem Erfordernis der „Unparteilichkeit“, so wie es vom Gerichtshof in seiner Rechtsprechung ausgelegt worden ist, nicht nachgekommen sei. Entgegen dem Vorbringen des Parlaments lässt nichts darauf schließen, dass das Gericht die Tatsachen verfälscht oder falsch beurteilt hätte. Aus den vorerwähnten Gründen hat das Gericht in Rn. 59 des angefochtenen Urteils meiner Ansicht nach rechtsfehlerfrei festgestellt, dass das Parlament bei der Ernennung der vorerwähnten Untersuchungsbeauftragten keine hinreichenden Garantien geboten habe, um jeden Zweifel auszuschließen.

3.      Rechtsfolgen einer Verletzung des Erfordernisses der „Unparteilichkeit“

136. Abgesehen davon hat das Gericht anschließend – in den Rn. 60 bis 64 des angefochtenen Urteils – geprüft, ob diese Verletzung des Erfordernisses der Unparteilichkeit geeignet war, die Entscheidung über die Verhängung einer Disziplinarstrafe gegen UZ zu beeinflussen. Unter Bezugnahme auf seine eigene Rechtsprechung(107) hat es festgestellt, dass ein Verfahrensfehler nur dann die Aufhebung einer Maßnahme rechtfertigen könne, wenn das Verfahren ohne diesen Fehler zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Mit anderen Worten weist das Gericht erstens darauf hin, dass nicht alle Verfahrensmängel geeignet seien, zur Nichtigkeit eines Verwaltungsakts zu führen, und zweitens, dass eine Verletzung des Erfordernisses der Unparteilichkeit keine Ausnahme von dieser Regel darstelle.

137. Wie bereits erläutert worden ist, zielt das Erfordernis der Unparteilichkeit darauf ab, unterschiedliche Verhaltensweisen zu verbieten, die von Bagatelldelikten bis zu Straftaten reichen. Daher müssen die Rechtsfolgen einer Verletzung dieses Erfordernisses verhältnismäßig sein und den jeder Rechtsordnung inhärenten Interessen wie beispielsweise den Interessen der administrativen Effizienz, der Rechtssicherheit und der Verfahrensökonomie, die trotz der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts dessen Aufrechterhaltung erfordern können, gebührend Rechnung tragen. Entsprechend dem vorgeschlagenen Ansatz(108) muss zunächst geprüft werden, ob die Pflicht zur Unparteilichkeit durch die Vornahme von Handlungen verletzt worden ist, die so schwer wiegen, dass die in Rede stehende Verwaltungsentscheidung eine Nichtigkeitssanktion verdienen würde. In diesem Zusammenhang stelle ich fest, dass die Umstände des vorliegenden Falls mangels genauerer Informationen weder eine Straftat seitens der Untersuchungsbeauftragten noch einen Interessenkonflikt aus persönlichen, familiären, politischen oder finanziellen Gründen erkennen lassen. Folglich scheint mir die Option, die streitige Entscheidung ex tunc für nichtig zu erklären, verworfen werden zu müssen.

138. Der nächste Analyseschritt besteht entsprechend dem vorgeschlagenen Ansatz in der Prüfung, ob die besagte Verletzung des Erfordernisses der Unparteilichkeit geeignet ist, die Entscheidung über die Verhängung einer Disziplinarstrafe gegen UZ zu beeinflussen. In Bezug auf diese Frage ist anzumerken, dass, wie das Gericht in Rn. 64 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, „nicht ausgeschlossen werden [kann], dass die Verwaltungsuntersuchung, wäre sie sorgfältig und unparteilich durchgeführt worden, zu einer anderen anfänglichen Bewertung des Sachverhalts und somit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können“. Diese Feststellung beruht auf dem Gedanken, dass die Verwaltungsuntersuchung die Ausübung des Ermessens der Anstellungsbehörde hinsichtlich des weiteren Vorgehens bestimmt und dass dieses Vorgehen letztlich zur Verhängung einer Disziplinarstrafe führen kann.

139. Wie das Gericht in Rn. 63 des angefochtenen Urteils richtig erläutert hat, beurteilt die Anstellungsbehörde auf der Grundlage dieser Untersuchung und der Anhörung des betreffenden Bediensteten erstens, ob ein Disziplinarverfahren einzuleiten ist, zweitens, ob dabei gegebenenfalls der Disziplinarrat zu befassen ist, und drittens, wenn das Verfahren vor dem Disziplinarrat eingeleitet wird, mit welchem Sachverhalt dieser befasst wird. Mit anderen Worten kann eine falsche Faktenbasis, die im Rahmen einer mit mehreren Verfahrensunregelmäßigkeiten behafteten Verwaltungsuntersuchung festgelegt wird, schwerwiegende Folgen für den betreffenden Beamten haben. Konkreter gesagt kann ein solcher Umstand zu fehlerhaften und damit rechtswidrigen Entscheidungen seitens der Anstellungsbehörde und der am Disziplinarverfahren beteiligten Stellen führen. Eine solche Argumentation erscheint mir logisch und aus rechtlicher Sicht unangreifbar.

140. Abgesehen davon ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Schlussfolgerung des Gerichts in Rn. 64 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen die Rechtsprechung des Gerichtshofs, so wie sie sich aus dem Urteil Kommission/RQ ergibt, widerspiegelt(109). Das Gericht hat nämlich ähnliche Kriterien angewandt, als es festgestellt hat, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Verletzung des Erfordernisses der Unparteilichkeit die anfängliche Bewertung des Sachverhalts beeinflusst habe. Damit hat es indirekt anerkannt, dass die streitige Entscheidung möglicherweise inhaltlich anders hätte ausfallen können, wenn das Erfordernis der Unparteilichkeit beachtet worden wäre.

141. Aus den oben dargelegten Gründen bin ich der Ansicht, dass das Gericht in Bezug auf das Ergebnis seiner Analyse keinen Rechtsfehler begangen hat. Es hat den Begriff „Unparteilichkeit“, wie er in der Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkannt worden ist, richtig ausgelegt und auf den vorliegenden Fall angewandt. Folglich hat das Gericht zu Recht den Schluss gezogen, dass die streitige Entscheidung mit einem erheblichen Verfahrensmangel behaftet und für nichtig zu erklären sei. Daher sollte der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes meiner Meinung nach als unbegründet zurückgewiesen werden.

VII. Ergebnis

142. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, den ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes für unbegründet zu erklären.


1      Originalsprache: Französisch.


2      Der Begriff „Unparteilichkeit“ ist untrennbar mit dem Konzept der „Gerechtigkeit“ verknüpft. Die Unparteilichkeit wird in der Rechtsphilosophie als eine für die Gewährleistung der einheitlichen und damit gleichen bzw. gerechten Anwendung des Rechts auf den Einzelnen notwendige Voraussetzung ethischer Natur angesehen, durch die willkürlichen Entscheidungen vorgebeugt wird (vgl. in diesem Sinne Petersen, J., Nietzsches Genialität der Gerechtigkeit, Berlin 2008, S. 102, und Drews, A., Kants Naturphilosophie als Grundlage seines Systems, Berlin 1894, S. 250). Sie setzt voraus, dass der Entscheider seine persönlichen Interessen hintanstellt und eine Entscheidung ohne Ansehen der Person trifft (vgl. insoweit Guinchard, S., „La gestion des conflits d’intérêts du juge: entre statut et vertu“, Pouvoirs, 2013/4, Nr. 147, S. 39). Gemäß einer Tradition, die bis ins Mittelalter zurückreicht, wird die Unparteilichkeit, die den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten zugrunde liegt, durch das Bild einer Frau mit verbundenen Augen – eine von den Göttinnen Justitia und Themis aus der römischen bzw. griechischen Mythologie inspirierte allegorische Personifizierung – symbolisiert.


3      Nach Art. 252 Abs. 2 AEUV hat der Generalanwalt öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu den Rechtssachen zu stellen, in denen nach der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union seine Mitwirkung erforderlich ist (vgl. insoweit Urteile vom 3. Dezember 2015, Banif Plus Bank, C‑312/14, EU:C:2015:794, Rn. 33, sowie vom 9. Juni 2016, Pesce u. a., C‑78/16 und C‑79/16, EU:C:2016:428, Rn. 25).


4      Urteile vom 14. April 2015, Rat/Kommission (C‑409/13, EU:C:2015:217, Rn. 64), vom 16. Juli 2015, Kommission/Rat (C‑425/13, EU:C:2015:483, Rn. 69), vom 6. Oktober 2015, Rat/Kommission (C‑73/14, EU:C:2015:663, Rn. 61), und vom 28. Juli 2016, Rat/Kommission (C‑660/13, EU:C:2016:616, Rn. 32).


5      Im Verwaltungsrecht kommen die Bemühungen um Gewährleistung dieser Homogenität von Werten und Grundsätzen, die eine gute Verwaltung auszeichnen, in der Anwendung von Art. 41 der Charta auf die Organe und Einrichtungen der Union, an die sich diese Vorschrift richtet, einerseits, und des allgemeinen Grundsatzes des Unionsrechts, den diese Bestimmung widerspiegelt, auf die Mitgliedstaaten, wenn sie dieses Recht umsetzen, andererseits, zum Ausdruck. Vgl. insoweit Urteile vom 8. Mai 2019, PI (C‑230/18, EU:C:2019:383, Rn. 57), und vom 24. November 2020, Minister van Buitenlandse Zaken (C‑225/19 und C‑226/19, EU:C:2020:951, Rn. 34).


6      Für einen Überblick über die Umsetzung dieser beiden Grundsätze auf internationaler Ebene vgl. Olbourne, B., „Independence and impartiality: International standards for national judges and courts“, Law and practice of international courts and tribunals, Bd. 2, Nr. 1, April 2003, S. 97.


7      Vgl. insoweit Voßkuhle, A., „The cooperation between European courts: the Verbund of European courts and its legal toolbox“, The Court of Justice and the Constitution of Europe: analyses and perspectives on sixty years of case-law, Den Haag 2013, S. 82, der erläutert, dass das deutsche Bundesverfassungsgericht die Zuständigkeit des Gerichtshofs, zur Weiterentwicklung des Unionsrechts beizutragen, ausdrücklich anerkannt habe.


8      Urteil Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament (Rn. 41).


9      Urteil Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament (Rn. 39).


10      Urteil Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament (Rn. 43).


11      Urteil Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament (Rn. 44).


12      Urteil Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament (Rn. 45).


13      Urteile des EGMR vom 24. Februar 1993 Fey/Österreich (CE:ECHR:1993:0224JUD001439688, § 28), vom 25. Februar 1997, Findlay/Vereinigtes Königreich (CE:ECHR:1997:0225JUD002210793, § 73), und vom 4. Oktober 2007, Forum Maritime SA/Rumänien (CE:ECHR:2007:1004JUD006361000, § 116).


14      Urteil Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament (Rn. 46).


15      Urteil Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament (Rn. 47).


16      Urteil Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament (Rn. 48 und 49).


17      Vgl. Kanska, K., „Towards Administrative Human Rights in the EU. Impact of the Charter of Fundamental Rights“, European Law Journal, Bd. 10, Nr. 3, Mai 2004, S. 303. Der Verfasser vertritt die Auffassung, die Ausstattung der Bürger mit europäischen administrativen Befugnissen liefere einen Beitrag zur Stärkung des Staatsbürgerschaftsstatus über den rein nationalen Rahmen hinaus. Dem Verfasser zufolge stellt dies angesichts des Machtzuwachses der Unionsorgane eine Notwendigkeit dar.


18      Batalli, M, und Fejzullahu, A., „Principles of Good Administration under the European Code of Good Administrative Behavior“, Pécs Journal of International and European Law, 2018, Nr. 1, S. 31. Die Verfasser weisen darauf hin, dass das Legalitätsprinzip als Grundlage jeder Rechtsordnung angesehen werde, was im Wesentlichen die Rechtsstaatlichkeit definiere. Nach diesem Prinzip müssten alle Verwaltungstätigkeiten auf Rechtsnormen beruhen.


19      Urteile vom 26. Juni 2012, Polen/Kommission (C‑336/09 P, EU:C:2012:386, Rn. 36), und vom 5. November 2019, EZB u. a./Trasta Komercbanka u. a. (C‑663/17 P, C‑665/17 P und C‑669/17 P, EU:C:2019:923, Rn. 54).


20      Vgl. in diesem Sinne Kanska, K., „Towards Administrative Human Rights in the EU. Impact of the Charter of Fundamental Rights“, European Law Journal, Bd. 10, Nr. 3, Mai 2004, S. 300. Vgl. auch Bousta, R., „Who said there is a ‚right to good administration‘? A critical analysis of Article 41 of the Charter of fundamental rights of the European Union“, European Public Law, 2013, Nr. 3, S. 488, wo der Verfasser hingegen die Auffassung vertritt, das Recht auf eine gute Verwaltung sehe Verfahrensgarantien für die Verwirklichung der Grundrechte vor.


21      Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache M. (C‑277/11, EU:C:2012:253, Nr. 31).


22      Die Verträge der Union sehen bereits einige Bestimmungen vor, die als Inspirationsquelle für die Kodifizierung von Art. 41 der Charta gedient haben. So beruhen Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta auf Art. 296 AEUV, Art. 41 Abs. 3 der Charta auf Art. 340 AEUV und Art. 41 Abs. 4 der Charta auf Art. 20 Abs. 2 Buchst. d AEUV. Dagegen wird das Erfordernis der „Unparteilichkeit“ in den Verträgen nicht ausdrücklich erwähnt. Lediglich in Art. 298 AEUV ist von einer „unabhängigen“ europäischen Verwaltung die Rede.


23      Vgl. insoweit Erläuterungen zu Art. 41 der Charta (ABl. 2007, C 303, S. 17) sowie Urteile vom 13. Juli 1966, Consten und Grundig/Kommission (56/64 und 58/64, EU:C:1966:41, S. 395 und 396), vom 9. Juli 1970, Tortora/Kommission (32/69, EU:C:1970:68, Rn. 11), und vom 31. März 1992, Burban/Parlament (C‑255/90 P, EU:C:1992:153, Rn. 7).


24      Vgl. insoweit Mendes, J., „The EU administrative institutions, their law, and their legal scholarship“, The Oxford Handbook of comparative Administrative law, Oxford 2020, S. 544, und Stelkens, U., und Andrijauskaite, A., „How to Assess the Effectiveness of the Pan-European General Principles of Good Administration“, Good Administration and the Council of Europe, Oxford 2020, S. 68. Diese Verfasser sprechen von der gegenwärtigen „Zersplitterung“ des Verwaltungsrechts der Union, einschließlich des Verwaltungsverfahrens, in mehrere Gesetzgebungsakte.


25      In der Vergangenheit hat es dennoch Initiativen zur Schaffung eines einheitlichen Verwaltungsverfahrensgesetzes gegeben, nämlich die gemäß Art. 225 AEUV verabschiedete Entschließung des Parlaments vom 15. Januar 2013 mit Empfehlungen an die Kommission zu einem Verwaltungsverfahrensrecht der Europäischen Union (2012/2024 [INL]; A7-0369/2012) sowie den mit Entschließung vom 9. Juni 2016 vom Parlament gebilligten „Vorschlag für eine Verordnung für eine offene, effiziente und unabhängige europäische Verwaltung“ (2016/2610[RSP]; P8_TA[2016]0279), in dem das Parlament die Kommission ersucht hat, den besagten Vorschlag für eine Verordnung zu prüfen, und sie aufgefordert hat, einen Legislativvorschlag vorzulegen. Die Kommission scheint dieser Aufforderung gleichwohl nicht nachgekommen zu sein.


26      Vgl. in diesem Sinne Ladenburger, C., „Evolution oder Kodifikation eines allgemeinen Verwaltungsrechts in der EU“, Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Tragfähigkeit eines Konzepts, Tübingen 2008, S. 116. Der Verfasser vertritt die Auffassung, dass Art. 41 der Charta eine „komprimierte und allgemeine Kodifizierung“ darstelle, in der die wichtigsten Verfahrensrechte als subjektive Rechte festgeschrieben seien.


27      Vgl. Nrn. 70 ff. der vorliegenden Schlussanträge.


28      Vgl. Nrn. 76 ff. der vorliegenden Schlussanträge.


29      Vgl. Nrn. 84 ff. der vorliegenden Schlussanträge.


30      Vgl. Nrn. 91 ff. der vorliegenden Schlussanträge.


31      Urteil Ziegler/Kommission (Rn. 146).


32      Urteil Ziegler/Kommission (Rn. 154).


33      Vgl. Nr. 67 der vorliegenden Schlussanträge.


34      Vgl. Nr. 63 der vorliegenden Schlussanträge.


35      Urteil Ziegler/Kommission (Rn. 155).


36      Urteil Ziegler/Kommission (Rn. 156 und 157).


37      Urteil Ziegler/Kommission (Rn. 158).


38      Urteil Ziegler/Kommission (Rn. 159).


39      Urteil Ziegler/Kommission (Rn. 160).


40      Vgl. in diesem Sinne Craig, P., The EU Charter of Fundamental Rights (hrsg. von Peers/Hervey/Kenner/Ward), Oxford 2014, Art. 41, 41.25, S. 1077.


41      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 21).


42      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 24 und 25).


43      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 26).


44      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 27).


45      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 28).


46      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 30).


47      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 38).


48      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 37).


49      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 39).


50      Urteil Spanien/Rat (Rn. 89).


51      Urteil Spanien/Rat (Rn. 86).


52      Urteil Spanien/Rat (Rn. 90).


53      Urteil Spanien/Rat (Rn. 91).


54      Urteil Spanien/Rat (Rn. 96).


55      Urteil Spanien/Rat (Rn. 99 und 100).


56      Urteil Spanien/Rat (Rn. 101).


57      Vgl. in diesem Sinne Jarass, H., Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Aufl., Berlin, 2021, Art. 41, Rn. 10.


58      Vgl. auch Urteil vom 4. Juni 2020, EAD/De Loecker (C‑187/19 P, EU:C:2020:444, Rn. 70), das ebenfalls den Anspruch auf rechtliches Gehör im Bereich des öffentlichen Dienstes betrifft.


59      ABl. 2010, C 83, S. 266.


60      Urteil Kommission/RQ (Rn. 64).


61      Urteil Kommission/RQ (Rn. 65).


62      Urteil Kommission/RQ (Rn. 66).


63      Urteil Kommission/RQ (Rn. 67).


64      Vgl. Nrn. 111 bis 118 der vorliegenden Schlussanträge.


65      Urteil Kommission/RQ (Rn. 105).


66      Urteil Kommission/RQ (Rn. 106 und 107).


67      Urteil Dalli/Kommission (Rn. 106 und 107).


68      Urteil Dalli/Kommission (Rn. 111 bis 118).


69      Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) (ABl. 1999, L 136, S. 1).


70      Urteil Dalli/Kommission (Rn. 119 bis 124).


71      Vgl. Nrn. 119 ff. der vorliegenden Schlussanträge.


72      Urteil Kommission/RQ (Rn. 65).


73      Urteil Dalli/Kommission (Rn. 111).


74      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 26).


75      Vgl. Nrn. 80, 87, 98 und 100 der vorliegenden Schlussanträge.


76      Urteil Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament (Rn. 43 bis 45).


77      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 39).


78      Urteil Spanien/Rat (Rn. 99).


79      Urteil Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament (Rn. 47).


80      Urteil Dalli/Kommission (Rn. 117).


81      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 30).


82      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 37).


83      Urteil Ziegler/Kommission (Rn. 156).


84      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 41).


85      Urteil Spanien/Rat (Rn. 94).


86      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 28).


87      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 39).


88      Urteil Kommission/RQ (Rn. 112).


89      Urteil Kommission/RQ (Rn. 105).


90      Vgl. Urteile vom 15. Januar 2013, Križan u. a. (C‑416/10, EU:C:2013:8, Rn. 91), betreffend die Heilung von Verfahrensmängeln im Rahmen eines umweltbezogenen Entscheidungsverfahrens, vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission (C‑109/10 P, EU:C:2011:686, Rn. 56), für die Heilung von Verfahrensmängeln im Rahmen von Kartellverfahren der Kommission sowie vom 16. Januar 1992, Marichal-Margrève (C‑334/90, EU:C:1992:15, Rn. 25), für das Zollverfahrensrecht.


91      Urteil vom 11. Juni 2020 (C‑114/19 P, EU:C:2020:457).


92      Urteil vom 11. Juni 2020, Kommission/Di Bernardo (C‑114/19 P, EU:C:2020:457, Rn. 51 bis 60).


93      Gemäß Art. 8 („Unparteilichkeit und Unabhängigkeit“) des vom Europäischen Bürgerbeauftragten entwickelten und vom Parlament im Wege einer Entschließung auf seiner Plenarsitzung vom 6. September 2001 verabschiedeten Europäischen Kodex für gute Verwaltungspraxis verlangt die Pflicht zur Unparteilichkeit, dass sich der Beamte „jeder willkürlichen Handlung, die sich nachteilig auf Einzelpersonen auswirkt, sowie jeder Form der Vorzugsbehandlung, mit welchen Gründen auch immer sie motiviert sein mag“, enthält. Nach diesem Kodex darf das Verhalten des Beamten zu keiner Zeit von „persönlichen, familiären oder nationalen Interessen oder politischem Druck“ geleitet sein. Der Beamte darf sich auch nicht „an einer Entscheidung [beteiligen], an der er oder ein enges Mitglied seiner Familie ein finanzielles Interesse besitzt“.


94      Batalli, M., und Fejzullahu, A., „Principles of Good Administration under the European Code of Good Administrative Behavior“, Pécs Journal of International and European Law, 2018, Nr. 1, S. 35. Die Verfasser weisen darauf hin, dass die Nichtbeachtung der Grundsätze der „guten Verwaltung“ zu einer „schlechten Verwaltung“, d. h. einer Situation führen könne, in der schwache staatliche Institutionen nicht imstande seien, das Wohl der Bürger zu fördern. All dies könne zu einer allgemeinen Unzufriedenheit unter den Bürgern führen.


95      Vgl. insoweit Mouly, J., „Du caractère substantiel des dispositions garantissant le principe d’impartialité dans la procédure disciplinaire“, Droit Social, Dalloz, 2016, Nr. 10, S. 869, in dem der Verfasser die Bedeutung des Unparteilichkeitsgebots unterstreicht. Er vertritt die Auffassung, bestimmte besonders wichtige Regeln des Disziplinarverfahrens stellten wesentliche Garantien dar, deren Verletzung von Rechts wegen zur Nichtigkeit der verhängten Sanktion führen müsse, ohne dass der Arbeitnehmer nachzuweisen brauche, dass er seine Verteidigungsrechte nicht habe geltend machen können.


96      Urteil Wolff/Kommission (Rn. 37 bis 41).


97      Vgl. Nr. 115 der vorliegenden Schlussanträge.


98      Vgl. Nr. 112 der vorliegenden Schlussanträge.


99      Vgl. Urteile vom 12. Januar 2017, Timab Industries und CFPR/Kommission (C‑411/15 P, EU:C:2017:11, Rn. 89), sowie vom 1. Oktober 2020, CC/Parlament (C‑612/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:776, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).


100      Vgl. Nrn. 103 und 104 der vorliegenden Schlussanträge.


101      Vgl. Nr. 105 der vorliegenden Schlussanträge.


102      Vgl. Nr. 108 der vorliegenden Schlussanträge.


103      Vgl. Nr. 106 der vorliegenden Schlussanträge.


104      Vgl. insoweit Van Reenen, P., „Impartiality in the EU Asylum Procedure“, European Journal of Migration and Law, 2018, Nr. 20, S. 345. Nach Auffassung des Verfassers ist der Fall, in dem ein Richter wiederholt am Erlass von Entscheidungen mitgewirkt hat, die für eine Einzelperson nachteilig sind, geeignet, berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit aufkommen zu lassen.


105      In diesem Kontext ist das Urteil des EGMR vom 28. Oktober 1998, Castillo Algar/Spanien (CE:ECHR:1998:1028JUD002819495), anzuführen, das sich auf die Unparteilichkeit eines Militärgerichts bezog, von dem zwei Mitglieder bereits in einer anderen Kammer über das Rechtsmittel gegen einen Beschluss über die Erhebung der Anklage gegen den Betroffenen zu befinden hatten. Nach Auffassung des EGMR bestanden Anhaltspunkte für die Annahme, dass sich die Richter den vom erstinstanzlichen Gericht eingenommenen Standpunkt, wonach „ausreichende Indizien [vorlagen], die den Schluss zuließen, dass eine Militärstraftat begangen worden war“, zu eigen gemacht hatten. Demnach hat er einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK festgestellt.


106      Vgl. Nr. 104 der vorliegenden Schlussanträge.


107      Urteil vom 14. Februar 2017, Kerstens/Kommission (T‑270/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:74).


108      Vgl. Nr. 118 der vorliegenden Schlussanträge.


109      Vgl. Nr. 118 der vorliegenden Schlussanträge.