Language of document : ECLI:EU:T:2012:661

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

11. Dezember 2012(*)

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation – Einfrieren von Geldern – Nichtigkeitsklage – Begründungspflicht“

In der Rechtssache T‑15/11

Sina Bank mit Sitz in Teheran (Iran), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte B. Mettetal und C. Wucher-North,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Bishop und G. Marhic als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch F. Erlbacher und M. Konstantinidis als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

wegen Nichtigerklärung erstens des Anhangs VIII der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 (ABl. L 281, S. 1), soweit er die Klägerin betrifft, und zweitens der „Entscheidung“ des Rates gegenüber der Klägerin im Schreiben vom 28. Oktober 2010 sowie wegen Feststellung der Unanwendbarkeit erstens von Anhang II des Beschlusses 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. L 195, S. 39) in der Fassung des Beschlusses 2010/644/GASP des Rates vom 25. Oktober 2010 zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. L 281, S. 81), soweit er die Klägerin betrifft, zweitens von Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010 und drittens von Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 auf die Klägerin,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová (Berichterstatterin), der Richterin K. Jürimäe und des Richters M. van der Woude,

Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2012

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

 Restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran

1        Die vorliegende Rechtssache ist vor dem Hintergrund des Systems restriktiver Maßnahmen zu sehen, das eingeführt wurde, um auf die Islamische Republik Iran Druck auszuüben, damit sie proliferationsrelevante nukleare Tätigkeiten und die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen (im Folgenden: nukleare Proliferation) einstellt.

 Restriktive Maßnahmen gegen die Klägerin

2        Die Klägerin, die Sina Bank, ist eine als staatliche Aktiengesellschaft eingetragene iranische Bank.

3        Am 26. Juli 2010 wurde die Klägerin in die in Anhang II des Beschlusses 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. L 195, S. 39) enthaltene Liste der an der nuklearen Proliferation beteiligten Einrichtungen nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. b dieses Beschlusses aufgenommen.

4        Als Folge hiervon wurde die Klägerin auch in die in Anhang V der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 des Rates vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 103, S. 1) enthaltene Liste der in Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung genannten, an der nuklearen Proliferation beteiligten juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen aufgenommen. Die Aufnahme in diese Liste wurde am Tag der Veröffentlichung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 668/2010 des Rates vom 26. Juli 2010 zur Durchführung von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 423/2007 (ABl. L 195, S. 25) im Amtsblatt der Europäischen Union, dem 27. Juli 2010, wirksam. Aufgrund dessen wurden nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 die Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen der Klägerin eingefroren.

5        Die Aufnahme der Klägerin in die Listen in Anhang II des Beschlusses 2010/413 und Anhang V der Verordnung Nr. 423/2007 wurde auf folgende Gründe gestützt:

„Diese Bank ist eng mit den Interessen des ‚Daftar‘ (Büro des Führers [der Islamischen Revolution]: Verwaltung mit etwa 500 Mitarbeitern) verbunden. Somit trägt sie zur Finanzierung der strategischen Interessen des Regimes bei.“

6        Mit Schreiben vom 29. Juli 2010 teilte der Rat der Europäischen Union der Klägerin mit, dass er sie in die Listen in Anhang II des Beschlusses 2010/413 und Anhang V der Verordnung Nr. 423/2007 aufgenommen habe und dass sich die Gründe hierfür aus den einschlägigen Teilen dieser Anhänge ergäben, die seinem Schreiben in Kopie beigefügt seien. In dem Schreiben vom 29. Juli 2010 wurde auch auf die Möglichkeit der Klägerin hingewiesen, bis zum 15. September 2010 beim Rat einen Antrag mit entsprechenden Belegen auf Überprüfung ihrer Aufnahme in die genannten Listen zu stellen.

7        Mit Schreiben vom 8. September 2010 teilte die Klägerin dem Rat mit, dass die Informationen, auf die er ihre Aufnahme in die Listen gestützt habe, unvollständig oder überholt seien. Sie forderte den Rat auf, diese Aufnahme anhand der in ihrem Schreiben enthaltenen aktualisierten Informationen über ihre Arbeitsweise sowie der zum Nachweis hierfür vorgelegten Unterlagen zu überprüfen.

8        Nach Überprüfung der Situation der Klägerin beließ der Rat aus den gleichen Gründen, wie sie bereits oben in Randnr. 5 angeführt worden sind, die Klägerin in der in Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644/GASP des Rates vom 25. Oktober 2010 zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. L 281, S. 81) enthaltenen Liste der an der nuklearen Proliferation beteiligten Einrichtungen nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413. Diese Aufnahme in die Liste wurde am 25. Oktober 2010, dem Tag der Annahme des Beschlusses 2010/644, wirksam.

9        Auch die Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 (ABl. L 281, S. 1) beließ aus den gleichen Gründen, wie sie bereits oben in Randnr. 5 angeführt worden sind, die Klägerin in der in Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 enthaltenen Liste der in Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010 genannten juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen. Diese Aufnahme in die Liste wurde am 27. Oktober 2010, dem Tag der Veröffentlichung der Verordnung Nr. 961/2010 im Amtsblatt der Europäischen Union, wirksam. Durch diese Verordnung blieben die Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen der Klägerin eingefroren.

10      Mit Schreiben vom 28. Oktober 2010, das die Klägerin am 5. Dezember 2010 erhalten hat, teilte ihr der Rat mit, dass sie nach Überprüfung ihrer Aufnahme in die in Anhang II des Beschlusses 2010/413 und Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 enthaltenen Listen unter Berücksichtigung ihrer Erklärungen im Schreiben vom 8. September 2010 den in dem Beschluss 2010/413 und der Verordnung Nr. 961/2010 vorgesehenen restriktiven Maßnahmen unterworfen bleiben müsse und daher ihre Aufnahme in die in Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644 und in Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 enthaltenen Listen (im Folgenden: streitige Listen) aufrechterhalten bleiben müsse. Als Anlage zu seinem Schreiben übermittelte der Rat der Klägerin eine Kopie der betreffenden Rechtsakte.

11      Der Rat teilte der Klägerin im Schreiben vom 28. Oktober 2010 mit, dass die Aufrechterhaltung ihrer Aufnahme in die streitigen Listen auf folgende Gründe gestützt sei:

„Der Rat ist der Auffassung, dass die Akten nichts Neues enthalten, was eine Änderung seiner Haltung rechtfertigt. Folglich sind die in dem Beschluss … 2010/413 … genannten Gründe noch gültig.“

12      Mit eingeschriebenem Brief mit Rückschein vom 6. Dezember 2010 teilte die Klägerin dem Rat mit, dass sie keine Antwort auf ihr Schreiben vom 8. September 2010 erhalten habe. Zudem stellte sie einen Dringlichkeitsantrag auf Akteneinsicht und Übermittlung der Unterlagen, auf die ihre Aufnahme oder die Aufrechterhaltung ihrer Aufnahme in die streitigen Listen gestützt werde. Sie wiederholte diese Mitteilung und diesen Antrag mit eingeschriebenem Brief mit Rückschein vom 20. Dezember 2010.

13      Mit Schreiben vom 22. Dezember 2010 übermittelte der Rat der Klägerin als Antwort auf ihre Schreiben vom 6. und 20. Dezember 2010 eine Kopie seines Antwortschreibens vom 28. Oktober 2010 auf das Schreiben der Klägerin vom 8. September 2010.

14      Mit eingeschriebenem Brief mit Rückschein vom 28. Dezember 2010 teilte die Klägerin dem Rat mit, dass sie erstens aufgrund der mangelnden Klarheit seines Schreibens vom 22. Dezember 2010 nicht sehen könne, welche Vorwürfe gegen sie erhoben würden, zweitens jede Beteiligung an der nuklearen Proliferation und jede Finanzierung der nuklearen Proliferation nachdrücklich bestreite und dass drittens der Rat ihre Aufnahme oder die Aufrechterhaltung ihrer Aufnahme in die streitigen Listen noch begründen müsse, indem er die ihr gegenüber erhobenen Vorwürfe näher ausführe. Ferner schlug die Klägerin ein Treffen mit dem für ihre Akte zuständigen Sachbearbeiter in Brüssel (Belgien) vor, damit sie Akteneinsicht nehmen könne.

15      Nach erneuter Prüfung der Situation der Klägerin beließ der Rat diese mit Wirkung vom 1. Dezember 2011, dem Tag der Annahme des Beschlusses 2011/783/GASP des Rates vom 1. Dezember 2011 zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. L 319, S. 71), bzw. vom 2. Dezember 2011, dem Tag der Veröffentlichung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1245/2011 des Rates vom 1. Dezember 2011 zur Durchführung der Verordnung Nr. 961/2010 (ABl. L 319, S. 11) im Amtsblatt der Europäischen Union, in den streitigen Listen.

16      Mit Klageschrift, die am 10. Februar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Klägerin eine Klage u. a. auf Nichtigerklärung der Aufrechterhaltung ihrer Aufnahme in die streitigen Listen nach Überprüfung ihrer Situation anlässlich der Annahme des Beschlusses 2011/783 und der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011. Diese Klage wurde unter dem Aktenzeichen T‑67/12 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen.

 Verfahren und Anträge der Parteien

17      Mit Klageschrift, die am 6. Januar 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

18      Mit Schriftsatz, der am 20. April 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Europäische Kommission beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 9. Juni 2011 hat die Präsidentin der Vierten Kammer des Gerichts diesem Antrag stattgegeben.

19      Der Rat hat am 11. April 2011 eine Klagebeantwortung eingereicht.

20      Die Klägerin hat am 8. Juni 2011 eine Erwiderung eingereicht.

21      Mit Schriftsatz, der am 6. Juli 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission erklärt, mit der Klagebeantwortung des Rates einverstanden zu sein, sie in vollem Umfang zu unterstützen und im Interesse der Verfahrensökonomie darauf zu verzichten, einen Streithilfeschriftsatz einzureichen.

22      Der Rat hat am 29. Juli 2011 eine Gegenerwiderung eingereicht.

23      Das Gericht hat auf Bericht der Berichterstatterin beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung die Parteien aufgefordert, bestimmte Fragen zu beantworten. Die Klägerin und der Rat sind dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen. Die Kommission hat sich auf den Hinweis beschränkt, dass sie nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde.

24      Die Klägerin und der Rat haben in der Sitzung vom 26. Juni 2012 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

25      Die Klägerin beantragt im Wesentlichen,

–        Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010, soweit er sie betrifft, sowie die „Entscheidung“ des Rates ihr gegenüber im Schreiben vom 28. Oktober 2010 für nichtig zu erklären;

–        Anhang II des Beschlusses 2010/644 in der Fassung des Beschlusses 2010/644, soweit er sie betrifft, sowie Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010 und Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 für auf sie nicht anwendbar zu erklären;

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

26      Der Rat, unterstützt durch die Kommission, beantragt,

–        den Antrag auf Nichtigerklärung der „Entscheidung“ des Rates gegenüber der Klägerin im Schreiben vom 28. Oktober 2010 und den Antrag, Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644, soweit er die Klägerin betrifft, sowie Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 für auf die Klägerin nicht anwendbar zu erklären, als unzulässig abzuweisen;

–        die Klage im Übrigen als unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zum Antrag auf Nichtigerklärung von Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/201, soweit er die Klägerin betrifft

27      Der vorliegende Antrag ist als Antrag auf Nichtigerklärung der Aufnahme der Klägerin durch den Rat nach Art. 36 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010 in die Liste in Anhang VIII dieser Verordnung, damit die restriktiven Maßnahmen nach Art. 16 Abs. 2 dieser Verordnung auf sie angewandt werden, zu verstehen.

 Zur Zulässigkeit

28      Der Rat, unterstützt durch die Kommission, beantragt, den Antrag auf Nichtigerklärung der „Entscheidung“ des Rates gegenüber der Klägerin im Schreiben vom 28. Oktober 2010 und den Antrag, Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644, soweit er die Klägerin betreffe, sowie Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 für auf die Klägerin nicht anwendbar zu erklären, als unzulässig abzuweisen.

 Zur Einrede der Unzulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung der „Entscheidung“ des Rates gegenüber der Klägerin im Schreiben vom 28. Oktober 2010

29      Der Rat, unterstützt durch die Kommission, macht geltend, dass das Schreiben vom 28. Oktober 2010 keine anfechtbare Handlung im Sinne von Art. 263 AEUV sei, da es der Klägerin gegenüber keine anderen Rechtswirkungen entfaltet habe als die Rechtsakte, mit denen der Rat die Aufnahme der Klägerin in den streitigen Listen unverändert aufrechterhalten habe. Dieses Schreiben habe ausschließlich der Information über Existenz und Inhalt dieser Rechtsakte gedient.

30      Nach ständiger Rechtsprechung können nur Handlungen mit verbindlichen Rechtswirkungen, die geeignet sind, die Interessen der klagenden Partei dadurch zu beeinträchtigen, dass sie ihre Rechtsstellung in eindeutiger Weise verändern, Gegenstand einer Nichtigkeitsklage im Sinne von Art. 263 AEUV sein (Urteil des Gerichtshofs vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, Slg. 1981, 2639, Randnr. 9, und Urteil des Gerichts vom 16. Juli 1998, Regione Toscana/Kommission, T‑81/97, Slg. 1998, II‑2889, Randnr. 21). Darüber hinaus ist entschieden worden, dass eine Handlung mit rein informativem Charakter weder die Interessen des Adressaten beeinträchtigen noch dessen Rechtslage gegenüber derjenigen vor Annahme dieser Handlung ändern kann (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichtshofs vom 4. Oktober 2007, Finnland/Kommission, C‑457/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 36).

31      Im vorliegenden Fall ist, wie der Rat, unterstützt durch die Kommission, zu Recht feststellt, das Schreiben vom 28. Oktober 2010 nur die Handlung, mit der der Rat der Klägerin nach Art. 24 Abs. 3 des Beschlusses 2010/413 und Art. 36 Abs. 3 der Verordnung Nr. 961/2010 zum einen die nach Überprüfung erfolgte Aufrechterhaltung ihrer Aufnahme in die streitigen Listen und zum anderen die Gründe für die Aufrechterhaltung dieser Aufnahme mitgeteilt hat. Es handelt sich daher um eine rein informative Handlung, die als solche nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV sein kann.

32      Davon unberührt bleibt jedoch, dass der Antrag auf Nichtigerklärung der „Entscheidung“ des Rates gegenüber der Klägerin im Schreiben vom 28. Oktober 2010 unter Berücksichtigung des Wortlauts der Klageschrift und des Zusammenhangs, in dem dieser Antrag gestellt worden ist, auszulegen ist.

33      Auf die schriftlichen und mündlichen Fragen des Gerichts hat der Rat zwar geltend gemacht, dass die vorliegende Klage, die sich formal gegen das informative Schreiben richte, nicht dahin ausgelegt werden könne, dass sie sich in Wirklichkeit gegen die nach Überprüfung erfolgte Aufrechterhaltung der Aufnahme der Klägerin in die streitigen Listen richte.

34      Er hat dabei aber außer Acht gelassen, dass sich aus der Klageschrift ergibt, dass die Klage im Grunde auf die Nichtigerklärung der nach Überprüfung erfolgten Aufrechterhaltung der Aufnahme der Klägerin in die streitigen Listen gerichtet ist, die zu den restriktiven Maßnahmen gegen sie geführt hat.

35      In Randnr. 64 der Klageschrift hat die Klägerin selbst festgestellt, dass „der Rat [sie mit dem Schreiben vom 28. Oktober 2010] von dem Beschluss [2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644] und der Verordnung Nr. 961/2010 sowie davon unterrichtet hat[te], dass [sie] den vorgesehenen restriktiven Maßnahmen unterworfen bleiben [muss]“.

36      Im Übrigen hat der Rat nicht berücksichtigt, dass er im Rahmen von Art. 24 des Beschlusses 2010/413 und Art. 36 der Verordnung Nr. 961/2010 die Person oder Einrichtung, auf die er die in diesen Vorschriften vorgesehenen Maßnahmen zum Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen anwenden wolle, in die streitigen Listen aufnehme und ihr dann diese Aufnahme sowie die Gründe dafür mitteile.

37      Aufgrund dieser Erwägungen ist der Antrag auf Nichtigerklärung der „Entscheidung“ des Rates gegenüber der Klägerin im Schreiben vom 28. Oktober 2010 dahin auszulegen, dass er sich nicht gegen das Schreiben als solches richtet, sondern gegen die nach Überprüfung erfolgte Aufrechterhaltung der Aufnahme der Klägerin in die streitigen Listen mit dem Ziel, die restriktiven Maßnahmen nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 und Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010 auf die Klägerin anzuwenden, sowie gegen die Gründe für die Aufrechterhaltung dieser Aufnahme, die der Klägerin mit dem Schreiben vom 28. Oktober 2010 mitgeteilt worden sind.

38      Nach Art. 275 Abs. 2 AEUV und Art. 263 Abs. 4 und 6 AEUV ist die Klägerin zur Erhebung einer Klage auf Nichtigerklärung der Aufnahme in die streitigen Listen befugt.

39      Folglich ist die vom Rat, unterstützt durch die Kommission, erhobene Unzulässigkeitseinrede gegen den Antrag auf Nichtigerklärung der „Entscheidung“ des Rates gegenüber der Klägerin im Schreiben vom 28. Oktober 2010, der als Antrag auf Nichtigerklärung der nach Überprüfung erfolgten Aufrechterhaltung der Aufnahme der Klägerin in die streitigen Listen auszulegen ist, als unbegründet zurückzuweisen.

 Zur Einrede der Unzulässigkeit des Antrags, Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644, soweit er die Klägerin betreffe, und Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 für auf die Klägerin nicht anwendbar zu erklären, und zur Zulässigkeit des Antrags, Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010 für auf die Klägerin nicht anwendbar zu erklären

40      Der Rat, unterstützt durch die Kommission, macht geltend, dass der Antrag, Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644, soweit er die Klägerin betreffe, und Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 für auf die Klägerin nicht anwendbar zu erklären, unzulässig sei, da er nicht mit einem Antrag auf Nichtigerklärung des individuellen Rechtsakts verbunden sei, mit dem er die Klägerin in der Liste von Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644 belassen habe. Art. 277 AEUV, wonach eine Partei die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts mit allgemeiner Geltung anfechten könne, indem sie die Unanwendbarkeit dieses Rechtsakts auf sie geltend mache, sei aber akzessorisch und müsse daher geltend gemacht werden, um die Nichtigkeitsklage gegen einen individuellen Rechtsakt zu untermauern, der der Klägerin gegenüber auf der Grundlage von Rechtsakten mit allgemeiner Geltung erlassen worden sei, deren Rechtmäßigkeit sie im vorliegenden Fall anfechte.

41      Zunächst ist festzustellen, dass das Gericht gemäß Art. 113 der Verfahrensordnung jederzeit von Amts wegen nach Anhörung der Parteien darüber entscheiden kann, ob unverzichtbare Prozessvoraussetzungen fehlen, zu denen nach der Rechtsprechung die Zuständigkeit des Unionsrichters (Urteile des Gerichtshofs vom 18. März 1980, Valsabbia u. a./Kommission, 154/78, 205/78, 206/78, 226/78 bis 228/78, 263/78, 264/78, 31/79, 39/79, 83/79 und 85/79, Slg. 1980, 907, Randnr. 7, und des Gerichts vom 17. Juni 1998, Svenska Journalistförbundet/Rat, T‑174/95, Slg. 1998, II‑2289, Randnr. 80) und die Fragen zur Zulässigkeit der Klage (Urteil des Gerichtshofs vom 16. Dezember 1960, Humblet/Belgischer Staat, 6/60, Slg. 1960, 1125, 1147) gehören. Das Gericht braucht seine Prüfung somit nicht auf die von den Parteien erhobenen Einreden der Unzulässigkeit zu beschränken (Beschluss des Gerichts vom 10. Juli 2002, Comitato organizzatore del convegno internazionale/Kommission, T‑387/00, Slg. 2002, II‑3031, Randnr. 36). Der Unionsrichter kann jedoch seine Entscheidung grundsätzlich nicht auf einen Rechtsgrund oder eine Einrede der Unzulässigkeit – seien sie auch zwingenden Rechts – stützen, ohne die Parteien zuvor aufgefordert zu haben, sich dazu zu äußern (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a., C‑89/08 P, Slg. 2009, I‑11245, Randnrn. 50 bis 59, und vom 17. Dezember 2009, Réexamen M/EMEA, C‑197/09 RX II, Slg. 2009, I‑12033, Randnr. 57).

42      Obwohl die Grundlage des Antrags, auf den sich die vom Rat, unterstützt durch die Kommission, erhobene Einrede der Unzulässigkeit bezieht, in der Klageschrift nicht näher angegeben wird, kann sie ihrem Wortlaut zufolge nur in Art. 277 AEUV bestehen, wonach „jede Partei in einem Rechtsstreit, bei dem die Rechtmäßigkeit eines von einem Organ … der Union erlassenen Rechtsakts mit allgemeiner Geltung angefochten wird, vor dem [Unionsgericht] die Unanwendbarkeit dieses Rechtsakts aus den in Artikel 263 Absatz 2 genannten Gründen geltend machen [kann]“. Auf die schriftlichen und mündlichen Fragen des Gerichts haben die Klägerin und der Rat zudem bestätigt, dass dieser Antrag im Wesentlichen einer Einrede der Rechtswidrigkeit entspreche, die zur Begründung des Antrags auf Nichtigerklärung der Aufnahme oder der nach Überprüfung erfolgten Aufrechterhaltung der Aufnahme der Klägerin in die streitigen Listen geltend gemacht worden sei.

43      Was erstens die Einrede der Rechtswidrigkeit von Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644, soweit er die Klägerin betrifft, angeht, so macht diese die Unanwendbarkeit der Aufrechterhaltung ihrer Aufnahme in die Liste von Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644 geltend. Nach ständiger Rechtsprechung ist Art. 277 AEUV Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes, der jeder Partei das Recht gewährleistet, zum Zweck der Nichtigerklärung einer sie unmittelbar und individuell betreffenden Rechtshandlung die Gültigkeit derjenigen früheren Rechtshandlungen der Gemeinschaftsorgane zu bestreiten, die die Rechtsgrundlage für die streitige Rechtshandlung bilden, falls die betreffende Partei nicht das Recht hatte, gemäß Art. 263 AEUV unmittelbar gegen diese Rechtshandlungen zu klagen, deren Folgen sie nunmehr erleidet, ohne dass sie ihre Nichtigerklärung hätte beantragen können (Urteil des Gerichtshofs vom 6. März 1979, Simmenthal/Kommission, 92/78, Slg. 1979, 777, Randnr. 39). Im Übrigen ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass der Weg der Einrede der Rechtswidrigkeit nur offensteht, wenn kein anderes Rechtsmittel zur Verfügung steht (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 9. März 1994, TWD Textilwerke Deggendorf, C‑188/92, Slg. 1994, I‑833, Randnr. 17; vom 15. Februar 2001, Nachi Europe, C‑239/99, Slg 2001, I‑1197, Randnr. 37, und vom 8. März 2007, Roquette Frères, C‑441/05, Slg. 2007, I‑1993, Randnr. 40; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 12. Juli 2001, Kik/HABM [Kik], T‑120/99, Slg. 2001, II‑2235, Randnr. 26). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nach Art. 275 Abs. 2 AEUV das Recht, gegen den Rechtsakt, gegen den sie eine Einrede der Rechtswidrigkeit geltend machen will, unmittelbar Nichtigkeitsklage zu erheben. Sie kann daher nicht die Rechtswidrigkeit dieses Rechtsakts geltend machen.

44      Ohne dass über die vom Rat, unterstützt durch die Kommission, erhobene Einrede der Unzulässigkeit entschieden zu werden braucht, ist folglich der Antrag, Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644, soweit er die Klägerin betrifft, für auf diese nicht anwendbar zu erklären, als unzulässig abzuweisen. Davon unberührt bleibt die Prüfung der Begründetheit des Antrags auf Nichtigerklärung der nach Überprüfung erfolgten Aufrechterhaltung der Aufnahme der Klägerin in die Liste von Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644, der von der Klägerin ordnungsgemäß eingereicht worden ist (siehe oben, Randnrn. 37 bis 39).

45      Was zweitens die Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 und von Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010 betrifft, so sehen diese Bestimmungen das Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen der „Personen und Einrichtungen, die … in Anhang II“ des Beschlusses 2010/413 oder „in Anhang VIII“ der Verordnung Nr. 961/2010 aufgeführt sind, vor. Für die Klägerin, die darin nicht namentlich genannt wird, stellen sie sich daher als Rechtsakte mit allgemeiner Geltung im Sinne von Art. 277 AEUV dar. Sie gelten nämlich für objektiv festgelegte Sachverhalte und haben Rechtsfolgen für allgemein und abstrakt umschriebene Gruppen von Personen und Einrichtungen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 6. Oktober 1982, Alusuisse Italia/Rat und Kommission, 307/81, Slg. 1982, 3463, Randnr. 9). Die Klägerin verfügt nicht über das Recht, nach Art. 263 AEUV unmittelbar gegen diese Bestimmungen, die gleichwohl eine der Rechtsgrundlagen für ihre Aufnahme oder die nach Überprüfung erfolgte Aufrechterhaltung ihrer Aufnahme in die streitigen Listen darstellen, Klage zu erheben. Die Aufnahme in die Listen erfolgte nämlich mit dem Ziel der Anwendung der restriktiven Maßnahmen nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 und Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010. Es handelt sich folglich um Rechtsakte, deren Unanwendbarkeit die Klägerin auf der Grundlage von Art. 277 AEUV geltend machen kann.

46      Zur Beantwortung der Frage, ob die Klägerin zur Begründung ihrer Klage gegen einen individuellen Rechtsakt die Fehlerhaftigkeit der allgemeinen Entscheidung, auf der dieser beruht, geltend machen kann, ist jedoch zu prüfen, ob die Klägerin gegen diese allgemeine Entscheidung einen der vier Nichtigkeitsgründe gemäß Art. 263 Abs. 2 AEUV vorbringt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde, 9/56, Slg 1958, 11). Die Klägerin hat in der Klageschrift aber nicht angegeben, auf welche Klagegründe oder Rügen gemäß Art. 263 Abs. 2 AEUV ihre Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 und Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010 genau beruhe. Zudem war es der Klägerin auch nicht möglich, die schriftlichen und mündlichen Fragen des Gerichts zu beantworten, mit denen sie aufgefordert worden ist, in der beim Gericht eingereichten Klageschrift Klagegründe oder Rügen zu bezeichnen, auf denen diese Einrede der Rechtswidrigkeit genau beruhe.

47      Infolgedessen entspricht diese Einrede der Rechtswidrigkeit nicht dem Erfordernis der in Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung vorgesehenen kurzen Darstellung der Klagegründe und Rügen zur Begründung einer Klage.

48      Aus diesem Grund, der von Amts wegen zu prüfen ist, ist daher die von der Klägerin erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 und Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010 als unzulässig zurückzuweisen.

49      Nach alledem ist die Klage nur insoweit zulässig, als sie auf die Nichtigerklärung der Aufnahme oder der nach Überprüfung erfolgten Aufrechterhaltung der Aufnahme der Klägerin in die streitigen Listen (im Folgenden: angefochtene Rechtsakte) gerichtet ist. Im Übrigen ist die Klage als unzulässig abzuweisen.

 Zur Begründetheit

50      Zur Begründung ihrer Klage beruft sich die Klägerin auf vier Gründe für die Nichtigkeit der angefochtenen Rechtsakte. Der erste Klagegrund betrifft einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, da der Rat die Klägerin in die streitigen Listen aufgenommen oder darin belassen habe, ohne dass sie die materiellen Kriterien für eine solche Aufnahme erfülle. Mit dem zweiten Klagegrund macht sie eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung geltend, da sie anders als die anderen nicht in die streitigen Listen aufgenommenen iranischen Banken, das Daftar (Büro des Führers der Iranischen Revolution, im Folgenden: Büro des Revolutionsführers oder Revolutionsführer) und die Mostaz’afan-Stiftung der Islamischen Republik Iran (im Folgenden: Stiftung), aber ebenso wie die anderen in die streitigen Listen aufgenommenen iranischen Banken behandelt worden sei. Der dritte Klagegrund bezieht sich auf eine Verletzung des Grundsatzes der Beachtung der Verteidigungsrechte, des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und der Begründungspflicht, da ihr weder die genauen Gründe noch die Beweismittel und Unterlagen zur Rechtfertigung ihrer Aufnahme oder der Aufrechterhaltung ihrer Aufnahme in die streitigen Listen übermittelt worden seien. Mit dem vierten Klagegrund wird eine Verletzung des Eigentumsrechts und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerügt, die sich daraus ergebe, dass ihr Eigentumsrecht durch das Einfrieren ihrer Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen jedenfalls einen unnötigen und unverhältnismäßigen Eingriff erfahren habe.

51      Aus Gründen der ordnungsgemäßen Rechtspflege, der Verfahrensökonomie und der Zweckmäßigkeit ist der dritte Klagegrund als Erstes zu prüfen. Die Klägerin trägt im Rahmen dieses Klagegrundes drei Rügen vor – erstens eine Verletzung des Grundsatzes der Beachtung der Verteidigungsrechte, zweitens eine Verletzung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und drittens eine Verletzung der Begründungspflicht –, da der Rat die angefochtenen Rechtsakte erlassen habe, ohne ihr die genauen Gründe, Beweismittel und Unterlagen zur Rechtfertigung ihrer Aufnahme oder der Aufrechterhaltung ihrer Aufnahme in die streitigen Listen zu übermitteln.

52      Aus den gleichen Gründen wie den vorstehend in Randnr. 51 dargelegten ist mit der Prüfung der dritten Rüge des dritten Klagegrundes, der Verletzung der Begründungspflicht, zu beginnen.

53      Mit dieser Rüge macht die Klägerin geltend, dass der Rat bei Annahme der angefochtenen Rechtsakte die wesentliche Formvorschrift verletzt habe, nach der er dem Betroffenen die Gründe für die Aufnahme in die streitigen Listen mitteilen müsse, indem er ihm, wie ausdrücklich in Art. 36 Abs. 3 der Verordnung Nr. 961/2010 vorgesehen, Gelegenheit zur Stellungnahme gebe. Die für die angefochtenen Rechtsakte angeführten Gründe seien zu knapp, vage, ungenau oder unverbindlich, um als Begründung angesehen werden zu können. Der Rat habe nicht näher erläutert, auf welche Weise sie mit dem Büro des Revolutionsführers in Verbindung stehe oder zur nuklearen Proliferation oder auch nur zu den „strategischen Interessen des Regimes“ beigetragen habe. Er habe weder erwähnt, worin die angebliche Unterstützung (Erbringung von Finanzdienstleistungen, z. B. Eröffnung von Akkreditiven und Führung von Konten) bestanden habe, noch, wem sie zugutegekommen sei. Die Versuche des Rates, diesem Begründungsmangel im Lauf des vorliegenden Gerichtsverfahrens abzuhelfen, könnten nicht berücksichtigt werden, ohne das Recht auf ein faires Verfahren und den Grundsatz der Gleichheit der Parteien vor dem Unionsrichter zu beeinträchtigen.

54      Der Rat, unterstützt durch die Kommission, weist das Vorbringen der Klägerin zurück und beantragt, die dritte Rüge des dritten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

55      Zunächst hat das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen für die betroffenen Einrichtungen erhebliche Konsequenzen, weil es zur Beschränkung der Ausübung ihrer Grundrechte führen kann (Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2011, Bank Melli Iran/Rat, C‑548/09 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 49).

56      Das Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz setzt voraus, dass das Unionsorgan, das einen Rechtsakt erlässt, der restriktive Maßnahmen gegenüber einer Person oder Einrichtung nach sich zieht, so weit wie möglich zu dem Zeitpunkt, zu dem dieser Rechtsakt erlassen wird, oder wenigstens so bald wie möglich danach die Gründe mitteilt, auf die der Rechtsakt gestützt wird, um diesen Personen oder Einrichtungen die Wahrnehmung ihres Rechts auf gerichtlichen Rechtsschutz zu ermöglichen (vgl. Urteil Bank Melli Iran/Rat, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). In jedem Fall ist die Begründung des Rechtsakts dem Betroffenen mit diesem Rechtsakt mitzuteilen, ehe er ein Rechtsmittel gegen diesen einlegt. Die Nichtbeachtung des Begründungserfordernisses kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für den Rechtsakt während des Verfahrens vor dem Unionsrichter erfährt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat, T‑390/08, Slg. 2009, II‑3967, Randnr. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57      Im Hinblick auf das Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz schreiben Art. 24 Abs. 3 des Beschlusses 2010/413 und Art. 36 Abs. 3 der Verordnung Nr. 961/2010 dem Rat vor, die spezifischen Gründe im konkreten Fall anzugeben, die die Maßnahmen zum Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 und Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010 rechtfertigen, und die von diesen Maßnahmen betroffenen Personen, Organisationen und Einrichtungen davon in Kenntnis zu setzen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 16. November 2011, Bank Melli Iran/Rat, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 48). Nach der Rechtsprechung muss der Rat seiner Verpflichtung aus Art. 24 Abs. 3 des Beschlusses 2010/413 und Art. 36 Abs. 3 der Verordnung Nr. 961/2010 im jeweiligen Fall durch eine individuelle Mitteilung nachkommen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 16. November 2011, Bank Melli Iran/Rat, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 52).

58      Im vorliegenden Fall teilte der Rat der Klägerin mit dem Schreiben vom 28. Oktober 2010 mit, dass die angefochtenen Rechtsakte darauf beruhten, dass „[er] der Auffassung [ist], dass es in den Akten nichts Neues gibt, was eine Änderung seiner Haltung [gegenüber dem Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen der Klägern] rechtfertigt [und f]olglich … die im Beschluss … 2010/413 … genannten Gründe noch gültig [sind]“.

59      Dieses Schreiben gibt keine spezifischen Gründe für den konkreten Fall an, die das Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen der Klägerin rechtfertigen. Nach der Rechtsprechung muss die Begründung jedoch der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen worden ist, angepasst sein. Insbesondere ist ein beschwerender Rechtsakt hinreichend begründet, wenn er in einem Zusammenhang ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihn in die Lage versetzt, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen (vgl. Urteil vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60      Im vorliegenden Fall ist also zu berücksichtigen, dass einerseits dem Schreiben vom 28. Oktober 2010 eine Kopie des Beschlusses 2010/413 als Anlage beigefügt und andererseits der Beschluss 2010/413 zu dem Zeitpunkt, als die Klägerin dieses Schreiben erhielt, dem 27. Juli 2010, bereits im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht war. Daher konnte die Klägerin von den im Beschluss 2010/413 dargelegten Gründen zur Rechtfertigung der Entscheidung über das Einfrieren ihrer Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, wie sie bereits oben in Randnr. 5 dargelegt worden sind, Kenntnis nehmen.

61      Zudem hat der Rat in der Klagebeantwortung eingeräumt, dass er „keine anderen Informationen über die Klägerin [hatte] als die in der Begründung des Rates für ihre Aufnahme [in die streitigen Listen] angeführten“. Der Klägerin sind somit vor Einreichung der vorliegenden Klage keine ergänzenden Gründe mitgeteilt worden.

62      Soweit der Rat sich vor dem Gericht auf von der Klägerin zur Stützung ihrer Klage vorgetragene Beweismittel beruft, aus denen sich ergebe, dass der Revolutionsführer die Klägerin mittelbar über die Stiftung kontrolliere, kann diese ergänzende Begründung nach der oben in Randnr. 56 genannten Rechtsprechung nicht berücksichtigt werden, um die in den angefochtenen Rechtsakten enthaltene – möglicherweise unzureichende – Begründung zu vervollständigen, da sie der Klägerin erst nach Einreichung der vorliegenden Klage übermittelt worden ist.

63      Daher ist auf die Rüge einer Verletzung der Begründungspflicht allein unter Berücksichtigung der oben in Randnr. 5 dargelegten Gründe einzugehen.

64      Um ihrer Funktion gerecht zu werden, nämlich die Wahrung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz sicherzustellen, muss die Begründung zum einen den Betroffenen so ausreichend unterrichten, dass er seine Rechte wahrnehmen und erkennen kann, ob der Rechtsakt sachlich richtig oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der seine Anfechtung vor dem Unionsgericht zulässt, und zum anderen dem Unionsrichter die Rechtmäßigkeitsprüfung des Rechtsakts zu ermöglichen (Urteil vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 80). In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 82).

65      Daher ist die Begründung der angefochtenen Rechtsakte unter Berücksichtigung der Bestimmungen zu bewerten, auf deren Grundlage sie angenommen worden sind, d. h. Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 und Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010, die ihrerseits unter Berücksichtigung ihres Wortlauts, des Kontexts, in dem sie erlassen worden sind, und der Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgt werden, ausgelegt werden müssen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 13. März 2012, Melli Bank/Rat, C‑380/09 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66      Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 und Art. 16 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 961/2010 verpflichten den Rat, die Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen der natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen, „in Bezug auf die festgestellt wurde“, dass sie entweder „an [der nuklearen Proliferation] … beteiligt sind, direkt damit in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen“ oder „im Eigentum oder unter der Kontrolle einer solchen Person, Organisation oder Einrichtung stehen – auch durch unerlaubte Mittel – oder in ihrem Namen oder auf ihre Anweisung handeln“, einzufrieren, wobei der Rat in jedem Einzelfall prüft, ob diese Bedingungen für jede der betroffenen Personen, Organisationen oder Einrichtungen vorliegen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Melli Bank/Rat, oben in Randnr. 65 angeführt, Randnrn. 39 f.).

67      Die spezifischen Gründe im konkreten Fall, die der Rat nach Art. 24 Abs. 3 des Beschlusses 2010/413 und Art. 36 Abs. 3 der Verordnung Nr. 961/2010 anzugeben hat (vgl. oben, Randnr. 55), beziehen sich folglich auf die Aufnahme der betroffenen Personen, Organisationen und Einrichtungen in die streitigen Listen, d. h. je nach Fall auf die Beteiligung an der nuklearen Proliferation, die direkte Verbindung damit oder die Unterstützung dafür, oder bei einer im Eigentum, unter Kontrolle oder im Namen oder auf Anweisung handelnden Einrichtung darauf, weshalb er die Voraussetzung, dass sie im Eigentum oder unter Kontrolle steht oder im Namen oder auf Anweisung handelt, als erfüllt ansieht (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Melli Bank/Rat, oben in Randnr. 65 angeführt, Randnr. 43).

68      Nach ständiger Rechtsprechung hat der Rat, um seine Pflicht zur Begründung eines Rechtsakts, mit dem restriktive Maßnahmen verhängt werden, ordnungsgemäß zu erfüllen, die sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen abhängt, sowie die Erwägungen anzugeben, die ihn zu deren Erlass veranlasst haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Begründung eines solchen Rechtsakts muss sich folglich grundsätzlich nicht nur auf die rechtlichen Voraussetzungen der Anwendung der restriktiven Maßnahmen beziehen, sondern auch auf die spezifischen und konkreten Gründe, aus denen der Rat in Ausübung seines weiten Ermessens der Ansicht ist, dass der Betroffene solchen Maßnahmen zu unterwerfen ist (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile des Gerichts vom 12. Dezember 2006, Organisation des Modjahedines du peuple d’Iran/Rat, T‑228/02, Slg. 2006, II‑4665, Randnr. 146; vom 7. Dezember 2010, Fahas/Rat, T‑49/07, Slg. 2010, II‑5555, Randnr. 53, und vom 8. Juni 2011, Bamba/Rat, T‑86/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 47).

69      Daher kann eine vom Rat ergriffene Maßnahme zum Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen nur als hinreichend begründet angesehen werden, wenn der Rat die tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte angibt, weshalb er der Ansicht ist, dass je nach Fall die betroffene Person, Einrichtung oder Organisation an der nuklearen Proliferation beteiligt gewesen sei, direkt damit in Verbindung gestanden habe oder Unterstützung dafür bereitgestellt habe oder dass diese Person, Einrichtung oder Organisation im Eigentum oder unter der Kontrolle einer Person, Einrichtung oder Organisation, die an der nuklearen Proliferation beteiligt gewesen sei, direkt damit in Verbindung gestanden habe oder Unterstützung dafür bereitgestellt habe, gestanden oder in deren Namen oder auf deren Anweisung gehandelt habe.

70      Aus den der Klägerin mit dem Schreiben vom 28. Oktober 2010 vor Einreichung der vorliegenden Klage übermittelten Gründen ergibt sich, dass die angefochtenen Rechtsakte auf „die in dem Beschluss … 2010/413 dargelegten Gründe“ gestützt waren, d. h. auf folgende Gründe: „[Die Klägerin] ist eng mit den Interessen des ‚Daftar‘ (Büro des Führers [der Islamischen Revolution]: Verwaltung mit etwa 500 Mitarbeitern) verbunden“ und „trägt [somit] zur Finanzierung der strategischen Interessen des Regimes bei“. In der mündlichen Verhandlung hat der Rat ausgeführt, dass er damit die angefochtenen Rechtsakte auf zwei Gründe habe stützen wollen, dass nämlich erstens die Klägerin tatsächlich unter der Kontrolle der iranischen Regierung gestanden habe und zweitens daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die nukleare Proliferation finanziert habe. Folglich wollte der Rat die angefochtenen Rechtsakte auf Gründe stützen, die sich erstens auf die Beteiligung der Klägerin an der nuklearen Proliferation, ihre direkte Verbindung damit oder ihre Unterstützung dafür und zweitens auf die Kontrolle der Klägerin durch eine Person oder Einrichtung bezogen, die an diesen Tätigkeiten beteiligt war, direkt damit in Verbindung stand oder Unterstützung dafür bereitstellte, und bei der es sich nach den der Klägerin mitgeteilten Gründen um das Büro des Revolutionsführers handelte. Diese beiden Gründe wurden von der Klägerin sehr wohl verstanden, da sie zum einen bestreitet, unter der Kontrolle von Personen, Organisationen oder Einrichtungen zu stehen, die, wie die iranischen Behörden, an der nuklearen Proliferation beteiligt gewesen seien, direkt damit in Verbindung gestanden hätten oder Unterstützung dafür bereitgestellt hätten, und zum anderen, an der nuklearen Proliferation beteiligt gewesen zu sein, direkt damit in Verbindung gestanden zu haben und Unterstützung dafür bereitgestellt zu haben.

71      Erstens sind die der Klägerin mitgeteilten Gründe, die sich auf eine Kontrolle der Klägerin durch Personen, Organisationen oder Einrichtungen beziehen, die an der nuklearen Proliferation beteiligt gewesen seien, direkt damit in Verbindung gestanden hätten oder Unterstützung dafür bereitgestellt hätten, nicht hinreichend spezifisch und konkret, um die Klägerin und das Gericht in die Lage zu versetzen, die Gründe zu verstehen, weshalb der Rat zu der Ansicht gelangt ist, dass dieses Kriterium im vorliegenden Fall erfüllt sei.

72      Nach Auffassung des Rates „ist [die Klägerin] eng mit den Interessen des ‚Daftar‘ (Büro des Führers [der Islamischen Revolution]: Verwaltung mit etwa 500 Mitarbeitern) verbunden“. Der Begriff der „Verbindung mit den Interessen eines Dritten“ als solcher ist jedoch unklar und ungenau. Er ist nicht offensichtlich und unmittelbar mit dem Kriterium der „Kontrolle“ in Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses und Art. 16 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 961/2010 verknüpft. Der Rat hat keine genauen und konkreten Gesichtspunkte genannt, die eine mögliche Kontrolle des Büros des Revolutionsführers über die Klägerin belegen.

73      Im Rahmen des vorliegenden Falls ist die Verwendung des Begriffs der „[Verbindung] mit den Interessen“ des „‚Daftar‘ (Büro des Führers [der Islamischen Revolution]: Verwaltung mit etwa 500 Mitarbeitern)“ umso unklarer und ungenauer, als es sich bei diesem Büro selbst nicht um eine Person, Einrichtung oder Organisation handelt, die an der nuklearen Proliferation beteiligt ist, direkt damit in Verbindung steht oder Unterstützung dafür bereitstellt. Wie die Klägerin zu Recht feststellt, befindet sich das Büro des Revolutionsführers nicht in den streitigen Listen, während andere Einrichtungen, die politische Verantwortung im Iran wahrnehmen, oder andere staatlichen Stellen mit der Begründung in diese Listen aufgenommen worden sind, dass es sich um Personen, Organisationen oder Einrichtungen handele, die an der nuklearen Proliferation beteiligt gewesen seien, direkt damit in Verbindung gestanden hätten oder Unterstützung dafür bereitgestellt hätten. Zudem hat der Rat nicht die konkreten Mittel benannt, durch die das Büro des Revolutionsführers als solches oder gegebenenfalls durch seine Mitglieder die Klägerin hätte kontrollieren können, damit sie seinen Interessen gemäß handelt und insbesondere finanzielle Unterstützung für die nukleare Proliferation bereitstellt.

74      Soweit die Klägerin in ihren Schriftsätzen einräumt, im Eigentum der Stiftung, die ihrerseits unter der Leitung des Büros des Revolutionsführers steht, gestanden zu haben und teilweise noch zu stehen, und der Rat sich im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auf diese Informationen beruft, um die Begründetheit der angefochtenen Rechtsakte darzutun, handelt es sich um neue Gründe, da der Rat der Klägerin vor Einreichung der vorliegenden Klage keine Gründe, die sich auf die zwischen ihr und dem Revolutionsführer über die Stiftung bestehenden Verbindungen beziehen, sondern nur Gründe mitgeteilt hat, die die zwischen ihr und dem Büro des Revolutionsführers bestehenden Verbindungen betreffen. Der Rat hat die zwischen dem Revolutionsführer, der Stiftung und der Klägerin bestehenden Verbindungen vor Erhebung der vorliegenden Klage nicht erwähnt, und sie waren ihm bis zu diesem Zeitpunkt möglicherweise sogar unbekannt. Selbst wenn diese Gründe ausgereicht hätten, um das Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen der Klägerin zu rechtfertigen, handelt es sich doch um neue Gründe, die verspätet vorgetragen worden sind und nach der oben in Randnr. 56 genannten Rechtsprechung daher vom Gericht nicht berücksichtigt werden können.

75      Da der Rat keine weiteren spezifischen und konkreten Gesichtspunkte mitgeteilt hat, ist die Begründetheit der angefochtenen Rechtsakte, soweit sich diese auf die zwischen der Klägerin und der iranischen Regierung im Sinne von Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 und Art. 16 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 961/2010 bestehenden Verbindungen stützen, allein auf der Grundlage der Gründe zu beurteilen, die der Rat tatsächlich mitgeteilt hat, dass nämlich „[die Klägerin] eng mit den Interessen des ‚Daftar‘ (Büro des Führers [der Islamischen Revolution]: Verwaltung mit etwa 500 Mitarbeitern) verbunden [ist]“.

76      Diese erste Art von Gründen, die der Rat der Klägerin mitgeteilt hat, kann daher nicht als hinreichende Begründung für die angefochtenen Rechtsakte angesehen werden.

77      Zweitens sind die der Klägerin mitgeteilten Gründe, die sich auf ihre Beteiligung an der nuklearen Proliferation, ihre direkte Verbindung damit oder ihre Unterstützung dafür beziehen, nicht hinreichend spezifisch und konkret, um die Klägerin und das Gericht in die Lage zu versetzen, die Gründe zu verstehen, weshalb der Rat zu der Ansicht gelangt ist, dass vorliegend das eine oder andere dieser Kriterien, die gesetzlich für den Nachweis vorgesehen sind, dass eine Person, Einrichtung oder Organisation unmittelbar an der nuklearen Proliferation beteiligt ist, erfüllt war.

78      Nach Auffassung des Rates „trägt [die Klägerin] zur Finanzierung der strategischen Interessen des Regimes bei“. Auch wenn, wie die Klägerin feststellt, dieser Grund nur auf ihren vermeintlichen Beitrag „zur Finanzierung der strategischen Interessen des Regimes“ und nicht auf die nukleare Proliferation abzielt, wird diese, wie der Rat geltend macht, jedoch notwendigerweise von dem Begriff der „strategischen Interessen des Regimes“ erfasst. Folglich konnte dieser Grund dahin verstanden werden, dass der Rat der Klägerin tatsächlich vorgeworfen hat, zur Finanzierung der nuklearen Proliferation beizutragen.

79      Sofern der Rat den „Beitrag“ der Klägerin zur „Finanzierung“ der nuklearen Proliferation daraus ableiten wollte, dass diese „eng mit den Interessen des … [Büros] des Führers [der Islamischen Revolution] … verbunden“ ist, waren die angefochtenen Rechtsakte aus den gleichen Gründen, wie den oben in den Randnrn. 73 bis 76 dargelegten, nicht rechtlich hinreichend begründet, da die fraglichen Interessenverbindungen nicht hinreichend spezifiziert und konkretisiert waren, um die Klägerin und das Gericht in die Lage zu versetzen, die Begründetheit dieser Rechtsakte in dieser Frage zu beurteilen.

80      Selbst wenn der Rat den Beitrag der Klägerin zur Finanzierung der nuklearen Proliferation hat nachweisen wollen, hat er jedenfalls keinen spezifischen und konkreten Anhaltspunkt für die Finanzierung dieser Tätigkeit durch die Klägerin, z. B. in Bezug auf die Art und Weise, die Höhe oder die Zielrichtung der Finanzierungen, beigebracht.

81      Diese zweite Art von Gründen, die der Klägerin mitgeteilt worden sind, kann daher ebenso wenig wie die erste als eine hinreichende Begründung für die angefochtenen Rechtsakte angesehen werden.

82      Folglich hat der Rat die angefochtenen Rechtsakte nicht rechtlich hinreichend begründet und daher gegen die ihm nach Art. 24 Abs. 3 des Beschlusses 2010/413 und Art. 36 Abs. 3 der Verordnung Nr. 961/2010 obliegende Verpflichtung zur Mitteilung der Gründe und die ihm allgemeiner hinsichtlich seiner Rechtsakte obliegende Begründungspflicht verstoßen.

83      Nach alledem ist der dritten Rüge des dritten Klagegrundes, mit der eine Verletzung der Begründungspflicht geltend gemacht wird, stattzugeben, und die angefochtenen Rechtsakte sind daher für nichtig zu erklären, ohne dass über die erste und die zweite Rüge des dritten Klagegrundes und den ersten, den zweiten und den vierten Klagegrund entschieden zu werden braucht.

84      Hinsichtlich der zeitlichen Wirkungen der Nichtigerklärung von Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010, soweit dieser die Klägerin betrifft, ist zu beachten, dass sie auch die Nichtigerklärung der Aufnahme der Klägerin in die in diesem Anhang enthaltene Liste beinhaltet. Diese Aufnahme in die Liste hat dieselbe Rechtsnatur wie die Verordnung Nr. 961/2010, die von allgemeiner Tragweite ist und die in Art. 41 Abs. 2 vorsieht, dass diese in allen ihren Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt, was den Wirkungen einer Verordnung entspricht, wie sie in Art. 288 AEUV vorgesehen sind.

85      Nach Art. 60 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union werden abweichend von Art. 280 AEUV die Entscheidungen des Gerichts, mit denen eine Verordnung oder auch nur eine Bestimmung einer Verordnung für nichtig erklärt wird, erst nach Ablauf der in Art. 56 Abs. 1 der Satzung vorgesehenen Rechtsmittelfrist oder, wenn innerhalb dieser Frist ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, nach dessen Zurückweisung wirksam. Der Rat verfügt daher über eine Frist von zwei Monaten zuzüglich der Entfernungsfrist von zehn Tagen ab Zustellung dieses Urteils, um den festgestellten Verstoß zu heilen, indem er gegebenenfalls eine neue restriktive Maßnahme der Klägerin gegenüber erlässt.

86      Im vorliegenden Fall scheint die Gefahr einer ernsten und unwiderruflichen Beeinträchtigung der Wirksamkeit der restriktiven Maßnahmen, die Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 der Klägerin auferlegt, in Anbetracht des erheblichen Eingriffs dieser Maßnahmen in die Rechte und Freiheiten der Klägerin nicht hinreichend hoch, um die Aufrechterhaltung der Wirkungen dieser Verordnung ihr gegenüber über die in Art. 60 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs vorgesehene Frist hinaus zu rechtfertigen (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 16. September 2011, Kadio Morokro/Rat, T‑316/11, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 38).

87      Nach Art. 264 Abs. 2 AEUV kann das Gericht, falls es dies für notwendig hält, diejenigen Wirkungen einer von ihm für nichtig erklärten Handlung bezeichnen, die als fortgeltend zu betrachten sind.

88      Im vorliegenden Fall kann der Unterschied zwischen dem Zeitpunkt der Wirkung der Nichtigerklärung von Anhang VIII der Verordnung Nr. 961 und demjenigen von Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644 eine ernsthafte Beeinträchtigung der Rechtssicherheit herbeiführen, da mit beiden Rechtsakten gegen die Klägerin identische Maßnahmen verhängt werden.

89      Die Wirkungen von Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644 sind daher in Bezug auf die Klägerin bis zum Wirksamwerden der Nichtigerklärung von Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 aufrechtzuerhalten (vgl. entsprechend Urteil Kadio Morokro/Rat, oben in Randnr. 86 angeführt, Randnr. 39).

 Kosten

90      Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.

91      Da der Klage nur teilweise stattgegeben wurde (vgl. oben, Randnr. 49), erscheint es bei angemessener Würdigung der Umstände des Falls geboten, dem Rat zwei Drittel der Kosten der Klägerin und zwei Drittel seiner eigenen Kosten aufzuerlegen. Die Klägerin trägt ein Drittel ihrer eigenen Kosten und ein Drittel der Kosten des Rates.

92      Nach Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Daher trägt die Kommission ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Anhang II des Beschlusses 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. L 195, S. 39) in der Fassung des Beschlusses 2010/644/GASP des Rates vom 25. Oktober 2010 zur Änderung des Beschlusses 2010/413 und Anhang VIII der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 werden für nichtig erklärt, soweit sie die Sina Bank betreffen.

2.      Die Wirkungen von Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2010/644 werden in Bezug auf die Sina Bank bis zum Wirksamwerden der Nichtigerklärung von Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 aufrechterhalten.

3.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4.      Der Rat trägt zwei Drittel der Kosten der Sina Bank und zwei Drittel seiner eigenen Kosten.

5.      Die Sina Bank trägt ein Drittel ihrer eigenen Kosten und ein Drittel der Kosten des Rates.

6.      Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

Pelikánová

Jürimäe

Van der Woude

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. Dezember 2012.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.