Language of document : ECLI:EU:T:2015:253

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

30. April 2015(*)

„REACH – Ermittlung bestimmter Inhalationsallergene als besonders besorgniserregende Stoffe – Anlass zu ebenso großer Besorgnis – Nichtigkeitsklage – Unmittelbare Betroffenheit – Zulässigkeit – Verteidigungsrechte – Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache T‑135/13

Hitachi Chemical Europe GmbH mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland),

Polynt SpA mit Sitz in Scanzorosciate (Italien),

Sitre Srl mit Sitz in Mailand (Italien),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Mereu und K. Van Maldegem,

Klägerinnen,

unterstützt durch

REACh ChemAdvice GmbH mit Sitz in Kelkheim (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Mereu und K. Van Maldegem,

und durch

New Japan Chemical mit Sitz in Osaka (Japan), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Mereu und K. Van Maldegem,

Streithelferinnen,

gegen

Europäische Agentur für chemische Stoffe (ECHA), vertreten durch M. Heikkilä, W. Broere und T. Zbihlej als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Königreich der Niederlande, vertreten durch B. Koopman, M. Bulterman und C. Schillemans als Bevollmächtigte,

und durch

Europäische Kommission, vertreten durch K. Mifsud-Bonnici und K. Talabér‑Ritz als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

wegen teilweiser Nichtigerklärung des Beschlusses ED/169/2012 der ECHA vom 18. Dezember 2012 über die Aufnahme besonders besorgniserregender Stoffe in die Liste in Frage kommender Stoffe gemäß Art. 59 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396, S. 1), soweit sie Hexahydromethylphthalsäureanhydrid (EG Nr. 247-094-1), Hexahydro-4-methylphthalsäureanhydrid (EG Nr. 243-072-0), Hexahydro-1-methylphthalsäureanhydrid (EG Nr. 256-356-4) und Hexahydro-3-methylphthalsäureanhydrid (EG Nr. 260-566-1) betrifft,

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. Dittrich (Berichterstatter), des Richters J. Schwarcz und der Richterin V. Tomljenović,

Kanzler: L. Grzegorczyk, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2014

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin zu 1, die Hitachi Chemical Europe GmbH, und die Klägerin zu 2, die Polynt SpA, sind Herstellerinnen und Einführerinnen von Hexahydromethylphthalsäureanhydrid (EG Nr. 247-094-1), Hexahydro-4-methylphthalsäureanhydrid (EG Nr. 243-072-0), Hexahydro-1-methylphthalsäureanhydrid (EG Nr. 256-356-4) und Hexahydro-3-methylphthalsäureanhydrid (EG Nr. 260-566-1) (im Folgenden zusammen: MHHPA), die zu industriellen Zwecken als Zwischenprodukte oder Monomere bei der chemischen Synthese von Chemikalien und Polymeren sowie als Komonomere oder Zwischenprodukte bei der Produktion von Polymerharzen für die Herstellung von Artikeln verwendet werden.

2        Die Klägerin zu 3, die Sitre Srl, verwendet MHHPA als Härter für Epoxyharze, als Zwischenprodukt oder Komonomer bei der Herstellung elektrischer Isolatoren auf Epoxy-Basis für Transformatoren zur Verteilung von Mittelspannungsstrom.

3        MHHPA ist ein zyklisches Säureanhydrid. Es ist in Anhang VI Teil 3 Tabelle 3.1 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353, S. 1) aufgenommen worden. Durch diese Aufnahme ist MHHPA u. a. unter die Inhalationsallergene der Kategorie 1 eingestuft worden, die bei Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen können.

4        Am 6. August 2012 übermittelte das Königreich der Niederlande der Europäischen Agentur für chemische Stoffe (ECHA) ein Dossier, das es über die Ermittlung von MHHPA als besonders besorgniserregenden Stoff nach dem Verfahren des Art. 59 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396, S. 1), später u. a. geändert durch die Verordnung Nr. 1272/2008, ausgearbeitet hatte. In diesem Dossier schlug das Königreich der Niederlande vor, MHHPA als Stoff zu ermitteln, der gemäß Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt hat, die ebenso besorgniserregend sind wie diejenigen anderer in Art. 57 Buchst. a bis e dieser Verordnung aufgeführter Stoffe.

5        Am 3. September 2012 forderte die ECHA die Beteiligten auf, zu dem Dossier über MHHPA Stellung zu nehmen. Im Rahmen dieses Anhörungsverfahrens reichten die Klägerinnen zu 1 und zu 2 über einen Berufsverband, dem sie angehörten, Stellungnahmen ein.

6        Anschließend übersandte die ECHA dieses Dossier ihrem in Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Ausschuss der Mitgliedstaaten, der sich am 13. Dezember 2012 einstimmig auf die Ermittlung von MHHPA als besonders besorgniserregenden Stoff, der die Kriterien des Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 erfüllt, verständigte.

7        Mit ihrem Beschluss ED/169/2012 vom 18. Dezember 2012 über die Aufnahme besonders besorgniserregender Stoffe in die Liste in Frage kommender Stoffe (im Folgenden: angefochtener Beschluss) ermittelte die ECHA MHHPA gemäß Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 als Stoff, der die Kriterien des Art. 57 Buchst. f dieser Verordnung erfüllt.

 Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

8        Mit Klageschrift, die am 28. Februar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage auf teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses erhoben, soweit sie MHHPA betraf.

9        Mit Schreiben, das am 14. Juni 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, hat die Europäische Kommission beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der ECHA zugelassen zu werden. Diesem Antrag ist nach Anhörung der Parteien mit Beschluss vom 9. September 2013 stattgegeben worden.

10      Mit Schriftsatz, der am 27. Juni 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Königreich der Niederlande beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der ECHA zugelassen zu werden. Diesem Antrag ist nach Anhörung der Parteien mit Beschluss vom 9. September 2013 stattgegeben worden. Da der Antrag des Königreichs der Niederlande auf Zulassung als Streithelfer nach Ablauf der in Art. 115 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts vorgesehenen Frist gestellt worden ist, ist entschieden worden, dass das Königreich der Niederlande gemäß Art. 116 § 6 der Verfahrensordnung erst in der mündlichen Verhandlung Stellung nehmen könne.

11      Mit Schriftsätzen, die am 21. bzw. 24. Juni 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die REACh ChemAdvice GmbH und die New Japan Chemical beantragt, als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Klägerinnen zugelassen zu werden. Diesen Anträgen ist nach Anhörung der Parteien mit Beschlüssen vom 10. Dezember 2013, Hitachi Chemical Europe u. a./ECHA (T‑135/13, EU:T:2013:716 und EU:T:2013:734), stattgegeben worden.

12      Die Kommission hat ihren Streithilfeschriftsatz am 28. Oktober 2013 eingereicht. Mit Schriftsätzen, die am 10. Dezember 2013 bzw. 6. Januar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die ECHA und die Klägerinnen zu diesem Schriftsatz Stellung genommen.

13      REACh ChemAdvice und New Japan Chemical haben ihre Streithilfeschriftsätze am 30. Januar 2014 eingereicht. Mit Schriftsätzen, die am 17. bzw. 18. März 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die ECHA und die Klägerinnen zu diesen Schriftsätzen Stellung genommen.

14      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Fünfte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

15      Mit Beschluss vom 15. Oktober 2014 sind die vorliegende Rechtssache und die Rechtssache Polynt und Sitre/ECHA, die das Aktenzeichen T‑134/13 trägt, nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung zu gemeinsamer mündlicher Verhandlung verbunden worden.

16      Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung hat das Gericht die ECHA zur Vorlage eines Dokuments aufgefordert. Die ECHA ist dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen. Darüber hinaus hat das Gericht die Verfahrensbeteiligten im Rahmen der genannten Maßnahmen aufgefordert, in ihren mündlichen Ausführungen auf bestimmte Fragen genauer einzugehen.

17      Mit Schreiben vom 31. Oktober 2014 haben die Klägerinnen eine Stellungnahme zum Sitzungsbericht eingereicht.

18      Die Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung vom 20. November 2014 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

19      Die Klägerinnen beantragen,

–        die Klage für zulässig und begründet zu erklären;

–        den angefochtenen Beschluss für teilweise nichtig zu erklären, soweit er MHHPA und ihre Monomere betrifft;

–        der ECHA die Kosten aufzuerlegen.

20      Die ECHA beantragt,

–        die Klage als unzulässig oder zumindest als unbegründet abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

21      REACh ChemAdvice und New Japan Chemical beantragen,

–        die Klage für zulässig und begründet zu erklären;

–        den angefochtenen Beschluss für teilweise nichtig zu erklären, soweit er MHHPA und ihre Monomere betrifft.

22      Das Königreich der Niederlande und die Kommission beantragen, die Klage als unzulässig oder zumindest als unbegründet abzuweisen und den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

23      Ohne förmlich eine Unzulässigkeitseinrede zu erheben, zieht die ECHA, unterstützt durch das Königreich der Niederlande und die Kommission, die Zulässigkeit der Klage in Zweifel. Vor einer Prüfung in der Sache sind daher die von der ECHA aufgeworfenen Fragen bezüglich der Zulässigkeit der Klage zu beantworten.

1.     Zur Zulässigkeit

24      Die ECHA, unterstützt durch das Königreich der Niederlande und die Kommission, macht geltend, die Klägerinnen seien nicht klagebefugt, weil sie von dem angefochtenen Beschluss nicht unmittelbar betroffen seien.

25      Gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV kann jede natürliche oder juristische Person unter den Bedingungen nach den Abs. 1 und 2 dieses Artikels gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben.

26      Im vorliegenden Fall steht fest, dass der angefochtene Beschluss nicht an die Klägerinnen gerichtet war, die also nicht Adressaten dieser Handlung sind. Unter diesen Umständen können die Klägerinnen nach Art. 263 Abs. 4 AEUV eine Nichtigkeitsklage gegen die genannte Handlung nur unter der Voraussetzung erheben, dass sie von ihm unmittelbar betroffen sind.

27      Nach ständiger Rechtsprechung ist für die unmittelbare Betroffenheit erstens erforderlich, dass sich die beanstandete Maßnahme auf die Rechtsstellung des Betreffenden unmittelbar auswirkt, und zweitens, dass sie den Adressaten dieser Maßnahme, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessen lässt, ihre Umsetzung vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Regelung der Europäischen Union ohne Anwendung anderer Durchführungsvorschriften ergibt (Urteile vom 5. Mai 1998, Dreyfus/Kommission, C‑386/96 P, Slg, EU:C:1998:193, Rn. 43, vom 29. Juni 2004, Front national/Parlament, C‑486/01 P, Slg, EU:C:2004:394, Rn. 34, und vom 10. September 2009, Kommission/Ente per le Ville vesuviane und Ente per le Ville vesuviane/Kommission, C‑445/07 P und C‑455/07 P, Slg, EU:C:2009:529, Rn. 45).

28      Die Klägerinnen machen geltend, der angefochtene Beschluss betreffe sie insofern unmittelbar, als die Rechtsstellung der Klägerinnen zu 1 und zu 2 durch Art. 31 Abs. 9 der Verordnung Nr. 1907/2006 und die der Klägerin zu 3 durch Art. 7 Abs. 2 und Art. 33 dieser Verordnung beeinträchtigt würden.

29      In Bezug auf die unmittelbare Betroffenheit der Klägerinnen zu 1 und zu 2 machen die Klägerinnen, unterstützt durch REACh ChemAdvice und New Japan Chemical, geltend, aufgrund der Ermittlung von MHHPA als besonders besorgniserregender Stoff seien diese Klägerinnen gemäß Art. 31 Abs. 9 der Verordnung Nr. 1907/2006 verpflichtet, das Sicherheitsdatenblatt für MHHPA zu aktualisieren.

30      Festzustellen ist, dass Lieferanten eines Stoffes dessen Abnehmer nach Art. 31 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1907/2006 ein Sicherheitsdatenblatt zur Verfügung stellen müssen, wenn der Stoff die Kriterien für die Einstufung als gefährlich gemäß der Verordnung Nr. 1272/2008 erfüllt. Art. 31 Abs. 9 der Verordnung Nr. 1907/2006 bestimmt insoweit, dass dieses Sicherheitsdatenblatt von den Lieferanten unverzüglich aktualisiert werden muss, sobald neue Informationen, die Auswirkungen auf die Risikomanagementmaßnahmen haben können, oder neue Informationen über Gefährdungen verfügbar werden.

31      Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die Klägerinnen zu 1 und zu 2 den Abnehmern von MHHPA ein Sicherheitsdatenblatt zur Verfügung stellen mussten, da MHHPA die Kriterien für die Einstufung als gefährlicher Stoff gemäß der Verordnung Nr. 1272/2008 erfüllte. MHHPA wurde nämlich insbesondere als Inhalationsallergen der Kategorie 1 eingestuft, das bei Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen kann (siehe oben, Rn. 3).

32      Umstritten ist dagegen, ob, wie die Klägerinnen vortragen, die Ermittlung von MHHPA gemäß dem Verfahren nach Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 als besonders besorgniserregender Stoff gemäß Art. 57 Buchst. f dieser Verordnung eine neue Information im Sinne von Art. 31 Abs. 9 Buchst. a der genannten Verordnung darstellt, die die in dieser Vorschrift vorgesehene Verpflichtung, nämlich die Aktualisierung des Sicherheitsdatenblatts, auslöst, so dass sich der angefochtene Beschluss auf die Rechtsstellung der Klägerinnen zu 1 und zu 2 unmittelbar auswirken würde. Bei Stoffen, die die Kriterien des Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 erfüllen, handelt es sich um solche, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt haben, die ebenso besorgniserregend sind wie diejenigen anderer in Art. 57 Buchst. a bis e dieser Verordnung aufgeführter Stoffe, nämlich krebserzeugender Stoffe der Kategorie 1, erbgutverändernder Stoffe der Kategorie 1, fortpflanzungsgefährdender Stoffe der Kategorie 1, persistenter, bioakkumulierbarer und toxischer Stoffe (im Folgenden: PBT‑Stoffe) oder sehr persistenter und sehr bioakkumulierbarer Stoffe (im Folgenden: vPvB-Stoffe).

33      Das Sicherheitsdatenblatt ist gemäß Art. 31 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 nach deren Anhang II zu erstellen. In diesem Anhang sind die Anforderungen festgelegt, die der Lieferant bei der Erstellung eines Sicherheitsdatenblatts erfüllen muss, das gemäß Art. 31 der Verordnung Nr. 1907/2006 für einen Stoff zur Verfügung gestellt wird. Das Sicherheitsdatenblatt muss es dem Verwender ermöglichen, die notwendigen Maßnahmen für den Schutz der menschlichen Gesundheit und die Sicherheit am Arbeitsplatz sowie für den Umweltschutz zu ergreifen.

34      Nach Auffassung der Klägerinnen stellt die Ermittlung von MHHPA als besonders besorgniserregender Stoff, die sich aus dem Verfahren des Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 ergeben habe und damit begründet werde, dass MHHPA die Kriterien des Art. 57 Buchst. f dieser Verordnung erfülle, eine neue Information dar, die sich insbesondere auf Art. 31 Abs. 6 Nr. 15 dieser Verordnung, der Rechtsvorschriften betreffe, beziehe.

35      Was Art. 31 Abs. 6 Nr. 15 der Verordnung Nr. 1907/2006 angeht, sind nach deren Anhang II Teil A Nr. 15 in diesen Abschnitt des Sicherheitsdatenblatts die darin noch nicht enthaltenen rechtlich relevanten Angaben für den Stoff aufzunehmen. Nach Anhang II Teil A Nr. 15.1 der Verordnung sind zum einen Informationen über die einschlägigen Vorschriften der Union zu Sicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz, z. B. die Seveso-Kategorie und die in Anhang I der Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen und gefährlichen Stoffen (ABl. 1997, L 10, S. 13) aufgeführten Stoffe, oder über den rechtlichen Status des Stoffes oder Gemischs auf nationaler Ebene, einschließlich der im Gemisch enthaltenen Stoffe, oder aber Hinweise auf Maßnahmen bereitzustellen, die der Empfänger des Sicherheitsdatenblatts aufgrund dieser Bestimmungen treffen sollte. Zum anderen sind, wenn für den Stoff oder das Gemisch, der/das im Sicherheitsdatenblatt aufgeführt ist, besondere Bestimmungen zum Gesundheits- und Umweltschutz auf Unionsebene, z. B. Zulassungen gemäß Titel VII der Verordnung Nr. 1907/2006 oder Beschränkungen gemäß Titel VIII dieser Verordnung, gelten, diese zu nennen.

36      Festzustellen ist, dass der angefochtene Beschluss eine Vorschrift der Union aus dem Bereich Sicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz über den rechtlichen Status von MHHPA darstellt. Mit diesem Beschluss ist MHHPA nämlich nach dem Verfahren des Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 als besonders besorgniserregender Stoff ermittelt worden, der in Anhang XIV dieser Verordnung aufgenommen werden kann, der das Verzeichnis der zulassungspflichtigen Stoffe enthält. Demzufolge müssen die Klägerinnen zu 1 und zu 2, bei denen es sich um Lieferanten von MHHPA handelt, diese Ermittlung im Sicherheitsdatenblatt erwähnen und Hinweise auf die Verpflichtungen, die den Empfängern aufgrund dieser Ermittlung obliegen, insbesondere hinsichtlich der Informationspflichten nach den Art. 7 und 33 der Verordnung Nr. 1907/2006, bereitstellen. Daher stellte die Ermittlung von MHHPA als besonders besorgniserregender Stoff nach dem in Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 vorgesehenen Verfahren, die damit begründet wurde, dass MHHPA die Kriterien des Art. 57 Buchst. f der Verordnung erfülle, eine neue Information dar, die die Klägerinnen zu 1 und zu 2 dazu verpflichtet hat, das betreffende Sicherheitsdatenblatt zu aktualisieren.

37      Der angefochtene Beschluss wirkt sich folglich unmittelbar auf die Rechtsstellung der Klägerinnen zu 1 und zu 2 aus, weil er ihnen eine Verpflichtung auferlegt.

38      Demnach sind die Klägerinnen zu 1 und zu 2 von dem angefochtenen Beschluss unmittelbar betroffen.

39      Was die unmittelbare Betroffenheit der Klägerin zu 3 angeht, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung, die auf Erwägungen der Prozessökonomie gründet, in dem Fall, dass ein Beschluss von mehreren Klägern angefochten wird und einer dieser Kläger erwiesenermaßen klagebefugt ist, die Klagebefugnis der übrigen Kläger nicht zu prüfen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. März 1993, CIRFS u. a./Kommission, C‑313/90, Slg, EU:C:1993:111, Rn. 31, und vom 9. Juni 2011, Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission, C‑71/09 P, C‑73/09 P und C‑76/09 P, Slg, EU:C:2011:368, Rn. 36 und 37).

40      Da der angefochtene Beschluss einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter darstellt, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. März 2013, Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, T‑93/10, Slg, EU:T:2013:106, Rn. 52 bis 65), ist die Klage zulässig.

2.     Zur Begründetheit

41      Die Klägerinnen stützen ihre Klage auf vier Klagegründe, mit denen sie erstens Rechts- und Beurteilungsfehler, zweitens eine Verletzung der Verteidigungsrechte, drittens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und viertens eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften geltend machen.

 Zum ersten Klagegrund: Rechts- und Beurteilungsfehler

42      Dieser Klagegrund besteht aus zwei Teilen. Mit dem ersten wird geltend gemacht, Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 sei auf Inhalationsallergene nicht anwendbar, während der zweite daraus hergeleitet wird, dass die ECHA zu Unrecht die Auffassung vertreten habe, MHHPA sei ebenso besorgniserregend wie krebserzeugende, erbgutverändernde und fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorie 1.

 Zum ersten Teil: Unanwendbarkeit von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 auf Inhalationsallergene

43      Die Klägerinnen, unterstützt durch REACh ChemAdvice und New Japan Chemical, machen geltend, Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 sei deshalb nicht auf Inhalationsallergene wie MHHPA anwendbar, weil in dieser Vorschrift nicht auf diese Kategorie von Stoffen Bezug genommen werde. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollten von der genannten Vorschrift nur die dort ausdrücklich erwähnten Stoffe sowie solche erfasst werden, deren Wirkungsweisen bei Abfassung der Verordnung Nr. 1907/2006 noch nicht bekannt gewesen seien.

44      Zu beachten ist, dass Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 Stoffe – wie etwa solche mit endokrinen Eigenschaften oder solche mit PBT‑ oder vPvB-Eigenschaften, die die Kriterien von Buchst. d oder e dieses Artikels nicht erfüllen – betrifft, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt haben, die ebenso besorgniserregend sind wie diejenigen anderer in den Buchst. a bis e ebendieses Artikels aufgeführter Stoffe, und die im Einzelfall gemäß dem Verfahren des Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 ermittelt werden.

45      Erstens ist festzustellen, dass der Wortlaut von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht ausschließt, dass Inhalationsallergene wie MHHPA in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fallen. Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 nimmt nämlich, wie die Klägerinnen vortragen, zwar nicht auf diese Kategorie von Stoffen Bezug; gleichwohl werden die in dieser Bestimmung ausdrücklich erwähnten Stoffe nur als Beispiel aufgeführt, wie aus dem vom Gesetzgeber verwendeten Ausdruck „wie etwa solche“ hervorgeht.

46      Zweitens ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006, dass diese Verordnung ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt, einschließlich der Förderung alternativer Beurteilungsmethoden für von Stoffen ausgehende Gefahren, sicherstellen sowie den freien Verkehr von Stoffen im Binnenmarkt gewährleisten und gleichzeitig die Verbesserung von Wettbewerbsfähigkeit und Innovation verbessern soll. In Anbetracht des 16. Erwägungsgrundes der Verordnung ist festzustellen, dass der Gesetzgeber als Hauptziel das erste dieser drei Ziele festgelegt hat, nämlich die Sicherstellung eines hohen Schutzniveaus für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Juli 2009, S.P.C.M. u. a., C‑558/07, Slg, EU:C:2009:430, Rn. 45, sowie Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, oben in Rn. 40 angeführt, EU:T:2013:106, Rn. 116). Wie die ECHA vorträgt, läuft die von den Klägerinnen vorgenommene enge Auslegung von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 diesem Ziel insoweit zuwider, als eine ganze Reihe gefährlicher Stoffe, die schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt haben, dem Anwendungsbereich des in Titel VII der genannten Verordnung vorgesehenen Zulassungsverfahrens entzogen wären.

47      In diesem Zusammenhang ist außerdem festzustellen, dass der Gesetzgeber mit dem Hinweis im 115. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1907/2006, dass die verfügbaren Mittel gezielt für die Stoffe eingesetzt werden sollten, die am meisten Anlass zu Besorgnis geben, ausdrücklich auf Inhalationsallergene Bezug genommen hat.

48      Drittens ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerinnen, wonach der Gesetzgeber lediglich die Stoffe habe einbeziehen wollen, deren Wirkungsweisen bei der Abfassung der Verordnung Nr. 1907/2006 noch nicht bekannt gewesen seien, in den Materialien dieser Verordnung keinerlei Stütze findet. Aus dem von der Kommission am 29. Oktober 2003 vorgelegten ursprünglichen Verordnungsvorschlag, der sich auf die Verordnung Nr. 1907/2006 bezieht (KOM[2003] 644 endgültig), geht vielmehr hervor, dass Art. 57 Buchst. f der Verordnung Stoffe betreffen sollte, die ebenso besorgniserregend sind wie die in Art. 57 Buchst. a bis e dieser Verordnung aufgeführten Stoffe, für deren Ermittlung klare und objektive Kriterien zur Verfügung standen. Diesem Vorschlag zufolge sollten die genannten Stoffe von Fall zu Fall anhand anderer wissenschaftlicher oder technischer Erkenntnisse identifiziert werden.

49      Bezüglich des Arguments der Klägerinnen, wonach ihre Auslegung von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 durch das von der ECHA ausgearbeitete Dokument „Leitlinien zur Erstellung eines Dossiers nach Anhang XV zur Ermittlung besonders besorgniserregender Stoffe“ (im Folgenden: Leitlinien zur Ermittlung besonders besorgniserregender Stoffe) bestätigt werde, genügt im Übrigen die Feststellung, dass es sich bei diesem Dokument um ein Hilfsmittel handelt, das die ECHA vorgelegt hat, um die Anwendung der Verordnung Nr. 1907/2006 zu erleichtern. Wie in den Leitlinien zutreffend angegeben, ist der Text der Verordnung Nr. 1907/2006 die alleinige authentische gesetzliche Referenz und stellen die Informationen in diesen Leitlinien keine rechtliche Empfehlung dar.

50      Der erste Teil des ersten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil: kein Anlass zu ebenso großer Besorgnis wie bei krebserzeugenden, erbgutverändernden und fortpflanzungsgefährdenden Stoffen der Kategorie 1

51      Die Klägerinnen machen geltend, die ECHA habe zu Unrecht die Auffassung vertreten, MHHPA sei ebenso besorgniserregend wie krebserzeugende, erbgutverändernde und fortpflanzungsgefährdende Stoffe der Kategorie 1. Im Rahmen des vorliegenden Teils tragen die Klägerinnen erstens vor, dass die Wirkungen einer Sensibilisierung der Atemwege nicht irreversibel seien, zweitens, dass keine MHHPA-Exposition des Verbrauchers oder des Betriebspersonals vorliege, drittens, dass die Beurteilung der ECHA auf alten und überholten Daten beruhe, viertens, dass die ECHA nicht alle einschlägigen Daten berücksichtigt habe, und fünftens, dass die ECHA ihre Beurteilung fälschlicherweise auf einen Analogieschluss zwischen Cyclohexan-1,2-dicarbonsäureanhydrid (EG Nr. 201-604-9), cis-Cyclohexan-1,2-dicarbonsäureanhydrid (EG Nr. 236-086-3) und trans-Cyclohexan-1,2-dicarbonsäureanhydrid (EG Nr. 238-009-9) (im Folgenden zusammen: HHPA) einerseits und MHHPA andererseits gestützt habe.

52      Vorab ist festzustellen, dass sich, da die Unionsbehörden über ein weites Ermessen insbesondere in Bezug auf die Beurteilung von hoch komplexen wissenschaftlichen und technischen tatsächlichen Umständen bei der Festlegung von Art und Umfang der von ihnen erlassenen Maßnahmen verfügen, nach ständiger Rechtsprechung die Kontrolle durch den Unionsrichter auf die Prüfung beschränken muss, ob die Ausübung dieses Ermessens nicht offensichtlich fehlerhaft ist, einen Ermessensmissbrauch darstellt oder die Behörden die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten haben. In einem solchen Kontext darf der Unionsrichter nämlich nicht seine Beurteilung der tatsächlichen Umstände wissenschaftlicher und technischer Art an die Stelle derjenigen der Unionsbehörden setzen, denen allein der AEU-Vertrag diese Aufgabe anvertraut hat (Urteile vom 21. Juli 2011, Etimine, C‑15/10, Slg, EU:C:2011:504, Rn. 60, sowie Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, oben in Rn. 40 angeführt, EU:T:2013:106, Rn. 76).

53      Zu berücksichtigen ist jedoch, dass sich das weite Ermessen der Unionsbehörden, das eine begrenzte gerichtliche Kontrolle seiner Ausübung impliziert, nicht ausschließlich auf die Art und die Tragweite der zu erlassenden Bestimmungen, sondern in bestimmtem Umfang auch auf die Feststellung der Grunddaten bezieht. Für eine solche gerichtliche Kontrolle ist es aber, auch wenn sie begrenzt ist, erforderlich, dass die Unionsbehörden, die den in Rede stehenden Rechtsakt erlassen haben, in der Lage sind, vor dem Unionsgericht zu belegen, dass sie beim Erlass des Rechtsakts ihr Ermessen tatsächlich ausgeübt haben, was voraussetzt, dass alle erheblichen Faktoren und Umstände der Situation, die mit diesem Rechtsakt geregelt werden sollten, berücksichtigt worden sind (Urteile vom 8. Juli 2010, Afton Chemical, C‑343/09, Slg, EU:C:2010:419, Rn. 33 und 34, sowie Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, oben in Rn. 40 angeführt, EU:T:2013:106, Rn. 77).

–       Zur ersten Rüge: keine irreversiblen Wirkungen

54      Die Klägerinnen behaupten, die Wirkungen der Sensibilisierung der Atemwege seien nicht irreversibel. Beim Sensibilisierungsprozess handle es sich um einen aus zwei Phasen bestehenden Prozess mit einer ersten Induktionsphase ohne Symptome und – nach einer erneuten Exposition – einer zweiten Auslösephase, die zu Symptomen führen könne. Biologische Marker wie Immunglobuline der Typen E und G (IgE und IgG) ermöglichten die Schnellerkennung einer Exposition bereits in der ersten Sensibilisierungsphase. In einem solchen Fall ließen sich eine erneute Exposition und potenziell schwerwiegende klinische Symptome, die sich daraus ergeben könnten, durch die Entfernung des betreffenden Arbeitnehmers aus der belasteten Arbeitsumgebung wirksam verhindern. Im Einklang mit den anwendbaren Rechtsvorschriften über den Schutz der Arbeitnehmer nähmen sie regelmäßige Gesundheitskontrollen vor. Darüber hinaus hätten jüngere Studien gezeigt, dass das Niveau biologischer Marker sinke, sobald der Arbeitnehmer der belasteten Umgebung nicht mehr ausgesetzt sei. Daher sei möglicherweise sogar die Induktion reversibel.

55      Festzustellen ist, wie aus Nr. 6.3 der Belegunterlagen für die Ermittlung von MHHPA als aufgrund seiner atemwegssensibilisierenden Eigenschaften besonders besorgniserregenden Stoff gemäß Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006, die der Ausschuss der Mitgliedstaaten der ECHA am 13. Dezember 2012 angenommen hat (im Folgenden: Belegunterlagen), hervorgeht, dass die ECHA die Frage, ob MHHPA ebenso besorgniserregend ist wie die Verwendung krebserzeugender, erbgutverändernder und fortpflanzungsgefährdender Stoffe der Kategorie 1, geprüft hat und dabei insbesondere die Schwere der Wirkungen, die Irreversibilität der gesundheitlichen Auswirkungen, die Folgen für die Gesellschaft und die Schwierigkeiten bei der Durchführung einer auf der MHHPA-Konzentration beruhenden Risikobewertung berücksichtigt hat. Wie es in den betreffenden Erwägungen heißt, ergeben sich diese Kriterien aus den von der ECHA erarbeiteten Leitlinien zur Ermittlung besonders besorgniserregender Stoffe.

56      Was das Kriterium betrifft, das sich auf die Irreversibilität der gesundheitlichen Auswirkungen bezieht, geht aus Nr. 6.3.1.2 der Belegunterlagen hervor, dass eine Exposition gegenüber MHHPA eine irreversible Sensibilisierung in Bezug auf diesen Stoff verursachen kann. Eine solche Sensibilisierung wäre irreversibel, würde sich als solche jedoch nicht negativ auswirken, es sei denn, die sensibilisierte Person wird erneut MHHPA ausgesetzt. Das sensibilisierte Subjekt könnte im Fall einer Kreuzreaktion auch auf andere Säureanhydride reagieren. Nach diesen Unterlagen wird ein Subjekt in den meisten Fällen für den Rest seines Lebens sensibilisiert. Darüber hinaus könnte eine anhaltende Exposition zu einem dauerhaften Lungenversagen führen.

57      Mit dem Vorbringen der Klägerinnen wird nicht nachgewiesen, dass die Beurteilung der ECHA in Bezug auf die Irreversibilität der gesundheitlichen Auswirkungen offensichtlich fehlerhaft ist.

58      Es steht nämlich fest, dass der Sensibilisierungsprozess durch zwei Phasen gekennzeichnet ist, nämlich die Induktionsphase und die Phase der Auslösung der Sensibilisierung. In der Phase der Induktion der Sensibilisierung entwickelt das Immunsystem eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber MHHPA. In der Phase der Auslösung der Sensibilisierung ruft die Exposition gegenüber MHHPA eine klassische entzündliche Überempfindlichkeitsreaktion hervor, die beispielsweise zu einer chronischen Lungenentzündung führt.

59      Hinsichtlich der ersten Phase bestreiten die Klägerinnen die Irreversibilität der Induktion und beziehen sich dabei auf zwei wissenschaftliche Studien, denen zufolge die Rate der biologischen Marker sinkt, sobald der Arbeitnehmer der belasteten Umgebung nicht mehr ausgesetzt ist. Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerinnen keine dieser Studien zur Stützung ihres Vorbringens vorgelegt haben. Die ECHA ihrerseits hat eine der erwähnten Studien vorgelegt. In dieser Studie wird lediglich die Tatsache erwähnt, dass die Rate der biologischen Marker einer einzelnen Person, die die Induktionsphase durchlaufen hat und der belasteten Umgebung nicht mehr ausgesetzt ist, stetig sinkt, was ein Anzeichen dafür sei, dass die im Zusammenhang mit der Auslösung stehenden Symptome allmählich verschwänden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Marker verschwunden sind und die Rate bei einer erneuten Exposition – aufgrund der Kreuzreaktivität dieser Kategorie von Stoffen auch gegenüber anderen zyklischen Anhydriden – nicht mehr ansteigen wird, wie die ECHA behauptet. Mit dem Vorbringen der Klägerinnen wird daher nicht nachgewiesen, dass die Induktionsphase reversibel ist.

60      In Bezug auf die zweite Phase steht fest, dass die gesundheitlichen Auswirkungen grundsätzlich reversibel sind. Nichts, was die Klägerinnen vortragen, lässt jedoch die Annahme zu, dass die Feststellung in Nr. 6.3.1.2 der Belegunterlagen, wonach eine anhaltende Exposition gegenüber MHHPA irreversible Folgen, nämlich ein dauerhaftes Lungenversagen, haben könne, falsch ist. Selbst wenn unterstellt wird, dass sich eine Exposition mittels biologischer Marker in einem frühen Stadium während der ersten Phase feststellen lässt und die Klägerinnen regelmäßige Gesundheitskontrollen durchführen, wie sie behaupten, erscheinen die Erwägungen des Ausschusses der Mitgliedstaaten der ECHA in den Nrn. 6.3.1.1 und 6.3.1.2 der Belegunterlagen, wonach möglicherweise bereits vor Feststellung eines Gesundheitsproblems irreversible Wirkungen aufträten, und zwar insbesondere deshalb, weil die gesundheitlichen Auswirkungen zunächst leicht sein könnten, nicht offensichtlich fehlerhaft.

61      Die Klägerinnen machen geltend, die Tatsache, dass die zweite Phase reversibel sei, schließe das Bestehen eines Anlasses zu ebenso großer Besorgnis wie bei einem krebserzeugenden, erbgutverändernden und fortpflanzungsgefährdenden Stoff der Kategorie 1 aus, weil es für diesen keine frühzeitigen Marker gebe und die Auswirkungen nicht dadurch umgekehrt werden könnten, dass die betreffende Person, wenn Symptome aufträten, der belasteten Umgebung nicht mehr ausgesetzt werde. Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Aus Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 geht nämlich hervor, dass die Tatsache, dass die mit der Verwendung eines Stoffes verbundenen negativen Auswirkungen auf angemessene Weise kontrolliert werden können, seine Einstufung als besonders besorgniserregenden Stoff nicht hindert. Andernfalls wäre die Möglichkeit, einen Stoff zuzulassen, dessen Risiken angemessen beherrscht werden können, nach der fraglichen Vorschrift unerheblich, wie die ECHA vorträgt. Überdies ist das Auftreten irreversibler Auswirkungen nicht ausgeschlossen (siehe oben, Rn. 60). Darüber hinaus ist klarzustellen, dass das Auftreten irreversibler Auswirkungen nur einer der Gründe war, aus denen die ECHA auf einen solchen Anlass zu Besorgnis geschlossen hat. Wie aus Nr. 6.3 der Belegunterlagen hervorgeht, hat der Ausschuss der Mitgliedstaaten der ECHA nämlich insbesondere auch die Schwere der Wirkungen, die Folgen für die Gesellschaft und die Schwierigkeiten bei der Durchführung einer auf der Konzentration der in Rede stehenden Stoffe beruhenden Risikobewertung berücksichtigt (siehe oben, Rn. 55).

62      Im Übrigen ist festzustellen, dass eine Wirkungsschwelle, unterhalb deren eine Sensibilisierung ausgeschlossen ist, für MHHPA nicht besteht, wie sich aus den Nrn. 6.3.1.4 und 6.3.2 der Belegunterlagen ergibt. Auch führt, wie die ECHA behauptet und aus Nr. 6.3.3 der Belegunterlagen hervorgeht, eine Exposition gegenüber MHHPA beim Betriebspersonal bereits bei einer verhältnismäßig geringen Exposition zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Atemwege.

63      Soweit REACh ChemAdvice und New Japan Chemical unter Bezugnahme auf einen Bericht über die Bewertung des Stoffes m-Tolylidendiisocyanat von November 2013 schließlich eine mangelnde Kohärenz in den Entscheidungen der ECHA geltend machen, ist ihr Vorbringen zurückzuweisen. Zum einen handelt es sich beim Stoffbewertungsverfahren nach den Art. 44 bis 48 der Verordnung Nr. 1907/2006 nämlich um ein Verfahren, das sich vom Verfahren zur Ermittlung eines Stoffes als besonders besorgniserregend unterscheidet. Zum anderen ist die Republik Polen und nicht die ECHA Verfasserin dieses Berichts.

64      Die erste Rüge ist daher zurückzuweisen.

–       Zur zweiten Rüge: keine Exposition des Verbrauchers oder des Betriebspersonals

65      Die Klägerinnen machen geltend, es liege keine Exposition des Verbrauchers oder des Betriebspersonals gegenüber MHHPA vor. Dieser Stoff werde lediglich in industriellen Prozessen verwendet, und die Enderzeugnisse enthielten kein freies MHHPA. Auch wenn im fertigen Artikel noch geringe Mengen unreagiertes MHHPA vorhanden sein könnten, ließen sich diese nicht quantifizieren. Im Einklang mit den Produktüberwachungsprogrammen und den anwendbaren Rechtsvorschriften werde MHHPA in geschlossenen Systemen verwendet, die eine Exposition verhüteten und sicherstellten, dass nur ein sehr begrenztes Expositionsrisiko bestehe, das gegen null gehe. Im Fall einer potenziellen Exposition während der Vermischung von Stoffen in diskontinuierlichen Prozessen oder bei der Umfüllung solcher Stoffe komme darüber hinaus eine Abluftanlage zum Einsatz; zudem sei das Betriebspersonal verpflichtet, eine persönliche Schutzausrüstung zu tragen, was die Sicherheit bei der Handhabung des Stoffes gewährleiste und eine Exposition verhindere. Die Klägerinnen nehmen insoweit auf einen Bericht des Betriebsarzts der Klägerin zu 2 Bezug, wonach seit 1992 kein Fall einer Erkrankung der Atemwege durch Sensibilisierung verursacht worden sei. Außerdem habe die ECHA eingeräumt, dass bei der Beurteilung der Frage, ob ein Stoff Anlass zu ebenso großer Besorgnis gebe, zu prüfen sei, ob den festgestellten Gefahren schwerwiegender Auswirkungen durch eine normale Risikobewertung angemessen begegnet werden könne oder nicht.

66      Dieses Vorbringen lässt nicht die Annahme zu, dass die Beurteilung der ECHA, wonach MHHPA ebenso besorgniserregend sei wie die in Art. 57 Buchst. a bis e der Verordnung Nr. 1907/2006 aufgeführten Stoffe, mit einem offensichtlichen Fehler behaftet ist.

67      Erstens ist nämlich festzustellen, dass selbst nach dem Vorbringen der Klägerinnen in Bezug auf den Verbraucher und das Betriebspersonal nicht jede Exposition gegenüber MHHPA ausgeschlossen werden kann. Die Klägerinnen räumen ein, dass im fertigen Artikel noch geringe Mengen unreagiertes MHHPA vorhanden sein können, auch wenn sich diese nicht quantifizieren lassen. Aus den Nrn. 6.3.1.4, 6.3.2 und 6.3.3 der Belegunterlagen geht insoweit hervor, dass eine Wirkungsschwelle, unterhalb deren eine Sensibilisierung ausgeschlossen ist, für MHHPA nicht besteht und eine Exposition des Betriebspersonals gegenüber MHHPA bereits bei einem verhältnismäßig niedrigen Expositionsgrad zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Form von Atembeschwerden führt (siehe oben, Rn. 62).

68      Selbst wenn unterstellt wird, dass alle Verwender von MHHPA wirksame Risikomanagementmaßnahmen ergreifen, was die Klägerinnen im Übrigen nicht nachgewiesen haben, ist zweitens festzustellen, dass dieser Umstand nicht die Annahme zulässt, dass die Beurteilung der ECHA offensichtlich fehlerhaft ist. Wie bereits festgestellt (siehe oben, Rn. 61), ergibt sich aus Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006, dass die Tatsache, dass die mit der Verwendung eines Stoffes verbundenen negativen Auswirkungen auf angemessene Weise kontrolliert werden können, seine Einstufung als besonders besorgniserregenden Stoff nicht hindert. Andernfalls wäre die nach dieser Bestimmung bestehende Möglichkeit, einen Stoff zuzulassen, dessen Risiken angemessen beherrscht werden können, ohne Bedeutung. Dies wird durch Art. 58 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 bestätigt, wonach Verwendungen oder Verwendungskategorien von der Zulassungspflicht ausgenommen werden können, sofern – auf der Grundlage bestehender spezifischer Rechtsvorschriften der Union mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung des Stoffes – das Risiko ausreichend beherrscht wird.

69      In diesem Zusammenhang ist auch bereits entschieden worden, dass zwischen den Gefahren und den Risiken zu unterscheiden ist. Die Bewertung der Gefahren ist die erste Phase des Verfahrens zur Risikobewertung, die ein genaueres Konzept darstellt. Eine Bewertung der durch die Eigenschaften eines Stoffes bedingten Gefahren darf – anders als eine Risikobewertung – nicht auf bestimmte Verwendungen beschränkt werden und kann unabhängig vom Ort der Verwendung des Stoffes, vom Expositionsweg und vom Grad der Exposition ordnungsgemäß erfolgen (Urteil Etimine, oben in Rn. 52 angeführt, EU:C:2011:504, Rn. 74 und 75).

70      Die mit der Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe (ABl. 196, S. 1) angeordnete Einstufung und Kennzeichnung der Stoffe beruhen auf der Übermittlung von Informationen über die durch die Eigenschaften der Stoffe bedingten Gefahren (Urteil Etimine, oben in Rn. 52 angeführt, EU:C:2011:504, Rn. 74). Diese Einstufung ist in die Verordnung Nr. 1272/2008 übernommen worden.

71      Da die Einstufung als krebserzeugender, erbgutverändernder und fortpflanzungsgefährdender Stoff der Kategorie 1 für die Ermittlung eines Stoffes als besonders besorgniserregend gemäß Art. 57 Buchst. a bis c der Verordnung Nr. 1907/2006 genügt, lässt sich nicht darauf schließen, dass die ECHA bei der Ermittlung eines Stoffes gemäß Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 eine Risikobewertung berücksichtigen muss.

72      Außerdem können PBT‑ und vPvB-Stoffe gemäß Art. 57 Buchst. d und e der Verordnung Nr. 1907/2006 als besonders besorgniserregend ermittelt werden, wenn die Kriterien des Anhangs XIII dieser Verordnung erfüllt sind. Dieser Anhang sieht die Berücksichtigung einer Risikobewertung nicht vor, enthält aber Kriterien, mit denen sich die PBT‑ und vPvB‑Eigenschaften eines Stoffes bestimmen lassen (vgl. in diesem Sinne Urteil Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, oben in Rn. 40 angeführt, EU:T:2013:106, Rn. 46).

73      Darüber hinaus ist dazu, dass in Nr. 6.3 der Belegunterlagen, wo insoweit auf die Leitlinien zur Ermittlung besonders besorgniserregender Stoffe Bezug genommen wird, eine normale Risikobewertung erwähnt wird, festzustellen, dass die Möglichkeit einer Verhütung der Wirkungen eines Stoffes im Rahmen einer normalen Risikobewertung nach dieser Nummer nur eine der Erwägungen darstellt, die von der ECHA im Rahmen des Verfahrens zur Ermittlung eines Stoffes als besonders besorgniserregend gemäß Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 (im Folgenden: Ermittlungsverfahren) berücksichtigt werden sollten. Nach Nr. 6.3 der Belegunterlagen müsste der in Rede stehende Stoff, wenn eine normale Risikobewertung für ungeeignet erachtet wird und es ausreichend wissenschaftliche Nachweise gibt, die den Schluss zulassen, dass schwerwiegende Auswirkungen wahrscheinlich sind und es unter normalen Verwendungsbedingungen vermutlich zu einer Exposition des Menschen gegenüber diesem Stoff kommt, als ebenso besorgniserregend angesehen werden. Im vorliegenden Fall geht aus Nr. 6.3 der Belegunterlagen hervor, dass sich diese Ermittlung aus einer Bewertung mehrerer Kriterien ergab, die insbesondere eine Beurteilung der Schwere der Wirkungen, der Irreversibilität der gesundheitlichen Auswirkungen, der Folgen für die Gesellschaft und der Schwierigkeiten bei der Durchführung einer auf der MHHPA-Konzentration beruhenden Risikobewertung einschloss (siehe oben, Rn. 55). Im Rahmen des letztgenannten Kriteriums ist festgestellt worden, dass für die Mehrzahl der Stoffe eine Risikobewertung durchgeführt werden konnte. Im Rahmen dieser Bewertungen könnte ein DNEL-Wert nachgewiesen werden. Nach Nr. 6.3.1.4 der Belegunterlagen ist eine Sensibilisierung gegenüber MHHPA jedoch als eine Wirkung anzusehen, für die keine sich auf die Exposition beziehende Schwelle bestimmt werden kann und die Festlegung eines DNEL-Werts daher nicht möglich ist. Aus diesen Erwägungen geht hervor, dass die Durchführung einer normalen Risikobewertung nicht angemessen war, weil ein DNEL-Wert nicht nachgewiesen werden konnte.

74      Soweit die Klägerinnen drittens vortragen, dass nach einem Bericht des Betriebsarztes der Klägerin zu 2 seit 1992 kein Fall einer Erkrankung der Atemwege durch Sensibilisierung verursacht worden sei, genügt zum einen die Feststellung, dass dieser Bericht lediglich eine Momentaufnahme der Situation der Anlage dieser Klägerin darstellt und keinerlei Feststellung zu anderen Anlagen in der Union enthält. Zum anderen hat der genannte Bericht sogar hinsichtlich der Anlage dieser Klägerin nur einen begrenzten Beweiswert, da der Betriebsarzt die Funktionalität der Atemwege nur alle zwei Jahre untersucht hat und weder die Maßnahmen zur Überwachung der betreffenden Personen während dieses Zeitraums im Einzelnen aufgeführt werden noch angegeben wird, wie Personen, die diese Anlage verlassen haben, überwacht worden sind.

75      Zum Nachweis einer fehlenden Exposition gegenüber MHHPA über Konsumgüter nehmen die Klägerinnen viertens auf weitere Studien Bezug.

76      Zum einen beziehen sie sich auf eine bei ungefähr 20 verschiedenen nachgeschalteten Anwendern in Europa und außerhalb von Europa durchgeführte Studie, wonach während der letzten zehn Jahre vor 2012 keinerlei klinisches Symptom einer Sensibilisierung der Atemwege beobachtet worden sei. Da diese Studie, die nach Auffassung der ECHA methodologischen Schwierigkeiten begegnet, vor dem Gericht nicht vorgelegt worden ist, lässt sich mit diesem Vorbringen insoweit nicht nachweisen, dass keine Exposition gegenüber MHHPA vorgelegen hat.

77      Zum anderen beziehen sich die Klägerinnen auf eine Studie des dänischen Umweltministeriums aus dem Jahr 2007, der zufolge bei Erzeugnissen, die möglicherweise MHHPA enthalten, keinerlei Emission von Phthalsäureanhydrid-Derivaten, einschließlich MHHPA, beobachtet worden sei. Insoweit ist zu beachten, dass, selbst wenn unterstellt wird, dass von Erzeugnissen, die möglicherweise MHHPA enthalten, dieser Studie zufolge keinerlei Sensibilisierungsrisiko für den Verbraucher ausgeht, dies nicht die Schlussfolgerung zuließe, dass auch kein Risiko für das Betriebspersonal besteht. Darüber hinaus stünde eine solche Feststellung im Widerspruch zum Vorbringen der Klägerinnen, wonach im fertigen Produkt noch geringe Mengen unreagiertes MHHPA vorhanden sein könnten, auch wenn sich diese nicht quantifizieren ließen (siehe oben, Rn. 67).

78      Folglich ist die zweite Rüge zurückzuweisen.

–       Zur dritten Rüge: Berücksichtigung alter und überholter Daten durch die ECHA

79      Die Klägerinnen machen geltend, die Beurteilung der ECHA beruhe auf alten und überholten Daten. Die ECHA habe weder die aktuellen Arbeitsbedingungen noch die nach den Rechtsvorschriften über den Schutz der Arbeitnehmer erforderlichen Gesundheitskontrollen, die Risikomanagementmaßnahmen oder die angewandten Überwachungsprogramme berücksichtigt. Sie habe sich auf mehr als zehn Jahre zurückliegende Fälle bezogen, obwohl sich die Arbeitsbedingungen während der letzten zehn Jahre signifikant geändert hätten. Einer jüngeren Studie bei nachgeschalteten Anwendern zufolge sei während der letzten zehn Jahre keinerlei klinisches Symptom einer Sensibilisierung der Atemwege beobachtet worden. Darüber hinaus habe das Königreich der Niederlande, obwohl es in seiner Bewertung von MHHPA einen an eine Exposition von null gebundenen Referenzwert angewandt habe, von keinem Fall einer schwerwiegenden gesundheitlichen Auswirkung während der letzten zehn Jahre berichtet.

80      Mit diesem Vorbringen wird nicht nachgewiesen, dass die ECHA einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie MHHPA auf der Grundlage von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 als besonders besorgniserregenden Stoff ermittelt hat.

81      Bezüglich des Vorbringens der Klägerinnen, wonach sich die Arbeitsbedingungen, die nach den Rechtsvorschriften über den Schutz der Arbeitnehmer erforderlichen Gesundheitskontrollen, die Risikomanagementmaßnahmen und die angewandten Überwachungsprogramme während der letzten zehn Jahre geändert hätten, genügt erstens zum einen die Feststellung, dass sich die Gefahren, die sich aus den MHHPA inhärenten Eigenschaften ergeben, nicht geändert haben, und zum anderen, dass die Tatsache, dass die mit der Verwendung eines Stoffes verbundenen negativen Auswirkungen auf angemessene Weise kontrolliert werden können, seine Einstufung als besonders besorgniserregend nicht hindert (siehe oben, Rn. 68).

82      Soweit die Klägerinnen vortragen, während der letzten zehn Jahre sei von keiner schwerwiegenden gesundheitlichen Auswirkung berichtet worden, ist zweitens festzustellen, dass mit diesem Vorbringen nicht nachgewiesen wird, dass die in Nr. 6.3.1.1 der Belegunterlagen getroffene Feststellung zur Schwere der Wirkungen, wonach die meisten der vom Ausschuss der Mitgliedstaaten der ECHA berücksichtigten Fälle aus der Zeit zwischen 1990 und 2006 datierten und jüngere Fälle im Schrifttum nicht zu finden gewesen seien, offensichtlich fehlerhaft war. Soweit sich die Klägerinnen in diesem Zusammenhang auf eine Studie bei ungefähr 20 verschiedenen nachgeschalteten Anwendern in Europa und außerhalb von Europa beziehen, ist ihr Vorbringen im Übrigen bereits zurückgewiesen worden (siehe oben, Rn. 76). Soweit sich die Klägerinnen darüber hinaus auf eine Datenbank im Vereinigten Königreich stützen, die Erkrankungen am Arbeitsplatz betrifft, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass diese Datenbank nicht vorgelegt worden ist, und zum anderen, dass sie nach Auffassung der ECHA auf einer Stichprobe freiwilliger Erklärungen von Ärzten gründet und sich mit ihr daher nicht belegen lässt, dass weder im Vereinigten Königreich noch in der Union Fälle aufgetreten sind.

83      Die dritte Rüge ist daher zurückzuweisen.

–       Zur vierten Rüge: Nichtberücksichtigung aller relevanten Daten

84      Die Klägerinnen machen geltend, die ECHA habe ihren Beschluss auf eine Beurteilung gestützt, die nicht alle relevanten Daten berücksichtigt habe. Sie und andere interessierte Parteien hätten neue Daten geliefert, die von der ECHA nicht berücksichtigt worden seien. In zahlreichen Fällen während des Anhörungsverfahrens nach Art. 59 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 sei geantwortet worden, dass das gesamte verfügbare Schrifttum berücksichtigt worden sei oder eine Information in der Phase der Festlegung der Prioritäten für Anhang XIV dieser Verordnung berücksichtigt werde. Bei der Feststellung, ob ein Stoff ebenso besorgniserregend sei wie die in Art. 57 Buchst. a bis e der Verordnung Nr. 1907/2006 aufgeführten Stoffe, hätte die ECHA diese Informationen berücksichtigen müssen.

85      Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen.

86      Aus den Antworten auf die Stellungnahmen der Klägerinnen zu 1 und zu 2 sowie anderer interessierter Parteien geht nämlich erstens hervor, dass im Ermittlungsverfahren alle Stellungnahmen berücksichtigt worden sind. Die Klägerinnen tragen auch nicht vor, dass eine bestimmte Stellungnahme nicht beantwortet und nicht berücksichtigt worden sei.

87      Soweit die Klägerinnen die Antwort, die sich auf den Hinweis beschränkt, dass das gesamte verfügbare Schrifttum berücksichtigt worden sei, für unzureichend halten, ist zweitens festzustellen, dass die von dieser Antwort betroffenen Stellungnahmen die angebliche Nichtexistenz jüngerer Fälle schwerwiegender Auswirkungen während der letzten zehn Jahre betrafen. Wie sich aus den oben in den Rn. 76 bis 82 angestellten Erwägungen ergibt, geht aus der genannten Antwort nicht hervor, dass die ECHA einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätte, weil sie angeblich nicht alle relevanten Daten berücksichtigt hätte.

88      Soweit die Klägerinnen vortragen, die ECHA habe die im Rahmen des Ermittlungsverfahrens vorgelegten Stellungnahmen nicht ausreichend berücksichtigt und lediglich auf die Phase der Festlegung der Prioritäten für Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 verwiesen, ist drittens zu beachten, dass diese Antwort im Rahmen der Stellungnahmen zum Gebrauch, zur Exposition sowie zu den Alternativstoffen für und den Risiken von MHHPA mehrmals gegeben worden ist. Insoweit genügt der Hinweis, dass die Tatsache, dass die mit der Verwendung eines Stoffes verbundenen negativen Auswirkungen auf angemessene Weise kontrolliert werden können, seine Einstufung als besonders besorgniserregend nicht hindert (siehe oben, Rn. 68 und 81). Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Klägerinnen auf keine konkreten Daten verweisen, die im Rahmen dieser Stellungnahmen vorgelegt und von der ECHA im Rahmen des Verfahrens zur Ermittlung von MHHPA als besonders besorgniserregenden Stoff zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sein sollen. Im Übrigen ist bereits entschieden worden, dass aus dem Ermittlungsverfahren des Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht hervorgeht, dass Informationen über Ersatzstoffe für den Ausgang dieses Verfahrens relevant sind (Urteil vom 7. März 2013, Rütgers Germany u. a./ECHA, T‑94/10, Slg, EU:T:2013:107, Rn. 77).

89      Soweit die Klägerinnen viertens geltend machen, dass Stellungnahmen zum Bestehen von Risikomanagementmaßnahmen von der ECHA nicht berücksichtigt worden seien, da sie nicht geprüft habe, ob eine normale Risikobewertung angemessen sei, ist festzustellen, dass diese Argumentation bereits im Rahmen der Prüfung der zweiten Rüge zurückgewiesen worden ist (siehe oben, Rn. 73).

90      Soweit sich schließlich REACh ChemAdvice und New Japan Chemical auf das Erfordernis einer Prüfung der besten Risikomanagementoption nach dem von der Kommission 2013 erarbeiteten Dokument „Fahrplan für besonders besorgniserregende Stoffe“ beziehen, genügt die Feststellung, dass eine solche Prüfung nicht Teil des Ermittlungsverfahrens nach der Verordnung Nr. 1907/2006 ist.

91      Die vierte Rüge ist daher zurückzuweisen.

–       Zur fünften Rüge: fehlerhafte Extrapolation der Daten über HHPA auf MHHPA

92      Die Klägerinnen machen geltend, die Bewertung von MHHPA beruhe hauptsächlich auf der Bewertung von HHPA, weil die für MHHPA verfügbaren Daten nur sehr spärlich vorhanden gewesen seien. Unter Bezugnahme auf eine wissenschaftliche Studie tragen sie vor, die Querverweise zwischen HHPA und MHHPA hinsichtlich des Sensibilisierungspotenzials seien wissenschaftlich fragwürdig, und zwar insbesondere deshalb, weil unterschiedliche Modelle zur Induktion biologischer Marker verwendet worden seien und sich die Exposition-Reaktion-Beziehungen bei diesen Stoffen unterschieden, je nachdem, welche Gesamtmenge an Plasmaprotein-Addukten gebildet werde.

93      Mit diesem Vorbringen wird nicht nachgewiesen, dass die Ermittlung von MHHPA als besonders besorgniserregender Stoff gemäß Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 mit einem offensichtlichen Fehler behaftet ist.

94      Erstens ist MHHPA, wie aus den Belegunterlagen hervorgeht, nämlich nicht aufgrund einer Extrapolation der Daten über HHPA als besonders besorgniserregender Stoff ermittelt worden. Wie die ECHA in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, ist MHHPA vor allem aufgrund seiner inhärenten Eigenschaften und nicht aufgrund einer Extrapolation der Daten über HHPA unter die Inhalationsallergene der Kategorie 1 eingestuft worden, die bei Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen können (siehe oben, Rn. 3).

95      Darüber hinaus betrafen die meisten der von der ECHA berücksichtigten Studien, wie sich Nr. 6.3.3 der Belegunterlagen entnehmen lässt, zwar eine Exposition gegenüber HHPA und MHHPA, da MHHPA für gewöhnlich in einer spezifischen Mischung mit HHPA verwendet wurde. Wie bereits aus dem Vorschlag für eine Einstufung von MHHPA nach der Richtlinie 67/548 hervorgeht, ist jedoch nachgewiesen worden, dass es zwischen HHPA und MHHPA eine Kreuzreaktivität gab und dass auf der Grundlage der verfügbaren Daten insbesondere angenommen wird, dass sich HHPA und MHHPA im Körper auf die gleiche Art und Weise verhalten, da beide die Fähigkeit besitzen, wie Haptene zu wirken und mit den körpereigenen Proteinen zu reagieren. Die Kreuzreaktivität zwischen HHPA und MHHPA wird durch das vom Königreich der Niederlande erstellte Dossier für die Ermittlung von MHHPA als besonders besorgniserregenden Stoff, das auf entsprechende wissenschaftliche Studien Bezug nimmt, und die Belegunterlagen, die dieselben Bezugnahmen enthalten, bestätigt. Nach Rn. 4 dieses Dossiers und Rn. 4 der Belegunterlagen sind die Strukturen von HHPA und MHHPA eng verwandt, und die beobachteten gesundheitlichen Auswirkungen sind dieselben, da beide Stoffe ähnliche Eigenschaften aufweisen.

96      Bezüglich der von den Klägerinnen erwähnten wissenschaftlichen Studie ist zweitens festzustellen, dass der Verfasser in ihr die Gesamtheit der Plasmaprotein-Addukte von HHPA und MHHPA als Expositionsindikatoren verwendet. Die Protein-Adduktmengen für MHHPA lagen in dieser Studie tatsächlich zwar über denen für HHPA, auch wenn die Expositionswerte in der Luft bei beiden Stoffen nahezu identisch waren. Die Schlussfolgerung hinsichtlich der Gründe und der Auswirkungen etwaiger unterschiedlicher Muster ist jedoch offen geblieben; der erwähnten Studie zufolge gab es mehrere potenzielle Szenarien, mit denen sich die beobachteten Ergebnisse in Bezug auf einen Unterschied beim Muster einer Induktion biologischer Marker durch HHPA und MHHPA erklären ließen. Diese Szenarien reichten von der Erwägung, wonach HHPA sensibilisierender sei als MHHPA, bis zu der Feststellung, dass MHHPA so stark sei, dass selbst die niedrigsten untersuchten Expositionswerte eine Sensibilisierung verursacht hätten. Die genannte Studie lässt daher nicht den Schluss zu, dass die Beurteilung der ECHA offensichtlich fehlerhaft ist, weil sie sich auf Studien über die Exposition gegenüber HHPA und MHHPA gestützt hat.

97      Die fünfte Rüge ist somit zurückzuweisen.

98      Nach alledem ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes und infolgedessen der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte

99      Die Klägerinnen machen geltend, die ECHA habe ihre Verteidigungsrechte verletzt. Erstens hätten sie aufgrund der Nichtanwendung objektiver Kriterien für die Feststellung, ob ein Stoff im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 ebenso besorgniserregend sei wie andere in Art. 57 Buchst. a bis e dieser Verordnung aufgeführte Stoffe, insbesondere im Fall eines Inhalationsallergens, nicht die Gelegenheit gehabt, ihre Sache umfassend zu vertreten. Mit den vom Königreich der Niederlande ausgearbeiteten Kriterien lasse sich nicht von Fall zu Fall feststellen, ob ein Stoff die in dieser Vorschrift vorgesehenen Voraussetzungen erfülle, weil die genannten Kriterien allgemeinen Charakter hätten, auf eine unbegrenzte Kategorie von Inhalationsallergenen angewandt werden könnten und ohne behördliche Genehmigung und öffentliche Debatte willkürlich seien. Zweitens seien ihre Verteidigungsrechte verletzt, weil die ECHA nicht alle zur Verfügung gestellten Daten berücksichtigt habe. Drittens seien ihre Verteidigungsrechte verletzt, weil die ECHA MHHPA nicht nach Titel VI der Verordnung Nr. 1907/2006 beurteilt habe, der das am besten geeignete Verfahren darstelle. Die Anwendung dieser Regelung hätte es ihnen ermöglicht, die Beurteilung zu erörtern und relevante wissenschaftliche Daten zur Verfügung zu stellen.

100    Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen.

101    Bezüglich des Vorbringens, dass die Verteidigungsrechte der Klägerinnen deshalb verletzt worden seien, weil es keine objektiven Kriterien für die Feststellung gebe, ob ein Stoff im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 ebenso besorgniserregend sei wie andere in Art. 57 Buchst. a bis e dieser Verordnung aufgeführte Stoffe, ist nämlich erstens festzustellen, dass der Zweck der erstgenannten Vorschrift gerade darin besteht, die Ermittlung eines Stoffes als besonders besorgniserregend von Fall zu Fall – ohne die objektiven Kriterien des Art. 57 Buchst. a bis e der Verordnung Nr. 1907/2006 – zu ermöglichen. Insoweit muss ein Stoff nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt haben, die ebenso besorgniserregend sind wie diejenigen anderer in Art. 57 Buchst. a bis e der Verordnung Nr. 1907/2006 aufgeführter Stoffe. Da die Klägerinnen keine Einrede der Rechtswidrigkeit des Art. 57 Buchst. f dieser Verordnung erhoben haben, geht aus ihrem Vorbringen nicht hervor, inwiefern die ECHA durch die Anwendung dieser Vorschrift ihre Verteidigungsrechte hätte verletzen können.

102    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass das Königreich der Niederlande und die ECHA zum Nachweis dafür, dass MHHPA schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt haben kann, die ebenso besorgniserregend sind wie diejenigen anderer in Art. 57 Buchst. a bis e der Verordnung Nr. 1907/2006 aufgeführter Stoffe, die Kriterien in Nr. 3.3.3.2 der Leitlinien zur Ermittlung besonders besorgniserregender Stoffe angewandt haben, wie zum einen aus Nr. 6.3 des von diesem Mitgliedstaat ausgearbeiteten Dossiers über die Ermittlung von MHHPA und zum anderen aus Nr. 6.3 der Belegunterlagen hervorgeht. Diese Kriterien umfassen insbesondere die Schwere der Wirkungen, die Irreversibilität der gesundheitlichen Auswirkungen, die Folgen für die Gesellschaft und die Schwierigkeiten bei der Durchführung einer auf der Konzentration des in Rede stehenden Stoffes beruhenden Risikobewertung. Sie schließen die Berücksichtigung anderer Faktoren nicht aus.

103    Diese Kriterien haben zwar allgemeinen Charakter und gelten nicht nur für Inhalationsallergene; gleichwohl sind sie hinreichend genau, um es den interessierten Parteien zu ermöglichen, zur Beurteilung der Frage, ob ein Stoff ebenso besorgniserregend ist wie andere in Art. 57 Buchst. a bis e der Verordnung Nr. 1907/2006 aufgeführte Stoffe, in zweckdienlicher und wirksamer Weise Stellung zu nehmen.

104    Soweit die Klägerinnen zur Stützung einer angeblichen Verletzung ihrer Verteidigungsrechte vortragen, diese Kriterien seien weder von den zuständigen Behörden genehmigt noch zwischen den interessierten Parteien diskutiert worden und daher willkürlich, ist zu beachten, dass dieser Umstand, selbst unterstellt, er wäre erwiesen, eine Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen nicht begründen könnte, da diese aus den vom Königreich der Niederlande ausgearbeiteten Dossiers über die Ermittlung von MHHPA umfassend über die Kriterien und ihre Anwendung im vorliegenden Fall unterrichtet waren. Die Klägerinnen haben im Übrigen nicht geltend gemacht, ihre Verteidigungsrechte seien bei der Festlegung der Kriterien für die Feststellung verletzt worden, ob MHHPA ebenso besorgniserregend sei wie andere in Art. 57 Buchst. a bis e der Verordnung Nr. 1907/2006 aufgeführte Stoffe.

105    Aus den Stellungnahmen, die von den Klägerinnen zu 1 und zu 2 über einen Berufsverband, dem sie angehören, im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach Art. 59 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 vorgelegt worden sind, geht darüber hinaus hervor, dass die vom Königreich der Niederlande vorgenommene Beurteilung, wonach MHHPA ebenso besorgniserregend sei wie andere in Art. 57 Buchst. a bis e der Verordnung Nr. 1907/2006 aufgeführte Stoffe, hinreichend klar war, um es den Klägerinnen zu ermöglichen, in zweckdienlicher und wirksamer Weise ihre Standpunkte zur Kenntnis zu bringen.

106    Das Vorbringen der Klägerinnen, wonach die ECHA nicht alle zur Verfügung gestellten Daten berücksichtigt habe, ist zweitens bereits im Rahmen der Würdigung der vierten Rüge des zweiten Teils des ersten Klagegrundes zurückgewiesen worden (siehe oben, Rn. 84 bis 91). Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes bringen die Klägerinnen keine zusätzlichen Argumente vor.

107    Soweit die Klägerinnen zur Stützung ihres Vorbringens zu einer Verletzung ihrer Verteidigungsrechte außerdem geltend machen, die ECHA wäre verpflichtet gewesen, MHHPA im Rahmen des Bewertungsverfahrens nach Titel VI der Verordnung Nr. 1907/2006 zu beurteilen, da dieses Verfahren es ihnen ermöglicht hätte, die fragliche Beurteilung zu erörtern und einschlägige wissenschaftliche Daten zur Verfügung zu stellen, genügt drittens die Feststellung, dass das Ermittlungsverfahren nach Art. 59 dieser Verordnung, das Teil des Zulassungsverfahrens nach Titel VII dieser Verordnung ist, ein Verfahren darstellt, das sich vom Verfahren nach Titel VI dieser Verordnung unterscheidet. Aus der Verordnung Nr. 1907/2006 ergibt sich in keiner Weise, dass der Gesetzgeber beabsichtigt hätte, das Ermittlungsverfahren von dem Bewertungsverfahren, das auf der Grundlage des von einem Registranten im Rahmen der Registrierung eines Stoffes vorgelegten Dossiers verwirklicht wird, abhängig zu machen (vgl. in diesem Sinne Urteil Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, oben in Rn. 40 angeführt, EU:T:2013:106, Rn. 124). Durch die Ermittlung von MHHPA gemäß Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 ohne vorherige Beurteilung dieses Stoffes im Rahmen eines Bewertungsverfahrens hat die ECHA daher nicht die Verteidigungsrechte der Klägerinnen verletzt. Darüber hinaus ist bereits entschieden worden, dass, wenn ein Mitgliedstaat oder auf Ersuchen der Kommission die ECHA ein Dossier über einen Stoff ausgearbeitet hat, diese die Ermittlung dieses Stoffes unter Beachtung der in Art. 59 der Verordnung Nr. 1907/2006 vorgesehenen Bedingungen aufnehmen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, oben in Rn. 40 angeführt, EU:T:2013:106, Rn. 71).

108    Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

109    Die Klägerinnen machen geltend, die ECHA haben dadurch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, dass sie MHHPA als besonders besorgniserregenden Stoff ermittelt habe. Anstelle einer solchen Ermittlung hätte die ECHA sich dafür entscheiden können, die Stoffsicherheitsberichte für MHHPA zu prüfen und die vorgeschlagenen Risikomanagementmaßnahmen zu ergreifen. Darüber hinaus werde das Risiko einer Exposition gegenüber MHHPA durch die Anwendung der Vorschriften über den Schutz der Arbeitnehmer sowie der Systeme zum Gesundheitsschutz und zur Sicherheit am Arbeitsplatz auf beinahe null reduziert. Da MHHPA hauptsächlich als Zwischenprodukt oder als Monomer verwendet werde, was nach Art. 2 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006 vom Anwendungsbereich von Titel VII dieser Verordnung nicht erfasst werde, da es von Fachleuten eingesetzt werde und da die hergestellten Artikel kein MHHPA enthielten, werde das Ziel des Verbraucherschutzes durch den angefochtenen Beschluss nicht erreicht. Eine Beurteilung von MHHPA im Rahmen des Bewertungsverfahrens nach Titel VI der Verordnung Nr. 1907/2006 durch die ECHA wäre angemessener gewesen. Die Vorlage eines Dossiers über Beschränkungen für Konsumgüter wie Kosmetikprodukte stelle schließlich eine weniger belastende Maßnahme dar als die Ermittlung von MHHPA als besonders besorgniserregenden Stoff.

110    Nach ständiger Rechtsprechung dürfen Rechtsakte der Union nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die dadurch bedingten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen (vgl. Urteil Etimine, oben in Rn. 52 angeführt, EU:C:2011:504, Rn. 124 und die dort angeführte Rechtsprechung).

111    Was die gerichtliche Nachprüfbarkeit der in der vorstehenden Randnummer genannten Voraussetzungen betrifft, ist der ECHA in einem Bereich, in dem von ihr politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen verlangt werden und in dem sie komplexe Prüfungen durchführen muss, ein weites Ermessen zuzubilligen. Eine in diesem Bereich erlassene Maßnahme ist nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Etimine, oben in Rn. 52 angeführt, EU:C:2011:504, Rn. 125 und die dort angeführte Rechtsprechung).

112    Wie vorliegend bereits festgestellt (siehe oben, Rn. 46), ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006, dass diese Verordnung ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt, einschließlich der Förderung alternativer Beurteilungsmethoden für von Stoffen ausgehende Gefahren, sicherstellen sowie den freien Verkehr von Stoffen im Binnenmarkt gewährleisten und gleichzeitig die Verbesserung von Wettbewerbsfähigkeit und Innovation verbessern soll. In Anbetracht des 16. Erwägungsgrundes der Verordnung ist festzustellen, dass der Gesetzgeber als Hauptziel das erste dieser drei Ziele festgelegt hat, nämlich die Sicherstellung eines hohen Schutzniveaus für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt. Was speziell das Ziel des Zulassungsverfahrens angeht, zu dem das Ermittlungsverfahren nach Art. 59 der Verordnung gehört, soll dieses nach Art. 55 der Verordnung sicherstellen, dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert und gleichzeitig die von besonders besorgniserregenden Stoffen ausgehenden Risiken ausreichend beherrscht werden und dass diese Stoffe schrittweise durch geeignete Alternativstoffe oder ‑technologien ersetzt werden, sofern diese wirtschaftlich und technisch tragfähig sind (Urteil Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, oben in Rn. 40 angeführt, EU:T:2013:106, Rn. 116).

113    Als Erstes ist zum Vorbringen der Klägerinnen, der angefochtene Beschluss sei für die Verwirklichung der Ziele der Verordnung Nr. 1907/2006 ungeeignet, darauf hinzuweisen, dass der angefochtene Beschluss in der Ermittlung von MHHPA nach dem Verfahren des Art. 59 dieser Verordnung als besonders besorgniserregender Stoff besteht. Wird ein Stoff als besonders besorgniserregend ermittelt, unterliegen die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer Informationspflichten (vgl. in diesem Sinne Urteil Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, oben in Rn. 40 angeführt, EU:T:2013:106, Rn. 117).

114    Was das Ziel des Schutzes der menschlichen Gesundheit und der Umwelt angeht, ist vorab festzustellen, dass die Ermittlung der Stoffe als besonders besorgniserregend der verbesserten Information der Öffentlichkeit und der Fachkreise über die Gefahren dient und infolgedessen als ein Mittel zur Verbesserung eines solchen Schutzes zu betrachten ist (vgl. Urteil Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, oben in Rn. 40 angeführt, EU:T:2013:106, Rn. 118 und die dort angeführte Rechtsprechung).

115    Was speziell das Vorbringen der Klägerinnen betrifft, der angefochtene Beschluss sei insofern ungeeignet, als MHHPA hauptsächlich als Zwischenprodukt oder als Monomer verwendet werde, was nach Art. 2 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006 vom Anwendungsbereich von Titel VII dieser Verordnung nicht erfasst werde, ist darauf hinzuweisen, dass MHHPA, wie aus einer Antwort auf die von den Klägerinnen zu 1 und zu 2 im Rahmen der Anhörung nach Art. 59 Abs. 4 der Verordnung übermittelten Stellungnahmen hervorgeht, nicht ausschließlich als Zwischenprodukt oder Monomer verwendet wird, was die Klägerinnen auch nicht konkret bestritten haben.

116    Bezüglich des Vorbringens, wonach MHHPA von Fachleuten verwendet werde und die hergestellten Artikel kein MHHPA enthielten, ist zum einen festzustellen, dass die Klägerinnen nicht jegliche Exposition des Betriebspersonals gegenüber MHHPA ausgeschlossen haben, und zum anderen, dass sie darüber hinaus vortragen, die Klägerin zu 3 könne nicht beweisen, dass in ihren Artikeln kein unreagiertes MHHPA vorhanden sei.

117    Folglich ist das Vorbringen der Klägerinnen zur Ungeeignetheit der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen.

118    Als Zweites machen die Klägerinnen geltend, der angefochtene Beschluss überschreite die Grenzen dessen, was zur Verwirklichung der verfolgten Zwecke notwendig sei, da die Bewertung von MHHPA und die Anwendung von Risikomanagementmaßnahmen oder die Vorlage eines Beschränkungsdossiers für Konsumgüter wie Kosmetikprodukte nach Anhang XV der Verordnung Nr. 1907/2006 weniger belastende Maßnahmen darstellten.

119    Die Klägerinnen verweisen erstens in Bezug auf die Bewertung von MHHPA und die Anwendung der Risikomanagementmaßnahmen zum einen auf die Art. 44 bis 48 der Verordnung Nr. 1907/2006 und zum anderen auf die Verpflichtungen in Art. 14 dieser Verordnung. Nach Art. 14 Abs. 1 müssten sie für MHHPA eine Stoffsicherheitsbeurteilung durchführen und hierüber einen Bericht erstellen. Nach Art. 14 Abs. 3 Buchst. a umfasse die Stoffsicherheitsbeurteilung auch eine Bewertung der gesundheitsgefährdenden Eigenschaften von MHHPA. Diese Bewertung könne die Klägerinnen nach Art. 14 Abs. 4 zur Vornahme einer Expositionsbewertung und ‑einschätzung sowie zu einer Risikobeschreibung verpflichten, die sich auf die identifizierten Verwendungen beziehe. Ferner hätten die Klägerinnen nach Art. 14 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1907/2006 die geeigneten Maßnahmen zur angemessenen Beherrschung der Risiken zu ermitteln und anzuwenden.

120    Aus der Verordnung Nr. 1907/2006 ergibt sich jedoch nichts dafür, dass der Gesetzgeber beabsichtigt hätte, das Ermittlungsverfahren nach Art. 59 dieser Verordnung, das Teil des Zulassungsverfahrens nach Titel VII der Verordnung ist, vom Registrierungsverfahren nach Titel II dieser Verordnung, dem die Verpflichtungen des Art. 14 der Verordnung zuzuordnen sind, oder vom Bewertungsverfahren nach den Art. 44 bis 48 der Verordnung abhängig zu machen. Das Registrierungsverfahren und das Bewertungsverfahren, das nach dem 20. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1907/2006 als eine Nacharbeit im Anschluss an die Registrierung konzipiert ist, dienen zwar auch der verbesserten Information der Öffentlichkeit und der interessierten Kreise über die Gefahren und Risiken eines Stoffes, wie aus den Erwägungsgründen 19 und 21 dieser Verordnung hervorgeht. Da jedoch die registrierten Stoffe, wie sich aus dem 19. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1907/2006 ergibt, frei im Binnenmarkt verkehren können sollen, besteht das Ziel des Zulassungsverfahrens, zu dem das Ermittlungsverfahren des Art. 59 dieser Verordnung gehört, u. a. darin, schrittweise die besonders besorgniserregenden Stoffe durch geeignete Alternativstoffe oder ‑technologien zu ersetzen, wenn diese wirtschaftlich und technisch tragfähig sind (siehe oben, Rn. 112). Ferner soll, wie sich aus dem 69. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1907/2006 ergibt, nach dem Willen des Gesetzgebers bei besonders besorgniserregenden Stoffen mit großer Umsicht vorgegangen werden.

121    Soweit die Klägerinnen geltend machen, die Vorlage des Registrierungsdossiers für einen Stoff, das die Stoffsicherheitsbeurteilung einschließe, stelle die beste Informationsquelle dar, genügt der Hinweis, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigt hat, das Ermittlungsverfahren vom Registrierungsverfahren abhängig zu machen (siehe oben, Rn. 120). Außerdem ist das Vorbringen der Klägerinnen, wonach die ECHA ihre Beurteilung auf veraltete und überholte Daten gestützt sowie nicht alle relevanten Daten berücksichtigt habe, bereits zurückgewiesen worden (siehe oben, Rn. 79 bis 91).

122    Folglich sind entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen weder die Stoffbewertung nach den Art. 44 bis 48 der Verordnung Nr. 1907/2006 noch die vorgeschlagenen Risikomanagementmaßnahmen nach Art. 14 Abs. 6 dieser Verordnung geeignete Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele der Verordnung bei der Behandlung besonders besorgniserregender Stoffe und stellen daher im vorliegenden Fall keine weniger belastenden Maßnahmen dar (vgl. in diesem Sinne Urteil Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, oben in Rn. 40 angeführt, EU:T:2013:106, Rn. 123 bis 126).

123    Zweitens machen die Klägerinnen in Bezug auf die Beschränkungsmaßnahmen für Konsumgüter wie Kosmetikprodukte geltend, dass ein Dossier, in dem eine solche Maßnahme vorgeschlagen werde, nach Anhang XV der Verordnung Nr. 1907/2006 die verfügbaren Informationen über Alternativstoffe einschließlich Informationen über Risiken für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt im Zusammenhang mit der Herstellung oder Verwendung dieser Ersatzstoffe, ihre Verfügbarkeit und ihre technische und wirtschaftliche Durchführbarkeit enthalten müsse. Ein solcher Vorschlag, der also auf ähnliche Kriterien gestützt gewesen wäre, wie sie für ein Dossier zur Ermittlung eines Stoffes als besonders besorgniserregend verwendet würden, hätte die negativen Folgen dieser Ermittlung vermieden und im Hinblick auf die Ziele der Verordnung Nr. 1907/2006 zum selben Ergebnis geführt.

124    Hierzu ist festzustellen, dass der bloße Umstand, dass ein Stoff in der in Art. 59 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Liste enthalten ist, nicht daran hindert, diesen Stoff, sofern er in einem Artikel aufgeführt ist, Beschränkungen statt einer Zulassung zu unterwerfen. Wie aus Art. 58 Abs. 5 und Art. 69 der Verordnung folgt, kann die Kommission oder ein Mitgliedstaat stets vorschlagen, dass die Herstellung, das Inverkehrbringen oder die Verwendung eines Stoffes als solchem, in einem Gemisch oder in einem Erzeugnis Beschränkungen statt einer Zulassung unterliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, oben in Rn. 40 angeführt, EU:T:2013:106, Rn. 128).

125    Außerdem können, wie sich aus Anhang XVII der Verordnung Nr. 1907/2006 ergibt, die nach dem Verfahren des Titels VIII dieser Verordnung erlassenen Beschränkungen, die auf die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe, Gemische und Erzeugnisse anwendbar sind, von besonderen Bedingungen für die Herstellung oder das Inverkehrbringen eines Stoffes bis zum vollständigen Verbot der Verwendung eines Stoffes reichen. Selbst unterstellt, die Beschränkungsmaßnahmen seien auch zur Verwirklichung der mit dieser Verordnung verfolgten Ziele geeignet, stellen sie als solche daher keine weniger belastenden Maßnahmen dar als die Ermittlung eines Stoffes, die nur Informationspflichten zur Folge hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, oben in Rn. 40 angeführt, EU:T:2013:106, Rn. 129).

126    Soweit die Klägerinnen überdies der Ansicht sind, die bestehenden Rechtsvorschriften über den Schutz der Arbeitnehmer würden bereits gelten, genügt die Feststellung, dass diese Vorschriften, die Risikomanagementmaßnahmen für Arbeitnehmer vorsehen, keine zur Verwirklichung der mit der Verordnung Nr. 1907/2006 verfolgten Ziele geeignete und weniger belastende Maßnahme bei der Behandlung besonders besorgniserregender Stoffe, insbesondere beim Ziel, besonders besorgniserregende Stoffe schrittweise durch geeignete Alternativstoffe oder ‑technologien zu ersetzen, sofern diese wirtschaftlich und technisch tragfähig sind, darstellen können (siehe oben, Rn. 112).

127    Das Argument von REACh ChemAdvice und New Japan Chemical, wonach die Anwendung von Risikomanagementmaßnahmen in einem anderen Fall eines Inhalationsallergens als geeignet für die Überwachung der berufsbedingten Exposition und der etwaigen Risiken für das Betriebspersonal angesehen worden sei, ist zurückzuweisen. Die Tatsache, dass ein Mitgliedstaat einen Bewertungsbericht für einen Stoff ausgearbeitet und anschließend beschlossen hat, kein Ermittlungsverfahren für diesen Stoff einzuleiten, hindert einen anderen Mitgliedstaat oder auf Ersuchen der Kommission die ECHA nämlich nicht daran, ein Dossier vorzulegen, mit dem die Ermittlung eines anderen Stoffes als besonders besorgniserregend vorgeschlagen werden soll.

128    Soweit REACh ChemAdvice und New Japan Chemical unter Bezugnahme auf die Situation in Schweden vortragen, die Verringerung der Exposition gegenüber MHHPA sei als ein geeignetes Mittel zur Risikokontrolle angesehen worden, ist schließlich festzustellen, dass sich der Ausschuss der Mitgliedstaaten der ECHA, dem auch das Königreich Schweden angehört, einstimmig auf die Ermittlung von MHHPA als besonders besorgniserregenden Stoff verständigt hat.

129    Nach alledem kann kein Verstoß des angefochtenen Beschlusses gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit festgestellt werden.

130    Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Verletzung wesentlicher Formvorschriften

131    In ihrer Erwiderung machen die Klägerinnen geltend, der angefochtene Beschluss verletze wesentliche Formvorschriften. Der Ausschuss der Mitgliedstaaten der ECHA habe sich nicht einstimmig auf die Ermittlung von MHHPA verständigt, da ein Mitgliedstaat nicht an der Abstimmung teilgenommen habe.

132    Dieses Vorbringen ist als unbegründet zurückzuweisen. Es trifft zwar zu, dass sich der Ausschuss der Mitgliedstaaten der ECHA gemäß Art. 59 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1907/2006 einstimmig auf die Ermittlung eines Stoffes verständigen muss, damit die ECHA ihn in die in Art. 59 Abs. 1 genannte Liste aufnehmen kann. Auch geht aus dem Protokoll der 27. Sitzung dieses Ausschusses vom 10. bis 13. Dezember 2012 hervor, dass ein Mitgliedstaat bei der Abstimmung über die Ermittlung von MHHPA als besonders besorgniserregenden Stoff absichtlich abwesend war. Diese Abwesenheit führt jedoch nicht dazu, dass sich der Ausschuss der Mitgliedstaaten der ECHA im vorliegenden Fall nicht auf eine einstimmige Einigung verständigt hätte. Gemäß Art. 238 Abs. 4 AEUV, auf dem die Verfahrenspraxis dieses Ausschusses am Tag der Abstimmung über die Ermittlung von MHHPA als besonders besorgniserregenden Stoff beruhte, steht die Stimmenthaltung von anwesenden oder vertretenen Mitgliedern dem Zustandekommen von Beschlüssen, zu denen Einstimmigkeit erforderlich ist, nämlich nicht entgegen. Darüber hinaus wird gemäß Art. 19 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Ausschusses der Mitgliedstaaten der ECHA in seiner am Tag der betreffenden Abstimmung anwendbaren Fassung jedes Mitglied, das in der Sitzung weder anwesend ist noch durch eine beauftragte Person vertreten wird, so behandelt, als habe es dem Konsens oder der Mehrheitsmeinung des Ausschusses stillschweigend zugestimmt, wenn eine Frage Gegenstand einer Abstimmung ist.

133    Folglich ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen und die Klage daher insgesamt abzuweisen.

 Kosten

134    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Gemäß Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten, wobei das Gericht nach Art. 87 § 4 Abs. 3 der Verfahrensordnung darüber hinaus entscheiden kann, dass ein anderer Streithelfer als die Vertragsstaaten des EWR-Abkommens mit Ausnahme der Mitgliedstaaten und die EFTA-Überwachungsbehörde seine eigenen Kosten trägt.

135    Da die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen neben ihren eigenen Kosten gemäß dem Antrag der ECHA deren Kosten aufzuerlegen. Die Streithelfer tragen ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Hitachi Chemical Europe GmbH, die Polynt SpA und die Sitre Srl tragen neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Agentur für chemische Stoffe (ECHA).

3.      Das Königreich der Niederlande, die Europäische Kommission, die REACh ChemAdvice GmbH und die New Japan Chemical tragen ihre eigenen Kosten.

Dittrich

Schwarcz

Tomljenović

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 30. April 2015.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.